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Fiskal- und Geldpolitik

Fiskal- und Geldpolitik sind die wichtigsten Elemente einer aktiven Konjunkturpolitik. Während die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit der Geldpolitik das Geldangebot steuert, gestaltet der Staat mit der Fiskalpolitik seine Einnahmen und Ausgaben so, dass die konjunkturelle Entwicklung positiv beeinflusst werden soll.

Theorie 1 2 3 4 5 6

Übungen

Ziele der Fiskalpolitik ............................................................................................ 2 1 Ziele der Fiskalpolitik ............................................................................................ 22 Die Instrumente der Fiskalpolitik ........................................................................... 2 2 Haushalts- und Steuerpolitik ................................................................................. 22 Ziele der Geldpolitik .............................................................................................. 6 3 Expansive und restriktive Fiskalpolitik .................................................................... 23 4 Ziele der Geldpolitik .............................................................................................. 23 Die Schweizerische Nationalbank und das Geld ..................................................... 10 Die Instrumente der Geldpolitik ............................................................................ 14 5 Geldmengen und Geldschöpfung ......................................................................... 24 Probleme der Fiskal- und Geldpolitik ..................................................................... 18 6 Aussagen zur Geldpolitik der SNB beurteilen ......................................................... 24 7 Begriffe zur Geldpolitik der SNB ............................................................................ 25 Das haben Sie gelernt ........................................................................................... 20 © 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt 120 FiskalLektionen 8 Gesellschaft, und Geldpolitik ..................................................................... 25 Diese Begriffe können Sie erklären ........................................................................ 21 Wirtschaft und Problemeinder Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht

Aufgaben 1 2 3 4 5

Haushalts- und Steuerpolitik ................................................................................. 26 Die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank ................................................. 28 Expansive Geldpolitik: ein Mittel – viele Ziele ......................................................... 29 Konjunkturpolitik am Beispiel Japans ..................................................................... 30 Schuldenbremse ................................................................................................... 31

Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft in 120 Lektionen 1. Auflage 2017 / © Verlag SKV AG, Zürich Diese Broschüre ist urheberrechtlich geschützt. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, die Broschüre oder Teile daraus in irgendeiner Form zu reproduzieren. Fiskal- und Geldpolitik  1


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1 Ziele der Fiskalpolitik Die staatlichen Aktivitäten können sich nicht nur darauf beschränken, der Bevölkerung auf dem Staatsgebiet Ruhe und Ordnung zu garantieren. Durch die Erfüllung seiner weiteren Aufgaben wird der Staat zum wichtigen Teilnehmer im Wirtschaftskreislauf. Er ist der grösste Käufer von Gütern und Dienstleistungen und auch der grösste Arbeitgeber. Bund, Kantone und Gemeinden benötigen entsprechende finanzielle Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben.

2 Die Instrumente der Fiskalpolitik ■ Haushaltspolitik

Im Zuge des Wirtschaftswachstums der letzten Jahrzehnte sind auch die Staatsausgaben angestiegen. Die Staatsquote, der Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandprodukt (BIP), erreichte in der Schweiz 2015 einen Wert von 34 %; 1970 betrug der entsprechende Wert noch 26,1 %. Während dieser Zeitspanne hat sich allerdings die Rolle des Staates in der Schweiz – wie in den übrigen Industrieländern – wesentlich verändert. Der Staat hat heute z. B. hö■ Von Fiskalpolitik sprechen wir dann, wenn der Staat (in diesem Zusammenhang auch here Infrastrukturleistungen im Verkehrsbereich zu finanzieren. Die soziale Sicherheit, d. h. «Fiskus» genannt) mit seinen Einnahmen und Ausgaben die Auf- und AbwärtsbewegunSozialversicherungen wie die AHV, haben im Verlauf der letzten Jahrzehnte eine zunehmend gen der Wirtschaft (Konjunkturentwicklung) ausgleichen will. Bei der Fiskalpolitik stehen grössere Bedeutung erhalten, und auch die gestiegenen Umweltschutzmassnahmen müssomit konjunkturpolitische Überlegungen im Mittelpunkt. Dabei muss das generelle Ziel sen durch den Staat finanziert werden. Mit einer Staatsquote von 33 % befindet sich die eines ausgeglichenen Staatshaushalts jedoch im Auge behalten werden, weil sonst die Schweiz am unteren Ende der Skala vergleichbarer Länder. Die Vertreter eines «schlanken langfristige soziale und wirtschaftliche Stabilität gefährdet würde. Fiskalpolitische Massnahmen sind auf die Nachfrageseite der Wirtschaft ausgerichtet. Mit Staates», die eine Reduktion der Staatsquote fordern, operieren denn auch meistens mit dem ihnen sollen der private Konsum sowie der Konsum und die Investitionen des Staates in Zuwachs der Staatsquote und nicht mit dem absoluten Prozentwert. Während z. B. der Wirtdie gewünschte Richtung beeinflusst werden. schaftsverband Economiesuisse die Wachstumschancen der Schweizer Wirtschaft durch eine ■ Die Finanzpolitik befasst sich mit allen Massnahmen, welche die Beschaffung, VerwenVerminderung der Staatsquote verbessern möchte, argumentieren andere Kreise damit, dass dung und Verwaltung der öffentlichen Mittel betreffen. dies mit einer Senkung der Staatsquote gerade nicht erreicht werden könne, weil der Staat © 2017 Verlag SKVwie AG: der Brennpunkt und Gesellschaft, in 120 Lektionen in zukunftsträchtigen Bereichen wie Bildung und Forschung nicht sparen dürfe. Während sich die Haushaltspolitik in erster Linie mit der Frage beschäftigt, Staats-Wirtschaft Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht haushalt (also staatliche Einnahmen und Ausgaben) im Lot gehalten werden können, Die Gesamtausgaben des Bundes betrugen im Jahr 2015 CHF 65,2 Mrd. Der gewichtigste wird mit der Steuerpolitik definiert, welche Art von Steuern und nach welchen GrundAusgabenposten ist mit CHF 22 Mrd. die soziale Wohlfahrt; sie macht anteilsmässig 33,7 % sätzen der Staat diese erheben kann. der Gesamtausgaben aus. Ein weiterer grosser Ausgabenbereich ist der Verkehr mit Aus­gaben ■ Unter Konjunkturpolitik verstehen wir schliesslich die Gesamtheit aller Massnahmen, für den öffentlichen Verkehr sowie für Strassen. Die Landesverteidigung ist jener Bereich, der die darauf hinzielen, Schwankungen in der wirtschaftlichen Entwicklung auszugleichen. in den letzten Jahren anteilsmässig am meisten einbüsste; von 20,3 % im Jahr 1980 auf 6,8 % im Jahr 2015. Die Ausgaben für Landwirtschaft und Ernährung enthalten als grössten Posten ■ Zusammenhang Fiskal- und Finanzpolitik Direktzahlungen an Landwirtschaftsbetriebe. In den Bildungsausgaben sind die Ausgaben für die Eidgenössischen Technischen Hochschulen (Zürich und Lausanne) der gewichtigste PosFiskalpolitik Finanzpolitik ten; Beiträge wurden aber auch an die kantonalen Hochschulen und Fachhochschulen ausgerichtet. Der Hauptanteil des Bereichs Beziehungen zum Ausland sind EntwicklungshilfebeiGleiche Mittel träge. Unter den grossen Ausgabenposten «Finanzen und Steuern» fallen Zinszahlungen des Staates sowie Rückerstattungen von Steuern (z. B. der Verrechnungssteuer). Haushaltspolitik Steuerpolitik Der Bund hat in den letzten Jahren immer wieder Überschüsse erzielt, die zur RückzahEinnahmen und Ausgaben Grundsätze der Steuererhebung des Staates lung von Schulden verwendet wurden. Dadurch konnten die Schulden des Bundes vom Rekordstand von CHF 130 Mrd. auf rund CHF 104 Mrd. (2015) reduziert werden. Weil in der Unterschiedliche Ziele gleichen Zeit zudem das Bruttoinlandprodukt anstieg, reduzierte sich die Schuldenquote des Bundes im Verlauf der letzten zehn Jahre von 27 % auf ca. 17 % (2015) des BruttoinlandproKonjunkturpolitische Ziele Finanzpolitische Ziele duktes. Zusammen mit den Schulden von Kantonen und Gemeinden ergab sich im Jahr 2015 Übung 1 allerdings eine Schuldenquote von rund 34 % des BIP, d. h., zur Rückzahlung aller Schulden müsste ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung eines Jahres aufgewendet werden.


■ Die ausgabenstärksten Aufgabenbereiche des Bundes 1980–2015 Aufgaben

1980

2015

Mio. CHF

Anteil in %

Mio. CHF

Anteil in %

Soziale Wohlfahrt

3 622

20,3 %

21 987

33,7 %

Verkehr

2 728

15,3 %

8 322

12,8 %

Bildung und Forschung

1 372

7,7 %

7 046

10,8 %

Landesverteidigung

3 620

20,3 %

4 466

6,8 %

Landwirtschaft und Ernährung

1 639

9,2 %

3 667

5,6 %

674

3,8 %

3 717

5,7 %

Finanzen und Steuern

2 481

13,9 %

9 533

14,6 %

Übrige Ausgaben

1 680

9,4 %

6 505

10,0 %

Gesamtausgaben

17 816

100 %

65 243

100 %

Beziehungen zum Ausland

© 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht

Übrige Ausgaben

Finanzen und Steuern Beziehungen zum Ausland Landwirtschaft und Ernährung Landesverteidigung

10 %

14,6 %

33,7 %

Soziale Wohlfahrt

5,7 % 5,6 % 12,8 %

6,8 %

Bildung und Forschung

Verkehr

10,8 %

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Fiskal- und Geldpolitik  4

■ Steuerpolitik

■ Die konjunkturpolitische Wirkung der Haushalts- und Steuerpolitik

■ Der Staat kann einem drohenden wirtschaftlichen Abschwung kurzfristig mit zusätzlichen Staatsausgaben entgegenwirken. Die höheren Staatsausgaben führen direkt zu mehr Aufträgen an Unternehmungen und sichern oder erhöhen damit die Beschäftigung. Drohende Arbeitslosigkeit ist in der Regel auch der auslösende Faktor für staatliche Konjunkturprogramme dieser Art. Die Beschäftigungswirkung hat weitere positive Auswirkungen auf die konjunkturelle Entwicklung, die allerdings erst mit einiger Verzögerung wirken dürften. Weil mit den gesicherten Arbeitsplätzen Unsicherheit in der Bevölkerung vermieden werden kann, wird der private Konsum positive Impulse erhalten. Die Unternehmungen reagieren auf die zusätzlichen Aufträge zudem möglicherweise mit zusätzlichen Investitionen, was die Nachfrage ebenfalls erhöht. Die gestiegene Gesamtnachfrage generiert erneut zusätzliche Beschäftigung und Einkommen, was die Wirkung staatlicher Ausgaben verstärkt. Ein Bündel von haushalts- und steuerpolitischen Massnahmen, die einem drohenden Abschwung entgegenwirken sollen, bezeichnen wir als Als Kriterium für die Unterscheidung in direkte und indirekte Steuern wird meistens das Verexpansive Fiskalpolitik. hältnis vom Steuerobjekt zur Berechnungsgrundlage herangezogen. ■ Steht die Wirtschaft dagegen vor einer Boomphase, sollte der Staat seine Ausgaben zurückfahren. Einerseits, um damit Überschüsse im Staatshaushalt zu erzielen, die dazu ge■ Bei den direkten Steuern ist das Steuerobjekt (also der Gegenstand der Steuer) zunutzt werden können, um die Schulden aus früheren Konjunkturprogrammen zu tilgen. gleich auch die Berechnungsgrundlage. Direkte Steuern sind vor allem die Einkommens2017 Verlag SKVKapitalsteuern AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, inum 120die Lektionen Andererseits, Wirtschaft vor einer Überhitzung zu bewahren. Darunter verstehen und Vermögenssteuern der natürlichen Personen sowie die©Gewinnund Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht der juristischen Personen auf Bundes- und Kantonsebene. Solche Steuern nehmen in der wir eine Übernutzung der vorhandenen Ressourcen, sodass die soziale, ökologische oder Regel Rücksicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen und sind ökonomische Stabilität gefährdet scheint. Das kann z. B. dann geschehen, wenn die Beoft progressiv ausgestaltet. Dies bedeutet am Beispiel von Einkommenssteuern, dass der schäftigung einen derart hohen Stand erreicht, dass viele Überstunden geleistet werden prozentuale Steuersatz mit zunehmendem Einkommen ansteigt. müssen, die Zuwanderung massiv zunimmt oder die Löhne stark steigen. Wenn in sol■ Bei indirekten Steuern sind Steuerobjekt und Berechnungsgrundlage verschieden. So chen Fällen mit einem Bündel von haushalts- und steuerpolitischen Massnahmen der ist beispielsweise für die Mehrwertsteuer (MWST) der Verkauf eines Smartphones das Boomphase entgegengewirkt wird, sprechen wir von einer restriktiven Fiskalpolitik. Steuerobjekt; die Berechnungsgrundlage ist der im Inland erwirtschaftete Umsatz aus LieStatt die Nachfrage über steigende oder sinkende Staatsaufträge direkt zu stimulieren, kann ferungen und Dienstleistungen. Indirekte Steuern werden unabhängig von der wirtschaftder Staat über die Steuerpolitik auch indirekt eingreifen. Durch die Senkung der direkten lichen Situation der steuerpflichtigen Person eingefordert. Die wichtigste indirekte Steuer Steuern kann er dafür sorgen, dass den Konsumentinnen und Konsumenten mehr Einkomist die Mehrwertsteuer, die dem Bund etwa einen Drittel seiner Steuereinnahmen men zur freien Verwendung bleibt. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass diese zusätzlieinbringt. chen Mittel mindestens teilweise den Konsum ankurbeln. Der Staat kann auch indirekte SteuDer Anteil der indirekten Steuern (Verbrauchssteuern) an den gesamten Steuereinnahmen ern oder Gebühren senken, um damit z. B. bestimmte Wirtschaftsbereiche zu unterstützen. von Bund, Kanton und Gemeinden liegt knapp unter 30 %. Die Schweiz weist damit im VerSo wird in der Schweiz immer wieder darüber diskutiert, ob für bestimmte Branchen niedrigleich zu andern Industriestaaten einen relativ hohen Anteil an direkten Steuern (Einkomgere Mehrwertsteuersätze gelten sollten, um die dort hergestellten Produkte günstiger anÜbung 2 mens- und Vermögenssteuern) auf. bieten zu können. Das gilt im Moment nur für den Bereich der Hotellerie. Auch damit könnte allenfalls der private Konsum stimuliert werden. Weil dieser aber nur zum Teil vom verfügbaren Einkommen oder von den Güterpreisen abhängt und daneben noch andere, vor allem auch psychologische Einflüsse berücksichtigt werden müssten, bleibt die Wirkung von Steuersenkungen ungewiss. Steuern (wie auch Zölle) sind Geldleistungen, die der Staat (Bund, Kanton und Gemeinde) zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs einzieht; der primäre Steuerzweck ist die Erzeugung von Einnahmen für den Staat. Steuern müssen grundsätzlich bezahlt werden, ohne dass ein Anspruch auf eine direkte oder persönliche Gegenleistung besteht. Für die Gewährung bestimmter Dienstleistungen (z. B. für die Ausstellung eines Passes) werden Gebühren erhoben. Strassenverkehrsabgaben wie z. B. die Autobahnvignette sind für die Strassenbenutzung zu bezahlen (und im Fall der Vignette vom Staat zweckgebunden für den Strassenbau zu verwenden). Lenkungsabgaben sollen schliesslich das Verhalten der Steuerpflichtigen beeinflussen. Mit der LSVA, der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe, soll z. B. die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gegenüber der Strasse verbessert werden. Weil all diese Gebühren und Abgaben ihre Ursache (lateinisch «causa») in konkreten staatlichen Leistungen haben, werden sie auch als Kausalabgaben bezeichnet.


Setzt der Staat in einer Abschwungphase oder in einer Rezession eine expansive und in einem Boom eine restriktive Fiskalpolitik ein, so handelt er gewissermassen gegen den Konjunkturzyklus, und wir bezeichnen eine solche Politik entsprechend als antizyklische Fiskal­ politik. ■ Auswirkungen einer antizyklischen Fiskalpolitik Wachstum BIPreal Boom

Wachstumspfad der Wirtschaft

Rezession

Aufgabe 1 Übung 3

Restriktive Fiskalpolitik im Boom

Geglättete Konjunkturentwicklung mit antizyklischer Fiskalpolitik

Zeit

Expansive Fiskalpolitik in der Rezession

© 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht Konjunkturentwicklung

(ohne «korrigierende» Einflüsse)

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3 Ziele der Geldpolitik Die Geldpolitik ist Sache der Zentralbanken, in der Schweiz ist dies die Schweizerische Nationalbank (SNB). Die SNB hat als unabhängige Institution den Auftrag, eine Geldpolitik im Gesamtinteresse des Landes zu führen. Sie muss dabei in erster Linie das Ziel der Preisstabilität verfolgen. Dabei darf sie jedoch die konjunkturelle Entwicklung des Landes nicht völlig ausser Acht lassen. Diese kann sie vor allem über ihre Zins- und Währungspolitik beeinflussen. Wechselkurse und Zinsen beeinflussen die Nachfrageseite der Wirtschaft über die Investitionsnachfrage (Zins) und die Exportnachfrage (Wechselkurs). Daraus ergibt sich der klassische Zielkonflikt, in dem sich jede Zentralbank befindet: Wie muss die Geldpolitik ausgestaltet werden, damit Preisstabilität herrscht und sich Zinsen und Wechselkurse so entwickeln, dass die konjunkturelle Entwicklung positiv beeinflusst wird?

gleichung 1 wissen wir nämlich, dass die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes multipliziert mit der Geldmenge immer der Gütermenge multipliziert mit dem Preisniveau entspricht. ■ Zusammenhänge der Quantitätsgleichung Güterstrom (Angebot) Gütermenge (= BIP real) × Preisniveau

= =

Geldstrom (Nachfrage) Geldmenge × Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes

■ Geldpolitik und Zinsen (Ziel «Investitionsnachfrage»)

Weil man den Zins auch als «Preis für Geld» anschauen kann, besteht ein enger Zusammenhang zwischen Geldmenge und Zins. Ist ein Gut in grosser Menge vorhanden, so sinkt der Preis dafür. Angewendet auf die Geldmenge heisst dies, dass bei einer Ausweitung der Geld■ Wirkungsbereiche der Konjunkturpolitik menge der Preis bzw. Zinssatz sinkt. Tiefe Zinsen wirken sich positiv auf die Investitionen aus (weil Kredite günstig sind) und führen deshalb zu einer Ankurbelung der Wirtschaft. Bei eiKonjunkturpolitik ner Verknappung der Geldmenge wird Geld hingegen teurer, d. h., der Zinssatz steigt. Hohe Zinsen verursachen einen Rückgang der Kreditnachfrage und der damit finanzierten Investitionen, was zu einem Konjunkturrückgang und steigender Arbeitslosigkeit führt. Fiskalpolitik Geldpolitik In den letzten Jahren herrschte eine historisch lange Phase tiefer Zinsen. Die privaten © 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Haushalte spürten dasLektionen z. B. daran, dass mit klassischen Sparguthaben kaum mehr ein ZinserPersönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht trag erzielt werden konnte. Unternehmungen mussten für ihre Kredite ebenfalls weniger Zins Haushaltspolitik Steuerpolitik Währungspolitik Zinspolitik bezahlen, als es sonst üblich war. Mit dieser Tiefzinspolitik sollten einerseits der private Konsum und andererseits die Nachfrage nach Investitionsgütern angeregt werden. Beide Ziele Konsum und wurden allerdings nur teilweise erreicht, weil private Haushalte in Krisenzeiten aus Vorsicht Investitionen der Exportnachfrage Privater Konsum Investitionen auch dann sparen, wenn sie keinen Zins erhalten, und Unternehmungen trotz günstiger KreUnternehmungen des Staates dite nur dann investieren, wenn sie überzeugt sind, mit ihren Investitionen auch tatsächlich einen Gewinn erzielen zu können. Tiefe Zinsen haben zudem den Nachteil, dass sie die Zentralbanken der Möglichkeit be■ Geldpolitik und Preise (Ziel «Preisstabilität») rauben, durch weitere Zinssenkungen positiv auf die konjunkturelle Entwicklung einzuwirken. In einer wachsenden Wirtschaft nehmen sowohl der Geldstrom (= Nachfrage) als auch die Gütermenge (= Angebot) zu. Ist der Zuwachs des Geldstroms jedoch grösser als jener der Gütermenge, steigt das Preisniveau. Wir sprechen dann von Inflation oder Kaufkraftverlust, weil man mit einem gleichbleibenden Einkommen weniger kaufen kann. Ist der Zuwachs des Geldstroms jedoch geringer als jener der Gütermenge, entsteht Deflation. Deflation hat verheerende Folgen für die Wirtschaft, weil der Güterkreislauf weitgehend zum Erliegen kommt und daraus Massenarbeitslosigkeit und Armut entstehen. Die gravierenden Folgen von Inflation und Deflation führen dazu, dass Preisstabilität das wichtigste Ziel jeder Geldpolitik darstellt. Damit sie gewährleistet ist, muss die SNB genaue Prognosen über die Entwicklung des Güterstroms sowie über die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes erstellen. Nur so wird es ihr 1 Die Quantitätsgleichung sowie Ursachen und Folgen von Inflation und Deflation sind im Kapitel 10, gelingen, die Geldmenge so zu steuern, dass die Preise stabil bleiben. Aus der Quantitäts«Preisstabilität», behandelt.


© 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht

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■ Geldpolitik und Wechselkurse (Ziel «Auslandnachfrage»)

Die SNB fürchtete für die Schweizer Wirtschaft gravierende Konsequenzen, weil Schweizer Exportgüter im europäischen Raum viel zu teuer und europäische Produkte für Schweizer Konsumenten viel zu günstig waren. Die SNB setzte deshalb die Untergrenze von CHF 1.20 pro Euro fest und setzte diese Ankündigung um, indem sie sich bereit erklärte, jede Höherbewertung augenblicklich mit Devisenkäufen in beliebiger Höhe zu bekämpfen. In der Folge lag der Eurokurs über mehrere Monate bei exakt CHF 1.20. Im Dezember 2014 hob die SNB diese Untergrenze überraschend wieder auf. Der Kurs sank in der Folge unter CHF 1.10.

2002-09 2003-01 2003-05 2003-09 2004-01 2004-05 2004-09 2005-01 2005-05 2005-09 2006-01 2006-05 2006-09 2007-01 2007-05 2007-09 2008-01 2008-05 2008-09 2009-01 2009-05 2009-09 2010-01 2010-05 2010-09 2011-01 2011-05 2011-09 2012-01 2012-05 2012-09 2013-01 2013-05 2013-09 2014-01 2014-05 2014-09 2015-01 2015-05 2015-09 2016-01 2016-05 2016-09

Der Wechselkurs ist definiert als Preis der einheimischen Währung für eine, bei einigen Währungen für hundert, ausländische Währungseinheiten. Dieser Preis bildet sich grundsätzlich aufgrund von Angebot und Nachfrage auf den Devisenmärkten. Allerdings können die Nationalbanken mit geldpolitischen Massnahmen diese Märkte beeinflussen. Die SNB steuert durch den An- und Verkauf von Devisen den Wechselkurs. ■ In einer Rezession kann die SNB beispielsweise versuchen, die inländische Wirtschaft da■ Entwicklung des Eurokurses (Franken pro Euro) 2002 – 2016 durch zu unterstützen, dass sie den Kurs des Schweizer Frankens im Vergleich zu ausländischen Währungen schwächt, den Franken abwertet. Sie kann dies z. B. mit dem Kauf 1,8 ausländischer Staatsanleihen (lautend auf Euro, Dollar oder andere Währungen) gegen Schweizer Franken tun. Ein sinkender Frankenkurs bedeutet eine «Aufwertung» der aus­ 1,6 ländischen Währungen. Dadurch bekommen die Ausländer mehr Franken für z. B. einen 1,4 Dollar, d. h., die Preise für Schweizer Güter im Ausland werden günstiger, wodurch die Nachfrage in der Exportwirtschaft ansteigen wird. Gleichzeitig gehen die Importe zurück, 1,2 weil ausländische Güter für die Konsumenten im Inland teurer werden. Dies hat einen Euro/CHF 1 positiven Einfluss auf die Binnennachfrage (= Nachfrage der privaten Haushalte nach inländischen Gütern). In der Folge dürfte auch die Beschäftigung (zuerst) in den Unterneh0,8 mungen der Exportbranchen (z. B. Chemie, Uhren, Tourismus) ansteigen. Später werden 0,6 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen jene Branchen nachziehen, die ihre Güter hauptsächlich im©Inland anbieten. Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht 0,4 ■ Gerade umgekehrt wirkt sich dagegen eine Aufwertung des Frankens aus. Nun werden die Exporte tendenziell zurückgehen (weil die Ausländer für schweizerische Güter 0,2 mehr bezahlen müssen), die Auftragslage und die Beschäftigung in den Exportbranchen 0 schwächen sich ab, die Gesamtnachfrage wird gedämpft. Deshalb ist auch die Abwertung einer Währung keine Einbahnstrasse, denn wenn inländische Güter aufgrund eines tiefen Wechselkurses vermehrt aus dem Ausland nachgeQuelle: SNB fragt werden, nimmt automatisch die Nachfrage nach der inländischen Währung zu (die ausländischen Kunden brauchen diese, um inländische Güter kaufen zu können.) Damit ■ Wechselwirkungen der Geldpolitik Preisstabilität bewirken sie aber allmählich eine Aufwertung der inländischen Währung. Die SNB beeinflusst mit ihrer Geldpolitik die Preis­ Seit rund vierzig Jahren werden Wechselkurse nicht mehr von den Zentralbanken festgesetzt, stabilität, das Zinsniveau und den Wechselkurs. Wenn die SNB z. B. in einer Rezession das Zins­ sondern bilden sich frei auf dem Devisenmarkt. Damit sollen Störungen in der Zahlungs­bilanz niveau senken möchte, um damit der Wirtschaft zueines Landes vermieden werden. Weil Devisenkurse sich aber nicht ausschliesslich auf der sätzlich Impulse zu verleihen, wird sie dies indirekt Basis von grenzüberschreitenden Güterströmen bilden, sondern auch anderen Einflüssen untun und die Geldmenge erhöhen. Wir erinnern uns, terliegen, kann es dennoch zu Kursänderungen kommen, die ein direktes Eingreifen der ZenZinsniveau Wechselkurs dass bei einer Ausweitung der Geldmenge der Zinstralbank erforderlich machen. Eine solche Situation trat 2012 infolge der Eurokrise für die Schweiz ein. Weil viele Anleger befürchteten, ihre Euroanlagen zu verlieren, verkauften sie fuss sinkt. Dadurch werden Geldanlagen in der diese und legten ihr Vermögen – trotz der tiefen Zinsen – stattdessen in der Schweiz an. In Schweiz weniger attraktiv, die Nachfrage nach Franken sinkt, und damit sinkt auch der Frander Folge stieg der Wert des Schweizer Frankens im Vergleich zum Euro kurzfristig auf einen kenkurs (und entsprechend steigt z. B. der Eurokurs). Ein sinkender Frankenkurs verbessert Wert von 1 zu 1; wenige Jahre vorher musste für einen Euro noch CHF 1.50 bezahlt werden. die Absatzchancen der Exportindustrie, was in einer Rezession durchaus erwünscht ist.


Ziel der SNB: Zinssenkung Massnahme: Erhöhung der Geldmenge Bisheriger Kurs für 1 EUR = CHF 1.00

Abwertung des CHF

Neuer Kurs für 1 EUR = CHF 1.20

= steigender Eurokurs

Mit der Ausdehnung der Geldmenge gefährdet die SNB allerdings das Ziel der Preisstabilität, weil auch die Importe tendenziell abnehmen und die Menschen stattdessen inländische Produkte kaufen. Die erhöhte Binnennachfrage und die gestiegene Nachfrage aus dem Ausland verstärken die Gefahr einer Inflation, sofern das Güterangebot nicht in gleichem Umfang zunimmt. Eine Zunahme der Geldmenge kann somit durchaus einen Aufschwung einleiten, der aber möglicherweise bald durch deutliche Preissteigerungen (Inflation) zunichte gemacht wird. Die Verantwortlichen der SNB müssen deshalb bei ihren geldpolitischen Massnahmen Übung 4 stets die gesamte konjunkturpolitische Situation im Auge behalten. © 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht

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4 Die Schweizerische Nationalbank und das Geld ■ Was ist überhaupt Geld? Auf allen Märkten werden Waren gegen Geld abgegeben. Geld ist das übliche Tauschmittel für Käufer und Verkäufer. Aber was ist «Geld» überhaupt? Geld ist alles, was als Tauschmittel akzeptiert wird. Waren es ursprünglich spezielle Gegenstände, deren Gebrauchswert allgemein anerkannt wurde, wie z. B. Vieh, Schmuck oder sogar Sklaven, wurden seit dem 7. Jahrhundert vor Christus zunehmend Metallmünzen als Tauschmittel verwendet. Im 11. Jahrhundert nach Christus wurden von der chinesischen Regierung die ersten gedruckten Quittungen als Geld ausgegeben – eine frühe Form unserer Banknoten. Heute wird neben Münzen und Noten immer häufiger sogenanntes Buchgeld verwendet: Der geschuldete Betrag wird nicht mehr bar bezahlt, sondern nur noch vom Konto des Käufers auf das Konto des Verkäufers umgebucht. Das Geld steht also nur noch in den Büchern und ist weder in Münzen- noch in Notenform vorhanden. Handelt es sich bei diesem Buchgeld um Guthaben der Banken bei der Nationalbank, sprechen wir von Giroguthaben.

■ Geldmengenbegriffe Wenn die SNB die Geldversorgung der Volkswirtschaft steuern soll, so muss sie auch die gesamte Menge an Zahlungsmitteln eines Landes kennen. Die sogenannte Geldmenge M1 umfasst den Bargeldumlauf in Form von Noten und Münzen sowie das Buchgeld, d. h. jenes Geld, das zwar auf Bank- und Postkonten liegt, jedoch den privaten Haushalten in der Schweiz jederzeit für Zahlungen zur Verfügung steht. Insgesamt belief sich die Geldmenge M1 für 2016 auf rund CHF 586 Mrd., wobei das Bargeld nur rund CHF 76 Mrd. ausmachte. Aus diesen Zahlen wird die überragende Bedeutung des Buchgeldes ersichtlich. Immer wenn jemand mit einer Maestro- oder Postcard bezahlt, greift er auf dieses Buchgeld zurück. Mittel- und langfristig verfügen die Haushalte auch noch über jene Mittel, die sie auf Sparkonten und in Anlageformen mit festen Rückzahlungsterminen (sogenannte Terminkonten) angelegt haben. Die SNB ermittelt deshalb auch die Geldmengen M2 (M1 plus Sparkonten) und M3 (M2 plus Terminkonten). ■ Geldmengen der Schweiz 2016

Damit ein Gut – sei dies ein Gut mit einem Stoffwert, wie z. B. eine Goldmünze, oder BuchTermineinlagen 51 Mrd. geld, das in physischer Form gar nicht vorhanden ist – seine Funktion als Geld erfüllen kann, Spareinlagen 348 Mrd. © 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen muss es drei Eigenschaften aufweisen: Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht ■ Es muss als Tausch- oder Zahlungsmittel gebraucht werden können. Geld benötigen wir, um unsere Verpflichtungen aus Kauf-, Miet- oder Arbeitsverträgen erfüllen zu können. ■ Geld als Wertaufbewahrungsmittel: Geld benötigen wir, um zu sparen. Wenn wir beiBuchgeld 510 Mrd. spielsweise einen Teil unseres Lohnes auf ein Konto einzahlen, um uns in Zukunft etwas Notenumlauf Sichteinlagen bei + Sichtguthaben anschaffen zu können, sollten unsere Ersparnisse nicht an Wert verlieren. Banken und Post der Banken ■ Geld wird schliesslich auch als Wertmassstab oder Recheneinheit gebraucht. Güter des bei der SNB täglichen Konsums sind in Geldeinheiten (Franken) angeschrieben, der Wert unserer Erwerbsarbeit wird in Franken ausgedrückt, ebenso der Wert einer Miet- oder ­ 509 Mrd. Eigen­tumswohnung.

985 Mrd. 934 Mrd.

586 Mrd.

Die drei Funktionen des Geldes

Bargeldumlauf 76 Mrd. Noten und Münzen M0 Zahlungsmittel

Wertaufbewahrungsmittel

Wertmassstab

… mit Geld zahlen wir

… mit Geld sparen wir

… mit Geld rechnen wir

M1

M2

M3 Quelle: SNB

Die SNB kann diese Geldmengen jedoch nicht direkt beeinflussen, denn sie hängen in erster Linie von den Geschäftsbanken und dem Verhalten der privaten Haushalte ab. Nur die sogenannte Notenbankgeldmenge M0 kann von der SNB direkt beeinflusst werden. Zu ihr zäh-


len der Notenumlauf und die Sichtguthaben der Geschäftsbanken bei der Nationalbank; sie betrug im Jahr 2016 rund CHF 509 Mrd. und war damit rund zehnmal grösser als fünf Jahre zuvor. Ursache für diese massive Zunahme innerhalb kurzer Zeit waren die Interventionen der SNB zur Stabilisierung des Euro-Franken-Kurses. Diese Interventionen waren nur möglich, indem die SNB den Geschäftsbanken Euro abkaufte und den entsprechenden Gegenwert auf den Sichtguthaben der Banken bei der SNB gutschrieb. Zwischen der Notenbankgeldmenge und den übrigen Geldmengen (M1, M2 und M3) besteht kein direkter Zusammenhang, weil auch die Geschäftsbanken Geld entstehen lassen können. Deshalb sind die Interventionen an diesen Grössen nicht erkennbar. ■ Entwicklung der Geldmengen der Schweiz 2002 – 2016 1200000

1000000

M3 M2

800000

600000

© 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen Persönliches Exemplar von HeinzM1Ruefenacht M0

400000

200000

2002-08 2002-12 2003-04 2003-08 2003-12 2004-04 2004-08 2004-12 2005-04 2005-08 2005-12 2006-04 2006-08 2006-12 2007-04 2007-08 2007-12 2008-04 2008-08 2008-12 2009-04 2009-08 2009-12 2010-04 2010-08 2010-12 2011-04 2011-08 2011-12 2012-04 2012-08 2012-12 2013-04 2013-08 2013-12 2014-04 2014-08 2014-12 2015-04 2015-08 2015-12 2016-04 2016-08

0

Quelle: SNB

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Fiskal- und Geldpolitik  12

■ Das geldpolitische Konzept der SNB

■ Die Geldschöpfung durch Geschäftsbanken

Auch wenn die Interventionen der SNB in den letzten Jahren manchmal den Eindruck erweckten, die Nationalbank orientiere sich in der Geldpolitik an einem Wechselkursziel, so bleibt das primäre Ziel der SNB-Geldpolitik die Preisstabilität. Der Mindestkurs von CHF 1.20 pro Euro war vielmehr eine Folge des SNB-Auftrags, bei ihrer Geldpolitik neben der Preisstabilität auch die konjunkturelle Entwicklung der Schweizer Wirtschaft im Auge zu behalten. Das geldpolitische Konzept beschreibt, wie die Nationalbank ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen beabsichtigt. Es besteht aus den folgenden drei Elementen: ■ Inflationsziel: Die SNB gibt alle drei Monate bekannt, wie sie das Ziel der Preisstabilität im aktuellen konjunkturpolitischen Umfeld beurteilt. Im Jahr 2013 erachtete sie dieses Ziel als erreicht, weil der Landesindex der Konsumentenpreise eine Preissteigerung von weBilanz der Geschäftsbank X niger als 2 % aufwies und eine Deflation vermieden werden konnte. Kasse 6 000 Sichtguthaben von A 30 000 ■ Inflationsprognose: Entscheidend für die Ausgestaltung der Geldpolitik ist jedoch nicht Kredit an B 24 000 der Ist-Zustand, sondern die künftige konjunkturelle Entwicklung. Die SNB erstellt des30 000 30 000 halb ebenfalls vierteljährlich eine umfassende Konjunkturprognose, die auch eine Inflationsprognose für einen Zeitraum von drei Jahren umfasst. Weicht diese Prognose von den Vorstellungen zur Preisstabilität ab, wird die SNB entsprechende geldpolitische GeGeldmenge nach Kredit an B: Sichtguthaben von A plus Kredit an B = CHF 54 000. genmassnahmen ergreifen. Je nachdem, ob sie eher Inflations- oder Deflationstenden© 2017 Verlag SKV Verkäufer AG: Brennpunkt in 120 B verwendet den Betrag für eine Anschaffung, z. B. für ein Fahrzeug. C, der desWirtschaft und zenGesellschaft, sieht, strebt sieLektionen tendenziell eine Ausweitung oder eine Einschränkung der Geldmenge Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht Fahrzeugs, bringt den Betrag seinerseits zur Bank Y. Wenn diese wiederum 20 % als Reserve an und formuliert diese Zielsetzung in einer Strategie. zurückbehält, kann sie ihrerseits der Kundin D einen Kredit im Umfang von CHF 19 200 gewähren. A und C verfügen nun weiterhin über ihre Sichtguthaben von gesamthaft ­ ■ Inflationsprognose der SNB September 2016 CHF 54 000. Zusätzlich hat die Bank Y durch die Kreditvergabe an D dafür gesorgt, dass weiProzent / Percent tere CHF 19 200 in den Wirtschaftskreislauf fliessen. 1.5 Die Kredit- oder Buchgeldschöpfung durch das Bankensystem funktioniert wie folgt: Die Kundin A bringt CHF 30 000 zur Geschäftsbank X und legt diese Summe auf einem Sichtkonto an, einem Konto, auf welchem sie jederzeit («auf Sicht») wieder über das Geld verfügen kann. Die Bank wird jedoch nicht den gesamten Betrag dieser Sichteinlage verfügbar halten, sondern mit dem Geld weiterarbeiten. Sie behält beispielsweise eine Reserve von CHF 6 000 (20 %) und leiht CHF 24 000 an den Kunden B weiter. Dieser Kredit B fliesst in den Wirtschaftskreislauf und stellt daher neu geschöpftes Geld dar. Das Sichtguthaben wird davon nicht berührt; es steht A weiterhin jederzeit für Zahlungen zur Verfügung.

1

Bilanz der Geschäftsbank Y Kasse Kredit an D

4 800 19 200 24 000

Sichtguthaben von C

0.5

24 000

0 –0.5

24 000

–1 –1.5

Geldmenge nach Kredit an D: Sichtguthaben von A und C plus Kredit an D = CHF 30 000 + CHF 24 000 + CHF 19 200 = CHF 73 200. Die beschriebenen Vorgänge haben die ursprüngliche Geldmenge von CHF 30 000 durch den Kreditschöpfungsprozess auf CHF 73 200 ansteigen lassen. Solche Vorgänge können sich theoretisch so lange wiederholen, bis alle beteiligten Banken zusammen eine Reserve von CHF 30 000 halten. Verwenden alle Banken den gleichen Reservesatz von 20 %, könnte sich in diesem Beispiel die Geldmenge bis auf maximal CHF 150 000 erhöhen.

2012 Inflation Inflation

2013 Prognose Vorquartal Forecast for previous quarter

2014

2015

2016

2017

2018

Prognose aktuelles Quartal Forecast for current quarter

Quelle: SNB


■ Zinszielband für den Dreimonats-Libor (in Schweizer Franken): Als wichtigste Grös­se zur Umsetzung der formulierten Strategie dient der SNB der sogenannte Dreimonats-­ Libor. Der Libor (= «London Interbank Offered Rate») ist der Zinssatz, zu dem sich grosse Geschäftsbanken in London gegenseitig Schweizer Franken ausleihen – in diesem Fall mit einer Laufzeit von drei Monaten. Obwohl die SNB an diesem Geschäft nicht direkt mitwirken kann (sie ist ja keine Geschäftsbank), publiziert sie ihre Erwartungen in Bezug auf die Entwicklung des Libor in Form eines sogenannten Zielbandes. Dieses Zielband zeigt die obere und untere Grenze jenes Bereichs, in dem sich der Libor in nächster Zeit bewegen soll. Wenn dieser Zielbereich durch die SNB angehoben wird, tut sie damit kund, dass sie beabsichtigt, den Geschäftsbanken künftig weniger Geld zur Verfügung zu stellen. Diese wären zur Kreditfinanzierung deshalb auf andere Geschäftsbanken angewiesen, was den Libor-Zins so weit in die Höhe treibt, bis er sich im Zielband befindet. Hält sie das Zielband nahe bei null, wie im Jahr 2013, signalisiert sie damit die Bereitschaft, den Geschäftsbanken beliebig viel Geld für Kreditvergaben zur Verfügung zu stellen, sodass diese nicht auf Libor-Kredite anderer Geschäftsbanken angewiesen sind. Das erste Szenario bezeichnet man auch als restriktive Geldpolitik, wogegen die Ausweitung der Aufgabe 2 Geldmenge als expansive Geldpolitik bezeichnet wird. Übung 5

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Fiskal- und Geldpolitik  13


Fiskal- und Geldpolitik  14

5 Die Instrumente der Geldpolitik Die Nationalbank kann den Geldumlauf des Landes nicht nur dadurch regeln, dass sie Noten und Münzen in Umlauf bringt. Sie kann vielmehr auch Geld «schöpfen», indem sie den Geschäftsbanken Kredite gewährt. Dies ermöglicht den Geschäftsbanken, mehr Kredite an Private zu vergeben. Wird das Geld von diesen schliesslich ausgegeben, sei es für Konsum oder für Investitionen, erhöht sich der Geldumlauf. In den letzten Jahren setzte die SNB vor allem das Repo-Geschäft (= «Repurchase Agreement») ein, um dem Wirtschaftskreislauf Geld zuzuführen oder wieder zu entziehen. ■ Das Repo-Geschäft

Will die Nationalbank folglich die Geldmenge stabil halten oder gar reduzieren, weil sie eine Inflation befürchtet, muss sie den Zinssatz für Repo-Geschäfte anheben. Zu diesem höheren Zinssatz werden die Geschäftsbanken weniger Kredite bei der SNB nachfragen. Die Erwartung wäre nun, dass in der Folge auch die Kreditvergabe der Geschäftsbanken an Unternehmungen und private Haushalte zurückgeht und somit die Geldmenge stagniert oder sogar leicht schrumpft. ■ SNB-Bills In den letzten Jahren setzte die SNB mehrere weitere Instrumente ein, um die bereits erwähnte massive Aufwertung des Schweizer Frankens zu bekämpfen. Zum einen kaufte sie mehrere hundert Milliarden Euro (vor allem in Form von ausländischen Staatsanleihen) bei Geschäftsbanken. Weil mit diesem Instrument von Devisenkäufen die Liquidität bei Geschäftsbanken massiv zunahm und dadurch die Inflationsgefahr deutlich anstieg, schöpfte sie diese Liquidität durch sogenannte SNB-Bills ab. Damit sind Schuldverschreibungen gemeint, die von der SNB selbst ausgegeben werden dürfen und dazu führen, dass die Geschäftsbanken ihre riesigen Guthaben an Schweizer Franken wieder bei der SNB deponieren. Der Anreiz für die Geschäftsbanken besteht darin, ihr Geld sehr sicher anzulegen.

Beim Repo-Geschäft kauft die SNB von einer Geschäftsbank Wertpapiere und gewährt ihr dafür eine Gutschrift auf ihrem Konto. Gleichzeitig wird vereinbart, dass die SNB die Wertpapiere später (üblich sind ein Tag bis wenige Monate) der Geschäftsbank wieder verkauft. Während der Dauer des Repo (Kurzbegriff für Rückkaufvereinbarung) muss die Geschäftsbank der SNB einen Zins, den Repo-Zins, bezahlen. Ein Repo entspricht damit wirtschaftlich weitgehend einem durch Wertpapiere gesicherten Kredit: Die Geschäftsbank erhält Franken und erhöht damit ihre Liquidität, die SNB erhält als Sicherheit Wertpapiere. Der Unterschied ■ Situation nach dem Kauf der Euro durch die SNB © 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt zu einem gesicherten Kredit besteht in der Eigentumsübertragung der Wertpapiere und derWirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht Bilanz der SNB Bilanz der Geschäftsbank Koppelung von Kauf und Verkauf der entsprechenden Wertpapiere. Während der Dauer des Repo erhöht sich bei den Geschäftsbanken die Menge an Franken (Geldmenge M0); nach Euro 1 000 Girokonten 1 000 Sichtgut1 000 Ablauf des Geschäftes sinkt sie wieder, falls die Bank den Repo nicht erneuert. der Geschäftshaben bei banken (= Schulden)

■ Repo-Geschäft und Kreditvergabe der Geschäftsbanken SNB

Geschäftsbank Geld

der SNB stehen für Kredite zur Verfügung

Unternehmungen Kredite Unternehmung A

■ Situation nach dem Verkauf von SNB-Bills an die Geschäftsbanken

Wertpapiere Bilanz der SNB Unternehmung B

später Wertpapiere Unternehmung C

Geld + Zins

Beeinflusst M0

Euro

1 000

Girokonten der Geschäftsbanken SNB-Bills

Bilanz der Geschäftsbank 200

800

Sichtguthaben bei der SNB SNB-Bills

200

800

Einlagen sind gebunden und können für die Kreditvergabe nicht genutzt werden

Beeinflusst M1, M2 und M3


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Fiskal- und Geldpolitik  15


Fiskal- und Geldpolitik  16

■ Devisenswap Ein weiteres Instrument, das von der SNB eingesetzt wurde, ist der Devisenswap. Dabei verkauft z. B. eine Geschäftsbank der SNB fremde Währungen (= Devisen) und vereinbart gleichzeitig den Rückkauf dieser Devisen zu einem späteren Termin. Wenn die SNB Devisen kauft, bezahlt sie in Schweizer Franken und führt damit dem Kreislauf Geld zu. Im umgekehrten Fall entzieht sie dem Kreislauf wieder Geld. Gleichzeitig beeinflusst sie den Wechselkurs des Schweizer Frankens gegenüber der entsprechenden Währung. Ein Devisenswap entspricht deshalb in etwa einem Repo-Geschäft; allerdings werden statt Wertpapiere Devisen gekauft oder verkauft. Je nach Marktbedingungen muss zusätzlich eine Prämie bezahlt werden.

■ Schematische Darstellung der SNB-Bilanz (2016) Bilanz der SNB (vereinfacht) in Mia. CHF Gold

Devisenanlagen (z.B. in Staatsanleihen in EUR, USD usw.)

43

657

Notenumlauf

Girokonten von inländischen Geschäftsbanken

72

437

Die Gegenmassnahmen der SNB zum immer stärker werdenden Franken führten zu einer massiven Zunahme der Aktiven der Schweizerischen Nationalbank. Von der Bilanzsumme von rund einer halben Billion (770 Milliarden) Schweizer Franken sind rund neun Zehntel in Form fremder Währungen angelegt, der grösste Teil des restlichen Zehntels entfällt auf den Goldbestand. Diesem Vermögen (Aktiven) stehen Verbindlichkeiten (Passiven) im selben Umfang gegenüber, die zum grössten Teil aus Sichtguthaben von Schweizer Geschäftsbanken bei der SNB bestehen. © 2017 Verlag SKV AG: Die riesigen Devisenbestände könnten sich in einigen Jahren sowohl als Fluch alsBrennpunkt auch alsWirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht Segen herausstellen: Sollte der Eurokurs künftig wieder steigen, könnten die dann möglichen Devisenverkäufe zu hohen Buchgewinnen der SNB führen. Gleichzeitig müssten alle Aktionen zum Abbau der hohen Devisenbestände wohlüberlegt sein, damit sie nicht unerwünschte Auswirkungen auf Zinsen und Preisstabilität haben. Denn bei jedem Devisenverkauf werden fremde Währungen gegen Schweizer Franken getauscht, d. h., die Geldmenge verkleinert sich und müsste wohl mit anderen Mitteln wieder angehoben werden. Sollte der Schweizer Übung 6 Franken jedoch plötzlich stark an Wert gewinnen, wären die konjunkturpolitischen Folgen Übung 7 ebenfalls unabsehbar.

Rest

11 711

übrige Sichteinlagen

79

Restreserven

34

Rückstellungen und Eigenkapital

89 711


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Fiskal- und Geldpolitik  17


Fiskal- und Geldpolitik  18

6 Probleme der Fiskal- und Geldpolitik ■ Probleme der Fiskalpolitik – die Schuldenbremse

■ Schematische Darstellung der Wirkungsweise der Schuldenbremse Einnahmen/Ausgaben des Bundes

Die Ein na hm

Sowohl die Erhöhung der Staatsausgaben als auch die Senkung von Steuern werden als ex­ pansive Fiskalpolitik bezeichnet. Beide führen zumindest kurzfristig zu Defiziten im Staatshaushalt und müssen in der anschliessenden Boomphase durch eine restriktive Finanzpolitik (Senkung der Ausgaben und Erhöhung der Steuern) wieder kompensiert werden. Darin bendes folge s Bu n in en de steht auch eines der Hauptprobleme der Fiskalpolitik: Aus politischen Gründen ist es wesentsgab et n e Au e w g r i e s s ein r: a lich einfacher, eine expansive Fiskalpolitik zu beschliessen, als anschliessend eine restriktive r Zulä rend u eine Wäh onjunkt rend h k ä Fiskalpolitik konsequent umzusetzen. Steuererhöhungen und Ausgabensenkungen sind unh : W Hoc chüsse asse ssion s k Reze e in der populär und können die Wiederwahl jener Politikerinnen und Politiker gefährden, die sie de Über Bundes it z fi r se m De in de skas durchsetzen. Ko unde B nj u Um zu verhindern, dass Politikerinnen und Politiker aus wahltaktischen Gründen auf die nk tur v erla u f Zeit konsequente Durchsetzung einer antizyklischen Fiskalpolitik verzichten, hat man in der Schweiz einen entsprechenden Mechanismus, die Schuldenbremse, in der Verfassung verKonjunkturzyklus ankert. Die Schuldenbremse zwingt die Politikerinnen und Politiker dazu, den Staatshaushalt im Verlauf eines ganzen Konjunkturzyklus wieder auszugleichen. In der Praxis funktioniert das so, dass das Parlament zur Verhinderung einer Rezession zwar Defizite im Staatshaushalt Quelle: Eidgenössisches Finanzdepartement, EFV © 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen zulassen darf, während der (hoffentlich) darauf folgenden Boomphase jedoch Überschüsse Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht erzielen muss, um diese Defizite wieder auszugleichen. Weil das BIP entlang des langfristi■ Unsicherheit der Konjunkturpolitik – Timelags gen Wachstumspfades zunimmt und die Schulden so in absoluter Höhe stabil bleiben, resultiert daraus ein kontinuierlicher Rückgang der Verschuldungsquote (Staatsschulden in ProEin Problem jeder Form von Konjunkturpolitik besteht in der Unsicherheit, ob eine Masszent des BIP). nahme tatsächlich rechtzeitig positiv auf die konjunkturelle Entwicklung einwirkt. Unsicher Um zu verstehen, welche Bedeutung es hat, dass ein solcher Grundsatz in der Verfassung ist dies in mehrfacher Hinsicht: Zum einen ist jede Konjunkturprognose unsicher. Es ist schwieverankert ist, müssen wir uns Folgendes vor Augen führen: Die Bundesverfassung kann ausrig, den genauen Zeitpunkt und Umfang eines konjunkturellen Abschwungs vorauszusagen. schliesslich vom Volk verändert werden und stellt zwingendes Recht dar. Die ParlamentarieZum anderen ist aber auch schwer abschätzbar, wie lange es dauert, bis die Instrumente der rinnen und Parlamentarier können sich also nicht einfach per Mehrheitsbeschluss über die Geld- und Fiskalpolitik wirken. Während einige Massnahmen möglicherweise sofort wirken, entsprechende Bestimmung hinwegsetzen. ist bei allen indirekt wirkenden Massnahmen eine zeitliche Voraussage schwierig. Bei den fiskal­politischen Massnahmen kommt noch die Schwierigkeit hinzu, dass sie nur sehr bedingt von der Regierung sofort beschlossen werden können. In den meisten Fällen müssen sie im ■ Geringere Probleme bei der Geldpolitik – unabhängige Zentralbanken Parlament diskutiert und verabschiedet werden, was wiederum einige Zeit dauert. Für die Bei der Umsetzung einer expansiven resp. restriktiven Geldpolitik bestehen diese Probleme verschiedenen Aspekte der zeitlichen Verzögerung wird üblicherweise der englische Begriff «time lag» verwendet. in Ansätzen zwar ebenfalls, weil auch die restriktive Geldpolitik auf grösseren Widerstand in der Bevölkerung stossen dürfte. Da die entsprechenden Entscheidungsträger, das Direktorium der SNB, nicht direkt vom Volk, sondern vom Bundesrat gewählt werden, sind sie unabhängiger von Wahlzyklen und können deshalb freier entscheiden.

Aufgabe 3 Aufgabe 4 Aufgabe 5 Übung 8


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Fiskal- und Geldpolitik  20

 Das haben Sie gelernt

Offene Fragen

Die unterschiedlichen Ziele der Fiskal- und Geldpolitik als Grundlage ­ der Konjunkturpolitik beschreiben Instrumente der Fiskalpolitik aufzählen Grundzüge der Haushaltspolitik beschreiben Den Begriff der Staatsquote definieren Die grössten Ausgabenpositionen des Bundes nennen Grundzüge der Steuerpolitik beschreiben Direkte und indirekte Steuern unterscheiden Die konjunkturpolitische Wirkung der Haushalts- und Steuerpolitik beschreiben Expansive und restriktive Fiskalpolitik unterscheiden Die Auswirkungen einer antizyklischen Fiskalpolitik begründen Unterschiedliche Formen von Geld nennen Die drei Funktionen des Geldes beschreiben Die Auswirkung der Geldpolitik auf die Preise darstellen© 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht

Die Auswirkung der Geldpolitik auf die Zinsen beschreiben

Die Auswirkung der Geldpolitik auf die Wechselkurse begründen Die Auswirkungen von Wechselkursschwankungen auf Exporte und Importe erklären Geldmengenbegriffe M1 und M0 definieren Die Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken beschreiben Die Geldschöpfung der Nationalbank erläutern Das Repo-Geschäft, die SNB-Bills sowie den Devisenswap als Mittel der ­Schweizerischen Nationalbank zur Steuerung des Geldumlaufs beschreiben Probleme der Geld- und Fiskalpolitik aufzählen Den Mechanismus der Schuldenbremse erklären


 Diese Begriffe können Sie erklären Konjunkturpolitik Fiskalpolitik

Währungspolitik Wechselkurs

Antizyklische Fiskalpolitik Expansive Fiskalpolitik Restriktive Fiskalpolitik Schuldenbremse Finanzpolitik Haushaltspolitik Staatsquote Steuerpolitik Steuern Direkte Steuern

Aufwertung der ausländischen Währung Aufwertung des Frankens Geldpolitisches Konzept der SNB Dreimonats-Libor Instrumente der Geldpolitik Repo-Geschäft SNB-Bills (Schuldverschreibung) Devisenswap Expansive Geldpolitik Restriktive Geldpolitik

Indirekte Steuern Kausalabgaben Geldpolitik

© 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht

Geld Münzen und Noten Buchgeld Giroguthaben Funktionen des Geld Geld als Zahlungsmittel (Tauschmittel) Geld als Wertaufbewahrungsmittel Geld als Wertmassstab (Recheneinheit) Geldmenge Notenbankgeldmenge M0 Geldmenge M1 Geldschöpfung Preisstabilität Zinspolitik

Fiskal- und Geldpolitik  21


Fiskal- und Geldpolitik  22

Übung 1 Ziele der Fiskalpolitik

Übung 2 Haushalts- und Steuerpolitik

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. a ) Bei der Gestaltung der Finanzpolitik stehen in erster Linie konjunkturpolitische Überlegungen im Mittelpunkt.

b ) Die Haushaltspolitik beschäftigt sich mit der Frage, wie die privaten Haushalte ihre Steuerrechnungen bezahlen können.

Die folgenden Auswahlaufgaben enthalten immer zwei Aussagen, die miteinander verknüpft sind. Entscheiden Sie sich jeweils für eine der folgenden Antwortmöglichkeiten: A +weil+

B +/+

C +/–

D –/+

E –/–

Beide Aussagen richtig, Verknüpfung trifft zu

Beide Aussagen richtig, Verknüpfung trifft nicht zu

Erste Aussage richtig, zweite Aussage falsch

Erste Aussage falsch, zweite Aussage richtig

Beide Aussagen falsch

Begründen Sie falsche Verknüpfungen oder die falsche Teilaussage in wenigen Worten. c ) Die Steuerpolitik legt fest, welche Steuern der Staat nach welchen Grundsätzen erheben soll.

a) Direkte Steuern berücksichtigen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Steuerzahler, weil sie progressiv ausgestaltet sind.

© 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft Gesellschaft, in 120 Lektionenwerden b) und Gebühren und Abgaben

d) Bei der Fiskalpolitik geht es um die Beeinflussung der Angebotsseite der Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht Wirtschaft.

e ) Die Fiskalpolitik zielt auf die Nachfragekomponenten «privater Konsum» sowie «Konsum und Investitionen des Staates».

f) Bei der Gestaltung der Fiskalpolitik müssen die finanzpolitischen Rahmenbedingungen ebenfalls berücksichtigt werden.

g) Die Mehrwertsteuer ist die wichtigste indirekte Steuer, weil sie dem Bund rund zwei Drittel seiner Steuereinnahmen einbringt.

auch als Kausalabgaben bezeichnet, weil all diese Zahlungen ihre Ursache in konkreten Dienstleistungen haben.

c) Die Staatsquote der Schweiz ist in den letzten Jahren immer mehr zurückgegangen, weil der Staat auch immer weniger Leistungen zu erbringen hatte.

d) Indirekte Steuern nehmen keine Rücksicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Steuerzahlerin, weil indirekte Steuern nicht auf dem Einkommen oder Vermögen einer Steuerzahlerin basieren.

e) Im Vergleich zu anderen Industriestaaten weist die Schweiz einen hohen Anteil an direkten Steuern auf, weil in der Schweiz nicht nur der Bund, sondern auch die Kantone und Gemeinden Steuern erheben.


a ) Der Staat baut Strassen früher als geplant, um Arbeitsplätze im Baugewerbe zu sichern. b) Der Kanton erhöht seine Steuersätze, weil die Steuereinnahmen durch den Wegzug guter Steuerzahler eingebrochen sind. c ) Der Staat erhöht die Mehrwertsteuer, um die Defizite in der Invali­ denversicherung zu finanzieren.

weder noch

restriktive Fiskalpolitik

Entscheiden Sie bei jeder Massnahme, ob sie Teil einer expansiven oder einer restriktiven Fiskalpolitik ist.

Übung 4 Ziele der Geldpolitik expansive Fiskalpolitik

Übung 3 Expansive und restriktive Fiskalpolitik

A

B

C

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. a) Wenn der Wert des Schweizer Frankens sinkt, verbessert dies die Marktchancen der Schweizer Exportindustrie.

b) Wenn der Geldstrom schneller wächst als das reale BIP, führt dies zu Deflation.

c) Wenn die Schweizer Nationalbank einen Euro-Mindestkurs durchsetzt, will sie in erster Linie die Schweizer Konsumenten vor zu billigen Importen aus dem Ausland schützen.

d ) Hotels zahlen weniger Mehrwertsteuer als andere Unternehmun© 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht d) Oberstes Ziel der Schweizer Nationalbank ist gemäss ihrem gesetzlichen Auftrag gen, damit sie im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig die Sicherung stabiler Wechselkurse. bleiben. e ) Nach einer überstandenen Rezession übt die Regierung bei Lohnerhöhungen der Verwaltungsangestellten Zurückhaltung, um budgetierte Haushaltsüberschüsse nicht zu gefährden. f) Im Rahmen eines kantonalen Sparprogramms werden die Klassen­ grössen in der Volksschule erhöht. Damit spart man 120 Lehrerstellen ein. g) Die Gemeinde schiebt die Sanierung einiger Strassen auf, weil die gute Auftragslage im Baugewerbe zu stark gestiegenen Preisen geführt hat.

e) In Krisenzeiten wirken sich tiefe Zinsen kaum positiv auf den privaten Konsum aus, weil die Konsumentinnen aus Vorsicht dennoch sparen.

f ) Die Basis für eine erfolgreiche Geldpolitik sind genaue Voraussagen über die Entwicklung der realen Wirtschaft (BIP, Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes, usw.).

h ) Der Kanton gewährt Familien einen ausserordentlichen Steuerrabatt, um den privaten Konsum anzuregen. g) Bei der Ausgestaltung der Geldpolitik müssen die Wechselwirkungen zwischen Zinsniveau, Wechselkurs und BIP-Wachstum im Auge behalten werden.

Fiskal- und Geldpolitik  23


Fiskal- und Geldpolitik  24

Übung 5 Geldmengen und Geldschöpfung

weder noch

Geldmenge M1

Die folgenden Auswahlaufgaben enthalten immer zwei Aussagen, die miteinander verknüpft sind. Entscheiden Sie sich jeweils für eine der folgenden Antwortmöglichkeiten:

Notenbankgeldmenge

Entscheiden Sie bei jeder Aussage, ob sie auf die Notenbankgeldmenge, die Geldmenge M1 oder auf keine von beiden zutrifft.

Übung 6 Aussagen zur Geldpolitik der SNB beurteilen

A

B

C

a ) Kann von der SNB direkt beeinflusst werden

A +weil+

B +/+

C +/–

D –/+

E –/–

Beide Aussagen richtig, Verknüpfung trifft zu

Beide Aussagen richtig, Verknüpfung trifft nicht zu

Erste Aussage richtig, zweite Aussage falsch

Erste Aussage falsch, zweite Aussage richtig

Beide Aussagen falsch

Begründen Sie falsche Verknüpfungen oder die falsche Teilaussage in wenigen Worten.

b) Umfasst alle Spargelder in der Schweiz c ) Umfasst alle Guthaben, über die mit Zahlkarten (Maestro, Postcard) verfügt werden kann

a) In den Jahren 2010 bis 2016 herrschte Preisstabilität, weil der Eurowechselkurs nicht unter den Wert von CHF 1.20 / Euro fiel.

d ) Umfasst alles im Umlauf befindliche Bargeld © 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft in 120 Lektionen b) und DieGesellschaft, SNB erstellt vierteljährlich

e ) Wird durch die Geldschöpfung der Geschäftsbanken beeinflusst Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht f) Verändert sich, wenn Aktien vom Schweizer Aktionär A an den Schweizer Aktionär B verkauft werden g) Verändert sich, wenn eine Überweisung von einem Kontokorrentkonto auf ein Sparkonto erfolgt h ) Verändert sich, wenn am Postschalter eine Einzahlung auf ein Bankkontokorrentkonto erfolgt

eine umfassende Konjunkturprognose, weil für die Ausgestaltung der Geldpolitik die künftige konjunkturelle Entwicklung entscheidend ist.

c) Die SNB erhöht das Zielband für den Dreimonats-Libor, um einer drohenden Inflation vorzubeugen, weil sie damit die Geldschöpfung der Geschäftsbanken erleichtert.

i ) Verändert sich, wenn die SNB einen Euromindestkurs zum CHF durchsetzt d) Eine restriktive Geldpolitik der SNB führt zu tieferen Zinsen, weil es für Geschäftsbanken schwieriger wird, die Mittel für ihre Kredite an Private zu beschaffen.

e) Preisstabilität ist das primäre Ziel der SNB-Geldpolitik, weil die SNB auch die konjunkturelle Entwicklung der Schweizer Wirtschaft im Auge behalten muss.


Ordnen Sie den Formulierungen a) bis h) den jeweils zutreffenden Fachbegriff aus der unten aufgeführten Liste zu.

a ) Eine Geschäftsbank verkauft der SNB fremde Währungen und vereinbart gleichzeitig den Rückkauf zu einem späteren Zeitpunkt.

Übung 8 Probleme der Fiskal- und Geldpolitik Ziffer des zutreffenden Begriffs

Übung 7 Begriffe zur Geldpolitik der SNB

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. a) Ein wichtiges Problem aller Formen der Konjunkturpolitik besteht darin, dass die Massnahmen zu früh ergriffen werden.

R

b) Die Schuldenbremse zwingt die Politikerinnen und Politiker dazu, während einer Rezession die Steuern anzuheben, um ein Defizit zu verhindern.

b) Die Gesamtheit aller Anlagen der SNB in fremden Währungen (z. B. in Form von Staatsanleihen, die auf Euro oder Dollar lauten). c ) Schuldverschreibungen der SNB, mit der sie Liquidität abschöpft, um die Inflationsgefahr einzudämmen.

c) Im Unterschied zur Geldpolitik unterliegt die Fiskalpolitik weniger der Einflussnahme von Politikern, die um ihre Wiederwahl fürchten.

d) Jener Zinssatz, den Banken einander zahlen müssen, wenn sie sich gegen­ seitig Kredite mit einer Laufzeit von drei Monaten gewähren. © 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen

e ) Aussage der SNB, ob sie aktuell die Preisstabilität als gewährleistet Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht d) Weil die SNB neben der Preisstabilität auch die konjunkturelle Entwicklung im Auge behalten muss, kann sie die Geldpolitik vorübergehend auch an einem beerachtet oder nicht. stimmten Wechselkurs oder Zins ausrichten. f) Die SNB kauft von einer Geschäftsbank Wertpapiere und vereinbart gleich­zeitig ein Gegengeschäft in einigen Tagen oder Monaten. Für die Dauer des Geschäfts muss die Geschäftsbank Zins an die SNB bezahlen. g) Voraussage der SNB über die Preisstabilität im Verlauf der nächsten drei Jahre.

e) Die Schuldenbremse kommt nur zur Anwendung, wenn eine Mehrheit des Parlaments sich dafür ausspricht.

h ) Neben dem Notenumlauf zweites Element der Notenbankgeldmenge. f ) Die Anwendung der Schuldenbremse führt nicht zwingend zu einem Rückgang der Staatsverschuldung.

1 Repo-Geschäft 2 SNB-Bill 3 Devisenswap 4 Sichtguthaben von inländischen Geschäftsbanken bei der SNB

5 6 7 8

Inflationsziel der SNB Inflationsprognose der SNB Dreimonats-Libor in CHF Devisenanlagen der SNB

g) Die Anwendung der Schuldenbremse führt bei wachsendem BIP zwingend zu einem Rückgang der Staatsquote.

Fiskal- und Geldpolitik  25


Fiskal- und Geldpolitik  26

Aufgabe 1 Haushalts- und Steuerpolitik ■ Steuerbelastung der natürlichen Personen 8000

7000

180

60

160

40

140

20

120

0

100

– 20

80

– 40

60

– 60

40

– 80

20 2009

2010

2011

Aufwand-/Ertragsüberschuss

2012

2013 Geldzu-/-abfluss

2014

6000 Belastung in CHF

80

Geldfluss-Investitions-Verhältnis in %

Aufwand-/ Ertragsüberschüsse bzw. Geldzu-/-abluss in Mio. CHF

■ Eckwerte Erfolgs- und Geldflussrechnung

– 100

8.00 % Verheiratet, 2 Kinder Bruttoeinkommen CHF 80‘000.–

7,56%

6 046

7,26%

7,26%

5 804

5 804

7.00 %

6.00 % 5,58%

5,58%

5,58%

4 466

4 466

4 466

5.00 %

5000

4,02%

4000

3000

2000

2005

2006

2007

Belastung in CHF

2008

2009

2010

4,02%

4,14%

4,25% 3 401

3 219

3 219

3 309

2011

2012

2013

4.00 %

Belastung in %

Das Finanzdepartement des Kantons Luzern informierte am 29. Oktober 2013 über den Aufgaben- und Finanzplan 2014 bis 2017. Dabei wurden – unter anderem – folgende Grafiken verwendet:

3.00 %

2014

2.00 %

Belastung in %

0

© 2017 Verlag AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen 2015 2016 SKV 2017 Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht Geldfluss-Investitions-Verhältnis

Quelle: Finanzdepartement Kanton Luzern

c) Welche Aussagen lassen sich aus der Kombination der beiden Abbildungen ableiten? a ) Welche allgemeinen Aussagen lassen sich aus der Abbildung «Eckwerte Erfolgs- und Geldflussrechnung» ableiten?

d) Welche Massnahmen empfehlen Sie der Regierung des Kantons Luzern? b ) Welche allgemeinen Aussagen lassen sich aus der Abbildung «Steuerbelastung der natürlichen Personen» ableiten?


Der Luzerner Regierungsrat kündigte unter anderem an, dass er im Bildungsbereich sparen wolle, indem er Mittel- und Berufsschulen für eine Woche pro Jahr zusätzlich schliesse. Die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) berichtete darüber am 7. November 2013 mit folgendem Text (Ausschnitt):

a) Wie beurteilen Sie die aufgeführten Ideen zu Einsparungen im Bildungsbereich? Nennen Sie Argumente für und gegen diese Massnahmen. Argumente  für  die vorgeschlagenen Sparmassnahmen im Bildungsbereich.

Konkret soll die aussergewöhnliche Massnahme so umgesetzt werden, dass die Gymnasiasten nach den Herbstferien 2014 und 2015 jeweils eine Woche Zwangsferien verordnet erhalten. Berufsschüler sollen in dieser Zeit nicht unterrichtet werden und stattdessen ihren Lehrbetrieben zur Verfügung stehen. Für den Kanton Luzern ergibt sich dadurch ein Sparpotenzial von 8,16 Millionen Franken, weil die Lehrer in dieser schulfreien Zeit ihre angehäuften Überstunden abbauen.

Die NZZ weist in einem Anhang zum betreffenden Artikel darauf hin, dass Sparmassnahmen im Bildungsbereich in vielen Kantonen erwogen würden: Es gibt verschiedene Wege, um im Bildungsbereich mit kleineren Korrekturen Millionenbeträge einzusparen. Ein beliebter Puffer ist die Grösse der Schulklassen. In Bern, wo übernächste Woche die Sparmassnahmen der Angebots- und Strukturüberprüfung behandelt © 2017 Brennpunkt werden, sorgt die Erhöhung der durchschnittlichen Grösse von 19,2Verlag auf SKV 19,7AG: Kinder pro Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht Klasse an der Volksschule für Aufregung. Im Kanton Bern könnten so 120 Klassen insgesamt geschlossen und 300 Stellen abgebaut werden. Damit können 4,5 Millionen Franken gespart werden. Argumente  gegen die vorgeschlagenen Sparmassnahmen im Bildungsbereich. Die Massnahme ist ein Vorschlag der parlamentarischen Finanzkommission, die auf diese Weise verhindern will, dass bei Behinderten und Alten gespart werden muss. Auch im Kanton­Aargau soll im Rahmen des Sparpaketes, das der Regierungsrat Ende August vorlegte, an der Klassengrösse geschraubt werden: Fast zwei Millionen Franken könnten gespart werden, wenn die Mindestgrössen an Primarschulen von 12 auf 15 Kinder angehoben würde. In beiden Kantonen ist die Kritik von Lehrern und Vertretern aus dem Bildungsbereich erheblich. Klassengrössen sind in der Bildungspolitik ein Dauerbrenner: Schon auf kleine Veränderungen reagiert die Öffentlichkeit empfindlich. Die Anhebung der Klassengrössen ist kein Novum: Stets wenn gespart werden muss, geraten die Schulklassen ins Visier. Im Kanton Basel-Landschaft kam es deswegen vor einem Jahr gar zu einer Volksinitiative, auf die die Regierung mit einem Gegenvorschlag reagieren musste. Dabei ist umstritten, wie stark die Qualität der Bildung leidet, wenn ein oder zwei Schüler zusätzlich in die Klasse kommen. Doch der angepeilte Durchschnittswert kann oft nicht sinnvoll flächendeckend umgesetzt werden. In der Folge müssen in ländlichen Gebieten ganze Klassen verlegt oder aufgehoben werden, was zu längeren Schulwegen führt. Oder in den Städten kommt es zu besonders vielen Klassen mit hohen Schülerzahlen.

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Aufgabe 2 Die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank Die Schweizerische Nationalbank informiert alle drei Monate über die von ihr verantwortete Geldpolitik. Lesen Sie die Medienmitteilung zur geldpolitischen Lagebeurteilung vom 15. September 2013 und beantworten Sie anschliessend die Fragen.

Während sich der Preisanstieg auf dem Immobilienmarkt im zweiten Quartal insgesamt abgeschwächt hat, blieb das Wachstum der Hypothekarkredite im Vergleich zum Vorquartal praktisch unverändert. Gemäss Einschätzung der Nationalbank bleiben die Ungleichgewichte auf dem Hypothekar- und Immobilienmarkt nach wie vor bestehen. Die Nationalbank beobachtet die Entwicklungen auf diesen Märkten weiterhin aufmerksam und prüft regel­ mässig, ob der antizyklische Kapitalpuffer1 angepasst werden muss.

Nationalbank behält expansive Geldpolitik unverändert bei Die Schweizerische Nationalbank belässt ihre Geldpolitik unverändert expansiv. Der Zins auf Sichteinlagen bei der Nationalbank beträgt weiterhin − 0,75 % und das Zielband für den Dreimonats-Libor bleibt bei − 1,25 % bis − 0,25 %. Gleichzeitig ist die Nationalbank a) Wie beurteilt die SNB die Preisstabilität im September 2016 und in den kommenden Jahren? Was bedeutet eine Inflation von minus 0,4 %? bei ­Bedarf weiterhin am Devisenmarkt aktiv. Der Negativzins und die Bereitschaft der National­bank, am Devisenmarkt einzugreifen, dienen dazu, Anlagen in Schweizer Franken ­weniger attraktiv zu machen und so den Aufwertungsdruck auf den Franken zu verringern. Der Franken bleibt deutlich überbewertet. Die expansive Geldpolitik der Nationalbank verfolgt das Ziel, die Preisentwicklung zu stabilisieren und die Wirtschaftsaktivität zu unterstützen. b) Wie sieht die Situation bei den Zinsen aus, und was bedeutet dies für den ImmobilienDie neue bedingte Inflationsprognose hat sich gegenüber Juni leicht nach unten vermarkt? schoben. Bis zum ersten Quartal 2017 bleibt der Verlauf der Inflation nahezu gleich. Danach dämpfen die etwas weniger günstigen Aussichten für die Weltwirtschaft die Teuerung in der © 2017 VerlagFür SKV2017 AG: Brennpunkt Schweiz. Für 2016 bleibt die Inflationsprognose mit − 0,4 % unverändert. erwartet Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht die Nationalbank eine Inflation von 0,2 % gegenüber 0,3 % in der Prognose vom letzten Quartal; für 2018 sinkt die Prognose von 0,9 % auf 0,6 %. Die bedingte Inflationsprognose beruht auf der Annahme, dass der Dreimonats-Libor über den gesamten Prognosezeitraum bei − 0,75 % bleibt. Die allmähliche Erholung der Weltwirtschaft setzte sich im zweiten Quartal fort. In den USA stützte in erster Linie eine rege Konsumnachfrage die Wirtschaftsaktivität. Der Arbeitsmarkt entwickelte sich weiterhin günstig. In den europäischen Ländern fiel die Wirtschaftsleistung unterschiedlich aus. Während sie in Frankreich und Italien stagnierte, wuchs sie in c) Wie entwickelt sich der Wechselkurs des Frankens zum Euro? Was könnten die Gründe Deutschland, Spanien und Grossbritannien erneut robust. Auch die chinesische Wirtschaft dafür sein? expandierte angesichts der stimulierenden geld- und fiskalpolitischen Massnahmen solide. Insgesamt wurde das Wachstum weltweit vor allem von der Binnennachfrage und vom Dienstleistungssektor getrieben. Die globale Industriekonjunktur und der Welthandel entwickelten sich dagegen weiterhin verhalten. Im zweiten Quartal verzeichnete die Schweizer Wirtschaft ein Wachstum von hochgerechnet 2,5 %. Insgesamt deuten die revidierten Quartalsschätzungen für das Bruttoinlandprodukt auf eine etwas stärkere Wiederbelebung der Schweizer Wirtschaft seit Mitte letzten Jahres hin. Allerdings bleibt die Auslastung der Produktionskapazitäten insgesamt unbefrie1 digend. Auch hat die Erholung nicht alle Branchen gleich stark erfasst. Entsprechend bleibt   Hinweis Autoren zum antizyklischen Kapitalpuffer: Über die ohnehin vorgeschriebenen Reserven hinaus sind Banken ab dem 30. September 2013 verpflichtet, zusätzliche Eigenmittel von 1 Prozent der ausgegebenen Hypothekarkredite die Margenlage in zahlreichen Unternehmen angespannt. zu halten. Diese Massnahme dient dazu, die Hypothekarkredite zu verteuern und damit die Nachfrage nach Immobilien zu senken.


Aufgabe 3 Expansive Geldpolitik: ein Mittel – viele Ziele Alle wichtigen Zentralbanken der Welt haben in den letzten Jahren eine expansive Geldpolitik verfolgt. Allerdings haben sie diese Politik unterschiedlich begründet. Lesen Sie die folgenden Ausschnitte aus Medienmitteilungen und beschreiben Sie in eigenen Worten den Kern der jeweiligen Argumentation. Fed hält an expansiver Geldpolitik fest Die US-Notenbank Fed setzt ihre milliardenschweren Anleihekäufe vorerst unvermindert fort. Vor einer Entscheidung für einen Kurswechsel der ultralockeren Geldpolitik müsse es mehr Beweise geben, dass die Erholung der Konjunktur und des Arbeitsmarktes tatsächlich stabil sei, teilte die Federal Reserve in Washington mit. Als einen Grund für die Ungewissheit wurden die Ausgabenkürzungen im Staatshaushalt genannt. Die Fed erwirbt derzeit monatlich für 85 Milliarden Dollar langfristige Staatsanleihen und Immobilienpapiere, um die Konjunktur mit Niedrigzinsen anzukurbeln.

Anleiheprogramm der EZB: Draghi greift zum letzten Mittel EZB-Chef Draghi wagt eine riskante Wende in der Geldpolitik der Notenbank: Mit unbegrenzten Anleihekäufen will er eine Eskalation der Euro-Krise verhindern. Der Schritt markiert einen fundamentalen Kurswechsel im Kampf um die gemeinsame Währung. In unbegrenztem Umfang soll die EZB Staatsanleihen europäischer Krisenländer am Markt aufkaufen. Da sie Geld schöpfen kann, so viel sie will, hat sie quasi unendliche Mittel für diese Ankäufe. Das Stichwort lautet: Notenpresse. So soll die Zinslast für die betreffenden Staaten gedrückt werden. Quelle: «Spiegel-online», 06.09.2012

c) Ziele der Europäischen Zentralbank

Quelle: «Handelszeitung», 18.09.2013

a ) Ziele der US-Zentralbank (Fed) Die Schweizer Geldpolitik: Die SNB ohne Zugzwang

© 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt WirtschaftDie und Schweiz Gesellschaft, in 120sich Lektionen erholt allmählich vom Frankenschock, die Konsumentenpreise beginnen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht

Japans risikoreiche Geldschwemme Mit einem beispiellosen Gewaltakt will sich Japan aus dem Würgegriff der Deflation befreien.­ Musste sich die Notenbank des Landes jahrelang den Vorwurf anhören, nicht genug zur Überwindung des Preisverfalls zu tun, der der rezessionsgeplagten Wirtschaft wie ein Klotz am Bein hängt, so hat sie jetzt im Schwitzkasten der neuen Regierung von Ministerpräsident Shinzo Abe einen beachtlichen Schritt nach vorn unternommen. Ungeachtet der gigantischen Staatsverschuldung öffnet sie nach amerikanischem Vorbild ihre geldpolitischen Schleusen nicht nur noch weiter, sondern auf unbegrenzte Zeit – bis der schleichende Preisverfall sich umkehrt und – so angestrebt – einer wachsenden Wirtschaft gewichen ist.

sich zu stabilisieren, und der Frankenkurs ist jüngst von heftigen Ausschlägen verschont geblieben. Für die Schweizerische Nationalbank (SNB) liefert diese Grosswetterlage zwar noch keinen Grund für eine Entwarnung. Unmittelbarer Handlungsdruck für eine weitere Lockerung der ohnehin schon extrem expansiven Geldpolitik ist aber ebenfalls keiner auszumachen. [..] Wenngleich sich die Stimmung etwas entspannter präsentiert als auch schon: Der Euro, der am Freitag bei rund Fr. 1.095 gehandelt wurde, ist aus Sicht der Währungshüter noch immer «deutlich überbewertet». Die SNB zeigt sich daher weiterhin bereit, am Devisenmarkt einzugreifen, um Frankenanlagen weniger attraktiv zu machen und den Aufwertungsdruck auf den Franken zu verringern. Nach welchen Kriterien solche Interventionen erfolgen, bleibt offen. Die Ökonomen der UBS vermuten, dass die Komfortzone über Fr. 1.07 liegt, während die Schmerzgrenze bei Fr. 1.05 gesehen wird. Quelle: «NZZ-online», 15.09.2016

Quelle: «Tages-Anzeiger», 22.01.2013

d) Ziele der Schweizerischen Nationalbank

b) Ziele der Japanischen Zentralbank

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Aufgabe 4 Konjunkturpolitik am Beispiel Japans Der Kampf um Japans Zukunft Lesen Sie den nebenstehenden Ausschnitt aus einem Kommentar von Jürg Wolle zur Japa[…] Mit einer Mixtur aus extrem lockerer Geldpolitik, milliardenschweren Konjunkturnischen Konjunkturpolitik. Beantworten Sie anschliessend folgende Fragen: programmen und strukturellen Reformen will Premierminister Shinzo Abe das jahrzehnte­ lange Treten an Ort hinter sich lassen. Vieles deutet darauf hin, dass seine Wirtschaftsa) Mit welchen Mitteln versucht die japanische Regierung die Wirtschaft anzukurbeln? politik, landläufig «Abenomics» genannt, zu greifen beginnt. Japans Wirtschaft wächst mit fast vier Prozent und damit schneller als diejenige der übrigen G-8-Staaten. Der Nikkei 225, der Aktienindex der grössten japanischen Unternehmen, liegt um gut 60 Prozent höher als vor einem Jahr. Die Luxusgüterbranche vermeldet gute Umsätze, der Immobilienmarkt ist wieder in Bewegung. Sodann hat der Yen gegenüber dem Dollar rund 16 Prozent an Wert b) Welche Erfolge wurden erreicht? verloren und soll sich noch weiter abschwächen. Speiseöl, ein klassisches Importprodukt, hat sich im Tokioter Detailhandel bereits deutlich verteuert. Japan ist daran, sich aus langjähriger Deflation zu befreien. Das Image als Hochpreisland hat man bereits teilweise abstreifen können. In Tokio sieht man wieder viele Touristen, es werden Rekordumsätze gemeldet. […] Am stärksten von «Abenomics» profitiert mittelfristig die Exportwirtschaft Japans. Dank dem schwächeren Yen werden ihre Produkte auf den Weltmärkten billiger. Die Firmen forcieren die Exporte, um den Heimmarkt zu kompensieren, der aus demo© 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen grafischen Gründen stagniert. Importe dagegen werden teurer. Westliche Unternehmen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht müssen sich darauf einstellen, dass Exporte von Gütern und Dienstleistungen nach Japan zunächst weniger attraktiv sein werden. Die Gewinne werden schrumpfen. Preiserhöhungen von geschätzt 30 Prozent sind nicht auf einen Schlag umzusetzen. Wenn es der japanischen Wirtschaft gut geht, werden mittelfristig aber viele profitieren.­ Eine boomende Exportwirtschaft könnte das Wirtschaftswachstum nachhaltig ankurbeln – und auch eine verstärkte Nachfrage auslösen, zum Beispiel nach westlichen Produkten.­ c) Warum würde auch das Ausland von einem Boom in Japan profitieren? Es ist zu erwarten, dass die sich belebende Konjunktur Preisnachlässe mehr als kompensieren wird. Und wenn es Abe tatsächlich gelingt, auch die Deregulierungen durchzusetzen, dann werden sich etwa im Gesundheitswesen und in der Landwirtschaft neue Geschäftsgelegenheiten ergeben. Ob der bisherige Erfolg nachhaltig sein wird, ist noch offen. Abe geht grosse Risiken ein. Die Staatsverschuldung Japans wächst weiter, die privaten Haushaltsausgaben steigen wegen der teureren Rohstoff- und Energieimporte. Mit der Umsetzung einer umfassenden Strukturreform, wie sie Abe verspricht, hapert es noch. Bei der Revision des starren Arbeitsd) Welche Probleme sind mit der neuen Wirtschaftspolitik verbunden? rechts ist mit Widerstand der Gewerkschaften zu rechnen. Landwirtschaftskreise opponieren­ gegen die geplante Abschaffung von Zöllen innerhalb des Freihandelsabkommens der TransPacific Partnership. Quelle: «NZZ-online», 03.12.2013


Aufgabe 5 Schuldenbremse Lesen Sie die folgenden Ausschnitte aus einer Medienmitteilung des Bundesrates vom 29. November 2013 und beantworten Sie anschliessend die Fragen dazu.

a) Was versteht man unter einer Schuldenbremse?

Bundesrat zieht positive Bilanz nach 10 Jahren Schuldenbremse […] Der Bundeshaushalt hat sich unter der Schuldenbremse positiv entwickelt. Nach der erstmaligen Anwendung auf das Budget 2003 gelang es Bundesrat und Parlament rasch, den Haushalt in ein strukturelles Gleichgewicht zu bringen. In der Folge ermöglichte die überraschend gute konjunkturelle Entwicklung und die finanzpolitische Disziplin unter der b) Welche Folgen hatte die Anwendung der Schuldenbremse in den letzten zehn Jahren Schuldenbremse, die Schulden von 130 Milliarden im Jahr 2005 auf 112 Milliarden im Jahr auf den Bundeshaushalt? 2012 abzubauen. Mit 19 Prozent liegt die Schuldenquote des Bundes heute in etwa auf dem Niveau von 1994. Die Einsparungen bei der Zinslast haben im Haushalt wertvollen Spielraum für prioritäre Aufgaben geschaffen. Dank der Schuldenbremse ist die Finanzpolitik auch stetiger und konjunkturgerechter geworden, weil konjunkturbedingte Schwankungen der Einnahmen nicht auf die Ausgaben durchschlagen. Die Schuldenbremse lässt in der Rezession ein Defizit zu und fordert in der Hochkonjunktur einen Überschuss. Die Hauptgründe für den Schuldenabbau sind positive Überraschungen bei der Konjunkturentwicklung, Schätzfehler bei den Einnahmen sowie ausgabenseitige Budgetunter© 2017 Verlag SKV AG:VerbesseBrennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, in 120 Lektionen schreitungen. Die Schätzfehler bei den Einnahmen konnten dank methodischen Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht c) Welches sind die Hauptgründe, dass die Schulden nicht einfach stabil blieben, rungen deutlich reduziert werden. Die Prognosefehler bei Konjunktur und Einnahmen sondern sogar abgebaut werden konnten? dürften sich deshalb in Zukunft ausgleichen. Die ausgabenseitigen Budgetunterschreitungen hingegen sind systembedingt. Die vom Parlament genehmigten Budgetkredite dürfen nicht überschritten werden, weshalb die Verwaltung insgesamt eher vorsichtig budgetiert. Dies führt dazu, dass die Ausgaben im Budget systematisch leicht überschätzt werden. Die damit verbundenen Kreditreste betragen durchschnittlich rund eine Milliarde. Aufgrund der Ausgestaltung der Schuldenbremse dürften sie auch weiterhin in der Tendenz zu einem nominellen Schuldenabbau führen. Ein solcher ist durchaus erwünscht, weil er die Krisenresistenz der Schweiz erhöht und die Zinsausgaben senkt, was wiederum den finanzpolitischen Handd) Welche finanzpolitische Herausforderung der Zukunft kann mit der Schuldenbremse lungsspielraum vergrössert. […] nicht gelöst werden? Warum ist das so? Die Schuldenbremse hat sich als eine effiziente Fiskalregel zur Steuerung des Haushalts erwiesen. Sie hat sich bewährt und ist entsprechend breit akzeptiert. Langfristige strukturelle Probleme wie die demografische Alterung und ihre Auswirkungen auf die Sozial­ versicherungen kann sie allerdings nicht lösen. Solche Herausforderungen müssen durch Reformen in den einzelnen Politikbereichen angegangen werden. Hingegen kann für die kommenden Generationen mit einer weiteren Senkung der Schuldenquote des Bundes eine möglichst gute Ausgangslage zur Bewältigung zukünftiger Lasten geschaffen werden. Quelle: www.news.admin.ch

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