THE PERCEP TION OF Ausgabe #1 Fr端hlung 2013
EKEL
EKEL IST BEZEICH FUER
DIE NUNG DIE
EMPFINDUNG EINER STARKEN ABNEIGUNG IN VERBINDUNG MIT WIDERWILLEN.
wird in der Psychologie als Idio- synkrasie bezeichnet. Bei der Krankheit Chorea Huntington empfinden Betroffene dagegen
einigen Phobien eine Rolle, das wesentliche Merkmal einer Phobie ist jedoch Angst, nicht Ekel. Extreme Ekel- empfindlichkeit
werden auch deshalb eingehalten, weil tabuisierte potenzielle Nahrungsmittel Ekelgefühle auslösen. Ekel spielt auch bei
Ekel als Affekt, nicht als Instinkt, da er nicht ange boren ist, sondern durch Sozialisation erworben wird. Da Nahrungstabus
Reaktionen wie Übelkeit und Brechreiz, Schweißausbrüche, sinkenden Blutdruck bis hin zur Ohnmacht. Wissenschaftlich gilt
Im Gegensatz zu anderen weniger starken Formen der Ablehnung äußert sich »Ekel« mit unter auch durch starke körperliche
WARUM EIGENTLICH...
spielt, doch auch hier gibt es große individuelle Unterschiede.
Ekel zu verdrängen oder zu überwinden, was zum Beispiel in medizinischen Berufen oder bei Bestattern eine wichtige Rolle
Blutdruckabfall und zur Ohnmacht. Die Ekelempfindlichkeit ist individuell unterschiedlich stark ausgeprägt. Es ist möglich,
[2] Physiologisch kommt es häufig zu einem Würgereflex, Speichelfluss und Übelkeit mit Brechreiz, im Extremfall zu starkem
hochgezogen, während die Mundwinkel nach unten gehen, bei starkem Ekel wird zusätzlich leicht die Zunge herausgestreckt.
Weltweit gibt es einen typischen Gesichtsausdruck für das Ausdrücken von Ekel: Die Nase wird gerümpft und die Oberlippe
Das größte Ekelpotenzial haben weltweit offenkundig tierische Produkte, im Gegensatz zu Pflanzen und unbelebten Objekten.
identisch ist und sich im Laufe der Evolution auch ständig verändert hat.
betrachtet erscheint das vor allem in Hinblick auf die Ernährung sinnvoll, da das Nahrungsangebot nicht in jedem Lebensraum
Prinzip lautet: „Ekele dich vor den Dingen, die in der Gesellschaft, in der du lebst, als ekelhaft gelten!“[3] Evolutionsbiologisch
sie im Laufe der Sozialisation nach dem Vorbild von anderen, vor allem den Eltern, erlernt und ist kulturell beeinflusst. Das
jedoch von der jeweiligen Kultur festgelegt werden und variabel sind. Da die Ekelreaktion kein angeborener Instinkt ist, wird
Forschungsansatz geht hier davon aus, dass die menschliche Ekelfähigkeit in den Genen angelegt ist, die Objekte des Ekels
über- haupt keinen Ekel und können auch den entspre-chenden Gesichtsausdruck bei anderen nicht mehr deuten. Ein
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INHALTS VERZEICHNIS
S. 10
#1 Wissenswertes
S. 14
Spinnen essen - Wahrheit oder Mythos?
S. 16
Auch Niesen will gelernt sein
S. 18
Kuriose Fakten rund ums Klo
S. 20
Beauty Trend rote Lippen
S. 22
#2 Zwischen Ekel und Genuss
S. 26
Gammelhai
S. 28
Kuh - Plazenta
S. 30
1000 Jahre alte Eier und Balut
S. 32
#3 Russisches Roulette
S. 38
Emre und Can erz채hlen von Ihrer Sucht
S. 42
Was Statistiken 체ber unseren Drogenkonsum verraten
S. 47
Wann ist zuviel zu Viel?
S. 50
Impressum
WISSEN LICH EKEL
SCHAFT GILT ALS A
FFEKT, NICHT ALS INSTINKT, DA ER NICHT ANGEBOREN IST.
S N E S S I W S E T R E W
Zahnreinigung
mit
Urin
Da Urin durch seinen hohen Ammoniakgehalt desinfizierend wirkt, verwendete man es im alten Rom zur Zahnreinigung.
Madenkäse Der „Casu Marzu” - Käse ist eine sardinische Spezialität, die lebende Maden enthält. Die Tierchen werden bis zu 8 Millimeter groß und können bis zu 15 Zentimeter hoch springen, wenn man den Käse anschneidet.
O h r e n s c h m a l z -U n t e r s c h i e d e Wegen der dreckigen Luft produzieren Stadtbewohner mehr Ohrenschmalz also Menschen, die auf dem Land leben.
B ü r o ta s s e n
zum gruseln
Auf einer von fünf Bürokaffeetassen finden sich Fäkal- und E.-coli-Bakterien. Der Grund: Oft wird nur das Kurzprogramm der Spühlmaschine ausgewählt - und das erreicht nicht die notwendige Temperatur, um die Keime abzutöten.
Ein Schwimmbad
voller
Spucke
Ein durchschnittlicher Mensch produziert im Laufe seines Lebens so viel Speichel, dass man ein ganzes Schwimmbecken damit füllen könnte.
Bakterien
im
Mund
Im Mund hat der Mensch mehr Bakterien als im Darmausgangsbereich.
Kiloweise Hautschuppen Im Laufe seines Lebens verliert der Mensch insgesamt rund 20 Kilogramm tote Hautschuppen.
B e c h e rw e i s e B a k t e r i e n Würde man alle Bakterien aus den menschlichen Eingeweiden herausnehmen, würde das einen Kaffeebecher füllen.
Selbstreinigende Körperteile Frauen haben zwei Körperteile, die sich selbst reinigen können: ihre Augen und ihre Vagina.
Wahrheit oder Mythos?
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<< MAN SCHLUCKT IM LEBEN VERSEHENTLICH ETWA 10 SPINNEN? >>
Spinnen sind eine hochinteressante und nützliche Tiergruppe, und dennoch finden viele Leute Spinnen ekelig oder haben sogar Angst vor ihnen. Dementsprechend kursieren auch eine Menge moderner Legenden und Fehlinformationen in der Öffentlichkeit. Man schluckt im Leben versehentlich etwa 10 Spinnen? Die Anzahl schwankt bei dieser modernen Legende. Mal sind es 10, mal 3, mal 6. Wie bei allen modernen Legenden wird diese von Mund zu Mund weitergetragen, jedoch wird sie nie belegt. Tatsächlich ist mir keine wissenschaftliche Arbeit bekannt, die dieses Thema untersucht hat. Die Vorstellung, dass man eine Spinne aus Versehen, z. B. im Schlaf, verschlucken könnte, ist auch wenig plausibel. Die meisten Spinnen können nicht besonders gut sehen. Sie haben jedoch extrem empfindliche Sinnesorgane, die feinste Vibrationen und Luftschwingungen wahrnehmen können. Sollte sich eine Spinne einmal dem Mund eines schlafenden Menschen nähern, dann würde sie dessen Atmung sofort registrieren und die Flucht ergreifen. Eine Spinne würde nie auf die Idee kommen, den geöffneten Mund eines Tieres zu betreten, so dass auch die Möglichkeit des versehentlichen Verschluckens nicht besteht.
Quelle: Ratio Blog Artikel: 10 Spinnen Mythen
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<< AUCH NIESEN WILL GELERNT SEIN >> Dieser Tipp
richtet sich an:
Erkältungsopfer
Sie haben sich trotz Erkältung ins Büro geschleppt. Das ist sehr nobel von Ihnen, aber Lob dürfen Sie dafür nicht erwarten. Was, wenn sich nun Herr Hofer bei Ihnen ansteckt, so kurz vor der Präsentation, die möglicherweise über seine Beförderung entscheidet? Vermutlich ist Ihnen das egal, oder eigentlich auch ganz recht, schließlich ist die Bilderbuchkarriere dieses verklemmten Schlipsträgers ohnehin unerträglich. Damit wäre dann der Punkt Ansteckungsgefahr abgehakt. Doch damit ist es nicht getan! Noch lange nicht! Niesen muss nämlich gelernt sein. Etikette-Trainerin Karin Hallinger erklärt Ihnen den Prozess in drei Schritten: 1. Sobald Sie erste Anzeichen eines Kribbelns in der Nase verspüren, wenden Sie vorsorglich Ihrem Chef den Rücken zu. Denn: Sie dürfen auf gar keinen Fall in seine Richtung trompeten. „Das kommt noch aus Zeiten, in denen es einen König gab“, erklärt Hallinger. Dahinter stecke der Gedanke, dass es weniger schlimm für die Gemeinschaft ist, wenn ein Rangniedrigerer wegen Krankheit ausfällt. Nach dieser Logik dürfen Sie Kollege Hofer also getrost ein paar Spritzerchen Nasensekret mitgeben - allerdings kommt hier schon die nächste Regel…
2. Heben Sie die Hand. Nein, nicht die rechte, die linke. Halten Sie sie vors Gesicht und niesen Sie hinein. In die linke Hand ist das erlaubt. Aber nur in die. Denn: „Die rechte Hand nimmt man zur Begrüßung“, sagt Hallinger. 3. Haaa…tschi. Jetzt dürfen Sie sich auch schnäuzen. Aber bitte verstecken Sie danach sofort wieder die Taschentuchpackung. Und Ihr Nasenspray, die Grippetabletten und was die freundliche Apothekerin Ihnen sonst noch alles in die Tüte geworfen hat. „So etwas auf den Tisch zu stellen, ist unmöglich“, sagt Hallinger. Krankheiten seien schließlich kein angenehmes Thema - die Kollegen sollten deshalb nach Möglichkeit damit nicht behelligt werden. Punkte auf der Ach-was-du-nicht-sagstSkala: 7 von 10 Wie es danach weitergeht: Ja, dann bleiben‘s halt einfach zu Hause und feiern krank. Dann können Sie nach Herzenslust röhren und rechts, links, zusammen oder immer abwechselnd die Hände heben. Wobei: Möglicherweise brauchen Sie schon für den ersten Tag ein Attest. Und gelten fortan als Mimöschen oder gar als Low Performer. Was das für Folgen hat, erklärt Ihnen dann ein Karriereberater.
Quelle: SPIEGEL “Karriere Spiegel“ Adventskalender Special
Wieso müssen wir niesen? Das Niesen ist eine Schutzreaktion des Körpers. Ausgelöst wird sie von einer Reizung der Nasenschleimhaut. Bereits feine Staubkörnchen können von den Schleimhäuten registriert werden. Was dann erfolgt, um den Fremdkörper wieder aus der Nase zu entfernen, ist willentlich nicht mehr zu beeinflussen. Der Niesreflex setzt plötzlich ein und kann so leicht nicht mehr aufgehalten werden. Innerhalb weniger Sekunden wird das Luftvolumen in der Lunge komprimiert. Der so entstehende enorme Druck wird durch das Herauspressen der Luft aus der Nase wieder abgebaut. Dabei erreicht die Luft Spitzenwerte von bis zu 160km/h. Das Niesen findet aber nicht nur statt, wenn Fremdpartikel aus der Nase ausgepustet werden sollen. Besonders häufig niesen wir wenn wir erkältet sind oder bei einer Allergie. Hier sind die Schleimhäute der Nase besonders empfindlich. Viele Menschen müssen niesen, wenn sie zu großer Helligkeit ausgesetzt sind. Die Ursachen des so genannten Photischen Niesreflexes sind noch nicht gänzlich aufgeklärt. Man vermutet, dass bei empfänglichen Menschen der Sehnerv besonders nah an jenem Nerv liegt, der die Nasenschleimhaut durchzieht. Werden starke Impulse über den Sehnerv transportiert, so soll ein Teil dieser Erregung auf den Nerv der Nasenschleimhaut überspringen können. Wer einmal eine richtige Nies-Salve erlebt hat, der weiß, wie anstrengend
Niesen wirklich sein kann. Gefährlich kann es jedoch für gesunden Menschen nicht werden. Wichtig ist, dass man dem eigentlichen Nieser nicht mit dem Zuhalten der Nase begegnet. Der aufgebaute Druck muss entweichen können, da er sonst dem Mittelohr schaden kann. Beim ersten Kribbeln in der Nase können unterschiedliche Tricks helfen, damit der Niesreflex erst gar nicht einsetzt. Manch einer schwört darauf, die Nase leicht zuzuhalten oder hochzuziehen. Andere meinen, dass nur die Zunge fest gegen den Gaumen drücken muss. Na dann, Gesundheit!
Quelle: paradisi.de “Gesundheit und Ernährung“
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KURIOSE FAKTEN RUND
UM´S KLO Die Toilette, Latrine, OO oder WC ist eine sanitäre Vorrichtung zu der Aufnahme von den Körperausscheidungen (insbesondere Kot und Urin). Daneben werden die Räumlichkeiten, in der sich solche Vorrichtungen befinden, ebenfalls Toilette genannt. Es existiert ein offizieller Weltrekord im Zerbrechen von Toilettendeckeln mit dem Kopf. Weltmeister in dieser Dis- ziplin mit 50 Klodeckeln innerhalb von 60 Sekunden ist der mehrfache Weltmeister und der Weltrekordhalter im Powerbruchtest Hr. Thomas Teige aus Deutschland. 2001 wurde die Welttoilettenorga- nisation gegründet, die die weltweite Verbesserung der hygienischen Verhältnisse an oder in Toiletten zum Ziel hat. Von ihr stammt auch der Welttoilettengang. Papst Julius der 1. gilt als Schutzpatron der Latrinenreiniger. Im antiken Rom war der Toilettengang ein geselliges Ereignis: Man saß nicht alleine, sondern gemeinsam mit anderen auf dem Klo und reservierte häufig sogar seinen Platz in der Latrine (vergleichbar mit einem Handtuch am Strand). Dazu traten sogar Künstler und Sänger auf, die die Darmentleerung erleichtern sollten. „Also etwa der Effekt, den wir heute vom Musikatenstadl kennen.”
Laut den Autoren des Buches „Becker, Jacobs und Stankowski” haben die Deutschen als einziges Land der Welt über 400 Wörter für das Klo. Kleine Auswahl gefällig? Toilette, WC, Bad, stilles Örtchen, Latrine, Scheißhaus, Donnerbalken, Abort, Häuschen, Bello, Thron, Schlodde, Hüdde, Boiler, Schlüssel, Pott, Kackstuhl... Während wohlhabende Bürger sich in Rom in den Latrinen trafen, machte das einfache Volk an den Straßenrand das was die Textilfabrikanten freute. Denn zum Reinigen und Färben der Textilien war Urin ein notwendiger und wichtiger Rohstoff, so dass die Ausscheidungen des Volkes in Fässern gesammelt wurden. Kaiser Vespasian machte die Exkremente dann auch noch zu Geld, indem er eine Urinsteuer einführte - und den legendären Ausspruch prägte: „Geld stinkt nicht“ („pecunia non olet“). Selbst im 19. Jahrhundert waren Klos noch eine Geldquelle: So kamen Pariser Unternehmer auf die Idee, alle Fäkalien der Stadt zu sammeln und als Dünger zu exportieren. Jeder Deutsche produziert mehr als 5 Tonnen Kot in seinem Leben, wobei die Tagesportion 192 Gramm wiegt.
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<< BEAUTYTREND ROTE LIPPEN >> Es gibt kaum etwas Sinnlicheres als perfekt in Szene gesetzte Lippen. Worauf sollte man beim Schminken achten, damit es nicht in einem Fiasko endet?
Do
Don‘t
Experimentieren Sie mit den Farben, probieren Sie aus, was Ihnen steht! Generell gilt nämlich: Jede Frau kann leuchtende Töne tragen. Gerade bei älteren Frauen wirken die lebendigen Farben wie ein Jungbrunnen. Vor allem Pink (nicht zu blaustichig!) funktioniert so gut wie immer. Dazu wählen Sie tagsüber einen dezenten Lidschatten (z. B. in Beige). Für eine klare Kontur unbedingt einen Lipliner in der gleichen Farbe verwenden!
1. Nicht die Ausrüstung vergessen: Für ein schnelles Auffrischen sollten Sie Lippenstift und Lipliner immer dabeihaben. 2. Bunter Lidschatten ist auch abends hier ein Reiz zu viel. Wenn Sie es ausdrucksstark mögen, empfiehlt sich Grau oder Schwarz.
Quelle: Elle online Magazin, Beauty
WENN EINE TUT
EINER REISE DANN
KANN ER AUF JEDEN FALL WAS ERLEBEN
ZWISCHEN UND GEN
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Links: WitchettyMaden Rechts: Casu Marzu
EKEL USS Die Globalisierung macht auch vor der Gastronomie nicht Halt. Pasta, Pommes, Pizza – dieses Trio lässt sich an den meisten Hotelbüfetts zwischen Manila, Manaus und Mannheim finden. Doch wen im Urlaub nicht nur die Standard-Hotelgerichte interessieren, sondern auch die Kultur des Reiselandes, der probiert die Landesküche. Authentizität und regionale Besonderheiten werden im Tourismusgeschäft ohnehin immer wichtiger. Mit Falafel, Bami Goreng oder Steak nach argentinischer Art dürften die wenigsten Schwierigkeiten haben. Wenn das Fleisch aber wie beim uruguayischen Nationalgericht
Käsefans aufgepasst: etwas ganz besonderes - wegen der lebenden Maden, die hier mitgegessen werden!
Asado con cuero buchstäblich mit Haut und Haaren, also ohne abgezogenem Fell gegrillt wird, könnte das Unterfangen schon schwieriger werden. Die eigene Hemmschwelle zu überwinden, gilt erst recht bei Insektengerichten. Allein der Gedanke daran löst bei vielen Ekelgefühle aus. Befürworter hingegen kontern: „Alles reine Kopfsache“ und schwärmen von den reichhaltigen Proteinen und Aminosäuren. Wie wär’s zum Beispiel mit frittierten Bambuswürmern, denen man einen ähnlichen Geschmack wie Pommes nachsagt? Neugierige können die Maden übrigens auch in europäischen Zoohandlungen erstehen. Diese sollten aber besser nicht auf dem Teller landen, weil sie nicht in Lebensmittelqualität gezüchtet werden. Ebenfalls nicht gezüchtet, und obendrein rein gar nichts für Arachnophobiker: in Bananenblätter eingewickelte und kurz über dem Feuer geröstete Vogelspinnen. Dass es sich dabei um eine äußerst delikate und knusprige Mahlzeit handelt, finden nicht nur etliche Indianerstämme im Amazonas-Gebiet, auch für einige Thailänder und Kambodschaner sind die haarigen Gifttiere ein echtes Leibgericht. Ebenfalls eine Speise für Fortgeschrittene stellt Vogelnestsuppe dar, die tatsächlich aus Teilen eines richtigen Vogelnestes besteht, das – und das ist das Besondere – aus gelatineartigem Speichel einer kleinen Schwalbenart besteht, den an den Gestaden des Südchinesischen Meeres beheimateten Salanganen. Aufgrund der aus Seetang und Meerespflanzen bestehenden Vogelkost schmeckt auch dessen Speichel und ergo die Suppe dementsprechend.
HAKARL GAMMEL ISLÄN
HAI NACH DISCHER ART
KUH PLA Mehr als gewöhnungsbedürftig dürfte für Europäer der Verzehr von Kuh - Plazenta sein.
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Und nicht nur die Plazenta der Kuh ist eine Delikatesse. Tom Cruise hat es getan, und immer mehr Frauen schwören drauf, dass sie sich besser fühlen, bzw. weniger nachbluten, wenn sie es tun. Was tun? Die Plazenta essen, nachdem ihr Kind geboren wurde. Warum heisst die Plazenta eigentlich auch „Mutterkuchen“? Da könnte man doch meinen, das sei was leckeres, wie Erdbeer-Kuchen, oder Sahne-Kuchen. Was für viele (ich geb`s offen zu: mich inklusive) richtig ekelig klingt, machen aber immer mehr Mütter: Sie wollen ihre Plazenta nach der Geburt mit nach Hause nehmen, um sie zu kochen und zu essen. Im Internet gibt`s inzwischen sogar Seiten mit Rezepten für die, naja, optimale Zubereitung der Plazenta. Die meisten jedoch kochen die Plazenta, lassen sie trocknen und mahlen sie danach zu einem feinen Pulver, das in Pillenform abgefüllt werden kann. Dann hat frau länger was davon. Die Plazenta zu essen, egal in welcher Form, wirkt angeblich wahre Wunder: Die Wirkstoffe in der Nachgeburt sollen die postnatale Depression bekämpfen, bei Stillproblemen den Milchfluss anregen, den Hormonhaushalt wieder ausgleichen und der frisch gewordenen Mutter einen enormen Energieschub verleihen. Aber Wissenschaftlich nachgewiesen wurde das allerdings bisher nicht. Es müsse, so Befürworterinnen, doch einen Grund geben, weshalb die allermeisten Säugetiere nach der Geburt des Nachwuchses ihre eigene Plazenta verspeisen. Auf Nachfrage geben sich jedoch Ärzte hierzulande eher bedeckt. Vom Trend, die Plazenta zu verspeisen, merke man hierzulande bisher noch nichts, wahrscheinlich ist der Ekelfaktor ist nach wie vor sehr hoch - irgendwie isst frau ja einen Teil von sich selbst. In den allermeisten Fällen wird die Nachgeburt bereits im und vom Krankenhaus entsorgt. Weiter verbreitet als man denkt ist auch der uralte Brauch, die Plazenta zu vergraben und einen Baum darauf zu pflanzen. Als Zeichen für das neue Leben. Klingt allemal romantischer...
AZENTA
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1000JAHRE
ALTE EIER
Was lange w채hrt, wird gut: Tausendj채hrige Eier gelten als Delikatesse
UND Nur etwas f체r Hartgesottene: Balut, halbgebr체tete Vogeleier
Tausendjährige Eier, fermentierte Eier, hundertjährige Eier oder chinesische Eier sind eine Delikatesse der chinesischen Küche. Es handelt sich um durch Fermentation konservierte Eier. Zur Herstellung werden rohe Enteneier, seltener Hühnereier, für etwa drei Monate in einem Brei aus Anis, Szechuanpfeffer, Teeblättern, Piniennadeln, Fenchelkörnern, Salz, warmem Wasser, gebranntem Kalk, Holzasche sowie Sägespänen eingelegt. Tausendjährige Eier sind ungekühlt monatelang haltbar (bis zu 3 Jahre sind möglich). In China unterscheidet man zwei Arten dieser Eier: mit festem oder nur halbfestem Dotter. „Der halbfeste Dotter hat einen angenehmen, leichten Geschmack ohne beißendes Zitronenaroma und ohne Nachgeschmack. (…) Pidan mit hartem Dotter haben einen leicht beißenden, etwas salzigen Geschmack und einen anhaltenden Nachgeschmack.“
BALUT Balut ist ein angebrütetes gekochtes Enten- oder Hühnerei, das vor allem auf den Philippinen, aber auch in Vietnam als Delikatesse gilt. In China werden sie eher selten gegessen. Balut ist auch außerhalb dieser Länder erhältlich, zum Beispiel in den US-Bundesstaaten Kalifornien und Hawaii, wo relativ viele Filipinos leben.[1] In den europäischen und europäisch beeinflussten Küchen sind angebrütete Eier nicht verbreitet und fallen unter den Bereich der Nahrungstabus. Hausenten werden auf den Philippinen nicht zuletzt für die Produktion von Balut gehalten. Die Hersteller sind darauf spezialisiert und heißen mangbalut. Die Eier werden etwa zwei Wochen lang in speziellen Körben warm gehalten. Am 9. Tag werden die Eier durchleuchtet und diejenigen ohne Küken aussortiert. Eier, in die Wasser eingedrungen ist, werden abnoy genannt. Sie werden als spezielles Rührei-Gericht gegessen. Balut werden etwa ab dem 14. Bruttag vermarktet. Bei den Filipinos gelten 17 Tage alte Eier (balut sa puti) als ideal; vorher ist der Embryo noch kaum wahrnehmbar. Die Vietnamesische Küche bevorzugt 19 Tage alte Eier mit deutlich sichtbarem Körper. Balut werden 20 bis 30 Minuten gekocht. Gegessen werden die noch warmen Eier üblicherweise, indem zunächst ein Stück der Schale entfernt, etwas Salz hineingestreut und dann die Flüssigkeit ausgeschlürft wird. Danach wird das ganze Ei gepellt und mit Salz gewürzt, teilweise auch mit Essig oder Sojasauce. Schnabel und Federn der Entenküken sind deutlich zu erkennen.
ES IST TABAK, UND
SO MIT DROGEN RUM ERST IST MAN FROH, DANN FÄLLT MAN UM.
Wettrennen um den Rausch.
Ganz am Ende kommt die Spritze
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RUSSISCHES
ROUL ETTE
Universität Berkeley, im Jahr 1967: Von einem seiner Studenten wird der junge Chemiedozent Alexander Shulgin auf die Droge MDMA aufmerksam gemacht. Bis dahin war deren psychoaktive Wirkung noch kaum bekannt. Fortan wird man nicht mehr über chemische Drogen sprechen können, ohne seinen Namen zu erwähnen. Wahlweise wird Shulgin als „Godfather of Psychedelics“ oder „George Washington of Psychedelic Drugs“ bezeichnet. Im Laufe seiner Karriere hat er über 300 psychoaktive Substanzen erstmals synthetisiert. Bei den meisten seiner Kreationen waren er und seine Frau, die Psychotherapeutin Ann Shulgin, auch gleich die ersten Konsumenten. In einem beinahe 2.000 Seiten umfassenden Lebenswerk gibt Shulgin für mehr als 200 der selbst entwickelten Drogen detaillierte Syntheseanleitungen, Dosisempfehlungen und Kommentare zur Qualität des Rausches. In einem Dokumentarfilm über sein Leben, der Anfang 2010 erscheint, sagt der mittlerweile 85-Jährige, er habe „immer an den Nutzen seiner Schöpfungen im Bereich der Psychotherapie geglaubt“. Herbst 2008: „Biodroge: Andrang auf Spice“, schreibt der Spiegel, Bild berichtet von einem „Run auf die neue Modedroge“. Bei der kryptischen Ziffern- und Zahlenfolge JWH-018 handelt es sich um ein synthetisches Cannabinoid und um den Hauptwirkstoff von Spice, einer Mischung, die seit einiger Zeit legal verkauft wird.
Immer
neue
Substanzen
werden entdeckt
Mit JWH-018 kommt unerwartet ein unbeachteter Aspekt menschlicher Rauschzustände zum Vorschein. Das Marihuana aus dem Labor ist eine Research Chemical, also das, was früher als Designerdroge bezeichnet wurde. Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei diesen Substanzen um es weitestgehend unerforschte, experimentelle Stoffe mit psychoaktiver Wirkung. Über unerwünschte Nebenwirkungen, Überdosierungen oder Langzeitschäden ist so gut wie nichts bekannt. Und doch widmet sich eine aktive Szene mit beinahe wissenschaftlicher Akribie in einschlägigen Foren den Effekten und Dosierungen der Research Chemicals. Der Beobachter ist sich manchmal nicht sicher, ob hier Drogenkonsumenten oder Schüler des Chemie-Leistungskurses diskutieren. 22. Januar 2009: Niemand kann behaupten, dass es nicht schnell genug gegangen wäre. In einem Eilverfahren wird der Spice-Wirkstoff durch die Aufnahme in die Anlage II des BtmG der Garaus gemacht. Damit gilt die Substanz als „verkehrsfähiges, nicht verschreibungsfähiges Betäubungsmittel“. Der Anteil der 15- bis 18-Jährigen, die mindestens einmal eine Spice-Mischung konsumiert haben, liegt laut einer Studie der Universität Frankfurt bei etwa sieben Prozent, die Gutachter selbst sprechen von einem „Hype“. Dennoch: Die Herstellung, der Handel und der Besitz von JWH-018 ist damit verboten, die Öffentlichkeit reagiert erleichtert, die Gefahr ist gebannt. Oder? Die Politik
kann nur reagieren
Mittlerweile sind Dutzende von Nachahmerprodukten auf dem Markt, die sich durch kleine Änderungen in der molekularen Struktur kaum in ihrer Wirkung unterscheiden, aber eben noch nicht illegal sind. Auch andere illegale Drogen finden ihre legale Entsprechung. So ahmt beispielsweise du 3,4-Methylenedioxypyrovaleron (MDPV) den LSD-Rausch nach, 4-Methylmethcathinon (4-MMC oder Mephedron) hat dagegen aufputschende Wirkung, ähnlich der von Speed oder Ecstasy. Synthetische Cannabinoide wie JWH-015, JWH-81 oder JWH-122 haben eher einen betäubenden Effekt. Die Auswahl ist enorm. Über 450 Varianten synthetischer Cannabinoide hat allein der amerikanische Chemiker John W. Huffman „designt“. Sein Ziel waren neue Me-
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dikamente zur Behandlung von Krebs, Aids oder Multipler Sklerose, den Konsum von Spice und ähnlichen Produkten vergleicht er mit Russischem Roulette. Der Nachfrage schadet seine Einschätzung nicht. Es entsteht ein Wettrennen zwischen den Laboren, in denen immer neue Wirkstoff-Kombinationen zusammengekocht werden, und der Politik, die nur reagieren kann. Frühjahr 2009: Während besorgte Drogenpolitiker, Eltern und Lehrer die Aufregung um Spice langsam wieder vergessen, schlägt Mephedron mit voller Wucht in die Clubs Europas ein. Es wird als Pulver geschnupft, geraucht oder geschluckt. Die Konsumenten berichten von nie gekannter Euphorie. Und von einem starken Suchtpotential. Die Beschaffung ist, verglichen mit illegalen Drogen, beinahe lächerlich einfach, günstig und dazu auch noch risikofrei. Verkauft werden Mephedron und andere Substanzen getarnt als Räuchermischung, Düngemittel, Lufterfrischer oder Badezusatz, die Namen tragen wie Blast, Load oder Charge – entweder im Wasserpfeifen-Shop oder bei Versandhändlern im Internet. Hergestellt werden die Drogen quasi legal in dubiosen Laboren in China oder Russland. Immer heißt es, „diese Substanz ist nicht für den Konsum durch Menschen gedacht, sondern ausschließlich für Forschungszwecke“. Das Rennen
geht weiter
Research Chemicals sind oftmals hochpotent und müssen im Milligramm-Bereich dosiert werden. Warum geht man ein solches Risiko ein? Ist es die Suche nach neuen, bisher unbekannten Geisteszuständen? Oder doch die Sehnsucht der Menschen nach einem legalen High? So wie es jeden Abend in unzähligen Bars und Kneipen erlebt wird. In Internetforen wimmelt es von Einträgen, die nach Euphorie, Wachmachern und Uppern suchen, die nicht unter das Betäubungsmit-
<< DRUFF SEIN, telgesetz fallen – man möchte, wie es ein Forumsmitglied formuliert, „druff sein, aber legal“. Dass man sich dabei selbst zur Laborratte macht, wird lieber ausgeblendet. Innerhalb eines Jahres wird Mephedronkonsum mit 37 Todesfällen in Verbindung gebracht werden. Als die Droge Anfang 2010 in Deutschland verboten wird, steigen die Preise. Es entsteht ein Schwarzmarkt. Anfang Dezember 2010: In Bonn tagt der Sachverständigenausschuss des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, um wieder einmal eine Reihe von Designerdrogen, darunter MDPV und drei weitere Cannibinoide der JWH-Klasse, aus dem Verkehr zu ziehen. Einige Tage zuvor beschlossen die EU-Justizminister, 4-MMC alias Mephedron EU-weit zu verbieten. Doch das Rennen um den Rausch geht ungestört weiter. Die einschlägigen Versandhändler haben bereits einen Ersatz namens 4-MEC im Angebot. Einer ihrer Kunden sagt, der neue Stoff sei „fast noch besser“.
ABER LEGAL >>
Sie sind verboten, sie sorgen dafür, dass man sich Dinge traut, die man sonst nie tun würde, und erscheinen ungeheuer cool: Drogen. Die Neugier ist groß, Drogen auszuprobieren. Doch oft bleibt es nicht beim Probieren. Am Ende bestimmt die Droge ihr Leben. Nichts ist mehr wichtig, nur noch der Rausch und die Mittel, die nötig sind, ihn zu erreichen. Ausbildung, Freunde und Familie sind egal. Einmal dort unten angekommen, ist es schwierig, wieder herauszufinden. Schwierig – aber nicht unmöglich.
DER ABSTU ZWEI DROGENSÜCHTIGE ERZÄHLEN IHRE GESCHICHTE. Mark, 19 Jahre alt und Schüler in Berlin: „Mit 13 Jahren hab ich angefangen zu rauchen – das hält sich bis jetzt – das erste Mal betrunken war ich auch mit 13 und gekifft hab ich auch das erste Mal mit 13. Nach der Schule haben wir uns mit älteren Kumpels getroffen, die etwas hatten und da haben wir halt mitgeraucht. Ich fand es saulustig. Wir haben uns alle einen weggelacht und irgendwelchen Quatsch erzählt und einfach Spaß gehabt. Natürlich wusste ich, dass es eine Droge ist und dass alle immer sagen: „böseböse“ – aber ich wollte nie jemand sein, der irgendetwas abstempelt ohne selber mitreden zu können. Danach war das dann immer mal wieder so – und dann ist es irgendwann mehr geworden. Der Übergang war fast nahtlos: Mit 16 so ungefähr wurde es richtig schlimm, weil in der Familie Probleme waren. Ein Mitglied meiner Familie hat in dieser Zeit Selbstmord begangen. In meiner Familie hat jeder auf seine Art Trauerar-
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Mark und Emre erzählen von Ihrer Sucht
beit geleistet. Ich hab immer gesagt: „Ich komm damit klar!“ Aber im Endeffekt hab ich dann abends gedacht: „Ich hab keinen Bock mir jetzt schon wieder über irgendetwas Gedanken zu machen!“ Also einfach einen kiffen. Das war dann immer abends. Und morgens vor der Schule kann man das ja auch noch machen: in der Schule, nach der Schule... den Nebeneffekt, dass man den Alltag vergisst, konnte man nutzen, um seine Probleme zu verdrängen. Vorher hab ich vielleicht einmal im Monat gekifft. Und dann: täglich. 24 Stunden am Tag. High habe ich mich immer wohl gefühlt – auch wenn man sich das zum Schluss nur noch einredet. Wie ich das finanziert habe, frage ich mich heute auch manchmal. Der gesamte Freundeskreis war damals aufs Kiffen ausgelegt – man musste nicht immer zehn Euro haben, sondern hat zusammengelegt. Aber sämtliche Ersparnisse sind in der Zeit draufgegangen. Mit zehn Euro am Tag konnte man schon rechnen. Meine Eltern haben gemerkt, dass ich mich verändert habe. Aber wenn sie mich drauf angesprochen haben, habe ich immer abgeblockt. Irgendwann war es so weit, dass mich meine Eltern, wie auch Klassenkameraden gefragt haben, ob ich was genommen habe, als ich clean war. Der bekiffte Zustand hatte sich schon zum normalen Zustand für sie entwickelt – das war für mich ziemlich erschreckend. Vor einem Jahr war dann der Punkt erreicht, dass ich zu Mama gesagt hab: „Ja, Mama, es stimmt, ich kiffe und das auch nicht wenig, da muss sich etwas dran ändern.“ Ich wusste, dass es so nicht weiter gehen konnte. Ich wollte gucken, was auf mich zukommt. Das war der richtige Weg, denke ich immer noch. Meine Mutter war schockiert, aber sie meinte, sie hat sich so was schon gedacht. Am selben Tag sind wir noch zum Drogennotdienst gefahren. Dort war ich dann in einem Programm, um zu verstehen, warum und an welchen Tagen man kifft. Sobald ich im Therapieladen angefangen hab, also seit den Sommerferien, habe
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ich jetzt nicht mehr gekifft. Das macht mich stolz. Die zwölfte Klasse habe ich wiederholt – davor hatte ich zu viele Punkte verschenkt fürs Abi. Jetzt mache ich das noch mal und diesmal richtig und ohne kiffen. Man erkennt eindeutige Unterschiede: Ich habe bessere Noten und komme nach Hause und merke, ich habe im Unterricht etwas verstanden – richtige Erfolgserlebnisse! Später will ich auf jeden Fall mit Menschen arbeiten – mit Jugendlichen, Kindern. Als Streetworker zum Beispiel oder auch als Drogentherapeut. Das sind Berufe, die mich super interessieren. Als Vorbild kann ich dann sagen: „Guck mal, ihr macht jetzt Scheiße, das hab ich auch mal gemacht – aber man kann etwas dagegen tun!“ Meiner Meinung nach sollte jemand, der keine Erfahrungen mit Drogen hat, sich nicht negativ darüber äußern – sie können nicht mitreden. Wer es probieren will, soll’s probieren – aber nur, wenn man selber will, nicht weil irgendjemand sagt: mach mal. Man muss immer selber wissen, was man tut. Ich wusste: Kiffen kann massive Folgen haben. Ich habe mir gesagt: Das kann anderen passieren, aber mir nicht. Ich kannte das Risiko und hab’s hingenommen. Ich verlasse mich immer auf mein Glück.“ Emre, 17 Jahre alt und Auszubildender in Berlin: „Als ich das erste Mal gekifft habe, war ich 14. Ich war neugierig und es hat mir gut gefallen. Danach hab ich es ab und zu Mal mitgemacht, dann wurde es ein bisschen regelmäßiger, dann
wurde es jeden Tag. Mit 16 hab ich mir das erste Mal selber was besorgt. Von 25 Euro Taschengeld im Monat habe ich für einen Zehner Gras gekauft und der Rest ist für Zigaretten draufgegangen. Dann hab ich meine Ausbildung angefangen und falsche Leute kennen gelernt. Vom Kiffen ging es über zum Speed ziehen. Die ersten Male habe ich immer nein gesagt. Aber irgendwann war die Neugier größer als der Verstand und ich habe es ausprobiert. Es war das krasse Gegenteil: Beim Kiffen ist man einfach entspannt und ruhig, bei Speed ist man aufgedreht, wach, hat keinen Hunger und ist hyperaktiv. Man fühlt sich voll geil. Was es ansonsten mit dem Körper macht – das war mir damals nicht klar. Im Vergleich zum Kiffen war das ziemlich teuer: Der Dealer hat im Monat 1.400 Euro an mir und meinem Kumpel verdient, das ist eine Menge. Zu dem Zeitpunkt habe ich 75 Euro Taschengeld im Monat bekommen und ich wusste, wo das Geld meiner Mutter liegt. Das war nicht ganz so gut – sie hatte dann statt 900 nur noch 500. Irgendwann bin ich dann morgens nur noch deshalb aufgestanden. Die Zeit ist dabei einfach an einem vorbeigegangen. Als ich aufgehört hab, dachte ich, es sei erst drei Tage später, dabei waren anderthalb Jahre rum. Das fehlt mir jetzt alles. Mein Körper war richtig kaputt. Ich hab teilweise zwei Wochen am Stück praktisch nicht geschlafen, nicht gegessen, weil man weder Hunger noch Müdigkeit verspürt. In meiner Erinnerung ist alles verschleiert. Bei dem Kumpel, mit dem ich angefangen habe zu kiffen, hab ich dann auch Koks ausprobiert und deshalb sogar meine Familie versetzt. Man merkt, wie die Hemmschwelle sich senkt, andere Drogen zu nehmen. Wenn ich weitergemacht hätte, dann wür-
<< ENTZUGSERSCHEINUNGEN VON CANABIS >> de ich vermutlich irgendwann mit einer Spritze im Arm rumlungern. Und das will ich nicht. Mein Kopf dachte, ich hab‘s unter Kontrolle. Auch mein Kumpel meinte: ‚Um dich mach ich mir keine Sorgen, du hast dich im Griff.‘ Aber das war nicht so. Deswegen hat es dann auch ein Weilchen gedauert, bis ich mir eingestehen konnte, dass ich suchtkrank bin. Und das werde ich auch immer bleiben. Mein Vater hat gedacht, dass ich meinen Kumpel von Drogen abbringe, und nicht geglaubt, dass ich das mache. Das hat er mir nicht zugetraut. Die Mutter von meinem besten Kumpel, mit dem ich Koks gezogen hab, hat das dann herausgefunden und bei meinen Eltern angerufen. Am gleichen Abend meinte mein Vater: ‚Emre, komm mal her, wir müssen reden!‘ Ich hab alles geleugnet. Es hat mich voll gewundert, dass er so ruhig geblieben ist, weil er mir früher angedroht hatte, dass er nie wieder mit mir redet, wenn er rausfindet, dass ich Drogen nehme. Wir haben dann stundenlang geredet und einen Termin beim Drogennotdienst gemacht. Ich saß mit zitternden Händen da – meinem Gehirn war scheißegal, was meine Eltern dachten. Ich hab überlegt, wie ich jetzt meine Droge bekomme, ohne dass sie das mitbekommen. Ich hab mir die krankesten Sachen ausgemalt, dass ich mit Speed aufhöre und Kokain nehme, weil Kokain nicht so lange wirkt, da kannst du das in der Schule machen, kommst nach Hause und bist wieder normal und keiner merkt was. Ein paar Tage später gab‘s dann das Gespräch mit der ganzen Familie – meine Eltern, meine beiden älteren Brüder und ich – und da hat sich was geändert: Ich hatte meinen Vater und meine beiden Brüder noch nie heulen sehen, aber als die da um den Küchentisch saßen, flennend wie die Schlosshunde, da wusste ich: Was hast du dir und deiner Familie angetan? Seitdem bin ich, bis auf einen Rückfall mit einem Joint, komplett clean. Inzwischen habe ich nur noch Suchtdruck. Früher war‘s schlimmer: schwitzige Hände und Schlaflosigkeit – Entzugserschienungen vom Cannabis. Vom
Speed hab ich mich alle zwei Minuten umgedreht, weil ich dachte, irgendjemand steht hinter mir und will mir ein Messer in den Rücken rammen – also Paranoia, Angstzustände und Schweißausbrüche. Besonders die Einzelgespräche beim DND haben mir geholfen: Endlich war da jemand, der sich damit auskennt, zuhört und Tipps geben kann. Das ist das A und O, wenn man von irgendeiner Sucht wegkommen will. Jetzt will ich erst mal meine Ausbildung schaffen, einen Job finden und zu meiner Freundin ziehen. Meine Finger werde ich auf jeden Fall von Weißem lassen – weder Speed noch Koks je wieder anfassen. Ob ich nie wieder einen Joint rauche, kann ich zum heutigen Zeitpunkt nicht sagen. Wenn, dann werde ich das definitiv nicht wieder so anfangen wie früher.“ Leuten, die das ausprobieren wollen, würde ich sagen, sie sollten es sein lassen. Es ist ein geiles Gefühl, wenn man da oben auf dem Gipfel steht – aber der Absturz danach, das ist die Hölle. Es ist keine Erfahrung, die man gemacht haben muss.“
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Was Statistiken 端ber unseren
DROGENKONSUM
VERRATEN!
Alljährlich veröffentlicht die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) das Jahrbuch Sucht – mit aus vielen Studien zusammengetragenen Daten und Fakten zum Drogenkonsum der Deutschen. Christa Merfert-Diete ist Referentin bei der DHS und hat am „Jahrbuch 2010“ mitgearbeitet. Sie erläutert einige der wichtigsten Zahlen und Trends. 800 Millionen Liter reinen Alkohol trinken die Deutschen pro Jahr. Das entspricht einem jährlichen ProKopf-Verbrauch von 9,9 Liter reinem Alkohol – vom Baby bis zum Greis. Die Zahl ist leicht gesunken, im Jahr 2000 waren es noch 0,6 Liter mehr. „Aber seit 2005 sind sie stabil, diese knapp zehn Liter pro Person“, sagt Christa Merfert-Diete. „Der Konsum hat sich also auf hohem Niveau etabliert.“ Dass das Niveau hoch sei, werde festgemacht am internationalen Vergleich: In einem Ranking der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt Deutschland an fünfter Stelle; nur in Luxemburg, Irland, Ungarn und Tschechien wird noch mehr Alkohol getrunken als bei uns. Unter anderem 111 Liter Bier pro Ein-
1.331 RAUSCHGIFT TOTE GAB ES 2009 IN DEUTSCHLAND wohner tragen aktuell zum Gesamtverbrauch der Deutschen bei, hinzu kommen Wein, Sekt und Spirituosen. „Der Konsum von Alkopops ist über die Jahre allerdings zurückgegangen“, so Merfert-Diete weiter. Stattdessen steige nun der Umsatz von Mixgetränken mit Wein oder Bier. 1.068 Zigaretten raucht jeder von uns durchschnittlich pro Jahr. „Die Zahl ist erfreulicherweise abnehmend“, kommentiert Christa Merfert-Diete. Im Jahr 2000 noch lag die Zigarettenzahl pro Einwohner bei 1.699 Stück. „Die Ursachen für den Rückgang sind der höhere Preis für Zigaretten, ein stärkeres Gesundheitsbewusstsein der Menschen und natürlich das Rauchverbot in öffentlichen Räumen.“ Wichtig sei hierbei die Intention, die Nichtraucher zu schützen – und nicht die Raucher zu schikanieren. Knapp
Dritte der über 18-Jährigen in DeutschRaucher. Bis zu einem Alter von etwa 50 Jahren wird dabei eher stark und regelmäßig geraucht. „Mit 40 oder 50 wächst bei vielen Rauchern der Wunsch nach einem gesunden Leben, und einige geben das Rauchen ganz auf“, sagt Christa Merfert-Diete. Während unter den erwachsenen Rauchern die Zahl der Männer höher ist als die der Frauen, haben sich bei den Minderjährigen die Geschlechter in den letzten Jahren angeglichen. Inzwischen gibt es auf jeder
land ist
Was Statistiken über unseren Drogenkonsum verraten
ZAHL BITT Schulhöfen sogar mehr qualmende Mädchen: 2008 rauchten 15 Prozent der männlichen und 16 Prozent der weiblichen Jugendlichen unter 18 Jahren, der Großteil allerdings nicht täglich. Immer angesagter sind Wasserpfeifen: 38 Prozent der 12- bis 17-Jährigen haben das Shisha-Rauchen mindestens einmal im Leben ausprobiert, so eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA). 25.709 10-
20-Jährige wurden 2008 wegen AlkoKrankenhaus behandelt. Davon waren 15.797 männlich und 9.912 weiblich. bis
holmissbrauch in einem
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figsten konsumierte Rauschmittel.“ In Europa wird Cannabis meist in Form von Haschisch oder Marihuana genutzt. „Diese Zahlen sind natürlich Besorgnis erregend“, so Christa Merfert-Diete. Noch im Jahr 2000 waren es nur etwa 9.500 Fälle – in acht Jahren fand somit eine krasse Steigerung um 170 Prozent statt. „Aber man muss auch bedenken, dass die Sensibilisierung für Vergiftungen innerhalb der Bevölkerung gestiegen ist.“ Sprich: Eltern, Lehrer oder auch Freunde stark Betrunkener nehmen heute viel schneller Kontakt zu Notärzten oder Krankenhäusern auf, als dies noch vor wenigen Jahren der Fall war. Darüber hinaus gleichen sich die Geschlechter in ihrem Trinkverhalten an: „Jungen und Mädchen trinken heute etwa gleich viel“, berichtet MerfertDiete. „Die Zahl der Einlieferungen von Mädchen steigt erkennbar.“ Auch die älteren Menschen werden immer häufiger mit Alkoholvergiftungen in Kliniken eingeliefert.
LEN, E!
2,4 Millionen Deutsche zwischen 18 und 64 Jahren konsumieren regelmässig Cannabis. Allerdings wird Hanf von vielen Menschen auch als Heilpflanze verwendet. Nur bei etwa 380.000 Menschen kann von einem Missbrauch gesprochen werden, die Zahl der körperlich Abhängigen liegt bei 220.000. „Generell gibt es hierzu weniger Statistiken“, erläutert die Spezialistin von der DHS. „Das Niveau hat sich insgesamt aber eingependelt. Cannabis ist nach Alkohol und Nikotin das bei uns am häu-
84%
Erstkonsumenten harter DroJahr 2008 Männer. Diese Information basiert auf polizeilich registrierten Fällen – und spiegelt deshalb nur einen kleinen Ausschnitt der Realität wider. „Generell sind es eher Männer, die harte Drogen ausprobieren. In der Tendenz muss man sagen: Frauen neigen stärker zu Medikamenten“, unterteilt Christa Merfert-Diete. Von denjenigen, die zum ersten Mal eine harte Droge wie Kokain testen, werden nur sehr wenige abhängig. „Infolge der sehr intensiven Berichterstattung in den Medien herrschte über viele Jahre ein anderes Bild vor“, so Merfert-Diete. Erst seit ein paar Jahren geraten legale Drogen, vor allen Dingen Alkohol und Medikamente, immer mehr in den Blick. der
gen waren im
Ca. 3,1% der 18- bis 59-Jährigen in Deutschland sind abhängig von Medikamenten. „Meist sind das verschreibungspflichtige Beruhigungs- oder Schlafmittel“, erklärt Christa Merfert-Diete. 2008 wurden außerdem 126 Millionen Packungen nicht rezeptpflichtige Schmerzmittel und Mittel mit Kodein oder Koffein verkauft. Merfert-Diete sieht vor allen Dingen ein Problem: Weil es Ärzte sind, die die abhängig machenden Substanzen verordnen oder empfehlen, fühlen sich die Patienten nicht süchtig, sondern glauben, etwas für ihr Wohlergehen und ihre Gesundheit zu tun. Etwa zwei Drittel der Abhängigen sind Frauen. Hierzu erklärt die Expertin: „Mädchen werden in der Pubertät viel schneller an Schmerzmittel herangeführt als Männer. Bei Männern steigt der Konsum mit dem Alter langsam und stetig an, bei Mädchen beginnt er dagegen schon viel früher und entwickelt sich von diesem Niveau aus weiter in die Höhe.“
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Wie
lang
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lang?
Wenn einer zwei Stunden täglich World of Warcraft zockt? Wie viel ist eigentlich zu viel? Wenn ein Mädchen bei 1,65 Metern 83 Kilo wiegt? Und wie oft ist dann zu oft? Wenn einer jedes Wochenende besoffen von seinen Kumpels nach Hause chauffiert wird? Wer legt die Grenzen fest? Am liebsten noch immer ich selbst. Wie beim Musikhören doch auch. Denn ich bestimme, wie laut zu laut ist. Alles schön, alles gut und natürlich selbstbestimmt. Du hast mindestens drei dieser sieben Items bejaht? Dann – so heißt es – können das Anzeichen einer Abhängigkeit sein. Klingt bitter. Gegen Panik hilft Wissen. Klick dich auf die Suchtberatungsstellen. Die haben auf alles eine Antwort - und du die Wahl.
TESTE DICH! Bist du auf Kurs oder schlingerst du? Notiere dir, wie oft du mit „Ja“ antwortest: 1. Hast du schon einmal mehr von einer bestimmten Substanz – Alkohol, Cannabis – eingenommen, als dir Recht war? 2. Sind dir aufgrund der Einnahme von Alkohol oder anderen Substanzen negative Konsequenzen zugestoßen, wie zum Beispiel Unfälle, Verletzungen, Sexualität, die du hinterher bereut hast, oder physische Gewalt?
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3. Musst du immer mehr von einer bestimmten Substanz einnehmen, um den gleichen Zustand zu erreichen, beziehungsweise hat die Zeit am PC deutlich zugenommen? 4. Hast du wegen des Konsums dieser Substanz oder wegen der Aktivität das Interesse an anderen Hobbys und an Freunden verloren? 5. Verbringst du viel Zeit mit der Beschaffung, dem Konsum und der Erholung von den Konsequenzen des Konsums? 6. Hast du schon einmal deine Freunde, deinen Freund oder deine Freundin wegen des Konsums oder der Aktion vernachlässigt oder haben sich diese von dir zurückgezogen? 7. Nimmst du die Substanz oder wiederholst du das Verhalten, obwohl du weißt, dass es dir nicht gut tut?
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MEHR ALS GERTES FALLEN ABER WENIGER UND ANDERS ALS HASS.
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Ausgabe #3
Herbst 2013
Ausgabe #1 Fr端hlung 2013
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IMPRESSUM PROJEKT EDITORIAL DESIGN (MAGAZIN - GESTALTUNG) KUNSTSCHULE ALSTERDAMM, FELDSTRASSE 66, HAMBURG SEMESTERARBEIT | 3. SEMESTER (12/13)
DESIGN KOZEPTION, LAYOUT, ILLUSTRATIONEN, RECHERCHE SONJA GLEIXNER
BILDER | TEXT HINWEISE ZUR BILD- UND TEXTHERKUNFT DER EINZELNEN BEITRÄGE SIND DIREKT DEN ARTIKELN ZU ENTNEHMEN
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Sonja Gleixner | Kunstschule Alsterdamm, Hamburg | 3. Semester 2012/13