Dr. Alexander Schwarz & Prof. Dr. Michael Arnold
Die beiden Co-Managing Partner der Sozietät Gleiss Lutz sprechen im Interview über die drängendsten Fragen in Corporate Governance, Compliance und Konzernrecht.
Die beiden Co-Managing Partner der Sozietät Gleiss Lutz sprechen im Interview über die drängendsten Fragen in Corporate Governance, Compliance und Konzernrecht.
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) fordert seit nunmehr bereits zehn Jahren wiederholt eine Reform des AGB-Rechts im unternehmerischen Rechtsverkehr. Es geht dabei schlicht darum, dass eine Rechtslage geschaffen werden soll, die es Unternehmen ermöglicht, Verträge mit anderen Unternehmen rechtssicher und verbindlich zu schließen.
Heute ist es leider keineswegs so, dass zwischen Unternehmen verhandelte Verträge sicher als wirksam angesehen werden können. Denn auch von Unternehmen ausgehandelte Verträge unterliegen einer juristischen Inhaltskontrolle anhand des jeweiligen gesetzlichen Leitbildes. Vereinbarte Klauseln werden durch diese Einschränkung unsicher. Vereinbartes kann von Gerichten als unwirksam und damit ungültig beurteilt werden. Verträge werden insgesamt rechtlich unsicher. Damit fehlt dem deutschen Recht die notwendige Flexibilität für vertragliche Abreden zwischen Unternehmen. Unternehmen weichen auf andere Rechtsordnungen aus. Zwar gilt grundsätzlich für alle Verträge, die individuell ausgehandelt werden, dass sie keiner AGB-Kontrolle unterliegen. Aber unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gibt es in der Praxis so gut wie keine hinreichend individuell ausgehandelten Verträge. Selbst wenn die Vertragspartner meinen, sie hätten den Vertrag im Einzelnen ausgehandelt, so ist dies nach der Rechtsprechung noch lange nicht der Fall. Denn nach der Rechtsprechung ist ein Vertrag nur dann individuell ausgehandelt, wenn jede einzelne Bestimmung des Vertrages ausgehandelt und zur Disposition gestellt worden ist. Dies ist aber
Heute ist es leider keineswegs so, dass zwischen Unternehmen verhandelte
Verträge sicher als wirksam angesehen werden können.
praktisch nie der Fall, sodass die strenge AGBKontrolle fast immer greift. Hier sollte eine gesetzliche Regelung den Weg zum individuell ausgehandelten Vertrag zwischen Unternehmen neu definieren und wieder eröffnen.
Streng ist diese Kontrolle, weil nach der Rechtsprechung des BGH alle Unklarheiten zulasten desjenigen ausgelegt werden, der die Vertragsklausel gestellt hat. Eine unklare Klausel ist somit nicht nach allgemeinen Regeln unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Vertrages vertragsunterstützend auszulegen, sondern wenn irgend möglich als unwirksam zu beurteilen. Zumindest dies sollte man im unternehmerischen Rechtsverkehr durch eine gesetzliche Vorgabe zur Auslegung ändern. Schließlich ist es im Sinne der AGB-Kontrolle nicht erlaubt, einen wirksamen Teil einer Klausel als wirksam gelten zu lassen, sondern die Klausel muss regelmäßig als insgesamt unwirksam angesehen werden (Verbot der geltungserhaltenden Reduktion). Dieser strenge Maßstab, der sich im Kern aus dem Verbraucherschutz ableitet, ist aber für die vielfältigen Verträge zwischen Unternehmen im Bereich des Wirtschaftsverkehrs völlig unangemessen. Auch dieser strenge Maßstab sollte gesetzlich für den unternehmerischen Bereich gelockert werden, damit die notwendige Vertragsfreiheit als Grundlage für eine innovative und starke Wirtschaft wiederhergestellt wird.
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Die vor fast 30 Jahren gegründete und seither ständig gewachsene Kanzlei schwegler rechtsanwälte ist seit 2010 ausschließlich in der Beratung und Unterstützung von Arbeitnehmer:innen und Arbeitnehmer-Vertretungen tätig. Jetzt arbeiten an den Standorten Düsseldorf, Berlin, Frankfurt, Oldenburg und München 14 Partner, 32 Anwälte und 2 ständige wissenschaftliche Berater.
Ein Schwerpunkt der Kanzlei liegt in der Beratung von Betriebsräten von Industrie- und Dienstleistungsunternehmen zur sozialverträglichen Korrektur und Mitgestaltung von Restrukturierungsvorhaben und Unternehmenszusammenschlüssen. Wichtige Assets sind dabei die langjährigen Erfahrungen aus früheren Mandaten in Aufsichtsräten namhafter Unternehmen, in bedeutenden politischen und gewerkschaftlichen Funktionen und als ehrenamtliche Richter bis hin zum Bundesarbeitsgericht. Der Kanzlei-Kultur entspricht es, diese vielfältigen Kompetenzen immer wieder zu einer starken Teamleistung zum Wohl der Mandant:innen zusammenzuführen.
Optimale und nachhaltige Lösungen entwickeln
Ziel der anwaltlichen Arbeit sind stets nachhaltige Lösungen, in denen sich nach
Möglichkeit die Interessen beider betrieblichen Seiten optimal wiederfinden. Hilfreich sind dabei die aus früheren Aufgaben gewonnenen Fähigkeiten und die Bereitschaft, die konsequente Vertretung der Mandant:innen mit dem Denken auch durch die Köpfe der anderen Seite zu optimalen Ergebnissen zu verbinden.
Weitere kollektiv-rechtliche Mandate bestehen in der kreativen Gestaltung jeweils neuartiger
Instrumente der Arbeitsbeziehungen. Seit 20 Jahren sind das Regelungen zur Abgrenzung IT-gestützter Leistungs- und Verhaltenskontrollen zur fairen Ausformung variabler Vergütungen und Zielvereinbarungen sowie guten Kompromissen zwischen mehr betrieblicher Flexibilität für Arbeitgeber und höherer Arbeitszeit-Souveränität für Arbeitnehmende. Nach dem Siegeszug des Internets geht es heute vielfach um Regelungswerke zu Homeoffice und mobiler Arbeit. Also um eine Neubestimmung des Arbeitsplatzes nicht nur in der Betriebsstätte, sondern auch im häuslichen Bereich durch die Definition der damit jeweils verbundenen Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmer:innen. Das auch im Hinblick auf die Arbeitszeit, deren angemessene Eingrenzung und zutreffende Erfassung sowie deren angemessene Vergütung. Um hier immer wieder gedanklich neue Wege beschreiten zu können, sind die Anregungen der wissenschaftlichen Berater ebenso hilfreich
wie der bewusst gepflegte ständige kollegiale Austausch zwischen den Anwälten der Kanzlei.
Gute Arbeitsbedingungen selbst vorleben
Gute Arbeitsbedingungen nicht nur für die Mandant:innen, sondern auch für die eigenen Mitarbeitenden sind ein wichtiges Prinzip der Kanzlei. Neben einer guten Work-Life-Balance gehört dazu die Entscheidung, neu hinzukommende anwaltliche Mitarbeitende schnell mit Eigenverantwortung für übertragene Mandate zu betrauen. Wenn Besucher:innen der Kanzlei oft die gute Stimmung und die fröhlichen Gesichter der Mitarbeitenden bemerken, verdeutlicht das: Arbeit kann und soll für alle besser werden.
Warum sich Unternehmen um Nachhaltigkeit kümmern und darüber Rechenschaft ablegen müssen.
Sowohl der Finanzsektor als auch die Re alwirtschaft sind immer mehr regulatorischen Anforderungen und Erwartungen verschiedener Interessengruppen ausgesetzt, ESG-Kriterien zu erfüllen und ESG-Kennzahlen zu veröffentlichen. Gute ESG-Kennzahlen dürften künftig entscheidend für den Unternehmenserfolg sein, weil Geschäftspartner, Investoren und Verbraucher zunehmend ihre Entscheidungen daran ausrichten.
Bisher trafen ESG-Berichtspflichten nur Finanzinstitute und wenige große Unternehmen. Nach der neuen EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung
(Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) werden künftig auch mittelständische Unternehmen ab 250 Beschäftigte erfasst. In der EU müssen dann ca. 50.000 Unternehmen zu ihren ESG-Kennzahlen berichten.
Was heißt ESG?
»E« wie »Environmental« bezieht sich auf umweltverträgliches unternehmerisches Handeln. Die EU hat sich zum Vorreiter für anspruchsvolle Umweltziele erklärt, insbesondere auch über das Instrument der grünen Finanzierung.
»S« wie »Social« bezieht sich auf Kriterien wie Chancengleichheit, Arbeitssicherheit und Achtung der Menschenrechte im Unternehmen und insbesondere der Lieferkette sowie der Gesellschaft.
»G« wie »Governance« steht für ethische und integre Unternehmensführung und betrifft z.B. Compliance (Korruptionsvermeidung), Hinweisgebersysteme, Managervergütung. Nachdem Umweltziele schon länger auf der ESG-Agenda standen, wird nun der Fokus auf »S« und »G« gerichtet. Z.B. erfordert ein auf ESG ausgerichtetes Personalmanagement klar definierte Kriterien und Ziele. Im Zuge der EU-Nachhaltigkeitsagenda gibt es bereits eine ganze Reihe von Regulierungs- und Standardisierungsinitiativen, die konkrete Anhaltspunkte für eine ESG-orientierte Personalarbeit liefern.
Welche Standards gibt es für ESG-Berichterstattung?
Generell muss die Berichterstattung wesentliche Informationen offenlegen, wahrheitsgemäß, zukunftsorientiert, konsistent und kohärent sein. Um dies zu fördern, hat die EU verschiedene Anforderungen entwickelt:
CSR/CSRD
Seit 2014 müssen nach der Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung (CSR) bestimmte Unternehmen über Umweltaspekte, soziale Belange der Mitarbeiter, Achtung der Menschenrechte, Korruptionsbekämpfung und Diversity-Themen berichten. Durch die neue CSRD werden Berichtsrahmen substantiell erweitert und viel mehr Unternehmen erfasst.
EU Taxonomie
Auf der Grundlage des EU Aktionsplans für nachhaltige Finanzierungen wurde 2020 die EU Taxonomie veröffentlicht. Sie begründet den Rahmen für grüne Finanzierungen und grüne Kennzahlen von Unternehmen und Banken. Zukünftig sollen im Rahmen einer EUSozialtaxonomie auch Definitionen für soziale und Governance-Faktoren erstellt werden.
Lieferketten Due Diligence:
Die EU hat 2020 einen Entwurf für eine Richtlinie über die unternehmerische Sorgfaltspflicht im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDD) vorgelegt, der in weiten Teilen dem in Deutschland bereits geltenden Lieferkettengesetz (LkSG) entspricht. Gleichzeitig wurde
eine Mitteilung zur Förderung menschenwürdiger Arbeit, insbesondere zur Bekämpfung von Kinder- und Zwangsarbeit, veröffentlicht.
Deutsche Unternehmen können wählen, welche Rahmenwerke sie für die ESG-Berichterstattung verwenden. Innerhalb der EU werden künftig wohl die Berichtsstandards der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) das Maß der Dinge sein. Insgesamt gibt es 13 European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die alle drei ESG-Säulen abdecken. Daneben müssen viele deutsche Unternehmen ab 2024 auch nach dem LkSG zur Nachhaltigkeit ihrer Lieferketten berichten. Unternehmen sind daher gut beraten, sich spätestens jetzt mit den ESG-Berichtsanforderungen zu beschäftigen und ihre Unternehmensstrategie anhand der bestehenden Standards und Regelwerke auszurichten.
Der aktuelle Zeitgeist lautet Erfinden. Neue Entwicklungen im Bereich der digitalen Technologie dominieren derzeit den gesellschaftlichen Diskurs. Aber wie wird sichergestellt, dass diese Welle des Fortschrittes nicht abflacht? Und wie lassen sich neue Ideen und Ansätze rechtlich schützen? Die Antwort liegt auf der Hand: per Patent.
Die heutige Zeit ist von Innovation und Wandel geprägt. Dies lässt sich vor allem an dem Fakt aufzeigen, dass das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) im letzten Jahr an ganze 23 592 Erfindungen Patente ausgegeben hat. Ein Rekordniveau, das seit 30 Jahren nicht mehr erreicht wurde. Am Erfindergeist mangelt es also nicht, aber wie schützt man die eigene, hart erarbeitete Erfindung? Wie wird verhindert, dass man nach fünf Jahren Entwicklungsarbeit mit leeren Händen dasteht und das eigene Produkt von Kopien der Konkurrenz verdrängt wird?
Patente sind die Antwort darauf. Und das Beste daran: Man muss nicht über eine juristische Ausbildung verfügen, um das System hinter dem Patentschutz zu verstehen. Dennoch gilt es einige Hürden und Aktualitäten zu beachten, um die eigene Idee wirksam sowie nachhaltig abzusichern.
Die patentierte Erfindung: eine Garantie für Kreativität
Der Zweck eines Patentes besteht darin, die Erfindenden, ihre erfundenen Technologien sowie den Aufwand, der dahintersteckt, zu schützen und zu belohnen. Patentierbar sind Erzeugnisse und Verfahren, sprich, sowohl Produkte als auch Prozesse können per Patent geschützt werden. Spezielle Ausnahmen kommen zwar zum Tragen, diese werden aber später in diesem Text betrachtet. Patente werden an technische Erfindungen ausgestellt, die neu sind, aus erfinderischer Tätigkeit stammen und gewerblich anwendbar sind. Einfach ausgedrückt: Eine Erfindung ist neu, wenn sie sich klar vom aktuellen Stand der Technik abhebt, aus einem Prozess entstanden ist, der sich ebenfalls von der Masse abhebt, und wenn die Erfindung auch effektiv anwendbar, sprich produzierbar ist.
Zur Eruierung, ob der Faktor »neu« auf eine angemeldete Technologie zutrifft, wird von der DPMA eine Recherche auf dem jeweiligen Gebiet durchgeführt. Die erfinderische Tätigkeit wird ebenfalls überprüft. Eine kleine Veränderung am Griff eines Regenschirms zur besseren Handhabung erfüllt zum Beispiel weder das Kriterium, dass es sich stark vom aktuellen Stand der Technik abhebt, noch ist der Weg dorthin besonders einzigartig. Deshalb kann diese Erfindung nicht patentiert werden. Diese zwei Aspekte sollen sicherstellen, dass der Fortschritt nicht behindert und gleichzeitig der Erfindergedanken angeregt wird. Ein Patent für eine Entwicklung gilt zunächst für drei Jahre, dieser Schutz kann auf insgesamt 20 Jahre erweitert werden. Um ein Patent länger aufrechtzuerhalten, sind jährlich steigende Zahlungen erforderlich. Die Idee dahinter: Nur wirtschaftlich erfolgreiche Patente sollen eine längere Schutzwirkung entfalten.
Stolpersteine und Ausnahmen
Die meisten Patentanmeldungen scheitern aus einem einfachen Grund: Die Erfindung darf vor der Patentierung nicht der Öffentlichkeit bekannt sein, weder schriftlich noch mündlich. Sonst gilt dies als eine Veröffentlichung. Damit kann die Erfindung von
niemandem mehr patentiert werden und die Erfinderin oder der Erfinder geht leer aus. Falls man trotzdem mit einer Erfindung an Geschäftspartner:innen oder Investierende herantreten möchte, bevor die Anmeldung stattgefunden hat, kann man sich durch einen Geheimhaltungsvertrag absichern. Zudem existieren einige Spezialfälle, die bei der Definition von Erzeugnissen und Verfahren zu beachten sind. Medizinische Behandlungsmethoden können zum Beispiel aus sozialen und ethischen Gründen nicht patentiert werden. Die Mittel und Instrumente, um die Behandlung ausführen zu können, hingegen schon. Ausgeschlossen von der Anmeldung sind ebenfalls Computerprogramme per se. Was aber sehr wohl patentiert werden kann, ist die Art und Weise, wie ein Computerprogramm mit einer anderen Technik zusammen einen Mehrwert generiert. Ein ABS bei einem Fahrzeug beispielsweise kann nur mithilfe eines Computerprogramms funktionieren, deshalb greift hier der Patentschutz. Der Schutz des Erfindertums Welche Vorteile verschafft nun der Patentschutz den Erfindenden? Das Patent erlaubt ihnen die alleinige Verwertung ihrer Erfindungen. Sie können somit ihren hart erarbeiteten
Marktvorteil ausnutzen und ihre Erfindungen selbst auf dem deutschen Markt anbieten. Alternativ können sie die Nutzung durch Dritte mithilfe von Lizenzen erlauben, oder ihr Patent an Interessenten verkaufen. Die Anmeldung des Patentes greift aber nur auf dem deutschen Markt. Falls eine Erfindung im gesamten europäischen Raum oder weltweit geschützt werden soll, benötigt dies separate Anträge. Ein Lichtblick: Diese können ebenfalls durch das DPMA abgewickelt werden. Somit existiert eine zentrale Stelle, was die Zeit zur Überprüfung der Anträge erheblich reduziert. Aber aufgepasst: Der gesamte Prozess dauert dennoch eineinhalb bis drei Jahre. Falls es schneller gehen muss, bietet sich entweder ein Beschleunigungsantrag oder das Gebrauchsmuster an.
Der Beschleunigungsantrag lässt einen Antrag zur Priorität für das DPMA werden. Das Gebrauchsmuster ist in etwa ein »Patent light«. Es ist mit weniger Kosten und kürzerer Wartezeiten zu rechnen, da auf die technische Prüfung durch das DPMA verzichtet wird, jedoch ist dadurch der rechtliche Schutz weniger gegeben. Zum Schluss ist zu erwähnen, dass man bei Unklarheiten oder Fragen zum Patentrecht nicht auf sich allein gestellt ist. Man kann sich hier auf die Beratungen und Unterstützung von unzähligen Anwaltskanzleien verlassen. Dies erspart einen aufwendigen Papierkrieg und lässt es zu, dass man sich wieder dem eigentlichen Interesse des Erfindenden zuwenden kann– dem Vorantreiben des technologischen Fortschrittes.
stehen wir an Ihrer Seite – 250 engagierte Teamplayer an der Schnittstelle von Recht und Wissenschaft. Unsere Mandanten unterstützen wir mit aller Kraft: Mit unserer Expertise in 24 Praxisgebieten. Mit dem optimalen Mix aus juristischem Fachwissen, wirtschaftlichem Sachverstand und technischem Know-how. Mit der Kompetenz von 80 Patent- und Rechtsanwälten. Und vor allem: Mit der persönlichen Leidenschaft für unsere Mandate.
In diesem Jahr starten das Einheitspatent und das Einheitliche Patentgericht. Patentanwältin Dr.-Ing. Sophie Ertl, Partnerin bei Maiwald, erläutert, was auf Patentanmelder:innen und Patentinhaber:innen zukommt.
Was sind die Nachteile?
Sophie Ertl, das Einheitspatent und das Einheitliche Patentgericht kommen 2023. Was kommt da auf uns zu?
Bisher kann man für eine Erfindung in Europa einzelne nationale Patente, zum Beispiel ein deutsches und ein französisches Patent, erhalten oder ein europäisches Patent. Wollte man ein nationales oder ein europäisches Patent durchsetzen, also einen Wettbewerber wegen Verletzung verklagen, so muss man für jedes Land einzeln vor dem entsprechenden nationalen Gericht klagen. Man kann also weder aus dem nationalen noch aus dem europäischen Patent in einem Verfahren gleichzeitig in mehreren Ländern vorgehen. Diese Lücke schließen nun das Einheitspatent und das Einheitliche Patentgericht.
Was steckt hinter dem Begriff Einheitspatent –und was ist sein Vorteil?
Das Einheitspatent ist definiert als ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung in allen teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten. Das bedeutet, dass eine Verletzung eines Einheitspatents für alle teilnehmenden Mitgliedstaaten gemeinsam am Einheitlichen Patentgericht behandelt werden wird. Damit ist genau das möglich, was beim bisherigen europäischen Patent fehlt. Es kann in einem einzigen Gerichtsverfahren aus dem Einheitspatent in den momentan 17 teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten gleichzeitig aus ein und demselben Patent vorgegangen und der Wettbewerber wegen Verletzung verklagt werden. Zu den 17 momentan teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten gehören unter anderem Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Holland, Portugal und Schweden. Dies ist ein großer Vorteil gegenüber dem bisherigen europäischen Patent.
Hand in Hand geht damit ein aus Sicht des Patentinhabenden großer Nachteil des Einheitspatents, da in diesem einen Gerichtsverfahren in der Regel auch über die Rechtsbeständigkeit des Patents für alle teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten zusammen entschieden wird. Das bedeutet, dass das Einheitspatent für alle teilnehmenden Mitgliedstaaten zusammen am Einheitlichen Patentgericht für nichtig erklärt werden kann und die Patentinhaberin oder der Patentinhaber damit in einem Verfahren »alles« verlieren kann.
Am einheitlichen Patentgericht führt dann kein Weg mehr vorbei?
Das Einheitliche Patentgericht ist das Gericht, welches zukünftig Verletzung und/ oder Nichtigkeit für alle teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten auf einmal entscheidet. Dabei ist das Einheitliche Patentgericht zwingend für alle Einheitspatente zuständig und automatisch, aber nicht zwingend für alle europäischen Patente. Das ist wichtig: Das Einheitliche Patentgericht ist automatisch sowohl für die »alten« europäischen Patente zuständig, die zum Beispiel vor 15 Jahren angemeldet worden sind, als auch für die »neuen« europäischen Patente, die jetzt oder in Zukunft erteilt werden.
Wie bekommt die Patentanmelderin oder der Patentanmelder ein Einheitspatent?
Nach dem »normalen« Erteilungsverfahren eines europäischen Patents kann bei Erhalt der Erteilungsabsicht ein Einheitspatent beantragt werden. Wird dieser Antrag nicht gestellt, wird wie bisher ein europäisches Patent erteilt. Wird ein Einheitspatent beantragt, so wird für die momentan teilnehmenden 17 Mitgliedstaaten das Einheitspatent erteilt und für die anderen Staaten des europäischen Patentübereinkommens wie bisher ein europäisches Patent.
Und was muss die Patentinhaberin oder der Patentinhaber tun, wenn er vor dem einheitlichen Patentgericht klagen möchte oder dort eben nicht verklagt werden möchte?
Für alle Einheitspatente ist zwingend das Einheitliche Patentgericht zuständig. Ebenso ist für alle europäischen Patente automatisch das Einheitliche Patentgericht zuständig.
In diesen Fällen muss die Patentinhaberin oder der Patentinhaber also nichts tun, um einen Wettbewerber vor dem einheitlichen Patentgericht verklagen zu können.
Will die Patentinhaberin oder der Patentinhaber jedoch verhindern, dass die Rechtsbeständigkeit ihres oder seines Patents vor dem Einheitlichen Patentgericht mit einheitlicher Wirkung in allen teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten angegriffen werden kann, so kann sie oder er die automatische Zuständigkeit abwählen und muss dazu den sogenannten Opt-out beantragen. Der Opt-out ist die Rückkehr in die Zuständigkeit der nationalen Gerichte einzeln für die nationalen Länder.
Patentanmelder:innen oder Patentinhaber:innen müssen sich also einerseits zwischen europäischem Patent und Einheitspatent entscheiden, andererseits zwischen der Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts und dem Opt-out zu den nationalen Gerichten. Nach welchen Kriterien können sie sich entscheiden?
Das Einheitspatent ist eine gute Sache, wenn man sein Patent in vielen Ländern validieren möchte und dabei die Kosten entscheidend sind. Per Definition sind die Jahresgebühren eines Einheitspatents so hoch wie die Jahresgebühren der Länder Deutschland, Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden zusammen. Viele Anmelder:innen validieren ihre europäischen Patente allerdings in weniger als vier Ländern und haben damit mit dem Einheitspatent keinen Kostenvorteil. Neben den Jahresgebühren spielen auch die Übersetzungskosten eine Rolle, dabei ist jedoch eine Einzelfallbetrachtung notwendig. Im Gegensatz zum Einheitspatent bietet das europäische Patent noch den Vorteil, dass man es während seiner
Laufzeit in ausgewählten Ländern einzeln fallen lassen kann, um Kosten zu sparen. Die Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts ist eine gute Sache, wenn man von der Rechtsbeständigkeit seines Patents überzeugt ist und vorhat, gegen einen Wettbewerber vorzugehen. Hat man aber nicht vor, jemanden wegen Patentverletzung zu verklagen, gibt es keinen Grund, seine europäischen Patente im Zuständigkeitsbereich des einheitlichen Patentgerichts zu belassen. Der Opt-out ist dann die deutlich weniger riskante Alternative. Außerdem kann man den Opt-out unter Umständen zurücknehmen.
Was können die Patentanmelder:innen und Patentinhaber:innen jetzt schon tun?
Ab dem 1.1.2023 ist es möglich einen Antrag auf Verzögerung der Patenterteilung zu stellen, sodass man Zeit gewinnt, wenn man sich noch nicht für oder gegen ein Einheitspatent entscheiden möchte. Weiterhin kann man bereits einen sogenannten frühen Antrag auf einheitliche Wirkung stellen, sodass man das Einheitspatent schon beantragen kann, bevor das neue System tatsächlich gestartet ist. Viele Patentinhaber:innen sind an Opt-outs ihres gesamten Patentportfolios interessiert. Hier ist es wichtig, die Inhabersituation der Patente zu klären und die Zustimmung der Mitinhabenden und gegebenenfalls Lizenznehmer:innen einzuholen. Auch die technische Durchführung der Opt-outs scheint nicht einfach zu werden. Ihre Patentanwält:innen helfen gerne.
Wann geht es los?
Der Beginn der sogenannten Sunrise Period, der Vorbereitungsphase, fand am 1. März 2023 statt. Der Start des Einheitspatents und des Einheitlichen Patentgerichts ist drei Monate später, also für den 1. Juni 2023, geplant.
Gründung, Aufbau, Expansion – dies sind die großen Meilensteine, die jede Unternehmerin und jeder Unternehmer erreichen möchte. Irgendwann kommt aber ein Weiterer, ebenso wichtiger hinzu: das Loslassen bzw. das Abgeben. Damit das eigene Lebenswerk in gute Hände übergeben werden kann, sollte man sich frühzeitig mit der Nachfolgeregelung auseinandersetzen.
»Die Nachfolge regelt eine Unternehmerin oder ein Unternehmer nur ein Mal. Umso wichtiger ist es, diese gut vorzubereiten und als Teil in der Unternehmensgeschichte sowie als strategische Aufgabe zu sehen – und nicht als ein Problem oder Schwäche.« Mit diesen Worten bringen die Expertinnen und Experten der unabhängigen Wissensplattform nachfolgein-deutschland.de die Relevanz des Themas auf den Punkt. Entsprechend finden sowohl Firmeninhaber:innen als auch mögliche Nachfolger:innen auf der Website alle wichtigen Informationen rund um die Nachfolgeregelung. Da das Portal vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wird, ist sichergestellt, dass sämtliche Informationen auf dem aktuellen rechtlichen Stand sind.
Wann ist der richtige Zeitpunkt gekommen?
Wie die meisten Dinge im Leben ist auch die erfolgreiche Unternehmensnachfolge eine Frage des richtigen Timings. Wichtig: Der Zeitraum, den ein geordneter Nachfolgeprozess benötigt, kann sehr unterschiedlich ausfallen – in den meisten Fällen beträgt dieser zwei bis fünf Jahre. Im Einzelfall gibt es gemäß nachfolge-in-deutschland.de eine Vielzahl von Einflussfaktoren zu beachten:
• Gibt es schon einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin, beispielsweise aus der Familie oder aus dem Unternehmen?
• Wie lang ist die Einarbeitungszeit eines Übernehmers?
• Müssen vor der Übergabe noch wichtige Veränderungen im Unternehmen vorgenommen werden?
• Wie gestaltet sich die Finanzierung und Übertragung?
Grundsätzlich aber gilt: Wer sich so früh wie möglich mit der Nachfolgeregelung auseinandersetzt, kann in Ruhe die notwendigen Entscheidungen treffen und eine strukturierte Übergabe vorbereiten.
Welche Form der Nachfolge strebe ich an?
Die sogenannte »familieninterne Nachfolge« ist die gängigste Art einer Unternehmensübergabe. Bei dieser werden sowohl Eigentum als auch Firmenführung innerhalb der Familie übertragen. Es kann dabei durchaus zu Mischformen kommen, etwa wenn gewisse Anteile in Familienbesitz verbleiben, das Unternehmen aber ganz oder teilweise extern geführt wird. Dies kann vor allem dann sinnvoll sein, wenn der oder die Familiennachfolger:innen (noch) nicht in allen Bereichen die notwendige Expertise besitzen. Denkbar ist auch, dass Familienfremde im Rahmen einer Fremdgeschäftsführung oder Verpachtung das Unternehmen leiten.
Soll oder kann das Eigentum nicht in der bisherigen Unternehmerfamilie verbleiben, bietet sich ein Verkauf, beispielsweise an eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter, an strategische Investor:innen oder auch an Finanzinvestor:innen an. Im Rahmen einer Nachfolge können auch
Venturecapital-Geber:innen oder Business Angels eingebunden werden. Eine Stiftungslösung kann im Einzelfall ebenfalls sinnvoll sein.
davon ist der Unternehmenseinkauf. In diesem Fall gehen sowohl das Management als auch das Eigentum auf eine einzelne Person über. Wie bereits angetönt kann aber
Wer sich so früh wie möglich mit der Nachfolgeregelung auseinandersetzt, kann in Ruhe die notwendigen Entscheidungen treffen und eine strukturierte Übergabe vorbereiten.
Worauf muss man weiterhin achten?
Für viele Firmengründerinnen und -gründer ist es ein Traum, den eigenen Betrieb irgendwann an ihre Kinder abzugeben. Für die nachfolgende Unternehmer-Generation stellen sich dabei einige wichtige Fragen:
• Möchte ich wirklich Unternehmer:in werden oder fühle ich mich vor allem der Familie verpflichtet?
• Genieße ich den Rückhalt und das Vertrauen aller Beteiligten (Familie und Mitarbeitende)?
• Verfüge ich über alle nötigen Qualifikationen, um das Unternehmen zu übernehmen?
• Ebenso wichtig ist es, die Erwartungen und Wünsche der abgebenden Generation zu kennen – darüber sollte offen kommuniziert werden, damit es nicht zu Missverständnissen kommt.
Möchte man hingegen als externe Person einen Betrieb übernehmen, ergeben sich dafür verschiedene Möglichkeiten. Eine
auch eine Mischform bevorzugt werden, bei der nur die Leitung an eine externe Nachfolge übertragen wird und gewisse Unternehmensanteile im Familienbesitz bleiben. Ein zentrales Thema bei jeder Art der externen Unternehmensübernahme ist die Finanzierung. Aus diesem Grund kann es sich lohnen, parallel zur Suche nach einer passenden Firma die finanziellen Möglichkeiten und Förderangebote zu analysieren. Denn Förderungen zur Existenzgründung gelten auch für die Unternehmensnachfolge.
Bei weiterführenden Fragen lohnt sich ein Besuch auf nachfolge-in-deutschland.de. Dort kann unter anderem den »nachfolg-omat« genutzt werden: Dieser erstellt anhand von Fragen zur Nachfolge eine individuelle Auswertung zum aktuellen Wissensstand und hilft dabei, die relevanten Themenfelder zu identifizieren, in denen noch Wissenslücken bestehen oder Ansprechpartner zu finden. Im ausführlichen »nachfolgewiki« der Website wiederum finden Interessierte viele Artikel, die speziell für die externe Nachfolge relevantes Wissen verständlich vermitteln.
Per Juni dieses Jahres wird das neue Einheitspatentsystem in Kraft treten. Für Unternehmen soll dies vor allem einen vereinfachten Patentschutz im EU-Raum mit sich bringen. Doch je nach individueller Ausgangslage können auch Stolperfallen lauern. »Fokus« sprach mit zwei Experten.
schon für den Start äußerst erfahrene Richter für das neue Gericht gewonnen werden, was das System ebenfalls attraktiv macht. Umgekehrt besteht aber auch das Risiko, dass ein Patentinhaber sein Einheitspatent in einer zentralen Nichtigkeitsklage und damit für alle teilnehmenden Länder gleichzeitig verliert. Es gilt also für Unternehmen, zwischen den Chancen und Risiken gut abzuwägen. Welche Wahlmöglichkeiten haben Unternehmen darüber, inwiefern sie am neuen System teilnehmen möchten oder nicht?
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Welche Chancen und Risiken bietet das neue Einheitspatentsystem aus Unternehmenssicht?
Markus Engelhard: Einheitspatente werden es ermöglichen, mit einem einzigen Antrag Patentschutz in bis zu 25 EU-Mitgliedsstaaten zu erhalten. Die Erteilung erfolgt in der gleichen Weise wie für die bisherigen europäischen Bündelpatente, sodass sich der Prozess zur Erlangung von Patentschutz für den Anmeldenden nicht ändert. Es entfällt jedoch die Notwendigkeit und der erhebliche Aufwand, mitunter sehr unterschiedliche Erfordernisse für die Validierung und Aufrechterhaltung von nationalen Teilen eines Bündelpatents zu beachten. Somit kann das Einheitspatent auch finanziell vorteilhaft sein. Es haben schon 17 Länder das Übereinkommen ratifiziert, sodass der Vorteil eines einheitlichen Patentschutzes in all diesen Ländern bereits mit Start des Systems zur Verfügung stehen wird.
Michael Rüberg:
Mithilfe des einheitlichen Patentgerichts wird es möglich sein, ein Patent in einem einzigen Verfahren durchzusetzen und ein
Markus Engelhard: Das Inkrafttreten des Systems, voraussichtlich am 1. Juni 2023, begründet eine Zuständigkeit des einheitlichen Patentgerichts für alle europäischen Patente, das heißt für die herkömmlichen Bündelpatente sowie für das neue Einheitspatent. Für eine Übergangsphase von zunächst sieben Jahren besteht aber die Möglichkeit, die Zuständigkeit für Bündelpatente im Wege des Opt-out explizit auszuschließen. In diesem Fall wird ein Bündelpatent so behandelt wie bisher, sprich seine Durchsetzung erfolgt vor nationalen Gerichten.
Michael Rüberg: Von großer Bedeutung ist ein Opt-out auch für Inhaberinnen und Inhaber von bereits heute erteilten europäischen Patenten. Denn auch diese fallen nach Inkrafttreten des neuen Systems automatisch in die Zuständigkeit des einheitlichen Patentgerichts. Um diese Patente vor der soeben besagten Möglichkeit einer einheitlichen Vernichtung zu schützen, sollte der Patentinhaber frühzeitig tätig werden – am besten, indem eine entsprechende Optout-Erklärung bereits vor Start des Systems hinterlegt wird. Nach jetzigem Stand beginnt die Sunrise-Period, in der dies offiziell möglich sein wird, am 1. März 2023. Es besteht
durchsehen, um zu entscheiden, welche Patente für eine Zuständigkeit des einheitlichen Patentgerichts infrage kommen und welche nicht. Hier bieten sich verschiedene Überlegungen an: Gibt es im Patentportfolio bestimmte zentrale Patente, die für das Geschäftsvorhaben eines Unternehmens essenziell sind? Möchte der Patentinhaber diese vor einem Angriff vor dem einheitlichen Patentgericht schützen, oder geht man das Risiko ein, ein Patent mit Wirkung für alle Länder verlieren zu können, im Austausch für die zentrale Durchsetzbarkeit?
Michael Rüberg: Möglicherweise möchten Patentinhaber auch ihr gesamtes Portfolio vor der Zuständigkeit des einheitlichen Patentgerichts schützen, um zunächst verfolgen zu können, wie sich Verfahren vor diesem einheitlichen Patentgericht und dessen Rechtsprechung entwickeln. Es besteht nämlich immer noch die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Rücknahme der Opt-out-Erklärung sich der Zuständigkeit des einheitlichen Patentgerichts wieder zu unterwerfen. Ebenso ist eine Mischbetrachtung möglich, bei der Patentinhaber einzelne Patente ausoptieren und andere aber bewusst im System drin lassen, um zumindest die Möglichkeit zu haben, nach Bedarf im System des einheitlichen Patentgerichts zu sein.
Gibt es im Umgang mit dem UPC für Unternehmen aktuell noch weitere Themen zu berücksichtigen?
Erteilung als Einheitspatent erhalten werden. Alternativ kann auch schon jetzt ein früher Antrag auf einheitliche Wirkung gestellt werden, wenn die entsprechende Entscheidung bereits getroffen wurde. Neben der Frage des Opt-out sind dies aus meiner Sicht die zentralen Fragen, mit denen sich jeder umsichtige PortfolioManager aktuell sicher beschäftigen wird.
Dr. Markus Engelhard ist Patentanwalt und in allen Gebieten des Life Science-, Pharma- und Biotechnologiebereichs tätig, mit einer Spezialisierung auf therapeutische Biomoleküle und pharmazeutische Wirkstoffe. Zu seinen Mandanten zählen Start-ups, KMU, multinationale Konzerne sowie Universitäten und akademische Forschungseinrichtungen.
Urteil zu erstreiten, das in allen beteiligten Ländern unmittelbar gilt. Das Verfahren ist dem deutschen System nicht unähnlich und stark auf Effizienz angelegt. Damit wird gegenüber potenziellen Verletzern eine erhebliche Abschreckungswirkung erzielt, die über den bisherigen Ansatz hinausgeht, das Bündelpatent vorrangig in Deutschland durchzusetzen und den Streit für alle anderen Länder hiernach zu vergleichen. Auch konnten
für Unternehmen also inzwischen recht akuter Entscheidungs- und Handlungsbedarf.
Welche Strategien im Umgang mit dem Opt-out bieten sich aus Ihrer Sicht für Unternehmen an?
Markus Engelhard: Spätestens mit dem Beginn der Sunrise-Period, wenn nicht bereits früher, sollten umsichtige Patentinhaberinnen und -inhaber ihr Portfolio
Michael Rüberg: Oft übersehen werden nach meiner Erfahrung Implikationen des UPC (Unified Patent Court) auf die Vertragsgestaltung, insbesondere was lizenzvertragliche Themen angeht. Dies betrifft unter anderem die sehr praxisrelevanten Fragen des anwendbaren Rechts bei Gemeinschaftserfindungen oder der Frage, ob und inwieweit ein Lizenznehmer zur Frage der Stellung von Opt-out Anträgen entscheidungsbefugt ist. Auch der Umstand, dass es sich bei dem Einheitspatent um einen einheitlichen und im Grundsatz unteilbaren Vermögensgegenstand handelt, kann neue Regelungen erfordern.
Markus Engelhard: Ich möchte noch einmal auf das Anmeldeverfahren zurückkommen. Hier sollten Unternehmen nach meiner Einschätzung dringend erwägen, für Anmeldungen, deren Erteilung noch vor dem 1. Juni 2023 erfolgen würde, einen Antrag auf Verschiebung der Erteilung zu stellen. Denn nur so kann die mitunter attraktive Option auf die
Dr. Michael Rüberg ist Rechtsanwalt und langjährig im Bereich Patent Litigation tätig. Im Zusammenwirken mit Patentanwälten aus verschiedenen technischen Fachbereichen vertreten er und sein anwaltliches Team Mandanten vor allen Verletzungsgerichten und in parallelen Rechtsbestandsverfahren.
Herr Dr. Rüberg ist zugleich in die Koordination zahlreicher größerer Patentstreitverfahren auch auf internationaler Ebene eingebunden.
Weitere Informationen finden Sie unter www.boehmert.de
Mithilfe des einheitlichen
Patentgerichts wird es möglich sein, ein Patent in einem einzigen Verfahren durchzusetzen und ein Urteil zu erstreiten, das in allen beteiligten Ländern unmittelbar gilt.— Markus Engelhard, Partner der Boehmert & Boehmert
Das am 1. Januar in Kraft getretene Sorgfaltspflichtengesetz, auch Lieferkettengesetz genannt, verpflichtet größere Unternehmen mit Sitz oder Zweigniederlassung in Deutschland zur Einhaltung und Überwachung der Menschenrechte und des Umweltschutzes. Die verordnete Sorgfaltspflicht fordert Risikomanagement und Berichtswesen gleichermaßen.
Das Lieferkettengesetz ist vor allem eins: ein weiterer Anschlag auf das Abteilungsdenken von gestern. Denn wer sich nur um seine Kreise kümmert, könnte angesichts der eingeforderten Informationen und des dazu nötigen Verständnisses für einen umfassenden Schutz der Menschenrechte und der Umwelt bald nervös werden. Wie, um Himmels Willen, ist es in jeder nahen und fernen Ecke einer Firma um Menschlichkeit und Natur bestimmt?
Und vor allem: Wie können Unternehmen mit mindestens 3000 Mitarbeitenden nun sicherstellen, dass in jedem Glied einer Lieferkette soziale und ökologische Standards definiert, erfasst und im nächsten Schritt schnell verbessert werden?
Expert:innen wissen längst: Das LieferkettenReporting kann wahrscheinlich gar nicht sicherstellen, dass überall zu jedem Zeitpunkt alles in Ordnung ist. Aber es bringt sämtliche Akteur:innen einer Firma dazu, sich regelmäßig über die Befindlichkeiten in den Verzweigungen Gedanken zu machen und entsprechende Aktionen einzuleiten.
Risiken erfassen, bewerten, abstellen
Die Möglichkeiten zu einer Planung der Berichterstattung und damit regelmäßigen Anpassung
und Umsetzung des Lieferkettengesetzes hängen vor allem von der Installation eines speziellen Risikomanagements ab. Letzteres muss Risiken lokalisieren, bewerten und priorisieren. Der nächste Schritt besteht dann in einer veröffentlichten Grundsatzerklärung und einer für alle Mitarbeitenden zugänglichen Beschwerdestelle. Wichtig hierbei: Es müssen eben auch indirekte Zulieferer diesen Zugang bekommen, die bis dato für viele Unternehmen praktisch unsichtbar waren.
Der Gesetzgeber ist überzeugt davon, mit dem Gesetz im Sinne der Unternehmen zu handeln, denn »durch Einhaltung dieser Sorgfaltspflichten (…) soll auch den legitimen Interessen der Unternehmen an Rechtssicherheit und fairen Wettbewerbsbedingungen Rechnung getragen werden. Die angemessene Weise eines Handelns, das den Sorgfaltspflichten genügt, bestimmt sich jeweils nach unternehmensspezifischen Kriterien.«
Dass der Gesetzgeber mit dem letzten Satz bewusst klarmacht, dass es kein Patentrezept gebe, muss nicht als Schwäche ausgelegt werden. Im Gegenteil. Es kann auch als Vertrauensbeweis in eine moderne Unternehmensführung interpretiert werden. Während die ersten neuinstallierten Risikomanager:innen vor allem auf »Wie«- und
»Wieviel«-Fragen setzen, um unfaire Löhne, dreisten Landraub, Kinderarbeit oder die Verhinderung von Gewerkschaftsgründungen aufzuspüren, werden gleichzeitig praktikable Berichtstrukturen erarbeitet, die möglichst genau diese ersten Schritte dokumentieren sollen. Der Gesetzgeber mahnt als Summe aller Aktivitäten nämlich eine klare Berichterstattung an, die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz BAFA, eingesehen und bewertet werden kann und soll. Das BAFA, so das Gesetz, sei mit Eingriffsbefugnissen ausgestattet und könne Zwangs- und Bußgelder verhängen.
Wettbewerbsnachteil oder Chance?
Die angedrohten »behördlichen Durchsetzungsmechanismen« mit »Eingriffsbefugnissen« bestehen auch darin, gewisse Unternehmen von öffentlichen Aufträgen auszuschließen. Das kann vor allem ab 2024 weiterreichende Folgen haben, wenn auch Unternehmen ab 1000 Mitarbeitenden ihre Lieferketten untersuchen und dokumentieren müssen.
Führt das alles nur zu mehr Bürokratie und weniger Attraktivität am Industriestandort Deutschland?
Man tut gut daran, hier etwas weiter zu blicken. Im nächsten Schritt soll das Sorgfaltspflichtengesetz nämlich an eine »künftige europäische Regelung
angepasst werden mit dem Ziel, Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen zu verhindern«. Und ganz sicher kann das Lieferkettengesetz auch als Werbung fürs jeweilige Unternehmen wirken, das sich ernsthaft einer Verbesserung der Arbeits- und Wirkungsbedingungen widmet. Vor Ort in Deutschland, aber auch in weit entfernten Ländern, wo sich mit fairen wechselseitigen Geschäftsbeziehungen sicher leichter verlässliche Handelsnetzwerke aufbauen lassen. Eine »Care and stay«- statt »Hire and fire«-Politik kann besonders auch in turbulenten Zeiten, hier wie dort, Verbindungen und Unternehmen festigen.
Keine Frage: Das Lieferkettenschutzgesetz ist eine erzieherische Maßnahme, die dort andockt, wo Mitarbeitende zum Beispiel wöchentlich Berichte an die Abteilungsleitung verfassen. Man macht es vielleicht nicht gerne, erkennt jedoch über die Wochen und Monate den Sinn. Regelmäßig zu reflektieren, führt nicht selten zu einer Verbesserung der eigenen Tätigkeit oder des eigenen Lebens oder des Lebens anderer. Von daher ist das Lieferkettengesetz auch ein Lernprozess zugunsten einer empathischen Unternehmensführung.
Text Rüdiger Schmidt-Sodingen
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In der Krise gilt: Geschäftsmodelle sollten nicht übereilt aufgegeben, Geschäftsstrukturen jedoch angepasst werden. Letzteres braucht Bewegung und rechtliche Absicherung. Wie können sich Unternehmen auf Zusammenschlüsse und Transaktionen besser vorbereiten? Wohin steuert das Gesellschaftsrecht? Wofür müssen Vorstände zukünftig haften? Und wie können Kanzleien ihren Mandant:innen in schwierigen Zeiten am besten zur Seite stehen? Fragen an Prof. Dr. Michael Arnold und Dr. Alexander Schwarz, Rechtsanwälte und Co-Managing-Partner der Sozietät Gleiss Lutz.
Herr Prof. Dr. Arnold, Sie beraten Unternehmen bei Corporate Governance und ComplianceThemen, Aktien- und Konzernrecht. Was bewegt die Unternehmen und deren Vorstände derzeit besonders?
Arnold: In den Jahren 2020 und 2021 waren es vor allem Themen rund um Corona, beispielsweise zum Arbeitsumfeld von Mitarbeitenden oder zu den Möglichkeiten, gesetzlich vorgesehene Veranstaltungen wie Hauptversammlungen virtuell abzuhalten. Im Frühjahr 2022 brachte der Ukraine-Krieg neue Fragen mit sich, etwa zum Rückzug der Unternehmen aus Russland und den staatlichen Sanktionen. Auch die Themen Rohstoffknappheit, gestiegene Energiekosten und die Inflation beschäftigen die Unternehmen sehr. Im Übrigen bewegt die Unternehmen und deren Vorstände derzeit besonders das Thema ESG. Insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeit setzen sich Unternehmen immer höhere Ziele. Auch die rechtlichen Anforderungen sind in diesem Bereich deutlich gestiegen.
Haben Vorstände zunehmend Angst, für Fehler unmittelbar belangt zu werden – so, wie das oftmals öffentlich gefordert wird?
Arnold: Der Bundesgerichtshof hat seine ARAG-Garmenbeck-Entscheidung aus 1997, nach der der Aufsichtsrat Schadensersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder zu prüfen und nach Feststellung grundsätzlich zu verfolgen hat, in den Jahren 2014 und 2018 bestätigt. Diese Aufgabe nehmen Aufsichtsrät:innen sehr ernst, führt sie doch – wie der Bundesgerichtshof ebenfalls entschieden hat – im Fall eines Unterlassens dazu, dass sich die Aufsichtsratsmitglieder unter Umständen selbst pflichtwidrig verhalten. Gleichwohl haben Vorstände bei unternehmerischen Entscheidungen
weite Ermessensspielräume. Nicht alles, was sich später möglicherweise als Fehler herausstellt, führt also zu einer persönlichen Haftung. Sie begleiten Aufsichtsrät:innen auch beim Börsengang. Was ist dort zu beachten?
Arnold: Ein Börsengang erfordert eine umfassende Vorbereitung, sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus rechtlicher Sicht. Die Börsenzulassung und die Börsennotierung sind mit hohen Anforderungen verbunden, zudem müssen sich die Unternehmen für die Zeit nach dem Börsengang auf weitere, nur für börsennotierte Unternehmen geltende Pflichten einstellen.
Inwieweit haben die derzeitigen Krisensituationen Einfluss auf rechtliche Fragen?
Arnold: Ukraine-Krieg, Rohstoffknappheit, Energiekosten, Corona etc. sind alles Themen, die uns in unserer täglichen Arbeit begegnen. Insofern haben diese Themen großen Einfluss auf die rechtlichen Fragen, mit denen Unternehmen konfrontiert sind und bei denen wir sie begleiten dürfen. Diese Aspekte fließen auch in die unternehmerischen Ermessensentscheidungen ein, die die Unternehmen treffen.
Herr Dr. Schwarz, trotz oder wegen der Krise planen viele Unternehmen Übernahmen oder Zusammenschlüsse. Wo liegen bei solchen Käufen oder Zusammenschlüssen derzeit die größten Herausforderungen?
Schwarz: Generell ist das regulatorische Umfeld komplexer geworden. Viele europäische Länder haben zum Beispiel die Kontrollen für ausländische Direktinvestitionen deutlich verschärft. Kürzlich wurde die EU-Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende
drittstaatliche Subventionen förmlich beschlossen. Die USA planen den »National Critical Capability Defence Act«, eine Art Investitionskontrollverfahren für bestimmte Outbound-Investitionen, um nur einige Beispiele zu nennen. Das hat Auswirkungen auf den Zeitrahmen zur Umsetzung einer Transaktion und in einigen Fällen auch auf die Transaktionssicherheit. Zudem wird die Due Diligence immer komplexer. Bei jedem Zielunternehmen sind neben den bislang gängigen Aspekten nun auch die Themen Energiesicherheit, Stabilität von Lieferketten und ESG sorgfältig zu prüfen.
Wenn sich ein Großkonzern von einer bestimmten Unternehmenssparte trennt, muss das juristisch aufwendig begleitet werden. Was sind die größten Stolperfallen? Schwarz: Die Ausgliederung einer Unternehmenssparte aus einem Konzern sowie deren Überführung in eine verkaufsfähige, rechtlich und operativ selbstständige Einheit (Carve-out) ist eine komplexe M&A-Transaktion und gleicht einer »Operation am offenen Herzen«. Häufig ist eine Vielzahl von Produktionsanlagen, Grundstücken und Gebäuden betroffen, die es herauszulösen oder gar aufzuteilen gilt. Verflechtungen mit anderen Unternehmenssparten sind oftmals über viele Jahre gewachsen, sodass gegenseitige Abhängigkeiten entsprechend groß sind. Die Komplexität steigt noch mit dem Grad der internationalen Geschäftsaktivität. Nach dem Herauslösen der Unternehmenssparte sind zumindest für eine Übergangszeit operative Schnittmengen und fortbestehende Rechtsbeziehungen durch sogenannte Transitional Service Agreements zu regeln. Verschiedene Stakeholder-Gruppen müssen in den Transaktionsprozess eingebunden werden. Gleichzeitig müssen auch die Interessen des potenziellen
Käufers berücksichtigt werden und der notwendige Zeitraum für die erforderlichen Freigaben von behördlichen Genehmigungen ist einzuplanen. Schließlich ist für eine saubere Ausgliederung unabdingbar, dass potenzielle Haftungsrisiken frühzeitig erkannt und durch eine optimale Carve-out-Struktur eingedämmt werden. Carve-out-Transaktionen erfordern also eine sehr sorgfältige Vorausplanung. Übernahmeverträge sind komplex, denn sie finden unter »Transaktionsbedingungen« statt. Was bedeutet das? Schwarz: Bei Transaktionen ist zwischen der Vertragsunterzeichnung, dem »Signing«, und dem Vollzug des Vertrags, »Closing«, zu unterscheiden. Zum Vollzug kommt es nur, wenn die sogenannten Transaktionsbedingungen eingetreten sind. Diese Transaktionsbedingungen werden oftmals erst nach der Due Diligence und nach sorgfältiger Prüfung des regulatorischen Rahmens vereinbart und verhandelt. Derzeit wird in Unternehmenskaufverträgen auch ein größeres Augenmerk auf den Zeitraum zwischen Vertragsunterzeichnung und Vollzug gelegt. In diesem Zusammenhang werden zunehmend Verpflichtungen und Beschränkungen des Verkäufers für diesen Zeitraum sowie Kündigungsrechte und Material Adverse Change (MAC)-Klauseln zum Schutz des Käufers diskutiert. Der Ausgang dieser Diskussionen wird dann durch die »Kräfteverhältnisse« am Verhandlungstisch bestimmt. Wo sehen Sie bei Konzernen und großen Unternehmen Chancen, die zu wenig genutzt werden – sei es aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen oder auch aus Unwissenheit?
Schwarz: Wie eingangs erwähnt, beschäftigt die Umstellung auf nachhaltige Geschäftsmodelle aktuell viele Unternehmen. Für die Transformation ihres Geschäfts zu mehr Nachhaltigkeit benötigen die Unternehmen jedoch viel Kapital. Nachhaltige Finanzierungen sind eine Möglichkeit, wie ein Unternehmen seine Antwort auf die globalen ESG-Themen finanzieren kann. In der Beratung sehen wir jedoch immer wieder, dass zum einen sogenannte »Green Finance«-Lösungen vielen Unternehmen noch nicht hinreichend bekannt sind, zum anderen mittlerweile ernsthafte Konsequenzen drohen, wenn Unternehmen mehr versprechen, als sie halten können.
Seit 2016 leiten Sie gemeinsam als Co-Managing Partner eine der führenden Wirtschaftskanzleien in Deutschland. Aus Ihrer Erfahrung: Wie können Kanzleien Unternehmen in gesellschaftlichen Krisensituationen am besten zur Seite stehen?
Arnold: Mit einem umfassenden Beratungsansatz, der es ermöglicht, innerhalb kürzester Zeit Know-how aus verschiedenen Rechtsbereichen zusammenzubringen. Außerdem mit Erfahrung und der in solchen Situationen – gerade, wenn es kritisch wird oder schnell gehen muss – nötigen Ruhe.
Nationale und internationale Banken und Finanzdienstleister stehen im Kreuzfeuer diverser Haftungsvorschriften. Dr. Tilman Schultheiß, Partner in der Kanzlei thümmel schütze, erläutert, wie sich Banken und Finanzdienstleister besser gegen Klagen wappnen können und müssen.
nach sich und die intendierte Schutzwirkung ist zweifelhaft, Stichwort: »information overload.« Die Regulierung in Deutschland oder der EU beeinflusst auch unmittelbar die globale Wettbewerbsfähigkeit der regulierten Institute.
wird vor allem dann erreicht, wenn die Vorgaben des Gesetzgebers und der Rechtsprechung bei der Beratung und Vermittlung von den Instituten umgesetzt werden. Allerdings wird sich an dem banalen wirtschaftlichen
Herr Dr. Schultheiß, was sind aus Ihrer Sicht derzeit die drängendsten rechtlichen Fragestellungen im Banken- und Finanzsektor?
Die rechtlichen Herausforderungen für Banken und Finanzdienstleister sind und bleiben vielfältig. Trotz zahlreicher Interferenzen können zwei Komplexe herausgestellt werden: aufsichtsrechtliche Vorgaben und privatrechtliche Risiken. Die Regulierung von Banken und Finanzdienstleistern ist in der EU traditionell sehr engmaschig – die Umsetzung der Vorgaben zu Eigenkapital, Risikomanagement oder Compliance lässt sich längst nicht mehr allein durch interne Abteilungen abbilden. Die privatrechtliche Rechtsprechung zur Haftung von Banken und Finanzdienstleistern ist zudem sehr verbraucherfreundlich. Die Tendenz, bestehende Informationspflichten gegenüber Kunden auszuweiten oder neue zu etablieren, zieht neue Risiken für fehlende oder fehlerhafte Hinweise
Ein Klassiker bei Kapitalanlagen waren lange Zeit die angeblich fehlerhaften Beratungsgespräche oder Prospekte.
Die praktische Bedeutung dieser Risiken hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgenommen. Nach der Finanzkrise ist die Vermittlung und Beratung entsprechender Produkte abrupt eingebrochen, weil sich auf Kunden- und Bankenseite größere Risikoaversion einstellte. Manche Institute haben ganze Anlageklassen aus dem Portfolio entfernt. Zum anderen hat der Gesetzgeber wesentliche Bereiche der Beratung aufsichtsrechtlich detailliert reglementiert.
Angesichts der Krisen wollen mehr Menschen vorsorgen oder ihr Geld sicher anlegen. Wie können Banken und Finanzdienstleister da rechtssichere Angebote machen?
Zunächst wird es niemals eine absolute Rechtssicherheit geben. Eine relative Rechtssicherheit
Zusammenhang nichts verändern, dass sich die Rendite direkt proportional zum Risiko verhält und umgekehrt. In dem gleichen Maße steigen grundsätzlich die Haftungsrisiken für die Bankenseite mit dem Anstieg der Rendite. Wo sehen Sie neue Haftungsrisiken für Banken und Finanzdienstleister?
Zwei große Herausforderungen sehen wir hier derzeit. Betreiber klassischer Bankgeschäfte, insbesondere mit einem Online-BankingAngebot, sehen sich derzeit zahlreichen Ansprüchen von Kunden ausgesetzt, die eine missbräuchliche Verwendung der Zahlungssysteme geltend machen. Hierbei gehen mit neuen Angeboten auf Bankenseite auch immer neue kriminelle Modelle einher. Auch wenn die technischen Fähigkeiten und Raffinesse der Kriminellen spürbar zugenommen haben, liegt die Ursache in den meisten Fällen noch immer in einem klassischen Fehlverhalten der Kunden, die auf Phishingmails oder Fake-Telefonanrufe antworten. Da die Anforderungen an die
Darlegungs- und Beweislast für die Banken insoweit sehr streng sind, gestalten sich entsprechende Prozesse auch bei objektiv scheinbar klarer Sachlage aufwendig und langwierig. In jüngerer Vergangenheit haben aus naheliegenden Gründen auch ESG-konforme Anlageprodukte erheblich an Bedeutung gewonnen. Trotz zunehmender Regulierung bleiben die Vorgaben in weiten Teilen schwammig, was bei den Banken und Finanzdienstleistern mit einer entsprechenden Rechtsunsicherheit korrespondiert. Wir erwarten hier in den kommenden Jahren ein neues Spielfeld für in der einen oder anderen Weise gescheiterte Anlagen.
Interview Rüdiger Schmidt-Sodingen
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eines Insolvenzverfahrens. Doch selbst in der Insolvenz können die Firmenlenker das Heft in der Hand behalten – mittels einer Sanierung in Eigenverwaltung.
Lieferkettenprobleme sowie hohe Rohstoff- und Energiepreise stürzen einige Unternehmen in die Krise. Eine frühzeitige Restrukturierung kann Probleme erkennen und ein Unternehmen vor einer existenziellen Krise bewahren. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten – wie etwa außergerichtliche Verhandlungen, eine Sanierungsmoderation oder ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung.
Wichtig ist die Analyse, welches Sanierungswerkzeug passend ist. Hierfür ist juristisches und betriebswirtschaftliches Know-how gefragt. Befindet sich eine Firma in Liquiditätsproblemen, ist in einem ersten Schritt zu klären, ob die Zahlungsunfähigkeit droht oder ob die Insolvenzgründe Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung bereits eingetreten sind. Dann wäre ein Insolvenzantrag zwingend und die Geschäftsführung ist verpflichtet, schnellstmöglich zu handeln, um sich nicht haft- bzw. strafbar zu machen.
Bei der Eigenverwaltung bleibt Geschäftsführung im Amt
Viele Unternehmer und Unternehmerinnen fürchten noch immer den Makel
Bei diesem Verfahren bleibt die Geschäftsführung im Amt und kann das Unternehmen selbst durch das Verfahren führen. Zusammen mit Restrukturierungsexperten lassen sich Sanierungsmaßnahmen planen und umsetzen. Das Unternehmen kann sich wieder zukunftsfähig ausrichten. Der Zugang zur Eigenverwaltung ist seit Anfang 2021 strenger reglementiert, was auch aus Sicht der Gläubiger positiv zu bewerten ist. Das Verfahren wurde damit zwar komplexer, aber das hat das Vertrauen in der Praxis gestärkt. Seit 2012, also seit über zehn Jahren, ist dieses Sanierungsverfahren ein gutes Mittel, Unternehmen zu restrukturieren und durch Krisen zu führen.
Neues Gesetz verkürzt Planungszeiträume
Damit die Eigenverwaltung vom Gericht genehmigt wird, muss die Geschäftsführung eine belastbare Unternehmensplanung bereithalten und ein Sanierungskonzept erstellen. Neben einer fundierten Finanz- und Liquiditätsplanung sind verfahrens- und insolvenzspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. Dies erfordert eine frühzeitige und intensive Vorbereitung sowie Fachkenntnisse.
Im November 2022 ist das Gesetz zur vorübergehenden Anpassung sanierungsund insolvenzrechtlicher Vorschriften zur
Abmilderung von Krisenfolgen (SanInsKG) in Kraft getreten. Dabei wurde die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags wegen Überschuldung modifiziert. Zudem hat der Gesetzgeber die Planungszeiträume für Eigenverwaltungsplanungen von sechs auf vier Monate verkürzt. Das bedeutet: Ein Unternehmen hat eine positive Fortführungsprognose, wenn es zumindest in der Lage ist, seinen Zahlungspflichten über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten nachzukommen.
Die Erfahrung aus vielen Mandaten zeigt, dass der Erfolg einer Sanierung entscheidend von einer frühzeitigen professionellen Unterstützung abhängt. Das heißt: Die Prüfung von Maßnahmen sollten lieber zu früh als zu spät erfolgen.
PLUTA hilft Unternehmen in rechtlich und wirtschaftlich schwierigen Situationen. Die Restrukturierungsgesellschaft beschäftigt rund 500 Mitarbeiter.
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Die Digitalisierung des Rechts wirft täglich neue Fragen auf – und beantwortet alte schneller. Wie lassen sich rechtliche Vorgänge oder Beratungen mit Software, also praktisch automatisch, vornehmen? Wie können Daten und Anfragen leichter verarbeitet werden und damit schneller Streitfälle lösen? Anwaltskanzleien sehen Chancen, aber auch Risiken.
Deutschlands größte Gründerkonferenz in Wiesbaden
Am 15. und 16. April 2023 eröffnet
das Rhein Main Kongress Center in Wiesbaden wieder die Tore für Deutschlands größte Gründerkonferenz »The Founder Summit«. Unter dem diesjährigen Motto #neverstopplaying werden an diesem Wochenende mehr als 7000 Teilnehmende erwartet. Auf insgesamt elf Bühnen teilen renommierte und bekannte Persönlichkeiten ihr Unternehmerwissen über verschiedenste Themen. Im Messebereich werden 250 spannende Aussteller und Start-ups Flagge zeigen.
Eine geniale Kombination aus Entertainment und Education, die zum Vernetzen mit Gleichgesinnten dient. Wer Teil einer einmaligen Community und eines unvergesslichen Erlebnisses werden möchte, sichert sich jetzt ein Ticket.
thefoundersummit.de
Schnell viele Kundinnen und Kunden zu haben, galt früher einmal als Erfolgsgarantie.
Mittlerweile wissen erfolgreiche Start-ups und klassische Konzerne aber auch: Mit der Kundenwelle fangen die Probleme oftmals erst an. Denn Kundinnen und Kunden liefern Daten, wollen zunehmend kommunizieren oder kommentieren, fordern und klagen. Und so wächst die Unsicherheit, wie man mit den ganzen Kundendaten und -vorfällen rechtsicher umgehen soll. Selbst kleinste Shops wollen und können nicht mehr ohne Datenschutzklauseln oder Gewährleistungen und entsprechende AGBs verkaufen.
Das ist nur ein Ansatzpunkt für Legal Tech, die automatisierte Rechtsberatung. Aber was heißt im Anwaltsberuf schon »automatisiert«?
Mandant:innen vertrauen darauf, dass sie rechtsverbindliche Hilfe erhalten, die doch persönlich, also von einem realen Menschen, geprüft und beurteilt wurde. Inwieweit können also Systeme leichtere Fragen, die parallel zu den »schwierigen Fällen« einer Kanzlei laufen, schnell beantworten?
Besonders gefragt: digitales Wissensmanagement Legal Tech greift nicht nur in die Beratung ein, sondern auch in viele andere alltägliche Abläufe. So geht es mittlerweile um papierlose Büros, anwaltliche Zeiterfassung, eine bessere Vernetzung, reine Online-Rechtsdienstleistungen, Smart Contracts und eine automatisierte Dokumentenerstellung. Einiges davon sehen Kanzleien als Chance, anderes aber auch als Zeitfresser. Die Ergebnisse der jährlichen legal-tech.de-Umfrage des
Hürther FFI-Verlages, die heuer 270 Teilnehmer:innen, von Anwält:innen und Unternehmensjurist:innen bis zu Studierenden und Referendar:innen, interviewte, sehen so aus: 37 Prozent möchten sich demnächst dem digitalen Wissensmanagement widmen, 33 Prozent der Dokumentenerstellung und 31 Prozent der E-Akte. Immerhin 15 Prozent wollen Legal Tech für die Mandatsannahme einsetzen.
Zwei Faktoren, die Legal Tech derzeit ausbremsen, sind der Arbeitsund Studienalltag. Kanzleien fehlt die Zeit, sich mit der Digitalisierung zu beschäftigen. Und im Studium spielt Legal Tech noch keine bedeutende Rolle. Natürlich sei gerade das Aktenstudium enorm zeitfressend, verkünden Anwält:innen immer wieder. Und ebenso natürlich sei es, dass man in Akten eigentlich nach Schlüsselbegriffen suche, um den Fall dann einschätzen und eine entsprechende Beratung oder Strategie auf den Weg bringen zu können. So gibt es in Miet- oder Arbeitsverträgen bestimmte Wörter, die sofort aufzeigen, ob ein Vertrag mindestens teilweise unwirksam ist. Und diese Begriffe seien natürlich
mit einem Leseprogramm, das dann die gefundenen Fehler automatisch mit einer standardisierten Lösung koppelt, schnell zu finden.
Auch Abmahnungen, die von fragwürdigen Anwält:innen im Auftrag angeblich geschädigter Internetnutzer:innen an Webseitenbetreiber:innen verschickt werden, derzeit beispielsweise wegen des Einsatzes von Google Fonts, sind ein Feld, wo Legal Tech erfolgreich zum Einsatz kommt. So bieten ein paar Kanzleien auf ihrer Website kostenlose Tools an, um die eigene Website auf Abmahnmöglichkeiten zu testen. Andererseits stellen sie schnell anpassbare Antworttexte zur Verfügung, die die abmahnende Seite in die Schranken weisen, weil offensichtlich eben niemand wirklich geschädigt wurde, sondern im Gegenteil bewusst nach einer abmahnfähigen Seite gesucht hat.
Schlägt digitale Schnelligkeit persönliches Engagement?
Legal Tech bedeutet, dass Anwältinnen und Anwälte ihr Wissen auch aus Werbegründen breiter streuen, um aus bereits abgearbeiteten Fällen
Rückschlüsse auf weitere, ähnliche Fälle abzuleiten und Menschen in Rechtsschwierigkeiten schneller zu entlasten. Im Grunde setzt Legal Tech also da an, wo Anwält:innen schon seit Jahrzehnten auf bereits gesprochene Urteile verweisen. Durch digitale Tools rücken Anwält:innen aber nun näher an Mandant:innen aber auch Straftäter:innen heran. Hilfe ist schneller verfügbar, mögliche Konsequenzen können im Handumdrehen mit anwaltlicher Expertise dargelegt und fachlich untermauert werden.
Die eigentliche Herausforderung liegt darin, echtes Legal Tech von falschen Informationen freizuhalten und abzugrenzen. Wo früher jemand schrie »Ich werde Sie verklagen!« oder »Anzeige ist raus!«, geht es nun darum, nicht massenhaft Klagen via Knopfdruck anzuzetteln, sondern eben die rechtlichen Möglichkeiten einer wehrhaften Gesellschaft gewissenhaft zu erweitern und auch Menschen zu helfen, die früher nur schwer zu einer Anwältin oder einem Anwalt gefunden haben.
In einer Zeit, in der im Minutentakt Abmahnungen oder Morddrohungen via Kommentarspalten verschickt werden, muss die Rechtsberatung einerseits schneller und klarer verfügbar sein. Andererseits muss sie aber auch umfassend für ein humanes Recht stehen, dass sich eben nicht von hektischen Emotionen oder Fake News beeindrucken lässt. Hinter jeder guten Beratung muss letztendlich doch eine nahbare Persönlichkeit mit wohlüberlegten, in Ruhe gefassten Ratschlägen stehen.
Text Rüdiger Schmidt-Sodingen
BRANDREPORT • TIGGES RECHTSANWÄLTE PARTNERSCHAFT MBB
Start-ups als Innovationstreiber und Ideengeber sind für die Weiterentwicklung und langfristige Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft unverzichtbar. Als Treiber für wirtschaftliche Dynamik und Transformation stehen sie im Fokus von Investoren. Das derzeitige Investitionsumfeld macht Geldgeber wählerischer – Fundraising aber nicht unmöglich. Investitionen in Megatrends bleiben weiterhin auf dem Radar. Christian Schon, Salary Partner bei Tigges Rechtsanwälte, erläutert die wichtigsten Punkte für Verträge und Beteiligungen.
Nach unserer Erfahrung legt dies den Grundstein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Herr Schon, Venture Capital und Start-ups gehören zusammen. Was sollten beide Seiten beachten?
Wagniskapital ist für junge innovative Unternehmen unverzichtbar. Ist das Interesse eines Investors geweckt, geht es dann darum, die Beteiligten mit ihren unterschiedlichen Interessen zusammenzubringen und ausgewogene und vor allem praxistaugliche Gestaltungen zu erarbeiten.
Gemeinsam mit Ihrem Kollegen Marius Rosenberg verantworten Sie den Bereich »Start-ups & Venture Capital« und sind Mitglied des Expertengremiums des Business Angels Deutschland e.V. (BAND). Zudem oblag Ihnen beiden die juristische Federführung der Arbeitsgruppe »Syndizierung« des German Standard Setting Institute (GESSI). Worum geht es da?
GESSI ist ein gemeinsames Projekt von BAND sowie dem Startup-Verband e.V. zur Entwicklung von ausgewogenen,
belastbaren und kostenfreien Standardvertragsvorlagen für Investoren und Start-ups – unter Mitwirkung von erfahrenen Rechtsanwält:innen verschiedener Kanzleien.
Was müssen Start-ups von Anfang an beachten?
Eine solide Implementierung der erforderlichen Strukturen ist essenziell für die erfolgreiche Entwicklung eines Start-ups. Hieran wird seitens der Start-ups gerne aus Kostengründen gespart –Berater:innen sind ja teuer. Hier setzt das Projekt GESSI an. Die dort abrufbaren Dokumente bilden eine solide Grundlage für den Start und ermöglichen es, sich auf die individuellen Besonderheiten zu konzentrieren und eine maßgeschneiderte, bezahlbare Lösung anzubieten.
Welche Folgen haben Inflation und Krise derzeit für die Start-up-Finanzierung?
Das muss sich noch zeigen. Aktuell beobachten wir, dass die grundsätzliche Bereitschaft, zu investieren, und das Kapital vorhanden sind, Investoren jedoch konservativer agieren, was sich unter anderem bei den Bewertungen von Start-ups bemerkbar macht. Zukunftsfähige, innovative Geschäftsmodelle werden auch weiterhin auf dem Radar der Investoren bleiben und erfolgreich skalieren können.
Interview Rüdiger Schmidt-Sodingen
»Kapital weiter vorhanden – aber nicht für jeden«Christian Schon Salary Partner, Tigges Rechtsanwälte
Die digitale Transformation bringt viele Geschäftsmodelle ins Wanken. Gleichzeitig befördert die Datensammlung und -auswertung nicht nur Tech-Riesen, sondern auch KMUs. Im Gespräch erläutert Dr. Florian von Baum, Sector Head Technology, Science & Industry von Pinsent Masons, die aktuellen Chancen und Risiken.
Herr Dr. von Baum, einerseits leben wir längst in einer »Data Economy«, andererseits werden immer neue Regularien und Gesetze ins Spiel gebracht. Was können Unternehmen da tun?
Das kommt maßgeblich erst einmal auf die Marktposition und das Geschäftsmodell des Unternehmens an. Ist das eigene Geschäftsmodell durch den neuen »digitalen« Wettbewerb gefährdet oder ist man selbst der »Angreifer« auf dem Markt? Immer mehr läuft es aber auf die entscheidende Frage hinaus, wer hat die Herrschaft und die Nutzungsrechte über Daten und welche Teilhabe und Zugangsrechte zu diesen Daten müssen dem Wettbewerb und anderen Markteilnehmer eingeräumt werden. Hier bewegt sich viel momentan, vor allem auf europäischer Ebene.
Die Anforderungen an die Rechtsberatung ändern sich, weil es eben nicht nur um IT- oder Datenschutzfragen geht, sondern auch um M&A, VC, IP und Compliance, Telekommunikation und Energie? Genau. Weil die digitale Transformation eben ein Querschnittsthema ist. Basierend auf der Zielsetzung, die ein Unternehmen hat, gibt es ganz unterschiedliche Wege der digitalen Transformation. Ein gutes Beispiel ist, digitale Geschäftsmodelle nicht selbst zu entwickeln, sondern sie durch Zukauf oder Corporate Venture, also Investments in Start- und Scale-ups, zu übernehmen. Aber auch Herausforderungen, die ESG oder Dekarbonisierung mit sich bringen, stellen neue Anforderungen an die Datenkompetenz und die Rechtsberatung dar. Das macht einen holistischeren Blick der Rechtsberatung notwendig. Wir nennen das »legal by design«.
Jede Branche hat dazu eigene Hauptthemen, die einer gesonderten Rechtsberatung bedürfen?
Nehmen wir zwei völlig unterschiedliche Branchen wie die Automobil- und die Bauindustrie.
Erstere hat relativ früh durch das Entstehen neuer Mobilitätskonzepte lernen müssen, dass es eben nicht mehr nur auf deutsche Ingenieurskunst, sondern auf echte Datenkompetenz ankommt. Wir sehen hier viel Zusammenarbeit unter den Automobilkonzernen selbst, aber genauso mit Tech-Unternehmen, die wir rechtlich begleiten. Die Baubranche steht hier noch ganz am Anfang und die Digitalisierung wird hier – meiner Ansicht nach völlig irrtümlich – vielfach immer noch nur taktisch und als Effizienzsteigerer angesehen, aber nicht als echte strategische Priorität. Sie verfolgen bei Pinsent Masons einen sogenannten »Sector Approach«. Was heißt das?
Da jede Branche ihre eigenen Gegebenheiten hat – nicht nur bei der Digitalisierung – macht es auch in der Rechtsberatung unbedingt Sinn, die rechtlichen Beratungsaspekte mit einer tiefen Branchenkenntnis zu kombinieren. Das macht unseren »Sector Approach« aus. Wir sehen aber auch eine zunehmende Konvergenz der Sektoren: Banken oder Automobilunternehmen sind heute Softwarekonzerne. Auch bei den großen globalen Herausforderungen wie Mobilität,
Urbanisierung oder Klima geht es nicht mehr nur um eine sektorspezifische Rechtsberatung. Wo sehen Sie in den kommenden Jahren die größten Herausforderungen und Chancen? Mit Sicherheit ist es erst mal wichtig, die Chancen und Risiken der Digitalisierung zu begreifen und anzugehen. Wie stark muss Regulierung sein, um uns gerade in Europa nicht abzuhängen? Und wie schaffen wir es, auch finanziell und technologisch nicht weiter in Rückstand zu geraten? Auch wir Anwaltskanzleien müssen begreifen, dass sich die Art und Weise der Rechtsberatung in den nächsten Jahren komplett verändern wird.
Weitere Informationen unter pinsentmasons.com
Die Nutzung von Bild- und Textgeneratoren im Kreativ-Sektor hat mit den für alle zugänglichen Anwendungen von OpenAi und anderen Anbietern stark zugenommen. Viele Unternehmen mit kreativ tätigen Mitarbeiter:innen stellen sich nun die Frage: Können die Arbeitsergebnisse dieser KI-Generatoren bedenkenlos für eigene Veröffentlichungen eingesetzt werden? Was ist zu beachten? Welche Risiken und Implikationen birgt die Nutzung?
Seit Mitte 2022 vergeht kein Tag, an dem man nicht von neuen Anwendungen hört, die per künstlicher Intelligenz sehr ansehnliche Ergebnisse liefern. Diese Anwendungen können den Arbeitsalltag vieler kreativer Menschen, die täglich verschiedenste Text-, Bild- oder Tonwerke erstellen, sehr erleichtern.
Kein Urheberrechtsschutz für KI-generierte Werke Unternehmen sollten sich jedoch über die Implikationen der Nutzung dieser Anwendungen durch ihre Mitarbeiter:innen bewusst werden. Dies betrifft zum einen das Arbeitsergebnis, das durch die Anwendung erstellt wird. Da im deutschen Urheberrecht nach § 2 UrhG (Urheberrechtsgesetz) nur sogenannte »persönliche geistige Schöpfungen« geschützt werden und »persönlich« nur das ist, was ein Mensch schafft, erhalten die KI-geschaffenen
Werke nach derzeitiger Rechtslage nicht denselben Exklusivschutz. Dies kann beispielsweise für Werbeagenturen zu Problemen führen, wenn Kunden feststellen, dass die Konkurrenz dieselben oder sehr ähnliche Bilder nutzt. Auch Verlage könnten sich nicht darauf verlassen, dass das Coverbild eines Buches ausschließlich vom eigenen Verlag genutzt werden kann. Trittbrettfahrer haben so leichtes Spiel.
KI als Tool
Wird Software von einem Menschen steuernd eingesetzt, kann dies je nach Ausprägung der Steuerung doch zu einem Werkschutz führen. Dabei wird die Worteingabe (»Prompt«) und eine Auswahl unter mehreren KI-generierten Bildern voraussichtlich nicht ausreichen, um zu einem Werkschutz zu kommen. Werden KI-erstellte Werke jedoch nur als Basis genutzt und durch einen Menschen umfassend und in kreativer Weise überarbeitet, kann an dieser überarbeiteten Version ein eigener urheberrechtlicher Schutz entstehen.
KI ist nicht unbedingt intelligent Vorsicht ist geboten, wenn eine KI Informationstexte schreibt. Die Inhalte dieser Texte entsprechen nicht unbedingt der Wahrheit. Chatbots wie ChatGPT errechnen gewisse Wahrscheinlichkeiten für mögliche (und meist
sehr plausibel klingende) Formulierungen.
Doch nicht jede Anwendung überprüft den Wahrheitsgehalt der kommunizierten Fakten. Künstliche Intelligenz ist also nicht unbedingt intelligent. Texte sollten daher immer auf Korrektheit und Aktualität überprüft werden. Die Verantwortlichkeit trifft zunächst diejenigen, die das KI-generierte Arbeitsergebnis veröffentlichen und kann in vielen Fällen auch nicht an die Betreiber der KI-Systeme weitergegeben werden, da diese durch entsprechende AGB häufig jede Verantwortung ausschließen.
Achtung bei Prompts
Bei der Nutzung von KI-Anwendungen ist vor allem auch darauf zu achten, dass die Eingabe von Texten oder Bildern selbst eine Urheberrechtsverletzung sein kann. Wenn es sich dabei um geschützte Werke handelt, stellt die Eingabe möglicherweise eine unrechtmäßige Vervielfältigung und Bearbeitung dar, wenn die Rechte für eine derartige Nutzung nicht geklärt sind. Außerdem kann ein KI-Ergebnis einem geschützten Werk gefährlich nahekommen, beispielsweise wenn durch den Prompt der Stil und ein bestimmtes Motiv eines Künstlers vorgegeben werden. In diesem Fall kann das Ergebnis so große Ähnlichkeit aufweisen, dass eine Veröffentlichung zu einer Urheberrechtsverletzung führen könnte.
KI-Strategie
Unternehmen wird daher empfohlen, rechtlich geprüfte KI-Guidelines für den Umgang und den Einsatz von KI-Anwendungen festzulegen, die die genutzten Anwendungen hinsichtlich ihrer AGBs überprüfen und selektieren sowie einen rechtlichen Rahmen für Prompts vorgeben.
Darüber hinaus ist zu einer Dokumentation beim Einsatz von KI zu raten, vor allem aber zu einem aktiven Management der neu geschaffenen Möglichkeiten.
Kann das Töten für die Brauchtumspflege einen »vernünftigen Grund« darstellen?
Das war schon immer so, das hat Tradition« – ein beliebtes Argument, wenn man Menschen damit konfrontiert, dass sie Tierleid verursachendes Handeln befürworten oder gar unmittelbar selbst hervorrufen. Einige dieser Traditionen führen zum Tod der Tiere, die unfreiwillig Teil dieser Bräuche sind.
Hahneköppen
Das Hahneköppen ist eine dieser Traditionen. Meist findet es im Zusammenhang mit einem Volksfest im Bergischen Land, in der Eifel, in der Gegend um Köln, im Jülicher Land und im Raum Neuss statt. Beim Hahneköppen wird traditionell ein zuvor zum Zweck des Hahneköppens getöteter Hahn an einer Vorrichtung kopfüber aufgehängt. Ziel ist es, dass eine:r der Teilnehmenden dem Tier den Kopf mit einem Säbel abschlägt. Die Person, die den Kopf des Tieres abtrennen konnte, wird sodann zum Hahnenkönig bzw. zur Hahnenkönigin ernannt. Die Veranstaltung degradiert ein Tier zum bloßen Objekt.
Dabei gibt es tierleidfreie Alternativen. So hat sich zum Beispiel das sogenannte Gänsereiten, bei dem Gänse aufgehängt wurden, damit vorbeireitende Reiter:innen ihnen sodann den Kopf abreißen konnten, in der Vergangenheit gewandelt (VG Gelsenkirchen Urt. v. 4.2.2016, 16 L 221/16, BeckRS 2016, 41967). Nachdem im Jahre 1806 der Einsatz lebender Gänse verboten wurde, verwendet man mittlerweile Attrappen. Und trotz oder vielleicht gerade wegen dieser Veränderung ist die Veranstaltung beliebt (VG Gelsenkirchen aaO). Und selbst beim Hahneköppen werden mittlerweile vermehrt Attrappen eingesetzt.
Memminger Fischertag
Ein weiteres Beispiel ist der Memminger Fischertag. Dieses traditionelle Volksfest basiert im Wesentlichen darauf, dass mehrere Hundert Teilnehmende an einem festen Tag im Sommer johlend in den Stadtbach springen und mit Keschern versuchen, möglichst viele Fische zu fangen. Diese zweifelhafte Gaudi war bis einschließlich 2021 ausschließlich Männern vorbehalten. 2021 entschied das Amtsgericht Memmingen, dass auch Frauen an diesem tierfeindlichen Brauch teilnehmen dürfen.
Ein »vernünftiger Grund« im Sinne von § 17 Nr. 1 TierSchG ist das Motiv, das das Tierschutzgesetz voraussetzt, damit ein Wirbeltier straffrei getötet werden darf. Es handelt sich dabei um einen Rechtfertigungsgrund, der nicht die Tatbestandsmäßigkeit, sondern im Falle seines Vorliegens allein die Rechtswidrigkeit der Tat ausschließt. Fehlt es an einem »vernünftigen Grund«, droht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Was ein »vernünftiger Grund« im Sinne von § 17 Nr. 1 TierSchG ist, ist nicht legaldefiniert. In der Rechtsprechung und Literatur wurde jedoch eine Definition herausgearbeitet:
»Vernünftig ist ein Grund, wenn er als triftig, einsichtig und von einem schutzwürdigen Interesse getragen anzuerkennen ist und wenn er unter den konkreten Umständen schwerer wiegt als das Interesse des Tiers an seiner Unversehrtheit und an seinem Wohlbefinden.«(Hirt/Maisack/Moritz/ Felde, TierSchG, 4. Aufl.2023, § 1 Rn. 33)
Ausgehend von dieser Definition muss also eine Abwägung stattfinden (OLG SachsenAnhalt, Beschl. v. 28.06.2011, Az.: 2 Ss 82/11, Juris-Rz. 12). Hierzu wird das Interesse des Tieres an seiner Unversehrtheit und an seinem Wohlbefinden dem Nutzen, den der Tod des Tieres angeblich haben soll, gegenübergestellt.
Das Töten von Tieren aus reiner Traditionspflege kann das in Art. 20a GG verankerte Staatsziel Tierschutz und u.a. in § 1 TierSchG formulierte Interesse der Tiere, am Leben zu bleiben, nicht aufwiegen. Ein vernünftiger Grund für eine Tiertötung kann nach hier vertretener Ansicht vor diesem Hintergrund allenfalls eine Situation sein, in der Notwehr oder eine unheilbare, mit Schmerzen verbundene Krankheit/Verletzung des Tieres maßgeblich sind.
Selbst wenn die Tiere nach dem Köpfen gegessen würden, träte hierdurch keine Rechtfertigungswirkung in Form eines »vernünftigen Grundes« im Sinne des § 17 Nr. 1 TierSchG ein, da es sich hierbei um einen untergeordneten Nebenzweck handelte, der im Rahmen eines solchen Motivbündels nicht durchgreift.
Verdeutlichung durch den Maßstab der Kunstfreiheit Noch deutlicher wird dies, wenn man betrachtet, dass selbst die Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz (GG) keinen angemessenen Rechtfertigungsgrund bietet, um Tieren Schäden zuzufügen.
Gem. § 3 S. 1 Nr. 6 TierSchG ist es verboten und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, ein Tier für Filmaufnahmen zur Schaustellung, Werbung oder anderen Veranstaltungen zu nutzen. Unter »anderen Veranstaltungen« werden auch Veranstaltungen mit künstlerischem Charakter aufgefasst.
Mit der 2002 erfolgten Aufnahme des Tierschutzes als Staatszielbestimmung in Art. 20a GG erhielt der Tierschutz Verfassungsrang. Staatszielbestimmungen sind Verfassungsnormen mit rechtlich bindender Wirkung.
Der Tierschutz ist seitdem nicht mehr nur einfachgesetzlich geregelt, sondern kann u.a. dem Grundrecht auf Kunstfreiheit als verfassungsimmanente Schranke entgegengehalten werden. Im Wege praktischer Konkordanz erfolgt seitdem eine Einzelfallabwägung zwischen den miteinander konkurrierenden Verfassungsgütern.
Bei der hier erforderlichen Abwägung zwischen der Kunstfreiheit und dem aus Art. 20a GG abgeleiteten Interesse des Tieres, von Leiden freizubleiben, wiegt das Verbot der Leidens- und Schadenszufügung in der Regel schwerer: Zum einen gibt es für die Künstler:innen Möglichkeiten, das geistig-seelische Erlebnis, das mit der künstlerischen Tätigkeit ausgedrückt werden soll, in schöpferisch-gestalterischer Form umzusetzen, ohne dass Tiere getötet und Tierleid verursacht wird. Zum anderen wiegen mögliche Nachteile, die dadurch entstehen, dass auf solche tierschonenden Alternativen ausgewichen wird, regelmäßig weniger schwer als die Belastungen des Tieres.
Da noch nicht einmal die Kunstfreiheit derartige Eingriffe erlaubt, kann man die Brauchtumspflege erst recht nicht als Rechtfertigungsgrund dafür heranziehen, dass Tiere geschädigt oder gar getötet werden. Insbesondere, da die Brauchtumspflege selbst lediglich über das »Auffanggrundrecht« der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG Grundrechtsschutz genießt.
Art. 103 GG – keine Strafe ohne Gesetz
Das oben Ausgeführte verstößt auch nicht gegen den Grundsatz »keine Strafe ohne Gesetz« aus Art. 103 Abs. 2 GG. Dieser bestimmt, dass eine Tat nur dann bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Befürwortende der traditionsbedingten Tötung von Tieren behaupten, durch die bloße Änderung gesellschaftlicher Vorstellungen würden Sachverhalte der Strafbarkeit unterliegen, die zuvor nicht als strafbar angesehen worden sind.
Art. 103 Abs. 2 GG soll sicherstellen, dass jede Person ihr Verhalten auf die Rechtslage einrichten kann und keine willkürlichen staatlichen Reaktionen auf dem Feld des Strafrechts befürchten muss. Die Gesetzgebung und nicht die Gerichte soll über die Strafbarkeit eines Verhaltens entscheiden. Dies darf man jedoch nicht mit der ureigenen Aufgabe der Gerichte verwechseln, die fragliche Norm zu interpretieren und auszulegen. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Gesetzgebung von unbestimmten Rechtsbegriffen Gebrauch gemacht hat. Die Tatsache, dass die Problematik in der Vergangenheit weitgehend unbeachtet geblieben ist, hindert daher weder Staatsanwaltschaften noch Gerichte daran, den »vernünftigen Grund« zeitgemäß und an den Maßstäben der Anschauungen der gesellschaftlichen Gegenwart auszulegen. Speziesismus
Solche und andere Formen der Tierquälerei und Tierausbeutung sind nur möglich, weil eine speziesistische Denkweise unsere Gesellschaft durchzieht. Speziesismus bezeichnet die ungerechtfertigte Benachteiligung anderer Lebewesen aufgrund ihrer Artzugehörigkeit. Den Interessen von Tieren wird in unserer Gesellschaft oftmals ein viel geringerer Stellenwert eingeräumt als den – oftmals banalen – Interessen von Menschen. Ferner werden die unterschiedlichen Tierarten entsprechend ihrem Nutzen für den Menschen kategorisiert, ausgebeutet und getötet.
Folgendes Gedankenexperiment macht dies besonders deutlich: Müsste beim Hahneköppen anstelle des Kopfes eines Hahnes, der eines toten Hundes oder einer toten Katze abgetrennt werden, könnte diesen Anblick kaum jemand ertragen. Niemand würde bei diesem Gemetzel zusehen wollen oder es gar anfeuern. Es würde vielmehr – und ganz zu Recht – einen öffentlichen Aufschrei des Protests geben. Das Ziehen einer willkürlichen Grenze zwischen den einzelnen Tierarten hierbei ist aber mit den Grundsätzen moderner Ethik und auf dem Gleichheitsgrundsatz und Vernunft basierendem Rechtsverständnis unvereinbar.
Ob bei Gesellschafterkonflikten, der Unternehmensnachfolge, Differenzen mit dem Betriebsrat, B2B-Konflikten, Auseinandersetzungen im Vorstand oder auch bei unternehmensinternen Streitigkeiten: Immer mehr rückt Mediation in den Fokus. »Smart Rechtsguide« sprach mit Wirtschafsmediator Michael Plassmann über die Potenziale der Mediation und Veränderungen in der Konfliktkultur.
Herr Plassmann, wo liegen die Gründe, dass die Mediation bei Konflikten in der Wirtschaft mehr und mehr in den Fokus rückt?
Gerade unternehmerisch denkende Mandant:innen entwickeln vermehrt ein feines Gespür dafür, dass klassische Instrumente bei der Konfliktbearbeitung an ihre Grenzen stoßen und sind bereit, mit der Mediation neue Wege zu gehen. Wenn sie dann mithilfe eines professionellen Mediators am konkreten Fall erleben, wie schnell, diskret und ressourcenschonend ein Konflikt ohne die Anrufung eines Gerichtes gelöst werden kann, werden die Vorteile greifbar.
Können Sie das an einem Beispiel aus Ihrer Praxis konkretisieren?
Zu Beginn der letzten Woche erhielt ich den Anruf aus dem Gesellschafterkreis eines großen Software-Unternehmens. Dort hatten grundlegende Konflikte zwischen den Gesellschaftern
den Erfolg einer bevorstehenden Finanzierungsrunde nachhaltig in Frage gestellt. Zwei Tage später habe ich mir mit den Gesellschaftern eine ganztägige Auszeit genommen, um den Kern des bestehenden Konfliktes zu bearbeiten und nach einer tragfähigen Lösung zu suchen. Nach zehn intensiven Stunden stand das Lösungspaket, die Finanzierungsrunde zum Wochenbeginn ist erfolgreich gelaufen. Und fast noch wichtiger: Die Unternehmer:innen haben durch die Mediation wieder ein gemeinsames Verständnis für die Zukunft ihres Unternehmens entwickelt. Wie können Unternehmer:innen das Thema Mediation noch gewinnbringender für sich nutzen?
Ein Konflikt ist wie ein Tumor. Lässt man ihn laufen, wächst das Problem. Daher lassen sich natürlich mit Hilfe der Mediation ad hoc konkrete Probleme hervorragend lösen. Sehr weitblickend ist es zugleich, wenn präventives Konfliktmanagement betrieben wird. Zum Beispiel durch Etablierung eines echten Konfliktmanagementsystems im Unternehmen, einer Art »KonfliktFrühwarnsystem«. Es beginnt aber bereits beim Vertragsschluss: Gestufte Deeskalations-oder Mediationsklauseln anstelle der tradierten Schiedsklauseln in Vertragswerken können die
Parteien im Konfliktfall daran erinnern, dass es dem gemeinsamen Verständnis entsprach, im moderierten Dialog nach einer Lösung, für den aufgetretenen Konflikt zu suchen, anstatt auf der Autobahn direkt ins (Schieds-)Gericht zu fahren. Was wissen Mandant:innen in der Zusammenarbeit mit Ihnen zu schätzen? Verständnis, Erfahrung, Sorgfalt und persönliche Erreichbarkeit. Ich empfinde es als großes Kompliment, wenn Mandant:innen sich dafür bedanken, wie höchstpersönlich und individuell zugeschnitten der Konflikt in ihrem Unternehmen bearbeitet worden ist. Wenn sie erlebt haben, dass ihr Mediator mit einem ausgeprägt unternehmerischen Blick an ihrer Seite steht, spüren sie schnell, dass sich Mediation für sie auszahlt: in ihrer Bilanz und der Kultur ihres Unternehmens.
Seit 2005 betreibt Kanzleigründer Michael Plassmann die Mediationskanzlei Plassmann (Berlin/Münster), eine Spezialkanzlei für Außergerichtliches Konfliktmanagement. Die Mediationskanzlei Plassmann wird seit Jahren in der Rubrik »Beste Wirtschaftskanzleien Deutschlands« im Bereich »Schlichtung/Mediation« ausgezeichnet und von Unternehmer:innen und Kolleg:innen im besonderen Maße empfohlen.
www.mediationskanzlei-plassmann.de
Staatliche Hilfen haben viele Insolvenzen abgewendet. Trotzdem dürften einige Unternehmen oder deren Teilbereiche in den nächsten Monaten in Schwierigkeiten geraten.
Die Rechtsberatung im Bereich Distressed-M&A-Transaktionen kann Investor:innen, Verkäufer:innen und Targets frühzeitig helfen, wenn sich eine Liquiditätskrise abzeichnet.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Und so sehr einige Unternehmen gerade auf staatliche Hilfen, Energiezuschüsse und die sinkende Inflationsrate setzen, so sehr ist auch klar: Irgendwann muss der Laden wieder alleine laufen. Nur: Wird er das? Was, wenn sich einige Parameter, etwa bei der Kaufzurückhaltung oder den Energiepreisen, doch anders entwickeln?
Investitionen in strauchelnde Firmen sind in den letzten Jahren zu einem wichtigen Wirtschaftsfeld geworden. Vor allem der rechtzeitige Einstieg vor einer Insolvenz. Beratungsfirmen und Kanzleien kommt dabei die entscheidende vermittelnde Rolle zu, die alle Aspekte einer Weiterführung und auch Akquisition beleuchten und klären soll. Ein ordentlicher Spagat, denn: Auf der einen Seite erwarten die Gesellschafter:innen eines Unternehmens mitsamt der Belegschaft und Gläubigern eine schnelle, bestmögliche Vermarktung ihres lahmenden Firmenteils. Auf der anderen Seite erwarten sich Finanzinvestoren und Strategen eine umfassende, rechtsichere Beratung beim Einkauf und der möglichen Restrukturierung oder Weiterverwertung.
Von »imperfect information« zum perfekten Verkaufsvertrag Da es auf Verkäuferseite oftmals schnell gehen müsse, könnten Transaktionen häufig nur auf Basis von »imperfect information« angestoßen werden, gaben Henning Block, Leiter des Restrukturierungsbereichs und Managing Director bei Rothschild & Co., und Dr. Martin Tasmam, Partner von Hengeler
Mueller, in der Börsen-Zeitung vom Oktober letzten Jahres zu bedenken. Die Werttreiber eines Targets müssten schnell identifiziert werden. Zudem sei die Verkaufsdurchführung, im Unterschied zu normalen M&A-Prozessen, praktisch einstufig und mit erhöhten Transparenzanforderungen hinsichtlich der Kreditgeber und anderer Parteien außerhalb der Gesellschafterebene hochkomplex.
Interessanterweise beleuchten Block und Tasmam in ihrem Artikel auch, wie strategische
Pflichten und Gewährleistungen einvernehmlich definieren muss. Anwaltskanzleien warnen davor, dass Käufer:innen zu früh in Vorleistung treten, etwa im Rahmen eines Assetdeals, und der oder die Verkäufer:in dann plötzlich doch Insolvenz anmeldet. Hier kann die Käuferseite dann oftmals nur auf Schadensersatz klagen, denn die Insolvenzverwaltung ist bei gewählter Nichterfüllung des Verkaufs genauso wie die Verkaufenden keinesfalls dazu verpflichtet, irgendwelche Vorleistungen zurückzuzahlen.
warnen davor, dass Käufer:innen zu früh in Vorleistung treten, etwa im Rahmen eines Assetdeals, und der oder die Verkäufer:in dann plötzlich doch Insolvenz anmeldet.
Käufer und spezialisierte Finanzinvestor:innen unterschiedlich mit Distressed M&A umgehen – und damit auch jeweils andere Maßstäbe anlegen. Während letztere bereits Krise »könnten«, verstünden und gerne schnell zuschlügen, fremdelten strategische Käufer:innen oftmals mit dem Krisenmodus des Unternehmens und seien mitunter langsamer.
Rechtlich komplex wird es beim Unternehmenskaufvertrag, der einerseits die Risiken aller Seiten minimieren soll, trotzdem aber
Die Kunst der richtigen Bewertung Umso wichtiger ist es, die Zahlen eines Targets zu überprüfen und sich für die Due Diligence Zeit zu nehmen. Neben den Zahlen und dem daraus resultierenden Verständnis, warum das Unternehmen nicht funktioniert oder in Zahlungsschwierigkeiten ist, kommt einem Sanierungskonzept, das möglichst aktuell sein sollte, um weitere Risiken einer plötzlichen Insolvenzanmeldung zu vermeiden, höchste Bedeutung zu.
Die zunehmenden Wirtschaftshilfen haben die Lage für Unternehmen und damit auch für diejenigen, die ihnen bei einem Verkauf oder einer Restrukturierung mit Dritten helfen wollen, zwar kurz verbessert. Gleichzeitig wurden objektive Lageeinschätzungen, besonders auch für Außenstehende, schwieriger. In ihrer Studie »Distressed M&A in Europe« verweist die Kanzlei Hogan Lovells darauf, dass »die erhebliche Höhe der gewährten Beihilfen« die gesundheitliche Beurteilung eines Unternehmens derzeit schwierig mache. Die Mechanismen, die traditionell zur Bewertung dienten, seien oftmals uneffektiv geworden. Es gibt also individuell und damit beratungstechnisch viel zu tun. Denn wo einstmals selbstbewusste Tech-Firmen straucheln und verschämt auftretende Traditionsunternehmen wieder bessere Geschäfte machen, gerät der Investorenmarkt und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit totgeglaubter Sparten oder vermeintlich alter Geschäftsmodelle in Bewegung. Eine umfassende und individuelle Rechtsberatung kann Unternehmen helfen, sich auf Unwägbarkeiten einzustellen und Chancen rechtzeitig und umfassend zu ergreifen. Denn wenn Rechtssicherheit herrscht, lassen sich Probleme, Restrukturierungen und Eingliederungen in neue Unternehmen oder Firmengeflechte leichter angehen. Für wirklich alle Seiten und auch alle Beschäftigten.
Text Rüdiger Schmidt-Sodingen
Start-up-Unternehmen können hoch qualifizierte Mitarbeitende mit Virtual Stock Options, also einer virtuellen Mitarbeiterbeteiligung, anziehen und binden. Dr. Conrad Grau von der Hamburger Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzlei GWGL erläutert die Hintergründe.
Was sind die Vorteile von VSOPBeteiligungen gegenüber einer Direktbeteiligung?
Herr Dr. Grau, wie funktionieren virtuelle Anteile für Mitarbeitende?
Durch die Einräumung virtueller Anteile werden Mitarbeiter oder Co-Founder keine echten Gesellschafter, sondern sie werden wirtschaftlich am Erfolg des Unternehmens beteiligt. Die Begünstigten werden durch eine Vereinbarung mit der Gesellschaft wirtschaftlich so gestellt, als wären sie Gesellschafter. Im Falle eines Exits werden sie anteilig in Höhe ihrer virtuellen Beteiligung an den Veräußerungserlösen beteiligt. Je nach Ausgestaltung ist auch eine Beteiligung am laufenden Gewinn der Gesellschaft möglich.
Da gibt es eine Menge: Während bei der Direktbeteiligung bereits bei der Anteilsgewährung erhebliche Steuern anfallen können, ist die Gewährung von virtuellen Anteilen steuerneutral möglich. Das ist bei einer späten Beteiligung von Co-Foundern oft ein ausschlaggebender Grund. Virtuell beteiligte Mitarbeitende werden keine rechtlichen Gesellschafter, sodass auch virtuelle Kleinstbeteiligungen ausgegeben werden können, ohne den Cap-Table aufzublähen. Ein Notar ist bei virtuellen Anteilen nicht erforderlich. Ein großer Vorteil ist schließlich die Flexibilität der Ausgestaltung. So können die virtuellen Anteile ohne großen Aufwand zum Beispiel gestaffelt über einen bestimmten Zeitraum monatlich erdient werden oder die Erdienung beispielsweise bei Elternzeit unkompliziert ausgesetzt
werden. Virtuelle Anteile zur Mitarbeitermotivation sind bei Investor:innen nicht nur anerkannt, sondern werden oft auch gefordert.
Gibt es Nachteile?
Anders als bei einer Direktbeteiligung werden die virtuellen Anteile im Exitfall leider nicht nach dem begünstigten Teileinkünfteverfahren besteuert, was aber bei der Anteilshöhe kompensierend berücksichtigt werden kann.
Sie bieten ein VSOPVertragspaket zum Festpreis an. Was ist darin enthalten?
Auf Basis einer anwaltlichen Beratung über die individuell gewünschten Konzepte entwerfen wir das eigentliche VSOP-Programm nebst den erforderlichen Gesellschafterbeschlüssen und gestalten gemeinsam die Zuteilungsvereinbarungen für die Gewährung von virtuellen Anteilen an die jeweiligen Begünstigten.
Weitere Informationen unter gwgl-hamburg.de
AnwaltskanzleienBild iStockphoto/ilkercelik Dr. Conrad Grau Rechtsanwalts- & Steuerberaterkanzlei GWGL Interview Rüdiger Schmidt-Sodingen Bild iStockphoto/piranka
In allen Branchen und Disziplinen treten Rechtsfragen auf. In vielen Firmen fehlt es aber an Fachleuten, die diese adäquat beantworten könnten. Die Hochschule Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern bildet diese Experten berufsbegleitend aus – ein Mehrwert für Unternehmen und Absolventen.
In der alltäglichen Wirtschaftswelt spielt das Wirtschaftsrecht eine essenzielle Rolle. Denn dieses betrifft nicht nur große internationale Unternehmen, sondern auch kleine Familienbetriebe und Privatpersonen. Sobald also eine beliebige Partei am Wirtschaftsleben teilnimmt, wird diese mit dem umfassenden –und komplexen – Thema »Recht« konfrontiert. Deshalb ist es essenziell, dass Unternehmen auf geschultes Fachpersonal vertrauen können, das nicht nur über wirtschaftliches Know-how verfügt, sondern auch in Rechtsangelegenheit bewandert ist. Doch genau solche Fachkräfte sind nach wir vor eine Seltenheit.
Aus diesem Grund bietet die Hochschule Neubrandenburg Beschäftigten die Chance, neben ihrem Beruf ein entsprechendes Studium zu absolvieren. Der Studiengang »Angewandte Betriebswirtschaftslehre« beinhaltet nicht nur einen breitgefächertes Wirtschaftsfundament mit Wirtschafts-und Arbeitsrecht, sondern bietet Studierenden daneben die Chance, sich in einem Fachbereich zu spezialisieren. Bereits seit dem Jahr 2012 bietet die Hochschule Neubrandenburg eine einzigartige Auswahl berufsbegleitender Studiengänge und Zertifikatsstudien an. Dennoch wagen viele Interessenten nicht den definitiven Schritt, da sie Angst haben, Beides, sprich Arbeit und Studium, gleichzeitig zu Stämmen. Berechtigterweise?
»Rechtsguide« klärt auf und adressiert die
wichtigsten Fragen sowie Unsicherheitsfaktoren.
Warum lohnt sich ein berufsbegleitendes Studium?
Wer ein berufsbegleitendes Studium anstrebt, geht einer praktischen Tätigkeit nach und kann mit dieser Form der Weiterbildung bereits erworbenes Fachwissen durch einen akademischen Abschluss erweitern. Ein erfolgreich absolviertes berufsbegleitendes Studium erhöht die eigenen Karrierechancen, bereitet auf eine höhere Position vor, schließt Wissenslücken und verschafft zudem einen umfassenden Überblick des eigenen Berufsfeldes durch akademisches Fachwissen. Zusätzlich profitieren Studierende von dem Aufbau regionaler Netzwerke.
Wie läuft ein berufsbegleitendes Studium ab?
Die Veranstaltungen werden als Blockseminare zumeist freitags und samstags durchgeführt. Sie finden in der Regel an acht bis 15 Präsenztagen vor Ort oder online statt. Berufsbegleitend studieren heißt aber auch: flexibles Selbststudium, Lernnetzwerke, enge Betreuung, innovative Lehr- und Prüfungsformate und Eigeninitiative.
Welche Voraussetzungen muss man für ein berufsbegleitendes Studium erfüllen?
Bei einem angestrebten Bachelor-Studium wird formal die mittlere Hochschulreife
(Fachabitur, Abitur) erwartet, für ein Master-Studium wird ein erster berufsqualifizierender Hochschulabschluss sowie fachnahes Wissen aus der Praxis vorausgesetzt.
Ist der Abschluss eines berufsbegleitenden Studiums gleichwertig zu Vollzeit-Abschlüssen?
Ja. 17 Prozent der befragten Unternehmen bevorzugen Bewerber:innen mit einem abgeschlossenen berufsbegleitenden Studium.
Kann man das Studium in die Berufstätigkeit einbeziehen?
Das ist sogar äußerst wünschenswert, denn Theorie und Praxis sind eng miteinander verzahnt. Die Studieninhalte ergänzen praktische Erfahrungen und Qualifikationen, so dass diese unmittelbar im Beruf anwendbar sind.
Wie bekommt man alles unter einen Hut?
Die Nutzung von Bildungsfreistellung eröffnet neben den wenigen Präsenzterminen ein hohes Maß an Flexibilität bei der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Studium. Durch die Studiengangskoordination ist eine individuelle
Betreuung und persönliche Unterstützung während der gesamten Studienzeit garantiert.
Welche Alternativen gibt es, wenn ein komplettes Studium zu viel ist?
Es muss nicht gleich ein ganzes Studium sein. Module oder Modulkombinationen können auch einzeln als Gasthörer:in belegt werden. Mit Ablegen der dazugehörigen Prüfung erhalten Studierende ein Hochschulzertifikat.
Und wenn dennoch
Unsicherheiten bestehen?
Kein Problem! Die Studiengangskoordination ist jederzeit für Fragen und Anliegen offen. Bei Bedarf kann auch der Kontakt zu Studierenden und/oder Absolvent:innen hergestellt werden. Vor Studienbeginn finden regelmäßig Informationsveranstaltungen statt. Nähere Informationen auf der Homepage des Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung der Hochschule Neubrandenburg (www.hs-nb.de/zww).
Der 50-jährige Templiner Torsten Grohs leitet in Trollenhagen die ESG Energy Service Group GmbH, ein Unternehmen, das sich mit erneuerbaren Energien befasst. Gleichzeitig ist er Student an der Hochschule Neubrandenburg. Chef und Student gleichzeitig? Geht das?
Der gelernte Steuerfachangestellte machte seinen Schulabschluss kurz vor Fall der Mauer. Eigentlich wollte Grohs studieren, bekam aber keinen Studienplatz. So entschied er sich für die Ausbildung. Es folgte eine steile Karriere: vom Qualitätsmanager zum Verwaltungsleiter bis zum Geschäftsführer. »Die Unternehmer und Gesellschafter haben mich immer weniger nach meiner Ausbildung als nach meinen Fähigkeiten und Potentialen eingesetzt«, sagt Torsten Grohs. »Eigentlich ein tolles Kompliment, hat mich das ständige Gefühl des Ungleichgewichts von Ausbildung und Job schließlich motiviert, mit Anfang fünfzig doch noch zu studieren.«
An der Hochschule Neubrandenburg studiert Grohs nun berufsbegleitend Angewandte Betriebswirtschaftslehre (ABWL), Schwerpunkt Personal und Organisation. Für den Bachelorstudiengang entschied er sich, um sich nicht auf eine Branche festlegen zu müssen. Und weil sein Mitarbeiter Dirk Schleede bereits zwei Jahre zuvor gute Erfahrungen gemacht
hat. »Dirk konnte die Studieninhalte direkt und problemlos umsetzen. ›Angewandt‹ war also kein leeres Versprechen«, sagt Torsten Grohs. Das festigte seinen Entschluss.
Vom anwendbaren Know-how des Weiterbildungsangebots profitiert der Manager auch schon während des Studiums. »Manche Themen klingen auch ohne Studium logisch und sollten Standard sein. In der betrieblichen Praxis fehlt es jedoch meist an der konkreten Umsetzung.« Das Studium vermittelt die richtigen Werkzeuge und Ideen, diese Themen professionell und konsequent in Angriff zu nehmen und zu kontrollieren. »So konnten wir beispielsweise direkt den Einkauf und die damit verbundenen Kosten optimieren.« Und wie klappt es, Chef und Student zugleich zu sein? »Die Balance zwischen Präsenztagen und Selbststudium ist ausgeglichen und lässt sich im betrieblichen Kontext gut gestalten«, meint Grohs. Der Studiengang kombiniert Präsenz- und Fernstudium und ermöglicht es den Studierenden, orts- und zeitunabhängig zu
lernen. Alle paar Wochenenden unterstützen Blockveranstaltungen an der Hochschule das Selbststudium. »Wenn ich dann im Hörsaal am Klapptisch sitze, vorne steht der Dozent
oder die Dozentin und hält die Vorlesung, fühle ich mich wie ein richtiger Student. Das hat schon was«, schmunzelt Grohs.
Doch genau solche Fachkräfte sind nach wir vor eine Seltenheit.Torsten Grohs zusammen mit Dirk Schleede am Arbeitsplatz (von links nach rechts)
Die Arbeit bestimmt das halbe Leben und bildet für einen Großteil der Menschen ihre Existenzgrundlage. Das Arbeitsrecht wiederum stellt im Grundsatz sicher, dass sich dabei alle Beteiligten an die Spielregeln halten.
In der Arbeitswelt kollidieren zwangsläufig die Ansprüche der Arbeitnehmenden mit denjenigen der Arbeitgebenden. Darum ist ein Kompromiss notwendig, damit beide Seiten ihre Rechte und Pflichten wahrnehmen können. Dieses Fundament des Zusammenarbeitens bildet das Arbeitsrecht. Wie aber schafft das Arbeitsrecht diesen Kompromiss konkret –und wieso ist es für beide Seiten von Vorteil, sich in diesem Bereich gut auszukennen?
Das Arbeitsrecht befasst sich, wie gesagt, immer mit zwei Akteuren, den Arbeitnehmenden und den Arbeitgebenden. Für Arbeitnehmende bietet das Gesetz die Garantie, dass sie ihre Arbeit korrekt sowie in einer sicheren Umgebung ausführen können. Wäre kein solches Recht vorhanden, müssten Arbeitnehmende einen
Teil ihrer Zeit dafür aufwenden, sicherzustellen, dass ihre Ansprüche auch Gehör finden. Dank des Arbeitsrechts ist dies per se sichergestellt. Gleichzeitig sind die Arbeitnehmenden auch verpflichtet, ihre Seite des Vertrages einzuhalten: Zum Beispiel sind sie verpflichtet, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Keine Rechte werden ohne Pflichten erteilt. Aber umgekehrt gilt auch: keine Pflichten ohne Rechte.
Auch die Arbeitgebenden profitieren dementsprechend vom Kompromiss des Arbeitsrechts. Unternehmen können sich so darauf verlassen, dass in ihrem Sinne gearbeitet wird. Regeln wie die Kündigungsfrist sind auch dazu da, um Arbeitgebende zu schützen. Denn einen Mitarbeitenden in einer zentralen Position von heute auf morgen zu ersetzen, ist praktisch
unmöglich. Die Kündigungsfrist gewährt ihnen ausreichend Zeit, um Ersatz zu finden.
Einzigartig wie das Individuum Damit das Arbeitsrecht effektiv angewendet werden kann, benötigt es Raum zur Interpretation. Es können schlicht keine komplett allgemein-gültigen Regeln formuliert werden, die auf alle Menschen und sämtliche Situationen zutreffen. Doch gewisse Eckpunkte sind klar fixiert. Anbei zeigen wir drei Beispiele.
1. Gibt es ein Recht auf Home-Office? Während der Pandemie nahm die Arbeitsform des Homeoffice enorm zu. Doch ein Recht auf das Arbeiten in den eigenen vier Wänden existiert nicht. Hierzu müssen sich Arbeitgebende und Arbeitnehmende explizit einigen.
2. Wann kann man fristlos gekündigt werden?
Dies kann dann geschehen, wenn ein »wichtiger Grund« vorliegt, gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Dies ist etwa dann gegeben, wenn Arbeitnehmenden Mobbing oder sexuelle Belästigung nachgewiesen werden konnte.
3. Krankmelden im Arbeitsalltag
Bis zu welchem Zeitpunkt man eine Krankmeldung spätestens abgeben muss, steht im Arbeitsvertrag. Reicht man die Krankmeldung zu spät oder gar nicht ein, muss mit einer Abmahnung oder schlimmstenfalls einer Kündigung gerechnet werden.
Sind Unternehmen im Streit, dann ist auch im Wirtschaftsbereich der Ruf nach dem Richter nicht weit. Beurteilung und Lösung eines bestehenden Streits werden dem Gericht übertragen, häufig verbunden mit der Erwartung einer »gerechten« Entscheidung, möglichst zu eigenen Gunsten. Anders formuliert: Der Streit wird delegiert auf die Anwaltschaft und die Gerichte, weg aus der eigenen Verantwortung, verschoben auf am Konflikt zunächst unbeteiligte Dritte.
Ist ein solches Vorgehen stets zwingend?
Die Antwort darauf ist weder eindeutig Ja noch eindeutig Nein. Denn in den Fällen notwendiger rechtlicher Entscheidung ist die Anrufung der Gerichte unabdingbar, so beispielsweise bei Marken- oder Patentstreitigkeiten oder bei der Beurteilung der Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. In einer Vielzahl von Fällen, in denen eine rechtliche Beurteilung nicht im Vordergrund steht, vielmehr Spielraum für eine Verhandlungslösung vorhanden ist, gibt ein Rechtsstreit den Parteien »Steine statt Brot«.
Dies im Einzelfall unter Berücksichtigung aller verfügbaren Optionen der Streitbeilegung, mithin auch strategisch für das Unternehmen abzuwägen, ist Sache unternehmerischer Vernunft und kaufmännischer Sorgfalt. Das gilt nicht nur für das Management, sondern auch für die nach Standesrecht zur Konfliktprävention und Streitschlichtung aufgerufene Anwaltschaft.
Dabei ist nicht zu verkennen, dass die Delegation der Entscheidungs- und
Ergebnisverantwortung auf die Juristen, letztendlich auf die Gerichte, bekanntes Terrain ist. Dieser Weg entbindet von der Verantwortung für eine Entscheidung und von deren unternehmensinterner Rechtfertigung. Für die Anwaltschaft ist ein Rechtsstreit, gar über mehrere Instanzen, nicht nur professionelle Bestätigung, sondern zweifelsohne auch ein Wirtschaftsfaktor.
Indes gebieten die unternehmerische Vernunft und die Verantwortung, diese Bequemlichkeit zu überwinden und sich der Möglichkeiten breiten Spektrums außergerichtlicher Streitbeilegung anzunehmen. Dieses reicht von dem parteibestimmten und gerade im internationalen Bereich bevorzugten Schiedsverfahren über die allseitig aus Tarif- und Verbraucherstreitigkeiten bekannte Schlichtung bis hin zu der längst zunehmend fokussierten und immer noch mit Vorbehalten betrachteten Mediation.
Dabei ist es gerade die Mediation, welche unbestritten kosten- und zeitsparend sowie flexibel einsetzbar ist und im Erfolgsfalle zu nachhaltigen sowie eigenverantwortlich zufriedenstellenden Ergebnissen führt.
Während die Anwendung von Mediation im innerbetrieblichen Bereich bereits auf höhere Akzeptanz stößt, ist die
Zurückhaltung im B2B-Bereich weiterhin signifikant. Dabei wird übersehen, dass diese auf Kooperation ausgerichtete Methodik auch für reine Sach- und Verteilungskonflikte nutzbringend einsetzbar ist.
Das Spektrum der möglichen Streitbeilegungsmethoden kann vorausschauend in Vertragsverhandlungen und sonstige Unternehmensdokumente einbezogen werden, etwa durch die Berücksichtigung von Mediationsklauseln zur ersten Stufe der Beilegung von Streitigkeiten im Vertrag. Denn sobald der Konfliktfall mit allem Aufwand und häufig dem Abbruch jeglicher Kommunikation eingetreten ist, wird aus den wechselseitigen Rechtspositionen nicht selten Rechthaberei.
Aber auch für die Beratung öffnen sich mit den weiteren Streitbeilegungsmethoden neue Perspektiven. Die Zufriedenheit der Mandantschaft wird nachhaltiger sein, wenn ein Streit ressourcenschonend und zeitnah beigelegt werden kann.
Das passt zum Wertekanon des ehrbaren Kaufmanns, der von Vertrauen, Nachhaltigkeit und Verantwortlichkeit geprägt ist. Dorthin passen die Grundsätze der Mediation, deren konstruktive Verfahrensstruktur und nicht zuletzt die gegenüber
Urteilen u. a. wesentlich höhere Belastbarkeit eigenverantwortlich gefundener Ergebnisse.
Prof. Dr. Renate Dendorfer-Ditges ist Rechtsanwältin/Attorney-at-Law (New York/ US Federal Courts)/Zertifizierte Mediatorin sowie Mitglied des Mediator Panels des Office of the Ombudsman for United Nations Funds and Programmes
Ditges Dispute Partners versteht sich im wörtlichen Sinne als Partner bei der Auswahl und Betreuung der im Streitfall bestgeeigneten Methode. Diese Expertise reicht von umfassender Erfahrung in der Forensik über ebensolche im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit bis hin zur Wirtschaftsmediation im nationalen und im internationalen Kontext.
Weitere Informationen unter: www.ditges.de
»Wenn Zwei sich streiten, freut sich der Dritte«Prof. Dr. Renate Dendorfer-Ditges Rechtsanwältin, Zertifizierte Mediatorin
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ut verpackt steht das Bett des schwedischen Möbelherstellers in der kleinen Gießener Dachgeschosswohnung von Azai. Gleich nach der Klausurenphase an der Uni wollte er es aufbauen. Seine Mama sollte es bequem haben. Jetzt, nach acht langen Jahren, wäre endlich ein Besuch und ein Wiedersehen möglich gewesen. Der Bürgerkrieg in Syrien löschte fast Azais gesamte Familie aus. 2015 kam er als 19-jähriger allein in Deutschland an, lernte die Sprache und begann zu studieren. Zuhause in Syrien lebte nur noch seine Mutter. Bis sie dem Beben zum Opfer fiel. Unter Tränen fragt sich Azai nun:
Azai hofft, dass dieser Krieg endlich aufhört und dass jetzt Hilfe bei seinem Volk ankommt. Das Bett wird er zurückgeben. Gerade in Syrien trifft es die, die schon seit Jahren alles verloren haben. Es sind überwiegend Frauen und Kinder, die in den Flüchtlingscamps leben. Der Ausbruch einer Cholera-Epidemie dort verschärft die Lage. Menschen in Not erhalten in Syrien keinerlei staatliche Hilfe. Aber auch in der Türkei hat das Beben vielen ihr gesamtes Hab und Gut genommen. Ihnen blieb nur das nackte Leben.
JETZT HOFFNUNG SPENDEN!
„Wie oft kann man alles verlieren, bevor man endgültig am Ende ist?“