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Die Klaue trägt die Kuh

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WEIDEZAUN

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Vielen Landwirten ist es nicht bewusst, dass die Klauengesundheit ein Spiegel für die Gesundheit der Kuh ist. Nur in den seltensten Fällen sind Lahmheiten durch Verletzungen bedingt.

VON NICOLE HEROUT

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In weitaus häufigeren Fällen liegt die Ursache im Stoffwechselbereich und dieser ist, besonders beim Hochleistungsrind, äußerst komplex.

Ich habe lahme Kühe im Stall! Woher kommt das? Welche Ursachen gibt es dafür?

Lahmheiten können viele Ursachen haben: An erster Stelle steht die Fütterung. Je höher die Leistung der Kuh und je ehrgeiziger die Rationsgestal tung, desto höher ist das Risiko, dass der Stoffwechsel überfor dert ist.

Dies äußert sich neben Klauenproblemen auch noch in erhöhter Zellzahl, wiederkehrenden leichten Mastitisschüben und/ oder Sterilitätsproblemen.

Die wesentlichen Grundregeln bei der Fütterung sind:

Ganzjährig einheitliche Fütterung Jeder Futterwechsel bedeutet für die Kuh massiven Stress. Lässt man eine wesentli che Futterkomponente weg, verschwinden die für die Verdauung notwendigen Bakterien innerhalb von zwei bis drei Tagen fast zur Gänze aus dem Pansen. Fügt man hingegen eine neue Komponente hinzu, braucht die Kuh vier bis sechs Wochen, um genügend Bakterien aufzubauen, Eine ausreichende Versorgung mit Mineralstoffen und Spurenelementen, der Leistung entsprechend und die Region berücksichtigend, ist unerlässlich.

die diese neue Futterkomponente vollkommen verarbeiten können.

Der Produktionsphase angepasste Rationsgestaltung Eigentlich sollten alle Futterkomponenten immer, aber in unterschiedlicher Menge, in der Ration enthalten sein. So können alle notwendigen Bakterien immer gefüttert werden. Sind sie vorhanden, können sie sich bei Bedarf, auch schnell vermehren. Die Menge der einzelnen Komponenten muss aber der jeweiligen Milchleistung angepasst sein. Auch in der Trockenstehzeit muss diese Regel befolgt werden. Dazu muss in dieser Phase das Futter deutlich mit Stroh gesteckt werden. Das Laktations-Grundfutter weiter zu füttern, erweist sich rasch als fataler Fehler.

Rohfaserstrukturierung Um einen guten pH-Wert im Pansen zu gewährleisten und eine Übersäuerung zu ver meiden, ist eine ausreichende

Versorgung mit Verdauungsrelevanter Rohfaser unab dingbar. Die Zufuhr von kurz geschnittenem Stroh ist hier immer noch die effizienteste Methode. Viele glauben, dass Heu eine ausreichende Rohfa serversorgung bedeutet. Dem ist leider nicht so, da aufgrund der hohen Schnittzahlen alles Futter meist in zu jungem, und daher rohfaserarmen Zustand gemäht wird. Das ist zwar für die Milchproduktion und damit Eiweißversorgung notwendig, für die Rohfaserabdeckung aber kontraproduktiv. Fütterungsgestaltung in der Trockenstehphase Die Trockenstehphase ist die Re hab-Zeit für die Kuh. Als solche sollte sie auch genutzt werden. Die Fütterung, alle Kompo nenten enthaltend, muss an die einzelne Kuh angepasst werden und die Unterstützung der Leber-Regeneration kann hier am effektivsten durchgeführt werden. Weitere Gründe für Klauenschäden können natürlich auch Verletzungen aufgrund von Überanstrengung, durch schadhafte Stallböden oder sehr raues Gelände, bei Auslaufhaltung, sein. Besonders brünstige Kühe können hierbei Schaden nehmen oder durch Aufreiten andere Stallgenossinnen verletzen. Scharfe Kanten, schadhafter Beton und Ähnliches tragen vermehrt zu Verletzungen bei. Ein sehr guter Hinweis für gesunde Kühe ist, wenn möglichst keine Kühe im Stall einfach nur herumstehen. Kühe sollten entweder fressen oder liegen und wiederkauen. Wenn Kühe „ein fach nur herumstehen“, sollte man sie genau beobachten und gegebenenfalls reagieren. Gründe dafür sind: Verdauungsstörung, Bauchschmerzen, Schmerzen in den Beinen, unbequeme Liegebo xen, Rangordnungsprobleme etc. Das Risiko von Infektionen ist auch gegeben. Allerdings sind Kühe mit einem guten Immunsystem und einer gut funktionierenden Leber davor wesentlich besser geschützt. Letztlich muss auch eine gewisse genetische Disposition in Betracht gezogen werden.

Je höher eine Kuh in der Abstammung und Leistung steht, desto sensibler und empfindlicher ist sie in der Regel.

Haltung

Welches Organ ist in Wirklichkeit hauptsächlich betroffen? Im Zentrum des Prozesses steht die Leber. Fehlgärungsprodukte, Giftstoffe und Entzündungsprodukte aus dem Pansen belasten die Leber über Gebühr. Zusätzlich können noch Schimmelpilze aus dem Futter oder hohe Nitrit-Belastungen aus der Umwelt (zu große Güllemengen) das Organ überfordern.

Infektion

Verhalten

Genetik

KLAUEN

Mengen-& Spurenelemente

Giftstoffe, die von der Leber nicht abgebaut werden konnten, bleiben im Blutkreislauf und können so gewisse Zellschichten schädigen. Am häufigsten betroffen ist die Klauen-Lederhaut, was dann in der Folge zur akuten oder chronischen Klauenrehe oder zu Klauen-Abszessen führt. Die Kuh geht lahm! Wirtschaftliche Bewertung Klauenerkrankungen stehen als Abgangsursache bei Kühen mit über 10 Prozent an dritter Stelle: In einer Studie wurden durchschnittliche Kosten von 310 Euro/Lahmheit errechnet. Dies ergibt sich aus: –verminderter Milchleistung –herabgesetzter sexueller Aktivität –Abmagerung –Kosten durch Wartezeiten für Milch –gesteigerte Arbeitskosten für Management –erhöhte Abschaffungsrate –Kosten durch Zukauf neuer Tiere –Behandlungskosten Klauengesundheit fördern Neben den oben schon angeführten Punkten und ihrer Beachtung kann die Lebergesundheit durch gewisse Kräuter sehr gut gefördert werden. Die wohl bekannteste Pflanze ist hierzulande wohl die Mariendistel. Aber auch bei den indischen Heilpflanzen gibt es eine Vielzahl von die Leber- und Nierentätigkeit unterstützenden Pflanzen wie zum Beispiel Kalmegh, Guduchi, Mangoblätter, Blätter und Rinde des Neem-Baums und viele mehr. Die Entgiftung des Verdauungstrakts kann weiters durch die Zufuhr von hochwertigem Bentonit unterstützt werden. Dieser kann, durch seine immense Oberfläche, freie Radikale, Toxine und sonstige Schadstoffe binden und ausscheiden. Fütterung

Sowohl die Kräuter als auch der Bentonit lassen sich opti malerweise besonders in der Trockenstehzeit in Form einer Entgiftungskur verabreichen. Dies unterstützt die Leberregeneration und aktiviert die Nierentätigkeit. Die so stabi lisierte Kuh kann ihre hohe Einsatzleistung und nachfol gende Laktation wesentlich besser verkraften. Die Gefahr von Klauenentzündung, Mastitis oder Zellzahlschwankung sinkt und die Fruchtbarkeit verbessert sich.

Neben den Kräutern bietet auch die klassische Homöopathie einige sehr bewährte leberunterstützende Arzneien, wie zum Beispiel Flor di Piedra, Carduus mariannus, Taraxacum, Lycopodium, Nux vomica, um nur einige zu nennen.

Diese sollten aber durch einen fachlich geschulten Tierarzt ausgewählt werden, um für das in Frage kommende Tier passend zu sein.

Fazit Wiederholt auftretende Klauenschäden sind immer ein Hinweis auf ein Management problem und dementsprechend ernstzunehmen. Nur die Klauen auszuschneiden, ohne die Ursa che zu beheben, wird nicht den gewünschten Erfolg bringen. W

Dr. Nicole Herout ist Tierärztin.

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