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Hofübergabe: Will denn keiner den Betrieb?
from 03/2021 unserhof
by SPV-Verlag
wie wird aus einem Betrieb, der in die Jahre gekommen ist, ein objekt der Begierde? wer führt den landwirtschaftsbetrieb weiter? wie und mit wem? Diese Fragen stellen sich bei jeder unklaren hofnachfolge.
Von Sandra Thaler
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Sandra thaler ist mediatorin, Juristin und unternehmensberaterin und beschäftigt sich seit zwanzig Jahren mit hofübergaben.
www. sandrathaler. com u nd hier sind viele Betriebe in guter Gesellschaft. Was macht einen Betrieb für die junge Generation richtig attraktiv, sodass sie sich samt den regionalen Standortbedingungen sowohl im Haupt- als auch im Nebenerwerb eine Zukunft wirklich vorstellen kann?
Seit rund zwanzig Jahren begleite ich Familienbetriebe im Zuge der Hofnachfolge. Traditionell sind es die Familienmitglieder selbst, die Söhne und Töchter, die den Betrieb übernehmen und weiterführen und für die Arbeit verantwortlich sind. In den letzten Jahren gewinnt die außerfamiliäre Hofnachfolge zunehmend an Bedeutung, das zeigen Praxis und Statistik. Dafür gibt es mehrere Gründe. Ein Grund dafür sind andere Pläne der Nachfolger. Vielfach werden wertvolle Chancen vergeben, weil neue Ideen, Innovationen und Kooperationen keinen Platz finden.
Überzeugungskraft und klare Kommunikation
Damit digitale Vermarktungs- und Vertriebsmöglichkeiten der nächsten Generation überhaupt neue Ertragsmöglichkeiten schaffen können und Technologien, Spezialisierung und innovative Produkte wirklich Chancen bringen, gilt es zuerst innerhalb des Betriebs Überzeugungskraft zu leisten. Eine klare Arbeitsaufteilung, Freiräume und Gestaltungsspielraum sind für die junge Generation enorm wichtig.
Beispiel: Landwirtschaftstourismus umstellen
Das Ehepaar Stefan und Julia wollen den Hof von Stefans Eltern weiterführen. Ihre Idee, Urlaub am Bauernhof anzubieten, stößt auf Widerstand. Eine wesentliche Rolle dabei spielt die Meinung der Geschwister, weil sie auf ihre Eltern einen großen Einfluss haben. Die Kommunikation läuft zu einem großen Teil unbewusst ab. Nach einigen Konflikten ist es durch eine Mediation gelungen, alle in den Entscheidungs- und Informationsprozess einzubinden. Mit dem Konzept „Urlaub am Bauernhof“ und regelmäßigen Gästen im Haus können sich am Ende alle identifizieren, weil ihre Bedürfnisse berücksichtigt und respektiert werden. Die Nachfolger konnten die Widerstände abbauen und durch klare Kommunikation die anderen mitnehmen und „führen“.
Beispiel: Investitionen zulassen
Martin beabsichtigt, als Hofnachfolger neue Investitionspläne zu erstellen und diese umzusetzen. Es geht dabei um Maschinen, Um- und Zubauten und eine Photovoltaikanlage. Nach heftigem Widerstand von den Übergebern liegen seine Pläne auf Eis. Die Nachfolge steht auf dem Spiel. Nach einem gemeinsamen Klärungsgespräch ist klar, dass die Eltern aufgrund von Fehlinformationen Angst vor den enormen Veränderungen hatten, dass es eine Möglichkeit für die Investitionen gibt und alle mit den Veränderungen gut zurechtkommen können.
Betriebsführung und Lebensqualität
Das Privatleben ist im Landwirtschaftsbetrieb räumlich und zeitlich eng mit der Arbeit verbunden. Neben Ertrag und Wachstum geht es vielen jungen Hofnachfolgern um die Verbesserung der eigenen Lebensqualität und eine Ausgewogenheit zwischen Betrieb und Privatleben. Das zu erkennen, macht den Betrieb attraktiv. „Wenn mein Sohn bei mir nur Arbeit sehen würde, würde er sich sicher gegen den Hof entscheiden. Auch die Lebensqualität muss stimmen!“, stellt ein erfolgreicher oberösterreichischer Landwirt ehrlich fest und will ein gutes Vorbild sein.
Hobby oder Vollgas? Die Entwicklung größerer Organisationsstrukturen
Viele Übergeber zeigten bei ihrer Übernahme enorm hohen Idealismus für den elterlichen Betrieb. Gewinnabsicht stellten sie von vornherein hintan, wie ein Landwirt, der die Meinung vertritt: „Gewinn kann ich unserhof 3/2021
Buchtipp zur Vorbereitung der hofnachfolge: „erfolgreiche hofübergabe“ von Sandra thaler, Verlag cadmos, iSBN 9783840 430442.
nur erzielen, wenn ich die Arbeitszeit nicht berechne. Die Landwirtschaft muss mein Hobby sein, damit es ein Gewinn sein kann“. Das ist für seinen Sohn aber keine Option mehr. Er will aus einem familiengeführten Kleinbetrieb ein mittelständisches Unternehmen machen oder einfach nicht übernehmen.
Wie größere Organisationsstrukturen entstehen können, zeigt sich an folgendem Beispiel: Aus einem intensiven Ackerbaubetrieb in Familienhand entwickelten die Hofübernehmer nach und nach einen mittelständischen Betrieb mit über hundert Mitarbeitern. „Wir wollten durch den Betrieb Arbeitsplätze für die Menschen in der Region schaffen. Zwölf Jahre nach der Hofübernahme wurde ein Handelsbetrieb in der Rechtsform einer Gmbh gegründet. Entscheidend dabei war das Umdenken dahingehend, Verantwortung auch an familienfremde Personen zu übertragen. Eine eigene Marketingabteilung wurde eingerichtet und sukzessive wurden diverse Zuständigkeiten, wie beispielsweise die EDV, ausgelagert. Ein Onlinehandel wurde eingerichtet und wird tourlich optimiert. Der Handelsbetrieb wird von regionalen Biobetrieben beliefert und sichert somit auch den Bestand vieler anderer Betriebe.
tipp: Big Picture – stellen Sie passende Fragen und machen Sie große Pläne
Tragfähige Veränderungen vollziehen sich immer Schritt für Schritt. Schriftliche Ziele, beispielsweise in Form eines Businessplans, sowie ein Maßnahmenkatalog schaffen Orientierung und Klarheit.
Werden die Pläne sichtbar platziert, wird auch an schlechteren Tagen an „das große Ganze“ erinnert und bleibt motiviert.
Nützliche Fragen vor der Hofübernahme sind:
1. Welche Stärken haben wir? Welche
Sorten passen noch zu unserem
Boden? 2. Wo liegen unsere Schwächen? 3. Wo liegen unsere Chancen? 4. Wo lauern die Gefahren, wenn wir nichts verändern? Was ist das
Schlimmste, das uns passieren kann?
Aus den Antworten lassen sich konkrete Ziele und Maßnahmen ableiten und umsetzen. Der Vorteil, alle Beteiligten in die eigenen Entscheidungsprozesse miteinzubinden, liegt darin, dass die Motivation, an einem Strang zu ziehen, steigt, und Widerstände sofort sichtbar und bearbeitet werden.
Bedenken Sie: Mit dem Respekt für die Bedürfnisse der Menschen, genug Freiraum und Gestaltungsmöglichkeiten steigt die Chance, neue Wege zu gehen und aus einem Betrieb ein „Objekt der Begierde“ zu machen.
tipp
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