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Auf Augenhöhe erklären
from 03/2021 unserhof
by SPV-Verlag
Die ama-marketing will in ihrem podcast „über den tellerrand“ schauen und dabei auch heikle themen ansprechen. unserhof hat host uRSula RiegleR zu ihrer herangehensweise befragt.
ursula Riegler hat sich anfang 2020 nach einigen langjährigen Stationen in der politik und bei zwei internationalen unternehmen mit einem Beratungsunternehmen selbständig gemacht und arbeitet hauptsächlich, aber nicht ausschließlich mit unternehmen und organisationen, die etwas mit lebensmitteln oder landwirtschaft zu tun haben. gemeinsam mit christoph cecerle hostet sie seit dem Frühjahr 2021 den podcast „über den tellerrand“. unserhof: Wer soll denn über den Tellerrand schauen: die Bauern oder die Konsumenten?
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Ursula Riegler: Beide. Wir wollen uns mit Themen beschäftigen, die für jeden relevant sind. Wir wollen dabei niemandem vorgeben, wie er zu denken hat. Es gibt nicht nur schwarz oder weiß, sondern viele Schattierungen. Wir bewerten als Hosts nicht, ob richtig oder falsch, sondern wollen den Horizont unserer Hörer erweitern.
Wer wird zu solchen Diskussionen eingeladen?
Riegler: Jeder, der eine gute Geschichte zu erzählen hat. Der AMA-Marketing und uns war von Anfang an klar, dass wir die Gespräche unabhängig gestalten können müssen. Da wird nicht hineingefunkt. Wir wollen keine Belangsendung machen, sondern offen Gespräche führen und ein Thema so breit wie möglich beleuchten. Dafür ist uns eine Mischung aus Wissenschaft, Experten und Praxis wichtig.
Heißt es dann nicht trotzdem „Das ist halt eine Werbung von der Landwirtschaft“?
Riegler: Wir erhalten fast durchwegs positives Feedback. Da wäre noch nicht einer dabei gewesen, der sagen würde, dass das, was wir machen, eine gewisse Färbung hat. Ich denke, dass es uns mit den bereits online verfügbaren Episoden gelingt, Unabhängigkeit, Transparenz und die Freiheit von Bewertung unter Beweis zu stellen. Wie viele Konsumenten erreicht man realistischerweise mit solchen Angeboten?
Riegler: Wir haben mehrere hundert Hörer pro Episode und erwarten uns noch eine Steigerung. Profis sagen uns, dass es mindestens ein halbes Jahr dauert, bis ein Podcast eine gewisse Bekanntheit erreicht. Er ist aber eine angenehme Kommunikationsform, weil man ihn angenehm nebenbei verfolgen kann. Beim Autofahren, im Stall, am Traktor – egal wo. Das erweitert die Reichweite.
Podcasts sind zuletzt in Mode gekommen. Jede Organisation, die etwas auf sich hält, bietet momentan solche Formate an. Erleben wir nicht gerade eine Inflation an agrarischer Information?
Riegler: Es wirkt vielleicht so, weil das Format Podcast gerade sehr strapaziert wird. Nicht alles davon wird bleiben und nicht alles ist ein Podcast. Oft sind es wirklich einfach Marketingkanäle ohne journalistischen Anspruch. Agrarische Information kann es aber eigentlich gar nicht genug geben.
Also wird es in Zukunft auch mehr Bauern geben, die selbst podcasten?
Riegler: Ich hoffe schon. Für jene Landwirte, die in Kontakt mit den Konsumenten treten wollen, ist ein Podcast sicher eine Möglichkeit, ihre Botschaften zu transportieren. Vor allem im städtischen Bereich gibt es hier ein großes Potential an Hörerschaft. Ich empfehle aber eine Produktion gemeinsam mit einem Profi, weil der Aufwand nicht zu unterschätzen ist.
In der Landwirtschaft sprechen wir eine eigene Sprache mit vielen Fachvokabeln. Wie sehr müssen wir unsere Botschaften glattbügeln, um verstanden zu werden?
Riegler: Unsere Sprache ist sehr technisch geworden. Natürlich hat jede Branche ihre Fachbegriffe. Damit lassen sich aber schwer Emotionen vermitteln. Ich muss mir überlegen, wie was ankommt. Immerhin geht es um Lebewesen und nicht nur um „Genmaterial“. Es hilft auch nichts, den Konsumenten zu belächeln, wenn er etwas nicht weiß. Man muss auf Augenhöhe erklären.
Früher sind alle um 19.30 Uhr vor der „Zeit im Bild“ gesessen. Heute sieht sich jeder im Internet das an, was ihn interessiert. Entstehen damit nicht Echokammern, in denen jeder das hört, was ohnehin seiner Meinung entspricht?
Riegler: Vor allem im Social-Media-Bereich sucht sich jeder das aus, was ihn oder sie interessiert und bekommt damit seine eigene Meinung bestätigt. Bei den klassischen journalistischen Medien ist der Ausgleich an Informationen noch besser. Da haben wir im österreichischen und im europäischen Umfeld noch ein sehr positives Umfeld. Heute nimmt man es schnell persönlich, wenn jemand eine andere Meinung vertritt. Deshalb müssen wir uns bemühen, andere Sichtweisen zu akzeptieren und eben über den Tellerrand zu schauen.