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Erfahrungsbericht Schlaganfall

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„Ich muss nicht laufen, aber ich möchte laufen“

Nach einem Schlaganfall kommt Steffen Zimner mit Sport schnell wieder auf die Beine

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Den 19� April wird Steffen Zimner sein Leben lang nicht mehr vergessen: Dieses Datum markiert gleichermaßen ein gesundheitlich einschneidendes Erlebnis nach seinem schwersten Schicksalsschlag sowie einen Tag voller Glücksgefühle. Dazwischen liegen genau zwei Jahre, die aus einem Sportmuffel einen erfolgreichen Marathonläufer machen.

An einem Morgen im Februar 2013 verspürt Zimner von einem Moment auf den anderen Blitze und Schatten vor den Augen. „Gehen Sie damit umgehend zum Arzt“, empfiehlt ihm seine Heilpraktikerin. Also lässt er sich zu einer Augenärztin fahren, die den Friseur nach eingehender Untersuchung ins Mindener Klinikum schickt.

„Dort wurden die zuständigen Ärzte ganz hektisch, als sie mich und meine Überweisung sahen“, erinnert sich der 49-Jährige. „20 Minuten später lag ich bereits auf der Intensivstation.“ Die Diagnose: Schlaganfall mit Gesichtsfeldausfall.

Mehrere Tage und Untersuchungen später steht die Ursache fest: Zimners Herz weist einen 1,8 Zentimeter langen Riss auf, wodurch sich ein Aneurysma gebildet hatte, dass dringend entfernt werden muss. Durchgeführt wird diese schwere Operation am 19. April 2013 in einer Spezialklinik in Hannover. In den Wochen bis dahin vertreibt sich der Vater von zwei Töchtern die Zeit unter anderem mit Spaziergängen. „Ich war ja krankgeschrieben und wollte nicht immer nur den ganzen Tag zu Hause verbringen“, sagt er rückblickend über seine Bewegungs-Motivation.

Diese schnellt rasant in die Höhe, nachdem sein Arzt ihm bei der ersten Visite nach der OP mitteilt, dass diese absolut planmäßig und erfolgreich verlaufen sei. Zimners witzig gemeintem Spruch „Dann kann ich jetzt ja für einen Marathon trainieren“, erteilt der Mediziner – für den Patienten überraschend – jedoch keine Absage, sondern meint dazu nur lapidar: „Gute Idee“.

Diese zwei Wörter wecken den Ehrgeiz des Bad Eilseners: Bereits während der Reha in Hessisch Oldendorf dreht er fortan fast täglich 800 Meter lange Runden um die Einrichtung. „Nach drei Wochen konnte ich schon ohne größere Anstrengung zehn Kilometer am Stück laufen“, schildert Zimner.

Nach dem Ende der Reha-Maßnahme forciert er das Training: Gemeinsam mit einem ebenfalls laufbegeisterten Bekannten legt er mehrmals wöchentlich zehn Kilometer zurück – und nimmt bereits im Sommer am Mindener Volkslauf teil.

Steffen Zimner und der 19. April: An diesem Datum übersteht er An diesem Datum übersteht er eine schwere Herz-OP nach einem eine schwere Herz-OP nach einem Schlaganfall – und zwei Jahre Schlaganfall – und zwei Jahre später seinen ersten Marathonlauf später seinen ersten Marathonlauf

„Das hat mich so euphorisiert, dass ich als nächstes einen Halbmarathon schaffen wollte“, erzählt er mit leuchtenden Augen. Dieses Ziel erreicht er im April 2014 in Hannover.

Nur wenige Tage später steht dann sein nächster Entschluss fest: 42,195 Kilometer schaffen. Als sich dann herausstellt, dass der Hannover-Marathon 2015 auf den 19. April terminiert ist, weiß Zimner genau, wo er seinen Traum verwirklichen möchte. Zur langfristigen Vorbereitung läuft er dreimal pro Woche zwölf Kilometer – gelegentlich auch mehr.

Und auf den Tag genau zwei Jahre nach seiner HerzOP steht der Friseur dann tatsächlich am Start der Marathonstrecke in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Seine angepeilte Zeit von vier Stunden verfehlt er zwar um wenige Minuten. Doch die Enttäuschung darüber wird von etwas anderem mehr als gelindert. „Die letzten 600 Meter bis ins Ziel ist meine achtjährige Tochter gemeinsam mit mir gelaufen – mehr geht nicht.“

Diese Glücksgefühle sorgen dafür, dass Zimner in den Folgejahren drei weitere Marathons absolviert – immer zugunsten wohltätiger Organisationen. „Ich kann also laufend anderen helfen“, schildert er. „Und zwar mit einer Sache, die mir Spaß macht.“

Heute sagt der 49-Jährige: „Ich muss nicht laufen, aber ich möchte laufen.“ Mal ist er in einer Gemeinschaft unterwegs („eine kommunikative Angelegenheit“), mal joggt er allein durch die Gegend. „Aber immer ohne Kopfhörer. Denn wenn man beim Laufen die Geräusche der Natur wahrnimmt, macht das den Kopf total frei.“ ■

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