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Nur ein kleiner, aber folgenreicher, falscher Schritt

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herbert Clyde Lewis‘ endlich wiederentdeckter Roman »Gentleman über Bord«

Von der Komik zur Tragik ist der Weg oft kurz. Und zuweilen ist es dann auch nicht mehr weit zur Tragödie. »Als Harry Preston Standish kopfüber in den Ozean fiel, ging am östlichen Horizont gerade die Sonne auf.« So fängt er an, der erste Roman von Herbert Clyde Lewis.

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Der Autor wurde als Sohn jüdischrussischer Einwanderer 1909 im New Yorker Stadtteil Brooklyn geboren. Er war Sportreporter, Korrespondent in Shanghai und schrieb Drehbücher für Hollywood. Sein Debut »Gentleman über Bord« entstand bereits 1937. Es wurde seinerzeit, mit Jandl gesagt »werch ein Illtum«, als »zu leicht« befunden und kaum wahrgenommen. Erst 2009 wurde das Buch in dem Blog »Neglected Books« wieder entdeckt und jetzt von Klaus Bonn glänzend ins Deutsche übersetzt und von Jochen Schimmang in seinem Nachwort gebührend gewürdigt .

Henry Preston Standish, 35 Jahre alt, ein erfolgreicher New Yorker Börsenmakler, ist eigentlich glücklich verheiratet. Er hat zwei kleine Kinder, die er liebt und doch hat er plötzlich das Gefühl, er müsse sich eine Auszeit nehmen. »Burnout« nennt man es heute. Seine vernünftige Frau unterstützt ihn dabei und so bucht er auf dem Frachtschiff Arabella eine dreiwöchige Fahrt von Hawaii nach Panama. Außer ihm sind noch acht Passagiere an Bord. Eine nette Mrs. Benson mit ihren vier kleinen Kindern. Mr. und Mrs. Brown, eher unsympathische Missionare und Nat Adams, ein 73-jähriger Farmer. Am 13. Tag seiner Reise steht Standish schon um fünf Uhr auf und geht an die Reling, um den Sonnenaufgang zu beobachten. Und, danach ist alles anders, er macht einen falschen Schritt, rutscht auf einem Ölfleck aus und fällt »plötzlich, von einem Moment auf den anderen aus der Welt«, nämlich in den Pazifik. Das Meer ist spiegelglatt, angenehm warm, er ist ein guter Schwimmer, man wird ihn auf dem kleinen Frachter sehr bald vermissen, umdrehen, um ihn zu suchen und zu retten. Er entledigt sich seiner Kleider, legt sich auf den Rücken und lässt sein bisheriges Leben an sich vorüberziehen. Er liebte seine Familie, im Großen und Ganzen auch seinen Beruf und seine

Kollegen. Warum nur hatte er plötzlich das Empfinden: »Du musst fort von hier, du musst fort.« Er musste sogar lachen, als er sich überlegte, wie die Kollegen staunen würden, wenn er ihnen von seinem Missgeschick und seinem heldenhaften Überleben erzählen würde. Er empfindet jetzt aber mehr Scham als Angst. »Männer vom Schlage Henry Preston Standishs stürzten nicht einfach so vom Schiff mitten in den Ozean. So etwas machte man schlichtweg nicht.« Doch leider gibt es im Leben manchmal unglückliche Umstände, kleine Zufälle, die entscheidend sein können. Das Schiff tuckert weiter durch die ruhige See. Man bemerkt nicht, dass einer der Passagiere fehlt. Der einzige, der ihm so früh begegnet war, ist der Koch. Und auch der ist »mit seiner Aufgabe, die Speisen des Tages vor zu bereiten« schon genug beschäftigt, zudem eine solche Schlafmütze, dass er ihn nicht vermisst. Nat, der Farmer, der inzwischen zu Standish eine Art Freundschaft entwickelt hatte, hätte nie gewagt, an seine Kabinentür zu klopfen, um nach ihm zu suchen. Die nette Mrs. Branson ist völlig mit ihren kleinen Kindern beschäftigt und der Missionar mochte den Geschäftsmann sowieso nicht besonders, sodass er sogar behauptete, er habe ihn gerade noch in der Bibliothek gesehen. Das heißt: alle verhalten sich völlig normal, irgendwie gleichgültig. Während Standishs Zustand im Wasser zwischen »Hoffnung, Panik, Wut, Verzweiflung, Euphorie und schließlich Ergebenheit in sein Schicksal« wechselt, sucht man auf dem Schiff, als man wirklich realisiert hat, dass er weg ist, nach einer Erklärung: Einer, der so viel mit Geld zu tun hat, kann auch eine Menge verlieren. Das könnte ihn dazu gezwungen haben, »Selbstmord zu begehen«. Durchaus ironisch, zuweilen auch sarkastisch, beschreibt Lewis das Geschehen. Aber (fast) mit großer Sympathie für seine Figuren. Das kleine Schiff wird zu einem (Sinn-)Bild der gesellschaftlichen Situation.

Geschickt hat er, in den Kapiteln abwechselnd, Standishs Situation im Wasser, dann das Verhalten der Passagiere, die Missverständnisse, das Desinteresse gegenüber gestellt, und so immer weiter die Spannung gesteigert.

Nach dreizehn Stunden gibt der Kapitän, wütend über die Situation und über sich selbst, endlich den Befehl zur Umkehr. Es bedeutet für ihn einen erheblichen Verlust an Zeit und damit auch an Geld. Und die Frage wird sein: kommt er rechtzeitig?

Sigrid Lüdke-Haertel

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Von allen Auszeichnungen, die er je erhielt, war die als »Special Friend of the Diné«, die Tony Hillerman 1987 vom Navajo Tribal Council erhielt, die wichtigste. Er hatte bis dahin sieben Romane geschrieben – Kriminalromane, genauer gesagt –, alle im NavajoReservat in der »Four Corners«-Region von Arizona, Utah, Colorado und New Mexico angesiedelt und mit indianischen Polizisten in der Hauptrolle: Lieutenant

Joe Leaphorn und Officer

Jim Chee ermitteln für die Navajo-Polizei. Die Traditionen und Bräuche des indigenen Volkes, das sich selbst Diné nennt und mit rund 332.000 Stammesangehörigen das zweitgrößte der indianischen Völker in den Vereinigten Staaten ist, bilden in diesen Büchern »nicht nur Kulisse, sondern sind von zentraler Bedeutung bei der erzählerischen Gestaltung der Fälle und ihrer Auflösung«, bringt es der Kritiker Joachim Feldmann auf den Punkt.

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