Neu!
No.
Woher kommst du – wohin gehst du? Alle Premieren bis Januar!
Konzert Der neue Generalmusikdirektor Cornelius Meister im Gespräch und das Konzertprogramm des Staatsorchesters → ab S. K2
DIE ZEITUNG DER STAATSOPER STUTTGART
ISSUE No. 1 09/18 — 01/19
Zeitungsmacher vereint mit Theatermachern die Sehnsucht, das Vergängliche und Heutige festzuhalten. Das gelingt durchaus – aber nie für lange Zeit: Ein Theaterabend oder Konzert ist nach nur wenigen Stunden vorüber, die Wochenzeitung hält nicht länger als sieben Tage. Und doch wird für diesen beschränkten Zeitraum hier wie dort das große Ganze kompromisslos und unabdingbar verhandelt. Mit den Artikeln, Texten, Reflektionen, Bildern, Informationen dieser Zeitung wollen wir, das Leitungs team der Staatsoper Stuttgart, Sie teilhaben lassen an den Men schen, den Werken und Gedanken, die uns inspiriert haben zu dem Programm der Saison 18/19. Wir wollen Ihnen die Künst ler*innen, das Ensemble und die Kollektive vorstellen, die an der Staatsoper arbeiten – seit Langem schon oder neu in den kom menden Monaten –, und Ihnen einfach Hintergrundinformati onen zugänglich machen. Diese unsere Zeitung behandelt die Fragen und Sehnsüchte des Programms bis Ende Januar 2019 – dann wird es eine Staats opern-Zeitung No. 2 geben. Bis dorthin gute Lektüre und hoffent lich auf ein persönliches Treffen in der Oper, im Konzert, im JOiN!
On stage Kein Programm ohne die Künstler*innen und Kollektive, die jeden Abend auf der Bühne stehen: Ensemble → S. K6/7 Staatsopernchor → S. 42/43 Staatsorchester → S. K1/K8
„Nie sollst Du mich befragen, nie Wissens Sorge tragen, woher ich kam der Fahrt“: Lohengrins verstörend absolutes Frageverbot ist uns Anlass, in der Saison 18/19 Fragen zu stellen – philosophische, naive, persönliche. Fragen erlaubt.
JOiN Wir gründen ein Opernhaus am Löwentor! Alles über die Junge Oper im Nord → ab JOiN S. J1
Repertoire Wie lief die Freischütz-Premiere 1980? Was macht die Dirigentin Oksana Lyniv mit der Pique Dame? Antworten darauf und Vorstellungstipps von Insidern finden Sie → ab S. 36
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Hans Op de Beeck, Celebration, 2008, (Videostill)
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STAATSOPER-STUTTGART.DE
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Risk an affair. Das neue S-Klasse Cabriolet. Sinnlich und klar begegnet sein Design aufmerksamen Blicken. Edel bis hin zur Perforation des weichen Leders, findet sich der Luxus auch in Details wieder. Seien es funkelnde Swarovski Kristalle an den Scheinwerfern oder die Brillanz des Intelligent Light Systems. www.mercedes-benz.de/s-klasse_cabrio
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ISSUE No. 1
Ankommen
Ankommen, Traditionen und Neuanfänge Viktor Schoner und Elke aus dem Moore über
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Neubau der Königlich Württembergischen Hoftheater von Max Littmann, 1912, Foto: Haus der Geschichte, Stuttgart Viktor Schoner, Intendant der Staatsoper Stuttgart, Foto: Matthias Baus
Viktor Schoner wird mit Beginn der Saison 18/19 Intendant der Staatsoper Stuttgart. Seit 2008 war er als Betriebsdirektor an der Bayerischen Staatsoper München engagiert. Zuvor arbeitete er von 2002 bis 2004 bei der Ruhrtriennale als Referent des Intendanten Gerard Mortier und von 2004 bis 2008 an der Opéra national de Paris, zuletzt als Directeur de la coordination artistique.
zu arbeiten. Ich erlebe sie dabei als gleichermaßen furchtlos wie experimentierfreudig. Das macht ja gerade das enorme Potenzial aus, dass durch eine solche künstlerische Forschung, die in einer kooperativen, transdisziplinären und experimentierfreudigen Umgebung stattfindet, auch Ergebnisse zu Tage kommen können, die unsere Gesellschaft womöglich weiterbringen können. Das hängt damit zusammen, dass Solitude einen Schutzraum bietet, in dem zum einen ohne ökonomische Bedenken gearbeitet werden kann und der zum anderen künstlerische und auch zeitliche wie finanzielle Freiräume gewährt.
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Ankommen ist ein großes Thema – für alle Menschen, die die Orte wechseln, und natürlich auch für uns, als neu startendes Team an der Staatsoper Stuttgart. Um darüber zu sprechen, wie es ist, anzukommen und (wieder) anzufangen, haben wir den neuen Intendanten der Staatsoper, Viktor Schoner, mit Elke aus dem Moore verabredet, die nach der Leitung der Abteilung Kunst des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) im Mai 2018 die Direktion der Akademie Schloss Solitude übernommen hat. Gesprächsprotokoll von Ingo Gerlach
Ingo Gerlach Frau aus dem Moore, wie würden Sie Stuttgart beschreiben? Sie sind ja schon lange in der Stadt und kennen sie sowohl aus der Downtown-Innenschau als auch jetzt, von Solitude, aus der Draufsicht. Elke aus dem Moore Stuttgart ist eine Stadt mit einer versteckten Schönheit. Landschaftlich liegt es ja eigentlich wunderschön, mit den Weinbergen und dem Neckar. Die Landschaft ist nur leider oft nicht mehr wahrnehmbar, sie kommt nicht mehr durch. Das, finde ich, nimmt man am stärksten wahr, wenn man sich in der Stadt bewegt. Als Kulturstandort ist Stuttgart unglaublich reich und vielfältig. Eine Stadt mit einem ungeheuren Potenzial. Viktor Schoner Ich wohne jetzt seit dreizehn Monaten hier und kann sagen: Ich habe alle sehr zugewandt erlebt. Natürlich findet man die „hidden corners“ nicht auf Anhieb, aber wenn man zum Beispiel von Freunden des Sohnes zum privaten Public-Viewing-Fußballgucken eingeladen wird, im Lehen, und dann im dritten Hinterhof links, vollkommen unerwartet ein Paradies findet, dann ist das toll – und vielleicht ein bisschen typisch für Stuttgart? Als Kulturstadt erlebe ich Stuttgart sehr reich und sehr verschiedenartig. Ich habe den Eindruck, dass es eine enge Verbindung gibt zwischen dem Im-Kessel-Sein und dem Interesse, über den Kessel hinauszuschauen. Das ist eine Sehnsucht, die ich wichtig finde, ein Teil der inneren Motivation. Also: Zum Kessel gehört auch die Hochebene. Das ist kein Topf mit Deckel drauf. EadM Ich habe Stuttgart von Anfang an extrem von Offenheit, Neugier und Innovationswillen geprägt erlebt. Ich bin bisher selten oder nie auf Widerstände gestoßen, auch nicht, als ich am Künstlerhaus gleich zu Beginn mit der Breakdance-Gruppe b-Girls zusammengearbeitet habe. Das schätze ich sehr, dass es hier immer eine Offenheit gegenüber anderen Arbeitsweisen, neuen Formaten etc. gegeben hat. Und nun ändert sich für mich nach 15 Jahren mit dem Wechsel an die Akademie Schloss Solitude wieder etwas. Wobei das ein Wechsel ist, der sich sehr organisch anfühlt. Ich habe mich zehn Jahre vor allem im Ausland bewegt und versucht, die Perspektiven aus dem Ausland in Stuttgart und Berlin zu spiegeln. Sich jetzt die Zeit zu nehmen, noch stärker auf die Suche zu gehen, was internationale Perspektiven für den Standort Stuttgart bedeuten können, für diese Stadt, für die Kultur hier, und das in neue Formate und unterschiedliche Formen zu übersetzen, das finde ich extrem reizvoll. VS Das ist ja das Aufregende an unserer Aufgabe hier – und da meine ich das Haus, den Betrieb und die Gattung Oper gleichermaßen –, dass man eine Art Archivar der Erinnerung ist. Wir sind per se historisch. Das empfinde ich als unglaubliche Chance und als Verantwortung zugleich. Und es ist meines Erachtens viel weniger ein Hemmschuh als geradezu avantgardistisch, weil wir, als Oper, immer mit einer der großen Fragen unserer Zeit konfrontiert sind: Wie gehen wir mit der Geschichte um? Wie nehmen wir sie ernst, wie eignen wir sie uns an, wie lernen wir aus ihr? Jeden Tag
zu akzeptieren, dass wir heute leben, und uns gleichzeitig die dringliche Frage stellen, wie wir morgen leben wollen – das kann man nirgendwo so gut verhandeln wie in einem öffentlichen geschlossenen Raum, ohne Handy, wenn man gemeinsam mit anderen Menschen eine Geschichte verfolgt und sich in der Pause oder danach darüber verständigt, was man da eigentlich erlebt hat. Wir haben als Oper die Möglichkeit, diese Transformation, das Gestern im Heute in die Zukunft zu überführen, gleichermaßen sinnlich und intellektuell erfahrbar zu machen. Wenn wir beispielsweise mit Lohengrin eröffnen und behaupten, das sei zeitgenössisch. EadM Das ist ein gutes Stichwort: Wie gestalten wir diese Transformation? Wir leben gerade in einer Zeit des enormen Wandels. Fast fühlt es sich an, als wären wir kurz vor einem evolutionären Sprung. Unsere Zeit wird von großen Konflikten und Reibungen gekennzeichnet. Und da finde ich es sehr wichtig zu überlegen, wie wir als Kulturschaffende diesen Prozess begleiten können, wie wir neue Kulturpolitiken aufstellen können, die dieser Transformation, dieser Aufgabe, entsprechen. Da sind wir gefragt. Ich halte Kulturinstitutionen für eine zentrale Kraft, um diesen Kulturwandel zu gestalten und zu moderieren. Ähnlich wie die Oper sitzen wir im Schloss Solitude ja auch in einem historisch aufgeladenen Gebäude. Und ich finde es ganz großartig, dort mit jungen Menschen aus aller Welt – gar nicht nur Künstler*innen, sondern auch Wissenschaftler*innen – zusammenzuarbeiten und jeden Tag miteinander umzugehen und zu sehen, wie wir uns gemeinsam an diesem Ort bewegen. Da steckt eine große Kraft dahinter. Ich freue mich darauf, dieses Potenzial noch mehr nach außen zu tragen und Formate zu finden, die das sichtbarer und durchlässiger und erfahrbarer machen. VS Es ist unsere Aufgabe, nicht als Künstler*innen, sondern als Institutionen, der Gesellschaft Vertrauen zu geben – und damit meine ich nicht, sie zu beruhigen. Unsere Kunst berichtet davon, dass es schon immer Umbrüche gab. Der Mensch glaubt ja gerne, dass es gerade jetzt am schlimmsten sei. Dass es einen Umbruch gibt, ist sicher nicht zu leugnen. Aber, wie Brecht sagt, war es immer das Thema der Kunst, dass die Welt aus den Fugen ist, und dass wir keine historische Epoche kennen, in der sie nicht aus den Fugen gewesen wäre. Die Aufgabe der Kunst ist, zu zeigen, dass es immer schon ein paar Fragen gab, auf die man nicht auf Anhieb eine Antwort hatte. Die Kunst ist immer auch Moderatorin dieses Zustands oder dieser Ratlosigkeit. Wie ist das bei euren Stipendiat*innen? Die sind ja sicherlich eher furchtlos, oder?
IG Dann wären die Aufgaben der Institutionen, so unterschiedlich sie auch sein mögen, vor allem Freiräume und Denkräume zu schaffen, Veränderungen zu antizipieren oder sie durchzuspielen, von Lösungen und Perspektivwechseln zu erzählen? VS Es sind dann ja doch vor allem konkrete Theaterarbeiten, die wir machen. Wenn man das mal beispielhaft an John Adams Oper Nixon in China anschaut, die bei uns im April 2019 Premiere haben wird: Da geht es darum, dass der amerikanische Präsident Richard Nixon 1972 eine Woche bei Mao Tse-tung in China verbringt. Bei den Gesprächen ist nicht viel konkret beschlossen worden und dennoch war es ein extrem wichtiges Treffen, das viel verändert hat – nicht nur im Verhältnis der beiden Staaten zueinander, sondern an der globalen politischen Situation. Wenn wir das 2019 in Stuttgart auf die Bühne stellen, dann ist das ein Blick auf ein historisches Ereignis. Und natürlich wissen wir alle, dass, während wir darüber reden, wir unsere heutige politische Situation sofort dazu ins Verhältnis setzen. Aber dadurch, dass man sich nicht mit Donald Trump und Xi Jinping beschäftigt, sondern mit Richard Nixon und Mao Tse-tung, hat man eine viel größere Freiheit. Die Fragen, die uns heute umtreiben, stellen sich ja in den griechischen Tragödien ebenfalls. Und ist es nicht spannend, bei der Frage nach der gegenwärtigen Migration eben nicht den Streit der europäischen Regierungen zu thematisieren, sondern von den Migrant*innen zu erzählen, die vor 60 Jahren nach Stuttgart kamen und eine Integrationsgeschichte par excellence hingelegt haben – und ohne die Stuttgart vermutlich gar nicht mehr existieren würde? Es ist inspirierend, diese Zusammenhänge mit einer kleinen Distanz und mittels künstlerischer Reflexion ins Bewusstsein zu rufen, und es ermöglicht einen klareren Blick auf den gegenwärtigen realpolitischen Streit.
VS Und da muss man natürlich mal selbstkritisch sein und konstatieren: Indische Mitarbeiter*innen haben wir in der Oper nicht so viele. Da ist die Akademie wahrscheinlich schon näher dran. EadM Ja, in der Tat, wir haben derzeit 25 Stipendiat*innen aus elf verschiedenen Ländern zu Gast. Das ist eine reiche Vielfalt an unterschiedlichen Perspektiven, Haltungen und Biografien. Aber es geht ja auch um die Durchlässigkeit eines Ortes wie beispielsweise dem Schlossgarten. Ich finde, das ist eine große Herausforderung, diesen Ort eben nicht nur zum erlauchten Wohnzimmer der Gesellschaft zu machen, mit Zugang für ein paar Auserwählte, sondern die Türen ganz weit aufzumachen. Da macht ihr mit dem JOiN bereits einen Schritt in diese Richtung. VS Es bringt nichts, immer zu sagen, wie wichtig wir für die Gesellschaft sind; viel aufregender und wichtiger ist es, dass die Gesellschaft in all ihrer Diversität hoffentlich wahrnimmt, dass wir als Kunstschaffende, konkret Opernmacher*innen, relevant für sie sind. Dass wir schlicht und ergreifend ein Teil dieser Gesellschaft sind, die sich über ihre Geschichte, ihre Gebäude, ihre Geschichten definiert. Wir müssen es schaffen, dass die Themen und Projekte, die wir hier machen, Relevantes verhandeln für jedwedes Mitglied dieser Gesellschaft, jeden citoyen. Ich bin überzeugt, dass wir einen Fehler machen würden, wenn wir hofften, dass alle zu uns ins Kulturquartier kommen. Die Gesellschaft entwickelt sich konsequent weiter, und der konzentrierte Blick auf die Stadtmitte ist nicht mehr der einzig Gültige. JOiN ist der Versuch, diese Ideologie einer „Tempelanlange“ zu hinterfragen – wir freuen uns sehr auf dieses neue „Opernhaus für alle“ am Pragsattel, das wir Anfang Dezember eröffnen. Eben auch, um zu gucken, was mit den Leuten ist, die sich in der Kulturmeile explizit nicht wohlfühlen. Das ist ein Thema, das die Hochkultur in anderen Städten in ganz Europa und in den USA ja schon lange beschäftigt und mittelfristig auch für den Stuttgarter Stadtraum interessant ist. Und das sage ich unabhängig von den konkreten Diskussionen über die Frage, wo wir einen Opernstandort für die nächsten Jahre finden werden, der für unser Publikum attraktiv und aufregend sein könnte und gleichzeitig die komplexen Anforderungen des Produktions-, Ensembleund Repertoirebetriebs der Staatstheater erfüllt. Ein offenes Haus für Musik, Theater, Ballett für die Menschen der kommenden Jahrzehnte in einer der innovativsten Regionen Europas – das ist die Utopie, an der wir fleißig und euphorisch arbeiten werden.
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EadM Ja, die Stipendiat*innen sind eher furchtlos und denken ohne Grenzen. Das sind Künstler*innen, die eine große Freiheit haben, dort oben zu experimentieren, zu arbeiten, und vor allem auch miteinander
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EadM Das sehe ich ähnlich. Der Aspekt der Internationalität ist ein ganz wichtiger Punkt, um Stuttgart zu beschreiben. Schon lange bevor es mich beruflich nach Stuttgart verschlagen hat, war ich hier auf Tagungen über interkulturelle Kulturarbeit. Und ich finde, dass das nach wie vor eines der größten Potenziale dieser Stadt ist: die Internationalität und Diversität der Bevölkerung. Hier kommen viele unterschiedliche Perspektiven zusammen. Wen lerne ich am Stuttgarter Flughafen am häufigsten kennen? Indische Mitarbeiter*innen von Bosch beispielsweise, die hier in Stuttgart Fortbildungen besuchen.
Elke aus dem Moore, Direktorin der Akademie Schloss Solitude, Foto: Bernhard Kahrmann Schloss Solitude, erbaut unter Herzog Carl Eugen von Württemberg von den Architekten Philippe de la Guepiere und Johann Friedrich Weyhing, 1763 – 67,
Elke aus dem Moore ist seit Mai 2018 Direktorin der Akademie Schloss Solitude. Bis April 2018 war sie zehn Jahre Leiterin der Abteilung Kunst des ifa – Institut für Auslandsbeziehungen und von 2003 bis 2006 Leiterin des Künstlerhauses Stuttgart. Sie gibt dem internationalen Kulturaustausch durch zahlreiche Ausstellungen, Konferenzen, Förderprogramme und Workshops eine wichtige inhaltliche Ausrichtung und Prägung.
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Neuproduktion
Wir können nicht zur Gralsgemeinschaft werden Aufzeichnungen zu Lohengrin, notiert am Rand der Proben im Sommer 2018 VON ÁRPÁD SCHILLING
KRISE In Lohengrin portraitiert Richard Wagner eine orientierungslose Gesellschaft. Der Einzige, der die Verantwortung übernehmen will, sie aus dieser Lage herauszuführen, gründet seinen Führungsanspruch auf die schwerwiegende Klage gegen eine Frau. Es ist eine Gesellschaft, in der die Männer das Recht und zugleich die Pflicht haben, die Regeln des Zusammenlebens zu bestimmen und die Zukunft zu sichern. Frauen steht eine Führungsrolle nicht zu, sie können nicht einmal ihr Recht einklagen, es sei denn, ein Mann steht für sie ein. In einem solchen Klima können sie entweder auf ihre Rechte verzichten und im Schutz der Männer ein ruhiges, aber unselbständiges Leben führen (wie die Mehrheit) oder sich einen schwachen Mann zunutze machen, um über ihn zu einer einflussreichen Persönlichkeit zu werden (Ortruds Strategie). Oder aber sie verzichten ganz darauf, mit einem Mann zu leben, da sie ihre Integrität nicht aufgeben können (das Beispiel Elsas). Welchen Weg sie auch wählen mögen, sie werden ein unausgeglichenes Leben führen und sich mit Zuständen abfinden, die sie nicht ändern können. Aus dieser Lage scheint es keinen Ausweg zu geben. Anders formuliert: Es käme einem Wunder gleich, wenn sich ein Ausweg auftun würde. Elsa mag die Hoffnung auf ein solches Wunder nicht aufgeben. Weil sie selbst keine Möglichkeit hat, Dinge zu verändern, betet und träumt sie. Das erinnert an ein Märchen: eine Prinzessin, die sich nach einem Helden sehnt. Wagner zeigt sie als eine sehr junge Frau, fast noch ein Mädchen, als eine Jungfrau in Not. Ambivalenter sähe es schon aus, wenn Elsa eine reife Frau wäre. Dadurch würde die Situation politisiert. So gesehen könnte Elsas Traum von einem himmlischen, zur Rettung eilenden Ritter ein poetisches Bild sein für einen sehr konkret gemeinten visionären Traum, der nach Realisierung verlangt. Er ähnelt dem Traum, den Martin Luther King formuliert hat: Eine andere Welt ist möglich, die Frage ist, ob wir fähig sind, für sie zu kämpfen. Wagner hegte solch politische Träume, er hatte dezidierte Vorstellungen davon, wie und in welche Richtung sich das zersplitterte Deutschland seiner Zeit verändern sollte. Lohengrin ist dennoch viel eher das Selbstbekenntnis eines Künstlers als ein politisches Pamphlet. Wagner ging es wohl nicht so sehr um die Lage der Frauen, sondern um den Gedanken, dass es Männer gibt, die auserwählt sind, Männer, die so außergewöhnlich scheinen, dass die Regeln der Gemeinschaft für sie nicht gelten. Wagners Sympathie gilt ganz gewiss seinem Titelhelden, während Elsa am Ende der Oper dafür büßen muss, dass sie erfahren wollte, wer ihr Mann eigentlich ist, bevor sie mit ihm ins Bett geht und Kinder zeugt. Im 21. Jahrhundert sollte uns das als skandalös erscheinen. Aus heutiger Perspektive besteht das Problem ja nicht darin, dass die Männer die Frauen nicht beschützen, sondern, dass es überhaupt nötig ist, Frauen zu beschützen. Wie kann eine Frau in die Lage geraten, sich nicht selbst verteidigen zu können? Auch die Art der Rechtsprechung ist verstörend: Anstatt die Stichhaltigkeit der Klage gegen Elsa zu untersuchen, ruft König Heinrich ganz selbstverständlich Gott um Hilfe an, denn in einer durch und durch patriarchalischen Gemeinschaft muss es ein bärtiger Gott sein, der die Gewissheit, das ultimative, alles hinwegfegende Argument beschert. Wenn er von Gott spricht, beschäftigt diesen König wohl am ehesten die Frage, was die Mehrheit will. Heinrich ist ein Populist, der die Probleme nicht begreifen und angehen will, sondern ausschließlich daran interessiert ist, was sich politisch für ihn lohnt und wie er die Gemeinschaft beschwichtigen kann, damit sich nichts ändern muss. Geht doch Veränderung stets mit viel Arbeit und mit der Verletzung privater Interessen einher. Heinrich instrumentalisiert den Krieg und beschwört eine Gefahr „aus dem Osten“, um die Gemeinschaft zusammenzuschmieden. Kommt einem das nicht vertraut vor? In solchen Szenarien leben wir auch heute wieder: Nationale oder auch kontinentale Einheit gründet sich zunehmend auf Angst, Wertegemeinschaften begegnen uns immer seltener.
WER BRINGT RETTUNG? Obwohl sich Wagner zur Zeit der Komposition an Lohengrin mit ganz konkreten Plänen beschäftigte, wie sich die Gesellschaft seiner Zeit erneuern könnte, braucht es dazu in dieser Oper einen überirdisch anmutenden Retter. Wagner glaubte an Heilsbringer, denn er hielt sich selbst für eine Art Messias. Der Haken dabei: Messiasse können ein Problem formulieren, können die Schmerzen der Gemeinschaft auf einen Nenner bringen, haben vielleicht auch Visionen, aber die Veränderung muss von den Menschen selbst durchlebt werden und bedarf ihrer Anstrengungen. Ansonsten werden
sie leicht in ihren früheren Zustand zurückfallen, wie es zum Beispiel in meiner Heimat Ungarn geschehen ist: Die Gesellschaft ist mental mittlerweile wieder dort angelangt, wo sie vor vierzig Jahren war. Auch die Menschen in Brabant erleben nach Lohengrins Ankunft die Freiheit zum eigenen Handeln, sind aber nicht in der Lage, sie festzuhalten. Der Retter von außen erweist sich nicht als ein Führer von Dauer, sodass es der Gemeinschaft am Ende sogar schlechter geht als zuvor. Es könnte einem der Gedanke kommen, es wäre besser gewesen, wenn nichts passiert wäre. Am Ende fühlt sich jeder schuldig und frustriert. Eine in Osteuropa verbreitete Haltung würde das so ausdrücken: „Früher war alles besser, da konnten wir schuldlos Opfer sein.“
IHR SEID MIR NICHT GEWACHSEN! Doch setzt Lohengrin zunächst positive Veränderungen in Gang. Er rüttelt die gesamte Gemeinschaft Brabants auf. Dabei überwindet er aber den alten Status quo überhaupt nicht: Er will Elsa befreien, indem er sie unterdrückt. Nicht anders kann ich die Ungleichheit bezeichnen, die durch das Frageverbot zwischen beiden entsteht. Lohengrin ist für mich eine komplexe, tragische Gestalt. Er ringt mit sich selbst, will zuallererst sich selbst und erst in zweiter Linie die Gemeinschaft erlösen. Vielleicht möchte er durch seine Hilfe für Elsa etwas wiedergutmachen, vielleicht hütet er tatsächlich ein Geheimnis, eine Schuld, eine Sünde: Für mich spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle, dass er etwas über Gottfrieds Verbleib weiß. Indem er sich am Ende der Oper als unantastbar darstellt und behauptet, zurück zur Gemeinschaft des Grals zu müssen, gibt er den Brabanter*innen letztlich das allerschlechteste Beispiel: Wenn du der Aufgabe nicht ge wachsen bist, meide die Verantwortung. Dabei erscheint seine Erzählung von der Gralsburg Monsalvat und den dort lebenden Auserwählten wie eine Ausflucht. Sicherlich wollte Wagner daran glauben, dass es Männer gibt, die so hoch über den anderen stehen, dass sie für gewöhnliche Menschen unerreichbar und unbegreiflich sind – geniale Künstler wie er zum Beispiel. Unsere Interpretation wird sich auf solche Verlockungen nicht einlassen. Die Gemeinschaft des Grals, eine fehlerfreie menschliche Gemeinschaft also, existiert nicht. Wollten wir zu einer Gemeinschaft des Grals werden, müssten wir unsere
Menschlichkeit eliminieren, was furchtbar klingt. Die Gemeinschaft des Grals gehört typischerweise den Phantasten. Vergessen wir nicht, wer der bekannteste Liebhaber dieser Oper war! Der Gral ist positiv gesehen eine Idee, die Vorstellung nämlich, dass das Gute existiert und zu erlangen ist. Lohengrin glaubt an diese Vorstellung, und natürlich glauben auch wir an sie. Wobei es reichlich merkwürdig ist, wenn Menschen, die sich nach eindeutigen Antworten sehnen, fortwährend enigmatische Botschaften wie die Erzählung vom Gral erhalten. Seine Vorstellung vom Guten in die Wirklichkeit umzusetzen, vermag Lohengrin nicht, was in erster Linie an seiner eigenen menschlichen Hinfälligkeit liegt. Ich empfinde Lohengrin als allzu menschlich und in seiner Fehlbarkeit bemitleidenswert. Es geht nicht darum, ihn zu verurteilen, aber die Geschichte seines Scheiterns eignet sich sehr, zu einem Verständnis von uns selbst zu gelangen. Elsa ist für mich dabei die aufgeklärteste Figur. Sie achtet auf die Gemeinschaft, sie möchte sogar ihre Widersacher Friedrich und Ortrud rehabilitieren und in die Gemeinschaft integrieren. Sie ist es, die die private Unterdrückung nicht erträgt und sich gegen Lohengrin auflehnt. Sie ist es, die wirklich durchlebt, in welch eine Tragödie die Gemeinschaft stürzt. Elsa ist sogar in der Lage zu erkennen, dass sie sich als Führerin nicht eignet, da ihr die Hybris fehlt.
WIR-GEFÜHLE Wagners Oper kann uns helfen, eine ganz einfache Tatsache zu begreifen, die allzu leicht in Vergessenheit gerät: Wir leben in einer Gemeinschaft. Die Gemeinschaft ist selbst eine Entität, die Verantwortung für sich selbst trägt. Dabei ist heute angesichts der individuellen Ausdifferenzierung alles noch viel komplizierter als im 19. Jahrhundert. In der Gemeinschaft Brabants sind die Männer stets einer Meinung und auch die Ansichten der Frauen wirken homogen: Sie ehren den König, sie ehren und fürchten Friedrich von Telramund trotz ihres Mitleids mit Elsa, später schließen sie sich bedenkenlos Lohengrin an. Wenn sie Zweifel hegen, genügen ein paar nachdrückliche Mahnungen, um diese gleich fallen zu lassen. Die Brabanter*innen erweisen sich also als eine relativ leicht beeinflussbare, aber stets nach dem Guten strebende Gemeinschaft. Das ist sehr menschlich. Man möchte dieser Gemeinschaft die Daumen drücken, aber es ist geradezu gesetzmäßig, dass sie am Ende völlig durcheinandergerät. Veränderungen brauchen viel Zeit, und die ist der Gemeinschaft in dieser Geschichte nicht gegeben. Man könnte behaupten, Lohengrins Erscheinen wäre für Brabant verfrüht gewesen. Der geschichtli-
che Augenblick – die inneren und äußeren Gegebenheiten, der Zeitgeist – zählt bei der Veränderungen von Gesellschaften viel. In den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts sehnte sich die halbe Welt danach, sich zu verändern und alles das zu überwinden, was dem Zweiten Weltkrieg den Nährboden bereitet hatte. Heutzutage sehnt sich höchstens eine Handvoll Leute nach Veränderung. Die meisten Menschen in der westlichen Welt leben inmitten echter oder eingebildeter Gefahren und möchten vor allem in Ruhe gelassen werden, selbst wenn es in jener „ersehnten“ Welt auch ihnen besser ergehen könnte. Heutzutage hört man immer weniger von jenen Werten, für die über Jahrhunderte hinweg viele ihr Leben opfern mussten. Wir treten auf der Stelle. Am ehesten reden wir noch über technische Fragen phantastischer Art, die scheinbar Lösungen für unsere fundamentalen Ängste wie Überbevölkerung, Ressourcenmangel oder den Tod bieten, statt Fragen anzugehen, die uns selbst wirklich betreffen, wie zum Beispiel die Form unseres Zusammenlebens, das bewusste Leben, die politischen und sonstigen Freiheitsrechte. Wir vergessen, dass wir nach wie vor verletzliche Wesen sind, und wenn wir aufeinander nicht achtgeben, auch leicht zu Ungeheuern werden könnten. Dabei bedeutet Demokratie heute nicht mehr allein die Möglichkeit, unsere Regierenden zu wählen, sondern auch das Recht und die Aufgabe, unser gemeinsames Leben zu regeln. Dass wir es so weit gebracht haben, ist eine gewaltige Errungenschaft. Ich glaube nicht mehr an nationale Kontexte, auch wenn der Nationalismus heute wieder erstarkt. Die nationale Emphase, die im 19. Jahrhundert positive Veränderungen ermöglicht hatte, erzeugt heute vor allem Probleme. Ich mag weder Nationalstolz noch romantische Vorstellungen von der Volksseele. Ich habe immer noch die Hoffnung, dass wir eigentlich kurz davor sind, etwas anderes zu begreifen: Wir sind Teil der gesamten Menschheit, in der die unterschiedlichen Sprachen und Kulturen zwar gegeben sind, aber weder einen Nachteil noch einen Vorteil bedeuten sollten. Ich glaube, der Mensch ist fähig, seine Verantwortung sich selbst und der Gemeinschaft gegenüber wahrzunehmen, auch wenn es in dem Land, aus dem ich komme, dafür gerade ziemlich wenig Anzeichen gibt. Lohengrin gilt als Wagners letzte „romantische Oper“. Ich halte mich nicht unbedingt für einen Romantiker. Aber ich verstehe das Romantische als den Mut und die Fähigkeit zu phantasieren, zu träumen, zu fühlen. Wagner betört einen vor allem mit der Vergegenwärtigung von Gefühlen: Was für Stürme und schattige Haine gibt es doch in einem Menschen! „Romantisch“ bedeutet für mich, den Mut zu haben, meine Schwäche zu zeigen und die Einmaligkeit, Zerbrechlichkeit und Freiheit meines Daseins als Mensch auf mich zu nehmen. Aus dem Ungarischen von Akos Doma.
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„Cegléd“ könnte Árpád Schillings knappste Antwort auf die Frage „Woher kommst du?“ lauten. Das sagt einem wohl nichts. Vielleicht spürt man die mittelgroße Stadt auf einer Karte auf, südöstlich von Budapest. Viel weiß man dann aber noch nicht. Die Frage zielt ja auch auf mehr ab als auf einen Ortsnamen. Man müsste genauer fragen: Was ist deine Geschichte? Wer hat dich geprägt? Welchen Weg bist du bis hierher gegangen? Cegléd ist wie Budapest knapp 1000 Kilometer von Stuttgart entfernt. Da jeder Ort auch von der Zeit bestimmt ist, ist das mal wenig und mal viel. Mitte der 1970er Jahre war es eine Riesendistanz. Schilling wurde damals in besagtem Cegléd geboren. Früh genug also, um noch den Niedergang einer Gesellschaftsordnung zu erleben, die einst als Utopie angetreten war. Und ein Europa, das in zwei getrennt war – durch einen Eisernen Vorhang. Den schnitt just Ungarn im Frühjahr 1989 entzwei. Um die Jahrtausendwende waren die Distanzen geschrumpft: Die Theaterszene schaute neugierig auf die jungen Theatermacher*innen der postsozialistischen Länder in Europas Mitte. Árpád Schilling tourte mit seiner Gruppe Krétakör Szinház – auf deutsch: Kreidekreis-Theater – durch Festivals des westlichen Europas, mit Tschechows Möwe etwa – zuvor geprobt im Budapester Wohnzimmer. Er hatte die Gruppe 1995 während seines Regiestudiums gegründet. Ihr Name, der sich auf Brechts Der kaukasische Kreidekreis bezieht, war Programm: Auf jedem einfach zu definierenden Spielfeld kann Theater stattfinden und Fragen verhandeln, die alle angehen. Mit entschiedenem Fokus auf das expressive Spiel der Darsteller*innen bekräftigte Schillings Theater die Gesetze, die einst Peter Brook mit seiner legendären Theorie Der leere Raum entworfen hatte. In jenen Jahren bereitete die Europäische Union den Beitritt der ersten mittelosteuropäischen Staaten vor. Europa wächst zusammen – den Slogan hätte damals jeder unterschrieben.
Um die gesellschaftlichen Nach-Wende-Veränderungen zuhause genauer in den Blick zu nehmen, verwandelte Schilling sein gefeiertes Ensemble 2008 in eine Produktionsplattform. Der Name weiterhin: Kreidekreis. Der Terminus „Theater“ fiel weg. Anstelle von Schauspieler*innen entwickelten nun junge Künstler*innen und Pädagog*innen Projekte mit Jugendlichen und Laien. Spiel und Dialog dienten dazu, gemeinsam die Mittel demokratischer Mitbestimmung zu erlernen, Konflikte zwischen sozialen Gruppen zu analysieren, Vorurteile über Minderheiten (Roma etwa) zu entzaubern. Dass Schilling mit der Oper ästhetisches Neuland betrat, war kein Widerspruch: Auch in der Arbeit mit den Sänger*innen des Münchner Opernstudios ging es um das Freilegen sozialer Beziehungen über das körperliche Spiel. Das war 2010. Die EU wurde nochmal größer. In Ungarn trat Viktor Orbán zum zweiten Mal das Amt des Ministerpräsidenten an. Sommer 2018: der jüngst wiedergewählte Orbán und seine Partei Fidesz haben Ungarns Gesellschaft erheblich verändert, demokratische Rechte abgebaut, das Solidargefühl ausgehöhlt. Auch ein Zaun ist inzwischen wieder errichtet, diesmal nach Süden. Schilling ist mit seiner Familie nach Frankreich umgezogen. In Ungarn war er mit Krétakör und als Staatsbürger bis dato als kritische Stimme aktiv, als Regisseur arbeitete er dort schon eine Weile nicht mehr. Während im EU-Mitgliedsland Ungarn die EU als Gefahr beschworen und die Besinnung auf das Ungarntum propagiert werden, kreiert Schilling mit Ensembles in Warschau, Wien, Vilnius und im montenegrinischen Podgorica neue Stücke: Diagnosen über den Zustand von Gemeinschaften. Geschichten erzählen von der Gegenwart – das wird auch seinen Blick auf Lohengrin bestimmen. Übrigens – Árpád Schilling könnte natürlich auch antworten: „aus der komplexen Kultur und Geschichte dieses Kontinents.“ (MH)
Fragen an: Simone Schneider
„Ich halte mich nicht unbedingt für einen Romantiker. Aber ich verstehe das Romantische als den Mut und die Fähigkeit zu phantasieren, zu träumen, zu fühlen.“
Antworten von Elsa von Brabant Woher kommst du? Aus Einsamkeit in trüben Tagen. Wohin gehst du? Auf die Suche nach der blauen Blume der Romantik. Was versteckst du? Meine wahren Wünsche. Worüber lachst du? Ich habe nichts zu lachen. Von wem lebst du? Von niemandem, von meinem rechtmäßigen Erbe. Wovon träumst du? Von der Glückseligkeit. Wem glaubst du? An die christliche Lehre. (Oder Gott) Wem vergibst du? Telramund. Was verlangst du? Selbstbestimmung.
Árpád Schilling
Woher kommst du?
Fragen an: Okka von der Damerau
Hans Op de Beeck, Sea of Tranquillity, 2010, (Videostill), full HD video transferred to Blu-Ray, 29’50”
Ortrud
Woher kommst du? Aus dem schönen Norden Deutschlands, wo es rau und direkt ist und nichts lieblich. Wohin gehst du? Wohin mein Herz und mein Verstand mich führen. Was versteckst du? Zu wenig. Worüber lachst du? Weiß ich nicht. Kann man das wissen? Wem glaubst du? Jedem, der es ehrlich meint. Wovon träumst du? Bin keine Träumerin, lebe im Hier und Jetzt. Wem vergibst du? Jedem, der es ehrlich meint. Was verlangst du? Etwas verlangen – schwierig. Offenheit und Gerechtigkeit wären schön. Ist wahrscheinlich zu viel verlangt …
LOHENGRIN Romantische Oper in drei Aufzügen Libretto vom Komponisten Uraufführung 1850 in Weimar in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln
Neuproduktion ab 29.9.18 Liveübertragung der Premiere im SWR 2
Musikalische Leitung Cornelius Meister Regie Árpád Schilling Bühne Raimund Orfeo Voigt Kostüme Tina Kloempken Licht Tamás Bányai Dramaturgie Miron Hakenbeck Chor Manuel Pujol
Heinrich der Vogler Goran Jurić Lohengrin Michael König Elsa von Brabant Simone Schneider Friedrich von Telramund Martin Gantner Ortrud Okka von der Damerau Der Heerrufer des Königs Shigeo Ishino Erster Edler Torsten Hofmann Zweiter Edler Heinz Göhrig Dritter Edler Andrew Bogard Vierter Edler Michael Nagl Staatsopernchor Stuttgart Staatsorchester Stuttgart
2018 Sep
Sonn- und Feiertage
Portrait — Árpád Schilling
Richard Wagner
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So
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Sa
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Mo
Einführungsmatinee am So, 23.9. im Opernhaus, Foyer I. Rang
#StgtLohengrin
Worum geht’s? Brabants Thronerbe Gottfried ist verschwunden. Friedrich von Telramund klagt Elsa von Brabant an, ihren Bruder ermordet zu haben, und erhebt selbst Anspruch auf die Führung. Nur eines könnte Elsas Unschuld beweisen: Wenn ein Mann Telramund im Zweikampf besiegt. Unter den Männern Brabants ist dazu niemand bereit. Als ein Fremder erscheint, der für Elsa kämpfen und sie heiraten will, kommt das einem Wunder gleich. Er stellt allerdings eine Bedingung: Wer er ist und woher er kommt, darf sie nicht wissen wollen.
Lohengrin
Lohengrin
Herkunft und Vergangenheit der Titelfiguren unserer ersten beiden Neuinszenierungen sind ein Geheimnis – und an dem sollen auch nicht die Frauen rühren, die sie geheiratet haben. So kommt Lohengrin aus unbekannter Fremde, um bei Elsa eine Heimat zu finden. Blaubart wiederum führt Judith in seine Behausung, die angefüllt ist von Zeichen einer qualvollen Vergangenheit, nach der sie allerdings nicht fragen darf. Dabei scheint nichts selbstverständlicher, als den geliebten Menschen an seiner Seite fragend zu ergründen. Von Lohengrins Frageverbot herausgefordert, fragten wir die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken nach dem richtigen Verhältnis von Neugier und Vertrauen, von Geheimnis und fragendem Erkennen. Wir erwarteten eine Ermutigung zum Fragenstellen. Und erhielten eine überraschende Antwort.
Essay
Barbara Vinken stammt aus Hannover. Sie studierte in Aix-en-Provence, Freiburg, Konstanz und Yale. Seit 2004 ist sie Professorin für Französische und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Ludwig-Maximilians- Universität München. Daneben führten Gastprofessuren sie u. a. an die New York University, die Humboldt- Universität Berlin und die University of Chicago. Sie lehrt, forscht und publiziert zur französischen Literatur, beispielsweise zu Gustave Flaubert, zu Geschlechterrollen und zum Thema Mode. Zu ihren Buchveröffentlichungen gehören u. a. Die deutsche Mutter. Der lange Schatten eines Mythos und Angezogen. Das Geheimnis der Mode.
Hans Op de Beeck, aus der Serie Constructions, 2008, Watercolours on Arches Paper
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VERHEERENDER WILLE ZUM WISSEN „Nie sollst du mich befragen, noch Wissens Sorge tragen, woher ich kam der Fahrt, noch wie mein Nam’ und Art!“, singt der Schwanenritter in Richard Wagners Lohengrin. Das Frageverbot ist an Elsa gerichtet, deren Unschuld er im Zweikampf zu verteidigen gekommen ist, und es ist der dringlichsten Art, denn er wiederholt: „Elsa, hast du mich wohl vernommen? Nie sollst du mich befragen.“ „Sieh dich um, doch frage niemals”, schärft Bela Bartóks Blaubart seiner neuen Frau Judith ein, die Licht und Leben in die dunkle, todessüchtige Blutburg bringen will. Auch Blaubart wiederholt das Frageverbot: „Küss mich, küss mich, stell keine Fragen“ und „Küss mich, küss mich, frag mich nicht“ und wieder „Lieb mich, frag mich nicht.“ Die Moderne hat das Fragen, die Neugierde, das Wissenwollen zur Kardinaltugend erhoben, nachdem die Kirchenväter sie über Jahrhunderte zur Todsünde erklärt hatten. Sie stützten ihren Vorbehalt gegen die Neugierde auf die antike Erkenntnispragmatik: Der Mensch sollte seine Wissbegierde nicht auf Sinnloses, die endliche Menschenpraxis Überschreitendes richten. Solche Mahnungen, das Wissenwollen auf das Machbare, auf das Nützliche zu beschränken, richteten sich an Tyrannen wie Nero, dem man nachsagte, als Ausleben seines perversen Künstlertums Rom angezündet zu haben – zum Spaß, und weil er einfach mal wissen wollte, wie denn die ewige Stadt in Flammen aussehen würde. Modernes, produktiv grenz-überschreitendes Fragen zehrte noch von dem verruchten Experimentiergeist, den die antiken Philosophen und nach ihnen die Kirchenväter in die Schranken gewiesen hatten. Jedenfalls war der neue, moderne Trieb zum Wissen nicht weiblich, sondern ein männlicher unbändiger Drang, verkörpert in Prometheus und Faust, die im Wissen-Wollen die Grenzen der göttlich autorisierten Welt heroisch zu überschreiten strebten. Jeder anderen Autorität als der des Wissens kühn zu trotzen, hieß, nichts unbefragt hinzunehmen, in der Überschreitung des Verbotes Neues zu erkunden, immer weiter zu fragen. Aber auch die Moderne bewertet diese Neugierde nicht durchgehend positiv: Die experimentelle Neugierde des Dr. Frankenstein etwa gebiert Monster. Auch die Moderne kennt falsches und richtiges Wissenwollen. Die Kirchenväter, allen voran Augustinus, hatten in der Nachfolge Ciceros die Augenlust der curiositas, die Lust am Wissenwollen als eine Lust am Abartigen, Absurden, Abseitigen erkannt, die nicht der Wahrheitsfindung, sondern nur der billigen Selbstbestätigung diente – das war das Anti-Nero-Argument gegen die narzisstische Verbiegung der selbst bezogenen, jedem allgemeinen Interesse widerstreitenden Politiken. Die Lust zu wissen richtet sich nicht nur nicht auf die einzig interessante Gotteserkenntnis, sondern verliert sich in der perversen Bestätigung eines sich selbst ermächtigenden, gemeingefährlichen Subjekts. Gefangen in sich selbst und herausgefallen aus jeder sinnvollen, göttlichen Ordnung, bestätigt dieses Subjekt in der Abartigkeit seines Wissen-Wollens immer nur sich selbst. Bei Wagner und Bartók ist diese Hintergrundgeschichte des Fragens trotz ihrer scheinbaren Überholtheit noch virulent, ja sie scheint eine spezifische Opern-Eignung darin zu beweisen, dass sie das vorschnelle, fortschrittfreudige Wissen-Wollen in seinen latenten, dunklen Untergründen geradezu heraussingt; das macht Elsa so berührend. Wagner und Bartók stehen der augustinischen Tradition, die in der Moderne eine der Skepsis gegenüber allem eitlen Fragen-Pathos ist, näher als der naive zeitgenössische Frager es sich vorstellt. Die Oper zeigt vielleicht ihre stärkste kritische Potenz gegenüber den idola fori moderner Ideologie. Und sie leistet sich die Artikulation dieser Skepsis nicht von ungefähr in den vormodernen Gewändern der mythischen und märchenhaften Verstellung, in denen sie sich vor dem aufgeklärten Bewusstsein des Publikums verbirgt. Die impertinente Anachronie der Opernwelt extrahiert aus alten Zeiten, was in der Neuzeit keine Frage mehr sein sollte und es doch geblieben ist. Im unbeherrschbaren Fragedrang Elsas und Judiths kehrt die teuflisch von außen induzierte Neugierde des Sündenfalls wieder, und es mag zu Zeiten wissenschaftlicher Hochkonjunktur in Wagners wie auch in Bartóks Jahrhundert die Frage sein, wie sich die heldische Pose der modernen Wissenskultur, die nicht Lohengrins, sondern via Faust eher Blaubarts Teil ist, dazu verhält. Keinesfalls folgt sie einem modernen Impuls; eher verrät sie in der antiquierten Anlage eine ältere Tendenz, die sich in der Moderne auf zweifelhafte Weise fortsetzt und im Gesang der tragischen Heldinnen Gehör erheischt. So sehen wir bei beiden, bei Wagner und Bartók das Wissenwollen der Neugierde nicht als die kühne Stärke männlich selbstbezogener Helden, sondern als fragile Schwäche im Lieben. Das Fragen wird den Frauen zum tödlichen Verhängnis. Es offenbart in Elsa die Unfähigkeit, mit dem Herzen zu begreifen. Es ist eine Unfähigkeit zu glauben – bei Augustinus war es die des mangelnden Gottvertrauens, bei Cicero des mangelnden Gemeinsinns. Elsa ist von den Kräften des Bösen zum Zweifel verführbar; Blaubart setzt diese weibliche Verführbarkeit, den weiblichen Ungehorsam, systematisch ein, ja er provoziert seine Frau durch sein Verbot. So wird die Neu gierde der Judith zum raffiniert kalkulierten Mittel Blaubarts, sein fatales Werk der Ent-schöpfung der Welt zu vollenden. Bei Augustinus war die Neugierde Verkennen der Geschaffenheit der Welt, bei Cicero zersetzte sie die durch gesellschaftliche Bindung konstituierte Welt. Mit Judith erschafft die Oper eine der großen Figuren dieses verheerenden Fragens, die ihrem eigenen Antrieb zum Wissenwollen gegenüber blind bleibt. Wagners Lohengrin steht neogotisch in der Artus- und Gralsepik. Was das Fragen angeht, trägt Lohengrin ein schweres Erbe. Sein Vater Parzival hatte das mitleidige Fragen – alles andere als verbotene Neugierde – im entscheidenden Moment unterlassen. Dadurch bewies Parzival, der tumbe Tor, nicht etwa Stärke im Glauben, sondern mangelnde höfische Bildung: seinen völligen Mangel an Einfühlung. Erst als seine
BAR B A R A VIN K E N
„NI E SOL L S T DU MIC H BEF R A G E N , NOC H WIS S E N S SOR G E TRA G E N , WOH E R ICH KAM DER FAH R T , NOC H WIE MEI N NAM ’ UND ART ! “
„ELSA, HAST DU MICH WOHL VE R N O M M E N ? NIE SOLLST DU MICH BE F R A G E N . “
Herzensbildung vollendet ist, wird er die erlösende Frage nach dem Leiden des Anfortas stellen können. Blaubart ist dagegen ein teuflischer, ketzerischer Gegenspieler Gottes in der Tradition des sagenhaften Gil de Rais. Seine Sünde ist die Häresie, seine Lust nicht das liebende Leben, sondern der leidende Tod. Beide männlichen Frageverbote gelten weiblichem Fragen, aber in unterschiedlicher Kontinuität zu dem biblischen Muster, das beide bewegt. Da beide Opern in einem metaphysischen Kampf der Mächte der Finsternis gegen die Mächte des Lichtes stehen, rufen sie dasselbe paradiesische Drama weiblichen Wissenwollens auf: Judith und Elsa sind figurae Evae. Eva wollte wissen, fiel auf die Verführung des Teufels herein und aß vom verbotenen Baum der Erkenntnis. Das wird der Menschheit zum erb-sündlichen Verhängnis: Weil sie das göttliche Verbot übertreten haben, werden Eva und Adam aus dem Paradies vertrieben und dem Tod auf Erden ausgesetzt. Aber Eva wird durch das Ave der Maria, das der Schlange das Wort im Munde herumdreht, erlösend verkehrt. Maria fragt bekanntlich nicht; sie sagt im Gegenteil: mir geschehe, wie du gesagt. Sie begreift, empfängt mit dem Herzen, liebt und glaubt. Als Eva-Figuren sind Judith und Elsa Figuren einer tragisch-perversen Rück-drehung Marias in unerlöste, ja unerlösbare Even. Elsa, die Reine, verspricht ihrem Schirm, ihrem Engel, ihrem Erlöser, ihrem Ehemann und dem an ihrer Seite zukünftigen Herrscher von Brabant, der an ihre Unschuld glaubt, sein Gebot, ihn nicht nach dem Woher und Wohin zu fragen, in Treue zu halten. Der Schwanenritter kommt in einer politisch hochbrisanten Situation. Es geht in dieser Krisis um nichts weniger als darum, einen Putsch zu verhindern: Die rechtmäßige Herrscherlinie, in der Elsa steht, soll usurpiert werden. Die Vertreibung der rechtmäßigen Herr scher – Elsas und ihres Bruders – scheint zu gelingen. Graf Telramund, in des sen Obhut der sterbende Herzog von Brabant seine Kinder Elsa und Gottfried gelassen hatte, bezichtigt die ihm zugedachte Braut Elsa des Brudermordes und der Hurerei. Telramund will an der Stelle statt wie ursprünglich erhofft an der Seite Elsas mit seiner neuen Frau Ortrud herrschen. Elsas Schuld will er in einem durch Gottesurteil zu entscheidenden Zweikampf beweisen. Die Unschuld Elsas, die in ihrem „weißen, sehr einfachen“ Kleid, in ihrer „schwärmerischen Verklärung“, ihrer „träumerischen Entrücktheit“ nicht von dieser Welt ist und das mit Betreten der Bühne augenfällig macht, wird durch das Gottesurteil im Zweikampf vor König und Hof beglaubigt. Hier steht sie noch fest im Glauben – entgegen jeder Wahrscheinlichkeit ist sie felsenfest überzeugt, dass der ihr erschienene Ritter ihre Unschuld bezeugen wird. Telramund unterliegt im Duell dem Schwanenritter. Seine Anschuldigungen werden als üble Verleumdungen enttarnt. Auch als Lohengrin ihm das Leben lässt, bleibt Telramund „in Bann und Acht, weil untreu er den Gotteskampf gewagt.“ Neuer Herrscher von Brabant – „heil dir“ – soll nach dem Willen Gottes und des Königs der Schwanenritter an der Seite Elsas aus dem legitimen Herrschergeschlecht sein. Wenn, ja wenn Elsa nicht ge fragt hätte. Die Anschuldigungen des Grafen gegen Elsa folgten einem machtpolitischen Kalkül, das weniger sein eigenes als das seiner Frau Ortrud ist. Mit dem Verschwinden des Herzogssohns Gottfried ist der rechtmäßige Erbe aus dem Feld geschlagen. Indem Telramund die Hochzeit mit der als Brudermörderin angeklagten Elsa ausschlägt und Ortrud heiratet, ist auch Elsa von der Herrschaft ausgeschlossen. Brabant soll künftig unter der Herrschaft von Telramund und Ortrud stehen: „Dies Land doch sprech’ ich für mich an mit Recht, da ich der Nächste von des Herzogs Blut, mein Weib dazu aus dem Geschlecht, das einst auch diesen Landen seine Fürsten gab.“ Der Machtwechsel wäre ein Geschlechterwechsel. Die Herzöge von Brabant sollen „Radbods altem Fürstenstamm“, dessen letzter Spross Ortrud ist, weichen. Vor allem aber geht es um einen Religionswechsel. Denn Ortrud hält den christlichen Gott nicht für den wahren Gott, sondern für einen üblen Trickster. Die an ihn glauben, sind in ihren Augen wahnbefangene Abtrünnige. Sie hängt den alt-germanischen Göttern an, die zu rächen und denen zu ihrer rechtmäßigen Herrschaft zu verhelfen ihr jedes Mittel recht ist: „Entweihte Götter! Helft jetzt meiner Rache! Bestraft die Schmach, die hier euch angetan! Stärkt mich im Dienste eurer heil’gen Sache! Vernichtet der Abtrünnigen schnöden Wahn! Wodan! Dich Starken rufe ich! Freia! Erhabene, höre mich! Segnet mir Trug und Heuchelei, dass glücklich meine Rache sei!“ Auch wenn im Verlauf der Oper erst nach und nach deutlich wird, dass sich hier zwei Religionen – eine Religion des Hasses und eine der Liebe, eine des wahren Gottes und eine der trügerischen Idole – gegenüberstehen, sind wir von Beginn an mit zwei konträren Erscheinungsweisen des Übernatürlichen konfrontiert: göttlichem Wunder und schwarzer Magie, Heil und Unheil. Auf der einen Seite steht das Wahre, Schöne, Gute im Zeichen der Trias Glaube, Hoffnung und Liebe, auf der anderen Seite herrschen Gotteslästerung, Rache, List, Lüge, Machtgier, Trug: zauberische Verwandlung der Leiber. Die Mächte des Lichtes, deren Bote der Gralsritter Lohengrin ist, treffen auf die Mächte der Finsternis, die von der mit den satanischen Kräften im Bunde stehenden Ortrud verkörpert werden. Zwischen beiden, Teufel und Engel, steht Elsa. Und mit ihr die Rechtmäßigkeit der politischen Ordnung auf dem Spiel. Die Ankunft des „gottgesandten“ Schwanenritters ist „ein unerhörtes, nie gesehenes Wunder“, dem „selig süßes Grauen“ folgt. Gleich zu Anfang wird dieses Wunder gegen schwarze Magie abgegrenzt: „Durch bösen Zauber List und Trug, stört nicht des Urteils Eigenschaft!“ ermahnt der Heerrufer die Kontrahenten Lohengrin und Friedrich. Als einen bösen Zauber, als Wahn und List werden Ortrud und Telramund in ihrer Verblendung die göttlichen Offenbarungen, Gottes Manifestationen in dieser Welt lästern, das Gottesurteil anzweifeln, in Lohengrin keinen Menschen sehen, in dem sich das Wirken Gottes offenbart, sondern einen faulen Zauberer. Alles setzen sie daran, Elsas Glauben durch Zweifel zu zersetzen, sie zur verhängnisvollen Frage zu verführen. Denn wenn Elsa die Frage nach seiner Identität stellt, auf die er antworten muss, ist die Kraft des Schwanenritters gebrochen, glauben sie. Das Frageverbot versteht Ortrud als die Achillesferse des unbesiegbaren Ritters, an der er einzig wie Siegfried tödlich verwundbar ist. Wäre Lohengrin durch Elsas Fragen erst besiegt, stünde nichts mehr ihrer Machtergreifung im Wege. Weil Ortrud und Telramund den Schwanenritter und seine Sendung missverstehen, wollen sie Elsa als eine neue Dalila einsetzen, die Lohengrin schwach macht. Durch Elsas Frage würde der Schwanenritter seiner in ihrer Perspektive nicht wunderbaren, sondern schwarzen Zauberkräfte beraubt; Ortrud und Telramund würden in Brabant herrschen.
„KÜSS MICH, KÜSS MICH, STELL KEINE F R A G E N.“ „KÜSS MICH, KÜSS MICH, FRAG MICH N I C H T.“
De facto verbietet der „Schirmer von Brabant“ Elsa die Frage weniger, als dass er sie bittet, ja anfleht, ihn nicht zu fragen. Er hofft um der legitimen Herrschaft und seiner Liebe willen, dass Elsa das Frageverbot nicht wie Eva überschreitet. Das tut er nicht, weil er wie Achilles, Samson oder Siegfried körperlich verwundbar wäre. Diese Frage würde die Welt seines Schutzes und beide, Elsa und den Schwanenritter, ihrer Liebe berauben. Eine illegitime Usurpation der Macht durch die falschen Götter und den falschen Glauben wäre die Folge. Ortrud und Telramund, die Mächte der Finsternis, werden Treue, Liebe, Glaube in Elsa zersetzen und sie – wie die Schlange Eva – verführen. Sie werden Zweifel an der wunderbaren, heilbringenden Gottgesandtheit des Schwanenritters in ihr Herz gießen, den „selig reinsten“ Glauben vergiften. Wie den Satan sucht Elsa vergeblich Ortrud zu verscheuchen: „Hinweg von mir!“ Die zweifellose, gläubige Liebe ist Ortrud ein Buch mit sieben Siegeln. Elsa will sie zu dieser Liebe bekehren: „wie zweifellos ein Herze liebt! Das Glück, das sich uns nur durch Glauben gibt! Wie süß die Wonne reinster Treu! Lass zu dem Glauben dich bekehren.“ Ortrud wird nicht zu Treu und Glauben bekehrt; ihrerseits macht sie Elsa im Glauben schwach, sät sie Zweifel, zieht sie Elsa in Wahn, Angst und Dunkelheit, in „wildes Brüten“. Die, die einander entgegengesetzt sind wie Licht und Dunkelheit, erkennen unisono, Lohengrin mit Bestürzung, Ortrud triumphal, dass Elsa in „wildes Brüten“ versunken ist. Das gelingt, indem Ortrud und Telramund das göttliche Wunder als schwarze Magie ausgeben: „Den dort im Glanz ich vor mir sehe, den klage ich des Zaubers an! Wer ist er, der ans Land geschwommen, gezogen von einem wilden Schwan? Wem solche Zaubertiere frommen, des’ Reinheit achte ich für Wahn.“ So verführt, mit einem von Zweifel vergifteten Herzen, wird Elsa in der Hochzeitsnacht die Frage stellen, die die beiden Angetrauten auf immer entzweit, sie aus dem Paradies der Liebe vertreibt und zu Elsas Tod führt: „Den Namen sag mir an! Woher der Fahrt? Wie deine Art?“ Im Wahn des Zweifels, ohne Gottvertrauen, fällt die von den satanischen Kräften verführte Elsa von Treu und Glauben ab: „Das zum Verrat an mir sich ließ betören, das Weib, das Gott mir anvertraut“, wird Lohengrin feststellen. Elsa, eine post-figurale Wiederkehr der Eva. Anders als Maria steht sie nicht in Lieben und Glaube fest, begreift sie nicht mit dem Herzen. Die marianische Figur ist Lohengrin, der Elsas Reinheit nicht mit Verstand und Witz erfassen muss, sondern auf den ersten Blick mit dem Herzen begreift, obwohl alles gegen sie spricht: „nicht deine Art ich brauchte zu erkunden, dich sah mein Aug’ – mein Herz begriff dich da.“ Doch Elsas ganzer Reiz – im Gegenzug zum „Nie sollst du mich befragen“ – wird, vom Zweifel erfasst, zerstört: „Nie soll dein Reiz entschwinden, bleibst du von Zweifel rein“ erfüllt sich nicht. Allein, der Satan, der Ortrud ist, wird nicht durch Elsa siegen. Ihr politischer Putschversuch, ihr religiöser Umsturz, bleiben erfolglos. Wotan und Freia werden nicht in Brabant angebetet werden. Auch wird Lohengrin durch den Verrat der Elsa, durch ihre Unfähigkeit, mit dem Herzen zu begreifen, nicht ins Verderben gestürzt, sondern zurück in „Glanz und Wonne“ der Gralsburg gerufen. Die Welt war seiner nicht würdig. Elsa tötet durch ihr schwankendes Zweifeln, ihr „wildes Brüten“ allein sich und ihre Liebe. Bevor Lohengrin in die Gralsburg entschwindet, wird er aber dafür sorgen, dass mit dem rechtmäßigen Herrscher der richtige Gott herrscht. Elsas Fragen bleibt letzten Endes folgenlos, die Putschisten ohnmächtig. Der Gral auf dem Berge des Heils Montsalvat, dessen Ritter Lohengrin, der Sohn des Parzival ist, wird durch die Taube des Heiligen Geistes das Verbrechen der Ortrud an den Tag bringen, ihren heidnischen Zauber aufheben. Es war Ortrud, die Gottfried, den rechtmäßigen Erben Brabants, in einen Schwan verwandelt hatte, um ihn aus dem Weg zu räumen. Gottfried wird durch Lohengrins Gebet vom Heiligen Geist zurückverwandelt in seine Menschengestalt. Der Gral hat für diesen Herrscher von Gottes Gnaden, für die rechtmäßige Erbfolge in deutschen Landen via Lohengrin gesorgt; in seinen wahren Wundern, keinem faulen Zauber, hat sich das Wirken Gottes auf Erden manifestiert: „Seht da, den Herzog von Brabant! Zum Führer sei er euch ernannt!“ Das Heil hat in Wagners Lohengrin gesiegt. Anders geht der Kampf zwischen Gut und Böse, Heil und Unheil, in Bartóks Herzog Blaubarts Burg aus. Frageverbot und Frage haben hier eine andere Funktion. Blaubart setzt das Frageverbot strategisch ein, weil er die Verführbarkeit der Frauen kennt und sich der Übertretung sicher ist. Judith, seine letzte Frau und neue Eva, ist ihm nur ein Mittel, um seinen Widerruf der göttlichen Schöpfung und der christlichen Erlösung in seinem satanischen Gegenreich zu vollenden. Bartók inszeniert eine Geschichte der nichtenden Ent-schöpfung, die eine Verkehrung der Heilsgeschichte bezweckt und nicht zum ewigen Leben, sondern zur ewigen Verdammung in Leid und Tod führt. Die Schöpfung beginnt mit Gottes „Es werde Licht!“ und wird nach Evas Fall durch Maria, die mit reinem Herzen begreift, und durch Christi Liebe, die stärker ist als der Tod, erlöst. Umgekehrt versinkt Blaubarts satanische Blutburg am Ende dank dieser neuen Eva und ihrem Fragen – es ist vollbracht – in Nacht und Tod. Aber Bartók und Blaubart kommen um die Folie der schief gegangenen Erlösung nicht herum. Liturgisch ist die Karwoche auf den sieben Tagen der Schöpfung modelliert, um am Ende den durch die verführte Eva in die Welt gekommenen Tod im Sieg des Lebens über den Tod zu überwinden: lumen Christi. Im Gegenzug führt die blutige Passion all derer, die in Blaubarts Burg zu Tode kommen, zum endgültigen kosmischen Sieg des Todes. Blaubarts vier Frauen sind Allegorien der vier Tages- und Jahreszeiten, die mit ihrer Vollendung durch Judith als Nacht und Winter in Tod und Dunkelheit beschlossen sind. Blaubarts satanisches Werk wird dank dieser neuen Eva in Verkehrung der Maria vollbracht, die Schöpfung ent-schöpft, die Erlösung verkehrt. Den sieben Schöpfungstagen entsprechen die sieben Türen der Burg, der Karwoche die blutige Passion, die in dieser Burg erlitten wird. Blaubart zeigt sich als eine verkehrte Christusfigur: Wie die, die Christus nachfolgen, verlässt Judith Eltern und Geschwister, um Blaubart nachzufolgen. Sie hofft, Blaubart und seine Blutburg licht und lebendig zu machen. Aber zur falschen Liebe verführt und nicht zur richtigen Liebe bekehrt, wird sie stattdessen das Werkzeug, das die satanische Ent-schöpfung, die Verkehrung der Erlösung, durch ihre fehlgeleitete Passion zur Vollendung bringt. In der Passionsburg von Blut, Schweiß und Tränen, Seufzern und Stöhnen, die ihre Wunden weist, lebt nur der Tod, belebt vom Blut der Opfer Blaubarts. Die Aussicht auf Judiths frisches Blut lässt die blutbefleckten Juwelen aufglitzern, die monströsen, blutbefleckten Blumen des Bösen erblühen, Blaubarts künstlich erstarrtes Reich – die Flüsse aus Silber, die seidigen Wiesen und samtenen Wälder – blendend aufblitzen, lässt die drei zu Edelsteinen versteinerten Frauen lebendig werden. Mit Diamanten zur Königin nicht des Himmels gekrönt, sondern zur Herrscherin im Reich des Todes einer tödlichen Gegenwelt, wird Judith unter dem steinernen Gewicht des Todes vergehen. Ihre Liebe wird nicht stärker sein als der Tod, sondern Blaubarts Verkehrung des Heils in Unheil in einer unheilvollen Welt vollenden – eine moderne Diagnose. Das Fragen der Elsa, das Fragen der Judith haben nichts Emanzipatorisches und nichts Kühnes. Vor der Folie der begreifenden, erlösenden, in ihrer Liebe durch nichts zu erschütternden Maria bleibt ihr Fragen das Echo ferner Gefallenheit, schwacher Evafiguren. Das Fragen ist Zeichen einer zu schwachen Liebe bei Elsa, einer perversen Liebe bei Judith. Schade, gewiss, dass beide Opern Frauen zeigen, die ihre Schwäche im Fragen offenbaren. Für die Stärke der befragten Männer spricht das nicht, nur für beider in der Schwäche fragender Frauen mitgefangene unglückliche Welt. Hier scheint Lohengrin der bei weitem tragischere, weil hoffnungsfrohere Fall, während bei Blaubart alles zu spät ist und selbst der Vorschein einer besseren Welt (des verlorenen Paradieses, das es für ihn nie gegeben haben kann) eine teuflische Frage-Finte ist.
„LIEB MICH, FRAG MICH NICHT.“
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Neuproduktion
Herzog Blaubarts Burg – ein medialer Prototyp A
stand die Neuartigkeit darin, dass hier auf der Bühne keine Handlung im herkömmlichen Sinne stattfand. Der Schauplatz bleibt durchwegs derselbe: die dunkle Eingangshalle von Blaubarts Burg, von der sieben Räume abgehen, deren Türen verschlossen sind. Auch die Aktion ist minimal: Blaubart betritt diese Halle mit seiner neuen Frau Judith, die hintereinander alle sieben Türen öffnet, während ihr Blaubart unwillig die Schlüssel dazu reicht. Am Ende gehen die Türen wieder zu. Judith verschwindet hinter der siebten, und Blaubart bleibt alleine zurück. An Statik ist diese Opernhandlung bis dahin unübertroffen. Lediglich der 3. Akt von Wagners Tristan ließe sich ihr vergleichen, jedoch kein Werk als Ganzes. Das äußerlich karge Drama spielt sich in Herzog Blaubarts Burg hauptsächlich im Inneren ab – in den Personen und in der Musik. Bartók und sein Librettist Béla Balázs haben die Oper explizit als symbolistisches Psychodrama angelegt, in dem Blaubarts Burg die Seele, das Innere des mythologisch berüchtigten Herzogs darstellt. Der Bühnenraum ist quasi als Person zu begreifen, und Judith zwingt diese Person, ihre innersten Geheimnisse Stück für Stück zu offenbaren. Balázs hat für dieses Konzept das ideale Libretto geschaffen. Mit seinen sparsamen Zeilen setzt er gezielt Eckpfeiler in die Geschichte und lässt der Musik jeden Platz, diese auf unterschiedlichen Ebenen zu erzählen. Dabei geht Bartók mit fast schon symphonischer Logik vor: ein Bogen, eine Steigerungskurve und eine Fokusverschiebung sind die musikalischen Kräfte, die aufeinander einwirken. Die Oper beginnt und endet mit einem pentatonischen Thema in den tiefen Streichern, das die Burghalle in Dunkelheit taucht. Bei ihrer Ankunft in dieser Halle deklariert Judith sofort ihr Ziel: Sie will Licht und Luft in diesen tristen Raum bringen. Mit jeder Tür, die sie öffnet, strömt mehr Licht und Glanz herein. Die Vokallinien stellen die anfängliche Dynamik zwischen Judith und Blaubart klar: Judiths Phrasen sind klar und vollständig, ihre Kantilenen ausführlich und zielgerichtet. Blaubart dagegen setzt nur verhaltene fragmentarische Einwürfe dazwischen, die mehr Reaktion als Initiative anzeigen. Skepsis kommt auf, als Judith in allen Kammern beunruhigende Blutspuren entdeckt – in den Folterund Waffenkammern ebenso wie in der Schatzkammer, dem Blumengarten und Blaubarts prächtigen Ländereien. Das Thema Blut begleitet Bartók immer mit einem bohrenden Motiv, einem durch die Instrumente wandernden kleinen Sekund-Intervall, das er
Fragen an: Titus Engel
anfangs subtil einfließen, nach und nach aber wachsen und wuchern lässt. Es ist der Faktor, der auch die Dynamik zwischen dem Paar schließlich zum Kippen bringt und das Verhältnis der Vokallinien zueinander umkehrt: Von Misstrauen und Eifersucht zerfressen nimmt Judiths Initiativ- und Ausdruckskraft ab. Im Ge gensatz zum Anfang wird sie immer kleinlauter, rezitativischer, monotoner, während Blaubarts Sprache daneben zu einer gewaltigen, leidenschaftlichen Gesanglichkeit anwächst – die einzigen Momente in der Oper, in denen vollständige Melodien in folkloristischer Idiomatik erkennbar werden. Die Konsequenz dieses Rollentauschs steht im Raum und das Ende nimmt sich quasi selbst vorweg. So wie das Licht in die Dunkelheit gekommen ist, verschwindet es wieder, samt Judith, hinter den Türen. Der Bogen schließt sich. Blaubart ist wieder alleine in seiner Dunkelheit. Aber die Handlung spielt sich in der Musik nicht nur auf struktureller Ebene ab. Sie manifestiert sich auch bildlich. Wie auch immer die sieben Kammern auf der Bühne umgesetzt sind, Bartóks Musik zeichnet sie maßgeblich mit, gibt ihnen Farbe, Glanz und Licht. Und obwohl es sich hier um Tableaux handelt, bleibt diese Bildsprache nicht statisch. Was sich bewegt, ist die Perspektive. Die Zuschauer*innen, die herkömmlicherweise im Zuschauerraum sitzen, verlassen unwillkürlich ihre gewohnte Position und betreten quasi selber den Raum. Über das Ohr lenkt Bártok ihren Blick, lässt sie wie im Film ihre Außenposition vergessen und Perspektiven der Protagonisten einnehmen. Balázs, der später vor allem als Filmtheoretiker und Drehbuchautor bekannt geworden ist, schafft dafür die Voraussetzungen: „Was siehst du?“ lässt er Blaubart Judith immer wieder fragen, sobald sie eine Tür geöffnet hat. Judith schildert den Anblick – und Bartók folgt ihr: Die Musik beschreibt nicht nur, was sich hinter den Türen verbirgt, sondern auch wie überwältigend es auf Judith wirkt. Bei jeder Tür ist dies die erste Perspektive. Nach dem Blick durch Judiths Augen passiert musikalisch ein Schnitt und der Blick ist auf Judith selbst gelenkt. Im Fokus steht nun ihre Reaktion und was in ihrem Inneren vorgeht. In dieser systematisch wiederkehrenden musikalischen „Kamera-Einstellung“ arbeitet Bartók sein „Blut-Motiv“ aus. Es sind die Momente, in denen Judith die sich häufenden Blutspuren deutet. Dabei finden Argwohn und Zweifel mit jeder Kammer mehr Nahrung. Ihren Verdacht wagt sie zwar nicht direkt auszusprechen, aber mit ihrer Frage „Wen liebtest du vor mir?“ lässt Balázs sie den Weg in diese fatale Richtung einschlagen.
Fragen an: Hans Op de Beeck
Musikalische Leitung
Installation, Regie, Kostüme & Licht
Woher kommst du? Ich stamme aus einem nahen Land im Süden, das sich gerne abkapselt, bin aber von Herzen Europäer. Wohin gehst du? Auf eine Reise in Blaubarts Burg. Was versteckst du? Noch verstecke ich meine Interpretation dieser Burg. Worüber lachst du? Über die Witze meiner Kinder. Von wem lebst du? Von der Musik und der Liebe. Wovon träumst du? Von einer aufgeklärten Welt, in der Empathie dominiert und nicht Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz. Wem glaubst du? Ich glaube nicht gerne, ich versuche zu verstehen. Wem vergibst du? Allen, außer den egomanen Autokraten, ihren Mitläufern und den sogenannten Rettern der Nation. Was verlangst du? Offene Ohren, Leidenschaft und Neugierde.
Where do you come from? I have no idea. Where are you going? I don’t want to know yet. What are you hiding? I wish I knew. What makes you laugh? Clumsy things I know, but delivered in an original, surprising way by others. Off whom do you live? Mr Faith. What do you dream of? Illogical situations that feel completely logical during the dream. Whom do you believe? My children. Whom do you forgive? Everyone. What do you ask for? Love and understanding.
Das ehemalige Paketpostamt – Industrieburg für Herzog Blaubart Umgeben von Rosensteinpark und Schlossgarten findet sich bereits auf Stadtplänen von 1923 eine erste Bebauung des Stuttgarter Abstellbahnhofs, der zehn Jahre später in einen Postbahnhof umgewandelt wurde. In der wachsenden Großstadt wurden ab 1979 Bebauungspläne für eine Paketförder- und Postverteilanlage genehmigt, die 1984 im zeitlich charakteristischen Stil eines funktionalen Skelettbaus aus Stahl und Beton mit einer kupferanmutenden kasettenartigen Leichtmetallverkleidung fertiggestellt wurde. 13 Jahre später verkehrten dort die letzten Bahnposten. In diesem architektonischen Relikt der 1980er Jahre wird sich im November Bartóks Herzog Blaubart einmieten. 1923
1989
Anfahrt Ehmannstraße 80 – 82
Lageplan → S. 46
Wie bewusst das aufkommende Medium Film bei der Entstehung von Bartóks Blaubart eine Rolle gespielt hat, lässt sich nur vermuten. Auch wenn sich weder Bartók noch Balázs im Blaubart-Kontext explizit dahingehend geäußert haben, gibt doch der Prolog deutliche Hinweise darauf, dass Balázs den Zuschauer hier nicht nur in die Symbolik und Enigmatik dieses Mysterienspiels, sondern auch in die Welt des gelenkten Blicks einzuführen versucht: „Ihr schaut, ich schaue euch an. / Aufgeschlagen sind die Wimpernvorhänge unserer Augen: / Wo ist die Bühne: außen oder innen? / Das Spiel kann beginnen. / Aufgeschlagen sind die Wimpernvorhänge meiner Augen.“ Was der Film tatsächlich tut, suggerieren Bartók und Balázs quasi prototypisch mit ihren Mitteln. Die frontale Monoperspektive aus dem Zuschauerraum wird untergraben, de facto aber nicht verlassen. Dasselbe gilt für den Bühnenraum: Balázs hinterfragt ihn, bleibt darin aber wohnen. Vorerst zumindest. Ab 1919 wendet er sich dann ganz dem Film zu. Seine Drehbücher werden erfolgreich verfilmt und seine theoretische Schrift „Der sichtbare Mensch oder die Kultur des Films“ (1924) wird zu einem Standardwerk der frühen Filmtheorie. Arnold Schönberg sah im Medium Film einen entscheidenden Grund für das rückläufige Interesse an der Kunstform Oper. Er erklärte die Gattung sogar als obsolet, wenn kein neuer Weg gefunden werde. Das war 1927, zwischen den Kriegen. In der Entstehungszeit des Blaubart, der Zeit, in der Schönberg das Zwölftonsystem zu entwickeln begann, war Film aber noch kein Massenmedium. Einzelne progressive bildende Künstler sahen darin vor allem das Potenzial zum ex pressionistisch orientierten Kunstmedium. Doch die Idee, blitzschnell Blickwinkel und Distanzen zu verändern und vor allem die eigene Perspektive für die eines anderen einzutauschen, öffnete künstlerisch auch neue Möglichkeiten, Empathie zu erleben. In jemanden hin einzuschauen und aus jemandem „herauszuschauen“ war in einer Zeit der aufkommenden Psychoanalyse eine Form von künstlerischer Erfahrung, die nur darauf wartete, erschlossen zu werden. In dieser Aufbruchsphase vor dem Krieg haben Bartók und Balázs mit der Oper Herzog Blaubarts Burg ihren einmaligen und einzigartigen Vorstoß unternommen, die Gattung Oper nicht gegen, sondern entlang neuer visueller Medien und Erzählformen in ein modernes Zeitalter zu überführen.
mit öffentlichen Verkehrsmitteln 9 min zu Fuß vom U-Bahnhof Mineralbäder durch den Rosensteingarten oder 12 min Fußweg vom U-Bahnhof Nordbahnhof mit dem Auto 10 min vom Hauptbahnhof
Quelle: Baurechtsamt Stuttgart
VON BARBARA ECKLE ls Béla Bartók in seinem New Yorker Exil 1943 zu einem seiner letzten und erfolgreichsten Werke anhob, war er todkrank, arm, deprimiert und hatte mit dem Komponieren eigentlich schon abgeschlossen. Als antifaschistisches Statement hatte er 1940 Ungarn freiwillig verlassen. Den Einbruch in seiner Komponistenkarriere nahm er dafür in Kauf; ebenso die Tatsache, dass für seine extensive Sammlung ungarischer und rumänischer Folklore in den USA wissenschaftlich kein Interesse bestand. Die Jahre, die er damit zugebracht hatte, mit seinem Phonographen entlegenste Dörfer abzuwandern und Volksliedgut vor der Vergessenheit zu bewahren, hatten unwillkürlich Spuren in seiner Kompositionshandschrift hinterlassen. Am Ende seines Lebens – und dass dieses bevorstand, war ihm bewusst – blickte Bartók zurück und ließ diese alte Welt und damit auch sein „altes Leben“ im folkloristisch gefärbten Konzert für Orchester aus der Distanz noch einmal Revue passieren. Die Kluft, die sich musikalisch zwischen seinem späten, äußerst erfolgreichen Orchesterwerk und seiner einzigen Oper Herzog Blaubarts Burg von 1911 auftut, lässt den zurückblickenden und den nach vorne blickenden Bartók wie zwei unterschiedliche Personen wirken. Folkloristisches Material ist im Blaubart zwar omnipräsent, steht aber nicht im Vordergrund: Man findet es verstrickt, verwoben, fragmentiert und abstrahiert als Element einer musikalischen Gesamtstruktur, die Bartók hier in den Dienst ganz anderer Ideen und Ziele gestellt hat – Ideen, die den Wandel reflektierten, der sich in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg vollzog. In der Musik hatte das „fin de siècle“ die Ästhetik des 19. Jahrhunderts auf irreversible Weise ins Extrem getrieben, sodass eine Auflösungswelle in sämtlichen musikalischen Parametern unabwendbar war. Polytonale und freitonale Ansätze und der Verzicht auf ein tonales Zentrum, was zur Gleichberechtigung der zwölf Töne führte, waren musikalisch die radikale und logische Konsequenz. Deutlich träger wirkten diese Auflösungstendenzen im Bereich der Oper. Hier stand man seit Wagner im Bann der durchkomponierten Gesamtkunstwerksidee, die sich als integrale Einheit von Text, Musik und Bühne weniger beweglich gegenüber der Evolution der einzelnen Ebenen zeigte. Mit Herzog Blaubarts Burg, 1918 in Budapest uraufgeführt, setzte Bartók einen Typus Oper in die Landschaft, der in dieser Hinsicht präzedenzlos war. Am sichtbarsten be-
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ISSUE No. 1
Herzog Blaubarts Burg
Was versteckst du?
Béla Bartók HERZOG BLAUBARTS BURG Oper in einem Akt Libretto von Béla Balázs Uraufführung 1918 in Budapest in ungarischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Neuproduktion ab 2.11.18 Musikalische Leitung Titus Engel Installation, Regie, Kostüme & Licht Hans Op de Beeck Dramaturgie Barbara Eckle, Julia Schmitt
Herzog Blaubart Falk Struckmann Judith Claudia Mahnke Staatsorchester Stuttgart
2018 Nov
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im Paketpostamt in der Ehmannstraße Koproduktion mit dem Studio Hans Op de Beeck Einführungsmatinee am So, 28.10. im Opernhaus, Foyer I. Rang
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Worum geht’s?
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Herzog Blaubarts Burg U
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Hans Op de Beecks vielgestaltiges Werk bildet die Basis für die Bilddramaturgie der Publikationen der Staatsoper Stuttgart in der Saison 18/19. www.hansopdebeeck.com
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von 2010 adaptiert die perfektionistischen, glatten Welten eines Hollywoodfilms und entführt die Betrachter*innen in die Huis-clos-Innenwelt eines riesigen Luxusdampfers. Anziehung und Widerstand sind auch in diesem Werk die Gefühle, mit denen Op de Beeck den*die Betrachter*in nach einer halben Stunde perfektionistischer, auratischer 3-D-Ästhetik und magischer Musikeinspielung sich selbst überlässt. Seine melancholischen Aquarellzeichnungen schließen den Bogen seines Oeuvres und stellen mit authentischen Strichen die Frage in den Raum, wieviel Kunst und Poesie in unserem Lebensalltag steckt. An dem Märchenstoff von Blaubart und Judith interessiert Hans Op de Beeck die Alltäglichkeit: ein Mann und eine Frau, die sich lieben und irgendwie abstoßen, die nach vielen Fragen und Antworten nicht zueinander finden können. Wie er uns Besucher*innen einfängt, ihm in des Herzogs Burg an der Ehmannstraße zu folgen, und wie er diese Erzählung zum Erfahrungsraum verdichtet, bleibt noch Geheimnis
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stellung Out of the Ordinary im Kunstmusem Wolfsburg 2017 verwandelte er die Museumsräume in eine monumentale nächtliche Stadt, in der es den Besucher*innen fast unmöglich wurde, Kunst aus einer reflektierten Distanz zu betrachten. Man taucht ein in seine fiktiven Welten, die wahre Bühnenräume sind, und wird selbst zum*r Protagonist*in. Allein, die Vorstellungen auf diesen Bühnen scheinen längst vorüber, wie auch in seiner Großinstallation The Collector ’s House im Museum Kunstpalast in Düsseldorf zu erfahren ist: Verlassene Tische, zerwühlte Sofas, Aschenbecher und Teller mit liegengelassenem Obst sind die Spuren in diesen häufig monochromen, betonkalten Räumen, die wie Proust’sche Madeleines individuelle Erinnerungen und Selbstreflexionen verdichten. Seine Filme treiben das Spiel der Wirklichkeitskonstruktionen noch eine Stufe weiter. In Staging Silence I+II, den bekanntesten seiner 16mm-Filme, konstruiert er mit einfachen technischen Mitteln nahezu kitschige modellhafte Sehnsuchtsorte, suggeriert einen allgemeingültigen Schönheitsbegriff, um sie dann peu à peu vor den Augen des*der Betrachters*in wieder zu zerstören und in Frage zu stellen. Reale Hände tauchen am Rand der Leinwand auf und schieben wie Bühnenarbeiter die Illusion einer Idylle zurecht, sphärische Klänge unterstreichen das Zeitlupenspektakel und überblenden die Wahrnehmung des zeitlichen Ablaufs. Es gibt keinen Anfang und kein Ende. Das Filmwerk Sea of Tranquillity
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VON JULIA SCHMITT ie Idee, das hybride Genre Oper mit zeitge nössischen bildenden Künstler*innen zusam menzuführen, um Wahrnehmungsweisen und Spielformen zu erweitern, hat in den letzten Jahrzehn ten eine Vielzahl intensiver Kunsterlebnisse hervorge bracht: Allein im Sommer 2018 tauchten Namen wie Georg Baselitz, Neo Rauch, William Kentridge auf den Spielplänen renommierter Bühnen auf. Häufig stieß die bildende Kunst im Bühnenraum an ihre zweidimen sionale Grenze, aber Bill Viola, Ilya und Emilia Kabakov, Olafur Eliasson, Romeo Castelucci oder bereits vor Jahrzehnten Künstler wie Achim Freyer oder Robert Wilson entwickelten manch einen zum Kult erhobenen Opernabend. In der Staatsoper Stuttgart stellen wir eine solche Kunst-Paarung auf eine neue Probe mit einem Künst ler, der ursprünglich als Schauspieler ausgebildet wur de und sich somit an der Grenze bildender und darstel lender Kunstformen bewegt: Der Belgier Hans Op de Beeck wird Béla Bartóks symbolistisches Werk Herzog Blaubarts Burg im Paketpostamt an der Ehmannstraße site specific installieren und inszenieren. Einer eindeu tigen Kunstform lässt Op de Beeck sich nicht zuschrei ben, er selbst bezeichnet sich als Filmemacher, Maler, Autor, Regisseur, Komponist. Und ebenso ganzheitlich ist die Wahrnehmung seiner Werke. In seiner Einzelaus
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Hans Op de Beeck, Meister der Perspektivwechsel
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Hans Op de Beeck, Location (8), 2012 (Sculptural Installation), mixed media, sound, light, 8 × 30 m, 6 m height
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Judith hat Eltern und Verlobten zurückgelassen, um mit dem berüchtigten Herzog Blaubart auf seiner Burg zu leben. In die dunklen, feuchten Hallen will sie Liebe und Licht bringen, die Schlüssel zu den sieben verschlossenen Türen gibt ihr Blaubart nur widerwillig. Judith ist überwältigt von der Pracht, die sich hinter jeder Tür verbirgt. Als sie überall Blutspuren entdeckt, wird sie allerdings misstrauisch – aber da ist es schon zu spät.
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Gastspiel
Requiem pour L. … oder die Suche nach einem universellen Gefühl für ein neues Ritual der Trauer
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as Requiem, seinem Wesen und seiner Bestimmung nach eine Musik für Begräbnisse und das Totengedenken; ihm gegenübergestellt: Video-Bilder eines sterbenden Menschen. Mit dieser Anordnung wartet Requiem pour L. auf, jüngstes Musiktheaterprojekt des Choreografen und Regisseurs Alain Platel und des Komponisten Fabrizio Cassol. Es ist Ergebnis eines langen Vorbereitungsprozesses, aber auch der Kühnheit, sich die wohl berühmteste Totenmesse der Musikgeschichte – Mozarts Fragment gebliebenes Requiem d-Moll – vorzunehmen und sie gemeinsam mit 14 Musiker*innen und Tänzer*innen aus Europa und Afrika szenisch und musikalisch vollkommen neu zu interpretieren. Die Vielfalt der musikalischen Sprachen und Ausdruckmittel der Beteiligten ist dabei Programm. So musizieren Opernsänger*innen an der Seite von Sänger*innen traditionell geprägter Musik aus dem Kongo, afrikanische Instrumente erklingen gemeinsam mit Akkordeon, Schlagzeug und E-Gitarre. Was diese Aufführung so einzigartig macht, ist die starke Behauptung inniger Gemeinschaft, die alle Mitwirkenden, ob Tänzer*innen, Sänger*innen oder Musiker*innen, miteinander teilen, ihre jeweiligen Begegnungen mit „L.“, jener Frau, deren im Video festgehaltenes Sterben sie begleiten. Das Ergebnis ist keineswegs düster, sondern von bestürzender Menschlichkeit: Momente tröstender Innerlichkeit wechseln sich ab mit expressiven Entladungen von Wut oder Verzweiflung; der Klage einer einzelnen Gesangsstimme, eines a-capella-Ensembles oder eines Instrumental-Solos folgen Tänze der ganzen Gruppe, in denen geteilte Lebensfreude trotzig zum Ausdruck kommt. Über die gemeinsame Suche nach einem heutigen Ritual der Trauer, in dem all die unterschiedlichen Ausdrucksformen Platz finden würden, sprach der Musikjournalist Jean-Pierre Goffin JG für die Staatsoper Stuttgart mit dem Komponisten Fabrizio Cassol FC, dem Bariton Owen Metsileng OM und dem Euphonium-Spieler Niels Van Heertum NVH. Er traf sie anlässlich der belgischen Premiere von Requiem pour L. im Frühjahr diesen Jahres in Brüssel.
Fabrizio Cassol, Requiem pour L. ist nicht Ihre erste Zusammenarbeit mit Alain Platel. Zusammen haben Sie bereits Monteverdis Marienvesper (vsprs, 2006) und Bachs Matthäuspassion (Pitié!, 2008) adaptiert sowie mit Musikern aus dem Kongo das abendländische Barock-Repertoire erkundet (Coup Fatal, 2014). Man darf allerdings vermuten, dass, so wie sie Requiem pour L. angegangen sind, dieses Projekt für Sie und Alain Platel zu einer beispiellosen Erfahrung auf musikalischem und menschlichem Gebiet geworden ist. FC Jeder von uns hatte sehr persönliche Gründe, sich dem Thema Tod auf diese Weise zu nä hern. Es ist für mich schwierig, hier für Alain Platel zu reden, aber die Tatsache, dass er davon immer wieder gesprochen hatte, machte mir klar, dass irgend wann die Zeit reif war, sich diesem Thema über eine Stückentwicklung vollkommen auszuliefern. Mozarts Requiem war dafür das ideale Werk, weil es symbolisch für die Trauermusik des Abendlandes steht. Nicht nur das: Die Tatsache, dass es beim Tod des Komponisten unvollendet blieb, ließ eine wunderbar offene Tür für zeitgenössische Realitäten wie das Multikulturelle und das Bedürfnis, einige unserer Riten zu überdenken. Die Arbeit an der Musik hat mehrere Jahre in Anspruch ge nommen, angefüllt mit Arbeitssessions in Kinshasa, Kapstadt, Cassis und Gent. Wir haben die Partitur die ses Abends in einer leuchtenden, hellen Energie erar beitet und dabei neue, manchmal jubelnde Visionen eingefügt. Zeitgleich ist Alain durch sehr intensive und schmerzhafte Momente des Abschieds von ihm nahe stehenden Menschen gegangen. Die Mitwirkung von „L.“, jener Frau, deren Sterben das Video zeigt, ergab sich wie ein Wunder, sie macht uns ein Geschenk von faszinierender Großzügigkeit. Schritt für Schritt hat sich die Musik mit Alains Visionen verbunden. Er hat die Verbindungen zwischen der Präsenz von „L.“ und jedem der Musiker*innen geknüpft, während er ihnen zugleich ermöglicht, die Natürlichkeit ihrer Körper und ihrer Seelenlagen in einem beispiellosen Bühnenraum auszudrücken. JG
Owen und Niels, wie kamen Sie zu diesem Projekt? OM Als Fabrizio mich wegen des Projektes an sprach, spielte ich in Brüssel gerade die Titel rolle in Brett Baileys Version von Verdis Macbeth. Er meinte: „Ich weiß, dass es für viele Solo-Parts im Requiem eigentlich einen Bass bräuchte, aber ver giss das mal. Du bist es. Ich will dich!“ NvH Ich denke, was Fabrizio in meinem Fall inte ressiert hat, war gar nicht einmal, dass ich Euphonium spiele [Anmerkung der Redaktion: ein dem Horn verwandtes, äußerlich einer Tuba ähnelndes Blechblasinstrument]; ich hätte auch Fa gott spielen können, und es wäre das gleiche gewesen: Für ihn ist die Person, die da spielt, viel wichtiger als das Instrument, dessen sie sich bedient. Er verleiht den Musikern oft auch eigene Bezeichnungen: Der Akkordeonist João Barradas beispielsweise ist der ‚spirit‘, ich dagegen bin der ‚ghost‘ – das Gespenst. Anstatt konkret zu sagen: „Du müsstest an dieser Stel le ein h-Moll spielen!“, legt er das Gewicht viel eher auf eine bestimmte Rolle, die er dem Instrument zu schreibt. JG
Mozarts Requiem blieb unvollendet und wurde nach dem Tod des Komponisten von Joseph Eybler und Franz Xaver Süßmayr vervollständigt. Einige dieser hinzugefügten Teile haben Sie gestrichen, andere umgeschrieben oder durch neukomponierte Passagen ergänzt. Was hat Sie bei der Suche nach neuen Formen geleitet? FC Ich bin vom Autographen Mozarts ausgegangen, weil man darin die unterschiedlichen Handschriften sehr klar identifizieren kann. Ich fragte mich, was wohl passieren würde, wenn man die fremden Hinzufügungen durch andere Einflüsse ersetzen würde? In Mozarts Requiem ist alles um ein Vokalquartett herum konstruiert: Bass, Tenor, Alt und Sopran; und das mit der Unerbittlichkeit eines Quadrats, sodass alles sehr geschlossen daherkommt. Durch die Entscheidung für Terzette – drei Opernsänger*innen, drei nicht-klassische Sänger*innen, ein Harmonietrio, drei Likembes [Musikinstrument, bei dem Me talllamellen mit den Daumen angezupft werden], konnten wir zugleich sehr vollständig sein und doch wieder nicht ganz so vollständig, um nicht auch noch andere Inspirationsquellen integrieren zu können. Es war eine Arbeit wie am Webstuhl. JG
In Mozarts Requiem ist alles um ein Vokalquartett herum konstruiert: Bass, Tenor, Alt und Sopran; und das mit der Unerbittlichkeit eines Quadrats, sodass alles sehr geschlossen daherkommt. Es ist die Stärke von Alain und Fabrizio, die Dinge auf jedem einzelnen Gebiet voranzutreiben. Das Vorhandensein der Likembe zum Beispiel ist wichtig – ein Instrument, das man in der westlichen Welt nicht kennt, und das auch in Afrika kaum noch eingesetzt wird, außer eben in der traditionellen Musik. Fabrizio hat daher viele Stunden mit den betreffenden Leuten gearbeitet, die nun halt – wie viele der traditionellen Musiker – keine Noten lesen. Sie haben ihren Part nur über das Gehör gelernt. FC Es war tatsächlich manchmal ziemlich verunsichernd für die afrikanischen Musiker, die von der traditionellen Musik her kommen, weil bestimmte Harmonievorstellungen ihnen fremd sind und sie sich daher diese Konzepte erst nutzbar machen mussten, bevor sie sich wohl fühlten und ihrerseits Vorschläge einbrachten. OM
Owen, Sie kommen aus Südafrika, inwiefern unterscheidet sich die Totenfeier in einem westlichen Requiem von der afrikanischen Tradition? OM Es gibt nicht eine, sondern viele afrikanische Kulturen. Sie müssen sich nur einmal vor Augen halten, dass es allein in meinem Land Südafrika elf verschiedene Amtssprachen gibt! In unserer bestimmten Partikulärkultur jedenfalls begehen wir die Dinge anders, da bestehen deutliche Unterschiede zur JG
westeuropäischen Kultur. Beispielsweise werden bei Ihnen die Leute, die an der Trauerfeier teilnehmen sollen, explizit eingeladen. Bei uns hingegen betrifft so etwas stets die ganze Gemeinschaft. Je nachdem wird dann getanzt, gesungen … Der Kummer kann sich bei uns sowohl in unverhohlener Trauer als auch auf fröhlichere Weise ausdrücken: Du kannst traurig sein und dabei singen, verärgert sein und den Ärger singen … Jemandes Leben durch den Gesang zu feiern, ist wie eine Therapie, es kann heilen. Wenn ich begraben werde und die Leute wissen, dass ich gern gesungen habe, werden sie den ganzen Tag und die ganze Nacht hindurch singen. Es ist eine Art, einem Menschen Respekt zu zollen. NvH Nun wird ja auch bei uns zu jedem Begräbnis Musik gespielt. Was mir aber an Owens Worten gerade zu denken gibt: dass wir ja wirklich diese Tendenz haben, so ganz verallgemeinernd von ‚Afrika‘ zu sprechen! Ich will damit sagen, wenn wir uns von Portugal nach Polen begeben, da sagen wir doch auch nicht einfach: ‚Europäische Kultur‘! Wir nennen es ‚portugiesische Kultur‘ und ‚polnische Kultur‘. Ebensolche Unterschiede finden wir in Afrika: Vergleichen Sie einmal Südafrika, Mali, den Kongo, Marokko … FC Bei einem solchen Projekt müssen wir alle uns diese unterschiedlichen kulturellen Konzepte erschließen und sie auf eine Weise in Dialog bringen, dass allen Seiten daraus neues Potenzial erwächst. Westliche Musiker mit einer klassischen Ausbildung sind durchaus in der Lage, jede mögliche schriftlich fixierte Musik zu spielen, sogar solche, die sie nicht mögen. Mit einem anderen Typus von Musikern funktioniert das nicht. Für sie ist es notwendig, die Sachen zu erfühlen, Schicht um Schicht vorzudringen; nach Kapstadt zu fahren, um sich eine Sache zu erarbeiten, dann nach Kinshasa, um zu sehen, was sich dort dazu gewinnen lässt.
Bei einem solchen Projekt müssen wir alle uns diese unterschiedlichen kulturellen Konzepte erschließen und sie in Dialog bringen. Die Mitwirkung afrikanischer Musiker*innen und Sänger*innen lässt vermuten, dass dieser Kontinent Sie sehr inspiriert hat? FC Es geht nicht um eine geografisch verortbare Musik. Hätten wir kubanische Musiker eingesetzt, hätte irgendwer gesagt: Aha, kubanische Musik. Aber diese Musik ist ja nicht österreichisch, weil es Mozart ist, sie ist nicht belgisch, weil es Cassol ist, sie ist auch nicht afrikanisch, nur weil die Sänger*innen Afrikaner sind. Für mich ist die Persönlichkeit der Leute ausschlaggebend: Wenn eine bestimmte Person für die Konzeption des Projektes passt, dann ist es nicht in erster Linie entscheidend, woher sie kommt und welches Instrument sie spielt. Trotzdem bestimmt beides natürlich die Zusammensetzung des Ensembles und die Art, wie man gemeinsam musiziert. Unsere Aufgabe bestand auch darin, mit all diesen feelings, diesen so gar nicht westlichen Auffassungen von Musik auf eine Weise umzugehen, dass sich in ihnen Andockstellen für sämtliche mozartschen Zutaten aufzeigen ließen, um so letztlich unsere eigene Musikgeschichte fortschreiben zu können. Das Akkordeon steuert einen Harmoniebegriff bei, den es in dieser Form in Afrika nicht gibt; aber dieses Requiem funktioniert tatsächlich mit beidem! Würde man diesen Harmoniebegriff streichen, bräche man sogar wichtige Brücken ab; das Ganze würde an Kraft verlieren. Musik ist eine Art und Weise, mit seinem Körper in Schwingung zu geraten. JG
Owen und Niels, wie viele Freiheiten sind Ihnen innerhalb dieser Neukomposition des Requiems erlaubt? NvH Der chronologische Ablauf, etwa die Aufteilung in musikalische und tänzerische Parts – das ist schon alles genau festgelegt. Aber innerhalb dieses Rahmens ergeben sich allabendlich Gelegenheiten, an denen dann jeder von uns seinen eigenen Weg einschlägt und kreativ sein kann. Manche Teile, etwa das einleitende Akkordeonspiel, sind improvisiert. Diese Einleitung gibt es zwar in jeder Vorstellung und immer lässt sie bereits die Themen des Kommenden anklingen. Dennoch ist sie improvisiert. OM Bei meinem Gesangspart ist alles sehr festgelegt, aber eben nicht hundertprozentig. Ganz am Anfang etwa hören Sie ein bisschen Gospel, und wie ich das dann interpretiere, entwickelt sich einigermaßen frei. Ich bin als Musiker sehr flexibel, wenn ich auf der Bühne stehe, sowohl musikalisch als auch menschlich. Ich liebe diese Herausforderung. NvH Wir alle suchen nach neuen Wegen, auf denen die Dinge sich weiterentwickeln können. Fälschlicherweise denken die Leute ja oft, wir klassischen Musiker*innen trügen nur ständig die immer gleichen Sachen vor. Aber bereits die Art und Weise, wie unsere drei vom klassischen Gesang her kommenden Sänger*innen die gesungenen Worte interpretieren, ist bei allen Dreien sehr unterschiedlich. Bei allen Vieren, um genau zu sein, denn der Countertenor ist doppelt besetzt. Das Improvisieren der Sänger*innen ist aber auch davon abhängig, wie die anderen auf der Bühne agieren, von unseren Beziehungen zueinander – während der Aufführung und davor. OM Ebenso charakteristisch für dieses Projekt ist die tatsächliche Verbindung, die zwischen uns existiert, und zwar vor, während und nach der Aufführung. Das geht über eine Beziehung zwischen Künstler*innen weit hinaus und betrifft das komplette Team. All das wirkt sich sichtbar auf die Interpretation aus, und das ist großartig. Es sind erst zwei Jahre, seit ich dazugestoßen bin. Und doch habe ich ein bisschen das Gefühl, als stammten wir alle von den gleichen Eltern ab. JG
„Spielt nicht fürs Publikum! Ihr habt gewisse Dinge unter euch auszumachen. Nur dann, wenn ihr das tut, schöpft die Sache Kraft.“ Die Arbeit an diesem Stück ist also hauptsächlich eine intensive Auseinandersetzung mit Emotion? FC Das ist absolut grundlegend in allem was ich tue: Man muss eine emotionale Architektur vermitteln können! Mozarts Requiem erfüllt die formalen Anforderungen der katholischen Totenmesse. Es ist die Musik einer Gemeinschaft, einer Menge, innerhalb der die wenigen Solist*innen von sich selbst nicht das Geringste preisgeben; vom Anfang bis zum Schluss gehorchen sie einer reinen Erzählfunktion. Sobald wir allerdings „L.“ ins Spiel bringen, diese Frau, deren Sterben die Kamera begleitet, müssen wir eine neue Art Zeremonie entwerfen. Die starke Wirkung der geschlossenen Gruppe musste natürlich erhalten bleiben, während wir andererseits unser besonderes Augenmerk darauf richteten, dass die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Mitwirkenden sich ausdrücken können, dass sie sich auf ihre jeweils eigene, intime Weise „L.“ zuwenden können. Alle Künstler*innen sind ja auf der Suche nach Wahrhaftigkeit, das darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Was „L.“ angeht – es sind ihre letzten Augenblicke, die wir mit ihr teilen. Sie macht sie uns zum Geschenk. Bei allem, was wir tun, müssen wir uns dieser Tatsache völlig bewusst bleiben, wir stehen da einer sehr ausdrucksstark vermittelten Wahrheit gegenüber. Alain Platel schafft es immer wieder, solche Dinge an die Oberfläche zu zerren. Und jedes Mal bin ich erneut beeindruckt, wenn er sagt: „Spielt nicht fürs Publikum! Ihr habt gewisse Dinge unter euch auszumachen. Nur wenn ihr das tut, schöpft die Sache Kraft, und dann bekommt das Publikum den Eindruck, mit und um „L.“ herum zu sein, als wäre es ihre Familie im Moment ihres Fortgehens.“ JG
Aus dem Französischen von Fränk Heller.
Jean-Pierre Goffin verfasst Interviews, Berichte und Kritiken für die Tageszeitung „L’Avenir“ und für „Larsen“, das Magazin des Musikrates der Föderation WallonieBrüssel sowie für verschiedene OnlineZeitungen über Musik und Jazz in Belgien, Frankreich und Großbritannien. Er ist zudem Mitglied des Beirats für nicht-klassische Musik am belgischen Kulturministerium.
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ISSUE No. 1
Requiem pour L.
Fragen an: Alain Platel Regie & Bühne Requiem pour L. 2003 hat Alain Platel für das Programmheft der Produktion Wolf (siehe den Text von Viktor Schoner auf dieser Seite) einen Fragebogen beantwortet. Auch damals beschäftigte er sich mit der Gedankenwelt und der Musik von Mozart. Die Fragen und Antworten sind auch im Kontext zu Requiem pour L. so spannend, dass wir sie hier noch einmal abdrucken.
Fabrizio Cassol & Alain Platel
Wohin gehst du?
REQUIEM POUR L. Nach dem Requiem in d-Moll KV 626 von Wolfgang Amadeus Mozart
Gastspiel ab 31.10.18 Musikalische Leitung Rodriguez Vangama Regie & Bühne Alain Platel Kostüme Dorine Demuynck Video Simon Van Rompay Kamera Natan Rosseel Licht Carlo Bourguignon Dramaturgie Hildegard De Vuyst
Welchem Engel sind Sie zuletzt begegnet? Auf diese Erfahrung warte ich immer noch. Ich warte schon seit Jahren darauf. Hin und wieder dachte ich schon, mir wäre einer begegnet … Was bedeutet Sentimentalität für Ihre Kunst? Wenn ich im Probenraum auf etwas stoße, das mich berührt, möchte ich es wiederholen. Und wenn sich dieser Eindruck auch beim dritten Mal in Folge noch einstellt, wird das Element in die Performance eingegliedert. Wie wichtig ist Ihnen Glaube? Immer, wenn ich darüber nachdenke, schwindet mir jegliche religiöse Hoffnung. Welche Utopien bestimmen Ihr Leben? Das Bestreben, während der Schaffensphase die menschliche Harmonie zu wahren. Ihr einprägsamstes Erlebnis von Initiation? Alle ersten sexuellen Erfahrungen. Was sind Ihre Erfahrungen mit Askese? Nachdem ich Franco Zefirellis Film über das Leben des Heiligen Franz von Assisi gesehen hatte – ich war damals gerade 16 – habe ich zu Gott gebetet, er möge mir ein ähnlich asketisches und religiöses Leben schenken. Was kann Krieg? Einen kurzen Moment tiefen Schlafs, damit wir nach dem Aufwachen mit der gleichen Begeisterung einen neuen Krieg anzetteln. Warum spielen wir immer wieder die alten Werke? Weil wir uns davon überzeugen möchten, dass es das Gestern wirklich gegeben hat. Welches ist Ihr Lieblingslied/-song/-arie? „Den Tod niemand zwingen kunnt “ von Johann Sebastian Bach.
Gitarre, E-Bass Rodriguez Vangama Vocals Boule Mpanya, Fredy Massamba, Russell Tshiebua Klassischer Gesang Nobulumko Mngxekeza, Owen Metsileng, Stephen Diaz/ Rodrigo Ferreira Akkordeon Joao Barradas E-Gitarre Kojack Kossakamvwe Euphonium Niels Van Heertum Likembe Bouton Kalanda, Erick Ngoya, Silva Makengo Percussion Michel Seba
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Eine Produktion von Les ballets C de la B, Festival de Marseille und den Berliner Festspielen Einführungsmatinee am So, 21.10. im Opernhaus, Foyer I. Rang
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Produktionsfotos: © Chris Van der Burght
—L E— B E N S— W E G E Wenn Lohengrin, der „Held“ der ersten Premiere der Saison 18/19, mit seinem Nachen die „Aue am Ufer der Schelde“ in Antwerpen erreicht, findet er sich nicht nur in einer der reichsten Kulturregionen des 11. Jahrhunderts wieder, sondern auch in einem Gebiet, das in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts die Heimat besonderer Theatermacher*innen und -formen war. Es gab dort eine ungewöhnliche Dichte an Neugierde, die damals junge Theatertruppen – oft fernab der erwartbaren Metropolen – ausgezeichnet hat bei der Auseinandersetzung mit durchaus klassischen Stoffen, kombiniert mit der Suche nach ungewöhnlichen Formen: Johan Simons ging mit seiner Compagnie ZT Hollandia in die Gewächshäuser im Umfeld von Eindhoven, um die griechischen Tragödien zu inszenieren, Luk Perceval und Ivo van Hove realisierten Projekte mit ihren Mitstreiter*innen, die durch ihre Unabhängigkeit von klassischen Institutionen die Grenzen der Genres Theater, Musiktheater, Konzert, Oper nicht aufbrechen mussten – es gab sie erst gar nicht, da die beteiligten Künstler*innen sie nicht spürten. Bei aller ästhetischen Vielfalt und Offenheit verband diese Theatermacher*innen wieder einmal der enthusiastische Versuch, Theater nicht für „Eliten“ oder „Wissende“ zu machen, sondern für jeden citoyen unserer Gesellschaft. ZE I T S PRU N G ↦ Nach meinem Studium war meine erste Arbeitsstelle im Jahre 2001 die des „Persönlichen Referenten des Intendanten der Salzburger Festspiele“. Gerard Mortier, der von 1991 bis 2001 Intendant dieses in Eigendefinition wichtigsten Festivals der Oper, des Konzerts und des Theaters war, hatte ich bei einem Vortrag in Berlin schon Jahre zuvor kennengelernt, und er lud konsequent eine von mir organisierte Gruppe von Studierenden nach Salzburg ein, bevor er mir dann diese Stelle anbot. Über die Frage, wann ein Festival sich als das „Wichtigste“ bezeichnen dürfe, lässt sich bekanntlich streiten. Allein: In meiner subjektiven Wahrnehmung gab es gar keinen Zweifel, dass das alles seine Richtigkeit hatte und die Tatsache, dass mir in meiner ersten Arbeitswoche (der Chef war auf Reisen) nicht nur Dirigenten wie Lorin Maazel, Kent Nagano, Valery Gergiev, Sylvain Cambreling und Riccardo Muti begegneten, sondern auch Legenden wir Jessye Norman, Thomas Hampson und Maurizio Pollini über den Weg liefen, war für mich damals Beweis genug. Soviel zum sogenannten „Glamour”. Inhaltlich aufregend wurde es allerdings, als Gerard Mortier mich mit der ihm eigenen Begeisterung mit dem Theaterprogramm seines Intendantenkolle-
gen Frank Baumbauer bekanntmachte. Und siehe da: Die unkonventionelle Theaterfamilie aus BeNeLux war vor Ort und realisierte – im Festspielmekka angekommen – ihre offenen Formen und projektartigen Theaterabende. Schlachten von Luk Perceval mit zehn Stunden Shakespeare-Rosenkriegen ist legendär. Johan Simons kam mit Fall der Götter nach Viscontis Film Die Verdammten. Der jüngste dieser Truppe war ein sehr schüchterner Mann mit Lockenschopf: Alain Platel. Er hatte sich sein ganzes Leben mit Theater beschäftigt, mit Tanz und Choreografie, aber auch viel mit Menschen mit Behinderung gearbeitet, in Krankenhäusern, als Orthopädagoge. Der damals vierzigjährige Mann aus Gent war also nach Salzburg gekommen, um mit seinem sozialkritischen Projekt Allemaal Indiaan die Festspiele 2001 zu eröffnen. Ein umstrittener Abend! Fünf Wochen später kam er nochmals zu Besuch nach Salzburg, um Christoph Marthalers Produktion Le Nozze di Figaro unter der musikalischen Leitung von Sylvain Cambreling zu sehen – und um mit Gerard Mortier zu sprechen: über die Zukunft, über weitere Projekte und Zusammenarbeiten. Und es wurde mir bei genau diesem Gespräch zwischen dem Intendanten der Salzburger Festspiele, der inzwischen die erste Ruhrtriennale plante, und diesem schüchternen Künstler sehr präzise gezeigt, wie eine gegenseitig inspirierende Arbeit möglich ist im Theater. Anders als das Klischee vielleicht erwarten würde: Der Intendant buhlte um die Gunst des Künstlers, nicht umgekehrt! ZE I T S PRU N G ↦ Am 3. Mai 2003 war Premiere in Duisburg bei der Ruhrtriennale; ich war nun dort als Referent des Intendanten Mortier dabei. Wolf – ein musiktheatralischer Abend mit Tänzerpersönlichkeiten, die Alain Platel auf der ganzen Welt gefunden hatte und die sich also in einem Probenraum in Gent über acht Monate ergebnisoffen, dialogisch, improvisierend, persönlich und gemeinsam mit Mozart und seiner Musik ausein andergesetzt hatten. Die musikalische Leitung hatte Sylvain Cambreling, als Orchester war das Klangforum Wien engagiert, drei Sängerinnen waren involviert – und acht Hunde. Ein grandioser Abend über Abschied, Freude, Heimat, Nation, formellen Tanz, Eifersucht … Dieses Projekt ging daraufhin auf ausführliche Tournee und hat uns über Jahre emotional begleitet, bis es an der Pariser Oper – wiederum unter Leitung des Intendanten Gerard Mortier und organisiert von mir, der ich inzwischen dort „Directeur de la coordination artistique” war – im Palais Garnier im Sommer 2006
zum Abschluss kam. Aufgrund der Tradition des Ortes und der offenen Form wieder ein umstrittener Abend. Seither hat Alain Platel zahlreiche Projekte realisiert; auf Basis der Musik von Johann Sebastian Bach, von Gustav Mahler, vermehrt mit seinem musikalischen Partner Fabrizio Cassol, an den Münchner Kammerspielen, an der inzwischen von Gerard Mortier geleiteten Oper von Madrid ein Projekt zu Chören von Verdi und Wagner. Immer der Musik vertrauend, ohne Genregrenzen zu akzeptieren. ZE I T S PRU N G ↦ Als ich im Februar 2016 das Angebot bekam, als Intendant an der Staatsoper Stuttgart zu arbeiten, war einer meiner ersten Anrufe bei Alain Platel. Sein Spirit, sein offenes Ohr für Kunst-Musik, sein Blick auf unsere Gesellschaft, sein tiefer Humanismus war mir wichtiger Bestandteil meiner dramaturgischen Grundgedanken für dieses Haus. Ähnlich wie die Künstlergedanken von Peter Sellars, Árpád Schilling, Peter Brook. Gerard Mortier als unser Bindeglied war inzwischen verstorben – Alain Platel hatte die letzten Wochen sehr eng mit ihm erlebt. Ob es hier einen kausalen Zusammenhang gibt oder nicht, werden wir nie erfahren, aber Alain Platel hatte sich vorgenommen, sich mit einem Requiem auseinanderzusetzen. Mit dem genuinen Requiem- Fragment von Wolfgang Amadeus Mozart. ZE I T S PRU N G ↦ Entstanden ist ein Musiktheaterabend, der sich mit dem Tod beschäftigt – ganz konkret sieht man auf einem eingespielten Video eine Frau, die mit dem Tod ringt; 14 Musiker*innen, die meisten von ihnen aus Afrika stammend, unter anderem Opern- und Jazzsänger*innen, ein Percussionist, ein Akkordeonist, die das Leben feiern … und diese wunderbare Musik von Mozart. Ein lebensfroher, nachdenklicher, trauriger, freudiger, fremder und gleichzeitig vertrauter Abend. Wie geschaffen für die ersten Novembertage im Umfeld der Totengedenktage. Unser Dramaturg Miron Hakenbeck schreibt im Jahres-Programm anlässlich der Frage „Wohin gehst du?“: „Den Weg, nach dem hier gefragt wird, schlägt jeder für sich ein. Angesichts des Todes formt sich ein ,wir’ eher unter denen, die zurückbleiben und versuchen, dem Verlust Ausdruck zu verleihen.“
Wie jedes seiner Werke scheint auch Mozarts Requiem menschliche Gefühle auf universelle Weise auszudrücken. Doch warum spricht uns diese Musik heute noch aus dem Herzen? Und gelingt ihr das überall auf der Welt? Das zu erkunden, haben vierzehn Musiker*innen, Tänzer*innen und Sänger*innen aus verschiedenen Ländern Europas und Afrikas die berühmte Totenmesse remixed, indem sie auf Mozart mit den ganz unterschiedlichen Gesten und Klängen antworten, die ihre jeweilige Kultur angesichts des Todes bereithält.
Requiem pour L.
Viktor Schoner über seine Begegnungen mit Alain Platel
Worum geht’s?
Ich freue mich persönlich sehr darauf, dieses Requiem pour L. gemeinsam zu feiern!
requiem für eine lebensform? oder: übrig übrigens Schnelle Mitteilung an einen Freund:
„Was ich übrigens einsteigend schreiben will, für die Oper in Stuttgart – es geht um Mozarts Requiem – ist übrig.“ Mitteilung syntaktischen Schiffbruchs? Zuschauerheischend. Funny Haha! (Das geht auf Rechnung des möglichen Abdrucks in einem Programmheft, verdoppelt die Referenz, schafft so erwünschte Polyvalenz: Irgendwie Metapher, irgendwie Referenz.) Ein versprochener Text lässt Zeit dringlich werden. Der Text soll von der Repräsentierbarkeit des Todes handeln, also der Frage nachgehen, ob und wie religiöse, staatliche oder künstlerische Mittel es erlauben, dem „absoluten Herren“ (G. W. F. Hegel), dem Tod, ein Gesicht zu verleihen.
„Ich lese „Naturgeschichte“ (…) als (Walter) Benjamins Begriff für jene „dritte Dimension“ der menschlichen Existenz, die sowohl über das Natürliche als auch das Kulturell-Geschichtliche hinausgeht (…) Naturgeschichte bedeutet hier weniger, dass auch die Natur Geschichte hat oder dass Menschen als geschichtlich Handelnde auch Teil der Natur sind, sondern vielmehr dass Lebensformen auch „sterblich“ sind, auch zu Staub – der Indifferenz der Materie – werden und so selbst anfällig für Todesangst sind. (…) die Toten tot sein zu lassen. (…) In einer Lebensform zu existieren, über das bloße Leben (zōe) hinauszugehen, heißt, einer anderen Dimension des Todes unterworfen zu sein: des Todes der Form oder des Rahmens – der Lebenswelt – der eigenen „zweiten Natur“. (…) Daraus ergibt sich, (…), dass der Tod oder die Schwäche der Lebensform oder Tradition, in der man lebt, die Möglichkeit eines symbolischen Todes zunichte macht.
fast Frühsommer 2018, zeitlich fast Stuttgart, gedanklich
Text: Felix Ensslin
Aus Eric L. Santner, Was vom König übrigblieb, Turia und Kant, 2015
Aichach im schwäbischen Bayern. Grenze. Krankenhaus. Dort ist meine Pflegemutter in den letzten Tagen ihres Lebens eingebettet worden; vielleicht, weil eine ihrer als Ärztin dort beschäftigten Töchter sich durch die Todesnähe aufgerufen, angerufen fühlte. Aufgabe: palliative Pflege der von Schmerzen Geplagten.
Mein Unbehagen:
Nachdem sie, und damit wir, also die Familie (…) in den Tagen davor von ihr, also von der Sterbenden durch Versammlung um das Krankenbett Abschied genommen hatten, lag sie nun wächsern im Bett.
Abschied:
Euphemismus für die Unerträglichkeit des ritualisiert erträglich Scheinenden. Die Frage des mit dem Krankenhaus regelhaft und lukrativ verbundenen Bestatters, ob man die „Leich“ vor der Überführung in ihre schwäbische Heimat „herrichten“ solle, wurde mit klarer Diktion von einer dort damals beschäftigten Krankenschwester als ungebührlich abgewiesen; ihrerseits jedenfalls antwortet mit einer wohl simulierten ärztlich-töchterlichen Souveränität die jetzt todesmäßig zuständige Schwester: „Der Tod soll aussehen wie der Tod!“ Keine Schminke. Klarheit im Sprechakt, Klarheit in der Repräsentation? Zwei Tage später lag die Verschiedene, beruflich zu Lebzeiten als evangelische Kirchenmusikerin engagiert, mit einem Rosenkranz zwischen den milchig-weichen Fingern weiter weg, das heißt, aufgebahrt im dafür vorgesehenen „Leichenraum“, am Rande des Friedhofs von Undingen. Die Prozession der Vielen. Also der Menschen. Meinten sie Abschied zu nehmen im verharrenden Vorbeigang? Scheinbar ermöglichen sie Sichtbarkeit des Absoluten, damit – paradox, oder? – Registrierung, also Geschichte, Nennbarkeit, sowas eben.
Kurze Zweifel:
Wie genau sagen wir eigentlich: Wahrnehmung, also aisthesis? Noch mehr angesichts des Absoluten. „Ein (…) Text.“ Richtiger wäre möglich; möglicherweise richtig: Damals ein; jetzt dieser Text. Wäre er dann schon fassbar im Jetzt des Momentes, also des Lesens?
Schreibend hinterließ ich:
Damals jedenfalls, in jenem Jetzt des immer erneut und verspätet beginnenden Schreibens, war keine Zeit mehr übrig, um das im losen Umgang geschäftlicher Alltäglichkeit gegebene Versprechen zu halten. Jetzt wird der Text im Übrigen geschrieben – d. h. in einer Zeit jenseits vorgegebener Maße, als Übriges.
Nach dem Abitur bin ich nach New York gezogen; heimgeholt ohne Ort und Ziel durch die Repräsentation des Todes: Ausstellung „Zyklus 18. Oktober 1977“ von Gerhard Richter in der Galerie der New York University. Entzogenes entziehend hatte er sein Werk verkauft; gezeigt wurde es nicht Uptown, wo es bezahlt wurde, sondern Downtown, wo es sich repräsentieren konnte. Später las ich: „Politpornographie“ (Klaus Theweleit); also das soll das Werk gewesen sein. Darstellung eines Endes jedenfalls; vermutlich des Endes – der gewordenen Unmöglichkeit der Historienmalerei. Des Öfteren ist in Zeitungen zu lesen: Menschen lassen sich heutzutage nicht mehr richtig beerdigen. Sie wählen sich selbst im Jenseits als Asche, im Stand der Anonymität. Das Ich, lehrt Freud, kann seinen Tod unmöglich denken, denn jede Vorstellung des eigenen Todes richtet einen Blick auf die Szene des Sterbens, vielleicht auch der Beerdigung. Letztlich stellt sich für das diese unmögliche Szene vorstellende eine Repräsentation sehr lebendiger, wenn vielleicht unbewusster Affektrelationen für Andere dar, inszeniert im Übergang eigener Lebendigkeit zu eigener Materialität. Im Blick wird so das Ich Trauerobjekt seiner selbst, im vorgestellten Spiegel der Zeugen dieser unmöglichen phantasmatischen Szene.
Fundamentalismus:
Epigraph: „Auf! Auf. Zur Grube Ruf ich Euch, Ich, die oben steht, so oft ihr in die Tiefe fahrt, so Denncket in die Höh!“ Spruch auf einer Glocke, die Bergleute zur Schicht rief
Hamlet ist so der erste, der kein Requiem singen kann. Er kann es umso weniger, je mehr er es versucht, um des Verstorbenen willens, also Jenem, der gerade darum für ihn zählt, weil er in deutbarer, zu lesender Weise Aufträge verteilt. An Hinterbliebene. An Hamlet. Er zählt für Hamlet, weil er nicht selbstverständlich, dem Selbst nicht verständlich ist, sondern durch seine Anrufung Hamlet sein Selbst zur Frage macht. Oberflächlich liegt das am Verbrechen, am something, das rotten ist in Dänemark. Wenn wir ihn ernsthaft lesen – und wie könnten wir anders als ernsthaft lesen? –, ihn also als den Kanarienvogel verstehen, der anachronistisch lange vor der Zeit, ebenjener Zeit, die seither out of joint ist, in das Bergwerk unserer Gegenwart flog, dann müssen wir ihn auch verstehen als einen Menschen, der die Armut der Erfahrung in aller Konsequenz erlebt hat. Der also die Unmöglichkeit erlebt hat, von Generation zu Generation irgendeinen wesentlichen Index zu vermitteln, weder dafür, was die Antworten auf die wesentlichen Fragen sind, noch dafür, was die wesentlichen Fragen wirklich sind.
Vatergespenst, dem eilend oder vorläufig, irgendwie auf jeden Fall, eine Antwort gegeben wird, versuchsweise:
Ay, thou poor ghost, while memory holds seat In this distracted globe. Remember thee! Yea, from the table of my memory I’ll wipe away all trivial fond records, all saws of books, all forms, all pressures past, that youth and observation copied there. Hamlet, Akt 1, Szene 3
To be or not to be:
Als Kanarienvogel der aus den Fugen geratenen Zeit nimmt Hamlet in diesen Zeilen die Konsequenz dessen vorweg, was Walter Benjamin später die Armut der Erfahrung nennen wird. Kapitalismus und Moderne, Massenkriege und technologisches Fortschreiten machen die Übergabe von Weisheit, also von für die Alltagsbewältigung relevantem Wissen, von einer Generation zur anderen unmöglich. Wenn die Toten nicht mehr lebendig ihren Platz einnehmen können, was ja nur heißen kann, in der Wirksamkeit einer Lebensform – sagen wir verkürzt: einer Kultur geteilter und konstanter Erfahrung –, dann werden sie zu gespenstischen Herolden, die missverständlich und polyvalent Anrufungen hörbar zu machen scheinen. Anrufungen, die paradoxerweise ambivalent sind, und dennoch zu eindeutiger und die eigene Identität vereinheitlichender Gefolgschaft aufrufen, aufzurufen scheinen. Aufträge, als Vermittler zwischen vergangenen und zukünftigen Generationen zu wirken, ergehen durch gespenstische Anrufung und reflektieren sich durch ihre Uneindeutigkeit, letztlich in ihrer notwendigen Lesbarkeit und nehmen so Einzug in ein umso ungewisseres, fragileres Ich. Dieses kann nur noch mit Melancholie oder dem Größenwahn der Selbstverwirklichung antworten.
In dieser Armut der Erfahrung, jenseits aller forms und aller pressures, will das Individuum alles nur buchstäblich Erlernte, all trivial fond records, all saws of books, all forms, all pressures past von sich weisen, um dem Gespenstischen, das aufzutragen scheint, zu folgen. Diese Anforderung der Selbstversicherung, in Abwesenheit jeder durch eine Lebensform dargebotenen und daher selbstverständlichen Form, sprengt die Fesseln der Tradition – und konfrontiert Individuen mit dem Mangel an Identität im Kern ihrer eigenen Existenz.
6:20:
„attributiv: (…) „häufig mit dem nebensinn‚ das rechte masz übersteigend, zu viel, schädlich‘: für faul fleisch, das in der nasen wächszt: bestreich solch uberig fleisch mit ...“
Emma Gonzáles, eine Schülerin, die im Februar 2018 miterleben musste, wie 16 ihrer Mitschülerinnen / Mitschüler von der Stoneman Douglas High School in Parkland in den USA von einem gun man erschossen wurden, und die seither mit anderen, die dieses Schicksal mit ihr teilen, eine Bewegung gegen die Macht der Waffenlobby in der amerikanischen Politik anführt, war Ende März eine der Hauptrednerinnen bei einem Protestmarsch in Washington, an dem über eine Million Menschen teilnahmen. Eine Journalistin beschrieb im Magazin The Atlantic, wie sie die Rede der HighschoolSchülerin in Gesellschaft einer ihrer Lehrerinnen erlebte. Nachdem Emma Gonzáles die Namen aller bei dem Gemetzel Getöteten vorgetragen hatte, fuhr sie in ihrem Vortrag nicht weiter fort. Die Journalistin beschreibt in ihrem Bericht, wie die Lehrerin der Parkland Schüler in diesem Moment verzweifelt, sich Vorwürfe macht und davon spricht, dass die jungen Menschen von der politischen Aufgabe, die sie übernommen haben, doch letztlich überfordert seien, und dass auch niemand von ihnen verlangen sollte, diese Aufgabe zu übernehmen. Nachdem die hunderttausenden Menschen, die sich für die Demonstration in der historischen Mall in Washington versammelt hatten, immer unruhiger wurden, obwohl sie die Stille, die von Emma Gonzáles ausging, nicht wirklich durchbrachen, fing die junge Aktivistin plötzlich an zu sprechen: „Es sind 6 Minuten und 20 Sekunden vergangen, seit ich aufgehört habe zu sprechen. Genauso lange dauerte das Massaker an meiner Schule.“
„(…) gegen auszerdem in der bedeutung abgegrenzt: ‚auszerdem deutet blosz an, dasz das hinzukommende ... etwas anderes, etwas neues sey ... es läszt aber völlig dahin gestellt, ob dies alles sey, was sich noch hinzusetzen lasse, oder nicht. diesen begriff, dasz es alles sey, schlieszt übrigens ein.“ Aus Grimms Wörterbuch, dort: von Maasz-Eberhard synonymik 5, 185
Hans Op de Beeck, Parade, 2012, (Videostill) Video: full HD video, colour, sound, 11’25”
Im Barock wird also deutlich, dass was übrig ist, Maßvolles sprengt. Bevor ich Weiteres zitiere, weiter zitiere, etwas Verlorenes also wieder gebe etc. (…): Ich will bekennen, durch diese Praxis dann Präsentiertes nicht wirklich in den Status der Gegenwärtigkeit überführen zu können. Also, was ich sagen, nein zitieren will, später ist Übrig dann übrigens das, was zum Ganzen fehlt: Habe ich nicht schon viel über Tode geschrieben? Jetzt also über den Tod?
ist…
zitiert aus Grimms Wörterbuch, dort: Gäbelkover artzneybuch (1595) 1, 125
Emma Gonzáles hat in diesem Moment ein Requiem geschaffen. Ein Requiem für die Zeiten der Armut der Erfahrung. Sein Index ist nicht die Übergabe der Tradition von vergangenen Generationen auf die nächsten. Sondern die Veränderung der Gesellschaft und der Politik von der Zukunft her in die Gegenwart. Ein stilles, unhörbares, im Unhörbaren wahrnehmbares Requiem, dessen Stimme, dessen Stimmen, frei, befreiend, zukünftig klingen. Felix Ensslin wurde 1967 in Berlin geboren und studierte Philosophie und Theaterregie in New York. Er arbeitete als Schauspieldramaturg und Regisseur am Nationaltheater Weimar. Seit 2009 ist er Professor für Kunstvermittlung und Ästhetik an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart.
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Regie 18/19
An kaum einem anderen Opernhaus kann man auf ein solch reichhaltiges, ästhetisch bedeutendes und qualitativ hochwertiges Repertoire zurückblicken wie an der Staatsoper Stuttgart. In den Magazinen lagern um die 50 Produktionen, die zwischen 1980 und 2018 entstanden sind – erarbeitet von Regiegrößen wie Achim Freyer, Ruth Berghaus, Herbert Wernicke, Willy Decker, Andrea Breth und natürlich Jossi Wieler und Sergio Morabito. Neben den Wiederaufnahmen, die aus dieser Vielfalt schöpfen und sie immer wieder erlebbar machen, kommen in der Saison 18/19 neun neue Regiehandschriften dazu, die bislang noch nicht am Opernhaus in Stuttgart zu sehen waren. Eine Mischung von jungen Regisseur*innen und von erfahrenen, darunter zwei, die zu den wichtigsten Stimmen des europäischen Musiktheaters der letzten 20 Jahre zählen: der polnische Regisseur Krzysztof Warlikowski mit Christoph Willibald Glucks Iphigénie en Tauride – eine Produktion der Opéra national de Paris von 2006 – und die katalanische Theatertruppe „La Fura dels Baus“ mit Arrigo Boitos FaustOper Mefistofele als Koproduktion mit den Opernhäusern in Lyon und Rom. Davor wird sich der ungarische Regisseur Árpád Schilling in seiner sehr reduzierten, an Peter Brook orientierten Theatersprache mit Wagners Lohengrin beschäftigen, der belgi-
Axel Ranisch
Árpád Schilling
aus Berlin – Studium: Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“, Potsdam-Babelsberg – zuvor Ausbildung zum Medien- und Theaterpädagogen – 2011 Gründung der Produktionsfirma „Sehr gute Filme“ – Spielfilme u. a. Dicke Mädchen (2011), Ich fühl mich Disco (2013), Reuber (2013) und Alki Alki (2014) sowie mehrere Folgen für Löwenzahn und Tatort – Wichtige Engagements: Bayerische Staatsoper (2013: The bear/ La voix humaine, 2015: Pinocchio, 2018: Orlando Paladino), Staatsoper Hannover (2014: Regie und Libretto bei Elena Kats-Chernins Uraufführung George) – 2018 Publikation des Romans Nackt über Berlin
aus Cegléd, Ungarn – Studium: Budapester Theaterakademie – 1995 Gründung des Ensembles Krétakör (Kreidekreis): international vielbeachtete Inszenierungen (u. a. von Shakespeare, Tschechow und Büchner) – 2008 Umwandlung von Krétakör in eine Produktionsplattform zur Entwicklung von dramenpädagogischen Projekten, partizipativen Inszenierungen und Interventionen in öffentlichen Räumen. Gastspiele: Wiener Festwochen, Kampnagel (Hamburg), Steirischer Herbst – wichtige Engagements: Burgtheater Wien, Landestheater St. Pölten, Teatr Powszechny Warschau – erste Operninszenierung 2010 mit dem Opernstudio der Bayerischen Staatsoper, anschließend Inszenierungen an der Bayerischen Staatsoper und am Theater Basel – Preise: Chevalier des Arts et des Lettres, Europäischer Theaterpreis für Neue Realitäten (2009)
Regie Die Liebe zu drei Orangen
sche Raumkünstler Hans Op de Beeck seine Installation zu und um Herzog Blaubarts Burg im Paketpostamt realisieren, Alain Platel mit seiner multinationalen Compagnie „Les Ballets C de la B“ in den ersten Novembertagen mit Requiem pour L. ein Gastspiel in Stuttgart geben, der Berliner Filmemacher und Tatort-Regisseur Axel Ranisch Die Liebe zu drei Orangen als eine unterhaltsame, komische, melancholische, märchenhafte Produktion für die ganze Familie erzählen, der Stuttgarter Stephan Kimmig, in den letzten Jahren häufiger Gast am benachbarten Schauspiel, sich mit seinem poetischen Blick an die Traumrealitäten in Hans Werner Henzes Prinz von Homburg machen, Marco Štorman eine analytisch-assoziative Lesart von John Adams Minimal-Oper Nixon in China präsentieren und Anna-Sophie Mahler in einer Kooperation mit dem Stuttgarter Ballett und dem Schauspiel Stuttgart eine spartenübergreifende Produktion von Brecht/ Weills Die sieben Todsünden inszenieren. Eine Übersicht über die Regiseur*innen der Saison 18/19. (IG)
Regie Lohengrin
Fragen an Marco Štorman Woher kommst du? Aus der unendlichen und ewigen Geschichte. Wohin gehst du? In diese zurück und weiter? Was versteckst du? Meinen Wunsch, die Zeit anzuhalten.
Marco Štorman Regie Nixon in China
aus Hamburg – Studium: Otto-FalckenbergSchule, München – Assistenzen: Thalia Theater Hamburg, Volksbühne Berlin, Münchner Kammerspiele, Schauspiel Hannover, u. a. bei Christoph Schlingensief, Jossi Wieler, Andreas Kriegenburg und Stephan Kimmig – Wichtige Engagements: Thalia Theater Hamburg, Schauspiel Hannover, Stadttheater Klagenfurt, Staatstheater Kassel, Theater Bonn, Theater Bremen – 2016⁄17 Hausregisseur am Luzerner Theater – 2006 Gründung der Gruppe „Kulturfiliale“: Projekte in Deutschland, Australien und Japan – Preise: 9. berlin film awards für Juliaugust; Einladung zum Festival „Radikal Jung“ mit Jelineks Winterreise (Stadttheater Klagenfurt) – Arbeiten in Stuttgart: start listening stop screaming, Die Ballade von Garuma
Worüber lachst du? Über ihre scheinbare Sinnlosigkeit. Über den Versuch, sich einzuschreiben und festzuhalten an diesem kleinen Zipfel Weltendasein. Über den Begriff der Existenz und des Existenziellen. Von wem lebst du? Vom Widersprechenden und lachen Könnenden. Vom Entdeckenden und Lernenden. Wovon träumst du? Vom Sinn? Wem glaubst du? Dem sich selbst Hinterfragenden und nichts Gegebenes als selbstverständlich Akzeptierenden. Wem vergibst du? Dem, dem ich glaube. Dem, den ich brauche? Was verlangst du? Hingabe, Träume, Zeit, Liebe, Streit, Suche, Ringen, Versuch, Scheitern.
Alain Platel
Hans Op de Beeck
aus Gent – Ausbildung zum Sonderpädagogen, als Regisseur Autodidakt – 1984 mit Freunden Gründung des Theaterkollektivs „Les ballets C de la B“ – Projekte mit professionellen Künstler*innen unterschiedlicher Disziplinen und mit Laien – international gezeigte Arbeiten mit „Les ballets C de la B“: u. a. Wolf (2003) nach Mozart für die Ruhrtriennale, das Chorprojekt vsprs (2006) nach Monteverdi, pitié (2008), Out of Context – for Pina (2010), C(H)ŒURS (2012) auf Einladung Gerard Mortiers am Teatro Real als Auseinandersetzung mit Opernchören Verdis und Wagners, tauberbach (2014), Coup Fatal (2014) und nicht schlafen (2016) mit Fragmenten der Musik Gustav Mahlers – Preise: Europäischer Theaterpreis für Neue Realitäten (2001), 3sat-Preis (2004)
aus Turnhout, Belgien – Ausbildung zum Schauspieler, Studium der Malerei, Master in Experimenteller Kunst, Stipendiat am MoMA P.S.1 Studio Program, New York. Lebt und arbeitet in Brüssel und Gooik, Belgien – Einzelausstellungen: u. a. Kunstverein Hannover; Tampa Museum of Art, USA; Sammlung Goetz, München; Espace 104, Paris; Kunstmuseum Wolfsburg; Les Moulins, Boissy-le-Châtel; Schaapvaartmuseum Amsterdam; Kunsthalle Krems an der Donau – Gruppenausstellungen: u. a. Museo Reina Sofia, Madrid; ZKM Karlsruhe, Whitechapel Art Gallery, London; The Hara Museum of Contemporary Art, Tokio; Kunsthalle Wien; The Drawing Center New York; Royal Museum of Fine Arts Brüssel; Frankfurter Kunstverein, Museum Kunstpalast Düsseldorf – Einladungen: u. a. Biennale di Venezia, Shanghai Biennale, Tate Modern, Art Basel Miami Beach
Regie Requiem pour L.
Regie Herzog Blaubarts Burg
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ISSUE No. 1
Regie 18/19
Fragen an Stephan Kimmig
Fragen an Anna-Sophie Mahler Antworten von Anna I und II
Woher kommst du? Aus dem Weltall.
Was versteckst du? Meine Ängste oft. Meine Panik. Meine Einsamkeit. Meinen Schmerz. Mein Mich-verstecken-Wollen. Worüber lachst du? Über meine Dämlichkeit. Mein Unvermögen. Meine permanenten Pannen. Meine Lächerlichkeit, meine Figur und meine dünner werdenden Haare. Von wem lebst du? Von all denen, die so viel aufgebaut, entdeckt und hergestellt haben, sodass uns das Leben so viel schöner vorkommt, als vor 800 Jahren zum Beispiel. Oder ist das alles eine Schimäre? Wovon träumst du? Vom Verstandenwerden. Vom wirklichen Verstandenwerden. Das meine ich jetzt nicht als Künstler, sondern als Mensch. „Ganz Verstandensein ist die einzige wahre Himmelfahrt“, sagt Karoline von Günderode. Ob das überhaupt geht? Und wie? Denn wir alle sind doch eigentlich immer nur mit uns selbst beschäftigt. Und hören oft nur soweit zu, wie wir es selbst gebrauchen können. Also verstehen nur das, oder wollen respektive können nur das verstehen, was wir schon wissen. Ich träume von mehr Mut, sich auf etwas einzulassen, was unsicher, undeutlich, nicht klar ist und auch Angst machen kann. Das wäre eine Figur wie Heimat oder Daheimsein, also die Möglichkeit, das Leben und die Möglichkeiten, die es beinhaltet, zu entdecken. So wie sich das manchmal angefühlt hat als Kind. Entdeckertage. Wem glaubst du? Eigentlich selten jemandem. Das ist eine ziemlich intime Frage. Aber es gibt schon Handlungen von Menschen, die mir zeigen, dass man doch nicht so alleine ist auf dieser zerstörerischen Welt, wie man oft denkt. Wem vergibst du? Allen, die zugeben, dass sie Fehler machen, gemacht haben. Allen, die verzeihen können. Allen, die Selbsthumor haben und sich schlussendlich nicht so wichtig nehmen. Auch wenn sie einen gerade eben verletzt haben.
Stephan Kimmig Regie Der Prinz von Homburg
aus Stuttgart – Studium: Schauspielstudium an der Neuen Münchner Schauspielschule – Regieassistenzen am Berliner Schillertheater – von 1988 bis 1996 in Amsterdam, Arbeiten in der niederländischen und belgischen freien Theaterszene – von 1998 bis 2000 fester Regisseur am Schauspiel Stuttgart – Wichtige Engagements: Münchner Kammerspiele, Thalia Theater Hamburg, Wiener Burgtheater, Theater Bremen – seit 2009 Hausregisseur am Deutschen Theater Berlin – Debüt als Opernregisseur an der Bayerischen Staatsoper 2009 – regelmäßige Einladungen zum Berliner Theatertreffen – Preise: u. a. Wiener Nestroy-Preis, Rolf-Mares-Preis, 3sat-Innovationspreis für zukunftsweisende Leistungen im Deutschen Schauspiel, Theaterpreis FAUST 2011 – Arbeiten in Stuttgart: zuletzt Ehen in Philipsburg, Faust I (Schauspiel Stuttgart)
Wohin gehst du? Und dorthin wollen wir zurückkehren. Lieber heute als morgen. Was versteckst du? Wir sind eigentlich nicht zwei Personen, sondern nur eine einzige. Wir heißen beide Anna. Worüber lachst du? Das kann höchstens eine machen, die auf niemand angewiesen ist. Von wem lebst du? Wir fanden einen Mann in Boston, der bezahlte gut, und zwar aus Liebe. Wovon träumst du? Von einem Haus in Louisiana. Wem glaubst du? Schwester, folg mir, du wirst sehen, am Ende gehst im Triumph du aus allem hervor. Sie aber stehen, oh schreckliche Wende, zitternd im Nichts vor verschlossenem Tor. Wem vergibst du? Die langen Nächte, die ich meine Schwester weinen hörte und sagte: Es ist richtig so, Anna, aber so schwer!
Anna-Sophie Mahler Regie Die sieben Todsünden
aus Kassel – Studium: Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin – Assistenzen bei Christoph Marthaler, Ruedi Häusermann, Christoph Schlingensief – Seit 2004 Regisseurin für Oper und Schauspiel – Wichtige Engagements: Theater Bremen, Münchner Kammerspiele, Bayerische Staatsoper München, HAU, Schauspielhaus Graz – Festival-Einladungen: 2016 Theatertreffen Berlin (Mittelreich), 2017 Biennale Teatro, Venedig – 2006 Gründung der Gruppe „Capri-Connection“: Zahlreiche Projekte, die dokumentarische Texte mit Musik und Bild verweben.
Was verlangst du? Tu was man von Dir verlangt und nicht was du willst, dass sie von dir verlangen.
Àlex Ollé Regie Mefistofele
aus Barcelona – Seit den 1990er Jahren einer der sechs künstlerischen Leiter des 1979 gegründeten katalanischen Theaterkollektivs La Fura dels Baus – Arbeiten im Bereich Theater, Oper und Film – Wichtige Engagements: Salzburger Festspiele, Théâtre Royal de la Monnaie Brüssel, Teatro alla Scala Mailand, Opéra National de Paris, Royal Opera House Covent Garden London – Großevents (gemeinsam mit Carlus Padrissa): Eröffnungszeremonie Olympische Spiele 1992 Barcelona, Biennale 2001 Valencia, Expo 2010 Shanghai
Krzysztof Warlikowski Regie Iphigénie en Tauride
aus Szczecin – Studium: Jagiellonen-Universität Krakau, Universität Paris-Sorbonne, Staatliche Theaterhochschule Krakau (Regie) – Assistenzen und Mitarbeit bei Krystian Lupa, Giorgio Strehler, Ingmar Bergmann und Peter Brook – Hausregisseur am TR Warszawa und am Odéon-Théâtre de l’Europe – seit 2008 künstlerischer Leiter des interdisziplinären Kulturzentrums Nowy Teatr in Warschau – erste Operninszenierungen am Teatr Wielki Warschau, seither Arbeiten für: Opéra national de Paris, Bayerische Staatsoper, Teatro Real Madrid, La Monnaie/De Munt Brüssel, Royal Opera House Covent Garden, Ruhrtriennale, Salzburger Festspiele – Preise und Auszeichnungen: u. a. Europäischer Theaterpreis für Neue Realitäten (2008), Commandeur des Arts et des Lettres – Bisherige Arbeiten in Stuttgart: Was ihr wollt, Der Sturm (Schauspiel Stuttgart)
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Foto: Maurycy Stankiewicz
Was verlangst du? Energie. Humor. Lust. Wenn man genug Geld hat zum Essen, Spaß am Essen. Verführung. An den Anderen denken. Nicht nur an sich. Aufmerksamkeit. Denkenergie. Faulheit. Zuzugeben, dass man im Grunde wenig weiß. Sich also den Standpunkt der großen Denker zu eigen machen. Aufhören, dauerzubluffen. Ab und zu bluffen reicht.
Foto: Arno Declair
Wohin gehst du? In die Erde, zu den Würmern. Am Ende. Davor weiß ich es nicht so genau. Es ist ja einiges relativ schön und vieles aber auch undurchschaubar. Man läuft und macht halt immer weiter. Und tut so, als ob es sinnhaft ist, was man da so treibt und man ungefähr wüsste, wohin man läuft. Das ist natürlich meistens glatt gelogen.
Woher kommst du? Meine Schwester und ich stammen aus Louisiana.
Fragen an: das Internationale Opernstudio Die Staatsoper Stuttgart zählt zu den wichtigsten europäischen Opernhäusern. Eine essentielle Grundlage dieses Erfolges sind die Sänger*innen des Ensembles, die international gastieren und gleichzeitig das Haus am Oberen Schlossgarten als ihre künstlerische Heimat schätzen. Neben der kontinuierlichen Weiterentwicklung dieses Ensembles hat sich die Staatsoper seit vielen Jahren auch die Förderung des Nachwuchses zum Ziel gesetzt: Das Internationale Opernstudio der Staatsoper Stuttgart. Ein „Trainee-Programm“ für Sänger*innen, die ihr Studium abgeschlossen haben und nun in einer gesunden Balance zwischen dem Ausüben des Sängerberufs auf der großen Bühne und hochkarätigen Meisterkursen, Coachings und besonderer pädagogischer Betreuung ihre Stimme und künstlerische Persönlichkeit entwickeln können. Ein ideales Fundament für die Staatsoper, auch zukünftig Gesang auf höchstem Niveau garantieren zu können.↘
Aoife Gibney 1 2 3 4 5 6 7 8 9
I was born in Dublin, Ireland. Hopefully nowhere! I would like to continue my career here in Germany for the time-being. A great love of terrible reality television. That same love of reality television. The State of Baden-Württemberg. ;) Puppies. Lots of puppies. Everyone. I’m a very gullible person, it’s a problem. The witch in Hänsel und Gretel. She was just hungry; I can relate to that. Coffee and gin, preferably in that order.
woher kommst du? wohin gehst du? was versteckst du? worüber lachst du? von wem lebst du? wovon träumst du? wem glaubst du? wem vergibst du? was verlangst du? Elliott Carlton Hines 1 Houston, Texas durch und durch. 2 Ich werde unter der Erde liegen. 3 Meine Geheimnisse. Das wüsstest du wohl gerne. 4 Alles was Maria Bamford, meine Lieblingscomedian, sagt. 5 Meine Familie. 6 Being the person I think I can be and want to be. 7 Es kommt darauf an, weil jede Person hat seine eigene Ziele. Ich versuche, allen zu glauben. 8 Everyone, because nobody hurts you because of you. 9 My student loans to get payed off.
Fiorella Hincapié 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Ich komme aus Cali-Kolumbien, eine große warme Stadt in einem Tal. Die Stadt des Salsas. Wohin die Liebe und die Musik mich begleiten, dahin gehe ich. Mit Liebe ist alles möglich, aber manchmal braucht man auch ein bisschen Glück dazu. Hinter jedem Vorhang gibt es eine Menge Arbeit, Erlebnisse und Erfahrungen, glückliche Momente wie auch schwere Zeiten, aber was man daraus macht, darum geht es, die Ergebnisse und die Überraschungen jeder Vorstellung. Ich habe gerne Spaß und versuche meine gute Laune zu behalten. Je mehr man lacht, desto mehr gute Gründe findet man zu lachen. Lachen ist gesund und macht das Leben schöner. Mein Papa hat immer gesagt: „Wer eine Stunde am Tag lacht, der lebt ein Jahr länger. Wer zwei Stunden am Tag lacht, der lebt zwei Jahre länger. Wer drei Stunden am Tag lacht, der lebt drei Jahre länger und wer vier Stunden am Tag lacht, der wird etwas dumm.“ Haha! Ich lebe von der Musik. Öffentliche Konzerte, private Konzerte, Theater/Oper, Veranstaltungen, etc. Ich träume davon, überall in der Welt zu singen. Ich möchte die Herzen von jedem Publikum erobern und Gefühle durch die Musik überbringen. Ich glaube an das, was ich sehen oder/und spüren kann. Ich glaube meinen Eltern, egal wie weit sie von mir entfernt sind, ich spüre sie immer bei mir. Es ist eine schwere Frage. Bis jetzt konnte ich immer vergeben. Ich mag Ruhe in meiner Seele. Ich mache mir viele Gedanken und denke über viele Sachen nach. Menschen sind alle unterschiedlich, man sollte diese Unterschiede erkennen und auch respektieren. Manchmal fällt es einem schwer. Vergeben ist eine Art Befreiung. Ich verlange Gerechtigkeit in allen Aspekten.
Moritz Kallenberg 1 Aus der tiefsten schwäbischen Prärie. 2 Schritt für Schritt auf einem unvorhersehbaren Weg. 3 Sehr wenig. 4 Über alles und mit jedem. 5 Von mir selbst und den Dingen, die ich mir vornehme. 6 Von Glück und Zufriedenheit. 7 Meinen Freunden und Familie. 8 Jedem, der es ernst meint. 9 Aufrichtigkeit und Authentizität.
Jasper Leever 1 The Hague, The Netherlands, tulips and wooden shoes. 2 No-one knows really. 3 My nerves. 4 My girlfriend. 5 After so many years of studying, I’m finally almost independent. Before that, my parents. 6 Of simple things, harmony, happiness and cooperation. 7 In the ones I trust. 8 All that have done me wrong, forgive and forget. 9 That we take care of the earth in a more sensible way.
Ida Ränzlöv 1 Ursprünglich aus Helsingborg, Schweden, via Stockholm und London. 2 Wo mein Gesang mich hinführt. 3 Meinen wahren Dialekt. Auf Schwedisch spreche ich das Äquivalent von Hoch- deutsch aber ich spreche tatsächlich den südlichen Dialekt perfekt, allerdings nur mit meiner Familie. 4 Die schlechten Witze meines Vaters. 5 Ich lebe von allen, die meine musikalische Reise unterstützt haben. Meine Familie und Freunde, meine Lehrer Stina Tornberg, Anders Düring, Britta Johansson, Jeremy Carpenter und Dinah Harris und von meinem Sponsor während meiner zwei Jahre am Royal College of Music, Victoria Robey, um nur einige zu nennen. 6 Ein langes und gesundes Leben in der Welt der Oper. Vielleicht mit einem niedlichen kleinen Hund. 7 Mit dem Risiko, wie ein Klischee zu klingen: Ich glaube an freundliche Menschen. 8 Ich verzeihe meinem Kindheitsfreund, dass er alle Pokemonkarten in der ersten Klasse gestohlen hat. 9 Ich sehne mich nach dem Tag, an dem ich Octavian in Der Rosenkavalier singen werde.
Wir laden Sie herzlich ein, gemeinsam mit uns die jungen Stimmen und Künstlerpersönlichkeiten kennenzulernen: Elliott Carlton Hines aus Texas / USA, Aoife Gibney aus Irland, Fiorella Hincapié aus Kolumbien, Moritz Kallenberg aus Deutschland (Reutlingen), Jasper Leever aus den Niederlanden, Ida Ränzlöv aus Schweden, Carina Schmieger aus Deutschland (Freiburg i. Br.) und Christopher Sokolowski aus New York. Diese acht Sänger*innen erhalten die Möglichkeit, ihre ersten prägenden Karriereschritte unter besten Bedingungen an der Staatsoper Stuttgart unter der Schirmherrschaft des Kammersängers und Ensemblemitglieds Matthias Klink und in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart zu gehen. Begleiten Sie unsere acht Künstler*innen auf ihrem Weg! Werden Sie Pat*in und/oder Förderer*in des Internationalen Opernstudios! Wir freuen uns auf Sie!
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Carina Schmieger 1 Ich komme aus einer wunderbaren Familie, die voller Liebe und Musik ist; ganz besonders voller Liebe zur Musik! 2 Hoffentlich in eine Zukunft voller Musik und voller Menschen, die sie genauso lieben, wie ich. 3 Meine Ängste, Sorgen, Zweifel und Unsicherheiten teile ich nur mit Menschen, die mir sehr nahe stehen und in die ich großes Vertrauen habe. 4 Ich bin – denke ich – ein Mensch, der viel lacht und Humor sehr zu schätzen weiß. Am meisten lache ich wohl über mich selbst. 5 Von all’ den wunderbaren Menschen in meinem Leben, die mir Liebe und Gebor- genheit geben; von denen, die mir Halt geben und die Möglichkeit, sich fallen zu lassen. 6 Ich habe viele Träume und Wünsche für meine Zukunft. Aber wirklich von Bedeu- tung ist nur der Wunsch nach einem erfüllten, gesunden Leben, das sich ganz um Familie, Liebe und Musik dreht. 7 Den Menschen, die mir nahe stehen und mir wichtig sind. Sie alle haben mein Vertrauen und ich kann mich immer auf sie verlassen 8 Wer aufrichtige Reue zeigt, verdient Ver gebung und eine zweite Chance. 9 Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Freundlichkeit und Respekt.
Christopher Sokolowski 1 2 3 4 5 6 7 8 9
I come from New York’s Hudson Valley, and grew up in a town called Rhinebeck (not to be confused with Rheinbach) Right now, I am going only where life leads me, and this time it has led me across the ocean to the lovely city of Stuttgart. I don’t know, I forget where I hid it! My sense of humor is both quite dark, and quite stupid … I have a bad habit of laughing at inappropriate times. I live off of the people who farm coffee beans. Without them, there’d be no hope for me! I dream of being able to bring all of my loved ones around with me whenever I travel. I believe people who look me in the eyes when they tell me things … and Wikipedia. I forgive quite easily … better to let go than to hold a grudge! I’d trade my soul for a harpsichord! Ok, well, maybe not …
Staatsorchester Stuttgart
ISSUE No. 1
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Foto: Matthias Baus
Konzerte
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Konzerte 18/19
Das vielfältigste Orchester der Stadt – und das seit 425 Jahren: Das Staatsorchester Stuttgart können Sie nicht nur bei den Opern- und Ballettvorstellungen im Opernhaus erleben. Im Rahmen von Sinfoniekonzerten und Kammerkonzerten tritt der Klangkörper auch in der Stuttgarter Liederhalle auf.
Texte: Barbara Eckle
Sinfoniekonzerte I
7./8.10.18
John Cage 4’33”, Joseph Haydn Sinfonie Nr. 6 „Le matin“, Gustav Mahler Sinfonie Nr. 7 e-Moll Musikalische Leitung Cornelius Meister Bevor der neue GMD Cornelius Meister mit Haydns Sinfonie Nr. 6 „Le matin“ über einer neuen Konzertsaison die Musiksonne aufgehen lässt, muss eine Grundsatzfrage geklärt werden: Was ist überhaupt Musik? Cage gibt mit 4’33’’ eine großzügige, aber radikale Antwort: alles, was sich an Klang und Geräusch in einem gegebenen Zeitraum ereignet. Für Skeptiker hält er einen Notausgang bereit: „You don’t have to call it music, if the term shocks you!” Ob es sich hier noch um Musik im herkömmlichen Sinne handelt, fragten sich auch etliche Zeitgenossen Mahlers, der in seiner 7. Sinfonie die Sonne über einer alten Welt buchstäblich untergehen lässt. Ihre anderweltlichen Nachtmusiken bewegen sich zwischen Ironie und bitterer Wehmut und stoßen dabei immer wieder an die Grenzen der Tonalität.
II
11./12.11.18
Mieczysław Karłowicz Eternal Songs op. 10 Nr. 1, Modest Mussorgski Lieder und Tänze des Todes, Pjotr I. Tschaikowski Sinfonie Nr. 6 „Pathétique“ h-Moll op. 74, Bass Adam Palka Musikalische Leitung Vladimir Fedoseyev Der Tod lebt in vielen Gestalten. Mussorgski lässt sie in seinen Liedern und Tänzen des Todes auftreten und ihres Amtes walten. Ob Säugling, Jungfer, Trinker oder Soldat – Adam Palkas tiefe, dunkle Stimme zieht sie behutsam-gewaltsam ins Reich der Schatten hinüber. Auch den passionierten Skifahrer Mieczisław Karłowicz holte 1906 ein früher Tod von der Piste – wohl der Grund, warum seine Musik außerhalb Polens kaum bekannt ist. Zu Unrecht, da sein großes Talent für das Instrumentieren seiner spätromantischen Musik im Bannkreis Wagners und Tschaikowskis eine einzigartige Farbsprache verleiht. Mit Karłowicz verbindet den russischen Dirigenten Vladimir Fedoseyev eine bewundernde Liebe zu Tschaikowskis 6. Sinfonie „Pathétique“, die dem Schaffen des glücklosen Komponisten bewusst „den Schlussstein“ setzten sollte – und, wie sich herausstellte, auch seinem Leben.
III
9./10.12.19
Beethovensaal der Liederhalle
Antonín Dvořák Das goldene Spinnrad op. 109 Felix Mendelssohn Bartholdy Violinkonzert e-Moll op. 64, Béla Bartók Konzert für Orchester Violine Renaud Capuçon Musikalische Leitung Cornelius Meister Ein rastloser Geist, sich selbst immer zwei Schritte voraus: Wenn das Mendelssohn treffend charakterisiert, ist die vorwärts drängende Solostimme in seinem Violinkonzert e-Moll die seines „alter ego“ – verkörpert hier vom Stargeiger Renaud Capuçon. Selbst im idyllischen Mittelsatz rast unterschwellig der Puls. Auch in Dvořáks Goldenem Spinnrad sollte man der Idylle der Volkstümlichkeit nicht trauen: Das Märchen, das sich dahinter verbirgt, ist blutrünstig und grausam. Zurückgekehrt aus der „Neuen Welt“ stand Dvořák der Sinn offenbar auch künstlerisch nach Heimkehr: Verstärkt greift er in dieser Tondichtung, für die Cornelius Meister ein besonderes Faible hegt, nach seinen Wurzeln. In der „Neuen Welt“ verblieben tat das – bereits todkrank – auch Bartók: Sein Konzert für Orchester von 1943 lässt sein musikalisches Leben noch einmal Revue passieren. Dabei sitzt der Kern der eingängigen Melodien, markanten Rhythmen, schillernden Farben und humorvollen Einfälle in der ungarischen Folklore.
1.1.19 Neujahrskonzert im Opernhaus Musikalische Leitung Dennis Russell Davies
IV
20./21.1.19
Anton Bruckner Sinfonie Nr. 8 c-Moll Musikalische Leitung Marek Janowski Bruckners späte Sinfonien gehören zu Marek Janowskis Kernrepertoire. Dennoch stellen sie ihn immer wieder vor eine frische Herausforderung: Jedes Orchester und jeder Saal verlangen von ihm, sich auf deren klangliche Möglichkeiten neu einzustellen, „um dieses kontrapunktische Geflecht gut zur Geltung zu bringen.“ Tatsächlich definiert in Bruckners groß dimensionierter 8. Sinfonie das minutiöse Abstimmen von Tempo und Dynamik die Statik dieses monumentalen Klanggebäudes. Und diese wird zusehends empfindlicher, denn nach dem Abschied von Wagner in seiner Siebten, schreiben sich hier die formalen Auflösungstendenzen seiner Zeit fort.
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Die Sinfoniekonzerte finden im Beethovensaal der Liederhalle statt. Zu allen Sinfoniekonzerten bieten wir eine dreiviertel Stunde vor Konzertbeginn eine kostenlose Einführung an. Ausgewählte Sinfoniekonzerte werden mit einem Kinder-Workshop angeboten.
Die Konzerte ab März 2019:
24.3.19 Filmkonzert im Opernhaus Charlie Chaplin Modern Times, Stummfilm mit Live-Orchester Musikalische Leitung Cornelius Meister
V
14./15.4.19
Salvatore Sciarrino Efebo con radio Fausto Romitelli Audiodrome – Dead City Radio, Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60 Alt Stine Marie Fischer Musikalische Leitung Hossein Pishkar
VI
26./27.5.19
György Ligeti Lontano, Edvard Grieg Klavierkonzert in a-Moll op. 16,Jean Sibelius Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 43 Klavier Elisabeth Brauß Musikalische Leitung Daniele Rustioni
VII
7./8.7.19
Márton Illés (composer in focus) Neues Werk UA Frank Martin Concerto für 7 Blasinstrumente, Pauken, Schlagzeug und Streichorchester, Richard Strauss Ein Heldenleben op. 40 Solisten des Staatsorchesters Stuttgart Musikalische Leitung Cornelius Meister
Cornelius Meister im Gespräch mit Barbara Eckle über Neugier, Angst und die Kunst, Chancen zu erkennen.
Musik und Stille – Anfänge mit Cage, Haydn und Weber
BE Ihr erstes Sinfoniekonzert als Generalmusikdirektor des Staatsorchesters Stuttgart eröffnen Sie mit 4’33’’ von John Cage. Das kann man als charmanten, vielleicht auch ein wenig selbstironischen Zug sehen. Man kann dahinter aber auch eine ernste Botschaft lesen, vielleicht sogar einen kleinen Appell an Ihr neues Publikum? CM Tatsächlich bin ich der tiefen Überzeugung, dass Musik aus der Stille erwächst und keineswegs nur aus Klängen besteht, sondern dass vielmehr der Wechsel zwischen Tönen und Pausen dieses Gesamtkunstwerk ausmacht. Da wir uns in der heutigen Zeit notgedrungen daran gewöhnt haben, kaum einen Moment der Stille zu erfahren – zumal in den großen Städten – scheint es mir ein schönes Zeichen, das Publikum dazu einzuladen, einen Ort der Stille gemeinsam zu teilen. Und dass diese „Stille“ in die Sinfonie Nr. 6 „Le matin“ von Haydn mündet, ist natürlich auch kein Zufall … Nein, denn wie nur wenige Werke dieser Epoche beginnt diese frühe Haydn-Sinfonie fast aus dem Nichts. Und um aus dem Nichts heraus beginnen zu können, braucht man eben erst einmal ein Nichts. In diesem Fall ist dieses Nichts mit vier Minuten und dreiunddreißig Sekunden verhältnismäßig lang. Auch zum Auftakt der Spielzeit in der Opernsparte gibt es hier eine Verbindung: Da ist die erste Aufführung Der Freischütz mit seinem einfachen, einsamen C, das am Anfang erklingt, sehr leise mit einem starken Crescendo. Das ist für mich auch so ein Klang, der am Anfang die Entstehung eines Kosmos hörbar macht. Für Cage war ja alles, was in dieser vermeintlichen Stille zu hören ist, Musik. Denn wirkliche Stille – wo finden wir die überhaupt? In einem vollen Konzertsaal
sicher nicht. Da müsste man sich in einen artifiziell konfektionierten, schallisolierten Raum begeben. Cage hat das selber ausprobiert und kam zu dem Fazit, dass es wahre Stille für uns gar nicht gibt. Selbst im schalltoten Raum hört man den eigenen Atem. Und wenn man ihn anhält, hört man noch immer das eigene Blut rauschen. Teilen Sie Cages Auffassung, dass all das Musik ist? Auch ich habe einen weiten Musikbegriff. Dass es nicht ganz still ist bei einer Aufführung von 4’33’’, ist genau das Spannende. Und tatsächlich geht es nicht darum, in einem hermetisch abgeschirmten Studio nichts zu hören, sondern es geht auch um die Frage, was es mit uns macht, wenn wir sozusagen „nichts“ geboten bekommen. Es gibt ja heute viele Menschen, denen die Stille Angst bereitet. Sie haben das Gefühl, es sei etwas Schlimmes passiert, wenn einmal nichts läuft. Man kann dieses 4’33’’ natürlich in vielfacher Weise überhöhen. Ich für mich kann sagen: Ich freue mich, wenn wir deutlich machen, dass Musik eben nicht nur ein Ton ist, sondern auch ein Pausentakt. Oder viele Pausentakte. Oder ein ganzes Stück, das nur aus Pausen besteht.
Tradition und Innovation: Angst und Wagnis, Respekt und Neugier Es geht also auch darum, die Angst vor dem Nichts zu nehmen, indem man zeigt, dass es nur ein vermeintliches Nichts ist, das ein reiches Innenleben hat. Das Phänomen der Angst im Kontext von Musik und Kunst hat Cage allgemein sehr beschäftigt. Er sagte einmal: „I can’t understand why people are afraid of new ideas. I’m afraid of the old ones – ich verstehe
nicht, warum sich die Leute vor neuen Ideen fürchten. Ich fürchte mich vor den alten“. Wie geht es Ihnen, wenn Sie nun an diesem traditionsreichen Haus Ihre erste Spielzeit angehen? Da gäbe es ja – wenn man es mit Cage hält – einiges zu fürchten. Ich muss gestehen, dass ich seit jeher eine Hochachtung vor der Tradition habe. Ohne sie würde es unser Metier nicht geben. Dass wir auf der anderen Seite in einer Zeit leben, in der zeitgenössische Musik in normalen Abonnementskonzerten und nicht nur in abgeschlossensten Zirkeln aufgeführt wird, empfinde ich als großes Glück. Und ich bin dankbar, dass ich nicht ein paar Jahrzehnte früher geboren wurde, als diese Trennung noch stärker war. Dass Stuttgart auch in dieser Hinsicht immer schon ziemlich weit vorne stand, spüre ich in der Stadt, und das freut mich sehr. Die Staatsoper und das Staatsorchester sind zu Recht stolz darauf, dass sie so viele neue Werke uraufgeführt haben, oder zu den Ersten gehörten, die Werke aufgeführt haben, die wir heutzutage fast schon als historisch oder vielmehr selbstverständlich zum Repertoire gehörend betrachten. Das macht auch mich jetzt stolz, dass ich Musiker*innen dirigieren darf, die Klassiker der Avantgarde wie Helmut Lachenmanns Das Mädchen mit den Schwefelhölzern aufgeführt oder Mark Andres wunderzaichen uraufgeführt haben. Tradition und Innovation sind die Begriffe, die in Zusammenhang mit diesem Haus immer und überall fallen. Innovation muss man ständig neu generieren, die Innovation von gestern ist ja morgen schon fast wieder Tradition. Das heißt, man muss voraus schauen und ein Gespür dafür entwickeln, aus welchen Keimen etwas Wunderbares oder zumindest Eigenartiges wachsen könnte. Sind Sie ein neugieriger Mensch, der sich gern auf Unbekanntes einlässt?
Ich würde mich als unerschrocken bezeichnen. Denn Neues zuzulassen erfordert in erster Linie, keine Angst zu haben, daneben zu greifen. Es kann natürlich passieren, dass ich mich irre, wenn ich einem Komponisten einen Kompositionsauftrag erteile. Oder dass ich eine noch wenig bekannte Solistin einlade, die ein Werk zum ersten Mal aufführt – ich traue es ihr zu, aber es geht schief. Das kommt vor. Aber diese Unerschrockenheit ist die Voraussetzung dafür, dass hin und wieder – hoffentlich oft – Außergewöhnliches passiert, an das wir uns alle, egal ob man mitbeteiligt war oder im Zuschauerraum saß, noch lange zurückerinnern werden. Entscheidend ist, dass es einen nicht kalt gelassen hat.
composer in focus – Stimmenvielfalt Dafür muss man das Wagnis als Chance erkennen. Solche Chancen sichtbar zu machen, ist sicher eine der interessantesten Aufgaben im Konzertbereich. Das „unsichere Gelände“ eines Kompositionsauftrags betreten Sie mit dem Staatsorchester Stuttgart in der Saison 18/19 zum ersten Mal mit dem ungarischen Komponisten Márton Illés. Ja. Ich bin sehr glücklich, dass wir Márton Illés als „composer in focus“ für diese Saison gewinnen konnten: Er ist ein Komponist und Musiker mit einer ganz eigenen musikalischen Ausdrucksweise jenseits einschlägiger Trends und Strömungen, die in der zeitgenössischen Musikwelt zu finden sind. Ideen oder Phänomene, die ihn interessieren, verfolgt er sehr konsequent. Das können Geflechte oder ganze Architekturen aus musikalischen Linien sein oder organische Gesten, die er im menschlichen Körper beobachtet und in Musik zu übertragen versucht.
Konzerte 18/19
Stummfilm
Foto: Matthias Baus
Als Dirigent müssen Sie sich auf viele verschiedene Dinge gleichzeitig konzentrieren können. Insofern ist es ein Berufsbild, das gar nicht so schlecht in unsere Zeit passt. Aber auch da gibt es Unterschiede: Musik zu Stummfilmen zu dirigieren erfordert zum Beispiel einen anderen Fokus als eine Opernaufführung. Man kann dabei ja nicht aufeinander reagieren. Worin besteht für Sie der Reiz, Stummfilme wie Charlie Chaplins Modern Times mit dem Orchester zu begleiten? Musik zu Stummfilmen zu dirigieren, ist ein Hobby von mir. Es gehört für mich nicht zwingend zur Aufgabe eines Generalmusikdirektors. Aber ich teile dieses Hobby gerne mit anderen Mitwirkenden, für die es sicherlich ihren musikalischen Horizont erweitert. Für mich als Dirigenten stellt es eine ganz eigene Kategorie dar: Es gibt zum einen den Konzertdirigenten, der vielleicht am freisten ist in dem, was er tun kann. Er hat kaum äußere Vorgaben, die ihn einschränken würden. Dann gibt es den Operndirigenten, der ein bisschen weniger frei ist – was mir aber sehr gut gefällt. Ich gebe gerne einen Teil meiner Freiheit ab, weil ich so die Gelegenheit habe, mit Szene, mit Licht, mit technischen Abläufen und vor allem mit Sänger*innen gemeinsam ein Drama zu kreieren. Als nächstes gibt es den Ballettdirigenten. Balletttänzer*innen begleite ich in ähnlicher Weise wie Sänger*innen. Dabei ist es besonders anspruchsvoll zu spüren, welche Temponotwendigkeiten ein Bewegungsablauf hat. Diese Bewegungsabläufe in Einklang zu bringen mit musikalischen Phrasen, daran habe ich als Dirigent viel gelernt. Und die letzte Kategorie auf dieser Skala ist nun eben der Stummfilm. Der Stummfilm nimmt keine Rücksicht auf mich. Es ist musikalisch eine Einbahnstraße und ich habe hier am wenigsten Freiheit. Aber genau dieses Minimum an Freiheit zu nutzen, damit am Ende tatsächlich eine spontane Live-Aufführung entsteht, macht mir besonderen Spaß. Und die Musik zu Modern Times, die sich Chaplin ja selbst ausgedacht hat, ist großartig.
Generalmusikdirektor Cornelius Meister
An einem einzigen Stück ist es natürlich schwer, die Sprache eines Komponisten ganz zu erfassen. Die Gelegenheit, eine Handschrift und die Person dahinter besser kennen und verstehen zu lernen, bietet das neu eingeführte Konzept „composer in focus“. Genau. Márton Illés taucht auch in der Kammermusikreihe auf, als Komponist wie als Pianist. Und in verschiedenen Gesprächsveranstaltungen erfährt man, wie er arbeitet und wie er denkt – nicht nur in Bezug auf seine eigene Musik. Ich freue mich, wenn wir diese „composer in focus“-Idee in den nächsten Jahren fortsetzen, denn die Verschiedenartigkeit kompositorischer Stile und Herangehensweisen ist heute enorm. Das ist an unserer Zeit ja auch so spannend. Deswegen wollen wir dem Publikum, das aus der Region, aber auch von weit her in unsere Konzerte kommt, im Laufe der Jahre die unterschiedlichsten kompositorischen Sprachen vorstellen. Haben Ihre eigenen musikalischen Vorlieben einen Einfluss auf die Interpretation neuer Werke? Mein Respekt vor jeder Neuschöpfung ist so hoch, dass ich mich als Diener betrachte, damit diese Stücke überhaupt hörbar gemacht werden können. Wenn die Komponistin oder der Komponist am Ende glücklich ist über die Aufführung, ist das ein sehr schönes Gefühl für mich. Genau deshalb werfe ich mich mit der gleichen Energie in neue wie in ältere Musik. Es gehört auch zu unserer Zeit, flexibel mit einer Vielfalt an Ausdrucksformen umzugehen. Verschiedene kompositorische Handschriften aus allen Epochen nebeneinander zu erleben, scheint mir eine sehr zeitgemäße Art, Musik zu hören. Ein vielfältiges Angebot für unser Publikum ist mir generell besonders wichtig: Neben den Sinfoniekonzerten sind die Kammerkonzerte als besonders facettenreiche Reihe vertreten, die Lunchkonzerte ebenso wie die Sitzkissenkonzerte. Darüber hinaus gibt es natürlich das Neujahrskonzert sowie Konzerte zum Stummfilm und für Familien und Schulklassen. Diese Vielfalt macht nicht zuletzt deutlich, dass das Haus in seiner Größe – insbesondere auch das Staatsorchester – dazu beitragen kann, den Blick immer wieder zu weiten.
Education Education ist ein vielversprechendes Wort. Aber man muss auch genau wissen, wie man junge Menschen anspricht, um ihr Interesse zu gewinnen. Haben Sie da eine probate Methode mit der Aufgabe umzugehen? Sie sind ja selbst Vater und haben Erfahrung. Zunächst möchte ich betonen: Wenn wir uns um junge Menschen kümmern und sie mit Musik in Berüh-
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rung bringen, soll das auf keinen Fall heißen, dass ältere Menschen mir weniger wichtig wären. Nein! Alle, die zu uns kommen, sind herzlich eingeladen, und ich bin glücklich über jeden, der neugierig ist. Ich glaube, dass Musik Menschen in jedem Alter ansprechen kann – und ich glaube auch, dass sie alle ansprechen sollte –, aber eben auf unterschiedliche Weise. Wenngleich man auch da sagen muss: Es gibt ja nicht die eine richtige Weise für die Fünfjährigen und für die Achtjährigen. Jeder und jede ist verschieden, glücklicherweise. Aber möglicherweise interessiert viele Fünfjährige etwas anderes als die meisten Achtjährigen oder 35-jährigen an einer musikalischen Aufführung. Im Mai werden wir den Zauberlehrling von Dukas aufführen. Dieses Stück bietet ganz verschiedene Möglichkeiten: Musikalisch ist es eines der am farbigsten instrumentierten Werke der Orchesterliteratur und ist auch von der Dauer her für nahezu alle Altersgruppen geeignet. Zudem wird Ralph Caspars das Konzert moderieren. Er ist einfach eine grandiose Persönlichkeit, die es nicht nur schafft, Kinder zu begeistern, sondern auch Menschen meines Alters und noch ältere Generationen – das weiß ich von meiner eigenen Familie. Auf diese Zusammenarbeit freue ich mich sehr. Das ist ja auch der Sinn des Familienkonzerts, dass Kinder eben nicht nur in Sonderveranstaltungen isoliert werden, sondern Musik mit allen gemeinsam erleben können. Musikalische Erstbegegnungen stehen am einen Ende des Spektrums. Am anderen steht die Vertiefung. Ich bemühe mich, so oft es geht, ergänzend zu den Aufführungs- und Konzertbesuchen etwas anzubieten. Neben den Familienkonzerten gibt es zum Beispiel auch die öffentlichen Proben, die sich an unsere Konzertbesucher*innen richten. Ich spüre, dass die Stuttgarter*innen ein neugieriges Publikum bilden mit einem hohen Interesse, Fragen zu stellen und über etwas nachzudenken, statt es einfach nur zu konsumieren. Das ist etwas, was ich gern unterstützen möchte. Sind denn für Sie die Eigenschaften einer Konsumund Wegwerfgesellschaft tendenziell auch schon in den Zuschauerräumen spürbar? Die Bereitschaft, sich mit etwas auseinanderzusetzen, das man erst nach längerer Beschäftigung versteht, ist in unserer Gesellschaft sicher kleiner geworden. Ein sichtbares Zeichen ist das Handy-Meer, das ich als Besucher in manchen Opernhäusern vom Rang ins Parkett schauend erlebt habe, wenn auf der Bühne gerade scheinbar wenig passiert. Früher saß man dann halt da und hat nicht gleich nach einer anderen Beschäftigung gesucht.
Hat diese einseitige „Kommunikation“ mit dem Medium nicht auch etwas Frustrierendes, wenn auf nichts, was Sie tun, eine Reaktion kommt? Oder kann das Gefühl der gemeinsamen Anstrengung, von der jede Theaterarbeit lebt, hier auf andere Weise zustande kommen? Im Theater interessiere ich mich sehr dafür, was die anderen Beteiligten gerade tun und denken, um besser zu verstehen, wie wir gemeinsam zu einer guten Aufführung kommen. Das fällt beim Dirigieren eines Stummfilms natürlich weg. Andererseits laufen diese analogen Filmspulen nicht immer gleich schnell ab. Es wäre also nicht möglich, sich eine Stoppuhr hinzulegen, und nach Zeit zu dirigieren. Ich muss in jeder Sekunde den Film verfolgen, den ich zuvor auswendig gelernt haben sollte. Das vermittelt mir den Eindruck, Chaplin reagiere tatsächlich auf mich. Ich bilde mir ein, Chaplin und ich, wir gestalten jetzt gemeinsam diesen Film – was natürlich eine pure Illusion ist, aber es ist etwas sehr Schönes. Fühlen Sie sich manchmal – wie Charlie Chaplin – von der „Maschine“ überwältigt? In einem so großen Opernbetrieb passieren schließlich immer wieder unvorhergesehene Dinge, und man sollte schwierige Situationen entspannt und elegant wieder auffangen. Das ist eine hohe Stufe, um die ich mich stets bemühe. Aber eine noch höhere Stufe ist für mich, wenn man Abweichungen gar nicht als Schiefgehen empfindet. Wenn ich eine Oper dirigiere und ein Sänger nimmt sich eine Freiheit, indem er eine Note dehnt oder überraschend vorwärtsstürmt, ist es am schönsten, wenn wir nicht denken: Oh, jetzt müssen wir das ausgleichen und sozusagen die Kohlen aus dem Feuer holen, sondern wenn wir es als das Normalste der Welt ansehen, dass jeder von uns etwas gestern so gemacht hat und heute anders. Trainieren Sie diese Flexibilität schon im Probenprozess? Ich glaube, ich bin ziemlich schlecht darin, etwas zu proben mit dem Ziel, dass alle Aufführungen gleich klingen. Für mich sind Proben dazu da, dass alle in einem gewissen Geist sich finden und schwierige Passagen einige Male gemeinsam musiziert haben, um eine gewisse Sicherheit zu bekommen. Aber die Aufführung dann hat eigentlich wenig zu tun mit den Proben. Wenn wir uns bei einer Aufführung fast wie beim Improvisationstheater höchst wachsam und zuhörend begegnen, ist das mein Ideal.
Kammerkonzerte Auch in der Saison 18/19 führen die Musiker*innen des Staatsorchesters ihre Kammermusikreihe fort. In vielfältiger Besetzung präsentieren sie im Mozartsaal der Liederhalle ein facettenreiches Programm, in dem sich ihre Leidenschaft für die Meisterwerke der Klassik und Romantik mit einer Neugier auf Unentdecktes, Vergessenes und neu Entstandenes verbindet. Zudem haben sie in Cornelius Meister nicht nur einen neuen Generalmusikdirektor, sondern auch einen versierten Kammermusikpartner am Klavier gefunden. Mozartsaal der Liederhalle
Die Kammerkonzerte finden im Mozartsaal der Liederhalle statt. Zu allen Kammerkonzerten bieten wir eine kostenlose Einführung an.
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I
7.11.18
Fish for Five Franz Schubert Klavierquintett A-Dur D 667 „Forellenquintett“ Johannes Brahms Klarinettenquintett h-Moll op. 115 Mit Gustavo Surgik, Yuan-Wen Chang, Madeleine Przybyl, Burkhard Mager, Sonoko Imai-Stastny, Guillaume Artus u. a. Klavier Cornelius Meister
II
21.11.18
Avant un rêve Johannes Brahms Zwei Gesänge für eine Altstimme, Viola und Klavier op. 91 Arnold Schönberg Ein Stelldichein Franz Schubert Introduktion und Variationen über „Trockne Blumen“ D 802 Volker David Kirchner Il canto della notte Gabriel Fauré Trois mélodies op. 23 und op. 7 (Auswahl) Mit Gabriele Guder, Nathanaël Carré, Katrin Stüble, Stefanie Faber, Vanessa Gembries, Andrea Wegmann u. a. Mezzosopran Helene Schneiderman Klavier Helge Aurich, Alan Hamilton
III
13.2.19
Gastmahl für Kreutzer Conradin Kreutzer Septett Es-Dur op. 62 Leoš Janáček Streichquartett Nr. 1 „Kreutzersonate“ Ludwig van Beethoven Streichquintett a-Moll nach der „Kreutzersonate“ op. 47 Mit Joachim Hess, Susanne Wichmann, Frank Bunselmeyer, Lars Jakob, Uli Hermann, Kathrin Scheytt u. a.
IV
6.3.19
Große Brüder Claude Debussy Sonate für Flöte, Viola und Harfe Charles Koechlin Quintett „Primavera“ op. 156 Hans Gál Serenade op. 93 Johannes Brahms Trio Es-Dur op. 40 für Horn, Violine und Klavier Mit Muriel Bardon, Frank Bunselmeyer, Doris Erdmann, Nathanaël Carré, Andrea Berger, Madeleine Przybyl, Alexandra Taktikos, Philipp Römer Klavier Sonia Achkar
Weitere Kammerkonzerte auf der Folgeseite
→
Hans Op de Beeck, Clouds (Study 2), 2013, Painting: black-and-white watercolour on Arches paper in wooden frame, 255 × 4,4 × 130,6 cm
Liedkonzerte
Weitere Kammerkonzerte
Fragen an: Márton Illés composer in focus in der Saison 18/19 Woher kommst du? Ich wage es nicht zu sagen. Das ist zur Zeit nicht salonfähig in unserem Brabantenreich. Wohin gehst du? Wüsste ich das, würde ich irgendwann ankommen, und das wäre mein Tod. Das Immerweiter-Suchen, das In-jedem-Momentalles-(von Grund auf)-neu-erfinden-undaufbauen-Müssen und die zwingend dazugehörende Unsicherheit sind mein Antrieb. Was versteckst du? Meine arglosesten Sünden. Worüber lachst du? Ich lache zu wenig – im Idealfall darüber. Von wem lebst du? Von meinen Sünden und von all jenen, die das daraus Entstehende zu schätzen wissen. Wovon träumst du? Dass es in der Kunst so etwas wie Hypokrisie, Unaufrichtigkeit, Oberflächlichkeit, Karrierismus, Opportunismus, Dilettantismus, Dummheit, Feigheit, Snobismus, Personenkult, Intrigenspiel, Kontraselektion und kollektive mediale Selbstbeweihräucherungspsychose bald nicht mehr gibt. Wem glaubst du? Den originären, intrinsischen Sünden der Kunst. Wem vergibst du? Allen ehrlichen Sündern. Was verlangst du? Mehr Klang!
Opernhaus, Foyer 1. Rang
V
3.4.19
Transatlantische Bahnen Steve Reich Mallet Quartet Dmitri Schostakowitsch Sinfonie Nr. 15 (Bearb. von Viktor Derevianko) Mit Jewgeni Schuk, Vache Bagratuni, Christoph Wiedmann, Thomas Höfs, Marc Strobel, Jürgen Spitschka Klavier Ilonka Heilinglo
VI
8.5.19
Night at the Opera Richard Strauss Streichsextett aus der Oper „Capriccio“ Giuseppe Verdi Streichquartett e-Moll Giacomo Puccini Crisantemi Leoš Janáček Im Nebel (Bearb. von Tomaš Ille) Franz Schreker Der Wind Mit Michael Groß, Susanne Wichmann, Alexander Jussow, Frank Bunselmeyer, Veronika Unger, Alexandra Taktikos, Bertram Jung u. a. Klavier Alan Hamilton
VII
26.6.19
Meet Márton Jan Dismas Zelenka Sonate Nr. 5 F-Dur für zwei Oboen, Fagott und Basso Continuo John Bull / Márton Illés In Nomine VI und XII György Ligeti Streichquartett Nr. 1 Johann Heinrich Schmelzer Violinsonate Nr. 3 g-Moll Márton Illés Drei Aquarelle für Akkordeon, Klavier und Streichtrio Dietrich Buxtehude Triosonate d-Moll op. 16 für Viola da Gamba, Violine und Basso Continuo Mit Uli Hermann, Kathrin Scheytt, Muriel Bardon, Zoltan Paulich, Robin Porta, Ivan Danko, Lars Jakob u. a. Akkordeon Anne-Maria Hölscher Viola da Gamba Hélène Godefroy Cembalo Alan Hamilton Klavier Márton Illés
I
1.10.18
Mit Marlis Petersen Klavier Stephan Matthias Lademann Werke von Franz Schubert, Sigurd von Koch, Richard Wagner und Clara Schumann
II
17.1.19
Mit Diana Haller, Goran Jurić und Daniel Kluge Klavier Rita Kaufmann Sephardische Lieder in Bearbeitung von Emil Cossetto Werke von Manuel De Falla, Hugo Wolf u. a.
IV
21.5.19
Mit Johannes Kammler und Petr Nekoranec Klavier Stefan Schreiber Leoš Janáček Tagebuch eines Verschollenen Werke von Franz Schreker und Arnold Schönberg
19.11.18
Mit Esther Dierkes und Björn Bürger Klavier Götz Payer Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann, Edvard Grieg u. a.
III
VI
18.6.19 Konzert des Opernstudios Mit Aoife Gibney, Fiorella Hincapié, Elliott Carlton Hines, Moritz Kallenberg, Jasper Leever, Ida Ränzlöv, Carina Schmieger und Christopher Sokolowski Konzert mit den Mitgliedern der Opernstudios der Opéra national du Rhin und der Staatsoper Stuttgart Die Liedkonzerte finden statt in Kooperation mit
18.2.19
Mit Olga Busuioc, Paweł Konik, Petr Nekoranec, David Steffens und Pavel Valuzhin Klavier Alan Hamilton Werke von Pjotr Iljitsch Tschaikowski, Leoš Janáček und Bohuslav Martinů
V
Lunch8.4.19 konzerte
Mit Helene Schneiderman, Catriona Smith und Mingjie Lei Klavier Alan Hamilton Werke von William Walton, Samuel Barber, Ned Rorem u. a.
22.10., 30.11.18, 7.1., 13.3., 23.4., 3.6., 15.7.19 Musiker*innen des Staatsorchesters laden Sie siebenmal in der Spielzeit zu ganz persönlich gestalteten musikalischen Mittagspausen in das Opernhaus, Foyer I. Rang ein. Das musikalische Überraschungsmenü wird jeweils von 12.45 – 13.15 Uhr serviert.
Die Stimme als Spiegel der Seele Boris Ignatov, Direktor für Casting, im Gespräch mit Johannes Lachermeier JL Im Jahrbuch der Staatstheater steht über deinem Namen als Jobbezeichnung „Direktor für Casting“. Was genau macht man in diesem Beruf? BI Zunächst einmal höre ich möglichst viele Sänger*innen – und wähle aus, wer zu Stuttgart passen könnte. Dazu gehört auch, viel um die Welt zu reisen, zu Aufführungen, Vorsingen und Wettbewerben. Dabei benötige ich meine Erfahrung und meine Vorstellungskraft gleichermaßen: Wofür könnte diese oder jene Stimme gut sein? Wohin könnte sie sich in den nächsten Jahren entwickeln? Welche Möglichkeiten könnten wir diesem Sänger, dieser Sängerin in Stuttgart bieten? Am Ende bedeutet mein Job, dass ich verantwortlich dafür bin, wer an der Staatsoper welche Rolle singt – das entscheide ich gemeinsam mit dem Intendanten Viktor Schoner und dem Generalmusikdirektor Cornelius Meister und natürlich in Absprache mit den jeweiligen Regie-Teams. Und dann kommt eine Sängerin oder ein Sänger also nach Stuttgart. Ja, als Gast oder Ensemblemitglied. Das sind natürlich zwei völlig verschiedene Paar Stiefel: Als Gast kommst du, probst, stehst auf der Bühne und reist wieder ab. Die Zugehörigkeit zum Ensemble bedeutet eine partnerschaftliche Aufgabe. Und zwar für mehrere Jahre. Das scheint mir etwas risikobehaftet: Wie lässt sich denn die Zukunft einer Stimme vorhersehen? Wir müssen immer gemeinsam mit den Sänger*innen schauen: Wo stehen wir in zwei Jahren? Wohin geht unsere gemeinsame Reise? Ich glaube, das ist das Spannendste an meinem Beruf: sich vorzustellen, wie jemand in drei, vier, fünf Jahren klingen wird. Das war auch immer eine meiner Leidenschaften: Sänger*innen neue Rollen zu geben, nicht immer aufs sichere Pferd zu setzen – und ihnen auch die Chance zu geben, sich selbst in neuen Rollen zu entdecken. Nehmen wir nur Diana Haller: Sie wird in der kommenden Saison als Komponist in Ariadne auf Naxos debütieren. Auf den ersten Blick ist diese Rolle vielleicht untypisch für ihr Repertoire – auf den zweiten jedoch total logisch für ihre Entwicklung als Sängerin! Man muss sich trauen, solche Möglichkeiten zu eröffnen. Als Star wirst du doch nur immer eingeladen für die Rollen, die du schon einmal gesungen hast – aber wo probierst du diese Rollen aus? Stuttgart ist der perfekte Ort für solche Wagnisse.
JL Johannes Lachermeier Direktor für Kommunikation
BI Boris Ignatov Direktor für Casting
Wie ist das in anderen Ländern? Das deutsche Modell von Ensembletheater ist einzigartig in der Welt. Kaum irgendwo werden international überhaupt so viele Aufführungen gespielt, dass ein Gesangsensemble beschäftigt werden könnte und durchgehend in Proben und Aufführungen besetzt ist.
sehr ihnen das Repertoiresystem hilft, ihre Erfolge auf der ganzen Welt in Stuttgart vorzubereiten – ohne Druck, ohne die genannten Gefahren. Vielleicht verdienen sie hier ein bisschen weniger Geld als in London, Paris oder New York. Aber insgesamt unterstützt es sie dabei, längere und gesündere Karrieren zu haben.
Seelen, die die Proben als kollektive Reise begreifen. Diesen Geist des gemeinsamen Arbeitens, dieses Feuer in ein Repertoirehaus zu implementieren, ist mein Traum. Wenn sich bei der Aufführung einlöst, was man zwei Jahre lang geplant hat, ist das ein wahnsinniges Glücksgefühl!
So funktioniert das auch in Stuttgart? Die Staatsoper ist eines der besten Beispiele für dieses Modell: Nur durch das Ensemble ist gewährleistet, dass knapp dreißig Stücke pro Saison auf unserem Spielplan stehen können. Es gibt hier viele Sänger*innen, die im Repertoiretheater groß geworden und schließlich Stars geworden sind – und die dennoch als Ensemblemitglied ihrem Haus verbunden bleiben. Nehmen wir zum Beispiel all die großen Sänger*innen der Vergangenheit wie Wolfgang Windgassen, Martha Mödl oder Catarina Ligendza. Sie sind ja nicht in Stuttgart geblieben, weil sie nicht auch als freie Gesangsstars hätten überleben können, sondern weil sie ganz genau wussten, wie wichtig die Zugehörigkeit zu einem Haus ist.
Wie ist das Stuttgarter Ensemble aufgebaut? Es gibt Sänger*innen für alle Fächer – egal, ob man Salome besetzen will oder Ariodante, Mozart, Rossini oder Wagner. Größere Häuser müssen für die Hauptpartien ihre Stars, die man aus dem Fernsehen oder von den Major Labels kennt, von außen holen – auch des Verkaufs wegen. Aber bei uns gibt es oftmals deutlich bessere Sänger*innen, die vielleicht nicht ganz so bekannt sind. Und das ist doch viel interessanter!
Was muss ein*e Sänger*in idealerweise mitbringen? Je stärker und interessanter eine Sängerpersönlichkeit ist, desto dankbarer ist das eigentlich für eine*n Dirigent*in oder die Regie. Viele Regisseur*innen brauchen ein starkes Gegenüber – und da ist das Stuttgarter Ensemble natürlich top: Das sind Sänger*innen, die wissen, wie wichtig die Inhalte für die musikalische Gestaltung sind. Darüber hinaus braucht es Flexibilität und Teamgeist bei der gemeinsamen Suche nach der Interpretation eines Stückes.
Aber was bringt das Sänger*innen, wenn sie ohnehin schon gut im Geschäft sind? Man lernt von Tag zu Tag besser, wie die eigene Stimme eigentlich funktioniert. Und natürlich: Man profitiert auch von der Infrastruktur eines Haues mit seinen Dirigent*innen, Pianist*innen, Souffleuren und Souffleusen, die allesamt bei der Erarbeitung und dem Verständnis einer Rolle helfen. Schon ein Jahr vor der Premiere beginnt man hier normalerweise mit dem Studium einer Rolle – für ausschließlich frei arbeitende Sänger*innen ist das deutlich schwieriger: Vielleicht hat man eine*n Gesangslehrer*in oder Pianist*in, mit der*m man regelmäßig arbeitet, aber wegen der vielen unterschiedlichen Engagements fehlt dann oft die Zeit zur intensiven Vorbereitung. Dass man sich und seine Stimme dabei schneller verbrennt, ist klar. Aber immer mehr Häuser setzen auf einen En-SuiteBetrieb, in dem immer nur eine Produktion für eine gewisse Zeit gezeigt wird – an denen also kein breites Repertoire vorhanden ist. Die Ensemblekultur verschwindet immer mehr aus dem Opernbetrieb. Glücklicherweise gibt es in Stuttgart Sänger*innen wie Simone Schneider, Matthias Klink oder Helene Schneiderman, die verstehen, wie
Heißt das im Umkehrschluss, dass es in Stuttgart keine Stars gibt? Das heißt es natürlich nicht! Aber das System ist so pervers geworden, dass ein internationaler Gesangsstar mitunter an einem Abend mehr verdient als ein*e Ensemblesänger*in im Monat. Wirtschaftlich gesehen ist es da natürlich viel interessanter, zwanzig, dreißig Vorstellungen frei zu singen als fest an ein Haus gebunden zu sein. Aber es ist auch immer eine Zerreißprobe zwischen Auftritten, Reisen und Familie. Was unterscheidet denn Stuttgart dann von anderen Häusern? Zentral in Stuttgart ist natürlich die große szenische Tradition: Hier bringt es mir als Casting Direktor nichts, von Gesangswettbewerb zu Gesangswettbewerb zu reisen und einfach jemanden mit guter Stimme zu suchen. Hier braucht es Menschen, die zum Stuttgarter Ensemblegeist und zu dieser Tradition passen. Dafür muss man auch mit den Künstler*innen sprechen. Ich bin sehr dankbar, dass der neue Generalmusikdirektor Cornelius Meister sich für solche Gespräche Zeit nimmt – auch bei szenisch, musikalisch oder sprachlich schwierigen Produktionen. Du warst die letzten Jahre Künstlerischer Betriebsdirektor bei der Ruhrtriennale. Ein Festival funktioniert doch ganz anders als ein Opernhaus, oder? Ja, dort konnten wir sehr gezielt für einzelne Projekte Künstler*innen zusammensuchen: verwandte
Und es braucht eine schöne Stimme. Nicht unbedingt schön. Eine Elektra braucht keine „schöne“ Stimme. Erst wenn Sänger*innen es schaffen, etwas mit ihrer Stimme zu transportieren, fängt es doch an, interessant zu werden. Darin sind unsere Leute sehr gut: die Stimme als Spiegel der Seele! Vielleicht ist das etwas pathetisch formuliert, aber das ist doch die eigentliche Essenz, die wir von den Großen des 20. Jahrhunderts gelernt haben: Bei Martha Mödl, Astrid Varnay, Kirsten Flagstad oder Maria Callas liegt schon in der Stimme ein Großteil der Theatralität. Hier steckt alles in der Intonation, in der Gestaltung, in einzelnen Akzenten. Lauter Idealfälle. Erlebst du diesen Idealfall oft? Meine erste Oper war Madama Butterfly, als ich vier Jahre alt war. Nach der Vorstellung war ich ein paar Tage völlig gaga, und es war klar, dass das meine Welt ist. Im Idealfall gerate ich auch heute noch nach einem Opernbesuch im besten Sinne des Wortes „aus der Fassung“ – und das, was ich auf der Bühne erlebt habe, bewegt mich noch mehrere Tage tief.
Andrew Bogard Bassbariton * Columbus, Ohio, USA Shaunard (La Bohème), Schlemihl (Les Contes d’Hoffmann), Dritter Edler (Lohengrin)
Esther Dierkes Sopran
Josefin Feiler Sopran * Bautzen, Deutschland u. a. Ännchen (Der Freischütz), Najade (Ariadne auf Naxos), Dalinda (Ariodante), Kreusa (Medea)
* Münster, Deutschland Ninetta (Die Liebe zu drei Orangen), Pat Nixon (Nixon in China), Mimì (La Bohème)
Maria Theresa Ullrich Mezzosopran * Bonn, Deutschland Giovanna (Rigoletto), Suzuki (Madama Butterfly), Neris (Medea), Tisbe (La Cenerentola)
David Steffens Bass
Michael Ebbecke Bariton
* Freilassing, Deutschland Wiesbaden, * Deutschland u. a. Angelotti (Tosca), Surin (Pique Dame), u. a. Ottokar (Der Freischütz), Onkel Bonze (Madama Butterfly), Sharpless (Madama Butterfly), Musiklehrer Truffaldin (Ariadne auf Naxos), (Ariadne auf Naxos), Zauberer Celio Eremit (Der Freischütz) (Die Liebe zu drei Orangen), Dörfling (Der Prinz von Homburg)
Torsten Hofmann Tenor * Görlitz, Deutschland Tschekalinski (Pique Dame), Andres / Cochenille / Pitichinaccio / Franz (Les Contes d’Hoffmann), Erster Edler (Lohengrin)
Johannes Kammler Bariton * Augsburg, Deutschland Guglielmo (Così fan tutte), Marcello (La Bohème), Pantalon (Die Liebe zu drei Orangen), Wachtmeister (Der Prinz von Homburg)
Catriona Smith Sopran * Hannover, Deutschland Berta (Il barbiere di Siviglia), Clorinda (La Cenerentola), Despina (Così fan tutte), Erste Hofdame (Der Prinz von Homburg)
Daniel Kluge Tenor * Buenos Aires, Argentinien u. a. Max (Der Freischütz), Tanzmeister (Ariadne auf Naxos), Steuermann (Der fliegende Holländer), Truffaldino (Die Liebe zu drei Orangen)
Petr Nekoranec Bass * Jihlava, Tschechische Republik Graf Almaviva (Il barbiere di Siviglia), Ernesto (Don Pasquale), Don Ramiro (La Cenerentola)
Helene Schneiderman Mezzosopran * Flemington, New Jersey, USA Gräfin (Pique Dame), Neris (Medea), Kurfürstin (Der Prinz von Homburg), 2. Kammerkonzert
Adam Palka Bass * Wałbrzych, Polen u. a. Colline (La Bohème), Don Basilio (Il barbiere di Siviglia), Sparafucile (Rigoletto), 2. Sinfoniekonzert
* Hagen, Deutschland Ariadne/Primadonna (Ariadne auf Naxos), Elsa (Lohengrin), Medea und Salome
Heinz Göhrig Tenor
Paweł Konik Bariton
* Heidelberg, Deutschland u. a. Spoletta (Tosca), Goro (Madama Butterfly), Scaramuccio (Ariadne auf Naxos), Zweiter Edler (Lohengrin)
* Cieszyn, Polen u. a. Marullo (Rigoletto), Alidoro (La Cenerentola), Harlekin (Ariadne auf Naxos), Zweiter Offizier (Der Prinz von Homburg)
Goran Jurić Bass * Karlovac, Kroatien Heinrich der Vogler (Lohengrin), Kreuz-König (Die Liebe zu drei Orangen), Colline (La Bohème)
Stine Marie Fischer Alt * Schwedt a.d. Oder, Deutschland Prinzessin Clarice (Die Liebe zu drei Orangen), Polina (Pique Dame), Maddalena (Rigoletto), 5. Sinfoniekonzert
Diana Haller Mezzosopran * Rijeka, Kroatien u. a. Ariodante, Angelina (La Cenerentola), Rosina (Il barbiere di Siviglia), Komponist (Ariadne auf Naxos), Adalgisa (Norma)
ENSEMBLE 18/19
Simone Schneider Sopran
Folgende Mitglieder des Ensembles waren während der Fotoshootings auf internationalen Gastspielen unterwegs oder einfach noch nicht in Stuttgart wohnhaft, da ihr Vertrag erst im September beginnt. Auf unserer Website werden die Fotos dann im Laufe des Herbstes präsent sein:
Matthew Anchel Bass * New York City, New York, USA u. a. Don Magnifico (La Cenerentola), Luther / Krespel (Les Contes d’Hoffmann) sowie Köchin / Farfarello (Die Liebe zu drei Orangen)
Atalla Ayan Tenor * Belém, Brasilien Hoffmann (Les Contes d’Hoffmann)
Olga Busuioc Sopran
Kai Kluge Tenor * Sindelfingen, Deutschland u. a. Lurcanio (Ariodante), Andres / Cochenille / Pitichinaccio / Franz (Les Contes d’Hoffmann), Prinz (Die Liebe zu drei Orangen)
* Ştefan Vodă, Moldawien Mimì (La Bohème), Antonia / Giulietta (Les Contes d’Hoffmann), Margherita / Elena (Mefistofele)
Liang Li Bass * Shan-Xi, China Donald (Der fliegende Holländer), Oroveso (Norma)
Elmar Gilbertsson Tenor * Reykjavik, Island Narraboth (Salome), Prinz (Die Liebe zu drei Orangen), Pylades (Iphigénie en Tauride)
Mingjie Lei Tenor * Hengyong, China Erster Offizier (Der Prinz von Homburg), Ferrando (Così fan tutte), Brighella (Ariadne auf Naxos)
Jarrett Ott Bariton * Pen Argyle, Pennsylvania, USA Figaro (Il barbiere di Siviglia), Marcello (La Bohème), Chou En-Iai (Nixon in China), Oreste (Iphigénie en Tauride)
Shigeo Ishino Bassbariton * Chiba, Japan Kreon (Medea), Der Heerrufer des Königs (Lohengrin), Leander (Die Liebe zu drei Orangen), Henry Kissinger (Nixon in China)
* Fellbach, Deutschland Herodes (Salome), Iason (Medea), Mao Tse-tung (Nixon in China)
Michael Nagl Bass Wien, * Österreich Kuno (Der Freischütz), Basilio (Il barbiere di Siviglia), Surin (Pique Dame), Dritter Offizier (Der Prinz von Homburg), Vierter Edler (Lohengrin)
* Grieskirchen, Österreich Gilda (Rigoletto), Musetta (La Bohème), Olympia (Les Contes d’Hoffmann), Zerbinetta (Ariadne auf Naxos)
Pavel Valuzhin Tenor Der Fotograf Matthias Baus hat unser Ensemble in seinem Stuttgarter Atelier fotografiert. www.matthiasbaus.com
* Radoshkovich, Weißrussland Herzog von Mantua (Rigoletto), Rodolfo (La Bohème)
* Geburtsort
Matthias Klink Tenor
Beate Ritter Sopran
1. Violine 1. Konzertmeister Wolf-Dieter Streicher 1. Konzertmeister Jewgeni Schuk 1. Konzertmeisterin Elena Graf Gustavo Surgik Stv. Konzertmeister Holger Koch Evgeny Popov Ralph Kulling Sigrid Schenker-Reitz Murat Önce Michael Wille Anja Boruvka-Önce Eva-Maria Schäfer Andreas Vogel Kathrin Scheytt Bettina Penzel Elena Trust Anna Rokicka Cristina Stanciu Anca Ionita Johannes Anefeld Nicola Wiedmann Vanessa Gembries
2. Violine Muriel Bardon Stimmführerin Alexandra Maria Taktikos Stimmführerin Thomas Bilowitzki Martin Bieber Martin Wissner Roland Heuer Ikuko Nishida-Heuer Sonoko Imai-Stastny Barbara Jakoblev Diethelm Busch Christian Frey Kirsten Frantz Natia Wiedmann Marion Schäfer Andrea Reiß Sebastian Klein Veronika Unger Alexander Jussow Yuan-Wen Chang
Kontrabass Burkhard Mager, Solo Ruben Hoppe, Solo Stefan Koch-Roos Kai Hofert Lars Jakob Manuel Schattel Benedikt Büscher Michael Sistek
Klarinette Nicole Kern, Solo Stefan Jank, Solo Michael Rathgeber Gunter Pönisch Frank Bunselmeyer Stefanie Faber Fagott Marianne Engelhardt, Solo Ulrich Hermann, Solo Sebastian Mangold Jürgen Fenner Gudrun Müller Christina Becker Harfe Andrea Berger, Solo Frederike Wagner, Solo Horn Philipp Römer, Solo Claudius Müller, Solo Reimer Kühn, Solo Gabriele Guder Karen Schade Susanne Wichmann Martin Grom Nadja Helble Christina Kloft
Orchestergeschäftsführerin Eva Bunte Orchesterbüro Ellen Breier Sarah Fuhr Lisa Nielsson Sonja von Schwanenflügel Musikbibliothek Stefan Geiß Julia Schell Sabine Wolf
Viola Madeleine Przybyl, Solo Jan Melichar Axel Breuch Karin Böhnel-Gehring Gundula Vogel Gabriele Fiedler Tomoko Ariu Almut Lucia Beyer Thomas Gehring Xaver Paul Thoma Andrea Wegmann Charlotte Kirst Bertram Jung Robin Porta
Flöte Andreas Noack, Solo Nathanaël Carré, Solo Beatrix Meyer-Bode Joseph Singer Evamarie Müller Monika Egerer Oboe Michael Kiefer, Solo Ivan Danko, Solo Ulrike Below Sonja Kierspel Nadine Bauer Katrin Stüble
Orchesterwarte Roman Faigle Alexander Garriss Alexander Köpf Harald Kromer Ralf Kühner Martin Lynch
Generalmusikdirektor Cornelius Meister Referentin des GMD Rebecca Röse Kapellmeister & Assistent des GMD Thomas Guggeis Konzertdramaturgin Barbara Eckle
Trompete Alexander Kirn, Solo Sebastian Berner, Solo Werner Heckmann Bernhard Kratzer Martin Maier Andreas Spannbauer Posaune Reinhard Riedel, Solo Christian Hammerer, Solo Bernhard Leitz Alexander Erbrich Frank Greiner Matthias Dangelmaier
Tuba Thomas Brunmayr Pauke Ulrich Grunert, Solo Harald Löhle, Solo Schlagzeug Christoph Wiedmann Thomas Höfs Philippe Ohl Jürgen Spitschka Claudius Lopez-Diaz Mark Strobel
Hans Op de Beeck, Tatiana (Butterfly), 2017, sculpture: polyester, wood, polyamide
Violoncello Francis Gouton, Solo Zoltan Paulich, Solo Michael Groß Jan Pas Guillaume Artus Philipp Körner David Cofré Vache Bagratuni John Campbell White Joachim Hess Doris Erdmann
Junge Junge Oper im Nord
im Nord
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ISSUE No. 1
Oper
Was wir wollen: 1 JOiN ist eine Einladung, ein Prinzip und eine Aufforderung! 2 Wir bringen uns ein mit unserer Lust, unserer Leidenschaft, unserem Wissen und unserem Können. 3 Wir wissen, dass wir „nur“ unsere Lust, unsere Leidenschaft, unser Wissen und unser Können einbringen. 4 JOiN soll eine Schnittstelle zwischen Künstler*innen und Publikum, zwischen Alt und Jung, zwischen Profis und Laien, zwischen unterschiedlichen Kunstformen, Sparten und Genres sein.
5 Wir machen Stücke, weil sie uns gefallen, nicht weil sie pädagogisch wertvoll sind. 6 Wir fragen bei JOiN nicht nach eurer Identität oder eurer Herkunft, sondern interessieren uns für eure Haltung und für eure Perspektive. 7 Wir sehen euch als Teil eines künstlerischen Prozesses: in Workshops, auf der Bühne und als mitredendes Publikum. 8 Wir wollen die Begriffe Künstler*in, Vermittler*in und Rezipient*in in Unordnung bringen. 9 Wir vermitteln Oper nicht als fertiges, sondern „zu bestaunendes“ Kunstwerk. → Was wollt ihr? Schreibt uns: join@staatstheater-stuttgart.de
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Junge Oper im Nord
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beitreten verbinden teilnehmen eintreten verknüpfen sich anschließen hinzukommen zusammentreffen zusammenfließen hingehen zusammenstoßen sich treffen PREMIERE – ERÖFFNUNG JOiN
DER SCHAUSPIELDIREKTOR Wolfgang Amadeus Mozart / Henrik Albrecht Musikalische Komödie für Kinder ab 8 Jahren und ihre Familien Musikarrangement von Henrik Albrecht nach Motiven von Wolfgang Amadeus Mozart Spielfassung von Elena Tzavara und Henrik Albrecht Regie Elena Tzavara Musikalische Leitung Thomas Guggeis, Christopher Schmitz Bühne & Kostüme Elisabeth Vogetseder Mit Aoife Gibney*, Fiorella Hincapié*, Ida Ränzlöv*, Carina Schmieger*, Elliott Carlton Hines*, Moritz Kallenberg*, Jasper Leever*, Michael Nagl, Sebastian Schäfer, Christopher Sokolowski* *Mitglied des Opernstudios der Staatsoper Stuttgart Staatsorchester Stuttgart
Das Leben des Schauspieldirektors Frank ist alles andere als einfach: Für seine kommende Premiere benötigt er Geld, eine funktionie rende Technik, gute Sänger und, und, und … Und schnell wird klar, dass wir uns seit meh reren Jahrhunderten mit den gleichen Schwierigkeiten im Theater herumschlagen wie seinerzeit Mozart. Zur Eröffnung des JOiN wird die gesamte Bandbreite der Welt vor, hinter und auf der Opernbühne ausgerollt!
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Matthias Klink ab der Saison 18/19 Schirmherr des Internationalen Opernstudios Stuttgart Der aus Fellbach-Schmieden stammende Tenor Matthias Klink begann seine Karriere 1995 im Ensemble der Kölner Oper. Schon bald trat er freischaffend an den großen Opernhäusern und Festivals wie den Staatsopern Hamburg, Berlin und München, der Semperoper Dresden, dem Liceo in Barcelona, der Opéra Lyon, der Mailänder Scala, der Wiener Staatsoper, der Met in New York, dem Festival in Aix-en-Provence, der Ruhrtriennale und den Salzburger Festspielen auf. In Salzburg ist er seit 1999 regelmässig zu Gast, zuletzt im Sommer 2017 als Graf von Kent in Aribert Reimanns Oper Lear unter der Leitung von Franz Welser-Möst. Im Laufe seiner Karriere hat er sich ein enormes Repertoire erarbeitet – von den Tenorpartien Mozarts über Partien wie Don José (Carmen), Faust (La Damnation de Faust), Lenski (Eugen Onegin) und Pierre Besuchow (Krieg und Frieden) bis Tom Rakewell in The Rake’s Progress oder Jim Mahoney in Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny. Er singt ebenso die großen Operettenrollen Lehárs und Kálmáns wie auch in Uraufführungen von Werken Wolfgang Rihms und Luciano Berios. In jüngster Zeit feierte er große Erfolge als Alwa in Bergs Lulu in München und Hamburg oder als Herodes in Strauss’ Salome. Von Publikum und Kritik einhellig gefeiert wurde seine Darstellung des Gustav von Aschenbach in Brittens Death in Venice an seiner Heimatbühne, der Staatsoper Stuttgart. Die Kritiker der Zeitschrift Opernwelt kührten ihn dafür sogar zum Sänger des Jahres 2017. Im Januar 2018 wurde ihm den Ehrentitel Kammersänger der Staatsoper Stuttgart verliehen. Internationale Auftritte als Konzert- und Liedsänger runden sein breites künstlerisches Spektrum ab. Rollen an der Staatsoper Stuttgart in der Saison 18/19: Herodes (Salome), Iason (Medea), Mao Tse-tung (Nixon in China)
Zusammen mit Mitgliedern des Internationalen Opernstudios Stuttgart und dem Kammersänger Matthias Klink wird am 1. Dezember die neue Spielstätte JOiN mit der Oper Der Schauspieldirektor nach W. A. Mozart eröffnet. Matthias Klink wird ab dieser Spielzeit die Schirmherrschaft des Opernstudios übernehmen. Wir haben ihn getroffen und ihm einige Fragen zum Thema des Stückes, Das Theater im Theater, gestellt:
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Eine Produktion des Opernstudios der Staatsoper Stuttgart unter der Schirmherrschaft von Kammersänger Matthias Klink Eine Übernahme der Salzburger Festspiele
GOLD Leonard Evers Musiktheater für Kinder ab 6 Jahren und ihre Familien Libretto von Flora Verbrugge nach den Brüdern Grimm Deutsche Übersetzung von Barbara Buri
Was war dein schrecklichstes Erlebnis im Theater? Eines meiner schrecklichsten Erlebnisse war die Probenzeit zu einem Stück in Stuttgart: Ich war der Filmregisseur im Stück und sollte Regie führen. Eigentlich sehr lustig! Meine Auftrittsarie, untermalt von einem Blechbläser-Ensemble von 20 Musiker*innen, wurde leider so dirigiert, dass man mich nicht mehr hörte. Da es sich bei dem Stück um eine Uraufführung handelte, hat der Dirigent die Schuld der Komposition gegeben und diese nicht erst bei sich gesucht, sodass ich irgendwann mit den Worten einschritt: „Wenn Sie, Herr Dirigent, nicht leiser dirigieren können, dann habe ich hier oben nichts mehr zu suchen“. Und dann bin ich gegangen.
Regie Jörg Behr Bühne Line Sexauer Kostüme Kerstin Hägele Dramaturgie Ann-Christine Mecke Mit Marta Klimasara, Philipp Nicklaus
Einen Fisch, der alle Wünsche erfüllt, wer hätte das nicht gern: Schuhe, ein Haus, ein Schloss mit Personal, einen Palmenstrand, Pizza und Pommes ohne Ende. Und doch kommt es dem kleinen Jacob und seinen Eltern so vor, als könnte alles viel schöner, größer und noch besser sein … Angelehnt an das Märchen Vom Fischer und seiner Frau haben die Autorin Flora Verbrugge und der Komponist Leonard Evers eine poetische und tiefsinnige Kinderoper über das Glück geschrieben.
Hast du schon mal vor Kindern gespielt und gesungen? Wie war das für dich? Ja, das war an der Kinderoper Köln, da haben wir Die Nachtigall von Strawinsky aufgeführt. Ich spielte den Fischer, führte als Conférencier durch das Stück und hatte zu Beginn eine Heidenangst vor den Kindern. Angst, meinen Text zu vergessen und nicht weiter zu wissen, wenn die Kinder mich etwas fragen oder ansprechen würden. Die Angst legte sich aber sofort nach der Premiere …
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Würdest du sagen, dass Kinder das ehrlichste Publikum sind? Auf jeden Fall sind sie in ihren Reaktionen viel direkter und dadurch auch ehrlicher. Für mich ist es selbstverständlich, dass Kinder an unserer Kultur und unserer Gesellschaft teilhaben. Wenn wir das ausschließen würden, dann würden wir uns und die Kultur nicht lebendig halten.
Hast du Lampenfieber vor deinem Auftritt? Und wie bereitest du dich auf deinen Auftritt vor? Ja, ich habe immer Lampenfieber. Vor einer Vorstellung singe ich mich ein und mache viel Körperarbeit. Und vor allem suche ich mir immer einen Ort, an dem mich keiner stört. Das ist mein wichtigstes Ritual gegen Lampenfieber, d.h. ich halte mich dann meist in den Katakomben der Oper auf. Da stört mich niemand. Da hört mich niemand. Wie viele Vorsingen hast du in deinem Leben gemacht? 1, 2, 3 … vielleicht 10 insgesamt. Zusätzlich macht man, vor allem für Dirigent*innen, sogenannte „Arbeitsproben“, damit man sieht, ob man gut miteinander arbeiten kann. Was ist dir auf der Bühne besonders wichtig? Ich habe den großen Anspruch, mit den Menschen, die zuhören und zuschauen, zu kommunizieren. Ich will nicht irgendwie ein Gesangsstück darstellen. Ich möchte Geschichten erzählen. Immer.
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Gastspiel Wien: 26. / 27. Januar 2019, Taschenoper Wien
Nun zum Opernstudio: Was hast du mit den jungen Menschen vor? Ich würde gerne ihre künstlerische Entwicklung intensiv mit begleiten und für sie da sein. Ihnen „Aug’ und Ohr“ sein. Coachings und Workshops gehören für mich dabei natürlich dazu.
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WIEDER IM REPERTOIRE
Für diese Vorstellungen gibt es ein begrenztes Kartenkontingent für Gruppen. Schulvorstellungen
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sich jmdm./etw. anschließen sich zu jmdm. gesellen sich jmdm./etw. zugesellen sich in etwas einreihen zusammenfügen …
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ab 3 Jahre Das Lamm, das zum Essen kam Lollo ab 4 Jahre Kasimir lässt Frippe machen Die drei Räuber ab 6 Jahre Gold Rotkäppchen ab 8 Jahre Der Schauspieldirektor ab 12 Jahre Control CTRL ab 16 Jahre Antigone-Tribunal
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Junge Oper im Nord
URAUFFÜHRUNG
ANTIGONE-TRIBUNAL Leo Dick Europäisches Musiktheater-Projekt für alle ab 16 Jahren Libretto nach dem Stück Die drei Leben der Antigone von Slavoj Žižek Fassung von Blanka Rádóczy und Leopold Dick Musikalische Leitung Christopher Schmitz Regie & Bühne Blanka Rádóczy Kostüme Andrea Simeon Dramaturgie Christoph Sökler Mit Ida Ränzlöv*, Carina Schmieger*, Andrew Bogard *Mitglied des Opernstudios der Staatsoper Stuttgart Staatsorchester Stuttgart
Dreimal wird in Slavoj Žižeks 2015 erschienenem Theaterstück Die drei Leben der Antigone der Widerstand Antigones gegen jede staatspolitische Vernunft zu einem jeweils anderen Ende geführt. Der Chor, das Volk oder die Bürger*innen kommentieren dabei nicht nur, sondern werden selbst zum Akteur. Mit einem eigens gecasteten Bürgerchor beleuchten wir auf und hinter der Bühne Fragen nach dem Erhalt, der Veränderung, der Auflösung oder der Neuschaffung politischer Ordnung, die sich angesichts der unsicheren Zukunft Europas immer drängender stellen.
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Choreografie Rotkäppchen
Du hast mit deinem Nachnamen ein Pendant in der Filmgeschichte, eine Kunstfigur: Monsieur Hulot. Kennst du die Filme Die Ferien des Monsieur Hulot, Mein Onkel, Tatis herrliche Zeiten und Trafic von Jacques Tati? Und magst du Humor auf der Bühne? Ja, auf jeden Fall! Mein Vater war ein großer Fan von allen Filmen Jacques Tatis. Schon früh habe ich diese Filme schätzen gelernt. Ich mag seine burleske Art „à la francaise“: Tatis poetische Sicht auf den Menschen in unserer modernen Gesellschaft. Humor auf der Bühne liebe ich, aber ich gehöre eher zu denjenigen, die eher in den unpassenden Momenten lachen ... Warum wurdest du Choreograf? Oder wie bist du zum Tanz gekommen? Woher kommst du? Der Drang zu Choreografieren entstand während des Tanzens selbst. Als ich Tänzer war, hatte ich nur die Rolle des Interpreten auszufüllen. Ich hatte dann immer das Gefühl, dass mir etwas Wichtiges in meiner künstlerischen Entwicklung fehlen würde. Um diese Lücke zu schließen, begann ich meinen Blick auf die Erschaffung eines choreografischen Werkes zu richten. Der Lust zu Tanzen verfiel ich sehr früh: Als ich mit fünf Jahren auf Korsika meiner großen Schwester beim Tanzunterricht zusah. Da geriet ich völlig in Ekstase. Mit sechs Jahren fing ich mit einem Anfängerkurs in meiner Tanzschule in Ajaccio an, wurde mit zehn Jahren in die Tanzschule der Pariser Oper aufgenommen und dort zum ersten Mal mit der Realität konfrontiert: Tanzen bedeutet vorallem Disziplin und sich täglich aufzuopfern. Was bewirkt Musik bei dir? Die Musik ist oft die erste Inspirationquelle meiner Werke. Es ist sehr schwierig, das Gefühl oder besser: den Effekt, den Musik in mir auslöst, zu definieren oder zu beschreiben. Aber wenn ich ein Adjektiv wählen müsste, um diese zu beschreiben, wäre es „durchlässig“. Wie würdest du dich und deine Arbeit beschreiben? Ich denke, ich bin nicht reif genug, um mich selbst beschreiben zu können, aber ich habe gelesen, dass die im Sternzeichen der Jungfrau Geborenen entweder eine weise Seite oder eine verrückte Seite haben … Es scheint, als wüsste ich noch nicht, wo ich mich einordnen sollte. Die Quelle meiner Arbeit liegt hauptsächlich in der musikalischen Inspiration, in der Spontaneität, wenn es darum geht, eine Bewegung zu erschaffen, und vor allem in der Beziehung und Zusammenarbeit mit dem Künstler, mit dem oder der ich das Werk gestalte. Glaubst du, dass das Rotkäppchen absichtlich in den Wald geht, um den bösen Wolf zu treffen (weil man es dem Rotkäppchen verboten hat, dorthin zu gehen)? Ich denke, dass das von der Version der Geschichte abhängt, auf die man sich bezieht. Es scheint mir, dass das junge Mädchen (oder Rotkäppchen) in der Version von Charles Perrault eher als naiv beschrieben wird und die Gefahren des Waldes nicht kennt. Märchen werden immer mit Moralvorstellungen der jeweiligen Zeit gespickt. Ich bin daher sehr gespannt, wie wir unser Rotkäppchen interpretieren. Hast du ein Ziel? Ja, sehr viele, Lebensziele und auch künstlerische Ziele, aber ich bevorzuge diese versteckt und geheim zu halten, genau wie die Geschichten hinter meinen Stücken.
Fragen an Leo Dick How to do Uraufführung? – Im Zweifelsfall Pierrot! Wir haben dem Komponisten Leo Dick die Frage gestellt, wie eine Uraufführung überhaupt funktioniert! Lest hier seine Antwort: Am Anfang steht das Thema: ein Opernabend über Zivilcourage – passt, gerade für unsere Zeit. Als Schweizer denke ich sofort an das fatale Fehlen derselben bei Max Frischs Biedermann und die Brandstifter. Nein, Antigone soll es sein, aufmüpfige Heldin einer gewaltlosen Résistance, Urbild zivilen Ungehorsams. Zeitlos und universell, in der eigenen Schulzeit suggestiv vermittelt durch einen leidenschaftlichen Griechischlehrer. Ein persönlicher Zugang besteht also bereits. Gut, Antike, wie gehabt, könnte man meinen – doch abseits ausgetretener Opernpfade: Die alten Meister bevorzugten die lyrischen Pastoralgeschichten um Daphne und Orpheus, die neuen suchen drastischere Stories im alten Mythenfundus. Bei allem Respekt: Neben Honegger, Orff und Theodorakis gibt’s noch Platz – für eine Antigone 4.0 sozusagen. Fokus und Konzentration lautet einerseits das Gebot der Stunde. Zum thebanischen Bürgerkriegstrauma passt kein Sinfonieorchester. Stattdessen ein kleines Ensemble, brüchig, versehrt, fragil. Brauchen wir außer den Antipoden Antigone und Kreon wirklich noch weitere Solist*innen auf der Bühne? Wozu Ismene und die ganzen Wächter- und Botengestalten? Klar, Drama spielt sich im Dreieck ab, also her mit Haimon, Bräutigam Antigones, Sohn Kreons! Und her mit Teiresias, dem unerbittlichen Verkünder nahenden Unheils! Klassischer Fall von Doppelrolle, würde ich sagen – die Katalysatoren des Dramas vereint in einer Partie: Mezzosopran, Hosenrolle? Doch ökonomische Bündelung allein kommt dem Stoff nicht bei. Seit zweieinhalbtausend Jahren wird die Story erzählt. Die Wucherungen der Rezeptionsgeschichte treten in der Textbearbeitung offen zutage: Statt des einen, unentrinnbaren Fatums stellt uns Žižek drei alternative Enden zur Auswahl. Die gesellschaftlichen Filterblasen und Echokammern, in die der Mythos sich bei ihm verzweigt, müssen unbedingt auch in die Musik. Vielleicht als virtueller Resonanzraum, verfremdeter elektroakustischer Nachhall der Vokal- und Instrumentalklänge auf der Bühne. Verdichtung des Stimmengewirrs eines pluralistischen Bürgerchors bis zum Rauschen.
PREMIERE
ROTKÄPPCHEN Georges Aperghis Musiktheater für Kinder ab 6 Jahren und ihre Familien Choreografie & Regie Guillaume Hulot, Elena Tzavara Bühne & Kostüme Elisabeth Vogetseder Mit Lisa Kuhnert, Andrea Nagy, Olga Wien, Markus Hein, Mark Lorenz Kysela
Georges Aperghis komponierte sein Rotkäppchen 1985 auf die Version von Charles Perrault. Mit viel musikalischem Witz und Esprit findet er in der Geschichte um den Wolf, Rotkäppchen und die Großmutter immer wieder neue überraschende Konstellationen. Dem sechsköpfigen Instrumentalensemble überträgt er dabei auch szenische Aufgaben, sodass aus dem bekannten Märchen ein hochvirtuoses musiktheatralisches Kammerstück entsteht.
„Und welche Besetzung schwebt dir vor?“ Jetzt nichts Falsches sagen. Der Rat meines ehemaligen Profs: Finger weg von bizarren Instrumentencombos, nur um originell sein zu wollen! Mit dem Ensemble von Schönbergs Pierrot lunaire bist du auf der sicheren Seite, denk über den Tellerrand der Uraufführung hinaus! Ja, aber wie bring’ ich die Staatsaktion, die Polis zum Klingen? Schwierig ohne wenigstens einen Blechbläser und ohne Trommel – die klassischen Heroldsinstrumente. Womit wir schon wieder fast bei der Besetzung von Strawinskys Geschichte vom Soldaten wären. Wie die Fabel von Antigone lehrt: Vor der (eigenen) Geschichte gibt’s kein Entkommen – Segen oder Fluch?
Casting Bürgerchor
ab 4.5.19
am Samstag 13. und 20. Oktober 2018 ab jeweils 10 Uhr
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Fragen an Guillaume Hulot
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Eine Produktion ACHT BRÜCKEN / Musik für Köln gemeinsam mit JOiN Gastspiel Köln: 11. Mai 2019 um 16 Uhr
Für Antigone-Tribunal suchen wir Menschen jeden Alters mit Lust auf Mitsprache, eine detaillierte und herausfordernde Probenarbeit sowie auf einen Diskussionsprozess mit Experten*innen über das Thema des Stücks hinaus. Geprobt wird ab November 2018 ein- bis zweimal pro Woche. Intensivproben in den Faschingsferien 2019. Mit Voranmeldung: join@staatstheater-stuttgart.de Weitere Infos: www.staatsoper-stuttgart.de / join / casting
SIT
Ein Sitzkissenkonzert dauert etwa eine halbe Stunde. Jeweils 30 Minuten vor Beginn der Vorstellung sind die Kinder zu einer Bastelarbeit zum Thema des Sitzkissenkonzerts eingeladen. Anschließend an das Konzert haben sie Gelegenheit, die Instrumente, die sie vorher gesehen und gehört haben, selbst auszuprobieren und so kennenzulernen.
ZEN
SITZENGEBLIEBEN! Unsere gemeinsam mit dem Staatsorchester entwickelten Sitzkissenkonzerte bleiben im Opernhaus, Foyer III. Rang!
1. SITZKISSENKONZERT – NEUPRODUKTION
DAS LAMM, DAS ZUM ESSEN KAM Sitzkissenkonzert für Kinder von 3 bis 6 Jahren nach dem gleichnamigen Buch von Steve Smallman, Joëlle Dreidemy und Therese Hochhuth Mit Lars Jakob, Manuel Schattel Kontrabass
Der hungrige Wolf bereitet gerade sein traditionelles Eintopf-Rezept vor, als plötzlich ein Lamm vor seiner Tür steht. Der Wolf gerät ganz durcheinander: Was tun, wenn einen das Abendessen lieb anlächelt und um den Hals fällt? Eine wunderschöne Geschichte über Freundschaft und Verantwortung wird am Ende mit einem ganz ausgezeichneten GemüseEintopf gekrönt!
ab 17.11.18 2. SITZKISSENKONZERT
DIE DREI RÄUBER Sitzkissenkonzert für Kinder von 4 bis 7 Jahren nach dem gleichnamigen Buch von Tomi Ungerer Mit Werner Heckmann/Andreas Spannbauer/ Martin Maier Trompete Gabriele Guder/Martin Grom Horn Bernhard Leitz/Christian Hammerer Posaune Thomas Brunmayr/Dorian Kraft Tuba
Die drei Räuber überfallen Kutschen und berauben die Reisenden. Als sie eines Tages auf einem ihrer Raubzüge auf das kleine Waisenmädchen Tiffany treffen, wendet sich ihr Leben. Sie beginnen nach anderen unglücklichen Kindern zu suchen, für die sie ein prächtiges Schloss kaufen und schließlich eine ganze Stadt gründen.
ab 13.5.19
3. SITZKISSENKONZERT
KASIMIR LÄSST FRIPPE MACHEN Sitzkissenkonzert für Kinder von 4 bis 6 Jahren nach dem gleichnamigen Buch von Lars Klinting Mit Marion Schäfer Violine Muriel Bardon Violine Robin Porta Viola Joachim Hess Violoncello
Frippe, der kleine Freund von Kasimir, übernimmt für ein paar Tage dessen Werkstatt. Und das ist gar nicht so einfach, denn auf einmal geht allen Leuten irgendetwas kaputt. Mit gro ßem Elan flickt Frippe pünktlich alles Mög liche. Nur fallen Frippes Reparaturen alle ein bisschen anders aus als geplant.
GEBLIE
BEN!
ab 29.6.19
PREMIERE
LOLLO Elisabeth Naske Interaktives Musiktheater für Kinder von 3 bis 6 Jahren zum Thema Müll, Umweltschutz und Nachhaltigkeit von Ela Baumann (Libretto und Konzept)und Elisabeth Naske (Musik und Konzept) Regie Lovinia Schuchert
Auf dem Müll liegt eine Puppe. Mitten zwischen alten Kannen und Dosen, Kleidern und Hosen. Lollo. Jemand hat sie weggeschmissen. Aber Lollo will kein unbrauchbares Gerümpel sein. Auf dem Müllberg findet sie anderes kaputtes Spielzeug. Sie sammelt es ein, fährt damit in den Wald. Dort wird alles, was kaputt ist, repariert. Bald spricht es sich im Wald herum, dass Lollo allen Wald- und Spielzeugtieren helfen kann.
ab 25.5.19 2019 Mai
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In Zusammenarbeit mit der Abfallwirtschaft Stuttgart
STÜCKENTWICKLUNG
CONTROL CTRL Musiktheater-Installation von, mit und für Jugendliche ab 12 Jahren Szenische Realisation Stefanie Mader
Wir rufen die digitale Republik CONTROL aus und suchen nach virtuellen Antworten auf brennende Fragen: Was heißt Gerechtigkeit? In was für einem Staat wollen wir leben? Wie organisieren wir unsere Zukunft? In einer breit angelegten und semidigitalen Installation erproben junge Bürger*innen neue und schöne Welten zwischen Wirklichkeit und Avatar, zwischen Kontrolle und Kontrollverlust.
ab 22.6.19 2019 Jun
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Vernissage
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Finissage
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Meister Caspers präsentiert: DER ZAUBERLEHRLING von Paul Dukas Ein Konzert für Kinder ab 6 Jahren, ihre Familien und Schulklassen → empfohlen bis Klasse 6 Das Konzert wird dirigiert von Cornelius Meister und moderiert von Ralph Caspers (Wissen macht Ah!, Die Sendung mit der Maus u.v.m.)
am 13.5.19 im Opernhaus
Hans Op de Beeck, Determination (New York kids), 2003, Series of Photographs, Archival Paper and 1 × 1m Light Box
Gefördert vom:
Ein Chat-Verlauf zwischen der Dramaturgie-Hospitantin Clara Kauffmann und dem Medienpädagogen Tobias Brauchler
Tobias Brauchler 15.03.18, 15:01 Uhr Nachrichten in dieser Konversation sind jetzt mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschützt.
Hallo Tobi! Bist du bereit? :)
So nach dem Motto: Kontrollierst du dein Smartphone oder kontrolliert es dich?
„Angriffe aus dem Cyber Space" klingt gleich sehr groß, nach Krieg, Wirtschaftsspionage oder Bundeswehr, welche tatsächlich seit dem letztem Jahr eine eigene Einheit zur Cybersicherheit hat. Das sind jedoch keine alltäglichen Probleme. Uns „Otto-NormalVerbrauchern“ kann passieren, dass Kreditkarteninformationen geklaut werden oder dass eine andere Person sich im Netz für uns ausgibt und einen Account, z. B. bei Facebook, erstellt, der genauso aussieht wie mein echter. Hier könnten Freunde in meinem Namen beleidigt werden oder persönliche Informationen und Bilder von meinen Freunden erschlichen werden. Hier sehe ich eine viel größere Gefahr.
16:04
Wie gesagt, wenn das Smartphone richtig eingeführt und vorbereitet wurde, dann kann das funktionieren. Derzeit kommt das sehr stark auf die Eltern an, weil in den Kitas und der Schule das Thema eigentlich so gut wie gar nicht vorkommt. Ich bin schon froh, dass mit dem Bildungsplan 2016 wenigstens ein bisschen mediale Bildung Einzug in die Schulen findet. Aber das reicht noch lange nicht, um auf die Nutzung solcher Geräte vorzubereiten. 16:05
Findest du dann zum Beispiel sogenannte iPad-Klassen sinnvoll?
Die Firmen verdienen momentan hauptsächlich Geld damit, dass Werbung ganz konkret auf uns zugeschnitten angezeigt wird. Das heißt, wenn ich z. B. ein Video auf YouTube schaue, dann werde ich eine andere Werbung angezeigt bekommen als du, wenn du das gleiche Video anschauen würdest. Desweiteren sind Versicherungen an den Daten interessiert. Wie gesund leben wir? Mit einem Fitnessarmband kann das sehr gut überwacht werden. In Deutschland muss ich dieser Überwachung zustimmen, jedoch wird mit Preisnachlässen bei der Versicherung genau für diese Überwachung geworben.
TB
TB
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ISSUE No. 1
Junge Oper im Nord
CK
15:05
Smartphones sind erstmal technische Geräte, Werkzeuge, welche ich für verschiedene Tätigkeiten nutzen kann. Diese Tätigkeiten können sowohl nützlicher wie auch destruktiver Natur sein. Etwas übertrieben wird es an einem Hammer deutlich: Ich kann damit ein Haus bauen, aber auch jemanden töten. Smartphones mit Apps wie z. B. Google Maps können uns den Lebensalltag deutlich erleichtern, indem uns das Navi den schnellsten Weg zeigen kann. Jedoch muss mir dabei gleichzeitig bewusst sein, dass Google als Firma mit meinen Bewegungsdaten Geld verdienen möchte. 15:12
16:07
Du hast vorher von ungesunden Tendenzen gesprochen: ab wann ist man denn Handysüchtig? Wenn die Augen schon viereckig werden? :) Wenn ich nur die Zeit zähle, die ich zum Spaß an Smartphone oder Laptop verbringe, ist das vielleicht so eine Stunde im Durchschnitt. Ist das zu viel?
Deshalb sollten Jugendliche auch schon früh darüber aufgeklärt werden, oder? Apropos Jugendliche … ab wann sollte man denn ein Smartphone besitzen dürfen? Ich glaube, ich hatte mein erstes mit 13.
15:02
15:08
Ich befürworte Tablet-Klassen, damit kann früh die Grundlage für einen selbstbestimmten und kontrollierten Umgang gelegt werden. Aber in der Realität sehe ich sehr viel pädagogischen Unsinn, welcher mit diesen Geräten gemacht wird. Nur ein neues technisches Gerät zu benutzen, löst keine Probleme und hilft niemandem weiter. Zuerst müssen entsprechende sinnvolle Konzepte entwickelt werden, bevor ich Technik an Schulen hole.
15:38
Alles klar!
Smartphones werden oft verteufelt, aber ich finde, es gibt auch positive Aspekte. Mein Alltag ist zum Beispiel durch die VVS-App oder Google Maps viel einfacher :D Was hältst du davon?
16:06
15:43
Medienbildung muss vom Kindergarten an ein kontinuierlicher Teil der elterlichen Erziehung, aber auch ein Teil der staatlichen Bildung sein. Das kann altersgerecht erfolgen, sowohl mit wie auch ohne Medien. Es fängt grundsätzlich damit an, Kindern das Medium Film überhaupt erst zugänglich zu machen. Auch das Thema private Daten kann bereits in der Grundschule behandelt werden. Die Arbeit der Eltern, Kindergärten und Schulen sollte aufeinander aufbauen, damit das Kind begleitet in den Umgang mit Medien hinwachsen kann. Ab wann dann ein Kind bereit ist, selbständig ein Smartphone zu besitzen, hängt sehr stark von der persönlichen Entwicklung des Kindes ab. Eltern müssen das individuell für jedes Kind entscheiden. Obwohl sehr viele dem gesellschaftlichen Druck nachgeben, weil in Klasse 5 „hat ja jeder eins“.
16:14
Ich kann süchtig sein und „nur“ 5 Stunden pro Tag das Smartphone benutzen. Ich kann aber auch 10 Stunden pro Tag das Smartphone nutzen und nicht süchtig sein. Es kommt nicht auf die Zeit an, sondern auf andere Faktoren. Einer ist z. B., ob meine Emotionen nur über das Smartphone reguliert werden und ich ohne es gar keine richtige Freude und Trauer mehr empfinden kann. Wenn sich alles im Leben nur noch darum dreht, wann ich es das nächste Mal nutzen kann. 16:16
Kann man das denn selbst einschätzen, ob man süchtig ist? Ich würde nämlich sagen, dass das bei mir überhaupt nicht der Fall ist.
15:56
Benutzt du deswegen kein Google Maps? Und findest du, Smartphones sind eher Hämmer zum Häuser-Bauen oder zum Töten?
Kann man denn nicht schnell in eine Abhängigkeit rutschen, wenn man so früh ein Handy hat? Ich würde zum Beispiel den nächsten McDonalds nicht ohne Google Maps finden. Und wenn, dann erst nach 2 Stunden :’D
15:15
Genau. Ich benutze z. B. auch DuckDuckGo als Suchmaschine und nur in Ausnahmen Google und Google Maps. Für mich sind Smartphones beides, so verzahnt, dass ich das Positive nie ohne das Negative denken kann – aber eben auch nie das Negative ohne das Positive!
16:17
Zum Thema kann ich diese Homepage empfehlen: http://computersuchthilfe.info/home. html. Dort gibt es für Jugendliche, Eltern und Pädagog*innen Informationen. 16:18
16:01
Ich spreche ja nicht von Besitz, sondern von begleitetem Nutzen. Aber natürlich, wenn ich mein Kind vor dem TV oder dem Tablet „parke“, dann können sich ungesunde Tendenzen entwickeln. Was aber die Gewöhnung betrifft: Unsere digitale Gesellschaft lässt es gar nicht mehr zu, sich nicht an diese Geräte zu gewöhnen. Deswegen sollten wir nicht nur an sie gewöhnt sein, sondern sie auch aktiv und sinnvoll – eben als Werkzeuge – einsetzen können! Wenn ich das nicht kann, dann werde ich von diesen Geräten benutzt.
15:17
DuckDuckGo benutze ich auch. Manchmal nervt es mich aber auch, dass die Ergebnisse nicht immer so passend sind wie bei Google. Was kann man denn sonst machen, um seine Daten im Internet zu schützen? 15:24
Schreibst du normalerweise auch so lange Nachrichten? :'D Wenn ich so viel zu erzählen hab, mache ich immer Sprachnachrichten. 16:22
Ja schon, ich mache in Chats entweder Termine aus – das geht dann recht schnell – oder ich schreibe längere Texte mit Personen hin und her. Früher waren das Mails, heute eben hier. 16:23
So verändert sich die Welt :) Vielen Dank für den spannenden Chat!
16:02
Das ist eben der Preis, welcher von uns bezahlt wird. Will ich das beste Navi oder will ich meine Ortungsdaten für mich behalten? Will ich auf mich zugeschnittene Ergebnisse oder etwas Privatsphäre bei der Recherche? Das sind Fragen, welche uns tagtäglich begleiten sollten und evtl. sogar von Situation zu Situation neu entschieden werden müssen. Im ersten Schritt kann ich darüber nachdenken, welche Informationen ich in die Biografie bei Instagram schreibe und welche Profilbilder ich verwende. Wenn ich weiter gehen möchte, kann ich meine Daten schützen, indem ich z. B. den Tor-Browser verwende oder mich mit Pseudonymen in sozialen Netzwerken anmelde.
16:24
Sehr gerne! Es war mir eine Freude :) 16:25
TB
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Tobias Brauchler
15:28
Wie genau sehen „Angriffe aus dem Cyber Space“ aus? Du hast ja schon erwähnt, dass Firmen die Daten verkaufen. Was genau wollen die Käufer mit diesen Daten anfangen?
CK
Tobias Brauchler studierte Pädagogik und Soziologie am Karlsruher Institut für Technologie und arbeitet seit 2015 als selbstständiger Medienpädagoge in den Bereichen Jugendmedienschutz, Medienbildung und Aktive Medienarbeit. Schwerpunkte seiner Arbeit sind dabei die Themenfelder Digitale Spiele und YouTube. Er ist für verschiedene Einrichtungen wie etwa das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg, aber auch JOiN tätig.
q w e a s d
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y u g h
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z x c v b n m
Clara Kauffmann 15:30
Clara Kauffmann ist 19 Jahre alt und stammt aus Stuttgart. Ab Herbst 2019 studiert sie Publizistik und Theaterwissenschaft. An der Jungen Oper Stuttgart übernahm sie die Rolle der Sshelba_500 in der Produktion on_the_line in der Spielzeit 17/18. Zudem war sie in der Dramaturgie der Jungen Oper Stuttgart als Hospitantin beschäftigt.
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Elena Tzavara Künstlerische Leitung JOiN
Christoph Sökler Leitung Vermittlung
René Dase Leitung KBB
Hallo Wir freuen uns auf euch!
JOiN US! # MITMACHEN. AUF DIE BÜHNE! Theater-AGs, Schulklassen und Gruppen aller Alters stufen können bei uns und mit uns länger andauernde, themenbezogene Projekte entwickeln. Wir stellen euch unser Know-How und unsere Bühne zur Verfügung. Im Fokus stehen dabei die Auseinandersetzung und die musikalisch-szenische Bearbeitung der Themen des Opernspielplans:
# ERLEBEN. DER PREVIEW-CLUB Vor allen anderen die neuen Premieren erleben? Der Preview-Club richtet sich an alle zwischen 16 und 30 Jahren. Preview-Club-Mitglieder besuchen kostenlos die Generalproben von Opern und Konzerten. Direkt vor der Generalprobe findet ein Gespräch mit einem Special Guest aus der Produktion, anschließend ein Get-together mit Künstler*innen in der Kantine der Staatstheater statt.
HELFEN! LACHEN! SÜNDIGEN!
# EINSTIMMEN. OPERNSAMSTAGE & SINGEND DURCH DEN SPIELPLAN Für alle, die sich gemeinsam mit anderen und aktiv auf einen Opernbesuch vorbereiten wollen oder einfach Lust haben, selbst einmal mit professioneller Hilfe Chorsänger*innen oder Schauspieler*innen zu sein, bieten wir an ausgewählten Samstagen zu Premieren an der Staatsoper Stuttgart oder bei JOiN drei Stunden Workshop, Diskussion und Einfüh rung an – je nach Produktion immer unterschiedlich gestaltet, immer offen für alle. Und wenn das nicht genug sein sollte: Zweimal im Jahr werden wir auch wieder unser traditionelles Programm Singend durch den Spielplan anbieten. Termine: 17.11.18, 14 – 17 Uhr; 25.5.19, 14 – 17 Uhr
Zu Richard Wagners Lohengrin, ab Klasse 8 Zu Sergej Prokofjews Die Liebe zu drei Orangen, ab Klasse 5 Zu Kurt Weills Die sieben Todsünden, ab Klasse 9
# SCHULWORKSHOPS Jede Schulklasse, die eine Vorstellung der Staatsoper oder bei JOiN besucht, kann kostenlos einen vor bereitenden Workshop buchen. Dieser dauert 90 bis 120 Minuten und findet entweder bei uns oder in der Schule statt. Nach dem Vorstellungsbesuch kommt dann noch einmal jemand von JOiN in die Schule, um über die Eindrücke zu diskutieren.
# MITREDEN. PROBENBESUCHE Wir beteiligen euch an unserer Arbeit: Bei allen Stücken, die von JOiN produziert werden, sowie bei Die Liebe zu drei Orangen, unserer Familienoper auf der großen Opernbühne, und Sinfoniekonzerten besteht grundsätzlich für alle Gruppen und Klassen nach Voranmeldung die Möglichkeit, eine Probe und ein Nachgespräch zu besuchen. # FORTBILDEN I FORTBILDUNGEN FÜR LEHRER*INNEN Unsere Workshops in der Reihe Opernsamstage sind gut als Vorbereitung für die Arbeit mit Schulklassen geeignet. Außerdem bieten wir Seminare für zukünftige und für aktive Lehrer*innen an. Bei diesen Seminaren lernt ihr nicht nur Methoden unserer Arbeit im Kontext eines Stücks der Staatsoper Stuttgart kennen, sie bieten auch ein Forum, um sich über Erfahrungen und Ideen zum Thema „Künstlerische Arbeit in der Schule“ auszutauschen. Lehrerfortbildung zu Antigone-Tribunal 21.1.19, 14.30 – 18 Uhr Lehrerfortbildung zu Rotkäppchen 21.3.19, 14.30 – 18 Uhr
# FORTBILDEN II LEHRER*INNENSTAMMTISCH Zweimal im Jahr laden wir Lehrer*innen zu einem Stammtisch bei uns ein, bei dem wir ins Gespräch kommen wollen über den Spielplan und das Repertoire der Staatsoper und von JOiN, über Möglich keiten und Grenzen ästhetischer Erfahrungen im Unterricht, über Methoden, Ideen, Inhalte etc. Termine: 14.9.18, 18 – 22 Uhr; 1.3.19, 18 – 22 Uhr # MATERIALIEN Materialien, Texte oder szenisch-musikalische Spielideen zu Stücken der Staatsoper oder von JOiN schicken wir euch nach Absprache und abgestimmt auf eure Bedürfnisse gerne zu. # BUDDELN. KULTUR PFLANZEN. URBAN GARDENING (IN PLANUNG) Wenn ihr Lust habt, euer eigenes Klassenbeet anzulegen, zu bepflanzen und zu pflegen, dann meldet euch bei uns! Wir suchen 1. bis 6. Klassen für Beet- Partnerschaften am JOiN! Pflanzen und die Garten ausrüstungen stellen wir! Ihr bringt nur eure Tatkraft, Gartenhandschuhe und eure immergrünen Daumen mit! Gefördert vom:
SERVICE
IHR WEG INS NORD
TAGESKASSE Theaterkasse, Königstraße 1D (Theaterpassage) 70173 Stuttgart Mo – Fr 10 – 19 Uhr, Sa 10 – 14 Uhr Telefonischer Kartenvorverkauf 0711 20 20 90, Mo – Fr 10 – 20 Uhr, Sa 10 – 18 Uhr
JOiN – Junge Oper im Nord Löwentorstraße 68 (Löwentorbogen) 70376 Stuttgart
SCHRIFTLICHER KARTENVORVERKAUF Staatstheater Stuttgart Kartenservice Postfach 10 43 45 70038 Stuttgart Fax: 0711 20 20 920 Online-Verkauf / Online-Bestellungen www.staatstheater-stuttgart.de TEAM JOiN Künstlerische Leitung JOiN / Leitung Opernstudio: Elena Tzavara Leitung Vermittlung / Stellv. Künstlerische Leitung: Christoph Sökler Leitung des KBB: René Dase Musiktheaterpädagogik: Suse Pfister Produktionsassistenz: Lovinia Vivien Schuchert FSJ Kultur: Jan-Christof Tomerl, Fraz Forsatian KONTAKT JOiN – Junge Oper im Nord Oberer Schlossgarten 6 70173 Stuttgart 0711 20 32 555 join@staatstheater-stuttgart.de www.staatsoper-stuttgart.de /join FÖRDERER DER JUNGEN OPER Förderverein der Staatstheater Stuttgart e. V. Drees & Sommer AG, Karl Schlecht Stiftung Die Junge Oper ist Mitglied bei RESEO European Network for Opera and Dance Education und ASSITEJ Internationale Vereinigung des Theaters für Kinder und Jugendliche Deutschland
MIT DEM AUTO Von der Bundesstraße 10 – Pragstraße – abbiegen in die Löwentorstraße, dann an der Ampel rechts abbiegen in den Löwentorbogen. PARKPLÄTZE IM PARKHAUS sind für unsere Besucher ab einer Stunde vor Vor stellungsbeginn im anliegenden Parkhaus kostenlos. Von dort aus führt ein Weg durch den Gebäude komplex zum Haupteingang. Barrierefreier Zugang möglich (Parkplätze vor dem Haus und Aufzug sind vorhanden) FREIE FAHRT INS THEATER Am Tag der Vorstellung gilt die Eintrittskarte als Fahrschein (2. Klasse) in den Verkehrsmitteln des VVS: drei Stunden vor Beginn der Veranstaltung zur Fahrt zum Veranstaltungsort und nach Vorstellungsende zur Rückfahrt (auch in den Nachtbussen).
Löwentorstraße Zufahrt Parkhaus
Nord
U13 Löwentor U
B U
P
N5 Löwentor
U12 Löwentor
Löwentorbogen
U Pragstraße
U13 Rosensteinpark
STAATSOPER-STUTTGART.DE/JOIN
GRUPPENBESTELLUNGEN Informationen unter 0711 20 32 330 Bei Gruppenbestellungen für Schulvorstellungen haben die angemeldeten Klassen zusätzlich die Möglichkeit, über unseren Gastronomiepartner List & Scholz teatro GmbH Lunchpakete zu bestellen.
MIT ÖFFENTLICHEN VERKEHRSMITTELN Straßenbahn U12 bis Löwentor oder U13 bis Löwentor oder Rosensteinpark Bus N5 bis Löwentor
näher ran!
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ISSUE No. 1
Dramaturgische Formate
Die großen inhaltlichen und ästhetischen Bögen einer oder auch mehrerer Spielzeiten werden natürlich vor allem durch die Neuproduktionen geschlagen. Durch die Konzeptionen der Regisseur*innen und ihrer Produktionsteams, die Interpretationen der Dirigent*innen, die szenisch-musikalischen Lesarten und Perspektiven auf die Basis geschichten und -konstellationen, von denen die Opern immer wieder erzählen. Und die sind, selbst wenn oder gerade dann, wenn man zum Kern der Stücke und Stoffe vordringt, immer noch so vielschichtig und offen, dass die Beschäftigung auch Jahrhunderte nach ihrer Entstehung noch Relevantes zu Tage fördern kann. Das gelingt freilich nicht von selbst. „Schräg wird Nahes seit je am besten gesehen“, schrieb der Philosoph Ernst Bloch 1929, „der Blick von der Seite lockert Gewohntes oder biegt es neu.“ Um diesen Blick von der Seite soll es auch in unseren kleineren diskursiven wie auch performativen Formaten gehen, mit denen wir Zusammenhänge aufspüren, Korrespondenzen freilegen und Kontakte knüpfen wollen. Nicht nur unter den Werken, sondern zu Alltagsfragen, zu anderen Kunstgattungen und vor allem zu Ihnen, zum Publikum. Die Übersetzung von Lebenswirklichkeiten in die Ästhetiken von Oper und Theater braucht zu ihrer Deutung manchmal die Vermittlung, die Kontextualisierung, die Einbettung in Zusammenhänge – auch wenn der beste Opernabend vielleicht der ist, der auch ohne Einführung zu einem Herz-, Hirn- und Baucherlebnis wird. Dennoch wollen wir mit Ihnen ins Gespräch kommen, wollen darüber sprechen, was wir machen, wie wir es machen und warum wir es machen, wollen erfahren, auf welche Weise Sie Oper wahrnehmen, wollen keine Antworten geben (zumindest nicht nur), sondern Felder und Fragen öffnen, kurz: wollen gemeinsam mit Ihnen näher ran rücken. (IG) O EINFÜHRUNGEN Zu allen Vorstellungen sowie zu den Sinfonie- und Kammerkonzerten bieten wir vor Beginn kostenlose Einführungen an. MATINEEN Am Vormittag des Sonntags ein oder zwei Wochen vor der Premiere unserer Neuproduktionen laden wir Sie ins Foyer I. Rang des Opernhauses ein, um im Podiumsgespräch mit den Regieteams und den Dirigent*innen Einblicke in das Stück und die szenische und musikalische Konzeption der Produktion zu geben. NACHGESPRÄCHE Dass das, was Sie erlebt haben und das, was wir erzählen wollten, nicht immer dasselbe sein kann, liegt in der Natur der Sache: Wir alle hören, sehen und erleben anders. Nach ausgewählten Vorstellungen möchten wir mit Ihnen ins Gespräch kommen über Sichtweisen, Probenprozesse und Erzählperspektiven. Immer mit Beteiligten der Produktion.
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P E
DRAMATURGIETAG – WO GEHT’S LANG? 4.11.18, 10 – 13.30 UHR, OPERNHAUS Mit neun Fragen haben wir die neun großen Premieren der Saison 18/19 überschrieben. Formuliert sind sie an ein imaginäres Gegenüber, hinter dem sich ganz unterschiedliche Adressat*innen verbergen: Es sind neun Fragen an die Protagonist*innen der Opern, an unser Publikum, an uns selbst. Sie sind eine trotzige Reaktion auf die Bedingung, die Richard Wagners Held Lohengrin an seine Hilfe für Elsa und tatsächlich auch an seine Liebe knüpft: ihm nie die vielleicht schwerwiegendste aller Fragen zu stellen – die nach der eigenen Identität. Zu jeder unserer Fragen gibt es selbstverständlich zahllose individuell unterschiedliche Antworten. Manche mögen dabei überraschend ähnlich ausfallen. Zu einigen Fragen mag eine eindeutige Antwort sofort mühelos auf der Hand liegen. Meist lösen Fragen aber eine ganze Kaskade weiterer Fragen aus. Nicht jede wird überhaupt zu einer Antwort führen, ist aber durch ihre Formulierung und ihren Gegenstand aufschlussreich. Fragen sind auch ohne garantiert unumstößliche Antworten eine Möglichkeit, sich selbst zu verorten.
Sehr konsequent hat das der Schweizer Autor Max Frisch in seinen zwölf legendären thematischen Fragebögen durchgespielt – erschienen im Tagebuch (1966 – 1971). Einige seiner Fragen sind ganz konkret an uns alle gerichtet. Sie zielen darauf ab, herauszubekommen, wie wir (zusammen) leben wollen und ermächtigen im besten Fall zum Handeln. Andere Fragen dienen der ganz persönlichen Reflexion angesichts der Rätsel der Existenz. Insofern sollen auch die Fragen unserer Spielzeit vor allem Koordinaten sein, um das Terrain abzustecken für die Suchbewegungen in Geschichte und Gegenwart, die wir anhand der Opern aus vier Jahrhunderten vollziehen wollen. Wir laden Sie ein, diese Suchbewegung – im Sinne angewandter Dramaturgie – gemeinsam mit uns an einem Sonntagvormittag bei einem Frage-Parcours im Opernhaus ganz konkret in den Raum und in die Tat umzusetzen – an der Seite von Musiker*innen, Sänger*innen und Frage-Expert*innen; interaktiv, in kleinen Lectures, Gesprächsformaten und Installationen. (MH)
RADIOSHOW NR. 1 – I M FELD 4.11.18, 20 UHR, OPERNHAUS Radio im Opernhaus, dem Ort der Live-Erlebnisse? Und Radio, das Medium des reinen Hörens, als Show? In diesem Paradox steckt Potenzial für neue Erzählweisen. Wir probieren sie aus – analog, digital, mit Konserve und ganz live. In der ersten Radioshow Im Feld stellen wir die Frage: Gibt es das Kunstprodukt Musik auch als Naturprodukt? Manche Komponist*innen würden sagen: Musik ist sowohl als auch. Natur und Alltag liefern ihnen Material und Substanz zu ihrer Kunst. Seit dem Barock werden Naturklänge imitiert, natürliche Klangphänomene mit Instrumenten rekonstruiert – vom Kuckucksruf bis zum Vulkanausbruch. Edisons Erfindung des Phonographen 1877 hat der alten Komponistensehnsucht nach den Klängen der realen Welt eine neue Dimension hinzugefügt. Bartók war einer der ersten, der mit neuer Aufnahmetechnik „ins Feld“ ging. Im alten Volksliedgut entlegener Landstriche Südosteuropas fand er den Humus für eine eigene Musiksprache. Für Olivier Messiaen wiederum war aufgezeichneter Vogelgesang das Nonplusultra, dem er seine Musik anverwandeln wollte. Komponisten wie Pierre Schaeffer oder Luc Ferrari gingen noch einen Schritt weiter:
näher ran!
Für ihre „musique concrète“ ließen sie den Übersetzungsprozess ganz weg und produzierten ihre Stücke direkt aus selbst aufgezeichneten Natur- und Umweltklängen. Der Phonograph legte auch für das Medium Radio den Grundstein. Täglich bringt es den Hörer*innen die Welt ins Wohnzimmer, verbindet ihre Ohren mit den entferntesten Soundquellen. Aber auch die Radiowelt: ein Kunstprodukt. Dabei spielt das Endgerät – der Radioapparat – eine paradoxe Rolle: Es löst die Distanz zwischen Hörer*in und Soundquelle auf und ist zugleich die „Wand“, die trennt. Das akustische Produkt tritt heraus, sein physischer Ursprung bleibt verborgen. In der Radioshow reißen wir diese Wand ein und setzen die Widersprüche für einen Moment außer Kraft. Wir legen Verbindungen frei zwischen hörbarem und sichtbarem Erlebnis, zwischen außen und innen, Realität und Medialität, Vergangenheit und Gegenwart. Das junge Stuttgarter Elektronik-Duo Perspektivenbox (Ui-Kyung Lee und Julian Siffert) operiert in diesen Zwischenwelten und verwischt die Grenzen. Mit einer neuen Klanginstallation sind sie zu Gast in der ersten Radioshow der Staatsoper Stuttgart. (BE)
Die Dramaturgie der Staatsoper Stuttgart: Ingo Gerlach (Chefdramaturg), Barbara Eckle, Miron Hakenbeck, Julia Schmitt (Dramaturg*innen), Franz-Erdmann Meyer-Herder (Assistenz), Sabine Frank (Referentin), Dmitry Kunyaev (Sonderprojekte)
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Neuproduktion
Humor, Musik und Plattenbau VON AXEL RANISCH ch sitze im Zug und höre Brahms. Die Landschaft rauscht an mir vorüber und der Kopfsatz seiner Dritten poltert und hupt mir enthusiastisch durch die Gehörgänge. Die Wolken am Himmel sehen traurig aus. Ab und zu vergießen sie eine Träne. Mir ist aber nicht zum Weinen zumute. Denn meine heutige Reise führt mich an die Oper. Zu Prokofjew nach Stuttgart. Ich liebe die Oper und ich liebe Prokofjew. Das ist ein großes Wort, ich weiß. Oft verwendet man es einfach so: Ich liebe Spaghetti oder ich liebe freie Straßen. Aber so meine ich das nicht. Prokofjew ist mir wirklich nah, so richtig.
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Indianer interessierten mich aber nicht. Sport auch nicht. Meine Mitschüler fanden mich seltsam. Das beruhte auf Gegenseitigkeit.
Als ich ein kleiner Junge war, wollte meine Mama immer, dass ich Karl May lese. Indianer interessierten mich aber nicht. Sport auch nicht. Meine Mitschüler fanden mich seltsam. Das beruhte auf Gegenseitigkeit. Aber ich brauchte keine Freunde, zumindest redete ich mir das ein. Ich hatte ja Prokofjew. Und Rachmaninow und Schostakowitsch, Mahler, Saint- Saëns, Schubert, Puccini, Dvořák, Tschaikowski … Ich verschlang ihre Biografien wie Abenteuerromane und dirigierte vor meinem Ghettoblaster ihre Werke rauf und runter. Ich belästigte Eltern und Nachbarn gleichermaßen, denn wir lebten im Neubau, in einem Elfgeschosser mit dünnen Wänden. Mein Zimmer lag direkt neben dem Bad. Morgens hörte ich alle Toilettengänge von der ersten bis zur fünften Etage. Dafür revanchierte ich mich nachmittags mit Schönberg. Natürlich wollte ich Komponist werden. So wie meine „Freunde“. Dass die Beherrschung eines Instrumentes dafür vonnöten sein könnte, ging mir aber viel zu spät auf. Mit 16 wünschte ich mir ein Klavier. Mein Vater, der sich schon lang darauf gefreut hatte, mich anlässlich dieses Jubeltages im Kreise der Männer aufzunehmen und mir ein Moped zu schenken, staunte nicht schlecht: „Eva, dein Sohn will ein Klavier.“ Ich bekam es. Auch wenn sich bald herausstellte, dass meine motorischen Fertigkeiten und musikalischen Talente dem eigenen Anspruch soweit hinterherhinkten, dass an eine Musikerkarriere nicht ernsthaft zu denken war. Meine Eltern standen trotzdem an meiner Seite. Immer. Als ich 18jährig heillos mit dem Virus Film infiziert wurde und plötzlich Regisseur werden wollte, als ich mit 20 unseren Toyota in ein halbes Dutzend parkender Autos setzte und als ich mit 23 den Mut fand, ihnen endlich zu gestehen, dass es nicht die Mädchen waren, zu denen ich mich hingezogen fühlte. Meine armen Sportlereltern hatten einige Kröten zu schlucken, in Lichtenberg, rund um die Jahrtausendwende, mit ihrem sensiblen Nesthaken. Aber ihre Liebe war so groß, dass sie immer zu mir hielten. Da ist sie wieder: Die Liebe. Wenn meine Eltern, aber nicht nur sie, auch meine beiden großen Schwestern und meine Großeltern, wenn unsere ganze Familie ein Talent hat, dann jenes zur bedingungslosen Liebe. Das muss uns in den Genen liegen. Und so liebe auch ich. Nicht nur meine Familie, meine bessere Häfte Paul und meinen Beruf, sondern auch die Helden meiner Geschichten. Empathie für jede Figur ist die Grundlage meiner Arbeit, egal ob ich einen Film drehen, ein Buch schreiben, oder eine Oper inszenieren darf. Ich glaube nicht an Gut und Böse. Ich finde Psychopathen, die grundlos morden, genauso langweilig wie Helden, die altruistisch Gutes tun. Das Leben ist wesentlich kom-
plexer und das Leben ist es, das mich interessiert: Meine Mitmenschen, ihre Schicksale und ihr Humor. Humor ist übrigens das zweite Talent in meiner Familie. Wir können lachen. Und wie! Vor allem über uns selbst. Wenn uns ein Streit die Stimmung trübt, kann er wieder aus der Welt geschafft werden, indem wir drüber lachen. Den meisten Konflikten wohnt nämlich etwas Urkomisches inne. Verletzte Eitelkeiten, Missverständnisse, peinliche Situationen und Ungeschicklichkeiten sind ein nie versiegender Quell guten Humors. Oft braucht es nur ein wenig Abstand, um den Unterhaltungswert zu erkennen. Ich bin ein Herdentier. Und deshalb ist die mit Abstand größte Inspirationsquelle für mich die eigene Familie. Nirgendwo sonst häufen sich absurde und berührende Situationen gleichermaßen. Wann immer wir uns sehen, halte ich meinen imaginären Notizblock bereit. Was mich besonders berührt, ist Familienzusammenhalt. Es sind Geschichten wie Billy Elliot, Little Miss Sunshine oder Juno, die mich zum Weinen bringen und die sich nicht nur im Film, sondern beinahe täglich vor meiner eigenen Nase abspielen. Meine Familie ist mir aber nicht nur Inspiration, sie kommt auch selbst in meinen Arbeiten vor. In meinem ersten Film Dicke Mädchen stellte ich meine Oma Ruth vor die Kamera, in meinem zweiten Film Reuber meinen Neffen Tadeus, gerade schreibe ich zusammen mit meinem Mann Paul ein Hörspiel über die skurrile Geschichte unserer Liebe. Ich kann und will Beruf und Privatleben nicht trennen. Wie auch? Ich lebe und liebe, was ich tue. Einerseits bin ich Student von Rosa von Praunheim: „Das Private ist politisch!“, „Sei authentisch!“, „Besinne dich deiner Wurzeln!“ sind seine Schlagwörter und Parolen, die ich verinnerlicht habe. Auf der anderen Seite bin ich fast krankhaft harmoniebedürftig. Und so suche ich nicht nur die ständige Nähe und den Schutz meiner eigenen Familie, die mich auf jedes Festival und zu jeder Premiere begleitet, sondern arbeite auch mit einer festen Filmfamilie zusammen. Vor und hinter der Kamera. Und das sind dann eben nicht nur meine Schauspieler*innen, meine Schnittmeisterin, Produzentin, Bühnenbildnerin, Komponistin, oder mein Kameramann, Tonmeister etc., sondern meine Freunde, die ich liebe, die ich kenne, denen ich blind vertrauen kann und umgekehrt. Wenn all diese Menschen nicht wären, ginge gar nichts. Denn eigentlich bin ich zu sensibel für meinen Beruf. Immer wenn ich berühmte Regisseure im cholerischen Wahn erlebe, fühle ich mich klein. Ich bin zu nett, um genial zu sein. Ich bin auch nicht intellektuell. Mein Herz ist zu wild und mein Bauch zu groß, um wirklich klug zu sein. Ich möchte auch kein Chef sein. Ich hasse Hierarchien und Abhängigkeiten. Konflikten gehe ich aus dem Weg, im Streit werde ich leise. Nicht mal Perfektionismus interessiert mich. Einzig und allein mein Lachen ist mir Waffe, Werkzeug und Talent. Nur wenn ich mit Freude arbeiten kann, bin ich ein guter Regisseur. Dass nun ausgerechnet ich eine Oper an Ihrem schönen Haus inszenieren darf, ist für mich wie ein Wunder. Ein sich hartnäckig wiederholendes Phänomen in meinem Leben ist, dass immer wieder Menschen in mir etwas sehen, dass ich mir selbst nicht zugetraut hätte. Auf genau diese Weise bin ich schon Klassen- und Schülersprecher geworden, später dann Schauspieler, Moderator, Theater- und Tatortregisseur, Librettist, Roman- und Hörspielautor und schließlich sogar Opernregisseur. Als 2012 der Intendant der Bayerischen Staatsoper, Nikolaus Bachler, ein Radiointerview zu meinem ersten kleinen Indie-Kinofilm Dicke Mädchen hörte, sich daraufhin den Film ansah und auf die Idee kam, dass ich mich auf der Opernbühne ausprobieren sollte, wusste er ja nicht, was er für offene Türen einrannte. Dass ich in meinem Leben überhaupt noch einmal beruflich mit klassischer Musik zu tun haben würde, hätte ich mir doch niemals zu träumen gewagt. Aber so ist
es gekommen, inzwischen zum fünften Mal, und es macht mich zum glücklichsten Menschen auf dieser Erde. Können Sie erahnen, wie erfüllend es für mich ist, einen Arbeitsplatz zu betreten, an dem ich den ganzen Tag von dem umgeben bin, was ich am meisten liebe: Musik? Musik ist mir heilig. Und deshalb verstehe ich mich auch als Diener des Komponisten, in unserem konkreten Fall Prokofjews. Ich möchte mich vor ihm vorbeugen und ihm gerecht werden. Natürlich mit dem Blick durch die eigene Brille. Kunst ist zutiefst subjektiv. Und so suche auch ich in der Liebe zu drei Orangen nach meinen eigenen Anknüpfungspunkten. Und da sind viele. Wieder darf ich eine Familiengeschichte erzählen: Ein alleinerziehender Vater, den zutiefst betrübt, dass sein Sohn nicht mehr lachen kann und der bereit ist, alles zu ertragen, um ihn wieder glücklich zu sehen. Ein depressiver Sohn in der Sinn- und Identitätskrise, der durch den Zauber einer vermeintlich bösen Magierin von der Leidenschaft befallen wird, die nun Kräfte in ihm weckt, mit denen sich Berge versetzen lassen. Dazu Intrigen, Missverständnisse, verletzte Eitelkeiten, peinliche Situationen und Ungeschicklichkeiten. Alles was ich liebe, allerdings diesmal im expressiven Gewand zwischen Commedia dell’arte und apokalyptischer Fantasy. Eine besondere Herausforderung für mich! Oder vielleicht doch gerade richtig?
In meinen Filmen wimmelt es nur so von imaginären Figuren, Traumsequenzen, Tänzen und entrückten, musikalischen Inseln. Im Film suche ich immer das Wahrhaftige und Natürliche. Deswegen verzichte ich gerne auf geschriebene Dialoge. Die Schauspieler*innen sollen ihre eigenen Worte benutzen, damit sie so klingen, wie Menschen auf der Straße nun mal klingen. Ich tue das allerdings nur zu einem einzigen Zweck: nämlich um meine natürlichen Alltagsheld*innen wiederum mit absurden und widernatürlichen Situationen zu konfrontieren. In meinen Filmen wimmelt es nur so von imaginären Figuren, Traumsequenzen, Tänzen und entrückten, musikalischen Inseln. Wahrscheinlich ist mir der blanke Realismus im Film zu authentisch und langweilig. Mich haben schon immer die eigenen Tagträume fasziniert und die Antworten auf die Frage, wie ich mir mein Leben bunter machen kann. Was gäbe ich darum, wenn die Menschen auf der Straße, einmal auch im wirklichen Leben anfangen würden im Regen zu tanzen? Die Oper ist im Gegensatz zum Film viel bunter und abstrakter. Sie ist schon in ihrer ganzen Anlage absurd. Statt zu sprechen, singen die Akteure. Das Vorankommen einer Handlung rückt vor dem zeitlupenartig vergrößerten Gefühlsmoment in den Hintergrund. Eine Minute kann auf das zwanzigfache gedehnt werden und Jahre in Sekunden übersprungen. Wo Schauspieler*innen mit viel Mühe Emotionalität erzeugen müssen, haben Sänger*innen ihren eigenen Soundtrack im Gepäck und bringen die Zuhörer*innen mit dem Zauber ihrer Töne zum Weinen. Sie tragen offensichtlich Kostüme und stehen erkennbar in Kulissen und trotzdem bringen die Zuschauer*innen den Willen mit, über all das hinwegzusehen und in das Geschehen einzutauchen. Die Oper ist die künstlichste aller Kunstgattungen und genau das liebe ich an ihr. Wenn ich mir einen Rückblick auf die eigene Filmografie erlauben darf, lässt sich vielleicht eines mit Bestimmtheit feststellen: Wenn ich einen Film drehe, versuche ich stets eine Oper daraus zu machen. Die Liebe zu drei Orangen ist nun aber ein ganz besonderer Fall. An Wildheit, Absurdität und Willkür der Handlung sprengt sie selbst die Grenzen ihrer Gattung und schlägt abenteuerliche Haken, die mich an meine Zeit als Medienpädagoge erinnern. Wenn ich mir mit Kindern Geschichten ausgedacht habe, so folgten diese meist nur einer Dramaturgie: „Und dann passiert das und dann das und dann das und das und das und das ...“ bis man keine Luft mehr kriegt und platzt. Was für eine Erholung in Zeiten der immer gleichen Fernsehspiel-Wendungen und Dreiaktstrukturen, mit denen wir tagtäglich bombardiert werden. Dabei ist das Werk kurz, nicht einmal zwei Stunden lang. Doch von einer solchen inhaltlichen Dichte, dass einem ganz schwindlig werden kann. Zur Atemlosigkeit der Geschichte gehören nämlich auch noch weitere Erzählebenen, die Prokefjew in seiner farbenfrohen und kraftvollen Partitur virtuos miteinander verwebt: Ein imaginäres Publikum meldet sich zu Wort, das im Streit um das gewünschte Genre immer wieder in die Handlung eingreift. Es treten Zauberer auf, die Macht über die Figuren haben, aber wiederum selbst nur Spielbälle eines viel größeren Zauberers sind. Außerdem wird immer wieder die vierte Wand zum Publikum durchbrochen und die Illusion auf die Bretter des Bühnenbodens zurückgeholt. Prokofjew verfasste das Libretto zur Oper selbst, allerdings nach einem gleichnamigen „Divertissement“ des russischen Theatermachers Wsewolod Meyerhold, das wiederum auf der gleichnamigen Vorlage des italienischen Dichters Carlo Gozzi beruht.
Auch Meyerhold fand Anfang des 20. Jahrhunderts einen Weg vom Realismus seines Lehrers Konstantin Stanislawski hin zu einer eigenen, dessen Ideen diametral entgegengesetzten schauspielerischen Formensprache, die er „Biomechanik“ nannte. Anstelle des eigenen Erlebens, wie bei Stanislawski, entsprangen bei ihm die Emotionen bestimmten Körperhaltungen und Bewegungen. Ähnlich wie in der Fotografie stand das Bildhafte, Expressive im Vordergrund. Ein Gedanke, der ihn wiederum dicht ans Maskenspiel der italienischen Commedia dell’arte des 17. Jahrhunderts brachte. Und so ist es kein Wunder, dass sich Meyerhold mit der Liebe zu drei Orangen einem Werk von Carlo Gozzi zuwandte, dem letzten Verfechter der Commedia dell’arte im 18. Jahrhundert, der sich mit seinen Märchenstücken und Zaubergeschichten einen erbitterten Streit mit dem Dichterkollegen Carlo Goldoni lieferte, der wiederum den Realismus proklamierte, ganz so wie Meyerholds Gegenspieler Stanislawski.
Und so erlaube ich mir in der Inszenierung einen Kniff, der beide Lager miteinander vereint. Was für einen Kniff, das will ich Ihnen aber jetzt noch nicht verraten. Ein bisschen Spannung muss schließlich bleiben … Und wo stehe nun ich? Zwischen den Stühlen natürlich. Mein Hang zum schauspielerischen Realismus trifft auf meine Leidenschaft für Absurdität und Fantasie. Meine Harmoniebedürftigkeit schreit nach Aussöhnung im Streit zwischen Gozzi und Goldoni, zwischen Meyerhold und Stanislawski. Und so erlaube ich mir in der Inszenierung einen Kniff, der beide Lager miteinander vereint. Was für einen Kniff, das will ich Ihnen aber jetzt noch nicht verraten. Ein bisschen Spannung muss schließlich bleiben, bis sich am 2. Dezember der Vorhang öffnet. Lassen Sie mich Ihnen nur eines versprechen: Ich bleibe mir und meinem Lebensthema „Familie“ treu. Und natürlich arbeite ich mit Freude und bringe meine Opernfamilie mit: Die wunderbare und seelenverwandte Bühnenbildnerin Saskia Wunsch, mit der ich nun schon die dritte Inszenierung auf die Bühne stellen darf, die großartigen Kostümbildnerinnen Claudia Irro und Bettina Werner, in die ich mich bei unserem ersten Kennenlernen schockverliebt habe, meinen langjähriger Freund Till Nowak, der inzwischen in Holly wood als Visual Artist für die Marvel-Studios die Welten großer Blockbuster wie Black Panther kreiert. Und ich freue mich auf den Dirigenten Alejo Pérez, der schon in der Vorbereitung ein so wunderbarer Partner war, und natürlich auf die kongenialen Mitarbeiter*innen der Staatsoper Stuttgart, die wiederum uns schon jetzt voller Herzlichkeit in ihrer Mitte aufgenommen haben. Und wir alle freuen uns auf Sie, von ganzem Herzen.
Fotos von Axel Ranisch: Matthias Baus
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ISSUE No. 1
Die Liebe zu drei Orangen
Worüber lachst du?
Sergej Prokofjew DIE LIEBE ZU DREI ORANGEN Oper in vier Akten (10 Bildern) und einem Vorspiel Libretto nach Carlo Gozzi vom Komponisten Uraufführung 1921 in Chicago in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln
in Prokofjews Liebe zu drei Orangen treffen bereits auf der Handlungsseite verschiedenste Realitätsund Erzählebenen aufeinander. Darüber hinaus trägt die Oper auch noch unterschiedliche Theatersprachen, Traditionen und Quellen in sich: Ein russischer Komponist schreibt als Kompositionsauftrag eines amerikanischen Opernhauses eine Oper, die auf einer italienischen Commedia dell’arte- Handlung beruht und die schließlich auf französisch uraufgeführt wird. Das ganze als Neuproduktion an einem Opernhaus in Deutschland ... Verständigungs probleme hätte es in diesem geradezu babylonischen Sprachgewirr zumindest für den Dirigenten Alejo Perez nicht gegeben: sprechen kann er sie alle. Perez wurde 1974 in Argentinien geboren und gehört zweifellos zu den herausragenden musikalischen Persönlichkeiten seines Landes. Nachdem er das Teatro Argentino in La Plata als musikalischer Leiter zu musikalischen Höhenflügen geführt hatte, trennte er sich 2012 von dem Haus und ist seither als Dirigent vor allem in Europa tätig. An den Opernhäusern von Lyon, Madrid, Antwerpen, Rom, Dresden, Brüssel, den Salzburger Festspielen und in der letzten Saison mit Medea auch in Stuttgart, löst er regelmäßig Begeisterung aus – bei Publikum und Kritik. Als Musiker war Perez Autodidakt: In einem nicht unbedingt musikalisch geprägten Umfeld interessierte sich der Sohn einer Yogalehrerin und eines Grafikdesigners in Buenos Aires früh für klassische Musik und begann mit sieben Jahren zu komponieren. Später studierte er Chor- und Orchesterdirigieren und vervollständigte seine Studien in Karlsruhe bei Peter Eötvös, den er als einen seiner wichtigsten Lehrer bezeichnet. Dass er neben seiner Leidenschaft für Musik auch ein leidenschaftlicher Sammler von Sanduhren ist, mag auf den ersten Blick verwundern. Aber wenn man Musik und Theater als Zeitkünste begreift, dann werden die Zusammenhänge schnell klar. „Eine Sanduhr ist ein sinnliches Objekt, das drei Dimensionen der Zeit in sich trägt: Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart“, sagte Perez im Interview. „Mich hat immer wieder beeindruckt, dass jedes Mal, wenn man die Sanduhr umdreht, das Zeitsegment, das gerade abläuft, dem vorangegangenen und dem nachfolgenden nie gleicht. Diese Erkenntnis lässt einen besonders empfindlich werden für den Augenblick, der so wichtig ist, wenn man Musik macht.“ Wie sich eben auch das Gewirr aus verschiedenen Erzähl- und Realitätsebenen in der Liebe zu drei Orangen bei uns Zuschauer*innen im Saal zu einem Augenblick vereint. Die Oper als etwas zu begreifen, das alle Kräfte im Graben, auf und hinter der Bühne zu einem Theaterereignis bündelt – das würden sowohl Alejo Perez als auch Axel Ranisch unterschreiben. Beste Voraussetzungen also für einen lebendigen Theaterabend! (IG)
Regie
Woher kommst du? Bestimmt aus Russland. Meine Seele ist russisch. Das merke ich an der Musik, an meiner Melancholie, an der Sehnsucht nach Weite und Geselligkeit. Wohin gehst du? Das ist mir egal. Wichtig ist der Moment, das Meer und die schönen Steine, die zwischen den großen Felsbrocken liegen. Worüber lachst du? Überraschende Situationen, absurde Familien momente und die eigene Dummheit. Was versteckst du? Den durchtrainierten Athleten in mir. Von wem lebst du? Von der Liebe, von der Musik und vom Steuerzahler. Wovon träumst du? Von einem besseren Menschen. Wem glaubst du? Meinen Eltern. Meistens. Wem vergibst du? Jedem. Aber heute hab ich auch ausgesprochen gute Laune. An anderen Tagen fällt mir das schwerer. Was verlangst du? Neugierde und Respekt.
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Frage an: Alejo Pérez 4
Musikalische Leitung
Worüber lachst du? Mich bringen unerwartete groteske Momente zum Lachen. Natürlich besonders dann, wenn sie mir selbst passieren. Filmstills: akg-images, Berlin
Chorkostümfigurinen von Bettina Werner und Claudia Irro
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Dicke Mädchen, 2011 18.11.18, 20 Uhr, Delphi Arthaus Kino Ich fühl mich Disco, 2013 21.11.18, 20 Uhr, Delphi Arthaus Kino Reuber, 2013 Alki Alki, 2015
Neuproduktion ab 2.12.18 Musikalische Leitung Alejo Pérez Regie Axel Ranisch Bühne Saskia Wunsch Kostüme Bettina Werner, Claudia Irro Licht Reinhard Traub Dramaturgie Ingo Gerlach Chor Manuel Pujol
Der Kreuz-König Goran Jurić Prinz Elmar Gilbertsson / Kai Kluge Prinzessin Clarice Stine Marie Fischer Leander Shigeo Ishino Truffaldino Daniel Kluge Pantalone Johannes Kammler Der Zauberer Celio Michael Ebbecke Fata Morgana Carole Wilson Linetta N. N. Nicoletta Fiorella Hincapié Ninetta Esther Dierkes Die Köchin/Farfarello Matthew Anchel Zeremonienmeister Christopher Sokolowski Staatsopernchor Stuttgart Staatsorchester Stuttgart
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2019 Jan
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Neu: Familienvorstellung
Alejo Pérez
Axel Ranisch im Arthaus Filmtheater Stuttgart In Zusammenarbeit mit den Stuttgarter Arthaus Filmtheatern zeigen wir im Umfeld der Premiere von Prokofjews Liebe zu drei Orangen zwei Filme von Regisseur Axel Ranisch.
Einführungsmatinee am So, 18.11. im Opernhaus, Foyer I. Rang
#StgtOrangen
Worum geht’s? Der Prinz eines Königreiches krankt daran, nicht lachen zu können. Durch einen plötzlichen Ausbruch von Schadenfreude wird er zwar geheilt, gleichzeitig aber auch mit dem Fluch belegt, sich in drei Orangen zu verlieben. Gemeinsam mit seinem Freund Truffaldino begibt er sich auf die Suche nach den drei Orangen, findet und befreit sie aus Kreontas Palast, kann jedoch nur eine der in den Orangen steckenden Prinzessinnen retten, die er schließlich aber, nach diversen Komplikationen und dem beherzten Eingreifen verschiedenster Mächte, doch noch heiratet.
Die Liebe zu drei Orangen
Fragen an: Axel Ranisch
Repertoiretipps von Insidern
ALEXANDRU PETRIA, SOUFFLAGE
Don Pasquale ab 28.10.18
Niemand kennt die Stücke des Repertoires so gut wie die Mitarbeiter*innen der Staatsoper Stuttgart, die die Inszenierungen zum Teil schon mit den Regisseur*innen erarbeitet haben und sie seither im Repertoire begleiten. Sie haben Requisiten gebaut, an Ausstattungsdetails gefeilt, Ideen eingebracht und sorgen seit der Premiere bei jeder Vorstellung auf oder hinter der Bühne für den reibungslosen Ablauf – und meistens so, dass die Zuschauer*innen vor der Bühne davon nichts mitkriegen. Wir haben in den verschiedenen Abteilungen der Staatsoper Stuttgart nach Lieblingsmomenten, besonderen Details oder kniffligen Aufgaben gefragt. Herausgekommen sind dreizehn besondere Veranstaltungstipps.
Meine Mitwirkung in Don Pasquale war nicht nur die schöne Gelegenheit, mich wieder mit diesem Meisterwerk von Gaetano Donizetti zu beschäftigen, sondern auch eine besondere Zusammenarbeit mit Jossi Wieler und Sergio Morabito. Die Regisseure haben mir im dritten Akt eine „kleine Rolle“ gegeben: Ich bin derjenige, der Don Pasquales Pistole diskret „stiehlt“, um ihm stattdessen eine Packung Tabak zu reichen. Dies habe ich meinem Souffleurkasten „zu verdanken“! Große Freude bereitet mir auch, dass ich mit dem Maestro am Dirigentenpult als Maestro Suggeritore jeden Abend für eine erfolgreiche Vorstellung zusammenarbeiten darf. mit Ana Durlovski, Enzo Capuano, Johannes Kammler, Petr Nekoranec u. a.
OLIVER DANCO, BÜHNENINSPEKTOR
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Il barbiere di Siviglia ab 4.10.18 OLIVER DANCO, BÜHNENINSPEKTOR
Ariodante ab 30.9.18 Der Aufbau des Boxrings auf offener Bühne wird mit dem Regisseur geprobt: es muss professionell aussehen, keiner darf sprechen, jeder muss in jedem Moment etwas zu tun haben und es muss unheimlich schnell gehen. In Ariodante haben wir Techniker kein Kostüm, jeder hat an, was er will. Es gibt auch Umbauten im Kostüm. Ich bin seit 1987 am Haus und war z. B. schon Pirat (Peter Pan), Indianer (La Fanciulla del West) oder trug Pelzmütze und -mantel (Boris Godunow). Offene Umbauten werden immer einstudiert, die Technik muss so in die Inszenierung integriert werden, dass alles Hand in Hand geht. Es ist toll, wenn man den Zuschauer*innen zeigen kann, wie es funktioniert!
Die Inszenierung von Beat Fäh feierte vor 25 Jahren Premiere in Stuttgart und noch immer gibt es jedes Mal Szenenapplaus, wenn in Sekundenschnelle der schwarze Raum verschwindet, auf den das Publikum lange geschaut hatte und dann plötzlich ein ganz anderes Bühnenbild sichtbar wird. Der dunkle Raum ist quasi ein Zelt aus schwarzer Seide, das präzise auf die Musik abgestimmt abgeworfen und blitzschnell hinten durch eine Tür gezogen wird. Weil es aus Seide ist, fällt es besonders schön. Abwürfe sind klassische Effekte des Theaters, einfach aber sehr wirkungsvoll: für mich ist das Theater! mit Diana Haller, Petr Nekoranec, Jarrett Ott, Adam Palka u. a. 2 HEIKE-SOFIE SAFRANEK, RÜSTMEISTERIN
Rigoletto ab 19.10.18
mit Diana Haller, Ana Durlovski, Yuriy Mynenko u. a.
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Ariodante (© Christoph Kalscheuer) v.l. Josefin Feiler, Sebastian Kohlhepp, Diana Haller, Matthew Brook, Philipp Nicklaus, Ana Durlovski (liegend) Il barbiere di Siviglia (© A.T. Schaefer) v.l. Enzo Capuano, Diana Haller, Sunnyboy Dladla Don Pasquale (© Martin Sigmund) Enzo Capuano La Bohème (© A.T. Schaefer) v.l. Marcelo Puente, Mirella Bunoaica, Bogdan Baciu, Adam Palka
Bei den Rigoletto-Vorstellungen betreuen wir Rüstmeister Waffen, einen Lorbeerkranz, ein Diadem, sowie eine Feuerschale mit Suppentopf: sie funktioniert wie eine horizontale Fackel, Keramikholz sorgt für das realistische Aussehen. Um Gefahren vorzubeugen, sitze ich mit Feuerlöscher und Löschdecke bis zum Ende der Vorstellung im toten Winkel, da die Feuerschale noch ausbrennt, wenn sie für das Publikum schon unsichtbar ist. Währenddessen erlebe ich die Musik und das Geschehen hautnah. Ich reiche Waffen an, halte bei den Drehungen den Vorhang des Hauses zu und helfe auch mal Darsteller*innen aus der Jacke. Wenn das Orchester dann das Gewitter spielt, bekomme ich jedes Mal Gänsehaut. mit Dalibor Jenis, Beate Ritter, Pavel Valuzhin u. a.
RALPH SCHALLER, LEITUNG REQUISITE
La Bohème ab 16.12.18 Das Bühnenbild hat der Künstler Stefan Strumbel entworfen, seine erste Arbeit für die Opernbühne. Wir haben eine tolle Künstlerische Produktionsbetreuung am Haus, die vom ersten Probentag an dabei ist. Diese Verbindung zum Haus ist wichtig, denn nur so kann ein Gesamtkunstwerk entstehen. Es wird genau erklärt, was inhaltlich gemeint ist, das erleichtert die Umsetzung enorm. Meist hat die Regie ein offenes Ohr, nimmt Anregungen auf, aber es gibt auch klare Arbeitsansagen. Für La Bohème waren alte Konzertplakate gefragt, die haben wir durch Verbindungen zu Stuttgarter Konzertveranstaltern besorgt. Das Sofa der mittellosen Bohèmiens sollte nach Sperrmüll aussehen: es stammt aus dem Fundus. Manche Requisiten sind hingegen schwer zu beschaffen, doch wir haben noch immer eine Lösung gefunden. Die Mitarbeiter*innen sind interessiert, oft begeistert, deswegen funktioniert es! mit Olga Busuioc, Esther Dierkes, Pavel Valuzhin u. a. 4
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Tosca (© Martin Sigmund) v.l. Ashley David Prewett, Arnold Rutkowski) Così fan tutte (© A.T. Schaefer) v.l. Shigeo Ishino, Mandy Fredrich, André Morsch, Sebastian Kohlhepp, Sophie Marilley, Mitglieder des Staatsopernchors Stuttgart
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LISA FUSS, LEITUNG MALSAAL
Tosca ab 20.12.18 Unsere Tosca ist eine meiner liebsten Produktionen, denn sie war eine der ersten, die ich als Azubi miterlebte, und es war für mich die erste Tosca überhaupt. Ich durfte vormittags eine Hauptprobe anschauen, hoffte bis zuletzt auf das gute Ende und kam verheult in den Malsaal zurück! Seit 20 Jahren begleitet sie mich inzwischen, denn im 2. Akt zerschneidet Scarpia das von Cavaradossi gemalte Madonnenbildnis, um Tosca seine Brutalität zu demonstrieren. Deshalb muss für jede Vorstellung ein intaktes Bild zur Verfügung stehen – das bedeutet für den Malsaal eine herausfordernde, aber auch schöne Dauerproduktion von Gemälden. mit Catherine Naglestad, Massimo Giordano Roland Wood u. a.
JÖRG MÜLLER, MASKENDIREKTOR
JOHANNES PETZ, MITGLIED DES STAATSOPERNCHORS
ALAN HAMILTON, STUDIENLEITER
Medea ab 27.1.19
Così fan tutte ab 26.5.19
Es geht dem Regisseur Peter Konwitschny immer um eine Aussage, eine Botschaft; Berieselung allein durch schöne Musik oder gedankenloser Konsum sind ihm ein Graus. Für ihn ist Medea sowohl die Geschichte einer einzelnen Frau als auch die einer ganzen Gesellschaft: auch heute noch haben Frauen wie sie in unserer Gesellschaft keine Chance. Medea ist das Opfer einer machtgierigen, keine Kritik zulassenden Männerwelt. Konwitschnys Personenführung, selbst die jedes einzelnen Mitglieds unseres Chores, ist minutiös in die Handlung integriert, jede*r hat ihre*seine ganz bestimmte Aufgabe in dieser Gesellschaft. Dies zu zeigen, ist jedes Mal erfüllend und Ansporn zugleich für mich.
Wenn ich im Orchestergraben sitze und auf dem Hammerklavier die Rezitative begleite, bin ich immer wieder erstaunt über die Souveränität, mit der die Sänger*innen diese herausfordernde Inszenierung beherrschen. Sie sind fast permanent auf der Bühne und müssen alle auch die Stimmlinien der anderen lernen; Linien, die sie vielleicht nie zuvor gehört haben, weil sie ursprünglich nicht in der Szene auftreten. Ich sehe dadurch aber Schichten, die man bei anderen Inszenierungen nicht findet. Diese Virtuosität beim Singen und Spielen zu beobachten, ist ein Privileg, das ich auch allen Zuschauer*innen wünsche!
mit Simone Schneider, Matthias Klink, Helene Schneiderman u. a.
mit Georg Nigl, Catriona Smith, Johannes Kammler, Laura Wilde, Stephanie Lauricella, Mingjie Lei u. a.
La Cenerentola ab 21.12.18 An der Maske des Herrenchors in La Cenerentola haben wir großen Spaß! Inspiriert ist das Maskenbild von Studien der Fotografin Herlinde Koelbl: Porträts der ‚feinen Gesellschaft’ Ende der 1970er/ Anfang der 1980er Jahre, außerdem von der Fernsehserie Kir Royal, einer Persiflage der Münchner Schickeria der 1980er Jahre sowie von Frankfurter Banken-Aufsichtsräten. Vielleicht „erkennt“ der eine oder die andere Zuschauer*in auch Maggie Thatcher und Königin Fabiola von Belgien unter den Sänger*innen. Angeregt von den fotografischen Studien schaffen wir individuelle Charaktere. Auch die Darsteller*innen haben große Freude daran, einmal in eine ganz andere Haut zu schlüpfen. (Und ja: die Herren üben das Gehen auf hochhackigen Pumps.) mit Diana Haller, Petr Nekoranec, Matthew Anchel, Jarrett Ott u. a.
JUDITH KONNERTH, VIDEO
Salome ab 6.7.19 Ein Familiendrama mit einem genialen Soundtrack! Videotechnisch ist Salome für uns eine Materialschlacht. Allein zehn Überwachungskameras zeigen, wie der Hausherr Herodes versucht, die Kontrolle zu behalten. Doch seine Frau Herodias und Stieftochter Salome entgleiten ihm trotzdem. Meine Lieblingsstelle ist der Schleiertanz, das ist einfach perfekt choreografiert. mit Simone Schneider, Matthias Klink u. a
ALMUT BRACHER, INSPIZIENZ
Madama Butterfy ab 4.2.19
Die Produktion Madama Butterfly liegt mir besonders am Herzen! Sie beeindruckt mit ihrem ästhetisch ansprechenden, klaren Bühnenbild und einer Inszenierung, die den Inhalt für mich sehr überzeugend und berührend umsetzt, ohne auf große Effekte zu setzen. Besonders gelungen finde ich den Moment, wenn im Übergang zum dritten Akt die Bühnenfläche, die mit unzähligen Blumen bedeckt ist, nach oben fährt, und den wunderbar intensiven Geruch der frischen Blumen! mit Karah Son, Ivan Magri u. a.
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SUSANNE GSCHWENDER, BÜHNENBILDNERIN
ELENORA BORN, TEAMLEITUNG BESUCHERSERVICE
Der fliegende Holländer Norma ab 20.6.19 ab 11.7.19 Die Kernaussage des Konzepts für unseren Fliegenden Holländer entstand 2007 auf dem Züricher Flughafen als Calixto Bieito, selbst aufgrund eines Flugausfalls „gestrandet“, die gestressten Geschäftsreisenden verschiedener Nationalitäten beobachtet hat. Der Flughafen als nivellierender Durchgangsraum, in dem die Wahrnehmung von Raum und Zeit verschwimmen. Sehr spannend ist für mich noch immer, dass die Inszenierung, die im Januar 2008 Premiere hatte, den vorläufigen Höhepunkt der Finanzkrise im Herbst 2008 praktisch vorweg genommen hat. mit John Lundgren, Elisabeth Strid, Matthias Klink u. a.
Norma ist für mich eine der schönsten Opern, die ich hier im Hause kennenlernen durfte. Ich bekomme immer Gänsehaut, wenn ich die wunderbare Musik von Bellini höre. Als Catherine Naglestad die Norma sang, begann das Publikum schon zu applaudieren, bevor sie anfing zu singen. Natürlich waren Pollione und Adalgisa genauso brillant und mitreißend. Der Schlussapplaus war jedesmal überwältigend. Das sind für mich stets die schönsten Momente meiner Tätigkeit. mit Yolanda Auyanet, Diana Haller, Liang Li u. a.
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Repertoire
Den Dingen ihre Räume lassen Klaus-Peter Kehr im Gespräch über den Freischütz, den Stuttgarter Geist und die Bedeutung der Metaphysik für die Opernbühne Im Rückblick auf die Intendanz von Ich kann nur sagen: Das war nicht immer Klaus-Peter Kehr gehört zu den prägenden Musik- KPK Klaus Zehelein schrieb Uwe Schweikert so. Es gab eine Zeit, da haben Chor und theaterdramaturgen in Deutschland. 2006 in der Zeitschrift „Opernwelt“, dass die StaatsOrchester gebuht, wenn ich durch die Kantine ging. SoVon 1977 bis 1991 war er u. a. als Chefdramaturg viel zum Stuttgarter Geist. Das hatte damals mit Peter oper Stuttgart immer schon eine „Hochburg des avancierten intellektuellen Musiktheaters“ gewesen sei, also Zadeks Figaro-Inszenierung zu tun und der Angst, dass an der Staatsoper Stuttgart engagiert. nicht erst seit den Intendanzen von Hans Peter Doll und wir am Untergang des Abendlandes arbeiten würden. Eine lange Zusammenarbeit verbindet ihn bis Wolfgang Gönnenwein, sondern auch zuvor. Eine ziemlich turbulente Zeit – übrigens völlig ungerechtheute mit dem Regisseur Achim Freyer, Klaus-Peter Kehr Sehr vereinzelt. Stuttgart galt ja unter fertigt, wie ich finde. Was ich sagen will, ist, dass ein so großer Apparat nicht automatisch eine Offenheit für Wieland Wagner als das „Winter-Baymit dem er in Stuttgart unter anderem reuth“. Das Avancierte hat sich immer auf Wagner oder ein Interesse an ungewöhnlichen Konzepten und Der Freischütz (1980) sowie den Philip Glassbezogen. Aber Moderne fand da eigentlich kaum statt. Ästhetiken mitbringt. Das ist viel Arbeit und erfordert Zyklus (Satyagraha, 1981; Echnaton, 1984; Abgesehen von Carl Orff. Ich erinnere mich noch gut viele Gespräche. Aber wenn man ein so hohes Niveau daran, dass Jean-Pierre Ponnelle, als ich 1977 als Draanstrebt, ist es unerlässlich. Der Stuttgarter Geist hat Einstein on the Beach, 1988) realisierte. maturg nach Stuttgart kam, gerade angefangen hatte, sich mit uns entwickelt. Klaus Zehelein konnte dann Mit Peter Zadek erarbeitete er 1983 Figaros den Ring des Nibelungen zu inszenieren. Ich bin dann sodarauf aufbauen und er hat es geschafft, auch die GeHochzeit. Von 1991 bis 2002 war er für zusagen ins kalte Wasser gesprungen und habe vor allem werke langfristig für Inhalte und konzeptionelle Ideen erstmal miterlebt und mir angeschaut, was der da so zu sensibilisieren. Seitdem gehört das zum Selbstverdas Musiktheaterprogramm der Wiener Festwomachte – Produktionsdramaturgie in dem Sinne, wie wir ständnis des Hauses. Ähnliches gilt auch für das Publichen verantwortlich, von 1994 bis 2008 das heute kennen, gab es ja damals kaum. Und ehrlich kum: Es ist das beste Theaterpublikum, das ich erlebt Künstlerischer Leiter der Schwetzinger Festspiele, habe. Und auch, wenn die Wellen schon mal hochschlugesagt hatte ich den Eindruck, dass das Haus bis dahin szenisch nicht wirklich interessant war; das Publikum wurgen, war es immer so, dass man die Stuttgarter*innen von 2006 bis 2014 Operndirektor und de nicht gefordert. In den Jahren in Stuttgart und später gewinnen konnte, wenn man sich auskannte, wenn man von 2014 bis 2016 Opernintendant am Nationalauch als Intendant in Mannheim habe ich die Erfahrung etwa nachweisen konnte, dass bestimmte szenische Vortheater Mannheim. gemacht, dass es unabdingbar wichtig ist, mit Unbegänge nicht aus dem Nichts kamen, sondern dass sie kanntem, Neuem in das Publikum zu investieren. Selbst musikalische Verläufe szenisch spiegelten. IG wenn man zunächst Gefahr läuft, Zuschauer*innen zu Als Sie in den 1980er Jahren dann mit verlieren. Es zahlt sich am Ende aus: Das Theater bleibt den Opern von Philip Glass angefangen lebendig und das Publikum interessiert. Das ist das enthaben, war das ja ebenfalls ästhetisch etwas radikal Neues. Wie hat das Publikum da reagiert? scheidende. IG KPK Das sagte auch Markus Hinterhäuser, Auch da ging es zum Teil hoch her. Allerdings hatten wir die Premieren der Glass- Intendant der Salzburger Festspiele, Anfang des Jahres in einem Interview: Man kann „defiUraufführungen zunächst nicht ins Abo genommen, nitiv nichts Schlimmeres machen“, als sein Publikum zu um Vorverurteilungen und deren mündliche Verbreitung unterfordern. Das lässt sich ja auch am Freischütz in der zu vermeiden. Es waren dann tatsächlich vollkommen Klaus-Peter Kehr Ingo Gerlach Inszenierung von Achim Freyer ablesen, die 1980 bei der andere Leute drin, ein sehr junges Publikum. Natürlich Chefdramaturg Premiere durchaus für Furore sorgte, mittlerweile aber haben wir vorher Veranstaltungen zur Minimal Music so etwas wie eine Kult-Aufführung ist. gemacht, ein Kammerkonzert zum Beispiel, bei dem KPK Das war schon im Probenprozess nicht einfach. Das große Pfund in der Dennis Russel Davies für alle sichtbar angezeigt hat, wenn eine Änderung bevorstand, sodass Besetzung war Catarina Ligendza, die damals die Agathe gesungen hat. die Zuhörer*innen die ganzen rhythmischen und harmonischen Verschiebungen mitverDie mochte die Arbeit unheimlich gern und ihr emotionaler Input war extrem hilfreich. Aber folgen konnten. die Premiere war nichts weniger als ein Skandal. Ich kann mich noch sehr gut daran erin- IG Wie kamen Sie auf Glass? nern, wie sich distinguierte Herren am Revers geschüttelt und angeschrien haben: „Sie sind KPK Ich kannte ihn aus New York und Russel Davies kannte ihn auch. Beide haben gehirnamputiert!“ Rückblickend muss man sagen, dass viele sich verarscht gefühlt haben. wir seine Musik sehr geschätzt. Philipp Glass’ und Robert Wilsons Einstein on Sie haben die Ernsthaftigkeit in dem Stil und der Spielweise von Achim Freyer nicht erkannt. the Beach hatte unser Denken über ein neues Musiktheater sehr beeinflusst. Da lag es nahe, die Freundschaft von Dennis Russell Davies und Philip Glass für Stuttgart in Anspruch zu nehmen. IG Noch einmal zurück zu den Inszenierungen und zu dem Phänomen der Oper als einer Kunstform, die nur im Augenblick existiert: Würden Sie sagen, dass die Logik des Abends das Entscheidende ist, nicht die Logik des Werkes? KPK Das ist das große Missverständnis, zu glauben, es gäbe ein Musiktheaterwerk außerhalb der Bühne. Die Logik des Abends schließt die Logik des Werkes ein. Es gibt keine Werktreue außerhalb des Bühnenereignisses, weil das Werk immer erst am Abend in seiner Gänze entsteht. Und man weiß nicht, was beim nächsten Abend IG Woran hat das gelegen? sein wird. Für das Gelingen oder die Intensität eines Abends spielen ja ganz verschiedene KPK Naja, das war in seiner Artifizialität, die auf den ersten Blick ans Kasperle- Dinge eine Rolle. Wie versteht man Theater? Wie versteht man den Rhythmus von Theater? theater erinnert, ungewohnt. Eine Spielweise, die zwar durchaus figuren- Wie beziehe ich mich auf Musik überhaupt? Wie verstehe ich Musik? Das sind ja Riesenthepsychologisch war, aber eben nicht vordergründig realistisch. Und abgesehen davon ist das men. Und man vergisst dabei oft, dass in der Oper das Theater mindestens so wichtig ist, wie beim Zahnarzt: Wenn die Wurzeln freigelegt werden und frische Luft drankommt, dann wie die anderen Elemente. tut’s weh. Eine draufgepappte Hakenkreuzbinde ist schnell verstanden, bleibt aber dafür auch an der Oberfläche. Schmerzhaft wird es, wenn man an die Strukturen geht, die jeder kennt. Und das war wohl der Punkt. Dies ist eine andere Form von politischem Theater, eine nachhaltigere. Und sie bleibt länger aktuell, weil sie auf tieferen Strukturen aufbaut. IG Jetzt werden wir mit dieser Inszenierung die Spielzeit eröffnen. Also mit einer Inszenierung, die 38 Jahre alt ist. Nun könnte man ja einwenden, dass es sehr merkwürdig ist, die Oper als eine lebendige Kunstform zu bezeichnen und dann eine Inszenierung von 1980 zu zeigen. KPK Grundsätzlich ist ja das Einzigartige an Musik und auch am Theater, dass IG Also geht es um das Polyphone in der Oper, um ihre Qualität, Mittel einsetzen zu können, die eben nicht deckungsgleich sind und die nicht auf beide Kunstformen immer Gegenwart sind. Sie existieren nicht in der Vergangenheit und nicht in der Zukunft, sondern immer nur im Jetzt, im Moment. Abgesehen verschiedenen Ebenen dasselbe erzählen. Darum, die Oper als eine Kunstform zu verstehen, davon ist es natürlich so, dass es Stücke gibt, die veralten, und dass es genauso auch Regien die über die Möglichkeit der „Trennung der Elemente“ verfügt, wie Brecht das formuliert gibt, die veralten. Es gibt aber eben auch welche, die bleiben. Dazu kann man dann aber auch hat, die per definitionem eher offen ist und mich als Zuschauer zum Mitmachen auffordert. stehen. Und die Lebendigkeit des Repertoires hängt sicherlich auch mit der Sorgfalt der KPK Das hängt damit zusammen, dass man vor allem über die Lücken, die FreiDokumentation und der Wiederaufnahmeproben zusammen. räume, die hergestellt werden müssen, etwas erfährt. Ich bin immer mehr IG davon überzeugt, dass Erlebnisse nur in den Freiräumen möglich sind. Ist alles ausformuliert, Sie haben damals das ganze Foyer bespielt … KPK Ja, da gab es viele Ecken mit Installationen, die die Denkweisen der konzep- bleibt man draußen. Dann erlebt man nichts mehr. Eine große Gefahr für lebendiges Theater. tionellen Arbeit sinnlich erfahrbar machten. Es gab beispielsweise ein Podest IG Alexander Kluge beschreibt in einem Text das Sehen im Kino als einen hochmit drei Stühlen, die von Schnecken überwuchert waren und an denen Hörner hingen. Da aktiven Vorgang, weil das Hirn die Lücke, die die Einzelbilder auf dem Film konnte man dann das berühmte Hornsolo aus der Freischütz-Ouvertüre hören. Eine weiße voneinander trennen, mit Eigenem füllt. Und auch, wenn er die Oper als „Vorführtheater“ Figur, dem Zuschauer abgewandt, mit einem Hirschkopf und einen Rucksack, aus dem ein nicht damit meint, wäre ja das genau ein Punkt, der an der Oper interessant ist oder inMännergesangverein „Wir wollen jagen den weißen Hirsch“ singt. Einen Fliegenpilz mit teressant sein kann: Ich bin als Zuschauer viel wacher und eingebundener, wenn ich zum Gartenzwerg, deren hektisches Arbeiten entsprechende Geräusche produzierte. Oder einen Mit- und Selbstdenken eingeladen werde. Gebirgsbach, der deutlich die Form einer Vulva hatte. Das alles sollte sinnlich auf eine Welt KPK Man muss den Dingen ihre Räume lassen. Das gilt aber eben auch andersrum: einstimmen, in der die Inszenierung angesiedelt sein würde. Wenn man die Metaphysik, von der jede Oper lebt, in die Physik überführt, IG Die Staatsoper Stuttgart wird als ein Haus mit einem besonderen Geist geht sie verloren. Ein Beispiel: Wenn Mozart im einem Orchestersatz bei Così fan tutte ein Herz beschrieben, als Haus, an dem sich auch die Werkstätten und die Kollek- schlagen lässt, und man dann auf der Bühne genau auf den Rhythmus des Herzschlags eine tive dafür interessieren, was szenisch und konzeptionell auf der Bühne stattfindet. Als Ort, Schrittfolge macht, dann hat man den Herzschlag eliminiert. Darum muss man wissen. Das der sich durch seine Offenheit und Ernsthaftigkeit in der Auseinandersetzung auszeichnet. hat meines Erachtens viel mit der Oberflächlichkeit von Inszenierungen zu tun. Ich würde Wie würden Sie den Stuttgarter Geist beschreiben? sagen: Eine wirklich gute und berührende Opernaufführung gibt es nicht ohne Metaphysik. Ingo Gerlach
Der Freischütz
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ISSUE No. 1
Carl Maria von Weber DER FREISCHÜTZ Romantische Oper in drei Aufzügen Libretto von Johann Friedrich Kind Uraufführung 1821 in Berlin in deutscher Sprache
Repertoire ab 28.9.18 Musikalische Leitung Georg Fritzsch Regie, Bühne & Kostüme Achim Freyer Dramaturgie Klaus-Peter Kehr Chor Manuel Pujol
Ottokar Michael Ebbecke Kuno Michael Nagl Agathe Laura Wilde Ännchen Josefin Feiler Kaspar Friedemann Röhlig Max Daniel Behle/ Daniel Kluge → 15., 18.10. Eremit David Steffens Kilian Elliott Carlton Hines
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Worum geht’s?
Der Freischütz
Produktionsfotos: Martin Sigmund (Wiederaufnahme 2017/18) Mitglieder des Staatsopernchores
Am Tag vor der Hochzeit muss der Jäger Max einen Probeschuss absolvieren, um seine geliebte Agathe heiraten zu dürfen. Aus Angst zu versagen, trifft er seit Tagen überhaupt nicht mehr. Sein Kamerad Kaspar, Agathes Ex-Freund und erst vor kurzem aus dem Dreißigjährigen Krieg zurückgekehrt, verhilft ihm zu Zauberkugeln, die man in der Wolfsschlucht gießen muss – im Zentrum der Angst.
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Pique Dame
Pjotr Iljitsch Tschaikowski PIQUE DAME Oper in drei Akten Libretto von Modest Iljitsch Tschaikowski Uraufführung 1890 in Sankt Petersburg in russischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Repertoire ab 6.1.19 Musikalische Leitung Oksana Lyniv Regie & Dramaturgie Jossi Wieler, Sergio Morabito Bühne & Kostüme Anna Viebrock Licht Reinhard Traub Chor & Kinderchor Manuel Pujol
German Gianluca Terranova Tomski N. N. Jeletzki Petr Sokolov Tschekalinski Torsten Hofmann Surin Michael Nagl/David Steffens Tschaplitzki Christopher Sokolowski Narumov Jasper Leever Gräfin Helene Schneiderman Lisa Lise Davidsen Polina Stine Marie Fischer Mascha Carina Schmieger
Zum Debüt von Oksana Lyniv an der Staatsoper Stuttgart
2019 Jan
Es zählt die Individualität
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Worum geht’s?
Pique Dame
Der mittellose deutsche Ingenieur German hat sich in St. Petersburg unsterblich in Lisa, die Nichte der alten Gräfin, verliebt, aber er kann sich nicht vorstellen, dass sie sich auch für ihn interessieren könnte. Um an Geld zu kommen, sucht er nach einer sicheren Kombination für das Glücksspiel. Als er hört, dass die alte Gräfin eine Reihenfolge von drei Karten kennt, die immer gewinnen, setzt er alles aufs Spiel, um an ihr Geheimnis zu kommen.
zerrissen zu werden droht. Oksana Lyniv hält engen Kontakt zu ihrer Familie und Freunden daheim – und knüpft an alte internationale Beziehungen an. Einst Teil des Vielvölkerstaats Österreich-Ungarn, wurde Lemberg zur Wirkungsstätte des Mozart-Sohns Franz Xaver, der hier drei Jahrzehnte lang lebte, unterrichtete und komponierte. Im Sommer 2017 hat sich Oksana Lyniv nach Jahren beharrlicher Vorbereitung dort einen Wunsch erfüllt: das Festival LvivMozArt, ein Festival, das jährlich stattfinden soll und mit dem sie – ausgehend von der Musik von drei Generationen der Mozart-Familie, Leopold, Wolfgang Amadeus und Franz Xaver – die klassische Musik in der Ukraine stärken, junge Musiker*innen unterstützen und internationale Verbindungen schaffen will. Konzerte und Avantgarde-Projekte, Chorwerke und Kammermusik Expertenrunden und Ausstellungen, eine Woche voller Entdeckungen mit 23 Veranstaltungen, aufgebaut praktisch aus dem Nichts heraus, ohne Institution im Rücken: ein eindrucksvoller Beweis, wozu Oksana Lyniv auch übers Musizieren hinaus in der Lage ist. Gleich mitgegründet hat sie das erste ukrainische Jugendorchester und es mit dem deutschen Bundesjugendorchester gemeinsam auftreten lassen. So stolz sie auch ist auf die Errungenschaften ihrer ukrainischen Heimat („Wie stark doch mein Volk ist, das im Krieg die Kultur nicht untergehen lässt“, hat sie 2014 im Merkur gesagt), bilden diese Wurzeln doch nur den Ausgangspunkt für eine weite musikalische Perspektive: „In unserem Job“, ist sie überzeugt, „muss man Weltbürger sein.“ Ihre erste Premiere als Grazer Chefdirigentin hat im Herbst 2017 Pjotr Tschaikowski gegolten und dessen erster Puschkin-Vertonung, Eugen Onegin. Natürlich, möchte man sagen, steht ihr dieser Komponist besonders nahe – und wirklich spielt er eine große Rolle in ihrem Schaffen. Die letzte der drei Puschkin-Opern, Pique Dame, deren „mystische, düstere, schicksalsgesättigte Atmosphäre“ es ihr besonders angetan habe, hat sie bereits in ihrer letzten Spielzeit in Odessa einstudiert; im Februar 2018 folgt am Theater an der Wien eine Produktion der Schiller-Oper Die Jungfrau von Orléans. Für ihren Zugang zur Stuttgarter Wiederaufnahme ist Tschaikowskis innere Beziehung zu sei-
Vor fünf Jahren war ihr Name nicht einmal Branchenkennern ein Begriff, heute gehört die Dirigentin Oksana Lyniv zu den hochgehandelten Persönlichkeiten in der europäischen Opernwelt. Seit Herbst 2017 hat sie den traditionsreichen Posten als Chefdirigentin an der Oper Graz inne. Mit der Berufung an das zweitgrößte Opernhaus Österreichs ist sie nun in der ersten Reihe angelangt, aber ihre Reise durch die Welt der Musik dürfte damit noch lange nicht beendet sein. VON MALTE KRASTING Begonnen hat sie in Brody, einer Kleinstadt knapp 100 Kilometer östlich von Lemberg (ukrainisch Lwiw). Man kennt Brody als Geburtsort von Joseph Roth, der in seinen Erzählungen das Stimmen-, Völker- und Glaubensgewirr in dieser einst multikulturellen Handelsstadt – die im Laufe der Jahrhunderte unter Kiewer, polnischer, österreichischer und sowjetischer Herrschaft stand – für die Nachwelt bewahrt hat. Heute, nach Weltkriegszerstörung und Sowjetzeit, erwachen Spuren dieser früheren Vielfalt langsam wieder zum Leben. Oksana Lyniv, Tochter einer Musikerfamilie, besuchte hier die Musikfachschule und begann ihr Studium in Lemberg, wo sie auch erste professionelle Engagements wahrnahm. Im Westen wurde man auf sie aufmerksam, als sie beim ersten Gustav-Mahler- Dirigentenwettbewerb in Bamberg 2004 den 3. Platz erreichte; gewonnen hat damals ein gewisser Gustavo Dudamel. Eine Assistenz beim Bamberger Chefdirigenten Jonathan Nott war die Folge, und Oksana Lyniv ergriff die Gelegenheit, ein Aufbau- und Meisterklassenstudium bei Ekkehard Klemm in Dresden anzuschließen, während sie weiterhin in der Ukraine Konzerte dirigierte. 2008 wurde sie stellvertretende Chefdirigentin an der Oper in Odessa und blieb dort fünf Jahre lang, mit dem ganzen großen Opernrepertoire in ihren Händen. Und dann kam sie nach München, als Assistentin des neuen Generalmusikdirektors Kirill Petrenko. Von außen betrachtet vielleicht ein Schritt zurück, doch Oksana Lyniv hat keine Sekunde gezögert, als Petrenko ihr – nur aufgrund eines Videos, das ihm genügte, um ihr außergewöhnliches Talent zu erkennen – diese Aufgabe anbot. Die Entscheidung war richtig: Die vier Jahre in München von 2013 bis 2017 sind die Gelenkstelle in ihrer Laufbahn. Aber während sich in der Rückschau diese Assistentenposition als genau das Sprungbrett erweist, als das man sie in einer professionellen Karriereplanung einbauen würde, liegt das Geheimnis von Oksana Lynivs Erfolg darin, dass sie nichts um einer anderen Sache willen macht, sondern immer ganz für das brennt, was sie gerade tut. Ob sie den kom plexen Schlagzeugbataillonen in Bernd Alois Zimmer manns Oper Die Soldaten den Takt gegeben, die Leitung szenischer Proben für den Chef übernommen, die Bühnenmusik in Die Frau ohne Schatten zusammengehalten hat, morgens die Bühnenprobe zu einer Uraufführung in einer ehemaligen Reithalle zu leiten und am selben Abend im Nationaltheater Lucia di Lammermoor zu dirigieren hatte, sie war immer hellwach und zu 100 Prozent fokussiert. In der Arbeit spricht sie diplomatisch, aber präzise, äußert sich lieber knapp als wortreich und verliert ungern Zeit mit Floskeln. Sie verlangt viel von den Musiker*innen und erwartet es schnell, aber wenn es Probleme zu lösen gilt, nimmt sie sich alle Zeit, die dafür erforderlich ist. Und sie ist eine Dirigentin, für die es keinen Gegensatz von Musik und Bühne gibt: Alles muss ineinandergreifen, sie hat immer das Gesamtbild einer Musiktheater-Aufführung vor Augen. Nicht zuletzt ist sie eine elegante Erscheinung am Pult, mit straffem Bewegungsduktus, dem man die Überzeugung anmerkt, dass Inspiration oder
gar Ekstase nur aus einer sorgfältigen Vorbereitung erwachsen können. Schon nach wenigen von ihr selbst dirigierten Vorstellungen an der Bayerischen Staatsoper war klar, dass diese Dirigentin (erst die dritte an diesem Haus übrigens nach Simone Young und Keri-Lynn Wilson) mehr ist als nur die rechte Hand des Generalmusikdirektors, dass man mit ihr im Gegenteil eine Künstlerin gewonnen hat, die über „Autorität und ein bisschen Strenge“ verfügt und über „eine irre Energie, die einen mitreißt“, wie es Annekatrin Schnur im Bayerischen Rundfunk beschrieb. Ersten selbst einstudierten Neuproduktionen in der Festspiel-Werkstatt und mit dem Opernstudio gesellten sich bald Aufführungen im Großen Haus zur Seite, La clemenza di Tito, La traviata, mehrere Serien von Lucia di Lammermoor, Ariadne auf Naxos und zuletzt Lady Macbeth von Mzensk, teils von Kirill Petrenko übernommen (der sie immer bestärkt hat, nicht nur nachzudirigieren, sondern ihren eigenen Zugriff auf die Stücke umzusetzen), teils aus dem großen Repertoire des Münchner Hauses. Sie selbst hat darüber gesagt: „Wenn ich mit Kirill Petrenko zusammenarbeite, versuche ich, mit dem halben Kopf seine Interpretation und Herangehensweise an die Partitur konzeptuell nachzuvollziehen und zu erfassen. Mit der anderen Hälfte mache ich mir meine eigenen Gedanken, die ich realisieren möchte, wenn ich das Stück einmal übernehme. Darüber tausche ich mich manchmal auch mit Kirill Petrenko aus – der natürlich davon ausgeht, dass ich meine eigene Meinung habe. Manchmal müssen wir sogar lachen, wenn wir kom-
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nen Sujets entscheidend: „Er hat sich mit den Werken stark identifiziert und brauchte als Komponist eine persönliche Verbindung zu den Operntexten. Ein kühler oder distanzierter Zugang zu dem Stück passt sicherlich zu Puschkin; in Tschaikowskis Musik aber hört man, dass er – wie er selbst erzählt hat – weinen musste, als er bei der Vertonung seinen German sozusagen begraben hat: so weit ging seine Identifikation. Andererseits hat er Lisas Seelenleben intensiv gestaltet und eigens dafür ein zusätzliches Bild eingefügt, also steckt auch in dieser Figur viel von ihm selbst.“ Dieser musikalischen Selbstoffenbarung will Oksana Lyniv in ihrer Interpretation mit dem Stuttgarter Ensemble nachspüren.
„Wenn ich mit Kirill Petrenko zusammenarbeite, versuche ich, mit dem halben Kopf seine Interpretation und Herangehensweise an die Partitur konzeptuell nachzuvollziehen und zu erfassen. Mit der anderen Hälfte mache ich mir meine eigenen Gedanken, die ich realisieren möchte, wenn ich das Stück einmal übernehme …“ plett gegensätzliche Vorstellungen haben. Aber es macht ja gerade einen Dirigenten aus, dass er die Fähig keit hat, die Partitur auf individuelle Art und Weise erklingen zu lassen.“ Individualität ist ein Stichwort, auf das sie immer wieder zurückkommt; den persönlichen Weg finden, ohne auf Originalität aus zu sein; ein Werk zu entschlüsseln und mit den individuellen Mitteln umzusetzen, in der Probe („Probenzeit ist die wichtigste Phase für einen Dirigenten, das ist das musikalische Labor. Da kannst du alles mischen, schauen, Akzente verschärfen, alle anzünden und mitreißen für deine Idee von einem Stück“) wie in der Aufführung („Wenn man Dirigenten zuschaut, sollte das auch helfen, die Musik zu verstehen, so dass sich ihre Energie auf den Hörer überträgt.“). Ihre ukrainische Herkunft bedeutet ihr viel. Kein Wunder bei einem Land, das bis heute als Manövriermasse im Fingerhakeln der Supermächte missbraucht wird und das selbst von inneren Richtungskämpfen
Und noch etwas: Mit Oksana Lynivs Generation ist die Frage nach Frauen am Dirigentenpult hoffentlich obsolet geworden. Zwar kommt noch immer kaum ein Interview ohne dieses Thema aus, und Oksana Lyniv antwortet geduldig und erzählt, wie ungewöhnlich seinerzeit ihr Berufswunsch an der Lemberger Musikhochschule gewirkt habe – wie aber andererseits von Orchestermusiker*innen nie irgendwelche „merk würdigen Bemerkungen“ zu hören gewesen seien. Ja, Kirill Petrenko hat sie engagiert, weil er sich für weibliche Dirigenten einsetzt, doch hier wie sonst auch musste sie sich gegen starke Konkurrenz durchsetzen. Sie ist dankbar für die Förderung, aber weist freundlich darauf hin, dass man ihr nichts geschenkt hat. Und unweigerlich betont sie, dass es auf die individuelle Ausstrahlung ankommt, auf das Können des Einzelnen, die Fähigkeit, seine bzw. ihre Auffassung zu vermitteln und durchzusetzen, ganz gleich welchen Geschlechts.
Les Contes d’Hoffmann
Das gilt genauso für die anderen beiden Dirigentinnen, die im Januar und Februar 2019 an der Staatsoper Stuttgart debütieren werden: Marie Jacquot und Eun-Sun Kim. Auch Marie Jacquot hat Kirill Petrenko assistiert, bei der Uraufführung von Miroslav Srnkas Oper South Pole, und in München auch mit der Leitung einer Kammeroper so viel Eindruck gemacht, dass man sie für eine eigene Produktion eingeladen hat – und zwar wiederum neueste Musik, die Uraufführung von Nikolaus Brass’ Oper Die Vorübergehenden bei der Festspiel-Werkstatt im Sommer 2018. Seit 2017 ist Marie Jacquot Erste Kapellmeisterin und stellvertretende Generalmusikdirektorin am Mainfranken Theater Würz burg; studiert hat die gebürtige Pariserin in ihrer Heimatstadt und in Wien, dort übrigens bei Kirill Petrenkos Lehrer Uroš Lajovic (und dessem Schüler Simeon Pironkoff). In Stuttgart leitet sie die Aufführungen von Medea. Wie sie das tut? „Ich bemühe mich, ohne Gender zu dirigieren. Musik ist ja auch nicht männlich oder weiblich.“
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ISSUE No. 1
Jacques Offenbach LES CONTES D’HOFFMANN Phantastische Oper in drei Akten, einem Vor- und Nachspiel Libretto von Jules Barbier Uraufführung 1881 in Paris in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Repertoire ab 30.1.19
Blanka Rádóczy über ihre Lehrerin Anna Viebrock und die gemeinsame Arbeit an Les Contes d’Hoffmann 3
„Ich bemühe mich, ohne Gender zu dirigieren. Musik ist ja auch nicht männlich oder weiblich.“
„Ich habe kein festes Ziel im Sinne eines Postens an irgendeinem Theater. Ich will nur die besten Stücke an großen Häusern und mit hervorragenden Sänger*innen dirigieren …“ Alle drei, Oksana Lyniv, Marie Jacquot und EunSun Kim, haben sich ihr eigenes Profil erarbeitet. Und auch in dem von Oksana Lyniv formulierten Ziel dürften sie sich einig sein: „Ich habe kein festes Ziel im Sinne eines Postens an irgendeinem Theater. Ich will nur die besten Stücke an großen Häusern und mit hervorragenden Sänger*innen dirigieren. Denn am glücklichsten fühle ich mich in der Musik.“ Malte Krasting, in Hamburg geboren, studierte Musikwissenschaft in seiner Heimatstadt und in Berlin. Er war als Dramaturg am Meininger Theater, an der Komischen Oper Berlin und an der Oper Frankfurt engagiert. Eine langjährige Zusammenarbeit verbindet ihn mit dem Dirigenten Kirill Petrenko. Seit 2013 ist er als Dramaturg an der Bayerischen Staatsoper beschäftigt. Er unterrichtet außerdem an der Bayerischen Theaterakademie August Everding und hat in der Buchreihe „Opernführer kompakt“ eine Einführung zu Così fan tutte veröffentlicht.
1 Pique Dame: Helene Schneidermann (Gräfin), Rebecca von Lipinski (Lisa), Erin Caves (German), Foto: A. T. Schaefer 2 Oksana Lyniv, Foto: Wilfried Hösl 3 Les Contes d’Hoffmann: Solist*innen, Tänzer*innen, Statisterie und Staatsopernchor, Foto: A. T. Schaefer
Hoffmann Atalla Ayan Nicklausse Rachael Wilson Lindorf/Coppélius/Dapertutto/ Miracle Adam Palka Andrès/Cochenille/Pitichinaccio/ Frantz Kai Kluge/Torsten Hofmann Olympia Beate Ritter Antonia/Giulietta Olga Busuioc Stella Altea Garrido Stimme der Mutter Maria Theresa Ullrich Nathanaël Moritz Kallenberg Spalanzani Graham F. Valentine Hermann Paweł Konik Schlemihl Andrew Bogard Luther/Crespel Matthew Anchel
VON BLANKA RÁDÓCZY Im Jahr 2000 wurde eine große Publikation über Anna Viebrocks Arbeit veröffentlicht. Auf dem Cover dieses Buches ist eines ihrer Bühnenbilder abgebildet. Der Fotoausschnitt zeigt eine Wanduhr vom Flughafen Tempelhof und daneben einen Schriftzug, dessen Buchstaben teilweise heruntergefallen waren: „Damit die Zeit nicht stehenbleibt.“ Eine rätselhafte Aussage, die sich in der Erinnerung einnistet. Dieses Buch war meine erste Begegnung mit Anna Viebrocks Kunst. Meine zweite Begegnung war – Jahre später – eine Bauprobe, an der ich als interessierte Besucherin teil nahm. Ich erinnere mich genau an den Moment, als ich die Dekoration, zusammengebaut aus Restholz, Theaterlatten und Papier auf der Bühne sah. Der Büh nenbildentwurf fügte sich architektonisch so perfekt in den Theaterraum, als hätte er schon immer dage standen. Das war der Beginn einer langjährigen, engen Arbeitsbeziehung zwischen Anna Viebrock und mir. Ich begleitete zuerst als Assistentin, später als künstleri sche Mitarbeiterin unterschiedlichste Produktionen in verschiedenen Städten. Die Zusammenarbeit bedeu tete viele gemeinsame Stunden im Atelier, viel gemein sames Denken, Gespräche über Theater, Film und Lite ratur. In dieser Zeit lernte ich, dass Theaterarbeit nicht auf Macht, sondern auf gegenseitigem Respekt be ruhen kann und sollte. Anna Viebrocks Bühnenräume sind immer Kom binationen von gefundenen Bausteinen, deren neue Verknüpfungen eigenwillige Räume ergeben. Bei der Findung und Auswahl der Raumvorlagen kann es sich um eine zielgerichtete Suche oder um zufällige Ent deckungen handeln: Das Wesentliche ist die Bega bung, das Gefundene anders wahrzunehmen und da rin die Möglichkeit einer neuen Kontextualisierung zu entdecken. Diese künstlerische Arbeit bedarf der Genauigkeit des Blickes. Jedes noch so kleine Detail ist entscheidend und kann das Wesen eines Raumes verändern. Worauf es ankommt, ist die Komposition der Elemente. Im Bühnenbildentwurf zu Les Contes d’Hoffmann wurden verschiedene Räumlichkeiten des Círculo de Bellas Artes, einer privaten Kulturinstitution in der Madrider Innenstadt, zu einem Grundraum ver schmolzen. Es war Gerard Mortier, der Anna Viebrock durch die Zeichensäle, das Theater, den Billardsalon und das Café führte. Dieser Ort, an dem sich Kunst, Bildung und Unterhaltung überlagerten, erwies sich sowohl räumlich als auch inhaltlich als eine perfekte Inspirationsquelle. In Les Contes d’Hoffmann gibt es eine enge Verbindung zwischen der Liebe eines Mannes zu einer Frau und zur Kunst. Vier Frauengeschichten Hoffmanns zeigen sie auf unterschiedliche Weise. Die Räume des Círculo wiederum sind durch verschiedene Frauenabbildungen, Zeichnungen, liegende und ste hende Statuen geschmückt: Dass der weibliche Körper häufiges Motiv und große Inspiration vieler Künste ge wesen ist, wird dem Betrachter hier besonders be wusst. Einige dieser Frauendarstellungen schafften es als Zitate auf die Bühne: Der verzerrte weibliche Körper – neben anderen ein wichtiges Motiv des Surrealismus – durchzieht die Inszenierung. Bizarr sich verrenkende Gestalten, Gliedmaßen von Mannequins, die durch den Raum getragen werden, und Aktmodelle, die sich ver krampft an Seilen festhalten, sind nur einige Beispiele. Von surrealistischen Einflüssen zeugen auch die Kos tüme, die vom Aussehen der real existierenden Prota gonist*innen dieser Kunstbewegung inspiriert wurden. Darüber hinaus werden Parallelen zur Geisteshal tung des Surrealismus gezogen, der Kunst und Leben und somit auch Traum und Wirklichkeit auf einer Ebene
vereint. Bereits in der Vorbereitungsphase wurde die Hoffmann-Bühne in meiner Vorstellung zu einem Ort, wo die Gesetzmäßigkeiten von Traum und Fiktion aufgehoben wurden, zu Hoffmanns persönlichem TraumRaum. Während der Probenarbeit gelang es Christoph Marthaler, die surreale Welt, die in der Bühne angelegt war, grandios zu vervollständigen. Bühnenbild und Inszenierung ergänzen sich gegenseitig und verschmelzen zu einer eigentümlichen Welt. Diesen Moment des Verschmelzens suche auch ich in meiner Arbeit als Regisseurin und Bühnenbildnerin. Ich glaube an die Gleichberechtigung der Theatermittel, daran, dass Raum, Körper, Darstellung, Musik und Text sich gegenseitig stützen, unterstützen und beeinflussen. Es gibt einen Dialog der Mittel. Jeder Raum hat seine eigenen Regeln. Diese Regeln sind bedingt durch den Inhalt und bedingen auch die Darstellung und Spielweise. Alles ist miteinander verwoben. Wie ein Objekt zum Agierenden werden kann, kann ein spielender Körper zum Bild werden. Das Bildhafte in Raum und Spiel ist ein unverzichtbares Element der Darstellung. Dass Bildern eine große Narration zugrunde liegt, beweisen auch die Arbeiten von Anna Viebrock. In ihren hyperrealistischen Räumen werden Geschichten, die Spuren der Zeit, sichtbar gemacht. Mich interessiert die abstrahierte Darstellung realistischer Orte, die Andeutung eines Raumes. Dabei bevorzuge ich Materialen in ihrer Rohheit und Echtheit: Stahl in seiner Kälte, Holz in seiner Wärme oder Stoff in seiner Weichheit und Sinnlichkeit. Ich versuche, Zeit nicht als Nachahmung der Realität abzubilden, sondern die Wahrnehmung von Zeit auf der Bühne zu erforschen. Wie lässt sich Virtualität, wie Vergangenheit, Gleichzeitigkeit darstellen, obwohl Theater immer ein aktuelles Ereignis ist? Welche Form für Raum und Spiel sind zu wählen, um verschiedene Zeitebenen zeigen zu können? Diese Fragen stellen sich auch bei Antigone-Tribunal, einer Uraufführung von Leo Dick am JOiN, an der ich als Regisseurin und Bühnenbildnerin beteiligt sein werde (→ Seite J4). Als Vorlage für das Libretto dient eine Antigone-Bearbeitung des Philosophen Slavoj Žižek. Eine der Besonderheiten dieser Vorlage ist, dass hier drei unterschiedliche Enden des Mythos erzählt werden. Die Darstellung des Was-wäre-wenn und der zeitlichen Parallelität stellen eine große theatrale Herausforderung dar. Gemeinsam mit einem Stuttgarter Bürgerchor werden wir uns neben dem formalen Aspekt von Zeitdarstellung mit der politischen Aktualität des Antigone-Stoffes beschäftigen. Diesem Projekt liegen viele unterschiedliche Zeitebenen zugrunde: die Antike, die Entstehungszeit der Žižek’schen Bearbeitung, unsere aktuelle Zeit, die der Musik als großem Wahrnehmungsmanipulator von Zeit. Und selbstverständlich die Zeit, die das Publikum und die Menschen auf und hinter der Bühne gemeinsam teilen. Diese ist vielleicht die schönste Zeit. Und eine, die uns nur das Theater ermöglichen kann. Blanka Rádóczy wurde in Ungarn geboren und wuchs in der Schweiz auf. Sie arbeitete als Bühnen- und Kostümbildnerin an verschiedenen Theatern und studierte Regie für Schauspiel und Musiktheater an der Theaterakademie August Everding. Mit ihrer Inszenierung TEOREMA gewann sie beim Körber Studio Junge Regie 2017 den Publikumspreis und wurde in der Kri-tikerumfrage der Zeitschrift Theater heute als beste Nachwuchsregisseurin genannt. Ihre Inszenierung von AntigoneTribunal hat am 9.3.2019 Premiere im JOiN.
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Worum geht’s? Während der Künstler Hoffmann auf die leidenschaftlich geliebte Stella wartet, deren Gunst ihm allerdings von einem Gegenspieler streitig gemacht wird, erzählt er von den obskuren Objekten seiner Begierde – von Olympia, dem Automaten, von Antonia, der sterbenskranken Sängerin und von Giulietta, der Kurtisane. Nach dem immer gleichen Muster scheitert Hoffmann in seinen Lie besgeschichten. Und Stella, Olympia, Antonia und Giulietta verschwimmen zu einem Zerrbild der Liebe.
Les Contes d’Hoffmann
Eun-Sun Kim ist bislang ihren Weg gegangen, ohne irgendwo eine feste Position zu bekleiden. Sie stammt aus Südkorea, begann ihr Studium (Komposition und Dirigieren) in Seoul und schloss es in Stuttgart ab. Seitdem ist sie in beeindruckendem Tempo von kleinen, namhaften Theatern wie Meiningen bis in die Elite der europäischen Opernlandschaft emporgerückt: „Eine Karriere kann man nicht planen. Das funktioniert nur im Rückblick. Bei mir hat sich das so ergeben. Ich bin ja selbstständige Dirigentin, habe an kleineren Häusern angefangen, dann kamen rasch Engagements und Einladungen. Ich glaube, mein Durchbruch war die Frankfurter Bohème, davon haben anscheinend viele Häuser gehört und dann angefragt. Diese Produktion kam wirklich gut an, das Orchester hat mich gemocht.“ Nach ihrem Debüt an der Oper Frankfurt konnte sie dort noch eine Reihe weiterer Opern – auch Premieren – dirigieren; inzwischen gastiert sie in Dresden, Oslo, Stockholm, an der Wiener Volksoper, an der Berliner Staatsoper, an der English National Opera und an der Bayerischen Staatsoper. Im Februar tritt sie erstmals ans Stuttgarter Dirigentenpult und leitet hier Madama Butterfly.
Musikalische Leitung Marc Piollet Regie Christoph Marthaler Regie-Mitarbeit Joachim Rathke Bühne & Kostüme Anna Viebrock Licht Olaf Winter Choreografie Altea Garrido Dramaturgie Malte Ubenauf Chor Bernhard Moncado
Manuel Pujol ist seit der Saison 18/19 Chordirektor an der Staatsoper Stuttgart. Ab 2015 leitete er den Opernchor des Theater Dortmund und war vorher als Zweiter Kapellmeister und Chordirektor am Gerhart Hauptmann-Theater Görlitz engagiert. Er studierte Chor- und Orchesterdirigieren an den Musikhochschulen in Dresden und Weimar.
Manuel Pujol Chordirektor
Der Staatsopernchor – mit dem Staatsorchester das größte künstlerische Kollektiv an der Staatsoper Stuttgart – ist ein Dauergast auf dem Siegertreppchen in der Kategorie „Opernchor des Jahres“ bei der jährlichen Umfrage der Zeitschrift „Opernwelt“. Was die Kritiker*innen so regelmäßig begeistert, ist unter anderem eine bemerkenswerte klangliche Homogenität bei gleichzeitig größtmöglicher individueller szenisch-musikalischer Verantwortung: Die Damen und Herren des Staatsopernchores agieren auf der Bühne wie Solist*innen und klingen wie ein Kollektiv. Dass ihnen dieser Spagat scheinbar mühelos gelingt, ist sowohl Grund als auch Zeichen der außergewöhnlichen musiktheatralen Qualität. Die hat der Staatsopernchor in der letzten Spiel-zeit ausreichend unter Beweis gestellt, zuletzt in der Uraufführung von Toshio Hosokawas Erdbeben. Träume. Auch die Saison 18/19 wartet mit verschiedenen Herausforderungen auf, von Seiten unterschiedlicher Musiksprachen sowie neuer Regie-Handschriften. Die Darstellung des wankelmütigen Volks in Wagners Lohengrin etwa oder die verschiedenen Zuschauergruppen in Prokofjews Liebe zu drei Orangen, die je nach theatralischer Vorliebe als Freunde der Komödie, der Tragödie oder der leichten Unterhaltung in den Lauf der Handlung eingreifen wollen; als homogene Masse wie auch als mehrfach geteilter Akklamationschor in John Adams Nixon in China oder aber als wichtigster Protagonist neben Mephisto, Faust und Gretchen in Arrigo Boitos Mefistofele. Abgesehen davon wird es auch hier einen Neuanfang geben: Manuel Pujol übernimmt zur neuen Saison die Leitung des Staatsopernchores. Wir haben ihm ein paar Fragen gestellt.
Woher kommen Sie? Ich bin in Mainz geboren und habe dort auch meine Kindheit verbracht. Ein Teil meiner Familie kommt aus Spanien, aus der Nähe von Barcelona. Meine Jugend verbrachte ich im Internat Schulpforta in Sachsen-Anhalt. Ich habe sowohl von der deutschen und der spanischen, aber auch von der protestantischen und katholischen Kultur so einiges mitbekommen. Wie kamen Sie zur Musik? Begonnen hat es ganz klassisch mit der musikalischen Früherziehung am Peter-Cornelius-Konservatorium in Mainz. Dort habe ich auch meine Liebe zum Chor entdeckt, die mich bis heute nicht losgelassen hat. Wie kamen Sie zum Theater? Kurz vor meinem Abitur habe ich, fasziniert von einem Opernbesuch von Richard Strauss’ Die Frau ohne Schatten, meine damaligen Zukunftspläne neu überdacht und den Entschluss gefasst, mich auch beruflich der Musik zu widmen. An der Hochschule für Musik in Dresden hatte ich die Möglichkeit, sowohl ein Orchester- als auch ein Chordirigierstudium zu absolvieren. Während dieser Zeit wurde ich durch verschiedene Assistenzen an Opernhäusern und bei Festivals in meinem Berufswunsch, an einem Opernhaus zu arbeiten, weiter bestärkt. Mein erstes Engagement erhielt ich dann als Chordirektor und Zweiter Kapellmeister am Gerhart-Hauptmann Theater Görlitz-Zittau. Die letzten drei Jahre vor meinem Wechsel an die Staatsoper Stuttgart habe ich den Opernchor am Theater Dortmund geleitet.
Musik und Theater – wie hängt beides für Sie zusammen? Ohne Musik kein Theater! Musik war immer elementarer Bestandteil der darstellenden Kunst. Vor allem auf der Bühne kann Oper ihre ganze Schönheit entfalten. Was reizt Sie an Stuttgart – als Stadt? Zum einen ist es eine neue Stadt und das ist immer per se reizvoll. Stuttgart kannte ich bis jetzt noch nicht und dachte da erst mal an die Kehrwoche. Aber Stuttgart ist bekannt für seine sehr innovativen, global agierenden Unternehmen auf der einen Seite und andererseits eben für ein phantastisches kulturelles und künstlerisches Leben. Diese Verbindung zwischen Super-Unternehmen und einem Super-Theater spricht für eine offene Stadtgesellschaft und offene Menschen. Darauf freue ich mich sehr. Und wie ich hörte, gibt’s hier viele gute Restaurants, von bodenständig bis recht fein. Das ist ein großes Plus nach der kulinarisch etwas bescheideneren Zeit in Dortmund. Der Staatsopernchor ist seit 1998 zehn Mal Opernchor des Jahres geworden. Das ist ja vielleicht so etwas wie das Bayern München der Opernchöre. Wie haben Sie den Chor bisher in den Begegnungen erlebt? Wenn ich in dem Bild des Vergleichs mit Bayern München bleibe, dann ist auch die Qualität des Staatsopernchors überall bekannt und die Mitglieder des Opernchors wissen auch, zu welchen herausragenden Leistungen sie bei einer Opernaufführung fähig sind. Sehr beeindruckt und gefreut hat mich die Unvoreingenommenheit und Empathie sowie die große Offenheit, mit der mich die Sänger*innen des Opernchors bei unseren ersten Begegnungen aufgenommen haben.
Was, würden Sie sagen, macht die Qualität des Staatsopern chores aus? Ganz klar: der fantastische Klang. Was ich bis jetzt in den Proben erlebt habe, war wirklich phänomenal. Außerdem beeindrucken mich auch die Spielfreude und die szenische Intelligenz des Opernchors. Damit verbunden ist der hohe Anspruch, den der Staatsopernchor an sich selbst hat sowie die eigene Motivation, sich nicht auf den erreichten Erfolgen und Auszeichnungen auszuruhen, sondern sich immer weiter zu entwickeln und verbessern zu wollen. Dazu kommt das Verständnis, dass die individuellen Persönlichkeiten und Qualitäten sich immer in das Kollektiv einfügen und damit diese künstlerische Einheit ergeben. Was wird für Sie in der Arbeit wichtig werden? Diese Qualität nicht nur zu halten, sondern auch dem Chor neue Impulse zu geben, um beispielsweise die Präzision, die Flexibilität und die Klangdifferenziertheit weiter zu verfeinern.
Der Staatsopernchor Stuttgart ist eine zentrale Säule des künstlerischen Erfolgs der Staatsoper Stuttgart. Sein Schwerpunkt liegt sowohl im klassisch-romantischen Repertoire als auch bei der zeitgenössischen Oper, was sich an einer Vielzahl von Produktionen aus diesem Bereich ablesen lässt, wie Helmut Lachenmanns Mädchen mit den Schwefelhölzern, Luigi Nonos Intolleranza 1960 oder Mark Andres wunderzaichen.
Auf welche Produktion freuen Sie sich am meisten? Die Frage ist für mich schwer zu beantworten, da der nächste Spielplan für den Chor die gesamte Bandbreite des Musiktheaters bietet. Eigentlich freue ich mich auf jede einzelne Produktion, aber sicherlich wird meine erste Premiere hier am Haus mit Wagners Lohengrin eine ganz besondere für mich werden.
43
ISSUE No. 1
Staatsopernchor Stuttgart Chordirektor Manuel Pujol Stv. Chordirektor Bernhard Moncado Chorassistenz Peter Goller Chorinspizienz Karolin Unger Mitarbeit Chorbüro Amelie Ullmann Leitung Kinderchor Bernhard Moncado Laura Corrales Stimmbildung Sopran I Larisa Bruma Laura Corrales Isolde Daum Karin Horvat Sarah Jones Silvia Kaiser Noriko Kuniyoshi Olga Polyakova Ulla Seeber Elisabeth von Stritzky Maja Tabatadze Beatrix Vrieze Sopran II Heike Beckmann Jasna Gerger Anna Matyuschenko Mireille Neumeister Anke Maurer Claudia Votteler Shan Shan Wang Dagmar Würthen Alt I Brigitte Czerny Simone Jackel Barbara Kosviner Pia Liebhäuser Cristina Otey Teresa Smolnik N. N. Alt II Regina Friedek Margret Hauser Ines Malaval Eva Maria Sutor Maria Tokarska Lucy Williams Gudrun Wilming Jie Zhang Tenor I Ivan Ivanov Bo Yong Kim Hee-Tae Kim Young Chan Kim Forrest Lee Rubén Mora Metodi Morartzaliev Alois Riedel Peter Schaufelberger Alexej Shestov Ivan Yonkov Tenor II Alexander Efanov Johannes Egerer Klaus Kächele Rüdiger Knöss Juan Pablo Marin Johannes Petz Shoung Ho Shin Jacek Sowiźral Urs Winter Ilja Werger Aushilfe Bass I Sebastian Bollacher Henrik Czerny Daniel Kaleta Siegfried Laukner Matthias Nenner Stephan Storck Ulrich Wand Kyung Won Yu N. N. Bass II Ulrich Frisch Tommaso Hahn Yehonatan Haimovich William David Halbert Kristian Metzner Sebastian Peter Heiko Schulz Đorđe Tomić Saša Vrabac Foto: Matthias Baus
Staatsopernchor
Die Saison 18/19 auf einen Blick Ab
Titel
Komponist
Uraufführung
Musikalische Leitung
Regie
Premiere im Jahr
28.09.18
Der Freischütz
Carl Maria von Weber
1821
Georg Fritzsch
Achim Freyer
1980
29.09.18
Lohengrin
Richard Wagner
1850
Cornelius Meister
Árpád Schilling
2018
30.09.18
Ariodante
Georg Friedrich Händel
1735
Christopher Moulds
Jossi Wieler, Sergio Morabito
2017
04.10.18
Il barbiere di Siviglia
Gioachino Rossini
1816
Antonino Fogliani/Thomas Guggeis
Beat Fäh
1993
19.10.18
Rigoletto
Giuseppe Verdi
1851
Giuliano Carella
Jossi Wieler, Sergio Morabito
2015
28.10.18
Don Pasquale
Gaetano Donizetti
1843
Francesco Angelico
Jossi Wieler, Sergio Morabito
2018
31.10.18
Requiem pour L.
Wolfgang A. Mozart/Fabrizio Cassol
1791 / 2018
Rodriguez Vangama
Alain Platel
2018
02.11.18
Herzog Blaubarts Burg
Béla Bartók
1918
Titus Engel
Hans Op de Beeck
2018
02.12.18
Die Liebe zu drei Orangen
Sergej Prokofjew
1921
Alejo Pérez
Axel Ranisch
2018
16.12.18
La Bohème
Giacomo Puccini
1896
Cornelius Meister/Thomas Guggeis
Andrea Moses
2014
20.12.18
Tosca
Giacomo Puccini
1900
Cornelius Meister
Willy Decker
1998
21.12.18
La Cenerentola
Gioachino Rossini
1817
Vlad Iftinca
Andrea Moses
2013
06.01.19
Pique Dame
Pjotr Iljitsch Tschaikowski
1890
Oksana Lyniv
Jossi Wieler, Sergio Morabito
2017
27.01.19
Medea
Luigi Cherubini
1797
Marie Jacquot
Peter Konwitschny
2017
30.01.19
Les Contes d’Hoffmann
Jacques Offenbach
1881
Marc Piollet
Christoph Marthaler
2016
02.02.19
Die sieben Todsünden
Kurt Weill
1933
Stefan Schreiber
Anna-Sophie Mahler, Louis Stiens
2019
04.02.19
Madama Butterfly
Giacomo Puccini
1904
Eun Sun Kim/Thomas Guggeis
Monique Wagemakers
2006
17.03.19
Der Prinz von Homburg
Hans Werner Henze
1960 / 1991
Cornelius Meister/Thomas Guggeis
Stephan Kimmig
2019
24.03.19
Modern Times
Charlie Chaplin
1936
Cornelius Meister
Charlie Chaplin
2019
07.04.19
Nixon in China
John Adams
1987
André de Ridder
Marco Štorman
2019
28.04.19
Iphigénie en Tauride
Christoph Willibald Gluck
1779
Stefano Montanari
Krzysztof Warlikowski
2019
26.05.19
Così fan tutte
Wolfgang Amadeus Mozart
1790
Cornelius Meister
Yannis Houvardas
2015
02.06.19
Ariadne auf Naxos
Richard Strauss
1912
Cornelius Meister
Jossi Wieler, Sergio Morabito
2013
16.06.19
Mefistofele
Arrigo Boito
1875
Daniele Callegari
Àlex Ollé (La Fura dels Baus)
2019
20.06.19
Der fliegende Holländer
Richard Wagner
1843
David Afkham
Calixto Bieito
2008
06.07.19
Salome
Richard Strauss
1905
Roland Kluttig
Kirill Serebrennikov
2015
11.07.19
Norma
Vincenzo Bellini
1831
Giacomo Sagripanti
Jossi Wieler, Sergio Morabito
2002
ABO
DIE MACHT DER GEWOHNHEIT Wenn die Uraufführung von Thomas Bernhards Schauspiel Die Macht der Gewohnheit im Jahre 1974 zur Eröffnung der Salzburger Festspiele Erfolge feierte, dann war das durchaus Ausdruck der allgemeinen Stimmung der damaligen Theaterlandschaft, auch des Verhältnisses von Theatermacher*innen und ihrem Abonnement-Publikum: „Gewohnheit“, das war gleich „Routine“, „Theaterbetrieb“ war gleich einförmiges Stadttheater. Abo galt als uncool. Die Politik reagierte: Im gleichen Jahr begann beispielsweise die Intendanz von Claus Peymann in Stuttgart. Das war damals. Und wie ist es heute? Da in dieser Publikation Fragen erlaubt sind, erlaube ich mir, einige präzise zeitgenössische Fragen mit Blick auf die Gewohnheit zu formulieren und so den Blick auf eine Philosophie des Abonnements im Jahre 2018 zu lenken: Ist denn beispielsweise die Gewohnheit, viermal im Jahr an einem festen Platz im Opernhaus sitzen zu dürfen, jetzt spießig oder eigentlich ganz angenehm? Ist denn der Preisnachlass auf die Abonnements im Vergleich zu den regulären Karten jetzt vernachlässigenswert, oder eigentlich ein ganz gutes Angebot? Ist die Tatsache, dass mir die Theaterleitung vier konkrete Vorstellungen über die Saison verteilt empfiehlt, nicht ähnlich angenehm wie die dialogische Essensbestellung beim netten Italiener um die Ecke mit den zur Auswahl stehenden vier Spezialitäten des Tages – im Vergleich zu den 200 Möglichkeiten bei dem einen oder anderen To-go-Imbiss? Ist das angebotene exklusive Rahmenprogramm für Abonennt*innen nicht doch ganz interessant? Ist das Netflix-/ Spotify-/Sky-Abonnement nicht genau das gleiche Prinzip und absolut 21. Jahrhundert? Bieten die Modalitäten des unkomplizierten Umtauschs auf der Staatstheater-Homepage nicht doch einen unmittelbaren Ausweg, wenn die Dienstreise nun wirklich nicht aufzuschieben ist? „Wollten wir nicht schon lange mal wieder in die Oper – allein, wir haben es immer verpasst, uns um die Karten zu kümmern …?“ Kurz: Ist es nicht wirklich und genau jetzt an der Zeit, ein Abo an der Staatsoper Stuttgart zu kaufen? Ich finde durchaus. Ihr Viktor Schoner
Einfach, unkompliziert und mit Ermäßigung: 0711 20 32 220 abo@staatstheater-stuttgart.de
IHR BESUCH Wir freuen uns auf Ihren Besuch! Dabei spielt es gar keine Rolle, ob Sie schon seit Jahrzehnten ins Opernhaus kommen oder ob Sie vielleicht zum ersten Mal einen Abend im Musiktheater oder im Konzert erleben wollen. Egal zu welcher Vorstellung, egal in welcher Spielstätte: Come as you are!
VORVERKAUF Der Kartenvorverkauf für alle Vorstellungen und Konzerte beginnt telefonisch, am Schalter und online in der Regel datumsgleich zwei Monate vor dem Vorstellungstermin. Bereits davor können über die schriftliche Bestellung jederzeit Reservierungen platziert werden. Per Telefon 0711 20 20 90 Montag bis Freitag, 10 bis 20 Uhr, Samstag, 10 bis 18 Uhr An der Tageskasse Theaterkasse Königstraße 1D (Theaterpassage) 70173 Stuttgart Montag bis Freitag, 10 bis 19 Uhr, Samstag, 10 bis 18 Uhr Im Web www.staatsoper-stuttgart.de tickets@staatstheater-stuttgart.de Per schriftlicher Bestellung Die Staatstheater Stuttgart Kartenservice Postfach 10 43 45 70008 Stuttgart tickets@staatstheater-stuttgart.de Online-Formular: www.staatstheater-stuttgart.de Gruppenbestellungen Telefon: 0711 20 32 330 Fax: 0711 20 32 88 88 gruppen.obk@staatstheater-stuttgart.de Bei Gruppenbestellungen für Schulvorstellungen haben die angemeldeten Klassen zusätzlich die Möglichkeit, über unseren Gastronomiepartner List & Scholz teatro GmbH Lunchpakete zu bestellen.
ABONNEMENT Die Neueinzeichnung von Abonnements ist persönlich oder telefonisch im Abonnementbüro möglich. Theaterkasse Königstraße 1D (Theaterpassage) 70173 Stuttgart Montag bis Freitag, 10 bis 18 Uhr Samstag, 10 bis 14 Uhr 0711 20 32 220 abo@staatstheater-stuttgart.de Weitere Informationen zu den Abonnements unter www.staatstheater-stuttgart.de Telefonischer Kartenservice 0711 20 20 90 Montag bis Freitag, 10 bis 20 Uhr, Samstag, 10 bis 18 Uhr
Die vier Spielstätten
2
Spielstätte 2 Nord
1
Löwentorstraße 68 (Löwentorbogen) Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln U12, U15 bis Löwentor oder U13 bis Löwentor oder Rosensteinpark oder Bus N5 bis Löwentor Anfahrt mit dem Auto Von der B10/Pragstraße abbiegen in die Löwentorstraße, dann an der Ampel rechts abbiegen in den Löwentorbogen Parken im anliegenden Parkhaus
Spielstätte 1 Oper Oberer Schlossgarten 6 Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln 10 min zu Fuß vom Hauptbahnhof durch den Oberen Schlossgarten oder U1, U2, U4, U9, U14 bis U-Bahnhof Staatsgalerie oder Bus 40, 42 bis Staatsgalerie und in 5 – 7 min zu Fuß zum Opernhaus Anfahrt mit dem Auto Parken in den Tiefgaragen Staatsgalerie, Schlossgarten, Landtag
2
3
Nordbahnhof
3
Spielstätte 3 Paketpostamt Ehmannstraße 80 – 82 Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln U1, U2, U11, U14 bis Mineralbäder und 9 min zu Fuß durch den Rosensteingarten oder U6, U7, U12, U15 oder S-Bahn bis Nordbahnhof und 12 min zu Fuß Anfahrt mit dem Auto 10 min vom Hauptbahnhof von der Nordbahnhofstraße Zufahrt in die Ehmannstraße
4 Hauptbahnhof
1
4
Spielstätte 4 Liederhalle Berliner Platz 1 – 3 Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln U14, U29 bis Berliner Platz Anfahrt mit dem Auto 10 min vom Hauptbahnhof am Berliner Platz
Neu ab der Saison 18/19: www.staatsoper-stuttgart.de Wir haben frisch gestrichen! Die Website der Staatsoper Stuttgart präsentiert sich ab der neuen Spielzeit in neuem Design: Klar und aufgeräumt finden Sie ab sofort alle wichtigen Informationen zum Haus, zu unseren Produktionen und Künstler*innen auf www.staatsoper-stuttgart.de. Völlig neu auf der Website ist unser MAGAZIN: In diesem Bereich gibt es alle wichtigen Neuigkeiten aus der Staatsoper, Multimedia-Inhalte wie Videos und Podcasts, Blogbeiträge und Hintergrundinformationen, kurz: alle Informationen, die Sie als Besucher*in des Hauses brauchen – aber auch vieles, wonach Sie vielleicht nie gesucht hätten, das hoffentlich aber unterhaltsam und aufschlussreich für Sie ist. Wir wünschen frohes Entdecken! Blei be In u n Sie a uf d New nser slet em r em La ufe Wo ter e unde der chen rfahre rneue nden: das rten Sta n Si at s ope Wichti e alle z gs r, w hin terg inform te aus ei rün ativ dig und J ww ! w.s etzt ab taa o n nier tsop e new er-stu n: ttga slet rt.d ter e/
Johannes Lachermeier und das Online-Team der Staatsoper
Die Nase von Papa, die Augen von Mama und die Bank vom Urururgroßvater.
Seit der Gründung unserer Bank im Jahr 1818 haben wir Generationen von Kun den durchs Leben begleitet. Wir geben zu: Dass sie uns so lange die Treue gehalten haben, macht uns schon ein bisschen stolz. Vor allem aber ist es für uns Antrieb, auch in Zukunft bereit für neue Ideen zu sein.
Ein Unternehmen der LBBW-Gruppe
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Denn das ist seit 200 Jahren unser Erfolgs prinzip. Egal, welche Pläne Sie für morgen haben – wir stehen Ihnen gern mit unse rer Beratung zur Seite. Besuchen Sie uns einfach. In Ihrer BWBank Filiale oder auf www.bw-bank.de/200-Jahre
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Sep
18 Nov
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Do
1
Requiem pour L.
Sa
1
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Requiem pour L. Herzog Blaubarts Burg → PPA
Ariodante ↤ Der Schauspieldirektor → N
So
2
Die Liebe zu drei Orangen
Sa
3
Lohengrin
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3
So
4
Dramaturgietag vm Requiem pour L. nm ↤ Herzog Blaubarts Burg → PPA Radio Show No. 1
Das Lamm, das zum Essen kam vm Der Schauspieldirektor vm → N
So
Einführungsmatinee Lohengrin vm Spielzeiteröffnung
Fr
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Der Freischütz
Sa
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Lohengrin
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Ariodante
Okt Mo
1
1. Liedkonzert
Mi
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Lohengrin
Do
4
Il barbiere di Siviglia
Sa
6
Ariodante
So
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1. Sinfoniekonzert vm Der Freischütz
Mo
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1. Sinfoniekonzert
Di
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Ariodante
Mi
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Il barbiere di Siviglia
So
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Lohengrin
Mo 15
Der Freischütz
Do 18
Der Freischütz
Fr
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Rigoletto
Sa
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Lohengrin
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Einführungsmatinee Requiem pour L. vm
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18 Jan
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5
Die Liebe zu drei Orangen
Do
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Gold vm → N
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Gold vm → N Il barbiere di Siviglia
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Lohengrin ↤
Di
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Don Pasquale
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1. Kammerkonzert
So
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Herzog Blaubarts Burg → PPA
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2. Sinfoniekonzert vm Herzog Blaubarts Burg → PPA ↤
Gold vm → N 3. Sinfoniekonzert
Di
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Das Lamm, das zum Essen kam vm
Mi
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Gold vm → N
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Die Liebe zu drei Orangen
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Der Schauspieldirektor vm → N
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La Bohème nm La Bohème
Mo 12
2. Sinfoniekonzert
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Ariodante
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Il barbiere di Siviglia
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Rigoletto
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Don Pasquale
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Das Lamm, das zum Essen kam nm Singend durch den Spielplan nm Rigoletto
So
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3. Sinfoniekonzert vm
Mo 17
Die Liebe zu drei Orangen
Di
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La Bohème
Mi
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Der Schauspieldirektor vm → N Die Liebe zu drei Orangen
Do 20
Der Schauspieldirektor vm → N Tosca
Fr
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La Cenerentola
2. Kammerkonzert
Sa
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Tosca
Einführungsmatinee Die Liebe zu drei Orangen vm Ariodante Das Lamm, das zum Essen kam vm 2. Liedkonzert
Mo 22
Lunchkonzert
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Rigoletto
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Der Freischütz ↤
Do 22
Ariodante
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Der Schauspieldirektor nm → N
Sa
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Lohengrin
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Rigoletto
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Einführungsmatinee Herzog Blaubarts Burg vm Don Pasquale
Sa
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Das Lamm, das zum Essen kam nm Don Pasquale
La Bohème nm La Bohème
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Il barbiere di Siviglia nm Il barbiere di Siviglia
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Il barbiere di Siviglia nm Il barbiere di Siviglia
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Das Lamm, das zum Essen kam vm Lunchkonzert Don Pasquale ↤
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Informationen
Di
1
Neujahrskonzert
Mi
2
Der Schauspieldirektor nm → N La Cenerentola
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Die Liebe zu drei Orangen
Der Vorverkauf für September, Oktober und November 2018 läuft seit dem 3. Juli 2018. Karten für weitere Vorstellungen sind jeweils zwei Monate vor dem Vorstellungs termin telefonisch, online oder persönlich an der Theaterkasse erhältlich.
Sa
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Der Schauspieldirektor nm → N Tosca ↤
Legende
So
6
Der Schauspieldirektor nm → N Pique Dame
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Lunchkonzert
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La Cenerentola
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Gold vm → N Pique Dame Gold vm → N La Cenerentola
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Die Liebe zu drei Orangen
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Der Schauspieldirektor vm → N Pique Dame
So
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La Bohème nm La Bohème
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Gold vm → N
Do 17
Gold vm → N 3. Liedkonzert
Fr
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Pique Dame
Sa
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Gold nm → N La Cenerentola
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Mit Beiträgen von Felix Ensslin, Jean-Pierre Goffin, Malte Krasting, Blanka Rádóczy, Axel Ranisch, Árpád Schilling, Barbara Vinken Bildredaktion Julia Schmitt
Opernhaus (inkl. Foyers) Schauspielhaus Nord Paketpostamt
Konzeption und Gestaltung collect Helen Hauert, Barbara Stehle, Davide Durante www.studiocollect.de Bildbearbeitung Wagnerchic. Postproduktion & Retouching Für die Originalbeiträge und Originalbilder alle Rechte vorbehalten. Urheber, die nicht zu erreichen waren, werden zwecks nachträglicher Rechteabgeltung um Nachricht gebeten.
4. Sinfoniekonzert vm Gold nm → N
Di
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Gold vm → N
Mi
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Gold vm → N La Cenerentola
Fr
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Pique Dame ↤
Sa
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Der Schauspieldirektor vm → N
So
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Einführungsmatinee Die sieben Todsünden * Medea
Do 31
Spielstätte keine Angabe → SH → N → PPA
Mitarbeit Franz-Erdmann Meyer-Herder
abends vormittags nachmittags letzte Vorstellung in dieser Saison Koproduktion mit dem Stuttgarter Ballett und dem Schauspiel Stuttgart
Sonn- und Feiertage
4. Sinfoniekonzert
30
Konzeption und Redaktion Barbara Eckle (BE), Sabine Frank, Ingo Gerlach (IG), Miron Hakenbeck (MH), Johannes Lachermeier, Julia Schmitt, Christoph Sökler, Elena Tzavara
Die Sinfonie- und Kammerkonzerte finden in der Liederhalle statt.
Mo 21
Mi
Intendant Viktor Schoner Generalmusikdirektor Cornelius Meister
Oper/Konzert/JOiN Premiere Repertoire 1. Vorstellung Sitzkissenkonzerte/Sonderveranstaltungen keine Angabe vm nm ↤ *
Do 10
Herausgeber Staatsoper Stuttgart Oberer Schlossgarten 6 70173 Stuttgart
Redaktionsschluss: 30.8.18 Änderungen vorbehalten Die Zeitung erscheint am 15.9.18 Auflage: 50.000 Druck Pressehaus Stuttgart Druck GmbH Plieninger Straße 150 70567 Stuttgart
vm
Wir danken unseren Partnern und dem Förderverein der Staatstheater Stuttgart e.V.
Les Contes d’Hoffmann Das Lamm, das zum Essen kam vm
PRODUKTIONEN: SEP 18 –JAN 19 → S. 38
VON GIUSEPPE VERDI Musikalische Leitung: Giuliano Carella Regie: Jossi Wieler, Sergio Morabito
VON CARL MARIA VON WEBER Musikalische Leitung: Georg Fritzsch Regie: Achim Freyer
VON RICHARD WAGNER Musikalische Leitung: Cornelius Meister Regie: Árpád Schilling NEUPRODUKTION
ARIODANTE ab 30.9.18
VON GEORG FRIEDRICH HÄNDEL Musikalische Leitung: Christopher Moulds Regie: Jossi Wieler, Sergio Morabito REPERTOIRE
IL BARBIERE DI SIVIGLIA ab 4.10.18
VON GIOACHINO ROSSINI Musikalische Leitung: Antonino Fogliani/ Thomas Guggeis Regie: Beat Fäh REPERTOIRE
VON SERGEJ PROKOFJEW Musikalische Leitung: Alejo Pérez Regie: Axel Ranisch
→ S. 4
DON PASQUALE
NEUPRODUKTION
LA BOHÈME
ab 28.10.18
ab 16.12.18
VON GAETANO DONIZETTI Musikalische Leitung: Francesco Angelico Regie: Jossi Wieler, Sergio Morabito
VON GIACOMO PUCCINI Musikalische Leitung: Cornelius Meister/ Thomas Guggeis Regie: Andrea Moses
REPERTOIRE
REQUIEM POUR L.
REPERTOIRE → S. 10
VON GIACOMO PUCCINI Musikalische Leitung: Cornelius Meister Regie: Willy Decker
VON FABRIZIO CASSOL & ALAIN PLATEL Musikalische Leitung: Rodriguez Vangama Regie: Alain Platel
ab 2.11.18
VON BÉLA BARTÓK Musikalische Leitung: Titus Engel Regie: Hans Op de Beeck
→ S. 40
VON PJOTR ILJITSCH TSCHAIKOWSKI Musikalische Leitung: Oksana Lyniv Regie: Jossi Wieler, Sergio Morabito REPERTOIRE
MEDEA
ab 27.1.19
VON LUIGI CHERUBINI Musikalische Leitung: Marie Jacquot Regie: Peter Konwitschny REPERTOIRE
LES CONTES D’HOFFMANN
→ S. 41
ab 30.1.19
VON JACQUES OFFENBACH Musikalische Leitung: Marc Piollet Regie: Christoph Marthaler REPERTOIRE
REPERTOIRE
GASTSPIEL
HERZOG BLAUBARTS BURG
TOSCA
ab 20.12.18
ab 31.10.18
NEUPRODUKTION
Intendant Viktor Schoner Generalmusikdirektor Cornelius Meister
ab 2.12.18
REPERTOIRE
REPERTOIRE
ab 29.9.18
→ S. 34
ab 19.10.18
ab 28.9.18
LOHENGRIN
DIE LIEBE ZU PIQUE DAME DREI ORANGEN ab 6.1.19
RIGOLETTO
→ S. 8
LA CENERENTOLA ab 21.12.18
Im Paketpostamt in der Ehmannstraße
DER FREISCHÜTZ
VON GIOACHINO ROSSINI Musikalische Leitung: Vlad Iftinca Regie: Andrea Moses REPERTOIRE
No. 2
Sta atso per mit ersch Stuttg e a aus füh int Anf rt Issu r zum lichen ang 20 e No. 2 Feb 19 Info Pro ru uns ar bis gramm rmatio erem Juli nen 20 von wirk Frühja 19 un d hr lich wirk sfestiv zu al lich .
KARTEN: 0711 20 20 90 STAATSOPER-STUTTGART.DE