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IN KÜRZE

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Smog in Los Angeles, Kalifornien.

Wie ungesund Luft sein kann

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Luftverschmutzung schädlicher als gedacht

Verschmutzte Luft ist gesundheitsschädlich und erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf- und Atemwegs-Erkrankungen. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie und der Universitätsmedizin Mainz haben in einer neuen Studie berechnet, dass Luftverschmutzung die Lebenserwartung der Menschen im globalen Durchschnitt stärker verringert als Infektionskrankheiten oder andere Herz-Kreislauf-Risikofaktoren wie beispielsweise Rauchen.

Danach verursachte Luftverschmutzung im Jahr 2015 weltweit rund 8,8 Millionen vorzeitige Todesfälle. Dies entspricht einer durchschnittlichen Verkürzung der ProKopf-Lebenserwartung von insgesamt 2,9 Jahren. Im Vergleich dazu reduziert Rauchen die Lebenserwartung um durchschnittlich 2,2 Jahre (das entspricht 7,2 Millionen Todesfälle), HIV/Aids um 0,7 Jahre (1 Million Todesfälle), parasitäre und durch Vektoren – also durch Lebewesen wie Stechmücken oder Läuse – verursachte Krankheiten wie Malaria um 0,6 Jahre (also ungefähr 600000 Todesfälle). «Luftverschmutzung übersteigt Malaria als Ursache für vorzeitigen Tod um den Faktor 19 und HIV/Aids um den Faktor 9. Da die Auswirkungen auf die Gesundheit so enorm sind und die Bevölkerung weltweit betreffen, könnte man sagen, dass unsere Ergebnisse auf eine Luftverschmutzungspandemie hindeuten», sagt Prof. Dr. Jos Lelieveld, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie und Erstautor der Studie.

Risiko für Herz-KreislaufErkrankungen

Diese Studie ist die erste, die globale Auswirkungen von Luftverschmutzung auf die Gesundheit der Menschen im Vergleich zu anderen Risikofaktoren weltweit untersucht. «Unser Vergleich zeigt, dass Luftverschmutzung eine der Hauptursachen für vorzeitige Todesfälle und den Verlust an Lebensjahren ist. Die frühere Sterbewahrscheinlichkeit wird insbesondere durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursacht», sagt Univ.-Prof.Dr.Thomas Münzel, Direktor am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz und Mitautor der Studie. Die Wissenschaftler untersuchten den Zusammenhang zwischen einer Schadstoff-Exposition und dem Auftreten von Krankheiten. Um die weltweite Belastung mit Schadstoffen, wozu vor allem Feinstaub und Ozon zählen, zu berechnen, verwendeten die Forscher ein atmosphärenchemisches Modell. Dann kombinierten sie die daraus

Der Mediziner Thomas Münzel (links) und der Naturwissenschaftler Jos Lelieveld.

resultierenden Expositionsdaten mit dem Global Exposure – Mortality Model, das auf epidemiologischen Kohortenstudien basiert. Mithilfe dieser Daten wurden die Auswirkungen verschiedener Verschmutzungsquellen kalkuliert. Dabei differenzierten die Wissenschaftler zwischen Emissionen natürlichen Ursprungs, wie beispielsweise durch Waldbrände oder Wüstenstaub, und anthropogenen – das heisst, von Menschen verursachten – Quellen wie beispielsweise der intensiven Nutzung fossiler Brennstoffe. Basierend auf diesen Ergeb

nissen haben die Wissenschaftler dann eine krankheitsspezifische Sterberate und den Verlust der Lebensjahre in allen Län dern der Welt berechnet. Die Studienergebnisse zeigen: Die durch die Luftverschmutzung verursachte vorzeitige Sterblichkeit ist in Ostasien und Südasien am höchsten (35 Prozent bzw. 32 Prozent), gefolgt von Afrika (11 Pro zent), Europa (9 Prozent), Nord- und Südamerika (6 Prozent). Australien hat mit 1,5 Prozent die niedrigste Sterblichkeitsrate – und die strengsten Luftreinhaltungsstandards. «Wir verstehen mehr und mehr, dass Feinstaub in erster Linie Gefässschäden und damit Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzrhythmusstörungen und Herzschwäche begünstigt. Daher erachten wir es als äusserst wichtig, dass Luftverschmutzung als kardiovaskulärer Risikofaktor sehr ernst genommen wird und in den Richtlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie zu den Bereichen Prävention des akuten und chronischen koronaren Syndroms sowie Herzinsuffizienz ausreichend Niederschlag findet», ergänzt der Kardiologe Münzel.

Gegen schlechte Luft könnte etwas getan werden

Fast zwei Drittel der durch Luftverschmutzung verursachten Sterbefälle, nämlich rund 5,5 Millionen pro Jahr, sind den Erkenntnissen der Studie zufolge grundsätzlich vermeidbar, denn der Grossteil verschmutzter Luft stammt aus dem Einsatz fossiler Brennstoffe. So schätzen die Forscher auch, dass die durchschnittliche Lebenserwartung weltweit um etwas mehr als ein Jahr steigen würde, wenn die Emissionen aus der Nutzung fossiler Brennstoffe wegfallen würden.

800000 Europäer betroffen

Die Forscher der Universitätsmedizin Mainz und des Max-Planck-Instituts für Chemie haben im vergangenen Jahr eine ähnliche Studie veröffentlicht, die sich mit den Folgen der Luftverschmutzung in Eu ropa befasste: Danach sterben jedes Jahr fast 800000 Europäer vorzeitig an Krank heiten, die durch Luftverschmutzung mitverursacht werden. Verschmutzte Luft verkürzt demnach die Lebensdauer der Europäer im Schnitt um mehr als zwei Jahre.

Originalpublikation Jos Lelieveld, Andrea Pozze, Ulrich Pöschl, Mohammed Fnais, Andy Haines, Thomas Münze, «Loss of life expectancy from air pollution compared to other risk factors by country», Cardiovascular Research (2020); DOI: 10.1093/cvr/cvaa025

Kontakt Prof.Dr.Jos Lelieveld Max-Planck-Institut für Chemie Hahn-Meitner-Weg 1 D-55128 Mainz +49 6131 3054040 jos.lelieveld@mpic.de www.mpic.de

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Weidende Kühe bestimmen durch ihre selektive Nahrungsaufnahme, was auf der Weide weiterwächst, und was nicht.

Kuh ist nicht gleich Kuh

Die Kuh bestimmt mit, welches Kraut wächst

Angus oder Hochlandrind: Kuh ist nicht gleich Kuh, wenn es um die Vorlieben beim Fressen von verschiedenen Kraut-, Gras- und Straucharten geht. Forscherinnen und Forscher der Universitäten Heidelberg und Göttingen haben in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Forschungsinstitut Agroscope gezeigt, dass die Rinderrasse die botanische Zusammensetzung von Weideflächen beeinflusst.

Thomas Richter¹

Rinder, Schafe und Ziegen beeinflussen durch das Fressen, welche Pflanzen auf ihren Weiden wachsen; das ist schon länger bekannt. Wenig bekannt ist hingegen, wie sich die Beweidung durch verschiedene Rinderrassen auf die Vegetation auswirkt. Denn produktionsorientierte Rassen wie Charolais, Angus, Fleckvieh oder Braunvieh unterscheiden sich von Robustrindern wie Hochlandrinder oder Galloway bezüglich Futterbedarf, Wachstumsrate und Gewicht. Zudem zeigen sie unter schiedliche Verhaltensweisen in der Bewegung und der Wahl des Futters. Um herauszufinden, welche Auswirkungen eine Rinderrasse auf die Weidevegetation hat, gingen die Forscherinnen und Forscher wie folgt vor: Sie verglichen die botanische Zusammensetzung auf Flächen, die seit vielen Jahren von Hochlandrindern beweidet wurden, mit angrenzenden Weiden intensiverer Rinderrassen. Insgesamt nahm das Forschungsteam so 50 Flächen an 25 Standorten in Bergregionen in Süd deutschland und in der Schweiz unter die Lupe. Die Untersuchung zeigte deutliche Unter schiede zwischen den verschiedenen Rinderrassen: Unabhängig vom Standort wiesen Weiden mit produktionsorientierten Rassen bedeutend mehr Pflanzen mit einer hohen Weide- und Tritttoleranz auf. Auf Weiden von Hochlandrindern kamen mehr Arten vor, deren Samen sich im Tierfell festhaken und so verbreiten. Insgesamt war die Artenvielfalt auf Weiden von Hochlandrindern höher als auf den Vergleichsflächen. Das Team stellte zu dem fest, dass je länger sich diese Rinderrasse auf einer Weide befand, desto klarer der Unterschied in der Artenvielfalt ausfiel. Darüber hinaus war der Anteil an Sträuchern auf den Hochlandrinderwei den niedriger als auf den Vergleichsflächen – ein Hinweis darauf, dass Hochlandrinder weniger anspruchsvoll in der Wahl ihres Futters sind. Originalpublikation Pauler C.M. et al., «Influence of Highland and production-oriented cattle breeds on pasture vegetation: a pairwise assessment across broad environmental gradients.» Agriculture, Ecosystems and Environment (2019). Doi: 10.1016/j.agee.2019.106585

Kontakt Caren Pauler Universität Heidelberg Im Neuenheimer Feld 504 D-69120 Heidelberg +49 157 357 310 56 caren.pauler@gmx.de www.uni-heidelberg.de

Dr. Manuel Schneider Agroscope Reckenholzstrasse 191 CH-8046 Zürich +41 58 468 75 98 manuel.schneider@agroscope.admin.ch www.agroscope.admin.ch

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