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Du bist, was Du isst! Experteninformation von Prof. Dr. Gerd Glaeske

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Du bist, was Du isst!

Wissenschaftliche Aspekte der gesunden Ernährung

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Prof. Dr. Gerd Glaeske, Universität Bremen, Leiter des „Länger besser leben.“-Instituts

Eigentlich ist alles gar nicht so kompliziert. Unsere Ernährung sollte auf bestimmten Empfehlungen aufbauen, die gar nicht so schwer einzuhalten sind:

• Eine gesunde Ernährung sollte dem „Gemüse-

Obst-Projekt“ folgen: Experten empfehlen 400 Gramm Gemüse und 300 Gramm Obst sowie ausreichend Ballaststoffe (rund 30 bis 40 Gramm) pro Tag, vor allem aus Vollkornprodukten. Bei Obst und Gemüse gibt es den leicht zu merkenden Tipp: „Fünf am Tag“ – da sind die empfohlenen Grammzahlen schnell erreicht; ein Apfel, eine Birne oder eine Apfelsine entsprechen je nach Größe schon fast 100 Gramm. Eine Portion Spinat oder Brokkoli macht auch schon fast 200 Gramm aus.

• Wöchentlich sollen zwei Portionen Fisch und maximal 600 Gramm Fleisch und Wurst konsumiert werden.

• Vor allem Zucker und tierische Fette – vor allem in Wurst und Fleisch, Butter und Käse – sollten nur in geringen Maßen verzehrt werden.

• Wichtig ist auch, den Salzkonsum auf höchstens sechs Gramm zu begrenzen, da zu viel Salz zu Bluthochdruck oder sogar zu Magenkrebs führen kann. Die durchschnittliche tägliche Konsummenge in Deutschland beträgt pro Einwohner acht bis neun Gramm und sollte daher deutlich reduziert werden. Auch das „versteckte“ Salz in Fertiggerichten oder Wurstwaren muss eingerechnet werden.

• Säfte verdünnen Sie am besten mit Mineralwasser zur Schorle. Dabei sollten die Mineralwässer möglichst wenig Na und Cl (NaCl:

Natriumchlorid = Salz) enthalten. Beides zusammen sollte 100 Milligramm pro Liter nicht übersteigen. Die Werte finden Sie auf dem Etikett.

• Ab 40 Jahren sollten bestimmte Nahrungsmittel wie Innereien (z.B. Leber oder „Nierchen“) und tierisches Fett gegenüber den grundsätzlichen

Empfehlungen reduziert werden, da sie entzündungsfördernde Arachidonsäure und Purine enthalten und Rheuma, Atherosklerose und Gicht fördern können.

• Insgesamt ist es besser, möglichst wenig verarbeitete oder industriell veränderte Nahrungsmittel zu sich zu nehmen (z.B. Fertigpizza,

Tüten- oder Fertigsaucen und andere tiefgekühlte Fertiggerichte). Der Anteil von bearbeiteten

Lebensmitteln sollte maximal 15 bis 20 Prozent betragen. Frisch eingefrorenes Gemüse und

Obst als Tiefkühlkost gehört nicht generell zu diesen bearbeiteten Lebensmitteln – es sei denn, der berühmte „Blub“ wurde zugesetzt.

Um zu verstehen, wie viele Kilokalorien wir aufnehmen müssen und ab wann wir zunehmen, sollten wir unseren Grundumsatz kennen. Dieser wird nach der Harris-Benedict-Formel unterschiedlich für Männer und Frauen berechnet.

Beispiel

Bei einem Mann mit einem Körpergewicht von 79 Kilogramm, einer Größe von 1,75 Metern und einem Alter von 73 Jahren berechnet sich der Grundumsatz für einen Zeitraum von 24 Stunden folgendermaßen: Grundumsatz [kcal/24h] = 66,47 + (13,7 x Körpergewicht in kg) + (5 x Körpergröße in cm) - (6,8 x Alter in Jahren). Es werden demnach folgende Zahlen eingesetzt: 66,47 + (13,7 x 79) + (5 x 175) - (6,8 x 73) = 1.527,37 kcal für den Grundumsatz.

Bei einer 31-jährigen Frau mit 68 Kilogramm Körpergewicht und 1,72 Metern Größe wird der Grundumsatz anders berechnet: Grundumsatz [kcal/24h] = 655,1 + (9,6 x Körpergewicht in kg) + (1,8 x Körpergröße in cm) - (4,7 x Alter [Jahre]). Also: 655,1 + (9,6 x 68) + (1,8 x 172) - (4,7 x 31) = 1.471,8 kcal pro Tag zum Gewichtserhalt.

Dieses Ergebnis bedeutet, dass der genannte „Beispiel-Mann“ innerhalb von 24 Stunden 1.527 Kilokalorien zu sich nehmen muss, um seine physiologischen Funktionen aufrechtzuerhalten. Wenn dieser Wert überschritten und diese Überschreitung nicht durch Bewegung abgebaut wird, werden zu viele Kalorien über die Ernährung aufgenommen. Es kommt zu einer Gewichtszunahme, während es beim Unterschreiten zunächst zu einer Abnahme kommt.

Den Einfluss von sportlichen Aktivitäten sollte man allerdings nicht überschätzen: Eine Stunde gängiger bis anstrengender Sport verbraucht normalerweise 300 bis 500 Kilokalorien. Ein Kilogramm Körperfett wird mit rund 7.000 Kilokalorien berechnet. Wenn darüber hinaus der Alkoholkonsum begrenzt wird (Männer pro Woche maximal 2,5 Liter Bier und 1 Liter Wein, Frauen die Hälfte) und auch nicht geraucht wird, kann die Lebenserwartung, wie im „Länger besser leben.“-Programm der BKK24 angegeben, um bis zu 14 Jahre erhöht werden. Prävention basiert übrigens nicht auf Verzicht, sondern auf gezielten Lebensstilveränderungen: Gesund alt werden heißt auch gut gelaunt sein, sich weniger belastet fühlen und beweglich bleiben. Die Lebensqualität und Lebenslust steigen: Wollen wir das nicht alle?

Ernährung ist auch eine kulturelle Errungenschaft

Um eine Lebensstilumstellung nicht über Verzicht, sondern über den Genuss zu erreichen, ist es wichtig, Ernährung mit einer neuen Bedeutung zu versehen. Über Ernährung kann man sich selbst etwas Gutes tun – und zwar nicht nur kurzfristig beim Schokoladeneis gegen Kummer, sondern auch langfristig mit der Vermeidung von Krankheiten, auf die viele Menschen bereits zusteuern.

Statt viel, schnell und billig zu essen, „to go“ oder TV-Dinner, ist es ein schönes Erlebnis, selbst zubereitete, gesunde und frische Sachen am Tisch zu essen, die genau nach dem eigenen Geschmack sind – und zwar ohne Ablenkung und Eile. Es passiert sonst schnell, dass gar nicht klar wird, wie viel man isst und dass man vor der zweiten Portion schon satt war. Denn ein Sättigungsgefühl stellt sich erst nach ungefähr 15 Minuten ein.

Die frischesten Nahrungsmittel erhalten Sie, wenn Sie passend zur Saison (BZfE, 2017) und regional (am besten beim Erzeuger auf dem Wochenmarkt) einkaufen. Dann wurden die Lebensmittel nicht lange transportiert oder gelagert. Eine Belastung mit Pestiziden, Unkrautvernichtungsmitteln oder anderen chemischen Präparaten vermeidet man durch Bio-Produkte. Das sechseckige Siegel gibt an, dass die europäischen Mindeststandards erfüllt sind. Durch einen Einkauf „fair“ gehandelter

Produkte haben Sie zusätzlich die Gewissheit, die Erzeuger Ihres Essens nicht ausgenutzt zu haben.

Zucker im Visier: Auch auf Fruktose achten

Das Robert Koch-Institut hat in den vergangenen Jahren immer wieder darauf hingewiesen: Zivilisationskrankheiten nehmen zu, Adipositas und Diabetes sind in Deutschland auf dem Vormarsch (Mensink et al., 2013). Die bereits übergewichtigen Menschen werden noch dicker: Bei den Männern waren es vor zehn Jahren noch 18,9 Prozent, heute sind es 23,3 Prozent mit einem Körper-Masse-Index (BMI) von über 30. Bei den Frauen hat sich der Wert hingegen nur leicht erhöht: von 22,5 Prozent auf 23,9 Prozent. Insgesamt hat jedoch fast ein Viertel der deutschen Bevölkerung ein deutliches Übergewicht.

Das Gewicht eines Menschen wird derzeit noch immer zumeist nach dem BMI kategorisiert: • BMI unter 18,5: Untergewicht • BMI zwischen 18,5 und 25: Normalgewicht • BMI zwischen 25 und 30: Übergewicht • BMI über 30: Adipositas (Fettleibigkeit)

Berechnet wird der persönliche Wert so: BMI = Körpergewicht in kg/(Körpergroße in m2). Im eingangs genannten Beispiel gilt für den Mann: 79 kg/(1,75m)2 = BMI 25,8. Für die Frau ergibt sich folgende Rechnung: 68 kg/(1,72m)2 = BMI 23.

Mit Adipositas wächst das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2, für Herz-Kreislauf-Krankheiten und auch für bestimmte Krebsarten (u.a. für Darm-, Pankreas-, Nieren-, Brust- und Gebärmutterhalskrebs). Auf Grund dieser Risiken sinkt auch die Lebenserwartung von stark übergewichtigen Menschen.

Die Erfahrungen vieler Menschen, die ihr Übergewicht allein mit Hilfe von Diäten oder veränderten Ernährungsgewohnheiten loswerden wollen, sind nicht besonders ermutigend. Viele verlieren zwar kurzfristig Gewicht, nehmen aber bald wieder zu. Bei diesen Jo-Jo-Effekten rückt insbesondere der Zucker ins Visier der Wissenschaft.

Vor 150 Jahren haben Menschen in Deutschland noch sechs Kilogramm Zucker pro Kopf und Jahr verbraucht, heute sind es 35 Kilogramm. Das entspricht 24 Teelöffeln pro Tag. Dabei sollte Zucker nur fünf Prozent der täglichen Kalorienzufuhr ausmachen. Das wären dann ungefähr sechs Teelöffel pro Tag.

Das Problem: Der meiste Zucker, der konsumiert wird, wird nicht direkt wahrgenommen. Er ist versteckt in vielen Nahrungsmitteln – selbst dann, wenn es nicht erwartet wird: in Leberwurst ebenso wie im Fleischsalat oder in der Pizza. Hinzu kommt noch: Stets ist die Glukose im Blick, wenn über Zucker geredet wird. Dabei wird der Fruchtzucker (Fruktose) oft übersehen.

Dieser Zucker befindet sich in vielen Fertigprodukten wie süßen Getränken, Fertiggerichten oder auch Sirupzubereitungen, weil er offenbar kostengünstiger ist als andere Zuckerarten. Diese Produkte können zum Übergewicht beitragen, weil Fruktose keine Erhöhung des Insulinspiegels bewirkt und bestimmte Hormone, die ein Sättigungsgefühl auslösen (z.B. Leptin und Ghrelin), nicht freigesetzt werden.

Der Fruktose-Konsum kann nicht ganz unterbunden werden, da auch Obst diesen Zucker enthält. Man sollte aber stark fruktosehaltige Lebensmittel vermeiden, um pro Tag nicht mehr als 15 bis 20 Gramm Fruktose zu sich zu nehmen. Industriell hergestellte und verarbeitete Nahrungsmittel und Limonaden enthalten aber sehr viel billige Fruktose, die letztlich über den Abbau in der Leber als Fettzellen endet. Und das fördert vor allem die Gewichtszunahme am Bauch.

Genau diese lässt sich durch den Taillen-Hüft-Quotienten darstellen, wobei Frauen eher zur Apfelform und Männer eher zur Birnenform neigen.

Bei unserem Beispiel haben sich folgende Werte ergeben: • Mann: 95/100= 0,95 • Frau: 79/102= 0,77

Mehr als 0,85 bei Frauen und mehr als 1,0 bei Männern zeigt ein bauchbetontes Übergewicht, das mit dem Risiko der Entwicklung von Diabetes Typ 2 oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist.

Mit Prävention Darmerkrankungen vermeiden

Ob leckeres Essen, das glücklich macht, oder ein Problem, das Sorgen bereitet: In beiden Fällen spielt der Magen eine wichtige Rolle für den Körper und das Wohlbefinden. Was ist aber mit dem Darm? Darüber wird leider noch immer zu wenig gesprochen: Das Thema scheint nicht „salonfähig“ zu sein. Dabei hat der Darm wichtige Aufgaben im Zusammenhang mit der Ernährung zu erfüllen. Dazu gehören unter anderem die Aufnahme von Nährstoffen, die Verdauung von Speisen und das Ausscheiden von Unverdaulichem.

Kritisch wird es bei Nahrungsmitteln, die Entzündungen im Darm fördern und damit das Risiko für Darmkrebs erhöhen können. Was vielen nicht bewusst ist: In Deutschland erkranken jährlich mehr als 60.000 Menschen an Darmkrebs, bei rund 25.000 Menschen ist dies die Todesursache. Betrachtet man die Lebenszeit, so erkrankt einer von 15 Männern und eine von 18 Frauen daran. Bei Männern ist Darmkrebs derzeit die dritthäufigste, bei Frauen die zweithäufigste Tumorerkrankung.

Die „EPIC-Studie“ der Universität Cambridge (Khaw et al., 2008), auf der die BKK24-Gesundheitsinitiative „Länger besser leben.“ beruht, hat sich zum Ziel gesetzt, durch Prävention die Häufigkeit von Krebserkrankungen um 30 Prozent zu senken. Ungesunde Ernährung kann Darmkrebs fördern. Viel Fleisch und zuckerhaltige Produkte stehen dabei besonders im Mittelpunkt. Der Entzündungsprozess kommt aber nicht nur durch Ernährung und deutliches Übergewicht zustande, sondern auch durch Stress und Depressionen sowie durch Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben. Tun wir also etwas dagegen: Helfen können antientzündliche Lebensmittel im Speiseplan. Dazu gehören beispielsweise Salate, Karotten, Kohl und Kartoffeln sowie viele Getreideprodukte mit Ballaststoffen.

Für den Darm ist es auch wichtig, auf den Alkoholkonsum zu achten. Pro Woche sollten es für Männer nicht mehr als 2,5 Liter Bier oder ein Liter Wein sein, für Frauen gilt die halbe Menge. Als Ergänzungen helfen regelmäßige Bewegung und der Abbau von Stress. Das Rauchen aufzugeben, ist zusätzlich wichtig. Wenn das alles berücksichtigt wird, besteht die große Chance, nicht nur den Darm mit Prävention gesund zu halten.

Leinöl – das heimische „Superfood“

Einer der wichtigsten Tipps lautet, wieder vermehrt Gemüse und Obst auf den Tisch zu bringen und zudem den Verzehr ungesättigter Fette zu fördern. Dazu zählen beispielsweise sogenannte Omega-3-Fettsäuren aus Fischen wie Lachs und Makrele. Wer keinen Fisch mag, kann auf eine wirksame Alternative zurückgreifen: das Leinöl. Dieses Öl wird aus den Samen der Leinpflanze gewonnen und enthält sowohl Omega-3- als auch Omega-6-Fettsäuren. Vor allem kaltgepresste Produkte aus biologischem Anbau gelten als empfehlenswert.

Da das Leinöl nicht lange haltbar ist und schnell ranzig werden kann, muss es vor Licht und Wärme geschützt werden. Daher sollten eher kleine Mengen eingekauft werden. Und ein wichtiger Hinweis: Zum Braten ist das Öl nicht geeignet.

Ein gutes Rezept ist die Budwig-Creme (siehe auch S. 39): Hierbei handelt es sich um Quark, der mit ein wenig Milch und Leinöl zubereitet wird. Mit Schnittlauch angereichert ist das eine ideale

Ergänzung zu Pellkartoffeln. Alternativ kann die Creme auch mit Obst gegessen werden.

Leinöl selbst sollte in der Ernährung so oft wie möglich Berücksichtigung finden – u.a. in Salat oder Gemüse. Die im Leinöl enthaltenen Fettsäuren können nämlich helfen, den Cholesterinwert zu normalisieren – eine positive Wirkung für unsere Gesundheit.

In diesem Zusammenhang ein Extratipp: Das Leinöl ist eine gute und kostengünstige Alternative zu Chia-Samen. Also ein heimisches Superfood, das daher auch in der „Länger besser leben.“-Initiative der BKK24 empfohlen wird.

Nicht nur ärmer, sondern auch kränker: „Länger besser leben�“ als Rezept zur Veränderung

Aktuelle Daten einer großen europäischen Studie mit mehr als 16.000 Kindern aus acht Ländern, die zu Beginn der Studie zwischen zwei und zehn Jahren alt waren und bis zum Alter von fünf bis 17 Jahren beobachtet wurden, zeigen alarmierende Ergebnisse: In allen Ländern war der Unterschied im Körpergewicht abhängig von der sozialen Schicht (Ahrens et al., 2017).

Beispiel Deutschland: Während in den obersten Einkommens- und Bildungsschichten etwa 14 Prozent der Kinder übergewichtig waren, betrug der Anteil der übergewichtigen Kinder in den weniger wohlhabenden Schichten rund 25 Prozent. Dabei ist seit langem bekannt, dass die Ess- und Ernährungsgewohnheiten der Kinder- und Jugendzeit auch im Erwachsenenalter beibehalten werden, mit allen Folgen für Herz-Kreislauferkrankungen oder Diabetes.

Es müssen immer mehr Krankheiten behandelt werden, die durch Prävention und Veränderung des Lebensstils verringert werden könnten. Rund 30 Prozent der Ausgaben für die Behandlung könnten auf Dauer eingespart werden, wenn die Möglichkeiten der Prävention konsequent genutzt würden – ganz zu schweigen von der Verbesserung der Lebensqualität und des eigenen Wohlbefindens sowie der Lebenserwartung.

Das Umfeld ist dabei ausgesprochen prägend. Wenn die Eltern oft zu Pommes, Pizza und anderen kalorienreichen Fertig-Nahrungsmitteln greifen, machen Kinder das nach. Wenn Eltern viele süße Softdrinks und Limonaden trinken, werden ihre Kinder das auch als ganz normal empfinden. Sie lernen dann nicht frühzeitig, dass viel Obst und frisches Gemüse, Fisch und Nüsse, wenig gesüßte Getränke oder Obstschorlen die besseren Alternativen wären.

Dabei gibt es eindrucksvolle Vergleiche, die alle gut verstehen könnten: So sind jeweils 100 Kilokalorien sowohl in 16 Gramm Schokolade oder 19 Gramm Chips als auch in 250 Gramm Äpfeln oder 530 Gramm Tomaten. Doch diese Zusammenhänge müssen vermittelt werden, weil sonst weiterhin rund doppelt so viele Kinder aus sozial benachteiligten Familien in der Grundschule übergewichtig sind wie Kinder aus wohlhabenden Schichten (derzeit 20 Prozent zu 10 Prozent).

Daher ist das „Länger besser leben.“-Programm der BKK24 gerade auch ein Programm für Kinder und Jugendliche aus Familien, die ihr Ernährungs- und Bewegungsprogramm umstellen möchten. Das gesamte Präventionsprogramm richtet sich an alle soziale Schichten, weil das Ziel – eine bessere Gesundheit für alle – unabhängig vom Bildungsstand und Einkommen sein soll.

Ernährung ist dabei eine wichtige Säule. Die zweite ist Bewegung: bei Kindern und Jugendlichen eine Stunde körperliche Betätigung pro Tag. Das empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation. Es wird auch das Gefühl der Gemeinsamkeit gefördert: Zusammen etwas für die eigene Gesundheit zu tun, ist gut für den Teamgeist und die Kommunikation – und es ist ansteckend.

© Fotolia - Ihar Ulashchyk

Mit diesem Programm besteht die Möglichkeit, Kindern und Jugendlichen bessere Gesundheits-Chancen zu vermitteln – und oft genug färbt so etwas auch auf die Eltern ab. Es kann nicht gerecht sein, dass in unserer Gesellschaft ärmere Menschen kränker sind und früher sterben. Denn: Was Hänschen und Bärbelchen lernen, vergessen sie auch als Hans und Barbara nicht mehr.

Jeder zehnte Bundesbürger hat Diabetes

Es gibt neue Zahlen aus dem Versorgungsatlas des Zentralinstitutes der Ärzte in Deutschland – und diese Zahlen sind beunruhigend (Zi, ohne Datum). Die Anzahl der Menschen mit Diabetes steigt an. Lag die Anzahl von Menschen mit Diabetes Typ 1 oder 2 im Jahr 2009 noch bei 8,9 Prozent, so ist sie im Jahr 2015 auf 9,8 Prozent angestiegen. Auffällig sind in diesem Zusammenhang zwei Ergebnisse, wobei vor allem der Typ 2 Diabetes im Mittelpunkt steht. Von dieser Form sind nämlich rund 90 Prozent der mehr als sechs Millionen an Diabetes erkrankten Menschen betroffen.

Männer leider deutlich häufiger an dieser Krankheit als Frauen. Besonders groß ist der Unter-

schied im Alter zwischen 65 und 75: Da sind es 20 bis 25 Prozent der Frauen, aber 25 bis 30 Prozent der Männer. Beide Quoten steigen bis zum 85. Lebensjahr an: Dann sind es 32 Prozent der Frauen und 35 Prozent der Männer.

Ebenso beachtlich sind die regionalen Unterschiede. Am häufigsten wird Diabetes in den neuen Bundesländern diagnostiziert: z.B. in Mecklenburg-Vorpommern oder auch in Sachsen mit jeweils mehr als zwölf Prozent. In den alten Bundesländern schwankt der Anteil zwischen sieben und neun Prozent.

Die Gründe für den Anstieg der Diabeteshäufigkeit sind lange bekannt. Außer dem höheren Lebensalter müssen Bewegungsmangel, Rauchen, ungesunde Ernährung und Übergewicht neben genetischen Einflüssen berücksichtigt werden. Das Übergewicht führt dazu, dass die Insulinproduktion zur Verarbeitung des Zuckers in der Ernährung nicht mehr so gut funktioniert. Dann leiden die Gefäße, und es kommt zu Durchblutungsstörungen – in den Beinen und Füßen, in den Nieren und den Augen. Rauchen verstärkt diese Entwicklungen noch. Im schlimmsten Fall kommt es dann zu Amputationen von Zehen und Füßen, zur Dialyse oder zu Sehstörungen bis zur Erblindung.

Tun wir also etwas dagegen: Der Zuckerkonsum ist sicher ein wichtiger Grund für den Anstieg der Häufigkeit von Diabetes, die mangelnde Bewegung ein anderer. Mit Maßnahmen der Prävention können diese schlimmen Folgen vermieden werden – und man kann länger und besser leben.

Andererseits muss auch im politischen Umfeld ein Umdenken stattfinden, um den Menschen zu helfen, überhaupt präventionsbewusst leben zu können. Dazu gehört beispielsweise die Einführung einer Zuckersteuer, um die konsumierten Mengen deutlich zu reduzieren. Eine NahrungsmittelAmpel könnte in einfacher Weise auf den Zuckergehalt sowie auf den Gehalt von Fett und Kohlenhydraten in Lebensmitteln hinweisen. ■

Literatur

Ahrens W, Siani A, Adan R, De Henauw H, Eiben G, Gwozdz W et al. and on behalf of the I. Family consortium (2017). Cohort Profile: The transition from childhood to adolescence in European children – how I. Family extends the IDEFICS cohort. Int J Epidemiol 46(5): 1394-1395j.

BZfE – Bundeszentrum für Ernährung (2017). Der Saisonkalender Obst und Gemüse. https://www.bzfe.de/_data/files/3488_2017_saisonkalender_posterseite_online.pdf, letzter Zugriff: 27.09.2018.

Khaw KT, Wareham N, Bingham S, Welch A, Luben R, Day N (2008). Combined impact of health behaviours and mortality in men and women: the EPIC-Norfolk prospective population study. PLoS Medicine 5(1): e12. doi: 10.1371/journal.pmed.0050012. https://journals.plos. org/plosmedicine/article?id=10.1371/journal.pmed.0050012, letzter Zugriff: 10.10.2018.

Mensink GB, Schienkiewitz A, Haftenberger M, Lampert T, Ziese T, Scheidt-Nave C (2013). Übergewicht und Adipositas in Deutschland. Bundesgesundheitsblatt 56: 786-794.

Zi (ohne Datum). Versorgungsatlas. https://www.versorgungsatlas.de/, letzter Zugriff: 27.09.2018.

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