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EXPERTEN

Fisch&Wasser 4/2013

Im falschen Element Kaum ist der Fisch gekeschert, beginnt für ihn eine ungemütliche Reise in den trockenen Lebensraum. Wie geht es dem Schuppenträger, wenn er plötzlich im Element Luft ist? Stefan Tesch hat mit einem Fischmediziner über Schleimschicht, Abhakmatte und Kescher gesprochen.

Fotos: Tsch (4)

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asst man den Fisch mit bloßen Händen an, hat man ihn schon verletzt“, warnt Professor Mansour El-Matbouli, Fischmediziner an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Denn: „Die Schleimhaut ist wie ein unsichtbares Kleid“. Und dieses Kleid wird verletzt, sobald es außerhalb des Wassers berührt wird. „Nur mit nassen Händen“, mahnt El-Matbouli auf die Frage, wie man den Fisch mit seinem sensiblen Schleimkleid nun am besten anfassen sollte. Je stärker man mit seinen Händen zudrückt, desto gravierender verletzt man die Schleimschicht – wie etwa beim langwierigen Hakenlösen. Und die Devise lautet: Den Schleim so wenig wie möglich berühren. Bei Salmoniden ist sie am verletzlichsten, gefolgt von Zandern und Karpfenartigen sowie dem etwas robusteren Hecht. Zur Verletzung der Schicht beim Berühren kann es aber bei jeder Fischart kommen. Die äußerst empfindlichen Augen dürfen keinesfalls berührt werden. Pilzbefall und Traumata sind nämlich die tragischen Folgen. Völlig falsch: Einem auf der Matte zappelnden Karp-

fen die Augen zuzuhalten, um ihn zu beruhigen.

Schleim als Schutz. Die wichtigste

Aufgabe der Schleimschicht ist es, den Fisch gegen Mikroorganismen wie etwa Bakterien, Pilze und Parasiten, zu schützen (im Fachjargon: eine immunologische Funktion). Haben sich solche in der Schleimschicht festgesetzt, setzt eine Immunreaktion ein, um die Eindringlinge zu bekämpfen. Ist die Schleimschicht an manchen Stellen beschädigt, ist das eine Eintrittspforte für

MITTLERWEILE UNVERZICHTBAR: DIE ABHAKMATTE Mancherorts ist sie bereits Vorschrift, doch waidgerechte Fischer sollten ohnehin nie ohne ans Wasser gehen: Die beschriebenen Verletzungsrisiken sind viel zu hoch, um einen Fisch einfach auf Schotter, Beton oder Erde zu legen. Auch eine nasse Wiese ist nicht optimal. Die Polsterung der Matte bewahrt den Fisch sowohl vor inneren Verletzungen, etwa durch steinigen Untergrund, als auch vor massiver Beschädigung der Schleimschicht. Daher sollte ihre Oberfläche so glatt wie möglich sein, am besten gummiert und vor allem nass sein. Günstige und zusammenlegbare Abhakmatten gibt es schon ab knapp zehn Euro und

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für die meisten Einsätze ausreichend. Wer kapitale Fische erwartet, sollte aber zu entsprechend größeren und dickeren Matten greifen – idealerweise auch mit wulstigem Rand, damit der Fisch nicht wegrutschen kann. Die Preise solcher „Planschbecken“ liegen etwa zwischen 30 und 100 Euro. Abhakmatte vergessen? „Zur Not tut es auch ein großes Plastiksackerl, das auf weichem Untergrund, zum Beispiel einem dicken Kleidungsstück, liegt“, verrät El-Matbouli, aber warnt eindringlich, so ein Provisorium als dauerhafte zu verwenden. Zudem sind solche Alternativen, wo Abhakmatten verpflichtend zu verwenden sind, sowieso verboten.

Der Fischdoktor

Prof. Dr. Mansour El-Matbouli ist versierter Experte an der Veterinärmedizinischen Universität Wien

Mikroorganismen, denn sie haben dadurch direkten Zutritt zur Haut. Pilzbefall und Hautgeschwüre sind dann die häufigsten Folgeerkrankungen. Zum Thema Antiseptikum bzw. Klinikum meint der Fischmediziner: „Wunden, auch jene vom Haken, müssen von alleine heilen. Desinfizieren bringt nichts, denn der Heilungs-

DER RICHTIGE KESCHER Kescher ist nicht gleich Kescher. „Je glatter und feiner das Netz, desto besser“, erklärt El-Matbouli. Das bedeutet, knotenlose, engmaschige und gummierte Produkte sind am besten. Ein engmaschiges Netz verhindert Verletzungen an den Flossen. „Wenn der Fisch zappelt, schnell raus aus dem Kescher“, warnt El-Matbouli, „sonst wird die Schleimschicht massiv beschädigt. Gleiches gilt für Setzkescher beim Hegefischen. Sie sollten nicht mit Fischen überfüllt sein. „So lange sich die Fische darin frei bewegen können, ist es ok“, gibt er vor. Das Netz schädigt die Schleimhaut im Wasser nicht so stark wie an der Luft.


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