Recht 13 - LV

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Verträge auf Arbeitsleistung

Die Rechtsgrundlage für die tägliche Arbeit der rund 5,1 Millionen Erwerbstätigen in unserem Land ist in den meisten Fällen ein Arbeitsvertrag. Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber wählen sich dabei ihre jeweiligen Vertragspartnerinnen und -partner frei aus und können ihre Verpflichtungen unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften (z. B. Kündigungsfristen) auch nach ihrem Ermessen wieder kündigen. Zwischen den beiden Vertragspartnern bestehen gegensätzliche Interessen, aber auch gemeinsame Ziele: Eine Arbeitnehmerin wird versuchen, als Gegenleistung für ihre Arbeit «möglichst viel» zu bekommen. Dies bezieht sich zum einen auf den Lohn, zum andern aber auch auf weitere Bereiche wie die Gestaltung des Arbeitsplatzes, die Art und Qualität der zugewiesenen Arbeit, das Arbeitsklima, die Arbeitszeit und die Dauer der Ferien, auf Weiterbildungsmöglichkeiten und

­ ufstiegschancen in den Unternehmungen. Auf der «Gegenseite» sind Arbeit­geber A grundsätzlich bemüht, ihre Produkte und Dienstleistungen mit möglichst niedrigen Kosten zu erstellen, um damit im Wettbewerb mit andern Anbietern konkurrenzfähig zu sein. Trotz dieser unterschiedlichen Interessen haben die Vertragsparteien aber ein gemeinsames Ziel: die erfolgreiche Entwicklung ihrer Unternehmung. Keine Unternehmung kommt ohne qualifizierte und motivierte Mitarbeitende aus, und ohne erfolgreiche Unternehmungen haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Arbeit und damit auch kein Einkommen. Die Vorschriften über Rechte und Pflichten im Arbeitsvertrag sollen helfen, Streit­ fälle zu vermeiden und, falls nötig, diese zu schlichten.

Theorie

Übungen

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Arbeitsvertrag, Werkvertrag oder Auftrag? ........................................................ 2 Rechtliche Grundlagen für das Arbeitsverhältnis ................................................ 4 Entstehung eines Einzelarbeitsvertrages ............................................................ 6 Pflichten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer .......................................... 10 Pflichten der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ............................................... 12 Beendigung des Arbeitsverhältnisses ................................................................. 16 Das haben Sie gelernt ....................................................................................... 20 Diese Begriffe können Sie erklären .................................................................... 21

Aufgaben 1 2 3 4 5 6 7 8 9

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Verträge auf Arbeitsleistung ............................................................................. 22 Rechtsgrundlagen für das Arbeitsverhältnis ....................................................... 22 Vertragsentstehung und Gesetzesvorschriften ................................................... 23 Rechte und Pflichten im Arbeitsvertrag ............................................................. 24 Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ........................................................... 25

Tatbestandsmerkmale für die Entstehung eines Einzelarbeitsvertrages ............... 26 Sorgfalts- und Haftpflicht der Arbeitnehmer ...................................................... 26 Überstunden .................................................................................................... 27 Schwangerschaft – Arbeitsverbot – Lohnfortzahlung ......................................... 28 Lohn bei Krankheit ........................................................................................... 29 Ferien ............................................................................................................... 30 Kündigung und Sperrfristen .............................................................................. 32 Missbräuchliche Kündigung? ............................................................................ 34 Kündigungsschutz ............................................................................................ 35

Verträge auf Arbeitsleistung (Ausgabe für Lehrperson)

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Verträge auf Arbeitsleistung (Ausgabe für Lehrperson)

Arbeitsvertrag, Werkvertrag oder Auftrag?

Auf den ersten Blick sieht es simpel aus: Ein Arbeitsvertrag liegt immer dann vor, wenn gearbeitet wird. Bei näherem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass nicht jeder Vertrag, der eine Arbeitsleistung gegen Bezahlung beinhaltet, auch auf einem Arbeitsvertrag beruht. ■ Arbeitsvertrag (Art. 319–362 OR) Die Merkmale eines Arbeitsvertrages sind gemäss Art. 319 ff. OR die Verpflichtung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin, für eine gewisse Zeit Arbeit im Dienste des Arbeitgebers zu leisten und dessen Anordnungen zu befolgen. Auf der Gegenseite steht die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entrichtung eines Lohnes. Dieser ist die Entschädigung dafür, dass der Arbeitnehmer während der vereinbarten Arbeitszeit seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Wird der Lohn nach der geleisteten Arbeitszeit entrichtet, sprechen wir von Zeitlohn, wird er aufgrund der erbrachten Leistung vergütet, bezeichnen wir dies als Akkordlohn. Die individuellen Abmachungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden im Einzelarbeitsvertrag (EAV) festgelegt. ■ Schuld- und Forderungsverhältnis im Arbeitsvertrag Arbeitnehmerin (AN) ist verpflichtet, während einer bestimmten Zeit Arbeit im Dienst der AG zu leisten (Schuldnerin) ist berechtigt, den vereinbarten Lohn zu fordern (Gläubigerin)

Schuld Arbeitsleistung Forderung Schuld Lohnzahlung Forderung

Arbeitgeberin (AG)

ist berechtigt, während einer

bestimmten Zeit Arbeit zu fordern und Anweisungen zu erteilen (Gläubiger) ist verpflichtet, den vereinbarten Lohn auszuzahlen (Schuldner)

Ein weiteres Merkmal des Arbeitsvertrages ist die Unterordnung des Arbeitnehmers unter die Weisungsgewalt des Arbeitgebers während einer gewissen Zeit. Die Direktorin einer Unternehmung gilt demnach ebenso wie eine Kauffrau EFZ als «unselbstständige» Arbeitskraft. Obwohl die Direktorin in ihrem Arbeitsbereich viel mehr Entscheidungsbefugnisse und -kompetenzen hat als eine Kauffrau, ist auch sie letztlich dem Verwaltungsrat der Unternehmung unterstellt; für beide Personen gelten – wenn auch inhaltlich sehr unterschiedliche – Einzelarbeitsverträge. Die «Befehlsgewalt» des Arbeitgebers über sein Personal ist selbstverständlich nicht absolut. Der Arbeitgeber muss die Persönlichkeit seiner Angestellten achten und auch auf ­deren Gesundheit gebührend Rücksicht nehmen.

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■ Werkvertrag (Art. 363–379 OR) Bei einem Werkvertrag erstellt ein Werkunternehmer im Dienste des Bestellers einen konkreten Gegenstand nach den persönlichen Wünschen des Bestellers. Im Vordergrund steht das «Werk», das Ergebnis, und nicht das «Wirken», die Arbeit, wie im Arbeitsvertrag. Das betreffende Werk kann eine materielle oder eine immaterielle Sache sein, z. B. die Herstellung einer Website. Ebenfalls unter den Werkvertrag fallen Veränderungen an Werken wie z. B. Reparaturen. Ein typisches Beispiel eines Werkvertrages ist der Bau eines Hauses. Der Bauunternehmer plant und koordiniert den Arbeitseinsatz seines Personals unabhängig von den Weisungen des Bauherrn (Bestellers). Er muss dafür sorgen, dass das Haus zum vereinbarten Termin in der vereinbarten Art (Grösse, Ausstattung usw.) sowie entsprechend den gesetzlichen Bauvorschriften fertig erstellt ist. Auch eine selbstständige Beim Bau eines Hauses werden viele Arbeiten auf der Basis von Aufträgen oder Werkverträgen ausgeführt. Schneiderin, die für eine Kundin ein FestDer Maurer eines Baugeschäftes ist aber in der Regel kleid anfertigt, steht nicht in einem Unterim Rahmen eines Arbeitsvertrages tätig. ordnungsverhältnis zu ihrer Kundin. Sie ist gegenüber der Bestellerin lediglich dafür verantwortlich, dass das «Werk», das fertige Kleid, zum vereinbarten Termin in der vereinbarten Art (Stoffqualität, Farbe, Schnitt usw.) ausgeliefert wird. ■ Auftrag (Art. 394–406 OR) Aufträge haben die Besorgung von Geschäften oder einzelnen Diensten als Vertragsinhalt. Wir können uns merken, dass alle «Arbeitsverträge», die nicht Einzelarbeits- oder Werkverträge sind, rechtlich als «Aufträge» gelten. Zwar besitzen frei berufstätige Personen wie beispielsweise freie Mitarbeiter einer Zeitungsredaktion die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit selber einteilen zu können. Diese grössere Freiheit bedeutet jedoch häufig weniger Lohn und weniger soziale Sicherheit, weil die freien Mitarbeiter nicht den Vorschriften des Arbeitsrechts unterstehen. Wenn z. B. ein Unternehmen seine Buchhaltungsarbeiten durch einen selbstständigen Treuhänder erledigen lässt, so handelt es sich rechtlich um einen Auftrag. Ebenso steht ein Rechtsanwalt in einem Auftragsverhältnis zu einem Auftraggeber, der ihm das Mandat zur Führung eines Prozesses übergibt. Gleichermassen gilt die Arbeitsleistung eines freiberuf­ lichen Arztes rechtlich als Auftrag.


Hinweis für Lehrpersonen

■ Abgrenzung der drei Vertragstypen Die Zuordnung von «Arbeit» zu einem Arbeitsvertrag, einem Werkvertrag oder einem Auftrag kann im Einzelfall juristisch recht schwierig sein. Immerhin gibt es für jeden Vertragstyp einige Merkmale, die bei der konkreten Zuordnung hilfreich sind. Arbeitsvertrag

Werkvertrag

Auftrag

Beim Werkvertrag steht die Herstellung eines Werkes im Vor­ dergrund, dazu gehören aber auch Veränderungen an Werken. Geschuldet wird ein bestimmter Erfolg, z. B. eine wieder funk­ tionierende Heizung nach einer Reparatur durch den Installateur. Der Unterschied zu einem ­Kaufvertrag besteht darin, dass es sich beim Gegenstand eines Werkvertrages um eine speziell für den Besteller herzustellende Sache handelt, die nicht serienmässig produziert wird.

Das typische Merkmal des Auftrages ist die «Besorgung von Geschäften» im Interesse des Auftraggebers. Im Gegensatz zum Arbeitsvertrag besteht hier kein Unterordnungsverhältnis des Beauftragten. Anders als im Werkvertrag wird nicht ein bestimmter Erfolg, sondern das «Tätigwerden» des Beauftragten geschuldet.1 Eine Behandlung bei einer Zahnärztin oder einem Arzt unterliegt ebenfalls dem Auftragsrecht.

Planungsvertrag zwischen dem Architekturbüro Graf & Partner und dem Ehepaar Kauer zur Ausarbeitung der Baupläne und Werkszeichnungen für das zu erstellende Einfamilienhaus des Ehepaares Kauer.

Bauleitungsvertrag zwischen dem Architekturbüro Graf & Partner und dem freien Architekten ­Andreas Spörri zur Leitung und Überwachung der Bauausführung am Einfamilienhaus des Ehepaares Kauer.

▼ PPT-Folie / Tafelbild: Folie 1 (animiert)

Merkmale Inhalt eines Arbeitsvertrages ist die Leistung von Arbeit gegen Lohn; der Arbeitnehmer untersteht dem Weisungsrecht des Arbeitgebers, und er ist in ­dessen Arbeitsorganisation eingegliedert. Der Arbeitgeber stellt das Arbeitsmaterial zur Verfügung. ­ Er bestimmt z. B. den Arbeitsplatz und im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften die Arbeitszeiten.

▼ PPT-Folie / Tafelbild: Folien 3 / 4 (animiert)

Beispiele Einzelarbeitsvertrag zwischen der Hochbauzeichnerin Caroline Guyer und dem Architekturbüro Graf & Partner.

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Übung 1

Z war wird von einem Arzt nicht ein bestimmter Erfolg geschuldet, wohl aber kann der Arzt für nachweisbare Kunstfehler haftbar gemacht werden. Den Nachweis eines Kunstfehlers zu führen, ist allerdings nicht einfach und in der Regel nicht ohne aufwendige Gutachten möglich.

Rechte und Pflichten im Arbeitsvertrag Arbeitnehmerin (AN)

ist verpflichtet, während einer bestimmten Zeit Arbeit im Dienst der AG zu leisten (Schuldnerin) ist berechtigt, den vereinbarten Lohn zu fordern (Gläubigerin)

Arbeitgeberin (AG) Schuld Arbeitsleistung Forderung

Schuld Lohnzahlung Forderung

ist berechtigt, während einer bestimmten Zeit Arbeit zu fordern und Anweisungen zu erteilen (Gläubigerin) ist verpflichtet, den vereinbarten Lohn auszuzahlen (Schuldnerin)

è Arbeitsleistung und Lohnzahlung sind die beiden Hauptpunkte eines Arbeitsvertrags. Mögliche Nebenpunkte sind z. B. die Arbeitszeiten, die Lohnzahlung bei Krankheit, Ferien und Freizeit

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Rechtliche Grundlagen für das Arbeitsverhältnis

In praktisch allen Unternehmungen arbeiten Angestellte auf der Grundlage von arbeitsrechtlichen Regelungen des OR und weiterer rechtlicher Regelungen wie z. B. derjenigen des ­Arbeitsgesetzes. ■ Rechtsgrundlagen eines Arbeitsvertrages Einzelarbeitsvertrag (EAV)

Arbeitnehmerin

Arbeitgeberin

Rechtsgrundlage Obligationenrecht

wird evtl. ergänzt durch: Gesamtarbeitsvertrag (GAV) und Betriebsreglement Arbeitnehmerverband (Gewerkschaft)

Arbeitgeber(verband)

Sämtliche Vereinbarungen müssen auch den Bestimmungen des Arbeitsgesetzes entsprechen Arbeitsgesetz (ArG) Bundesgesetz über die Arbeit

■ Rechtsgrundlage «Einzelarbeitsvertrag» Wenn eine Unternehmung mit einer Arbeitnehmerin einen Arbeitsvertrag abschliesst, so entsteht damit ein Einzelarbeitsvertrag (EAV) gemäss Art. 319 ff. OR. Solche Verträge gehören zum Privatrecht; dieses regelt Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen. Für die Beurteilung von Rechtsproblemen im Zusammenhang mit einem Arbeitsvertrag müssen allerdings noch eine Reihe weiterer Rechtsbestimmungen berücksichtigt werden.

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Ein GAV setzt die Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der individuellen Einzelarbeitsverträge in den Unternehmungen und den internen Betriebsordnungen. Er enthält generelle Regelungen über Löhne, Arbeitszeiten, Überstunden, Ferien, Weiterbildung oder Mitwirkung der Arbeitnehmer in der Unternehmung. Primär gilt ein GAV für die dem entsprechenden Arbeitgeberverband angeschlossenen Unternehmungen und für die in den beteiligten Gewerkschaften organisierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Allerdings kann in einem EAV die Anwendung des GAV auch mit einem Nichtgewerkschafter vereinbart werden. Ein GAV kann vom Bundesrat allgemeinverbindlich, d. h. gültig für alle Arbeitgeber und -nehmer, erklärt werden. Dies tut die Behörde dann, wenn sie der Ansicht ist, der Vertrag sei für eine gesamte Branche derart bedeutungsvoll, dass er für alle gelten müsse. Der GAV sichert einem Arbeitnehmer bezüglich seiner Arbeitsbedingungen einen Mindeststandard zu, der im Einzelfall durch den Einzelarbeitsvertrag zwar verbessert, jedoch nicht verschlechtert werden darf. Durch die kollektiv gesicherten Arbeitsbedingungen werden die schwächeren oder unerfahrenen Arbeitnehmer geschützt: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen nicht in Anstellungs- oder Qualifikationsgesprächen einzeln um individuelle Vorteile «feilschen». Ferner werden durch die Verpflichtung auf den «Arbeitsfrieden» die Arbeitnehmer darauf verpflichtet, sich bei Konflikten gütlich zu einigen und auf das Kampfmittel «Streik» zur Durchsetzung ihrer Forderungen zu verzichten. Nicht zuletzt dank dem 1937 erstmals vereinbarten «Friedensabkommen» in der Maschinenindustrie gilt die Schweiz als ein Industriestandort mit einer sehr geringen Anzahl an Streiktagen. ■ Rechtsgrundlage «Betriebs- oder Firmenreglement» Wichtige Bestimmungen, die für die gesamte Unternehmung gelten sollen, z. B. die Regelung von Überstunden, Lohnzahlungen im Krankheitsfall, Auszahlung von Gratifikationen oder die Gewährung von Freitagen bei Familienanlässen (maximale jährliche Anzahl Tage, ob bezahlt oder nicht), können in einem Betriebsreglement oder einer Betriebsordnung festgehalten werden. Dadurch müssen diese Bestimmungen nicht mehr in jedem EAV ausformuliert werden. Sie erfüllen damit eine ähnliche Funktion wie die Allgemeinen Vertragsbedingungen in einem Kaufvertrag.

■ Rechtsgrundlage «Gesamtarbeitsvertrag» In vielen Branchen oder einzelnen Unternehmungen gelten sogenannte Gesamtarbeitsverträge (GAV). Dies sind Verträge zwischen einzelnen grossen Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden und Arbeitnehmerorganisationen (Gewerkschaften, Angestelltenverbände). So wurde z. B. der aktuelle, bis Mitte 2023 gültige Gesamtarbeitsvertrag in der Maschinenindustrie zwischen dem ASM, dem Arbeitgeberverband der Schweizer Maschinenindustrie (Swissmem) und der Gewerkschaft Unia sowie vier weiteren Gewerkschaften, darunter auch dem Kaufmännischen Verband (KV) Schweiz, abgeschlossen.

■ Rechtsgrundlage «Arbeitsgesetz» Das Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz) enthält zwingende Mindestbestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmer. Es sind dies beispielsweise Vorschriften zur Unfallverhütung und zur Gesundheitsvorsorge, Regelungen von ­Arbeits- und Ruhezeiten sowie Sondervorschriften für jugendliche und weibliche Angestellte. Zwischen 23.00 und 06.00 Uhr ist z. B. das Arbeiten in einer Unternehmung verboten (bzw. nur in dringenden Fällen mit einer Ausnahmebewilligung möglich).


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 Das haben Sie gelernt Die verschiedenen Verträge auf Arbeitsleistung unterscheiden und an Beispielen erklären Rechtsgrundlagen für die Arbeitsverträge beschreiben Die Vertragsparteien bei Gesamtarbeitsverträgen (GAV) nennen Die Entstehung des Einzelarbeitsvertrages beschreiben Sinnvolle Vertragsinhalte eines Einzelarbeitsvertrages mithilfe des OR aufzählen Relativ und absolut zwingende Vorschriften nach Art. 361 f. OR unterscheiden Pflichten der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber mithilfe des OR bestimmen Kündigungsfristen und Kündigungstermine an Beispielen von Kündigungen mithilfe des OR bestimmen Die Gründe für eine missbräuchliche Kündigung anhand des OR aufzählen Die Sperrfristen für Kündigungen bei Krankheit, Unfall, Schwangerschaft und Militärdienst mithilfe des OR bestimmen und anwenden Die Gründe für eine fristlose Entlassung nennen und das entsprechende Verfahren beschreiben

Offene Fragen

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 Diese Begriffe können Sie erklären Arbeitsvertrag Werkvertrag Auftrag Einzelarbeitsvertrag Gesamtarbeitsvertrag Betriebsreglement, Betriebsordnung Arbeitsgesetz Normalarbeitsvertrag Absolut zwingende Rechtsvorschriften Relativ zwingende Rechtsvorschriften Teuerungsausgleich Gratifikation Skalen für Lohnfortzahlungspflicht Kündigung Ordentliche Kündigung Kündigungsfrist Kündigungstermin Missbräuchliche Kündigung Kündigungsschutz Sperrfristen Fristlose Entlassung Arbeitszeugnis

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1. Während eines Vorstellungsgespräches darf die Arbeitgeberin ausdrücklich auch Informationen aus dem Privatleben eines zukünftigen Mitarbeiters erfragen.

b) Bestimmen Sie mithilfe des Obligationenrechts, ob es sich bei den folgenden Formulierungen um dispositive, relativ zwingende oder absolut zwingende Vorschriften handelt.

F

Fragen nach dem Privatleben sind nur dann erlaubt, wenn sie mit dem konkreten Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen.

2. Die Frage eines Arbeitgebers nach einer möglichen Schwangerschaft einer ­Bewerberin ist aufgrund des Gleichstellungsgesetzes in jedem Fall unzulässig.

OR-Artikel

F

… dann zulässig, wenn durch die Schwangerschaft eine direkte Berufsausübung verunmöglicht würde. 3. Für den Abschluss eines «normalen» Arbeitsvertrages gilt «Formfreiheit»; ­ ein Lehrvertrag muss allerdings zwingend schriftlich abgeschlossen werden.

R

4. Heute erübrigt sich der Abschluss eines Einzelarbeitsvertrages (EAV) in den meisten Fällen, weil in den Gesamtarbeitsverträgen bereits alles detailliert geregelt ist.

R

5. In einem individuellen schriftlichen Arbeitsvertrag sollten jene Bestimmungen aufgenommen werden, die über die Maximalregeln des OR hinausgehen.

… Minimalregeln …

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F

1. Der Arbeitgeber hat der 20-jährigen Caroline Beck für Vorarbeiten am kantonalen Pfadfinderinnenlager (unentgeltliche ausserschulische Jugendarbeit) einen Jugendurlaub bis zu einer Woche zu gewähren.

Art. 329e Abs. 1

2. Auszahlung einer Weihnachtsgratifikation.

Art. 322d Abs. 1

3. Ferien dürfen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldzahlungen abgegolten werden.

Art. 329d Abs. 2

4. Diese Vorschriften dürfen nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgeändert werden.

Art. 362 Aufzählung

5. Wer ein Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der andern Partei eine Entschädigung aus­ zurichten.

Art. 336a Abs. 1

6. Der Arbeitnehmer hat die vertraglich über­ nommene Arbeit persönlich zu leisten.

Art. 321

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A

relativ zwingend absolut zwingend

a ) Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

dispositiv

Übung 3 Vertragsentstehung und Gesetzesvorschriften

B

C

X

X

X

X

X

X

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Aufgabe 6 Ferien Erstellen Sie auf Seite 31 eine Zusammenfassung (z. B. mithilfe eines Mind-Maps) über die im OR vorgesehene Ferienregelung. Einzelne Regelungen sind dispositiv und deshalb durch vertragliche Vereinbarung abänderbar. Die Zusammenfassung soll über die folgenden Bereiche Auskunft geben: ■ Ferienanspruch (gemäss OR, keine GAV) für eine 19-jährige, eine 39-jährige und eine 60-jährige Angestellte. ■ Kürzungsmöglichkeit bei längerer Krankheit sowie beim Bezug eines dreimonatigen un­ bezahlten Urlaubs ■ Wer bestimmt den Zeitpunkt der Ferien? ■ Inwiefern müssen Ferientage zusammenhängend bezogen werden? ■ Barauszahlung der Ferien ■ Konsequenzen bei Arbeit für Dritte während der Ferien (Schwarzarbeit)

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▼ Lösungsvorschlag zu Aufgabe 6

▼ Lösungsvorschlag zu Aufgabe 6

(Hintergrund einziehen)

4 Wochen verboten kürzen

Art. 329a OR

SCHWARZARBEIT

Grundsatz

FERIENANSPRUCH

Ferienlohn Art. 321a Abs. 3

Arbeitnehmer unter 20 Jahren

5 Wochen

Arbeitsverhinderung > 1 Monat (insgesamt)

FERIEN

KÜRZUNG verboten

für 39-jährige und für 60-jährige Angestellte

BARAUSZAHLUNG

Art. 329b

unbezahlter Urlaub

je Monat 1/12

je Monat 1/12

Art. 329d

mindestens 2 Wochen zusammenhängend

im Verlauf des Dienstjahres

ZUSAMMENHANG

ZEITPUNKT

durch AG bestimmt

Art. 329c

Wünsche des AN

Rücksichtnahme

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