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Versöhnungstheater

Diskursgewitter mit Max Czollek am 20. April in der Exhalle

In seinem neuen Buch ‚Versöhnungstheater‘ geht der Autor Max Czollek an vielen Stellen von eigenen Erfahrungen aus und leitet daraus allgemeine Einsichten ab. Eine der Erfahrungen, die er beschreibt, ist ein Ausflug nach Oranienburg, den er mit seiner Freundin unternahm. Sie wollten der Langeweile des zweiten Lockdowns entgehen und dabei explizit nicht das KZ Sachsenhausen besuchen, weswegen sie auf der der Gedenkstätte gegenüberliegenden Seite des Flusses entlanggingen. Dort stießen sie jedoch schnell auf ein ehemaliges Außenlager mit einer heruntergekommenen Gedenktafel: „Gebaut zur Produktion der benötigten Rohstoffe für den Neubau Berlins als Germania durch Albert Speer“ ist dort zu lesen. Und dass die SS zu Kriegsende an dieser Stelle 80 Tonnen Menschenasche in den Kanal geschüttet hat, um die Spuren der Vernichtung zu beseitigen. Zwischen Ausflugsgästen und Anglern begegneten Czollek und seine Freundin so doch den Verbrechen der deutschen Vergangenheit. Eine Erfahrung, die in Czolleks Worten das „containment“ deutscher Erinnerungskultur beschreibt: Die KZ Gedenkstätte auf der einen Uferseite, das scheinbar unbelastete Leben auf der anderen sind auch der (gescheiterte) Versuch, das Grauen einzuhegen, ihm einen festen Platz zu geben und andere Orte dadurch reinzuwaschen. Viele weitere Fragen, um die „Versöhnungstheater“ kreist, schließen sich daran an. Dabei zuvorderst die Frage danach, ob diejenigen verurteilt wurden, die hier Verbrechen begangen haben und ob Überlebende dieses Lagers oder ihre Nachkommen entschädigt wurden. Oder ob nicht vielmehr, und das ist eine der vielen spannenden Thesen von „Versöhnungstheater“, die Gedenkstätte als symbolischer Ort und die dort vollzogenen symboli- schen Handlungen die tatsächlichen Entschädigungen und eigentlich notwendige strukturelle Veränderungen in der Bundesrepublik überlagerten.

An die Lesung aus dem Buch schließt sich ein Gespräch mit dem Autor an, das auch die Möglichkeit bietet, seine Thesen auf Oldenburg anzuwenden. VK

„Statt als ernsthafter Ausdruck der eigenen Absichten dienten die großen Gesten der Erinnerungskultur als eine Reihe von Ersatzhandlungen, die es erlaubten, eine deutsche Identität nach 1945 von der Vergangenheit zu entlasten, ohne zugleich den Preis zu bezahlen, den man für die Herstellung von Gerechtigkeit hätte zahlen müssen.“

Max Czollek

Für unser Ensemble aus Spezialisten spielt ganzheitliche Immobilienberatung die Hauptrolle. Aus Oldenburg. Für Oldenburg.

„Nerds“ erobern im April den Spielraum!

Bald ist es endlich so weit. Am 22. April übernehmen junge Spielende aus den Kinderclubs den Spielraum, die Stücke ‚Chaorks in Sortirien‘, ‚Elektrizitatistisch‘ und ‚Also mich, also uns, also ich‘ feiern Premiere. Die drei Gruppen haben diese Spielzeit von dem Thema ‚Nerds‘ ausgehend drei Stücke entwickelt, sind in drei unterschiedliche Welten eingetaucht, haben bestimmt mehr als drei Kostüme anprobiert und einige Requisitenschlachten veranstaltet.

Lina Joost-Krüger hat sich gemeinsam mit Peter Rech und den Teilnehmenden des Kinderclubs ‚Chaorks in Sortirien‘ mit einem kleinen Dorf inklusive Ordnungswahn und Gandalf beschäftigt. Im Kinderclub ‚Elektrizitatistisch‘ von Hatice Karagöl geht es um allerlei Erfindungen, wobei es auf jeden Fall nicht an Kreativität mangeln soll. Zum Glück gehen Nerds gerne über die Grenzen der Kreativität hinaus, um Neues zu entdecken. ‚Also mich, also uns, also ich‘ versucht das „Ich“ beziehungsweise das „Du“ zu entdecken. Mareike Schulz und Regina Töws sind mit den Teilnehmenden auf etwas gesto- ßen. Was das Ganze mit Keksen auf sich hat, das kann man im Spielraum erfahren. Genaueres zu den Stücken und wie der Probenprozess war, dass erzählen uns die Spielleitungen Lina Joost-Krüger (LJK), Hatice Karagöl (HK) und Mareike Schulz (MS).

Was erwartet uns bei den Premieren der Kinderclubs?

Was ist ein Nerd?

LJK: Ich glaube, jede:r ist ein Nerd oder hat einen Nerd in sich. Dieser Nerd ist fasziniert von einer bestimmten Sache und kann sich ganz in sie vergraben und abtauchen. Das können ganze Welten sein. Bei Nerds denken wir vielleicht schnell an Computer und Mathematik, aber es gibt genauso die Sportnerds, Katzennerds, Manganerds und so weiter. Ein Nerd ist für mich jemand, der etwas in seinem/ihren Leben gefunden hat, was er/sie wirklich liebt.

HK: Unser stereotypes Bild eines klassischen Nerds: Nerds interessieren sich leidenschaftlich für naturwissenschaftliche Bereiche. Ihr Interesse dafür ist so intensiv, dass ihre sozialen Kontakte eingeschränkt sind.

Wann wirst du zu einem Nerd?

LJK: Ich werde im Theater zum Nerd. Das fasziniert mich, da kann ich drin versinken.

HK: Heimlich.

Was ist das nerdigste, dass im Probenprozess passiert ist?

LJK: Wir haben in der Gruppe zusammen eine Geschichte erfunden, die nach eigenen Regeln funktioniert. Sie handelt von einem kleinen, sehr aufgeräumten Dorf namens Sortirien mit sehr ordentlichen Bewohner:innen. In diese Geschichte haben wir uns wohl alle ziemlich reingenerdet. Was sonst noch Nerdiges passiert ist: Wir haben uns lange mit Putztechniken auseinandergesetzt und jede Probe wird sehr viel geputzt.

HK: Eine große Ansammlung von Wissen über Ursache und Auswirkung von Lebensmittelverschwendung.

MS: Wir vergleichen unsere Socken jeden Donnerstag und wer die verrücktesten hat, gewinnt.

Wo kommen Nerds in eurem Stück vor?

LJK: Überall. Es gibt niemanden, der kein Nerd ist. Vom Geschichten-erzähl-Nerd, zu den Dorfbewohner:innen von Sortirien, einem Einhammerhorn, dass überzeugt ist, sich richtig gut auszukennen, eine Fährfrau, die Rätsel liebt und viele mehr.

HK: Wir sind das, wofür Nerds brennen.

Beschreibe das Stück in drei Worten:

LJK: Ordnung. Chaos. Gandalf.

HK: Liebesgeschichte. Krimi. Strom.

MS: Komisch. Besonders. Anders.

Worauf freust du dich in der Endproben – und Aufführungszeit am meisten?

LJK: Ich freue mich sehr auf die Bühne im Spielraum und darauf dort alles, was wir bisher geprobt haben, mit Licht und Musik zu se - hen. Außerdem sind Endproben und Aufführungen für den Zusammenhalt in der Gruppe ganz besonders.

HK: Auf die Aufregung, die in den Gesichtern (von uns allen) zu erkennen ist.

MS: Am meisten freuen wir uns auf den ersten Durchlauf, auf der finalen Bühne, mit allen Elementen.

Was macht Gandalf in Sortirien?

LJK: Gandalf hat Sortirien den Rücken gekehrt. Es war ihm zu sortiert da. Trotzdem hat er die letzten zehn Jahre die Putzmeisterschaft gewonnen und keiner weiß, wie er das geschafft hat.

Ist Sortirien ein gutes Urlaubsziel?

LJK: Auf jeden Fall, wenn man mit dem Lineal gezogene Blumenbeete, gebügelte Gardinen, tabellarisch sortierte Fahrradständer mag.

Was ist deine Lieblingserfindung?

HK: Copy and Paste. Dicht gefolgt von Steuerung Z.

Was haben Kekse mit der Suche nach dem Ich zu tun?

MS: Ohne Kekse bekommt man keine Antworten vom Ich. Das Interview führte Hanna Puka.

Bevor Sie den Urlaub nach Sortirien im nächsten Reisebüro buchen, sich im Labor auf die Suche nach der neuesten Erfindung machen oder sich in den Sessel zum Philosophieren und Kekse-Essen setzten wollen, sollten Sie der wärmsten Empfehlung folgen, im Spielraum vorbeizuschauen. Tauchen Sie in die Welt der Nerds ein und lassen Sie sich überraschen, woran die drei Gruppen seit Oktober arbeiten. Die Stücke feiern am 22.04 im Spielraum Premiere, weitere Aufführungen sind am 23.04 und 24.04. Karten gibt es an der Theaterkasse oder auf der Homepage.

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