style in progress
#2/2016
„MANCHMAL IST GENUG EINFACH WIRKLICH GENUG.“ SARAH ANDELMAN, INHABERIN UND KREATIVDIREKTORIN COLETTE PARIS
€ 6,90
Direkter geht’s nicht! Warum Online den stationären Handel besser macht /// Stimmt: Kommunikation ist alles. Stimmt auch: Alles ist Kommunikation! /// Taktgeber oder Schnorrer? Wie Blogger die Spielregeln verändern /// Machen wir seit 120 Jahren! Curated Shopping ist die DNA des Fachhandels
contempoRARy fAshion tRAde show
28 - 30 June 2016 ARenA BeRlin
www.seekexhiBitions.com
002 EDITORIAL
Alles, bloß kein Blabla
Coverfoto: Markus Pritzi
216 style in progress
Liebe Leserinnen und Leser, Oh ja, wir sind stolz: Die medienscheue Sarah Andelman auf dem Cover (The Longview, ab Seite 020) einer Ausgabe, die sich den Schwerpunkt Kommunikation auf die Fahnen geschrieben hat. Ein dreifaches Hoch nach Paris an Markus Ebner, der das Vertrauen der ColetteEigentümerin gewonnen hat und mit ihr dieses spannende Gespräch geführt hat – bevor alles ein bisschen anders wurde. Burberry – das Zauberwort, das in der Branche plötzlich nicht mehr für Karo steht, sondern für den Mut, einer Wahrheit ins Gesicht zu schauen: Dass nämlich Kommunikations- und Vermarktungszeitpunkt in der Mode wieder zusammenrutschen müssen. Also machte sich Markus Ebner noch einmal auf die Jagd – und das mitten in der Ordersaison – nach einem Statement der begehrtesten Einkäuferin Europas. Im LoeweShowroom schließlich hat es gepasst und Sarah Andelmans Statement zu dem, was viele Game-Changing nennen, könnte nicht cooler ausfallen: „Wenn Burberry mit einer guten Idee zu uns kommt, um see now, buy now umzusetzen, dann machen wir das gerne. Wenn jemand wie J. W. Anderson sechs Monate braucht, seine Taschen und Kleider in meinen Laden zu bringen, dann ist das auch o.k. für uns. Hauptsache, die Leute halten die versprochenen Lieferdaten ein.“ Warum sie so unbeeindruckt sein kann? Weil Colette längst selbst zur globalen Megabrand geworden ist und sich einen Teufel um die Befindlichkeiten der Branche scheren muss. Ein Weg, den alle guten Fachhändler gehen, wie Nicoletta Schaper in ihrem Artikel über „die Burberry-Frage“ zeigt (Game-Changing? Nein. Fokussierung!, ab Seite 070). Bei allem Kopfzerbrechen, wie man denn mit geänderten Spielregeln mit seinen Kunden vernünftig kommuniziert, tut eine Prise Bauchgefühl ganz gut. Und die fördert zu Tage, was in der Euphorie um neue Kommunikationsmittel fast verloren gegangen wäre: Persönlichkeit schlägt alles (Direkter geht’s nicht, ab Seite 038). Auch Online übrigens, denn mit Curated Shopping etabliert sich gerade
ein Trend als Standard, der aus den Tugenden des stationären Handels lernt: Direkter Kundenkontakt, Beratung, Wünsche erfüllen – das können Modehändler landauf, landab besser als jeder globale Multi, der darüber nachdenkt, Pakete per Drohne auszuliefern. Klar, diese Logistikschlacht ist für den individuellen Händler verloren, bevor sie noch begonnen hat – doch der Drohne hat der von Menschen geprägte Handel einiges entgegenzusetzen. Lasst sie also unbekümmert die Fünfer-Packs schwarze Socken im Abo ausliefern, Menschen glücklich machen aber, das ist ein Geschäftsmodell, das es in die Zukunft zu tragen lohnt, finden Martina Müllners Gesprächspartner (Gib mir mein Herz zurück, ab Seite 042). Kommunikation, das bedeutet heute insbesondere, Menschen vom Sofa zu locken, überhaupt erst zu motivieren, sich zum Shopping aufzuschwingen. Ein schwieriges Unterfangen, wie alle Frequenzmessungen zeigen. Mit welchen Medien also nimmt man Platz am Sofa? Quynh Tran kommt mit ihren Gesprächspartnern auf eine spannende Mischung aus Alt und Neu: (Altpapier und Neupapier, ab Seite 058). Und siehe da, das gute alte Magazin ist selbst für Millenials noch Thema. Sie, verehrte Leser, wissen das längst: Nicht ohne Grund halten Sie – bei aller Information, die sie sonst konsumieren – Ihre aktuelle Ausgabe von style in progress in Händen. Nehmen Sie sich Zeit, eines unserer Herzensthemen zu studieren: Eine Selektion von Labels, die mit innovativen Ansätzen mit klassischer Vororder-Taktung brechen (Real Time Fashion, ab Seite 078). Viel Vergnügen beim Lesen wünscht, Ihr Team von style in progress
Erratum Corrigendum Die Coveraufnahme der Ausgabe 1/16 haben wir fälschlich Clemens Kois angedichtet. Das Bild stammt von Raoul Beltrame und entstand im Zuge eines Fotoshootings für Lardini in New York. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.
duvetica.it
004 INHALT
002 EDITORIAL
Alles, bloß kein Blabla
008 JETZT
THE LONGVIEW 020
020 „Ich finde es peinlich, wenn die VIP-Kultur wichtiger ist als die Mode selbst“ Sarah Andelman ist Colette. Ein Arbeitstier, bekanntermaßen medienscheu, mit Markus Ebner spricht sie offen.
SO LÄUFT’S KOMMUNIKATION 028 Alles ist Kommunikation Warum Fragen oft wichtiger sind als Antworten – von Stephan Huber 030 Drüber reden! Viele Player, viele Meinungen – warum Kommunikation die Antwort auf alle Fragen ist 038 Direkter geht’s nicht Kundendialog mit modernen Mitteln und ganz viel Persönlichkeit
038
042 Gib mir mein Herz zurück! Der stationäre Handel beginnt online seine Aufholjagd 045 „Beim Kunden punktet man nur mit 1-a-Service“ Julia Bösch von Outfittery über neue Herausforderer und gemeinsame Tugenden 046 Blogger: Taktgeber, Schnorrer – oder ganz was Neues? Chiara Ferragni und Co – was hinter dem Hype steckt 050 Ich messe mich Über die Rolle des Schaustellens und -laufens 053 Brot und Butter für den Konsumenten Premiere im September: Zalando lädt die Endkonsumenten zur Messe 054 No Guts, no Glory Johan Lindeberg über gute Werbung mit einer Stimme 058 Altpapier und Neupapier Digitale Ansprache vs. vermeintlich alte Kommunikationsmedien
058
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062 Ein Klassiker auf Expansionskurs Das Gingham-Hemd ist nur eine Facette – Ben Sherman stellt sich neu auf
006 INHALT
070
064 FINDEN WIR GUT
MODE 070 Game-Changing? Nein, Fokussierung Laufstegshows im Takt des Endkonsumenten? Die Frage aller Fragen 074 „An alten Strukturen festhalten ist der falsche Weg“ Nicole Doleh von Inked über Sommerware im Winter und das Ende des Sales
084
078 Real Time Fashion Labels, die mit der klassischen Vororder-Taktung brechen – ein Best-of 084 Neue Weiten Die Silhouette ändert sich – Zeit ist es geworden
VOR ORT 094 Gespür für den richtigen Moment Schwarzhogerzeil/Berlin 096 Wertschätzung Freistil/Bad Salzuflen 098 The Great Gatsby Abseits/Stuttgart 100 Die Modeverbesserin Yuta Powell/New York
102 EDITOR’S LETTER Zauberwörter 094
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102 IMPRESSUM
jetzt
008
Hydrogen x Duvetica Limited Edition Van Laack Das Meisterwerk Pünktlich zum 135-jährigen Firmenjubiläum in diesem Jahr launcht van Laack unter dem viel versprechenden Titel „Van Laack Meisterwerk“ eine neue Kollektion für Männer mit rund 60 Teilen. Dazu haben die Designer aus dem hauseigenen Archiv, das in einem Gewölbe untergebracht ist, eine Vielzahl von Hemden und Stoffbüchern aus den 1920er-Jahren zum Vorschein geholt. An diesen Stücken fielen ihnen nicht nur zahlreiche Handarbeitsschritte auf, sondern vor allem die Schnittkonstruktionen, die trotz schlanker Schnittführung eine perfekte Passform bei größtmöglichem Komfort garantieren, wie z. B. rund eingenähte Ärmel. Ziel und Anspruch der neuen Meisterwerk-Kollektion ist die Wiederbelebung handwerklicher Traditionen und die Umsetzung in ein modernes, zeitgemäßes Produkt. Die exklusiv entwickelten Stoffe aus feinstem 120er-Vollzwirngarnen stammen von Traditionswebern aus der Schweiz und Norditalien. Der Herstellungsprozess eines Meisterwerk-Hemdes benötigt in etwa die dreifache Zeit im Vergleich zu einem herkömmlichen Qualitätshemd. Die Kernpreislagen liegen im VK zwischen 169 und 199 Euro, der Vertrieb erfolgt selektiv über den gehobenen Facheinzelhandel und die eigenen Stores. www.vanlaack.com
Gemeinsame Sache: Duvetica produziert die von Hydrogen entworfene Jacke.
Der italienische Jackenspezialist Duvetica hat gemeinsam mit der Luxussportswearmarke Hydrogen eine limitierte Edition für die Herbst-/Winter-Kollektion 2016/17 vorgestellt. Hydrogen-Designer Alberto Bresci gestaltete dazu eine klassische Duvetica-Daunenjacke für Damen und Herren in schwarzem Allover-Camouflagemuster und platzierte am Ärmel das für Hydrogen typische Totenkopflogo. „Meine Idee war es, eine besonders exklusive Hydrogen-Daunenjacke zu entwerfen. Die Entscheidung für den Kooperationspartner fiel auf Duvetica, weil es ein italienisches Unternehmen mit großem Know-how in der Produktion hochwertiger Jacken ist. Das Ergebnis unserer Zusammenarbeit ist eine coole und ästhetische Gänsedaunenjacke aus qualitativ herausragendem Stoff“, erklärt Alberto Bresci. Hydrogen kooperiert seit seiner Gründung im Jahre 2003 regelmäßig mit anderen Marken, darunter K-Way, Superga, Fiat, Mv Augusta, Lotus, Lamborghini und Alfa Romeo. „Es war eine außergewöhnliche Erfahrung für uns, unser Verständnis von Innovation, Qualität und unserer No-Logo-Philosophie mit einer so überaus kreativen italienischen Marke mit starker visueller Ausstrahlung wie Hydrogen zu teilen“, sagt Stefano Rovoletto, Mitbegründer von Duvetica. Der Verkauf der gemeinsamen Edition erfolgt über ausgewählte Multibrand stores sowie über die eigenen Läden von Hydrogen und Duvetica. www.hydrogen.it, www.duvetica.it
Nobrands Modell Superlova: wahlweise in Schwarz, Elfenbein-Weiß oder Rot.
Nobrand DJ Kicks
Einzigartiges Produkterlebnis: Van Laack fertigt die MeisterwerkHemden vollständig in Handarbeit.
Für die meisten DJs ist es ein langer Weg vom Newcomer bis zum Resident in einem der angesagten Clubs auf Ibiza. Da kann ein bisschen Training mit prominenter Unterstützung nicht schaden. Deshalb veranstaltet die Coca-Cola Company mit seinem Energiedrink Burn vom 1. bis 21. Juli 2016 auf der Baleareninsel mit dem Burn Residency zum achten Mal einen publikumswirksamen Wettstreit zwischen den vielversprechendsten DJ-Talenten. In den vergangenen Jahren wurden die Nachwuchs-DJs von internationalen Größen aus dem Musikbusiness wie Avicii, David Guetta, Fatboy Slim oder Carl Cox begleitet und unterrichtet. Die portugiesische Schuhmarke Nobrand stattet auch in diesem Jahr sowohl die Bootcamp-Teilnehmer als auch die DJ-Prominenz mit ihren Superlova Sneakers für ihre Auftritte und die anschließende Tournee aus. Die Turnschuhe sind nicht nur das gemeinschaftliche Erkennungszeichen, sondern auch der perfekte Mix aus Fashion und Technologie, denn die LED-Leuchtelemente in der transparenten Sohle des Premiumsneaker aus Leder können über mehrere Stunden konstant leuchten oder blinken. Die Batterie für die Lichtelemente befindet sich in der Sohle des Schuhs und kann über einen USB-Anschluss aufgeladen werden. www.nobrand.pt
#minimum_fashion
François Girbaud & NDL Naveena Saubere Jeans
©Amanda Demme
010 jetzt
Aktive Wiedergutmachung: Denimexperte François Girbaud bei der Arbeit.
©Plant-for-the-Planet
Im Rahmen der Stoffmesse Texworld in Paris gaben im Februar der pakistanische Denimhersteller NDL Naveena Denim Ltd. und der französische Designer François Girbaud offiziell ihre Zusammenarbeit zur Entwicklung einer umweltfreundlich produzierten Stoffkollektion bekannt. „Als wir damals Techniken wie Stonewash, Sanforisieren oder die Behandlung von Jeans mit Chemikalien entwickelten, war uns nicht bewusst, was das für Folgen für die Umwelt und die nachfolgenden Generationen haben würde“, erklärt Girbaud. „Ich habe damals einen großen Fehler gemacht und geholfen, den Planeten zu zerstören, aber damals wussten wir es nicht besser. Heute schon.“ Seit 1989 beschäftigt sich Girbaud mit der Entwicklung von nachhaltigeren Verfahren zur Ausrüstung von Jeans. So z. B. die Lasertechnik Wattwash, bei der zur Simulation des Alterungsprozesses der Hosen Licht anstelle von Chemikalien zum Einsatz kommt. „Ich kann die Zeit nicht zurückdrehen, aber ich möchte meine letzten aktiven Jahre darauf verwenden, Wiedergutmachung zu betreiben, und mit NDL Naveena habe ich den perfekten Partner dafür gefunden“, erklärt der Designer. NDL Naveena gehört zu den weltweit anerkanntesten Denimherstellern und beliefert zahlreiche namhafte Jeansmarken. Als vollstufiger Stoffanbieter legt das pakistanische Unternehmen auf den Einsatz von BCI-Baumwolle oder recyceltes Repreve-Garn bei der Entwicklung von neuen Stoffen besonders Wert. „Wir müssen in die Zukunft investieren, indem wir unsere Mitarbeiter schulen und das bestmögliche Equipment anschaffen, das wir zum Spinnen, Weben und Veredeln der Stoffe benötigen“, sagt Masood Riaz, Inhaber und Präsident von NDL Naveena Denim Ltd. Die Zusammenarbeit mit François Girbaud ist daher ein logischer Schritt für Rashid Iqbal, Executive Director von NDL: „Wir teilen eine Vision. Gemeinsam mit François Girbaud werden wir gemäß unserer zukunftsgerichteten Unternehmensphilosophie Denim neu erfinden und entwickeln dazu sehr prestigeträchtige Technologien, bei denen wir auf den Einsatz von Wasser und Chemikalien gänzlich verzichten.“ Die neue Stoffkollektion wird am 18. und 19. Mai 2016 auf der Denim Premiere Vision in Barcelona präsentiert. www.naveenagroup.com
Marc O’Polo Großer Schritt mit kleinen Helfern Ende April veranstaltete die Marc O’Polo Stiftung am Hauptsitz
des Unternehmens im bayerischen Stephanskirchen eine Plantfor-the-Planet-Akademie für Kinder. Ziel der gemeinsamen Aktion war es, schon die Kleinsten mit jeder Menge Spaß für das Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu begeistern. Bereits seit 2007 gibt es die Plant-for-the-Planet Akademie, die auf der Idee des neunjährigen Felix Finkbeiner basiert, der vorschlug, dass Kinder in jedem Land der Erde eine Million Bäume pflanzen, um so für einen CO2-Ausgleich zu sorgen. Aus der Idee der ersten Stunde ist inzwischen eine globale Bewegung in über 100 Ländern mit mehr als 100.000 teilnehmenden Kindern geworden, zu der auch die vielen fleißigen Helfer in Stephanskirchen zählen. Teilnehmen konnten alle im Alter von neun bis zwölf Jahren. Neben dem symbolischen Pflanzen von Baumsetzlingen gab es spannende Vorträge, die Kinder lernten, auch selbst Vorträge zu halten, und praktische Fakten für den Alltag, wie jeder einzelne einen Beitrag zum Umweltschutz leisten kann. Die weltweiten Plant-for-thePlanet Akademien sind als offizielle Maßnahme der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung ausgezeichnet und werden vom Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz empfohlen. Die Marc O’Polo Stiftung möchte damit viele kleine Botschafter für den Klimaschutz in ihre Familien, Schulen und Freundeskreise entsenden und so Schritt für Schritt das Umdenken fördern. www.marc-o-polo.com, www.plant-for-the-planet.org Die Marc O’Polo Stiftung veranstaltete im April eine Plant-for-the-Planet Akademie.
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012 jetzt
Liu Jo Zweiter Store in München Die Retailexpansion von Liu Jo in Europa schreitet immer stärker voran: Bereits im November wurde ein Store in Amsterdam eröffnet und Anfang April ein weiterer in Paris. Der deutschsprachige Markt ist für die italienische Womenswearmarke seit jeher ein strategisch wichtiges Gebiet in Europa. Deshalb wurde am 24. März 2016 neben dem Laden im Münchner Quartier Hofstatt ein zweiter Laden in der Theatinerstraße 33 eröffnet. Das Geschäft in der eleganten Einkaufsstraße im Herzen der bayerischen Metropole verfügt über eine Verkaufsfläche von rund 200 Quadratmeter und erstreckt sich über drei Etagen. Champagnerfarbene Laminatpaneele an den Wänden und ein edler Harzboden mit Intarsien setzen exklusive Akzente in dem repräsentativen Einrichtungskonzept. Das minimalistisch gehaltene Interieurdesign des neuen Stores orientiert sich am markentypischen Curiosity Retailkonzept mit geradlinigen und cleanen Warenträgen. Neben der Pre-Kollektion, Liu Jo Kollektion, Liu Jo Jeans, Liu Jo Accessories, Liu Jo Shoes und Les Cocktails de Liu Jo werden zudem Lizenzprodukte wie Schmuck, Sonnenbrillen und Fragrances angeboten. Der insgesamt dritte Liu Jo Store in Deutschland befindet sich in der Mall of Berlin. www.liujo.com
Seit seiner Gründung 1962 verbreitet Havaianas brasilianischen Spirit auf der ganzen Welt.
Havaianas Limited Edition mit Liberty London Die Capsule-Kollektion „Liberty loves Havaianas“ umfasst fünf Liberty typische Blumenmuster, die ursprünglich aus den 1960er-Jahren stammen und aus 43.000 Druckmustern des Liberty-Archivs ausgewählt wurden. Neben den berühmten Sandalen gibt es Espadrilles, Strandtaschen und Handtücher. Scott Tepper, Libertys Einkaufsleiter, erklärt: „Es war ein sehr inspirierender kreativer Prozess, unser kulturelles Erbe und unseren Ansatz mit einer weltweit agierenden Marke wie Havaianas zu teilen und eine Kollektion farbenfroher und am Körper tragbarer Produkte unter Verwendung von überarbeiteten Liberty-Prints zu erschaffen.“ Das neue Hauptquartier im Düsseldorfer Medienhafen ist das Home of Havaianas im deutschsprachigen Raum, mit der Möglichkeit im Mastershowroom das ganze Jahr hindurch Kollektionen zu präsentieren und nachzuordern. Sven Kunze, Country Manager für Deutschland und Österreich erklärt: „Im Jahr 2015 wurden weltweit rund 250 Millionen Paar Havaianas verkauft. Die Region EMEA, zu der auch Deutschland und Österreich gehören, ist der stärkste Wachstumsmarkt. Allein in Deutschland und Österreich konnte der Umsatz von 2014 auf 2015 um 55 Prozent gesteigert werden. Zu den stärksten Modellen gehören u. a. Brasil, Top und die Slim-Familien. Bei den Damen sind saisonale Prints und Modelle mit hochwertigen Logos aus Metall sehr gefragt. Starke Zuwächse erwarten wir künftig im Damenbereich in dem Segment der geschlossenen Sandalen.“ www.havaianas-store.com, www.liberty.co.uk
Glamouröse Stilwelt: Liu Jo transportiert den Flair von Capri an die Isar.
L’Officiel und Think Inc. Runde Sache Im Rahmen der Premium haben im vergangenen Januar das Mode- und Luxuslifestylemagazin L’Officiel und die Full-Service-Agentur Think Inc. gemeinsam ein ganzheitliches Kommunikationskonzept als Fashionshooting umgesetzt. An verschiedenen Sets auf dem Gelände der Station Berlin und auf den Ständen der teilnehmenden Marken wie Superga, Ash, American Vintage, Invicta, Tiger of Sweden und Lili Radu setzten Fotografin Katia Wik und Stylistin Peninah Amanda die Herbst-/Winter-Looks 2016 zum Thema Contemporary Style in Szene. „Wir verbinden einzelne Kontaktpunkte zu einer Kommunikationskette und lassen unsere Partner daran partizipieren, schaffen aber natürlich auch Aufmerksamkeit und Nähe für unser Magazin“, erklärt Alexander Kratz, Publisher Sales von L’Officiel Deutschland. Am Abend wurde bei Galeries Lafayette als Handelspartner des Konzepts ein Get-Together veranstaltet. Der Initiator des Projekts Holger Petermann von Think Inc. resümiert: „Der Auftakt ist gelungen, die Aufmerksamkeit auf der Premium war gegeben und wie immer: Am Anfang muss man an etwas glauben und es dann einfach machen. Wir freuen uns auf die im Herbst erscheinende Ausgabe der L’Officiel und natürlich auf die nächsten Projekte mit der Premium und Galeries Lafayette.“ www.thinkinc.de
Neue Kommunikationswege auf der Premium in Berlin erzeugen Aufmerksamkeit bei Einkäufern und Marken.
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Photo by Irene Schaur
jetzt agen turen
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Select Trading Sie gehen mit der Zeit Mit den Kollektionen Tiger of Sweden und By Malene Birger hat die Agentur Select Trading von Bernard Waage die Liefertermine der Nachfrage am Markt entsprechend angepasst. Die Herbst-/Winter-Pre-Kollektionen werden anstelle von April erst im Mai und Juni ausgeliefert, die Frühjahr-/Sommer-Pre-Kollektionen erst im November und Dezember. Die Hauptkollektion für Sommer kommt ab Februar zu den Kunden. Damit reagiert Select auch auf die klimabedingten Verschiebungen des Bedarfs. Als Neuzugänge vertritt die Agentur seit dem 1. April die Marke Humanoid aus den Niederlanden, die bereits bei Topkunden im Segment Contemporary Fashion platziert ist und ihre hochwertige Positionierung vor allem mit ihrer Stärke im Strickbereich weiter ausbauen möchte. Bereits seit der Saison Frühjahr/Sommer 2016 vertritt Select Trading in Zusammenarbeit mit der Agentur Aco Moden die US-Lifestylemarke Rebecca Minkoff mit Accessoires, RTW, Activewear und Schuhen. Mit der funktionalen norwegischen Kollektion von Scandinavian Edition kam für die Herbst-/Winter-Saison 2016/17 zudem ein Spezialist für modische Outerwear hinzu, der mit VK-Preislagen von 400 bis 650 Euro punktet. Labels: By Malene Birger, Garment Project, Hudson Shoes, Humanoid, John Varvatos, MDK, Munthe, Rebecca Minkoff, Scandinavian Edition, Tiger Jeans, Tiger of Sweden Select Trading GmbH, München und Düsseldorf/Deutschland, Zürich/Schweiz, info@select-trading.com, www.select-trading.com
Unter anderem mit den Kollektionen von Tiger of Sweden passt Select die Liefertermine der Nachfrage der Kunden an.
Room Nine Agency setzt den Erfolgskurs mit C.P. Company weiter fort.
Room Nine Agency Auf Erfolgskurs Ein besonders positives Feedback gibt Agenturinhaber Torsten Müller zu den ersten drei Saisons mit der Marke C.P. Company, die bei Referenzkunden wie Breuninger, Braun, Ansons und Mitgliedern des Masculin Modekreises platziert werden konnte. Auch die Marke Flip Flop punktet mit ihrer Designphilosophie, indem sie ihren eigenen Wurzeln treu bleibt – und den Kunden ein umfassendes Lagerprogramm mit 24 Farben für Damen, Herren und Kinder bietet. Als Neuzugänge begrüßt die Agentur die Jackenkollektion Pajar Canada aus Montreal, die winddichte, wasserfeste Daunenjacken mit innovativen Materialien präsentiert und Expeditionen in Klimazonen bis minus 40 Grad ermöglicht, aber auch City-tauglich ist. Ebenfalls neu ist die junge, feminine Real-Time-Kollektion New Lily Paris aus Paris, die mit einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis und schnellen Kollektionsrhythmen aufwartet. Und als dritte Marke kommt Blake Seven aus Holland hinzu, eine lässige T-Shirt-Kollektion mit lustigen und geistreichen Sprüchen und Prints. Labels: Blake Seven, C.P. Company, Deyk Pants, Flip Flop, Minnetonka, New Lily Paris, Pajar Canada, Pierre Cardin Woman Room Nine Agency, Düsseldorf/Deutschland, torsten.mueller@roomnineagency.de, www.roomnineagency.de
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CP Fashion Neues aus den USA
Premiumjeans aus den USA: Ström ist neu bei CP Fashion.
Der jüngste Neuzugang im Sortiment von CP Fashion ist die designaffine Contemporary-Kollektion Ström von Designerin Erika Strömqvist aus den USA. Neben Jacken, Hemden und Tops stehen Leder und Stoffhosen sowie ein umfangreiches Denimprogramm zur Auswahl. Alle Teile dieser Frauenkollektion werden in den USA produziert. „Gefragt sind im Premiumsegment derzeit Hosen mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis mit VK-Preisen zwischen 189 und 249 Euro. Die Hosen von Ström überzeugen durch aktuelle Silhouetten, gute Passformen und eine hochwertige Optik. Außerdem können wir dazu ein kompaktes Programm mit sehr zeitgemäßen Hemden, Blusen, Tops und Jacken anbieten“, sagt Agenturchef Reinhart Oberstein. Außerdem konzentriert sich CP Fashion nach dem erfolgreichen Auftritt mit sehr guter Resonanz auf der Curvy is sexy, der Fachmesse für Übergrößen, auch künftig darauf, das Plus-Size-Konzept der kanadischen Jeansmarke Silver Jeans weiter im Markt auszubauen. Labels: Articles of Society, Chaser, Debbie Katz, Greywire, LA Gang, Michael Stars, Robin’s Jeans, Silver Jeans Co., Soia & Kyo, Ström CP Fashion, Bad Säckingen, Düsseldorf und München/Deutschland, info@cpfashion.de, www.cpfashion.de
jetzt agenturen 015
Aco Deutschland Just the Product Zusätzlich zu seinem modischen Agenturportfolio möchte Michael Schulz zur neuen Saison einen neuen Bereich in seinem Düsseldorfer Showroom etablieren. „Es geht um Monoproducts, die individuell und sofort verfügbar sind, ohne den Handel mit Mindestbudgets neu zu belasten“, erklärt Michael Schulz. „Wir nennen diesen Bereich Concept Products und vereinen produktgetriebene Projekte bis hin zu Highend-Prontoware – präsentiert als emotionalisiertes Shopkonzept.“ Erstes, bereits erfolgreiches Produkt: ein Teekonzept namens The Liquidhealth Company, für dessen Launch eigene und besondere Teesorten kreiert wurden. „Das Kadewe und weitere Conceptstores wie auch Departmentstores planen besondere Events mit unserem Teesommelier“, sagt Michael Schulz. Dazu kommt eine nachhaltige Möbelkollektion der Düsseldorfer Firma Bison Natural Authentic, mit Sofas und Fellhockern, die aus hochwertigen, natürlichen Werkstoffen gefertigt werden, sowie die Möbel- und Accessoirelinie Chalet Affair, die für einen besonders hochwertigen Materialmix steht. Bilder von Fotografen wie dem Düsseldorfer Frank Dursthoff machen das Angebot komplett, ebenso wie modische Monoprodukte wie Blusen von Concept Products und Taschen des Münchner Labels Any Di. Labels: AnneClaire, Concept Products, Dsquared Underwear, Ebony & Ivory, Fortemente Luca, Fracomina, Fusalp, Hydrogen, Iceberg, Just Cavalli, Lab Pal Zileri, L’Arianna, Moschino Underwear, Ora, Parosh, Peuterey, Pinko, Rebecca Minkoff, Seventy, Space Style Concept, Superjeans of Sweden, Stefano Mortari, Tara Jarmon, Thomas Wylde, Versace Collection, Versace Underwear, Vertige Aco Modeagentur, Düsseldorf/Deutschland, info@acomode.de, www.acomode.de Concept Products ist ein neuer Bereich bei der Aco Modeagentur Deutschland, präsentiert als Showroom im Showroom.
Die Hinter hofagentur Topservice übers Lager Die Münchner Hinterhofagentur hat ihre Kollektionen einmal mehr darin bestärkt, durch umfangreiche, professionell gesteuerte Lagerprogramme den Kunden maximale Flexibilität und Service zu liefern. Ein Konzept, das sich absolut bewährt, denn beispielsweise die Marke Breco’s kann über ihr umfassendes, gut sortiertes Saisonlager innerhalb von vier Werktagen nachliefern. Dominik Meuer war mit den ersten Abverkäufen dementsprechend sehr zufrieden. Auch die DOB-Kollektion von Des Petits Hauts und die Jackenkollektion Mit Des Petits Hauts setzt die Cape Horn bieten die MögHinterhofagentur auf ein umfanglichkeit zur Nachorder über ein reiches Lagerprogramm. sehr gutes Lagerprogramm – Cape Horn setzt hier vor allem auf den Bereich der Lightweight-Daunen. Auch mit der Nachlieferfähigkeit der Herrenhemdenkollektion von 0039 Italy, mit der die Agentur gerade die zweite Saison erfolgreich abschloss, ist das Team sehr zufrieden. Wool & Co launchte zudem einen neu konziperten B2B-Webshop, in dem Kunden Ware direkt nachbestellen können. „Gleichzeitig beobachten wir vermehrt den Trend, dass unsere Kunden die Ware wieder näher am Zeitpunkt des tatsächlichen Verkaufs geliefert haben möchten, also Herbst/ Winter beispielsweise erst Anfang September statt wie bisher im Juli. Eine Entwicklung, die wir sehr begrüßen“, sagt Agenturinhaber Dominik Meuer. Labels: 0039 Men, BOB, Breco’s, Cape Horn, Des Petits Hauts, Ginger & Ruby, Koike, My Bro Tie, Re.Ve 77, Sophie, Stramici, Wool & Co Die Hinterhofagentur, München/Deutschland, d.meuer@diehinterhofagentur.de, www.diehinterhofagentur.de
Michaelis Fashion Agency „Kommt und trüffelt neue Dinge!“ Mit einer spannenden Mischung aus umfangreichen Kollektionen mit Bestsellercharakter bis hin zu feinen, kleinen Nischenprodukten mit unverwechselbarem Charme bezeichnen sich die beiden Agenturinhaber Daniela und René Michaelis gerne als Dienstleister mit Leidenschaft. Sie gehen für ihre Kunden auch mal die Extrameile. Das beste Beispiel für ihr Verständnis von nachhaltiger Partnerschaft: Sie betreuen unter anderem seit zwölf Jahren die Marke Peuterey im deutschen Markt und zählen damit zu den etabliertesten Vertretern für Premiumsportswear. René Michaelis lädt seine Kunden wortwörtlich ein: „Kommt und trüffelt die neuen Dinge!“ In ihrer Markenauswahl achten sie besonders auf nachhaltige und zertifizierte Produkte, denn darin sehen sie die Zukunft. Neben Peuterey betreuen sie unter anderem Labels wie Marlino oder Pyrenex und etablieren seit dieser Saison auch die Strickkollektion Rosa Cashmere in ihrem Kerngebiet Baden-Württemberg, Thüringen, Sachsen, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz. Ein weiterer Neuzugang ist die exklusive Outdoorkollektion RRD Roberto Ricci Design aus Mailand, die für innovative Materialien und ausgefallene Designs steht und auf dem letzten Pitti Uomo in Florenz den Outdoor Fashion Award gewann. Initiiert wurde sie von Surfgott Roberto Ricci selbst, der acht Monate im Jahr in Südafrika surft und seinen Input einbringt. Labels: Eleven Elfs, Ganesh, Marlino, Peuterey, Pyrenex, Rosa Cashmere, RRD, Yippie Hippie Michaelis Fashion Agency, München/Deutschland, mail@michaelis-fashion-agency.com, www.michaelis-fashion-agency.com
Im Showroom im Münchner Lodenfrey-Park präsentieren Daniela und René Michaelis ihre Kollektionen.
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016 jetzt
agenturen
The Wearhouse Fashion Trade Schuhe aus Leidenschaft Patrick Ebnöter liebt Marken, die Geschichten zu erzählen haben und die ein ganz besonderes Augenmerk auf ihre Materialien legen. Darum setzt er beim Thema Sneaker neu auf die italienische Marke Andrea Zori. In der dritten Generation von Andrea Baggio geführt, werden in dem Haus in Vicenza Accessoires und eben unvergleichliche Schuhe gemacht, die von Hand in traditionellen, bewährten Arbeitsschritten ihre Formen annehmen. Andrea Zori wertschätzt den Rohstoff sehr: „Leder hat ein Gedächtnis. Man muss es darum mit Liebe und Sorgfalt bis ins Detail verarbeiten.“ Im Programm sind Schuhe für Herren, Gürtel sollen später hinzukommen. Labels: Andrea Zori, Barena Venezia, Caliban, Campomaggi, Care Label, Caterina Lucchi, Circolo 1901, Freedom Day, Giuglielminotti, GMS-75, Hunkydory, Mason’s, Mey Story, Nabholz, Paltò, Rude Riders, Siviglia White, Stone Island, Tintoria Mattei 954, Whitcomb The Wearhouse Fashion Trade GmbH, Erlenbach/Schweiz wearhouse@wearhouse.ch, www.wearhouse.ch
Rolf Griesinger Internationale Mode Swinging London Auch die Münchener Agentur setzt mit ihrem Programm auf kurzfristig lieferbare Flashprogramme, beispielsweise von dem italienischen Label Anima Pop. Liefertermin für den Sommerflash war März/ April, zudem gibt es ein Lagerprogramm aus der aktuellen Auslieferung. Anima Pop steht im Sommer ganz unter dem Motto „Swinging London“. Die Kollektion ist von jungen Künstlern, Musikern und Designern aus den 1960er-Jahren inspiriert. Zwischen Op-Art, Veruschka und Twiggy bewegt sich der farbenfrohe Look, der auf flächige Drucke und Zeichnungen setzt. Bei IQ+ Berlin ist diesmal ein kleines Flashprogramm für den Winter geplant. Der Fokus liegt auf expressiven Fancy-Jacquard-Prints im Mix zwischen Valentino und Gucci. Diese werden für Mäntel und Bomberjacken eingesetzt. Insgesamt stehen fünf exklusive Musterungen auf shiny Polyester zur Verfügung, zum Beispiel in trendigen Rot-Grün-Tönen. Der Verkauf des kurzfristigen Programms startet im Mai, geliefert wird dann im September 2016 zum Start der Herbstsaison. Labels: Anima Pop, Bloom, FFC, Flowers for Friends, IQ+ Berlin Rolf Griesinger Internationale Mode GmbH, München/Deutschland, office@griesinger-mode.de, www.griesinger-mode.de
Neu im Portfolio der Agentur The Wearhouse Fashion Trade sind handgearbeitete Schuhe von Andrea Zori.
Another Souvenir Sofortprogramme Tommy Wieler und Vanessa Baroni-Wieler konzentrieren sich in Zukunft noch stärker auf Schmuck- und Accessoirekollektionen, die ihren Kunden ein Sofortlieferprogramm anbieten, das innerhalb von maximal drei Wochen neue Ware garantiert. In ihrem Segment können sie mindestens quartalsmäßig neue Kollektionen und Produkte vorstellen, was der Nachfrage ihrer Kunden entspricht. Dafür haben sie zwei spannende Neuzugänge in ihrer Agentur: die Luxury 3-D-Sticker von Delicatezzen werden aus hochwertigem Ökoleder in Italien produziert und halten auf allem, was der Trend hergibt. Es gibt momentan zwei Kollektionen, Tattoo und Food, die es bereits in zahlreiche Topdepartmentstores in Italien geschafft haben. Der zweite ist die elegante, deutsche Schmuckkollektion Landré Design von Mirjam Landré, die ihre Kreationen mit VK-Preisen zwischen 39 und 59 Euro (Kalkulation 2,5) als Sofortware ab Lager in Hannover innerhalb weniger Tage liefern kann. Mit ihren Marken richtet sich Another Souvenir an hochwertige Conceptstores, Interieurstores und ausgewählte Geschenkboutiquen. Labels: Anna + Nina, Bread & Boxers, Briston, Delicatezzen, Estella Bartlett, La Môme Bijoux, Landré, Nach Bijoux, Paulo Coelho Pure Icons, Vanessa Baroni, Wood’D, Zinga Another Souvenir, Leinfelden/Deutschland, tommy@anothersouvenir.de, www.anothersouvenir.de
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Die Sixties sind Inspirationsquelle für die farbenfrohen Drucke von Anima Pop.
Wunderfell bietet superleichte Lammfelljacken für Frauen.
Agentur Stefan Wittmann Wohlfühl faktor Die in Düsseldorf ansässige Agentur von Stefan Wittmann hat ein neues Highlight im Portfolio: Wunderfell. Diese rund 15-teilige Kollektion beinhaltet modische Jacken und lässige Mäntel aus superleichten Merino- und Toskana-Lamfellen made in Europe. Für den Auslieferungstermin im Oktober besteht noch bis einschließlich Mai die Möglichkeit zur Order. Für den Vertrieb von Wunderfell in Deutschlands Süden ist die befreundete Modeagentur von Mathias Schwarte zuständig, Österreich und die Schweiz werden von der Agentur Gerhard Grafenstätter betreut. Neben den unten gelisteten Marken ist die Agentur Wittmann zudem für die Kollektionen Absurd, Canadian Classics, Gardenia Copenhagen, Shoe Biz als Handelsagentur für die Gebiete Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Nordrhein-Westfalen zuständig sowie für die PLZ-Gebiete 0 bis 5 für die Marke Daniele Fiesoli. Labels: Baronio, Carlie Joe, Daily’s Nothing Better, Daniele Fiesoli Shirts, I Love My Moment, La Fée Maraboutée, Litchi, Moment by Moment, Nima 1708, P448, Project Foce, Silvian Heach, Ten117, Trevor’S Choice, Wunderfell, Ylati Agentur Stefan Wittmann, Düsseldorf/Deutschland, stefan. wittmann@agentur-wittmann.de, www.agentur-wittmann.de
jetzt agenturen 017
Deluxe Distribution Drei neue Marken
D-tails Neue Onlineplattform In diesem Sommer plant Patrick Coppolecchia Reinartz den Launch eines umfangreichen Projektes, das eine professionelle und vielschichtige Antwort auf die ewig lästige Frage der Restantenbewältigung geben soll: den Onlineshop Buyfair.com. Darauf möchte er vor allem seinen Kunden die Möglichkeit geben, ihre Restanten reduziert anzubieten und deren Rabattaktion sowohl nach als auch während der Saison einerseits von ihrem stationären Geschäft abzukoppeln und andererseits an ein gemeinnütziges Projekt zu knüpfen. Denn ein teil des Verkaufserlöses kommt einem Charity-Projekt zugute, das der jeweilige Anbieter selbst aussuchen kann. Gegen eine kleine Verwaltungsgebühr übernimmt Coppolecchia Reinartz die gesamte Abwicklung und stellt die Schnittstelle zu den NGOs her. „Ich möchte dem Einzelhandel die Möglichkeit bieten, seine Restanten ohne radikale Rabattaktionen im Laden und dafür auf hohem Niveau und gebunden an soziale Projekte zu verkaufen“, erklärt er. Der Start ist für Juli 2016 geplant. Zusätzlich freut sich die Agentur über ein paar Neuzugänge, darunter der amerikanische Schuhspezialist GH Bass mit klassischen Loafern für Frauen, dem italienischen Quick-Delivery-Spezialisten Nanà und die Marke Uptobe, ein Projekt hinter dem Graziano Gianelli steht, der ehemalige Chef der Peuterey Group. Labels: 81 Carati Collection, Alpha Studio, Anna F., Bark, Borbonese, Bosideng, Bruno Parise, Camicetta Snob, Costume in, Essent’ial, Fattori Shawls Como, GH Bass, Gherardini, Globe-Trotter, Graziani Jewels, Laboratori Italiani Uomo, Liverani, L(!)W Brand, Lumberjack, Massimo Alba, Nanà, Nicole Benisti, Olivieri Furs, Pianura Studio, Pollini, Quinto Ego, Rialto 48, Riders on the Storm, Spektre Sunglasses, Uptobe, Wally Walker, Wheelbarrow D-tails, München/Deutschland, info@d-tails.de, www.d-tails.de
Ein neuer Ansatz eines Altbekannten: Uptobe von Graziano Gianelli ist einer der Neuzugänge der Agentur D-tails.
Circle of Trust steht für gute Passformen, schöne Details und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Deluxe Distribution verantwortet ab sofort den Deutschlandvertrieb für die niederländische Jeansmarke Circle of Trust. Das Label wurde 2005 gegründet und produziert neben einer Vielzahl von Hosenmodellen auch Jacken, Tops und T-Shirts für Männer und Frauen im kommerziellen Mittelpreissegment. In Deutschland werden die Gebiete wie folgt betreut: Für den Norden ist die Agentur Jan Westphalen zuständig, für den Osten nuBrands, der Süden wird von der Agentur Concept betreut. Ab der Ordersaison Frühjahr/Sommer 2017 startet zudem die Zusammenarbeit mit der Agentur Stefan Koch für den Westen, Mitteldeutschland wird von der Handelsagentur Petra Hanna betreut. Ebenfalls neu im Portfolio ist die Schuhmarke Pete Sorensen für die Deluxe Distribution den Vertrieb in der gesamten D-A-CH-Region übernommen hat. Entworfen werden die Schuhe in Paris und anschließend in Italien gefertigt. Der dritte Neuzugang ist die norditalienische Marke Freddy. In Italien seit Jahrzehnten im Tanzsport verwurzelt, bietet Freddy heute vor allem modische Kollektionen mit einen umfangreichen Sofortprogramm. Labels: Ben Sherman Footwear, Circle of Trust, Freddy, Kerbholz, Minimum, Minus, Pete Sorensen, Skunkfunk, Smash, United Nude, WeSC Deluxe Distribution, Berlin/Deutschland info@deluxe-distribution.de, www.deluxe-distribution.de
Brama Fashion Gallery Minga, Antwerpen, London Da waren es drei mehr: Das europäische Netzwerk von Brama hat neue Showrooms in München und Antwerpen eröffnet, dazu ein Office in London. „Die Entscheidung für München war die beste, die wir für den wichtigen deutschen Markt haben treffen können“, sagt Janine Knizia, Showroommanagerin in Deutschland. Drei neue Kollegen hat das deutsche Team in der abgelaufenen Saison dazugewonnen, zwei davon am Standort München. „Wir sind sehr happy mit der Entwicklung, die Kunden haben den Showroom im Lodenfrey-Park sehr gut angenommen. Die Integration von J Brand ist abschlossen und gut gelungen.“ Brama hatte zur Frühjahrsorder die europaweiten (mit Ausnahme von UK) Distributionsrechte der US-Denimbrand übernommen. Ein weiteres großes Highlight der Frühjahrssaison: das 40-jährige Bestehen von Equipment, das mit einer Kollektion mit Kate Moss gefeiert wird. Ab Juli kommt diese in die Läden, in Deutschland zum Beispiel bei Unger in Hamburg und Theresa in München. Labels: Current/Elliott, Doma, Enzo Costa, Equipment, Isapera, James Perse, J Brand, Mother, Norma Kamali Brama Fashion Gallery, Düsseldorf und München/ Deutschland, janine@bramagallery.de, www.bramagallery.de
Der neue Showroom in Antwerpen.
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Industrie ambiente prägte die erste Gallery im Düsseldorfer Areal Böhler.
Gallery Auftakt geglückt Einhelliges Lob für die Veranstalter war das Fazit für die erste Gallery am neuen Ort. „Das war für uns eine sehr gelungene Premiere“, so Ulrike Kähler, Project Director National Trade Shows der Igedo Company. Zusätzlich war über Platform Fashion ein Rahmenprogramm mit Modenschauen und Vorträgen auf dem ehemaligen Industriegelände initiiert worden. Die Gallery will sich im Sommer erweitern, unter anderem mit einer größeren Fläche für Organic Fair Trade Fashion und einem neuen Segment für junge Mode. Die großen Agenturen wollen erneut teilnehmen, so wird die Agentur Klauser wieder die Halle am Wasserturm bespielen. Gerade für das wichtige Ordergeschäft wird die Laufzeit auf zwölf Tage erweitert: vier Tage vor Messebeginn und vier weitere Tage nach den Hauptordertagen sind die Türen für Agenturkunden geöffnet. Das Red-Carpet-Segment zieht im Sommer wieder in die Glühofenhalle. Für das Igedo-Office stand schon im April 2016 ein symbolischer Umzug an. Nach 20 Jahren im Messeturm ist das Team auf die andere Rheinseite gezogen und rückt damit näher an das Areal Böhler heran. 22. bis 25. Juli 2016. www.the-gallery-duesseldorf.com
Supreme Women&Men Konzentration auf den Fach handel Die Munichfashion Company GmbH ist für die Sommerveranstaltung im B1 Haus an der Kaiserswerther Straße in Düsseldorf schon jetzt fast vollständig ausgebucht. Aline Schade erklärt: „Wir beobachten verstärkt, dass die Supreme Women&Men Düsseldorf als auch Düsseldorf generell für die Einkäufer zum Sichten der Kollektionen genutzt wird und somit der Termin für die Supreme Women&Men in München eine immer wichtigere Rolle einnimmt, was sowohl die Haupt- als auch finale Order angeht. Sicherlich wird sich diese Entwicklung in der kommenden Saison fortsetzen, denn die Termine von Berlin sind im Sommer sehr früh angesetzt und das stößt nicht überall auf Gegenliebe. Ein Punkt ist, dass nicht alle Kollektionen vollständig fertiggestellt sein
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werden. Die Einkäufer möchten aber gerne einen Überblick über komplette Kollektionen. Ferner haben viele große Agenturen, die in Paris tätig sind, hinsichtlich des neuen Termins von Berlin mit Überschneidungen zu kämpfen. Generell kommt diese Tatsache den Standorten Düsseldorf und München zugute, denn diese Termine passen zu den derzeitigen Bedürfnissen des Fachhandels, der Agenturen und der Anbieter. Deshalb konzentrieren wir uns voll und ganz auf die Anforderungen der Märkte in Deutschland, Österreich und der Schweiz.“ Gemeinsam mit der Premium Exhibition hat sich die Munichfashion Company darauf verständigt, den Termin für die Veranstaltung in München eine Woche vorzuverlegen und parallel von Samstag bis Dienstag stattfinden zu lassen. Supreme Women&Men Düsseldorf, 23. bis 26. Juli 2016, Supreme Women&Men München, 6. bis 9. August 2016. www.munichfashioncompany.com
Aline Schade konzentriert sich mit der Supreme Women&Men auf die Anforderungen des Handels in der D-A-CH-Region.
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GDS Finetuning Die kommende GDS wird jetzt von Dienstag bis Donnerstag stattfinden – und umgeht damit den Freitag als den im Handel umsatzstärksten Tag. Kirstin Deutelmoser, Director GDS und Tag it: „Wir reagieren auf den Wunsch des Handels, der somit die Messen bestmöglich für sich nutzen kann und sich nicht zwischen Messebesuch und Verkauf entscheiden muss.“ Auch der Termin der GDS Winterausgabe steht mit 7. bis 9. Februar 2017 bereits fest. Des Weiteren arbeitet die GDS stetig an ihrem Trendprogramm, ein für die Besucher wichtiger Bestandteil der Messe. So wird es auch zur nächsten Edition die GDS Trend Spots für übergeordnete Zeitgeistströmungen sowie die Trend Codes mit konkreten Outfitideen geben, um sichtbar zu machen, welcher Schuh das Must Have zu welchem Outfit ist. Neu seit der vergangenen GDS im Februar: GDS 365 – Digital Marketplace. Das ist ein Onlinemarktplatz für B2B für die Brands, die sich auf der Messe präsentieren. Das Projekt ist in Kooperation mit der Berliner B2B-Plattform „We Want Shoes“ entstanden, um den Händlern zusätzliche Möglichkeiten zu bieten, ihre Geschäfte effizienter und erfolgreicher zu tätigen. 26. bis 28. Juli 2016, www.gds-online.com
Künftig umgeht die GDS den Freitag und damit den im Handel umsatzstärksten Tag.
Show & Order Eine Galerie für Accessoires
Verlängerung: Die Premium erweitert die #Fashiontech-Konferenz um einen zweiten Tag.
Premium Südkorea im Fokus Mit einem Neuausstelleranteil von rund 30 Prozent wird die Premium rund 1.800 hochwertige Kollektionen zeigen, die speziell auf die Bedürfnisse des Handels und die aktuellen Anforderungen der Sortimente abgestimmt sind. Aus der Dissonance Area wird das von der südkoreanische Popkultur inspirierte Format „[’P :PI] Studio“ und zeigt Einflüsse aus Kunst, Musik, Mode und Film, die über Koreas Grenzen hinaus den Zeitgeist prägen und auf die schnell wachsende Wirtschaft und Innovationsstärke Südkoreas reflektiert. Das von der Premium und Seek gehostete Konferenzformat #Fashiontech findet zum vierten Mal im Kühlhaus der Station Berlin statt. Zahlreiche Start-up-Präsentationen und Workshops sowie Round-Ta-
bles bieten den Teilnehmern die Möglichkeit zum Austausch. Aufgrund des großen Erfolges mit über 3.000 Besuchern wird die kommende Veranstaltung mit Unterstützung der Telekom um einen zweiten Konferenztag erweitert. Unter dem Namen Fashion Fusion werden zehn neue Talente aus dem Fashionund Technologiebereich gesucht, die einer hochkarätigen Jury ihre Ideen vorstellen dürfen. Der Gewinner erhält die Möglichkeit, bei der nächsten #Fashiontech-Konferenz im Januar und einer darauffolgenden Roadshow durch Europa sein Konzept einem breiten Publikum zu präsentieren. Premium und Seek, 28. bis 30. Juni 2016, www.premiumexhibitions.com, www.seekexhibitions.com, www.fashiontech.berlin
Wie bereits zur vergangenen Veranstaltung wird die Berliner Show & Order wieder einen Tag früher beginnen – und zwar am 27. Juni 2016. „An diesem Montagabend wird es auch ein tolles Händlerevent zum Auftakt geben“, sagt Messeinitiatorin Verena Malta. Brandneu im Berliner Kraftwerk ist eine 3.000 Quadratmeter große, neu gestaltete Fläche für Accessoires und Lifestyle, darunter internationale Schmucklabels, Footwear, Taschen, Lederartikel und Lifestyleprodukte. „Wir wollen dem steigenden Händlerbedarf nach Accessoires mit einer starken und neuen Fläche begegnen und den entsprechenden Marken in Berlin ein eigenes Show & Order Forum bieten“, sagt Verena Malta. Zusätzlich ist ein Endverbraucher-Shopping-Event für Accessoires an einem Messeabend geplant. 27. bis 29. Juni 2016, www.showandorder.de
Brandneu zur kommenden Show & Order: eine Fläche für Accessoires und Lifestyle.
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Sarah Andelman: „Ich finde es peinlich, wenn die VIP-Kultur wichtiger ist als die Mode selbst.“
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Sarah Andelman ist eine der einflussreichsten Einkäuferinnen der Welt. Sie hat sich
die Leitung von Colette, dem Conceptstore in Paris, zur Lebensaufgabe gemacht und die Adresse in der Rue St. Honoré im ersten Arrondissement in das ultimative Shopping-Mekka verwandelt. Menschen aus aller Herren Länder pilgern in ihr Geschäft, um zu sehen, was Sarah Andelman auf ihren Reisen in die Modemetropolen der Welt Wert befunden hat, ein zukaufen. Colette listet nur Kleidung direkt vom Laufsteg, die Boutique ist Pionier in Bezug auf exklusive Kooperationen mit namhaften Designerlabels wie Dior, aber auch mit Avantgardisten wie Raf Simons. Andelman ist für ihre recht zurückhaltende Art bekannt. Sie lässt lieber ihren Store für sich selbst und ihre Arbeit sprechen. style in progress hat es geschafft, im Exklusivinterview mit ihr über Verschiebungen im Mode einzel- und Onlinehandel zu sprechen, aber auch um mehr über jene Erfolgsformeln zu erfahren, die sicherstellen, dass sie in diesem so hart umkämpften Markt immer einen Schritt voraus ist. Interview: Markus Ebner. Fotos: Markus Pritzi
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Designer, Marken, die Presse, Einkäufer und jetzt die breite Öffentlichkeit… In den 1980er-Jahren war die Presse das Maß aller Dinge, in den 1990er-Jahren folgten die Designer und dann die Marken selbst. Wer hat ihrer Meinung nach heute das Sagen?
Ich glaube, die breite Öffentlichkeit hat jetzt am meisten Einfluss. Soziale Medien haben die Spielregeln auf den Kopf gestellt. Aber für uns Einzelhändler war der Kunde ja immer schon König. Wenn wir nichts verkaufen, sterben wir. Wenn die breite Öffentlichkeit so viel Einfluss hat, hat sich das Profil des Einkäufers verändert? Kaufen Sie heute, was der Mehrheit gefällt?
Auf uns trifft das nicht zu. Mein erster Gedanke gilt immer unserer Identität und unserem Anspruch, anders als alle anderen zu sein. Wir müssen unsere Kunden überraschen. Aber es gibt spannende Konzepte da draußen. Ich finde den Onlinehändler Moda Operandi besonders interessant. Er befriedigt den Wunsch der Konsumenten, direkt ab Laufsteg einzukaufen (Anmerkung der Redaktion: Moda Operandi ist ein Onlinehändler, der Deals mit Designermarken aushandelt und deren gesamte Kollektion einen Tag nach Präsentation auf dem Laufsteg, also vier bis sechs Monate vor anderen Geschäften, verkauft). Es bedient Fashion Victims und ich weiß, dass es davon sehr viele gibt. Das ist also ein exzellentes Beispiel dafür, wie ein Konsumentenbedürfnis sich in einer Geschäftsidee manifestieren kann. Aber nochmals, auf uns trifft das eben nicht zu. Ist es also gut, dass eine so exklusive Industrie sich dem Konsumenten öffnet?
Oh ja. Ich freue mich darüber, dass immer mehr Leute junge Marken wahrnehmen. Wir sollten auch nicht vergessen, dass Designer und Marken viel Geld für ihre Shows ausgeben. Demnach ist es durchaus positiv, dass sich die Reichweite dieser Shows erhöht. Haben es junge Designer in diesem neuen Umfeld einfacher?
Es ist auf jeden Fall einfacher, Menschen zu erreichen und sich einen Namen zu machen. Meiner Meinung nach kommt es
am Ende des Tages aber immer auf dieselben entscheidenden Faktoren an: Talent und ein gutes Netzwerk. Ich bin immer noch überrascht, wie schnell Vetements eine Erfolgsgeschichte wurde. Nach der Präsentation der ersten Kollektion ging ich in den Showroom und bestellte. Und wissen Sie was? Die Kollektion war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft und sie konnten nicht nachliefern. Sie waren einfach nicht auf so einen schnellen Erfolg vorbereitet. Und Vetements für Balenciaga?
Balenciaga ist eine Marke, die wir nie im Angebot hatten. Während Nicolas Ghesquière dort war, gab es immer einen Exklusivvertrag mit Maria Luisa (Anmerkung der Redaktion: Eine bekannte Pariser Einzelhändlerin mit einer engen Verbindung zu John Galliano etc., die erst kürzlich verstorben ist), also hatten wir die Marke nie bei uns. Wang war toll, aber ein Haus mit so viel Geschichte könnte einen besseren Job machen. Ich bin also neugierig, wie Vetements funktioniert.
Lassen Sie uns über andere Social-Media-Hypes sprechen. Zum Beispiel Balmains Olivier Rousteing und seine H-&-M-Kollektion. Was denken Sie darüber? Ist das ärgerlich, einfach Zeichen der Zeit oder schon Popkultur?
Ich sehe mich selbst als Arbeiterin im Modezirkus. Es bereitet mir also schon Kopfzerbrechen, wenn ich eine Show besuchen will und der VIP-Eingang ist heute größer als der Eingang für Einkäufer. Ich hatte kürzlich Probleme, bei einer Givenchy-Show überhaupt hineinzukommen. Ich finde es ist für eine Marke peinlich, wenn die VIP-Kultur wichtiger als die Mode selbst ist. Ich verstehe schon, dass es helfen kann, eine Kollektion zu pushen, aber Marken müssen vorsichtiger sein, wenn sie denken, dass Reichweite wichtiger als Respekt für ihre Kunden ist. Und wenn sie mich nach meiner Meinung zu dieser Kooperation von Balmain und H&M fragen: Ich habe die Fotos gesehen, auf denen die Polizei bei den Warteschlangen vor den Läden einschreiten musste. Aggressives Verhalten und hässliche Szenen – ich denke, solche
„Ich kaufe, was ich mag. Das ist alles.“ Bilder sind für H&M und Balmain nicht positiv. Manchmal ist genug einfach wirklich genug. Welche Kultur spiegelt das wider?
Mir ist es wichtig, klarzustellen, dass Colette die Popkultur liebt. Wir haben immer schon Candy and Lollipops, wie ich es nenne, denselben Raum und dieselbe Aufmerksamkeit wie der Mode gewidmet. Wir lieben Warhol, aber ich bin mir nicht sicher, ob solch chaotische Szenen noch etwas mit Popkultur zu tun haben. Was waren denn die verrücktesten Warteschlangen vor dem Colette Store?
Wir richten die Warteschlange immer in Richtung der Rue Rivoli aus, um sicherzustellen, dass die anderen Geschäfte in der Rue St. Honoré nicht gestört werden. Kate Moss for Topshop erzeugte riesigen Andrang, genau wie die Apple Watch. Aber auch eine Autogrammstunde mit Scott Schumann von The Satorialist kann eine lange Warteschlange verursachen. Noch verrückter war sicherlich die Markteinführung des Parfüms von Zlatan Ibrahimovic, dem PSG-Star. Das war ein regelrechter Sturm. Wir mussten allerdings erst ein Mal das Geschäft schließen, und zwar für den kanadischen Rapper Drake. Wir waren darauf nicht vorbereitet. Er war damals noch nicht so berühmt, als wir eine limitierte Kollektion mit ihm auf den Markt brachten. Wir haben einfach nicht mit so einem verrückten Ansturm gerechnet. Colette und Kooperationen – das ist mittlerweile Kult. Welche Kooperationen sind Ihnen in besonderer Erinnerung?
Oh wow, das sind so viele. Erinnern Sie sich an die Zeit, als es auf der Rue St. Honoré noch eine Tankstelle gab? Dort ist jetzt
ein Balenciaga-Geschäft. Wir organisierten in der Tankstelle einen Pop-up-Store für Chanel. Karl und das Chanel-Team über ließen uns die gesamte Organisation. Wir ließen also Yazbukey eine Karl-Lagerfeld-Brosche kreieren und andere ausgefallene Dinge. Ein weiteres Highlight war der Hermès-Pop-up-Store in unserem Colette-Geschäft. Hermès verkaufte seine Seidentücher und eines war in Colette-Blau. Oh ja, es gab so viele besondere Momente. Wir legen immer Wert darauf, dass eine Kooperation nicht einfach nur ein Produkt mit dem Colette-Logo drauf ist. Es muss ein Produkt sein, das für sich alleine steht. Eines der größeren Projekte der Zukunft ist eine Kooperation mit Coach. Sie haben ihre Kunden aufgefordert, Vintage-Taschen im ganzen Land zu sammeln. Das Projekt steht bald bei Colette an. Ist das das Geheimnis ihres anhaltenden Erfolgs?
Ich glaube, es gibt eine gewisse Erwartungshaltung. Leute erwarten, hier etwas Besonderes zu finden. Zum Beispiel: Bei der Zusammenarbeit mit Ladurée wollten wir einen der legendären Macarons mit Barbapapa-Geschmack. Ihr Patisseriemeister willigte ein und machte sich sofort an die Arbeit. Das ist doch verrückt, nicht wahr? Unser zweiter Macaron mit ihnen war ein Projekt mit Pharrell Williams. Er wollte eine Makrone mit Oreo-Cookies-Geschmack. All diese verrückten Ideen können bei uns Wirklichkeit werden. Die italienische Prada-Gruppe hat im März 2014 die Mehrheit an Pasticceria Marchesi, einer historischen Konditorei, erworben. Während der Fashionweek eröffnete dann der erste Pasticceria Marchesi Flagshipstore unter der Führung von Prada in der Via Montenapoleone. Ist diese Verbindung von Essen und Mode ein neuer Trend?
Mode kann so viele Dinge beeinflussen. Ich freue mich sehr, dass die Modewelt sich jetzt fürs Essen interessiert. Und um ehrlich zu sein, wenn ich reise, besuche ich ausschließlich Lebensmittelgeschäfte. Sie genießen in der Branche einen legendären Ruf. Wenn Sie etwas kaufen, dann hat es
Alles, nur keine Sicherheit hängt bei Colette am Bügel.
das Potenzial, eine It-Marke zu werden. Beeinflusst Sie das?
Wer überbringt die schlechte Nachricht?
Ganz und gar nicht. Ich kaufe, was ich mag. Das ist alles. Ich könnte es auch nicht anders tun.
Oh, das mache schon ich. Wir sind einfach sehr realistisch und ehrlich in dieser Hinsicht. Das bedeutet ja nicht, dass sich die Dinge nicht wieder ändern. Es ist wichtig für unsere Kunden, dass sie spüren, dass es eine lebendige Landschaft von Marken ist, die wir kaufen.
Was mögen Sie denn nicht?
Einige Marken liefern wirklich schlecht aus, solche Marken kaufe ich also nicht mehr, auch wenn ich sie unter Umständen mag. Andere Marken erneuern ihren Auftritt über den Zeitraum von ein paar Saisons einfach nicht genug. Auch die lassen wir fallen und kaufen sie nicht mehr. Eine Saison habe ich die Raf Simons Männerkollektion nicht geordert und er war unglaublich verärgert. Die Dinge ändern sich ununterbrochen. Diese Saison haben wir zum Beispiel nicht bei Fendi bestellt.
Resort, Spring, Summer, Pre-Collection, Autumn, Winter, Flash… Es gibt so unglaublich viele Kollektionen. Wie sehen sie dieses Thema?
Für uns ist das perfekt. Immerhin bedeutet das, dass wir immer neue Produkte im Store haben und das ist ja, was wirklich zählt. Aber ich betone, dass die Hauptkollektion, die auf dem Laufsteg
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gezeigt wird, die wichtigste für uns ist. Wir wollen unseren Kunden ein vollkommenes Modeerlebnis bieten und kaufen dazu auch oft Teile, die sich nur schwer verkaufen lassen. Aufgrund der Entwicklung, die mit Websites wie Moda Operandi begann und jetzt von Burberry und Tom Ford vorangetrieben wurde, gibt es immer mehr Marken, die auch bei uns schon kurz nach der Show erhältlich sind. Wir bieten das jetzt mit Marken wie Versus by Vaccarello, Loewe und Moschino by Jeremy Scott. Da wird sicher noch mehr kommen, es läuft gut. Außerdem bieten uns immer mehr Marken heute eine Capsule-Kollektion gleich nach der Show an. Was halten Sie von der ganzen see now, buy now Entwicklung?
Das ist mir egal. Wenn Burberry mit einer guten Idee zu uns kommt, um see now, buy now umzusetzen, dann machen wir das gerne. Wenn jemand wie
J. W. Anderson sechs Monate braucht, seine Taschen und kleider in meinen Laden zu bringen, dann ist das auch o.k. fuer uns. Hauptsache die Leute halten die versprochenen Lieferdaten ein. Was ist ihre neueste Entdeckung?
Im Moment mag ich Simone Rocha sehr. Was J. W. Anderson für sein eigenes Label und mit Loewe macht, ist einfach unglaublich. Das macht Mode so spannend. Es kommen immer neue Talente nach, da staunt man in Ehrfurcht. In der Vergangenheit habe ich die Rodarte-Macherinnen verehrt, auch wenn wir dort momentan nicht bestellen. Wir hatten schon immer ein Naheverhältnis zu Jeremy Scott und Julien David liegt mir auch sehr am Herzen. Wie sehen Sie Simons Rückzug von Dior?
Ich kann nur sagen: Sehen Sie sich Karl Lagerfeld an. Gibt es einen Menschen, der mehr arbeitet als er? Ich denke, dass
alle Designer sich der Tatsache bewusst sein sollten, dass ihre Arbeit viel Engagement verlangt. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Haben Sie irgendwelche Ideen in Bezug auf den nächsten Designer?
Ich finde Erdem würde dort einen tollen Job machen. Er ist wirklich sehr gut.
In einer Zeit in der alle dieselben Kritiken lesen, dieselben Blogs
„Wenn wir nichts verkaufen, sterben wir.“
aufrufen und dieselben Fotos auf Instagram sehen. Wie entscheiden Sie, was Sie wollen?
Es ist eigentlich recht einfach. Während der Saison habe ich nicht die Zeit, WWD zu lesen, also folge ich einfach meinen Instinkten. Am Ende des Tages habe ich dann oft trotzdem das Gefühl, nicht genug Termine wahrgenommen zu haben.
Haben Ihre Instinkte jemals so richtig falsch gelegen?
Klopf auf Holz! Bis jetzt habe ich noch nichts gekauft, was sich gar nicht verkaufen ließ. Ich hatte wohl Glück. Wenn sie mir vor einem Jahr gesagt hätten, dass Gucci ein Comeback feiern wird, dann hätte ich Sie für verrückt erklärt. Aber als ich die Bilder von Alessandro Micheles ersten Shows online sah und den pelzgefütterten Gucci-Loafer erspähte, war mir sofort klar, dass die Marke wieder zurück ist. Wir haben eine riesige Order geschrieben und waren sofort ausverkauft.
Dem Kunden ein vollkommenes Modeerlebnis zu bieten, beinhaltet für Sarah Andelman, dass schwer Verkäufliches in den Laden kommt.
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Gibt es für sie ein Preislimit nach oben?
Nein, gar nicht. Wenn das Produkt gut ist, dann kaufen es die Leute auch, egal wie verrückt teuer es ist.
Ich würde gerne noch ein wenig über die Kooperationen sprechen. Fehlt in der Hinsicht noch etwas? Vielleicht ein Auto oder eine Airline …?
Wenn Sie so fragen, wir haben schon einen Aston Martin und einen Smart gemacht. Und bezüglich Airlines habe ich eine tolle Geschichte für Sie. Ich fliege immer mit La Compagnie nach New York, weil sie ein Business Class Shuttle zwischen New York und Paris anbieten. Als ich vergangenen September – nach den Fashionshows – wieder aus New York abreisen wollte, steckte ich in einem schrecklichen Stau in der Broome Street. Ich wollte aber so schnell wie möglich nach Hause, also fing ich an in meinen Instagram-Postings zu betteln, dass sie auf mich warten. Man glaubt es kaum, ich kam schließlich 20 Minuten vor Abflug am Flughafen an und sie hatten tatsächlich auf mich gewartet. Ich war natürlich überglücklich und dankbar, was ich mit noch mehr Postings zum Ausdruck brachte. Ein paar Tage später traten sie an uns heran und jetzt planen wir gemeinsam einen Skiclub in den Catskills. Wir werden eine ausgewählte Gruppe von Colette-Fans mit La Compagnie nach New York fliegen und ihren Aufenthalt dort in eine einzigartige Colette Experience verwandeln. Das ist was Neues bei Colette: Wir bringen Leute in Yoga-Kurse oder laden sie zum Surfen ein. Wir wollen sie eine Colette Experience außerhalb des Stores erleben lassen. Wir haben uns zum Beispiel mit Quiksilver und Julien David zusammengetan, um Kunden in Biarritz das Surfen beizubringen. Es war ein unglaublicher Erfolg und jetzt wollen wir dasselbe mit Skifahren machen. Da haben Sie also den Beweis; nicht einmal der Himmel setzt uns Grenzen. Erzählen Sie mir noch einmal, was mit Saint Laurent und Hedi Slimane passiert ist?
Das ist immer noch ein heikles Thema. Wir haben Hedi von Anfang an unterstützt, seit seinen ersten Männerkollektionen für Yves Saint Laurent. Wir haben 216 style in progress
„Wenn das Produkt gut ist, dann kaufen es die Leute auch, egal wie verrückt teuer es ist.“ ihn natürlich auch während seiner Zeit bei Dior Homme unterstützt, ebenso seine Bücher und sogar die Möbelkollektion, die er mit Cappelini entwickelt hat. Dann haben wir Saint Laurent aufgenommen und hatten schon Pläne für die Schaufenster gemacht. Wie Sie sicher wissen, lieben wir es bei Colette, T-Shirts zu verkaufen. Wir hatten diese echt witzigen Shirts mit dem Aufdruck „Ain’t Laurent without Yves“. Hedi wurde so wütend, dass er unsere Zusammenarbeit aufgekündigt hat. Und lassen Sie mich eines klarstellen, das war ein großer Teil unseres Geschäfts. Ich bin immer noch bestürzt. Erzählen Sie mir mehr über ihre E-Commerce-Aktivitäten.
Das entwickelt sich, wir bedienen Kunden rund um den Globus und E-Commerce steuert 20 Prozent zu unserem Umsatz bei. Wissen sie, wir haben nur dieses eine Geschäft. Wir kriegen regelmäßig Angebote, unser Unternehmen auszubauen, aber wir glauben an die Strategie, uns auf eine Location zu konzentrieren. Es ist einzigartig. Wir hatten einmal mit Comme des Garçons einen Pop-up-Store in Tokio. Ich bin ein paar Mal hingeflogen, aber ich war nie besonders glücklich damit. Daher kann ich mit Sicherheit sagen, dass es nie ein zweites Colette geben wird. Sehen Sie sich eigentlich noch als Laden, der von Kopf bis Fuß einkleiden will, oder ist Ihr Service der der Selektion?
Ich mag die Idee, alle glücklich machen zu können: eine ältere Dame, ein junges Mädchen, einen Teenager … Sie können auf einen Kaffee vorbeischauen, eine CD kaufen oder ein Kunstwerk
Sarah Andelman wuchs in einem kleinen Dorf in unmittelbarer Nähe von Versailles auf. Ihre Familie zog nach Paris, als sie 15 Jahre alt war. Das Eckgebäude mit der Adresse 213, Rue St. Honoré war ursprünglich lediglich ihr Zuhause. Die Familie wohnte im oberen Stockwerk, während Sarah am École de Louvre Kunstgeschichte studierte. Die riesige Fläche im Erdgeschoss lag zu der Zeit brach, hauptsächlich weil die Rue St. Honoré in den frühen 1990er-Jahren alles andere als hip war. Die Gegend war damals eher als eine der toten Ecken von Paris verschrien. Andelmans Mutter leitete ein kleines B2B-Geschäft namens Le Sentier im zweiten Arrondissement, dem Stoffbezirk von Paris. Der Leerstand im Erdgeschoss ihres Wohnhauses ließ Sarah und ihre Mutter nie los, sie begannen Gedanken zu spinnen, wie er genutzt werden konnte. Zu dieser Zeit war Muji gerade trendy, Sarah träumte von etwas Ähnlichem. Ihre Mutter entschied, die Räumlichkeiten anzumieten und eine Modeboutique zu eröffnen. An ihrer Seite war ein junger Mann namens Milan Vukmirovic, ihr Schaufensterdekorateur im Le Sentier. Ja, derselbe Vukmirovic, der später in Deutschland die Modewelt auf den Kopf stellte, als er von Patrizio Bertelli als Nachfolger von Jil Sander bestellt wurde und der heute als Designer bei Ports 1961, einer italienischen Sportswearmarke, arbeitet. In Bezug auf den Namen für das neue Geschäft erwog das Mutter-Tochter-Gespann viele Möglichkeiten, mit einer Präferenz für etwas Japanisches. Aber am Ende wurde es Colette, der Vorname von Andelmans Mutter, als Spannungsbogen zwischen dem klassischen, französischen Namen und den modernen, geradlinigen Räumlichkeiten. Als Vukmirovic das Unternehmen 2000 in Richtung Tom Ford und Gucci Group verließ, übernahm Sarah die alleinige Verantwortung für das Geschäft. Davor war sie für künstlerische Projekte bei Colette verantwortlich. Colette wurde 1997 im ersten Arrondissement in Paris eröffnet. Der Laden gilt als Mutter aller Conceptstores, weil er neben Designermode auch Streetwear, Gadgets, Kosmetik, Kunst und Hightech-Geräte anbietet. Legendär ist auch die Wasserbar.
aus unserer Galerie erstehen. Wir befriedigen eine ganze Reihe von Bedürfnissen. Welche Rolle spielt die Galerie?
Wissen Sie, es bereitet mir Freude die Künstler kennen zu lernen. Das ist alles. Als Einzelhändlerin, verraten Sie uns einige Ihrer Geheimnisse? Beleuchtung, Musik, Personal …?
Unsere Mitarbeiter kommen aus aller Herren Länder, wir achten auf alles im Laden und wir verändern uns ständig. Letzte Woche hatten wir ein richtig schönes Schaufenster mit Burton Snowboards. Einen Tag später entschieden wir, Kunstschnee hinzuzufügen. Dann änderten wir die Beleuchtung wieder ein wenig. Es gibt keine Zauberformel. Ich muss einfach jeden Tag im Laden sein, fokussiert bleiben und auf meine Kunden hören. Man darf Erfolg niemals als etwas Selbstverständliches sehen. Wir arbeiten hart hier. Letzte Frage: Kennen Sie Ihren besten Kunden?
Ja. Das ist Karl Lagerfeld. Er kommt einmal pro Woche und kauft ordentlich ein. Müssen Sie für ihn nicht das Geschäft schließen?
Ganz und gar nicht. Karl ist wirklich ein Schatz. Er kommt immer mit Sebastian, seinem Assistenten und Leibwächter. Sie handhaben den Einkauf und die Aufmerksamkeit, die Karl auf sich zieht, ohne Probleme. Manchmal hält er inne und macht Selfies mit Kunden, manchmal nicht. Aber er ist unser bester Kunde und darauf bin ich unglaublich stolz. Was steht als nächstes an? Haben Sie besondere Ziele für die nächsten fünf Jahre?
Wissen Sie, ich liebe meinen Job so sehr, weil ich ständig von neuen Dingen überrascht werde. Ich bin in der privilegierten Position, so viel angeboten zu bekommen. Ich sehe diese Dinge vor allen anderen. Ich bin im Herzen ein echter Modemensch; das soll sich einfach nicht ändern.
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„Nicht einmal der Himmel setzt uns Grenzen“, sagt Sarah Andelman über ihre Ideen für Colette. style in progress 216
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KOMMUNIKATION
ALLES IST KOMMUNIKATION Warum Fragen oft wichtiger sind als Antworten Ein Kommentar von Stephan Huber „Alles ist politisch“, ist seit den späten 1960er-Jahren, ob nun tatsächlich von Ulrike Meinhof oder aber dem Konzept der „Politik der ersten Person“ abgeleitet, eine gängige Kurzformel, um die enge Verzahnung des Privaten mit dem Öffentlichen zu verdeutlichen. Genauer gesagt: die Wechselbeziehung individuellen Denkens und Handelns mit gesamtgesellschaftlichen und politischen Entwicklungen. Selten konnte man diese Zusammenhänge so klar beobachten wie in diesen Zeiten. Und zwar bei allen großen und kleinen Themen, die die öffentliche Debatte aktuell prägen. Ob Flüchtlingskrise, der Zustand der Europäischen Union, TTIP, die Diskussion über Meinungs- und Religionsfreiheit – massiv befeuert durch die neuen Kommunikationsplattformen der „sozialen Medien“ (also durch die Digitalisierung, siehe Ausgabe 4/2105) verschieben sich die Grenzen der sogenannten Deutungshoheit immer schneller. Das ist nur scheinbar pluralistisch, in vieler Hinsicht höchst problematisch, aber eben ein Wesen dieser Zeit und einer Gesellschaft, die noch keine Antworten darauf gefunden hat, wie mit diesen Veränderungen und Verwerfungen, beispielsweise in der Kommunikation bzw. dem Kommunikationsverhalten umgegangen werden soll. Einschneidend betroffen von diesem Verlust der Deutungshoheit ist der Journalismus. Sowohl ernsthafte Diskussionen über eine „Krise des Journalismus“ als auch dumpfes „Lügenpresse“-Geplärr sind nicht zufällig gerade in den letzten Jahren immer breiter geworden. Interessanterweise sehen die Protagonisten, also Herausgeber, Kommentatoren, „Experten“ etc., zumeist ebenso „ungünstige äußere Umstände“ (Internet, veränderter Wettbewerb, dummes Volk ...) als Ursache, wie die Protagonisten der Modebranche, die ihre Probleme, also rückläufige Frequenz, sinkende Umsätze usw., ebenso gerne extern verorten. Das ist in beiden Fällen zu kurz gedacht, denn in beiden Fällen geht es zunächst ein-
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mal um die Inhalte, und damit letztlich um Kommunikation. Die Digitalisierung hat den Journalismus weitgehend eines jahrzehntelangen Monopols beraubt. Nämlich des Monopols, Meinung zu machen. Monopole sind bekanntlich nicht gesund und darum hat sich diese Meinungsmache zunehmend verselbstständigt. Aus einer klaren Haltung, die (nicht nur) Journalismus haben soll, wurde zunehmend eine paternalistische Besserwisserei. Aus kritischem Journalismus wurde so auf breiter Ebene Meinungsjournalismus, der nur allzu oft der Versuchung erlegen ist, für wirklich alles die Antworten zu haben. Und zwar die einzig wahren Antworten. Nun ist es aber gar nicht die vordringliche Aufgabe des Journalismus, auf alles die (richtige) Antwort zu wissen. Seine Aufgabe ist vielmehr, Fragen zu stellen und dabei immer scheinbar Gegebenes IN Frage zu stellen. Und zwar bitte konstruktiv, also mit dem Willen zur positiven Veränderung und Gestaltung. Kritik ist ja kein Selbstzweck, sondern soll, zumindest ist das meine feste Überzeugung, Diskussionen in Gang setzen und begleiten. Das gilt nicht nur für den politischen Journalismus. Insbesondere wenn man der Ansicht ist, daß tatsächlich alles politisch ist. Das gilt auch für unsere Arbeit bei style in progress. Wir müssen den beinahe historischen Transformationsprozess, den die Modebranche durchläuft kritisch hinterfragend begleiten und mitgestalten. Und zwar nicht mit dem Ziel, Meinung zu machen, sondern mit dem Ziel, Diskussionen in Gang zu bringen und Themen frühzeitig zu erkennen und zu platzieren. Also das Wesen der Kommunikation konstruktiv mit Sinn zu erfüllen. Das ist heute wichtiger denn je, denn, und hier schließt sich der Kreis: Alles ist Kommunikation und Kommunikation ist alles.
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DRÜ BER RE DEN! 216 style in progress
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KOMMUNIKATION
KOMMUNIKATION IST, WORÜBER ALLE SPRECHEN. ABER SPRECHEN WIR AUCH MITEINANDER? SIND DIE PARTNERSCHAFTEN ZWISCHEN HANDEL UND INDUSTRIE BUZZWORDS ODER GELEBTE REALITÄT? STYLE IN PROGRESS HAT NACHGEFRAGT – AUF BEIDEN SEITEN DES WICHTIGSTEN DIALOGS DES ÖKOSYSTEMS MODE. Text: Kay Alexander Plonka, Quynh Tran. Illustration: Claudia Meitert@Caroline Seidler
EHRLICH, EHRLICH
„Wir als Marke und Lieferant wünschen uns eine ehrliche, direkte und verbindliche Kommunikation mit unseren Händlern. Das heißt, ein ehrliches Interesse und Lob schätzen wir genauso, wie ehrliche und direkte Kritik. Häufig haben wir es jedoch als Marke erfahren, dass nur kommuniziert wird, wenn es um Probleme oder Fehlkalkulationen geht. Genauer handelt es sich dann um eine plötzliche Notfallkommunikation, die wir schlichtweg vermeiden wollen. Natürlich stehen wir unseren Partnern jederzeit zur Seite, wenn um Hilfe gebeten wird. Doch ist es nicht sinnvoller, von Beginn an eine strategische Kommunikation zu verfolgen und regelmäßig in Kontakt zu stehen, um es erst gar nicht aus dem Ruder laufen zu lassen? So bleiben wir stets up to date, können frühzeitig und gemeinsam an lösungsorientierten Maßnahmen arbeiten – es wird Transparenz und Vertrauen geschaffen. Gemeinsam erarbeitete Meilensteine und Zielsetzungen bringen für beide Parteien Erfolg und einen Leitfaden, der uns rechtzeitig auf Missstände hinweist. Die korrekte Interaktion zwischen Händler, Lieferant und Marke bedingt sich gegenseitig, und nur wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, ist eine reibungslose und erfolgreiche Kommunikation möglich.“ Mike Stöhr, International Sales Director Mountain Force
Risiko gemeinsam tragen
„Der direkte und unkomplizierte Draht zum Lieferanten ist heute wichtiger denn je: Unsere Kunden sind informiert und erwarten perfekten Service. Da können das Möglichmachen von speziellen Kundenwünschen und der schnelle Kontakt zum Lieferanten Vertrauen schaffen. Partnerschaftliche Unterstützung während der Saison, Auswahlsendungen bei speziellen Kundenwünschen oder Produktschulungen im Geschäft können helfen, den gemeinsamen Erfolg zu steigern. Ich bin beispielsweise auch nicht mehr bereit, das komplette Risiko für von mir gezeigte Werbeware zu tragen: Wenn der Lieferant zusätzlichen Umsatz generieren will, muss er auch das Lagerrisiko mittragen. Dies müsste eigentlich ebenso Standard sein wie eine aktuelle, digitale Lagerliste, die die kurzfristige Bewirtschaftung der Fläche erleichtert. Leider gibt es immer noch Lieferanten, die unter aktiver Kundenpflege eine Einladung zum Pitti Uomo und einen kurzen Smalltalk beim Ordertermin verstehen. Diese Spezies scheint aber zusehends vom Aussterben bedroht zu sein.“ Clemens Sagmeister, Gebhard Sagmeister Herrenmoden GmbH
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KOMMUNIKATION
NOCH ENGER VERNETZT
„Partnerschaften sollten mittels Kommunikation ständig verbessert werden. Egal, ob per E-Mail, Telefon oder von Angesicht zu Angesicht – es gilt, sich in Zukunft noch enger als bisher zu vernetzen. Wir stellen uns dieser Herausforderung, indem wir erörtern, auf welchen Kommunikationskanälen wir Nachholbedarf haben und wie wir in Zukunft effektiver und schneller auf Fragen, Wünsche und Anregungen unserer Partner reagieren können. Wichtig ist, die Verlässlichkeit des Informationsflusses auf einem hohen Niveau zu halten, um einen entsprechenden Servicelevel zu gewährleisten. Gerade auf Markenseite muss man die gesamte Organisation darauf vorbereiten. Bei Gaastra schaffen wir dafür im Moment die notwendigen Strukturen und installieren die erforderlichen Systeme, um diesem Kommunikationsbedarf in Zukunft in vollem Umfang gerecht zu werden. Persönliche Treffen oder Telefonate sind sicher immer noch am effektivsten und verständlichsten. Im digitalen Zeitalter schnell zu handeln, heißt aber auch, das Förmliche mal beiseite zu lassen und eine einfache Form der Kommunikation zu wählen – ganz gleich ob mittels SMS, WhatsApp, LinkedIn oder per E-Mail. Ähnlich verhält es sich mit den Hierarchiestufen im Unternehmen. Will man Probleme unkompliziert lösen oder Ergebnisse schneller herbeiführen, muss man auch hier kurze und effektive Wege in der Organisationsstruktur schaffen, Entscheidungsspielraum einräumen und den Mitarbeitern den entsprechenden Freiraum geben. Das ist im Interesse aller Beteiligten und beugt Fru stration oder Resignation vor – es schafft vor allem aber Vertrauen, sowohl bei den Kunden als auch bei den Mitarbeitern, die kompetent und motiviert zum Wohle des Kunden als auch des Unternehmens agieren.“ Oliver Frielingsdorf, CEO Gaastra
KUNDENZUFRIEDENHEIT
„Es wäre schön, ein regelmäßiges Feedback der Händler zu bekommen und während der Orderzeit ausreichend Zeit für Beratung zu haben, um die Kollektion individuell abzustimmen. So können Passform, Schnitte, Qualität und Farbauswahl ausführlich besprochen werden. Aus regelmäßiger Kommunikation ergibt sich die Möglichkeit, viel besser auf die Wünsche der Händler für zukünftige Kollektionen zu reagieren, und wenn Probleme auftauchen, diese persönlich zu lösen. Duvetica hat von Beginn an sehr viel Wert auf Kundennähe und -zufriedenheit gelegt. Durch Ansprechpartner, die jederzeit erreichbar sind, garantieren wir den persönlichen Kontakt zu allen Händlern. In unserem Showroom zeigen wir die Kollektion und sind in der Lage, umfassende Produkt- und Markenschulungen durchzuführen. Wir wollen mit unseren Produkten und unseren hohen Qualitätsvorstellungen überzeugen. Ziel ist, die Kundenzufriedenheit kontinuierlich zu steigern, indem wir auf die Bedürfnisse unserer Kunden eingehen und zum Beispiel die bereits sehr schnelle Bearbeitung der Vorgänge weiter optimieren.“ Claudia Schönrock, Area Manager Germany Duvetica
Besser verstehen
„Dadurch dass wir bis heute mit Quantum Courage ganz bewusst auf keiner Messe ausstellen, ist der Kontakt zu unseren Händlern sehr eng und der Dialog findet sehr ausgiebig in unseren Showrooms oder bei den Kunden vor Ort statt. Wir besprechen mit jedem unserer Partner die Philosophie der Marke, aber auch ganz konkret seine Bedürfnisse. Diese sehr ausgeprägte Bedarfsanalyse, die wir gemeinsam mit unseren Kunden durchführen, dient dazu, besser zu verstehen, welche Produkte sie brauchen, und als Lernerfahrungen in unsere Gedankenwelt einfließen zu lassen. Diese ständige Reflexion hat zur Folge, dass wir innerhalb unserer Marke die Wünsche unserer Kunden gezielt in die Ausrichtung der Kollektion einarbeiten können. Mit dem Ergebnis, dass unsere Händler ihren Kunden immer wieder einzigartige Produkte anbieten können. Wir haben unsere Einzelhandelsstruktur in derzeit 18 Ländern sehr gezielt zusammengestellt und arbeiten ganz bewusst nur mit rund 100 exklusiven ausgewählten Point of Sales, wie zum Beispiel Apropos in München, Köln und Düsseldorf, August Pfüller in Frankfurt, Le Shop 17 in Cannes, Fidelio in Zürich und Helga Design in Tel Aviv. Um diese Exklusivität kurz-, mittel- und auch langfristig gewährleisten zu können, ist es uns ungemein wichtig, dass wir zukünftigen Vertriebspartnern – wie jüngst dem Sonoho Showroom in Antwerpen für die Benelux-Länder – unsere Philosophie, unsere dialogorientierte Arbeitsweise und unsere selektive Vertriebspolitik vollends vermitteln können.“ Maximilian Köhler, CEO Quantum Courage
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KOMMUNIKATION
Zeit und Geduld
„Dass sich unsere Branche radikal verändert hat, ist sowohl auf der Seite der Händler als auch auf Seiten der Marken zu sehen. Die heutige Konsumgesellschaft ist Fluch und Segen zugleich – von der Fließbandmode über die Überproduktion bis hin zu den radikalen 70 Prozent Reduzierungen. Das dauerhafte Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, welches zum zusätzlichen Konsum animieren soll und mit immer höheren Rabatten versucht, den Kunden zum Kauf anzustacheln, sorgt dafür, dass sich das Kaufverhalten der Kunden immer weiter verändert. Sprunghaftigkeit und fehlende Bindung sind die Folgen und damit können am Ende weder die Händler noch die Lieferanten glücklich werden. Um die für uns alle so immens wichtigen Stammkunden zu gewinnen, braucht es viel Einfühlungsvermögen, Geduld und Vertrauen. Zu viele Lieferanten und Händler nehmen sich diese Zeit nicht mehr, sondern setzen zu oft auf kurzfristige Lösungen. Stammkunden immer wieder für Neues und abwechslungsreich in der Ansprache zu begeistern, erfordert viel Kreativität. Mit individueller Beratung, anregenden Fashionshows und ausgefallenen Events versuche ich den Kunden regelmäßig ein persönliches Erlebnis zu bieten. In meinen Augen ist die wahre Freiheit für meine Kundinnen, sich im emotionalen Moment treiben zu lassen, Kombinationen zu probieren und ohne Gewissensbisse eine Kaufentscheidung zu treffen. Hier wünsche ich mir beim ordern der Ware mehr Parallelen. Außerdem fordere ich eine ehrliche Kommunikation auf Augenhöhe von meinen Lieferanten. Der Kunde ist unser Partner, der es geschafft hat, uns zu führen und den Markt zu bestimmen. Umso mehr der Händler darauf hört, desto besser können die Lieferanten ihren jetzigen Markt kennen lernen und in richtiger Passform, Größe, Style und Menge produzieren. Damit hat der Händler verkaufbare Styles und bezahlt gerne seine Rechnungen, weil es ihm Spaß macht, diese Labels zu verkaufen und weil sie Umsatz und glückliche Kundinnen bringen.“ Franziska Kuczmera, Bleibtreu Store Berlin
MENSCHLICHER KONTAKT
„In den meisten Fällen klappt die Kommunikationen mit unseren Lieferanten sehr gut. In den Fällen, in denen es nicht klappt, liegt es an einem mangelnden Interesse und Verständnis füreinander. Um ein gutes Gefühl füreinander aufzubauen – der Händler für die Marke und der Lieferant für das Modehaus, an das er liefert –, braucht es menschlichen Kontakt. Wir müssen als Einkäufer zu den Showrooms fahren und uns persönlich mit den Lieferanten und Agenten zusammensetzen. Anders herum würde es den Lieferanten helfen, sich mal ins Auto zu setzen und die Läden anzuschauen, die sie beliefern, um ein Gefühl für die Atmosphäre im Verkauf zu bekommen. Wir alle leben davon, miteinander zu sprechen, aber erst wenn ein guter persönlicher Kontakt da ist, klappt auch die übrige Kommunikation. Wenn das gegenseitige Verständnis da ist, kann man sich besser über Erfahrungen austauschen und eventuelle Probleme angemessen besprechen, die bei der Produktion, Lieferung oder beim Abverkauf auftreten können und auf die man beizeiten Rücksicht nehmen muss.“ Andreas Weitkamp, Geschäftsführer Modehaus Schnitzler
GUT AUSBILDEN
„Wir haben weltweit über 1.500 Händler – deshalb muss die Kommunikation, was die Bestellprozesse angeht, funktionieren. Aus unserer Erfahrung sind die Ausbildung und die Vorbereitung der Personen, die für die Orderprozesse und die Händlerbetreuung verantwortlich sind, der Schlüssel zu einer guten Kommunikation – von den Läden, über die Sales-Agenten bis hin zu unseren Mitarbeitern. Wir haben ein fünfköpfiges Händlerserviceteam, das sich nur mit Fragen rund um den Orderprozess auseinandersetzt: Fragen zu den Produkten, zu Retouren, zu Lieferungen und Nachlieferung, zur Bezahlung und so weiter. Wir schauen uns außerdem digitale Möglichkeiten für Nachbestellungen an, weil man das so potenziell schneller lösen kann. Alles andere ist eine Frage der persönlichen, menschlichen Kommunikation, bei der es darum geht, wie schnell und wie vollständig Händler und Zulieferer Information über Produkte, Lieferung- und Bezahlprozesse miteinander austauschen. Dafür bilden wir unsere Leute so gut wie möglich aus.“ Cristina Paulon, Sales-Manager Parajumpers
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KOMMUNIKATION
Monatliche Analyse
„Vor allem dann, wenn es nicht läuft, versuchen, sich Händler und Marken gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben. Deshalb ist uns ein faires Miteinander wichtig, bei dem Händler und Lieferanten gleichermaßen Verantwortung für eine Verkaufsfläche übernehmen. Viele der Einkäufer sind oft unterwegs und häufig schwer erreichbar, deshalb ist es wichtig, dass gewisse Informationen automatisch ausgetauscht werden. Was wir mit einigen Partnern schon sehr gut umsetzen, ist, dass wir am Anfang des Monats automatisch Verkaufszahlen bekommen und sie analysieren können. Sowohl wir als auch der Händler sehen dann Zahlen, wie die Fläche steht, was läuft, was nicht läuft. Aufgrund der Analyse können wir dann nochmal Empfehlungen für die Flächenbewirtschaftung abgeben. Was wir in Zukunft gerne weiter ausbauen wollen, ist, sich am Ende der Saison nochmal persönlich mit den Einkäufern und Flächenbewirtschaftern zusammenzusetzen. Man hat dann die Zahlen bekommen, analysiert, Empfehlungen abgegeben – auf der Basis kann man im Gespräch schauen, was gut lief und was man besser machen kann, um die alte Saison gemeinsam Revue passieren zu lassen und gestärkt in die neue Saison zu gehen. Weil die Mode so ein leidenschaftliches Produkt ist, benötigt sie persönlichen Austausch mehr als alle anderen Industrien. Bei persönlichen Gesprächen kommen Dinge zur Sprache, die man vielleicht vorher gar nicht gesehen hat oder untergegangen wären. Vor allem in Fällen, in denen es Probleme bei Lieferungs- oder Zahlungsprozessen gibt, setzen wir uns mit den Partnern zusammen und versuchen, das persönlich zu lösen. Gerade bei guten Partnern, mit denen man über die Jahre eine gute Beziehung aufgebaut hat, sind wir bemüht, Schwierigkeiten partnerschaftlich zu lösen, vielleicht zusammen auf moderate Zahlungspläne zu arbeiten, zum Beispiel, wenn unvorhergesehene Dinge wie eine Krankheit oder die Rubelkrise in Russland passieren. Das wollen und das erwarten wir von einer partnerschafltichen Zusammenarbeit.“ Andre Lietz, Sales-Manager D-A-CH-Region Airfield
IN-HOUSE
„Bei der Zusammenarbeit zwischen Händlern und Zulieferern oder Marken sollte die Kommunikationslinie so kurz wie möglich sein – das ist für uns der Anfang eines guten Austauschs. Wir haben vor etwa fünf Jahren aufgehört, mit einer zwischengeschalteten Vertriebsagentur zusammenzuarbeiten, um die Kommunikation zwischen uns und unseren Kunden direkt zu führen. Für den deutschsprachigen Markt haben wir beispielsweise vier sehr engagierte In-House Sales-Manager im Außendienst und drei weitere deutsch sprechende Servicemitarbeiter im Backoffice für direkte Anfragen der Kunden. Auch die Digitalisierung wird uns zukünftig die Kommunikation weiter erleichtern, gerade wenn es zu einem Datenaustausch über Verkaufszahlen und Bestände kommt. Bei unseren größten Kunden arbeiten wir zur Datenerfassung und Wiederaufstockung bereits mit EDE – Electronic Data Interchange-Programmen, so können wir sofort sehen, welcher Schuh verkauft wurde und nachliefern. Daran arbeiten wir weiterhin kontinuierlich und automatisieren Prozesse, die so effizienter werden. Es liegt in unserer Verantwortung einen guten Service für den Händler anzubieten, so wie es in der Verantwortung des Händlers liegt, engagiert mit dem Endkunden zu kommunizieren und ihm das Produkt zu vermitteln. Es ist also eine Kommunikationslinie vom Lieferanten zum Händler und vom Händler zum Endkonsumenten. Kurzum: Es braucht kurze Wege, engagierte Menschen am Markt, die mit dem Konsumenten kommunizieren und die digitalen Hilfsmittel nutzen, um mögliche Prozesse zu automatisieren.“ Pepijn van Bommel, Commercial Director Van Bommel
Nachbestellung optimieren
Als Conceptstore ist bei uns zunächst die Auswahl der Marken wichtig, die zu unserem Konzept passen. Jede Saison sind wir in den Showrooms in Paris, um uns die Produkte anzuschauen und die Designer kennen zu lernen. Da die meisten Labels sehr individuell sind, ist auch der persönliche Kontakt zum Team eng und die Kommunikation läuft in der Regel gut – wir kennen die Produkte und die Marken und die Labels kennen unseren Laden, da der persönliche Austausch da ist. Bei Problemen mit den Produkten oder Retouren ist es in der Regel so, dass wir nach Erhalt der Ware Fotos machen und weitere Schritte über E-Mail erfolgen, was bisher gut funktioniert hat. Optimierbar ist vor allem der Prozess der Nachbestellung. Manchmal sind Produkte, die bei uns ausverkauft sind und die wir nachbestellen wollen, auch bei den Marken vergriffen. Da könnte die Marke zum Beispiel ein Portal schaffen, auf dem man sehen kann, in welchen anderen Läden das jeweilige Produkt noch verfügbar ist. Da die meisten Stores bereits Onlinepräsenzen haben, könnte man es darüber lösen und damit sowohl der Marke als auch dem Laden und Kunden helfen.“ Huy-Thong Tran-Mai, Geschäftsführer Oukan Concept Store
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KOMMUNIKATION
ZWEI GÄNGE HÖHER
„Man kann in den meisten Fällen sagen, dass die Kommunikation zwischen Agenturen, Marken und Händlern katastrophal bis nicht vorhanden ist. Das beginnt bei ganz einfachen Problemen wie Erreichbarkeit, Zuverlässigkeit, Retourenbearbeitung, Abholung der Ware und reicht bis zum Brand Building einer Marke und der damit verbundenen Betreuung. Bei 98 Prozent der Agenturen handelt es sich um reine Verkäufer – fachlich meist auch noch schlecht. Von Markenaufbau und Markenpflege hat nahezu keiner ein Verständnis. Alte persönliche Freundschaften werden da schnell mal über das Wohl einer Marke gestellt und somit dem Ausverkauf von Marken Tür und Tor geöffnet. Das macht es dem Einzelhändler extrem schwer, Treue zu Marken zu bewahren und den Kunden eine gewisse Kontinuität zu bieten. Ich würde mir wünschen, dass die Agenturen in Sachen Kommunikation und Professionalität zwei Gänge höher schalten. Mehr Transparenz und Loyalität sind für beide Seiten unabdingbar.“ Iris Jorde, Amorph Berlin
WER SCHUMMELT, FLIEGT
„Das Fashionsystem ist gerade an seinem Tiefpunkt angelangt. Alle haben rücksichtslos über Jahre geschummelt und gierig Geld gemacht: Der Vertrieb hat zu viele Händler beliefert, der Produzent hat Tophändler und eigene Outlets betrieben, nebeneinander, in der gleichen Stadt, das Verhältnis ist deshalb doch sehr gestört und man traut sich gegenseitig nicht. Dieser Tiefpunkt wird aber überwunden werden, wenn wieder Qualität reinkommt – in der Distribution und im Laden, selbst wenn der Händler klarer und konsequenter mit den Lieferanten umgeht. Wer schummelt, muss rausfliegen, auch wenn die Marke noch so gute Performance liefert. Das ist lange nicht gemacht worden. Der Lieferant muss in diesem Moment definitiv nicht nur verkaufen, sondern auch einen After-Sale-Service implementieren und besser kommunizieren: Was ist auf Lager, was kann ich dir tauschen, soll ich dein Team schulen? Wenngleich es leider häufig vorkommt, dass viele Einzelhändler dem alten System anhängen und eine solche Kooperation oft nicht annehmen, denn sie sind es nicht gewohnt.“ Patrick Coppolecchia Reinartz, Inhaber Agentur D-tails
Gegenseitige Wertschätzung
„Zufriedene Kunden kommen wieder. Der Spruch ist redlich ausgeleiert, aber jeder in der Branche kennt ihn: Der Kunde ist König. Also versuchen wir uns als Händler im schwierigen Tagesgeschäft in dieser Disziplin. Der überwiegende Teil unserer Partner und Agenturen, mit denen wir seit vielen Jahren zusammenarbeiten, sieht das ebenso. Solch eine Partnerschaft befruchtet sich durch gegenseitige Wertschätzung, Verlässlichkeit, ehrliches Interesse und Verständnis für die Bedürfnisse beider Seiten – alles im Rahmen des Möglichen. Als Schnittstelle zwischen Industrie und Handel ist das eine Aufgabe, die viel Feingefühl erfordert, sicher nicht immer einfach, aber langfristig der richtige Weg ist. Da macht die Zusammenarbeit Freude. Nachhaltig für beide Seiten. Und hat der Händler Freude und den Rücken frei, kann er sich auf das konzentrieren, worum es allen eigentlich nur geht, Mode an den Mann und an die Frau zu bringen. Hier wissen die Agenturen um die Verlängerung ihrer eigenen Achse. Leider gibt es aber auch Agenturen, die die Kommunikation nur dann perfekt beherrschen, wenn der Einkäufer auf dem Messestand oder zur Orderrunde im Showroom ist. Da wird sich ordentlich auf die Schulter geklopft, heut ist alles schön. Taucht dann, angenommen durch fehlende Kommunikation der Agentur, zwischen Hersteller und Händler ein Problem auf, überwiegen schnell die eigenen Interessen. Ja, die Kuh nicht ärgern, die mir Milch gibt, der Kunde hat ja schon gekauft. Schließlich hat die Agentur die Marken, die der Kunde haben möchte. Solang, so gut. Manchmal kommen auch unzufriedene Kunden wieder, manchmal aber auch nicht.“ Torsten Mansfeld, Inhaber Bazar Royal Leipzig
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KOMMUNIKATION
DIREKTER GEHT’S NICHT Online ist erfolgreich, keine Frage, und wächst weiterhin. Lässt das den stationären Handel chancenlos zurück? Eher im Gegenteil. Denn niemand kann besser, was ohnehin dessen Königsdisziplin ist: nämlich persönliches Stammkundenmarketing. Und das hat sich, nicht zuletzt dem Internet sei Dank, neue Wege erschlossen. Text: Nicoletta Schaper. Illustration: Claudia Meitert@Caroline Seidler
Es schüttet wie aus Kübeln bei ungemütlichen Temperaturen um null Grad. Ein Wetter, bei dem man keinen Hund vor die Tür jagt, geschweige denn shoppen geht. Dennoch: Im Regensburger Store Bella Donna herrscht reger Betrieb. Man trifft sich. Zum letzten Sale-Aufruf zum Abschluss der Wintersaison haben sich die Stammkundinnen miteinander auf einen Prosecco im Store verabredet. Bei angeregtem Plaudern werden neueste Trends anprobiert, die ohnehin viel mehr locken als der Sale. Dazu gibt’s Grissini und frischen Parmesan, wie bei einer Party. Gegen Abend verlassen die Frauen den Laden, glücklich und mit vollen Einkaufstüten. „Wir hatten einen Bombenumsatz“, freut sich Storeinhaberin Katrin Koller-van-Eersel. „Dabei haben wir gedacht, bei dem Wetter kommt kein Mensch.“ Der Laden als Treffpunkt
Dass die Kunden gekommen sind, haben sich Ulrike Koller und ihre Tochter Katrin Koller-van-Eersel im wahrsten Sinne des Wortes erarbeitet. Bella Donna ist ihr zweiter Store, neben einer Filiale im oberpfälzischen Weiden. Das Konzept gibt es seit 30 Jahren und einige Kunden kaufen seit Beginn. Die beiden Frauen haben verinnerlicht, wie wichtig es ist, mit dem Geschäft im Gespräch zu bleiben. Denn kaum ein Händler kann sich noch darauf verlassen, dass die Kunden einfach so
kommen. „Es ist wichtig, sich immer wieder in Erinnerung zu bringen“, sagt Koller-van-Eersel. „Dabei hat sich allerdings die Kundenansprache vor allem in den letzten zwei Jahren extrem gewandelt. Früher haben wir die Kundin angerufen, um ihr von den neuesten Trends zu erzählen. Heute hat sich das stark auf Facebook und Whatsapp verlagert.“ So kam auch der Sale-Aufruf als Post auf Facebook, als unverbindliches Angebot. Gezielter sind die Angebote, die auf die jeweiligen Kunden speziell zugeschnitten sind. „Wenn neue Ware kommt, ist es die Aufgabe einer jeden Verkäuferin, ihr Tablet zur Hand zu nehmen und an die Kundin zu schreiben“, so Katrin Koller-van-Eersel. „Zum Beispiel fotografiert sie sich selbst in dem neuen Acne Studios Outfit und schickt das Bild per Whatsapp an die Kundin, die Fan der Marke ist.“ Auch Andrea Reimann, Inhaberin von Lillas, postet täglich auf Facebook – zum Beispiel die neuen Arrivals im Laden oder auch Bilder von den Messen als Preview. „Dabei geht es gar nicht um viele Klicks und Likes, denn selbst ein Bild ohne Likes hat zum Erfolg, dass die Ware auf jeden Fall am nächsten Tag verkauft ist“, sagt die Dortmunder Händlerin. „Und diese Akzeptanz wächst, auch bei denjenigen, die noch vor zwei Jahren gesagt haben, dass sie online nicht aktiv seien.“ Zusätzlich textet Andrea
Diana Sponsel, Inhaberin Maingold: „Alles, was nah am Kunden ist, ist gut. Persönlich ist unsere einzige Chance, um gegen online zu bestehen.“
Helmut Eder, Inhaber Helmut Eder Kitzbühel: „Wir merken, dass der Kunde vielfach zurückkommt zum stationären Handel.“
Reimann an ihre Kundinnen persönlich auf Whatsapp. „Allerdings nicht ohne vorher die Einwilligung eingeholt zu haben“, betont Andrea Reimann, „denn natürlich darf es nie aufdringlich sein.“ Dass auch der richtige Zeitpunkt eine sensible Sache ist, weiß Sue Giers, Geschäftsführerin von Linette in Hamburg. Vor allem tritt sie über Instagram, Facebook und ihren Blog auf Gala.de mit ihren Kundinnen in Kontakt und postet zweimal pro Woche Outfits und Neuigkeiten aus der Boutique. „Es ist unglaublich schwer, mit der Kundin in Kontakt zu treten, weil sie im hochpreisigen Segment schon alles hat“, sagt Sue Giers. „Man sollte es aber früh tun, wenn gerade neue Sachen ankommen und die Kundin persönlich und exklusiv ansprechen.“ Der richtige Moment ist aber oftmals von der Stimmung der Kundin und vom Wetter abhängig. Sich in der Sales-Phase in Erinnerung zu bringen, macht für Sue Giers allerdings wenig Sinn. „Zu dem Zeitpunkt hat die Kundin gerade einen Haufen Sachen gekauft, die sie nicht braucht und vielleicht gar nicht wollte. Deshalb habe ich mich auch vom Valentins-Newsletter im
Yasemin Demirci, Inhaberin Schneeweiss und Rosenrot: „Es geht darum, aufmerksam zu sein, wie in einer Freundschaft. Und darum, dass Frauen, die unsicher sind, mit einem sicheren Gefühl den Laden verlassen. Dieses Gefühl können wir ihnen vermitteln. Das kann man nicht verkaufen.“
Februar verabschiedet, weil der komplett untergeht.“ Diana Sponsel, Inhaberin Maingold in Würzburg, hat mit ihren Mitarbeiterinnen bereits vor vier Jahren begonnen, über Instagram zu kommunizieren. „Es geht um Bilder, die nicht nur Produkt zeigen, sondern eine Geschichte erzählen, wie die Highheels auf dem Acapulco Chair“, so Diana Sponsel. „Anfangs hatte ich befürchtet, dass die Bilderflut zu viel wird, aber je mehr desto besser. Wir verkaufen mittlerweile sehr gut darüber.“ Und das erhöht auch die Frequenz im Laden: Für einen geposteten Schal kommen am Tag 15 Kundinnen, die explizit danach fragen. Aber auch wenn die Ansprache online sehr gut funktioniert: Einen Onlineshop zu führen, hat Diana Sponsel style in progress 216
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nie vorgehabt. „Im Netz können wir kaum mit den Spezialisten konkurrieren. Wir sind gut in genau dem, was wir machen.“ Der Laden als Marke
Zwar gibt Online gerade den Takt vor – aber gute stationäre Händler nutzen ihre Möglichkeiten, auf den persönlichen Bedarf noch viel besser einzugehen. Die Kunden von Helmut Eder kommen viel in der Welt herum, sie könnten überall kaufen. Am liebsten tun sie es aber bei Helmut Eder in Kitzbühel. Zum einen, weil sie ihre Berater dort oft schon lange kennen. „Die Beziehungen sind gewachsen, oft freundschaftlich“, so Helmut Eder. „Manche Kunden aus München und aus Wien sind jedes Wochenende in Kitzbühel und schauen dann gern bei uns rein. Der persönliche Draht, das ist einfach das Allerwichtigste.“ Dafür bringt sich das Konzept Helmut Eder alle zehn Tage per Newsletter in Erinnerung und sendet zusätzlich an Stammkunden Fotos ihrer Lieblingslooks, gemacht im hauseigenen Fotoatelier: das Traumkleid von Valentino, die neuen Highheels von Gianvito Rossi. „Dann kommt oft ein schnelles Feedback per Mail oder ein Anruf mit dem Wunsch, das Outfit zuzusenden. Und das machen wir unentgeltlich, ebenso wie unser Änderungsservice kostenlos ist.“ Dazu bietet das Sortiment Andrea Reimann, Inhaberin Lillas Dortmund und Kirchhörde: „Ich liebe meine Arbeit, die Kunden spüren das. Manchmal fahre ich noch am späten Abend in den Laden, wenn die Kundin einen Personal-ShoppingTermin haben will. Online kann sie ja auch jederzeit einkaufen.“
Katrin Koller-van-Eersel, Inhaberin Bella Donna Regensburg und Weiden: „Wir haben immer schon viel Kontakt gehalten mit unseren Kunden. Neu hinzugekommen ist der Weg über Social Media.“
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immer etwas Neues, denn es darf nie langweilig sein. „Jetzt haben wir auch wieder Chloé im Sortiment, weil die Marke erneut stark geworden ist, oder den Newcomer Philosophy di Lorenzo Serafini. Das honorieren die Kunden sehr, das wissen sie: Wenn es etwas Neues gibt – Helmut Eder hat es.“ Von großen Events, wie er sie früher gemacht hat, ist Helmut Eder heute eher abgekommen. „Ich glaube, die Zeit der großen Events ist ein bisserl vorbei. Die Kunden sind heute so stark gefordert mit Terminen, und wer nur wenig Zeit hat, verbringt die lieber bei einem entspannten Abendessen.“ Was aber nie seinen Zauber verloren hat, ist das spontane Get-Together im Store. Um Weihnachten ist High Life bei Helmut Eder, die umsatzstärkste Zeit. „Es ist sehr voll und wir haben auch oft länger geöffnet. Irgendwo haben unsere Kunden es ja auch gern, wenn es ein bisschen rundgeht.“ Bei Bella Donna gibt’s jeden Samstag im Advent etwas Erlesenes für die anspruchsvolle Klientel: Selbstgemachte Pralinen von einer Mitarbeiterin, die auch Gourmetköchin ist, Harfenmusik life oder Jazzmusik am Klavier mit Saxophonbegleitung. Im Münchner Store Stereo bietet mal an einem Novembersamstag Schuhputzer Turan Balci seine Dienste an. Oder David Fechner vom Münchner Barber Shop macht Nassrasur und trimmt Bärte. Das ist etwas Besonderes, das zur anspruchsvollen Szeneklientel passt – und darüber hinaus die perfekte Promotion der Mühle Barberprodukte, die es bei Stereo zu kaufen gibt. Das Café als bestes Tool
Stereo gibt es erst seit zwei Jahren, dennoch hat sich der Laden von Henrik Soller und Florian Ranft von der Agentur Komet und Helden in kurzer Zeit eine Fangemeinde erarbeitet. Und zwar, weil sie instinktiv das Richtige getan und im Obergeschoss ein Café eröffnet haben, mit amerikanischen Kaffeesorten, hausgemachtem Kuchen oder besonderen Smoothies. Geführt von Arnold Jäger, bekannt in Münchens Nightlife- und Gastroszene. Auch das hat dafür gesorgt, dass sich Stereo schnell
Sue Giers, Inhaberin Linette Hamburg: „Es ist unglaublich schwer, mit der Kundin in Kontakt zu treten, weil sie im hochpreisigen Segment schon alles hat. Man sollte es aber früh tun, wenn gerade neue Sachen ankommen und die Kundin persönlich und exklusiv ansprechen.“
Florian Ranft, Inhaber Stereo: „Wir haben durch unseren Laden enorm viel gelernt für uns als Agentur. Und wir wissen nach vier Saisons viel besser, was die Kunden von uns erwarten und was nicht.“
eine Fangemeinde erschlossen hat. Wer ins Café will, geht ein Stück durch den Laden. Sofort hat das Ganze etwas Zwangloses und der Laden keine Hemmschwelle. „Du hast gleich einen ganz anderen Draht zu den Leuten“, so Florian Ranft. „Wer reinkommt, fragt oft gleich nach seinen Lieblingsverkäufern, viele haben auch vorab einen Termin online über Book your Appointment ausgemacht. Unsere Verkäufer bereiten sich dann darauf vor und stellen eine persönliche Auswahl zusammen. Genauso machen wir es auch mit unseren Handelskunden in der Agentur“, sagt Florian Ranft. „Wir selektieren vor, sodass der Kunde spürt, du hast dir vorher Gedanken gemacht. Vor allem hast du ihm die Auswahl extrem vereinfacht, das schätzen alle, die wenig Zeit haben. Du hast nur einen Schuss, und der muss sitzen.“ Je persönlicher die Auswahl ist, desto besser, weiß auch Diana Sponsel. „Wir haben uns mit dem Sortiment immer stärker auf unsere Kunden eingestellt. Unser Service, den Kunden eine Tüte mit ihren Lieblingsmarken zusammenzustellen, hat stark zugenommen.“ Role Model, Vertraute und Freundin
Yasemin Demirci führt in Wien die zwei Stores Schneeweiss und Rosenrot. Vor allem der seit
2008 etablierte Store Schneeweiss lebt mit nur 60 Quadratmetern Ladenfläche von der Intimität und von der Exklusivität. „Wenn ein Geschäft sich erst etabliert hat, lässt sich die Kundin wirklich auf den Laden ein“, erklärt Yasemin Demirci. „Sie richtet ihren Kleiderschrank nach uns aus und vertraut auf uns als modische Kompetenz. Online shoppen kommt für meine Kunden in der Regel nicht in Frage. Sie möchten sich nicht mühsam auf die Suche im Netz begeben, sondern vertrauen lieber auf uns und unsere Beratung.“ Auch dass Yasemin Demirci ebenso wie ihre Mitarbeiter die persönlichen Lebensumstände ihrer jeweiligen Kunden kennt, macht sie zur Vertrauten und zur Freundin. „Wichtig ist aber, dass eine Verkäuferin eine Persönlichkeit hat, es muss was rüberkommen. Sonst fällt es der Kundin sehr schwer, sich auf sie einzulassen.“ Letztendlich gibt Persönlichkeit den Ausschlag. „Ich war neulich in Prag zu Besuch bei einer unserer besten Kundinnen“, erzählt Katrin Koller-van-Eersel. „Ich habe sie gefragt, warum kaufst du bei uns in Regensburg, wo du in Prag doch auch alle Marken haben kannst? Sie zeigte mir die üblichen Monolabelstores, aber auch Multibrandhändler, mit vier bis fünf Marken im Store und zehn Zentimeter Abstand zwischen den Bügeln, wie in einem Atelier. ‚Das Besondere an dir und Bella Donna ist, dass du einen ganz speziellen Bella-Donna-Mix hast, woraus du mir meinen persönlichen Style zusammensetzt‘, hat sie zu mir gesagt. ‚Wenn ich zu dir komme, liest mein Mann die Autozeitschrift und trinkt einen guten Kaffee, wir haben beide unseren Spaß und ich am Ende meinen tollen und ganz individuellen Style.‘“ Dass die Konkurrenz groß ist und auch Onliner mit Curated Shopping locken – dessen ist sich Koller-van-Eersel durchaus bewusst. „Auch hier in Regensburg ist man fünf Meter weiter im nächsten Geschäft, und in keinem schlechten. Es gibt so viele Möglichkeiten, zu kaufen! Umso mehr müssen wir immer um einen Punkt besser sein.“
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KOMMUNIKATION
GIB MIR mein Herz ZURÜCK Erwacht aus seiner Schockstarre, meldet sich der Modefachhandel mit Curated-Shopping-Angeboten zurück. Mit der Ambition, es besser als die Start-ups ohne Handels tradition zu machen. Text: Martina Müllner. Illustration: Claudia Meitert@Caroline Seidler. Fotos: Gesprächspartner „Outfits zusammenstellen, das ist unsere Kompetenz seit 120 Jahren“, sagt Benjamin Brink vom Modehaus Garhammer im bayerischen Waldkirchen. Als Leiter Onlinemarketing verantwortet er den Launch des Curated-Shopping-Angebots. „Das ist unsere DNA, unsere Kernkompetenz, wir mussten uns das nicht erst aneignen, sondern unsere Modeberater machen tagtäglich nichts anderes als das.“ Olivier Wöhrl, Vorstandsvorsitzender der Rudolf Wöhrl AG: „80 Jahre lang hat der Kunde uns gegenüber sein Bedürfnis an Mode formuliert und wir haben für ihn aus unserem unendlichen Angebot ausgewählt, was passend ist. Mit Curated Shopping übersetzen wir diese Kompetenz in eine moderne, zeitgemäße Form. Der Kunde hat ja durch viele andere Anbieter im E-Commerce gelernt, dass er seinen Bedarf jederzeit erfüllen kann. Nicht durch Ladenöffnungszeiten beschränkt oder lokal gebunden, sondern selbstbestimmt. Ein wichtiger Wachstumsfaktor des E-Commerce. Doch bei all der Selbstbestimmtheit fühlen sich auch viele Kunden erschlagen von der Auswahl und brechen den Onlineeinkauf ab, weil sie dann eben doch nicht diese
große Sicherheit spüren, sich ein gesamtes Outfit selbst zusammenzustellen. Da setzen wir mit myoutfit an: Wir geben unseren Kunden die Möglichkeit, zu bestellen, wenn sie den Bedarf spüren – und schlagen die Brücke zum Know-how unserer Modeberater, die tagtäglich auf der Fläche stehen und unsere Kunden auch da beraten.“ Alte Liebe, neuer Anstrich
Der Verkaufsberater aus dem Laden – dieses As in der Hand spielt der Handel gerne. Dabei verwundert, dass es so lange gedauert hat, ehe der traditionelle Handel für die Idee des Curated Shopping entflammt ist – gehören doch Auswahlsendungen für viele Retailer seit jeher zur Routine. „Klar, im Grunde ist Curated Shopping die Auswahlsendung mit modernen Mitteln – doch bisher war es kein etablierter Kanal. Selbstverständlich haben wir, ganz im Sinne unserer Servicephilosophie, auch früher schon in Einzelfällen Auswahlen verschickt, aber eben nur im Zuge von Sonderanfragen, wenn beispielsweise eine Kundin telefonisch darum gebeten hat. Jetzt ist es ein etabliertes Angebot, das wir allen Kunden öffnen wollen – und die Resonanz überrascht
uns positiv“, so Benjamin Brink. Bei Garhammer, die ihr Curated-Shopping-Angebot am 21. Dezember 2015 im Softlaunch gestartet haben, macht der Service doppelt Sinn. Drei Stunden und mehr Anfahrtszeit nehmen viele Kunden auf sich, um bei Garhammer einzukaufen – diese Loyalität soll das Curated-Shopping-Angebot nutzen. „Aber keinesfalls ersetzen. Denn der Kunde will und soll ja das Erlebnis Garhammer nicht missen. Wir wussten aber von Anfang an, dass dem Angebot der gleiche Servicegedanke und die gleiche Qualität in der Ansprache wie beim Shopping vor Ort innewohnen muss.“ Mit bestehenden Kunden neue oder häufiger Geschäfte zu machen, ist nur einer der Vorteile, die etablierte Händler im Curated Shopping sehen. „Wir sind ab dem ersten Paket profitabel“, sagt Peter Schmidt, Leiter Corporate Development & Multichannel bei Wöhrl. „Die hohen Warenkörbe machen es möglich. Das Geschäft, ein Paar schwarze Socken zu verschicken, können weiterhin gerne die logistikgetriebenen Player auf dem Markt übernehmen. Das ist nicht unsere Kernkompetenz. Wir sind Händler, wir können Mode, wir können Beratung, wir können fashiongetrieben Outfits zusammenstellen.“ Start-up-Stylist vs. Verkaufsberater mit Tradition
Curated Shopping hat – allem berechtigten Hype zum Trotz – einen großen Haken. Wenn Stylisten Outfits zusammenstellen, dann tun sie das unter optischen Gesichtspunkten. Ein Händler aber hat mehr Interessen, als nur gut zu beraten – zum Beispiel will er einen Artikel, den er schon lange im Bestand hat, zuerst loswerden oder von einem Schuhmodell die eine Restgröße empfehlen. Bei einem Warenbestyle in progress 216
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„Wir geben unseren Kunden die Möglichkeit, zu bestellen, wenn sie den Bedarf spüren – und schlagen die Brücke zum Know-how unserer Modeberater, die tagtäglich auf der Fläche stehen.“ Olivier Wöhrl, Vorstandsvorsitzender Rudolf Wöhrl AG
stand, wie ihn zum Beispiel Zalando hortet, für einen Mensch ein Ding der Unmöglichkeit. Wie soll Lenci, Fashion Art Director aus Hamburg und Stylistin für Zalon ahnen, welches Paar Schuhe Zalando bald hohe Abschriften beschert? Verbinde das Beste
Eric Jankowfsky kennt den E-Commerce seit mehr als 20 Jahren, hat mehrere Modefirmen beraten, deren Onlineshops umgesetzt und war Gründer einer erfolgreichen deutschen Webshop-Software. Mit seinem neuen Produkt POSeidon will er dem Handel ein Tool geben, die Vorteile des Onlineshoppings auf die Fläche zu holen. Am Tablet des Verkäufers werden nicht nur Produktinformationen abgerufen und Artikel anderer Filialen oder des Zentrallagers verfügbar gemacht. „Am Ende eines Verkaufsgesprächs heißt es oft: Das muss ich mir jetzt noch überlegen. Da wir den Warenkorb per BeamBasket-Technologie an das Smartphone des Kunden übergeben, kann er das auch – und dann zeitunabhängig bestellen.“ Multichannel, wie es im Lehrbuch steht. Das Modell eignet sich für Händler mit mehreren Filialen gleichermaßen wie für Hersteller, die eigene Shops betreiben. Fragt das Gretchen: Was kostet der Spaß? „Curated Shopping war für uns der erste Schritt in eine digitale Zukunft“, sagt Ben216 style in progress
jamin Brink von Garhammer, „mit vergleichsweise niedrigen Kosten. Wir haben kein zusätzliches Personal eingestellt, sondern können das Aufkommen mit dem bestehenden Mitarbeiterstamm bewältigen.“ Schöner Nebeneffekt: „Die Kunden greifen meist außerhalb unserer regulären Ladenöffnungszeiten auf unser Onlineangebot zurück, wie etwa am Wochenende. Wir haben somit die Möglichkeit, an einem Montag die individuellen myoutfit-Boxen in frequenzärmeren Stunden zusammenzustellen, und erzielen so eine gute Auslastung“, erzählt Peter Schmidt von Wöhrl. Fahrender Zug
13 Millionen Euro Investorengeld hat Outfittery 2014 eingesammelt, 2015 noch einmal 20 Millionen US-Dollar. Geld, das nicht nur in die 300 Mitarbeiter an den Standorten Berlin und Düsseldorf fließt, sondern auch in die Werbung und von dem heute all jene profitieren, die aus der Nische ein Wachstumssegment machen. „Natürlich haben Start-ups und Investoren diese Nische entwickelt und bekannt gemacht. Doch das Spannendende ist, dass der Onlinehandel sich in dieser Zeit auch viel vom stationären Handel abgeschaut hat“, sagt Peter Schmidt. „Curated Shopping ist ja eine Antwort auf den Onlinehandel der ersten Stunde, der vor allem neu war und mit seiner Convenience, großer Auswahl, Preisvorteil und Verfügbarkeit gelockt hat. Aber eben auch überfordert hat. Dass der originär so wenig servicegetriebene Onlinehandel „Der stationäre Handel braucht ein Tool, die Convenience des Onlinehandels auf die Fläche zu holen.“ Eric Jankowsky, CEO POSeidon
„Dem Angebot muss der gleiche Servicegedanke und die gleiche Qualität in der Ansprache wie beim Shopping vor Ort innewohnen.“ Bejamin Brink, Leiter Onlinemarketing Garhammer
jetzt immer mehr stationäre Elemente in seine Beratung einbaut, ist ja nicht nur im Bereich Fashion so. Und hier treten wir auf den Plan und sagen: Wir haben Kernkompetenzen, wir haben Eckpfeiler, auf denen wir unser Unternehmen seit über 80 Jahren erfolgreich betreiben, und beim Thema Curated Shopping gibt es eine Schnittmenge, in der wir sehr große Stärken sehen, sodass wir sagen: Auf Basis unserer Kompetenz und unserer Überzeugung, dass wir das deutlich besser können, steigen wir in diesen Markt jetzt ein.“ Ich weiß, was du letzten Sommer gekauft hast
Man muss nicht erst das Wort Big Data strapazieren, um zu verstehen, dass der stationäre Handel noch eine Trumpfkarte mehr in Händen hält: Wissen über den Kunden. Egal, ob die langjährige Verkaufsberaterin ihre Kunden auch beim Curated Shopping bedienen kann oder durch den Blick in die stationäre Transaktionshistorie – die Kundenkarten (er-)zählen viel – Fettnäpfchen und No-Gos geschickt umschifft werden. Der Handel hat gute Chancen, seine Beziehung mit dem Kunden in eine hohe Trefferquote zu verwandeln. „Eine Box, von der nichts zurückgesendet wird, macht den Verkaufsberater natürlich stolz“, erzählt Benjamin Brink. „Aber das ist nicht unsere Messlatte. Wir haben Curated Shopping auch nicht mit dem Ziel gestartet,
„Auf Basis unserer Kompetenz und unserer Überzeugung, dass wir es deutlich besser können, steigen wir in den Curated-Shopping-Markt jetzt ein.“ Peter Schmidt, Leiter Corporate Development & Multichannel Rudolf Wöhrl AG
einen Betrag X an Umsatz im Zeitraum Y zu machen – umso mehr freut uns, wie positiv das Angebot angenommen wird. Das Erstaunlichste ist, dass selbst in der Phase, in der wir den Dienst noch nicht beworben haben, nicht nur Stammkunden bestellen. Wir lernen also auch neue Kunden kennen, was uns besonders freut. Das bedeutet: Das Onlinegeschäft zieht auch neue Kunden für den stationären Handel an.“ Bei Wöhrl ist man überrascht über den „zweistelligen Bereich an Kunden, die sich ihr Outfit nicht nach Hause schicken lassen, sondern über myoutfit einen Beratungstermin in der Filiale vereinbaren. Damit haben wir als stationärer Händler unser Ziel erreicht: Einen Kunden, der sonst vielleicht nicht kauft, in die Filiale zu bringen, ihm dort ein VIP-Einkaufserlebnis mit persönlicher Beratung zu bieten. Keine Retouren und all unsere Kompetenzen in Bestform“, schwärmt Peter Schmidt.
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„BEIM KUNDEN PUNKTET MAN NUR MIT 1-A-SERVICE“ Jetzt wird’s kuschelig in der Nische: Branchenprimus Outfittery kann jeden Tag verfolgen, wie sein Beispiel Schule macht. style in progress hat mit Gründerin Julia Bösch über das Verbindende und das Trennende zwischen den beiden Welten gesprochen. Interview: Martina Müllner. Foto: Outfittery
First Mover wie Out fittery haben das Feld Curated Shopping eröffnet und bekannt gemacht – jetzt springen etablierte Händler wie Wöhrl, Konen oder Garhammer auf den Zug auf. Wie beurteilen Sie das?
Curated Shopping ist die kundenorientierte Weiterentwicklung des Onlinehandels und damit die Zukunft. Jeder weitere Markteintritt unterstreicht, dass der kuratierte Einkauf die nächste Evolutionsstufe im E-Commerce ist. Dass immer mehr Anbieter diese neue Form des Onlineshoppens anbieten, ist somit ein natürlicher Prozess und zeigt, wie groß das
Potenzial dieses Marktes ist. Im Gegensatz zu den Nachzüglern setzen wir jedoch ausschließlich und nachhaltig auf Personal Shopping, weshalb die erstklassige und individuelle Beratung im Online- und Mobile-Commerce auch unsere Kernkompetenz ist. Das ist sicherlich auch der Grund, warum wir bei fast allen Tests im Bereich Curated Shopping als Testsieger hervorgegangen sind, wie beispielsweise jüngst beim Test durch die Deutsche Gesellschaft für Verbraucherstudien mbH (DtGV). Beim Kunden punktet man nur mit einem 1-a-Service, was wiederrum ein engagiertes und hochspezialisiertes Team erfordert – und genau darauf setzen wir.
Gibt es Vorteile, um den Sie Ihre neuen Mitbewerber beneiden?
Unsere mehr als 150 Stylisten kennen ihre jeweiligen Kunden persönlich, denn der persönliche Kontakt zum Kunden ist fester Bestandteil unseres Konzepts. Natürlich haben wir als Onliner kein Filialnetz – hierin sehen wir aber eher einen Kostenvorteil gegenüber dem stationären Handel. Da unsere Stylisten vorwiegend aus dem Modebereich und oft auch Einzelhandel kommen, sind wir gut aufgestellt und können unseren Kunden einen Topservice bieten. Auch was die Kundenhistorie angeht, sehen wir uns als Onliner eher im Vorteil. Dennoch ruhen wir uns nicht auf unserem Erfolg aus und arbeiten gemeinsam mit unserem Team jeden Tag daran, noch besser zu werden. Grundsätzlich geht es nicht um die Frage On- oder Offline. Beide Welten haben ihre Berechtigung und werden auch zukünftig bestehen. Es geht vielmehr darum, das Beste aus beiden Welten miteinander zu verbinden. Und genau das realisiert Curated Shopping. Gibt es Vorteile, um die Sie Ihre neuen Mitbewerber beneiden sollten?
VorzeigeGründerin Julia Bösch hat mit Outfittery aus einer Nische einen Markt gemacht.
On- und Offlinehandel müssen sich nicht gegenseitig beneiden, sondern können gegenseitig voneinander lernen und profitieren. So wie wir vom stationären Handel gelernt haben, dass persönliche Beratung wichtig ist, kann der stationäre Handel natürlich auch vom E-Commerce
lernen. Wir sehen uns als Digital Natives und dementsprechend treiben wir digitale Innovationen voran, wie beispielsweise die Beratung über Whatsapp, die wir als erster Onlinehändler in Deutschland eingeführt haben. Die Konsumenten werden zunehmend anspruchsvoller. Hierauf reagieren wir mit der stetigen Verbesserung unseres Services. Ein Beispiel: Seit einigen Wochen bieten wir einen Pick-up-Service an. Das heißt, wir holen die Pakete bequem beim Kunden ab – egal ob zu Hause oder im Büro.
Ist es denn auch für Outfittery denkbar, irgendwann vom Pure Online Player zu einem Geschäftsmodell überzugehen, in dem der persönliche Kontakt (von Angesicht zu Angesicht) zu Ihren Kunden eine größere Rolle spielt?
Wir sind zwar ein Onlineanbieter, dennoch haben wir mit unseren Kunden reale Kontaktpunkte. Ob das nun unser Showroom in unserem Office in Berlin ist, das persönliche Beratungsgespräch am Telefon oder ein Chat via Whatsapp. Mit unserem damaligen Pop-up-Store am Hamburger Flughafen haben wir auch schon erste Schritte in der Offlinewelt unternommen. Wir sind innovationsfreudig und werden sicherlich auch noch andere Konzepte in Zukunft testen. Unser Kerngeschäft ist und bleibt aber online. Es gibt Stimmen aus der Industrie, die sagen: Onlinehändler verkaufen vor allem das, was sicher ist – das modische kommt da oft zu kurz. Können Sie diese Beobachtung teilen oder widerlegen?
Das sehen wir anders. Gerade im Onlinehandel hat man aufgrund der großen Reichweite die Möglichkeit, auch auf modische Artikel zu setzen. Auf welches Sortiment wir setzen, hängt für uns am Ende mehr davon ab, was sich der Kunde wünscht und wie wir das am besten erfüllen können. Wir würden uns keinen Gefallen tun, unseren Kunden Sachen zu schicken, die ihn nicht ansprechen.
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BLOGGER: Taktgeber, Schnorrer – ODER GANZ WAS NEUES? Wir kennen die besten Modeblogger und Instagram-Stars für das Jahr 2016. Aber wir verraten sie nicht. Wir wollen ja niemanden ins Unglück stürzen. Denn, wer die Gesichter der nächsten Kampagne aus Influencer-Rankings pflückt, macht einen Fehler, der nicht nur Geld kostet, sondern auch das Markenimage beschädigen kann. Ja, das Verhältnis zwischen Mode-PR und Bloggern ist kompliziert – und birgt ungeahnte Chancen. Text: Petrina Engelke. Illustration: Claudia Meitert
15.000 US-Dollar für ein einziges, selbstgeschossenes Foto auf Instagram. Oder gar 100.000? Ganz genau weiß niemand, welche Summen Spitzenblogger von Mode- und Beautymarken für sogenannte „Sponsored Posts“ kassieren, weil beide Seiten darüber genauso schweigen wie Großkonzerne über die Kosten ihres Super-Bowl-Spots. Fest steht aber: Die fixe Idee, mit Blogs Geld zu verdienen, ist Realität geworden. US-Bloggerinnen wie Aimee Song (Song of Style), Julie Sarinana (Sincerely Jules) und Danielle Bernstein (We Wore What) sind nicht nur Follower-Millionäre. Ein bis drei Millionen im Jahr, so munkelt man, steckt eine Top-Bloggerin ins gesponserte Designertäschchen. Und der tägliche Einblick in das dazugehörige Jetset-Leben zwischen London Fashion Week, Blumenladen in Paris, Selfie mit Hillary Clinton, Kaffeetasse in Rom und Chanel-Dachterrasse am Rodeo Drive hebt die Zahl der Fans und damit den Wert der Bloggerin nur noch weiter. Die Italienerin Chiara Ferragni (The Blonde Salad) beschäftigt inzwischen mehrere Angestellte und den offenbar siebenstelligen Coup, Markenbot-
schafterin bei L’Oreal zu werden, landete Kristina Bazan (Kayture) aus der Schweiz. Gute Blogger sind eine Stange Geld wert
Anders als in traditionellen Medien bekommt die Zielgruppe dabei das Produkt nicht nur zu sehen, gute Blogger bringen ihr Publikum zum Mitmachen. Diese Beschäftigung mit dem Inhalt macht den eigentlichen Wert der Blogger Relations aus: Auch unter „Sponsored Posts“ laufen Hunderte Kommentare und sie werden mit jenen geteilt, die höchstwahrscheinlich ebenso zur gewünschten Zielgruppe gehören. Hashtags machen die Runde und auf Fragen, Wettbewerbe oder Aufrufe zum Style-Herzeigen reagieren viele Blogger-Fans schneller, als es die Modepolizei erlaubt. Viele Blogger produzieren zudem Content für die marken eigenen Kanäle. Die Revolution, die Modeblogger einmal angezettelt haben, frisst dabei ihre Kinder. Noch vor wenigen Jahren lehnten die meisten Modeblogger den Status quo ab, sie brachten die Autorität in Stilfragen zurück zu denen, die Mode letztlich tragen. Heute style in progress 216
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dagegen schreiben einige von ihnen selbst das Modediktat: Was sie tragen, ist zuweilen in Nullkommanichts ausverkauft – auch im Luxussegment. Im März 2015 ergab eine Studie des New Yorker Luxury Institute, dass unter den befragten wohlhabenden Amerikanern (Mindesteinkommen: 150.000 US-Dollar im Jahr) 72 Prozent der Millennials und 51 Prozent der Generation-X-Angehörigen Modebloggern folgen. 90 Prozent derjenigen Befragten, die sich mit Modeblogs befassen, kaufen auf Websites, die in diesen Blogs empfohlen werden. Da liegt es sowohl für den Handel als auch für die Hersteller nahe, sich bei Bloggern beliebt zu machen. Harpers Bazaar zufolge geben Marken inzwischen mehr als eine Milliarde im Jahr allein für Instagram-Posts aus. Die Krux dabei: Blogger denken nicht nur an ihren Geldbeutel
„Ich arbeite grundsätzlich nicht mit Marken zusammen, die mir nicht zusagen“, sagt Sonia Lyson. „Ich vertraue auf meinen Geschmack. Gefällt mir eine Marke, zeige ich diese auch gern auf Instagram.“ Dort hat Lyson unter dem Namen Soniafrancex mehr als 42.000 Follower hinter sich geschart und mit steigender Zahl nahmen auch die Anfragen von Marken und Agenturen zu. Sie arbeitet zwar mit ihnen zusammen, sieht ihr Instagram-Profil aber nicht als Werbeplattform, sondern als Ausdruck ihres persönlichen Stils. Auf eben jenen pocht sie auch aus einem anderen Grund: „Ich glaube, meine Follower würden es sofort sehen, wenn ich etwas nur für Geld zeigen würde“, sagt sie. Diese Haltung ist in Lysons Feld weit verbreitet – und bei Licht betrachtet ein Vorteil. Denn eine Produktplatzierung kostet Marken auch anderswo Geld. Die Glaubwürdigkeitsprüfung der Blog- und Social-Media-Szene freilich ist kostenlos – und neu. Andere Kanäle bieten diesen Service schließlich nur selten. Aber erst einmal will der passende Influencer von einer Zusammenarbeit überzeugt werden. Und dazu gilt es eine bittere Wahrheit zu verdauen:
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Blogger brauchen euch nicht
Viele Marken lernen gerade, dass eine herkömmliche Pressemitteilung kaum einen Blogger hinterm Smartphone hervorlockt. Entweder befasst sich die PR-Abteilung sowohl mit dem Modegeschmack als auch mit dem Kommunikationsstil der Instagrammer und Blogger – oder sie kassiert eine Abfuhr. Schließlich sind diese Influencer auf einen PR-Deal gar nicht so arg angewiesen, wie es auf den ersten Blick scheint. Affiliate-Marketing-Firmen wie Skimlink, RewardStyle oder Shopstyle Collective sorgen dafür, dass bei den Bloggerinnen mit jedem Klick auf einen selbst ausgesuchten Link die Kasse klingelt. RewardStyle berichtet etwa, Chiara Ferragni verdiene allein 80.000 US-Dollar pro Monat nur durch Affiliate Sales – und anders als eine Markenkampagne schreibt dieses System den Bloggerinnen weder Inhalte vor, noch macht es Zusatzarbeit. In diesem Licht betrachtet verblasst das Angebot eines Ladens, die Bahnreise zur Eröffnung zu zahlen, bei der eine Bloggerin dann tolle Fotos machen und im Netz verbreiten soll. Wer bei den neuen Influencern landen will, muss ihnen etwas bieten. Das kann mitunter sogar PR sein: „Wenn weltbekannte Labels mit sehr hoher Reichweite ein Bild regrammen, ist das definitiv ein Garant für schnell steigende Followerzahlen“, berichtet Sonia Lyson. Allerdings gilt auch: Aufmerksamkeit allein reicht nicht
„Veranstaltungen mit Bloggern sind eine gute Idee, weil man die Message quasi sofort in die Welt und zur Zielgruppe transportieren kann“, sagt Nora Rochlitzer. Als Partnerin der Agentur V Communication lädt sie schon mal im Kundenauftrag Blogger nach St. Moritz ein. Auch das kann verkaufsfördernd wirken. Aber Blogger Relations ist vor allem ein prima Imagetool, so Rochlitzer: „Das funktioniert nach dem Motto: ‚Schaut alle her, wie cool die Marke XY ist, die nimmt uns mit in die Sonne, die Berge, zu diesem coolen Event.‘“ Die Chancen stehen gut, dass diese Botschaft sich verbreitet,
weil die Profi-Blogger ihre Fans einzuspannen wissen. Dennoch sieht Rochlitzer die neuen Influencer nicht als uneingeschränkte Geheimwaffe. „Was häufig fehlt und durch Instagram ohnehin nicht umgesetzt werden kann, ist zum Beispiel eine ernsthafte Meinung, ein geschriebener Kollektionstext oder Erlebnisbericht.“ Rochlitzer sieht Blogger deshalb nicht als Ersatz für Printmedien, klassische Werbung, Onlinebanner und Ideen für den PoS. Auch bei den Influencern aus der schönen neuen Welt setzt sie auf einen Mix – aus Followerzahlen und Bauchgefühl. Die Marketingstudie „The Influence of Fashion Bloggers“ der in Hongkong ansässigen Modemarktforschungsfirma Fashionbi zeigt, wie wichtig es für Marken ist, das Publikum einer Bloggerin zu kennen und ihren Blog auf Überschneidungen mit Wettbewerbern zu prüfen. Doch diese Recherchearbeit sieht Fashionbi-COO Yana Bushmeleva schon als den zweiten Schritt: „Ehe man irgendeinen Blogger kontaktiert, muss man klare interne Ziele setzen“, sagt sie. „Was will das Unternehmen gewinnen: Aufmerksamkeit? Neue Follower für die eigenen Social-Media-Kanäle? Mehr Umsatz online oder im Laden?“ Gerade kleinere Unternehmen können ihrer Ansicht nach von der Zusammenarbeit mit den neuen Influencern profitieren. „International erfolgreiche Marken investieren ständig in so viele Aspekte, da kann eine Zusammenarbeit mit einer Bloggerin untergehen“, sagt Bushmeleva. „Für eine kleine, neue Marke dagegen kann ein Foto eines bekannten Bloggers viele Türen öffnen.“ Dann kann alles ganz schnell gehen – und das muss es auch. Denn: Das Onlinepublikum wartet nicht, die Zukunft auch nicht
Wehe, irgendjemand wollte nur schon mal Begehrlichkeiten wecken: Ist das Kleid oder das Paar Schuhe noch gar nicht in den Läden, wenn eine Bloggerin sich damit in Szene setzt, will deren Publikum nicht warten – und kauft Ähnliches bei der Konkurrenz, warnt Bushmeleva. Das Prinzip Zahlen-Zeigen-Aus-
verkauft verändert allerdings auch das Verhältnis zwischen Bloggern und Fans. Das hässliche Wörtchen Schleichwerbung hat ein Comeback – und könnte das Vertrauen in die Instagrammer und Blogger schmälern. Auf den Modewochen zeigen sich bereits Folgen: Die Blogger sind immer noch dort, aber nicht mehr jede Marke stopft ihre eigenen Social-Media-Kanäle mit Beweisfotos voll. Nach Bushmelevas Ansicht sollten Marken lernen, selbst mit ihrer Kundschaft ins Gespräch zu kommen. Wer angesichts dieser Entwicklung die neuen Influencer schon wieder aufs Abstellgleis schieben will, macht allerdings einen strategischen Fehler. Denn wer hat in den letzten Jahren am eindrucksvollsten gezeigt, wie man direkt mit seinem Publikum kommuniziert? Die Blogger! Wer in Zukunft auf eigenen Content setzt, findet hier seinen Goldfischteich. „Weil ich selbst regelmäßig bei Instagram poste und gleichzeitig in der PR arbeite, verstehe ich die Interessen beider Seiten“, sagt Instagrammerin Sonia Lyson. Seit Ende 2014 macht die 27-Jährige hauptberuflich PR für Lala Berlin und arbeitet dabei mit Bloggern und Promis zusammen. „Ein InstagramAccount gleicht in der Modebranche heute fast einer Visitenkarte“, sagt Lyson. Allerdings hätten ihr auch noch weitere Argumente den Job eingebracht.
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„DIE MARKEN HABEN VERSTANDEN, DASS GUTE BLOGGER RELATIONS GELD KOSTET.“ In der Agentur Karkalis Communications gehören Blogger zum Tagesgeschäft. Geschäftsführer André Karkalis verrät, worauf es dabei ankommt.
Herr Karkalis, wie findet man den passenden Blogger oder Instagram-Star für eine Modemarke?
Man muss beobachten, was in der Blogosphäre passiert, wer mit wem dort befreundet ist, was sie auf den Blogs machen. Als Agentur machen wir diese Recherchearbeit kontinuierlich. Wenn wir dann für einen Kunden prüfen, ob eine Kooperation sinnvoll wäre, schauen wir uns an: Welche Kooperationen hat die Bloggerin bisher gemacht, welche Styles trägt sie sonst? Denn, wenn Sie nur auf Reichweite oder Klout-Score setzen, fehlt der qualitative Faktor. Bei Rankings, welcher Blog wichtig
ist, fehlt mir zudem die Frage nach der Zielgruppe. Journelles hat andere Follower als Stefanie Giesinger.
Wie hat sich dabei die Bezahlung entwickelt?
Die Marken haben verstanden, dass gute Blogger Relations Geld kostet. Es gibt aber kein Benchmarking, ich kann nicht sagen: Ab 50.000 Follower ist eine Kooperation nur ab Budget X möglich. Die Bandbreite beginnt bei 200 bis 300 Euro für einen Instagram-Post, es kann aber auch noch schnell eine Null hinzukommen. Ich möchte auch mal eine Lanze für die Influencer brechen: Für diejenigen, die professionell ihre Kanäle pflegen und dann auch noch ihre Community exzellent betreuen, ist das ein Vollzeitjob. Das müssen sie gut honoriert bekommen. Was macht das Marketing mit Bloggern erfolgreich?
Mein erster Tipp wäre: Suche dir einen Kreis von Influencern aus, die Lust auf die Marke haben, und versuche, langfristig mit ihnen zu arbeiten. Dann schreiben sie nicht nur punktuell über Produkte, sondern kommen auch zu Events und liefern vielleicht sogar Content für die Kanäle der Marke. Oberstes Gebot bei alledem ist: Marke, Produkt und Blogger müssen passen. Zum Beispiel haben wir für eine Store-Eröffnung von Long Tall Sally, das sich an Frauen ab 1,75 Meter richtet, etwas mit entsprechend großen Bloggerinnen gemacht. Hier sind die Markenwerte und die Bedürfnisse der Blogger deckungsgleich.
Fashionblogger haben zwar inzwischen Mediakits, aber vielen geht es außerdem darum, wie gut ihnen eine Marke oder ein Produkt gefällt. Stichwort Affinität. Bei Modemagazinen gibt es eine Arbeitsteilung zwischen Anzeigenabteilung und Redaktion. Einerseits werden Anzeigenkunden schon mal bei der Auswahl eines T-Shirts fürs Styling bevorzugt, andererseits sorgt die Redaktion dafür, dass auch Marken ohne Anzeigenschaltung beachtet werden, damit die Vielfalt im Heft nicht leidet. Blogger dagegen sind meist Chefredakteur und Anzeigenleiter in Personalunion und müssen beide Interessen vermischen. Und deshalb kann es durchaus vorkommen, dass Marken trotz Budget abgelehnt werden oder andere Anbieter sogar kostenfrei integriert werden.
Wo sehen Sie die Grenzen von Modemarketing mit Bloggern?
Die Branche ist daran sehr interessiert und manche investieren bereits nennenswerte Budgets. Aber der große Dammbruch, dass jemand sagt: Wir hatten zwei Millionen für TV-Werbung reserviert und investieren diese jetzt lieber in Blogger Relations – das ist mir noch nicht untergekommen. Bei den meisten Marken übersteigt das Budget für Google-Werbung definitiv das der Blogger Relations.
Wie unterscheidet sich die Arbeit mit Blogs von der Zusammenarbeit mit einem traditionellen Magazin?
Wer liest Blogs, und wie nehmen die Leser die Inhalte auf? André Karkalis wünscht sich für die Modebranche quantitative Rezipienten-Studien.
Studie: „The Influence of Fashion Bloggers“ fashionbi.com/insights/marketing-research/the-influence-of-fashion-bloggers Instagram Sponsored Post Calculator von Fashion PR Girl (rechnet in US-Dollar) www.fashionprgirl.com/calculator/public/
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Schon seit Jahren wird den Berliner Messen der Untergang vorhergesagt. Doch wie heißt es so schön, Totgesagte leben länger. Denn die letzte Saison zeigte: Die Gänge sind voll, die Stimmung ist gut und der Standort mit seinen zehn Messen mitnichten Vergangenheit. Zwar schlagen die Hauptstadtmessen international keine Wellen, für Marken sind sie dennoch als Treffpunkt einer lokalen Industrie aus dem deutschsprachigen und nordeuropäischen Markt relevant. „Wir sind auf dem Pitti Uomo und auf der Premium. Auf dem Pitti, um unser Konzept der Welt vorzustellen, und auf der Premium für den deutschen Markt, weil er extrem wichtig für uns ist. Messen werden heutzutage mehr und mehr zu Kommunikationsplattformen. Für eine Marke wie unsere, die über den Vertrieb durch den Einzelhandel funktioniert, ist die Messe das einzige Tool, um unseren Kunden unsere Kollektionen zu präsentieren“, sagt der Gründer von Save the Duck Nicolas Bargi. Martine Boerrigter, Marketingkoordinatorin des niederländischen Unternehmens Just Brands PME Legend, das auf der Panorama zeigt, stimmt zu: „Wenn man in der D-A-CH-Region und in Nordeuropa sein will, ist eine Präsenz in Berlin als Kommunikationsplattform enorm wichtig.“ Obwohl sich gerade diese Messe als Geschäftsplatz etablieren will, gesteht Jörg Wichmann, Geschäftsführer der Panorama: „Messen sind Orderplattformen von nicht zu unterschätzendem Ausmaß, wobei heutzutage sicherlich Kontaktpflege, Kommunikation und Promotion eine gewichtige Rolle spielen. Ob auf Messen geordert wird, ist in erster Linie vom Kunden, das heißt dem Einkäufer abhängig.“ Für Anita Tillmann, Gründerin und Geschäftsführerin der Premium Exhibitions sind Kommunikation und Order ein in sich übergreifender Prozess: „Messen sind nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, sondern eines
ICH MESSE MICH Hatten die Schauläufer in Florenz immer schon Recht und eine Messe ist – heute mehr denn je – weit mehr als ein Ordertermin? Oder ist sie sogar überhaupt kein Ordertermin mehr, sondern nur noch Kommunikationsplattform? Text: Quynh Tran. Illustration: Claudia Meitert@Caroline Seidler
der wichtigsten Instrumente in der B2B-Kommunikation, weit über die Modebranche hinaus. Ein bestehender Markt- und Messeplatz ist dazu da, etablierte Kontakte zu pflegen sowie neue Kontakte zu knüpfen. Es ist kaum möglich, ein interessierteres Zielpublikum schneller und besser zu erreichen, als auf einer Messe, die einen klaren inhaltlichen Zuschnitt hat. Eine Messe ist nicht entweder das eine oder das andere, sie ist Informationsplattform und Kommunikationsplattform sowie auch eine Orderplattform. Wir kreieren und emotionalisieren einen internationalen Marktplatz, wo sich Kreative, Geschäftsinhaber und Unternehmer, Manager, Händler, Einkäufer, Presse und Medien sowie Marketingleute treffen, weil genau dort dieser Austausch stattfindet, der essenziell wichtig ist, um Geschäft zu generieren. Je digitaler und globaler die Welt ist, umso wichtiger sind physische Formate und Plattformen.“ Die Mähr von den vollen Orderbüchern
Dass allerdings auf den Messen selbst wenig geschrieben wird, ist nicht nur in Berlin ein Aspekt, der sich in der Zukunft auf ihre strategische Ausrichtung auswirken wird. Die Düsseldorfer GDS hat sich mit einem früheren Termin jeweils zu Saisonbeginn seit 2014 mit dem Fokus als Informations- und Kommunikationsplattform neu positioniert. „Unsere Umfragen zu jeder Messe ergeben, dass die Besucher die GDS primär zu Informationszwecken nutzen, aber, dass auch gezielt geordert wird. Auch wenn nicht geordert wird, werden Lieferanten bewertet und damit schon einmal festgelegt, wie ein Lieferant in der Sortimentsplanung gewichtet wird. Außerdem suchen und finden die Besucher auf dieser GDS neue Lieferanten. Ich glaube, dass unsere Messe die perfekte Plattform ist, um sich einen schnellen Überblick über potenzielle Partner zu verschaffen,“ sagt Messedirektorin Kirstin Deutelmoser. Mirjam Dietz, Unternehmenssprecherin der Münchner Supreme Group, sieht vor allem in der style in progress 216
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Ausrichtung Handlungsbedarf: „Es ist nicht die Frage, was eine Messe ihren Ausstellern bieten kann, sondern was die Messen dem Handel bieten kann. Es geht nicht um höher, größer, weiter, denn die Budgets werden umverteilt, sondern es geht um Finesse und Unterstützung des Fachhandels. Die Zukunft von Messen sind unseres Erachtens Nischenmessen, die eine klare Zielgruppenansprache haben. Maßgeblich ausgerichtet auf den Facheinzelhandel, den es freilich noch gibt und auch in Zukunft noch geben wird. Der Facheinzelhandel muss sich differenzieren und ein speziell abgestimmtes Portfolio an Kollektionen sichten und ordern können. In dem Spiel nehmen auch die Modeagenturen eine wichtige Rolle ein, denn sie präsentieren immer wieder neue Labels und agieren als Trendscouts. Ausgangsbasis ist definitiv ein direkter Dialog mit dem Handel und Gespür für die Veränderungen des Marktes. Auch ein stetiger Austausch mit den Ausstellern ist sehr wichtig. Messen müssen sich genau so klar definieren und positionieren wie der Handel selbst.“ Zwar geht damit noch keine konkrete Veränderung einher, die Haltung Dietz’ trifft den Nerv der Aussteller aber genau. Michi Klemera, Mastermind der Marke Luis Trenker: „Ich sehe momentan keine Alternative zur Messe. Aber jede Messe muss jedes Jahr neu diskutiert werden und die Ströme neu verstanden werden. Das Thema ist für Unternehmer aller Größen und Preislagen ein Problem, weil wir uns nicht mehr auskennen und nicht mehr wissen, wie und wo wir uns hinbewegen sollen. Bisher war es ein Spaß- und Kennenlernfaktor und bis vor Kurzem habe ich auf jeder Messe immer etwas mitgenommen, neue Wege, neue Szenen oder kreative Elemente, die mich inspiriert haben. Wir sind in Berlin für den Saisonstart, aber auf dem Pitti für internationale Kunden und auf der ispo weil wir dort die Welt empfangen. Vier Prozent unseres Umsatzes geben wir jedes Jahr für Messen aus – da werden wir genau hinterfragen müssen, wie groß der Return-of-Investment ist und wie finanzierbar Messen noch sind. Bisher haben wir die 216 style in progress
Investitionen nicht auf konkrete Zahlen umschlagen können.“ Es lohnt sich
„Bezüglich der Funktion einer Messe müssen wir ganz klar unterscheiden: Für uns ist der Pitti eine Kick-off-Messe mit internationalem Stellenwert, bei der wir uns neuen Kunden präsentieren und einem neuen Markt öffnen wollen. In Berlin sind wir in einem gesättigten Markt und präsentieren uns auf ganz persönlicher Ebene vorwiegend Bestandskunden, da das Publikum hier hauptsächlich aus Deutschland, Österreich und den Benelux-Ländern kommt“, konstatiert Marino Edelmann, Head of Sales and Marketing bei Drykorn. „Dabei ist der Return-of-Investment eine schwer messbare Größe. In Florenz kann man das mit der Anzahl der Neukunden und dem Exportgeschäft vielleicht noch bemessen. In Berlin schreiben wir grundsätzlich keine Order und so ist es schwer messbar, wie sich eine solche Messe am Ende auf den Umsatz auswirkt. Aber darum geht es uns hier auch nicht. Der Ansatz ist der persönliche Austausch zwischen dem Kunden und uns. Diese Investition lohnt sich am Ende immer, glauben wir. Trotzdem wird der Nutzen einer Messe immer kontroverser. Muss der persönliche Kontakt auf dieser Plattform passieren, muss es in Berlin sein? Würden wir mit einem andern Investment in ähnlicher Höhe als Marke mit der Wahrnehmung, die wir bei unserem Kunden haben, vielleicht Ähnliches erreichen? Wir treffen heute einen anderen Konsumenten und einen anderen Einzelhändler im Markt. Momentan ist die Messe als Kommunikationsplattform wichtig. Aber es ist nicht mehr so, dass eine Messe diesen Informations- und Neuigkeitsgrad hat, wie es mal war, und das muss in der Zukunft diskutiert werden.“ Schaulaufen muss sein
Den Händler und – via Presse – den Endkonsumenten gleichermaßen zeitgemäß zu adressieren, schafft kaum eine Messe so gut wie der Pitti Uomo. „Pitti Uomo ist einzigartig in seinen Charakteristika und Dimensionen, weil er es als eine Brücke
zwischen Fachmesse und Modewoche schafft, Fachpublikum und Endkonsumenten gleichermaßen zu begeistern“, sagt Lapo Cianchi, Direktor für Kommunikation und Special Events bei Pitti Immagine. Die Stärke des Pitti, so Cianchi, ist nicht nur der holistische Ansatz, Männermode und Männer lifestyle zu verbinden, sondern auch Florenz, das Menschen und Geschichten verbindet: „Der Pitti ist nicht nur das Messegelände der Fortezza da Basso, sondern eine Umgebung, die eine Geschichte in sich selbst über die Beziehungen der Mode zu Kunst, Architektur und zeitgenössischer Kultur hat – und ich spreche dabei von Florenz als Stadt.“ Weil die Messe es schafft, internationale Einkäufer fernab der Hektik der Fashion Weeks anzuziehen, wird in Florenz auch geschrieben. Cianchi erzählt von Unternehmen, die berichten bis zu 50 Prozent ihrer saisonalen Orders dort zu schreiben. Geht Messe auch digital?
Neben der Balance zwischen Order und Kommunikation gehört die italienische Messe mit ihrem e-Pitti zu den digitalen Vorreitern. „Wir sind uns des wachsenden Einflusses digitaler Plattformen bewusst und haben daher e-Pitti geschaffen, um den Kunden nach der physischen Interaktion nochmal einige Wochen Zeit zu geben, sich die Kollektionen nochmal anzuschauen und gegebenenfalls zu ergänzen. Der Kunde kann zu Hause, im Büro, unterwegs auf die Kollektionen zugreifen und Fotos, Videos und Interviews dazu sehen. Wir beginnen mit einer menschlichen Begegnung und führen das im Digitalen fort – das ist für uns der nachhaltige Weg.“ Dass der Community-Gedanke einer Messe über die Tage der Veranstaltung hinausgehen muss, haben auch die deutschen Messen verinnerlicht und vom Pitti gelernt. Die GDS hat gemeinsam mit dem Berliner Start-up „We Want Shoes“ mit „GDS 365 – Digital Marktplatz“ eine Online-B2B-Plattform geschaffen, und auch Premium Exhibitions arbeitet daran, ein Kommunikationstool über die physische Messe hinaus zu entwickeln.
Wer bleibt draußen, wer kommt rein?
Was die deutschen Messebetreiber aber noch nicht einbringen, ist der Endkonsument. Mirjam Dietz: „Was sich massiv geändert hat und sich noch weiter verändern wird: Die Budgets der Hersteller werden vermehrt in B2C-Kanäle einfließen. Das heißt, es geht auf Messen nicht mehr maßgeblich um die Darstellung von Marken und um reine Kommunikation, was meist ein extrem teures Unterfangen ist. Das haben wir auf der Bread & Butter in Berlin erlebt. Die großen Jeansbrands sind nicht aus Spaß der Messe fern geblieben, sondern rein aus budgetären Gründen – das Geld wird woanders gebraucht: nahe am Endverbraucher! Das werden in Zukunft auch weitere Messen schmerzlich erleben. Die Lawine, die Burberry mit den Schauen, die klar auch auf den Endverbraucher zielen, ausgelöst hat, trifft den Nagel auf den Kopf. Das lässt sich 1:1 auf die Entwicklung der Messen übertragen. Nicht ohne Vorankündigung dreht sich der Markt gerade um sich selbst und davon werden auch weitere Akteure betroffen sein. Unter anderem auch die Modemessen – nicht nur national, sondern auch international.“ Zwar bleiben die deutschen Messen – bis auf Zalandos Bread & Butter, das noch immer auf Skepsis stößt – bei ihrem B2B-Konzept. Doch entwickeln sie, um sich abzugrenzen, immer mehr Nischenformate. Die Messe Frankfurt hat ihrem Greenshowroom und die Ethical Fashion Show auf nachhaltige Mode maßgeschneidert, Premium bietet mit #Fashiontech eine Plattform für Technologieinnovationen, und auch mit der Seek, Bright und der Selvedge Run werden Nischenkonzepte weiterentwickelt. Spezialisierung hat seit der industriellen Revolution Europas Fortschritt gebracht – und vielleicht wird sie das, mit den vielen Nischenkonzepten, die einen jeweils holistischen Lifestyle vermitteln, auch in der Modeindustrie.
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BROT UND BUTTER FÜR DEN KONSUMENTEN Im September gibt es die erste Bread & Butter unter der Regie von Zalando – eine Messe für den Endkunden. Ingrid Kritscher, Director of Experiential Brand Marketing, über Zalandos Bread & Butter. Interview: Quynh Tran. Foto: Zalando
Was dürfen wir von der neuen Bread & Butter erwarten?
Die Bread & Butter wird vom 2. bis 4. September mit Veranstaltungen über den Tag und die Nacht in der Arena, einer bekannten Berliner Event-Location, stattfinden. Der Zeitpunkt war sehr wichtig, da wir damit den Start der Herbst-/Winter-Saison einläuten und der Kunde dadurch die Möglichkeit bekommt, unmittelbar auf das neue Sortiment zuzugreifen. Diese Idee spiegelt auch
das Motto des diesjährigen Events wider: Bread & Butter NOW. Produkte werden sofort erhältlich sein und Gäste können alle Eindrücke sofort in ihren sozialen Netzwerken teilen. Die Bread & Butter hat sich ursprünglich bekanntermaßen an den Einkäufer gewendet – wir möchten sie zu einem konsumentengerichteten Lifestyle-Event machen, das unterschiedliche Elemente verbindet. Es wird eine Art urbaner, interaktiver Playground mit Ausstellungen rund um die neuesten Modeinnovationen, interaktiven Modenschauen und Konzerten. Im Gegensatz zum klassischen Modegeschäft, wo viele Sachen auf Kleiderstangen hängen, werden die Marken auf der Bread & Butter by Zalando ihre Innovationen und Produkte kreativ in Szene setzen und so die neuesten Trends vorstellen.
Das hört sich nach etwas ganz anderem an, als die Bread & Butter ursprünglich war. Warum hat Zalando nicht einfach ein ganz neues Format ins Leben gerufen, statt eine bestehenden Einkäufermesse zu kaufen?
Wir finden nicht, dass es etwas komplett anderes ist, sondern dass sich die Marke Bread & Butter so den neuen Gegebenheiten anpasst. Wir haben darüber nachgedacht, ob wir den Namen BBB wirklich behalten. Aber wir waren uns schnell einig, dass der Name einfach gut ist und zu dem passt, was wir machen wollen: die Fashionwelt, die bisher sehr exklusiv war, für Modeinteressierte zugänglich machen und jedem die Chance geben, an einem Modeevent teilzunehmen. Es gibt momentan einen starken Trend zu Consumer-facing-Events, bei denen Kunden die Produkte direkt nach der Catwalk-Show kaufen können, siehe Marken wie Burberry, Tom Ford oder Tommy Hilfiger. Bread & Butter – auf deutsch Brot und Butter– bringt diesen Demokratiegedanken gut rüber.
lineplattform für Mode, haben eine andere Ausgangssituation und für uns zählen am Endkunden orientierte Events. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, die man schwer miteinander vergleichen kann. Wir wollen den Marken und den Konsumenten eine ganz neue Plattform bieten, auf der sie miteinander interagieren können – das ist Teil unserer Strategie, um die verschiedenen Player innerhalb der Modewelt zu verbinden und dem Konsumenten das bestmögliche Shoppingerlebnis zu bieten. Wir wollen mit der Bread & Butter etwas schaffen, das für sich selbst steht. Welche Art Marken werden im Herbst dabei sein?
Wir werden zwischen 20 und 30 Marken vor Ort haben, die eigene Flächen bekommen, auf denen sie ihre Produkte zeigen können. Mode wird dank neuer Formen der Inszenierung mit uns für den Verbraucher online sowie offline erlebbar und direkt erhältlich. Zusätzlich gibt es für mehrere Marken die Möglichkeit einer Modenschau. Bei der Auswahl der Brands für die Bread & Butter ist uns Qualität wichtiger als Quantität. Die Marken sind repräsentativ für unseren Store und reichen von Sportswear bis zu Premium – ein kuratiertes Angebot also aus unserem umfangreichen Sortiment. Das, wofür Zalando online steht, bringen wir so auch offline zum Ausdruck.
Wenn das so ist, denken Sie, dass sich Messen in Zukunft grundsätzlich dem Endkunden öffnen müssen? Bei der Auswahl der Brands für die Bread & Butter ist uns Qualität wichtiger als Quantität“, sagt Ingrid Kritscher, Director of Experiential Brand Marketing bei Zalando.
Ich glaube, es wird weiterhin Ordermessen geben, die in ihrer Form wichtig für Einkäufer sind. Wir als Zalando, eine Onstyle in progress 216
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Seit Jahresbeginn ist der gebürtige Schwede und WahlNew-Yorker Johan Lindeberg wieder als Creative Consultant für J. Lindeberg tätig.
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NO GUTS, NO GLORY Mit der Kampagne „For successful living“ machte sich Johan Lindeberg als Markting und Creative Director von Diesel Anfang der 1990er-Jahre schnell einen Namen in der Branche – noch lange bevor er seine eigene Marke J. Lindeberg gründete. Anfang 2016 kehrte er als Creative Consultant zu J. Lindeberg zurück und lancierte die neue Kampagne Bridge Series, in der er seinen Anspruch an Werbung zeigt: mehr Ausdruck, mehr Inhalt und mehr Tiefe. Ein Gespräch über Marken mit einer Stimme, über Mut, die richtige Balance und das Ende der Produkthoheit. Text: Isabel Faiss. Fotos: J. Lindeberg
Sie waren Marketing Director bei Diesel in einer Zeit, als echter Spaß in der Mode noch erlaubt war. Und Sie hatten bestimmt auch viel Spaß. Ist uns dieser abhanden gekommen?
Ich sprach die Tage mit meiner Tochter über das gleiche Phänomen in der Musik. Sie spielte David Bowie und meinte, dass die Musik heute verglichen mit damals so langweilig geworden sei. Ich muss dem leider zustimmen. Normalerweise kommt immer die nächste Bewegung, der nächste Hype, aber momentan stecken wir fest. Die sechs Jahre bei Diesel waren sicherlich die spannendste Zeit
meines Lebens. Wir waren wie echte Rockstars und machten Diesel weltweit zu einer ziemlich coolen Marke. Gleichzeitig kam übrigens Nirvana auf – zu dieser Zeit war alles extrem ausdrucksstark, so intensiv. Jetzt läuft das viel kontrollierter ab und wir sind deutlich kommerzieller unterwegs. Was meiner Meinung nach heute zählt, ist das, was man beispielsweise bei Lady Gagas Performance bei den Oscar-Verleihungen sah. Das war sehr emotional, irgendwie auch provokant und explosiv. Sie nutzte ihre Stimme, um aufzurütteln, zu inspirieren und um die Welt zu ändern. Auch die Performance von Beyonce style in progress 216
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während des Super Bowls, das war genauso extrem kraftvoll. Als Creative Community müssen wir dahin zurückkehren und unsere Stimme nutzen, um zu provozieren und zu inspirieren. Wo sind diese starken Ausdrücke und Botschaften in unserer Branche hin verschwunden?
Früher hatten einige Marken ganz einfach damit Erfolg, großartige Marketingkampagnen ohne Tiefe und Substanz zu machen. Nach dieser Periode wurde Mode mehr und mehr aufs Geschäftliche reduziert und viele konzentrierten sich darauf, den kommerziellen Bedürfnissen des Handels nachzukommen. Das ist bis heute unser Dilemma. Umso wichtiger finde ich es, dass sich die Creative Community endlich erhebt und anfängt, ihre Kunstform zu nutzen, um diese Welt in eine andere Richtung zu lenken. Die neuen Level an Kreativität bei Balenciaga, Gucci oder Saint Laurent sind großartige Signale. Es ist fantastisch, dass der Konzern Kering dieser neuen Generation von Kreativität den Raum, den Auftrag und das Vertrauen schenkt. Story-Telling ist ein Buzzword der Gegenwart. Aber welche Geschichten kann Mode denn heute noch glaubwürdig erzählen?
Ich habe dazu eine völlig andere Philosophie. Ein Beispiel: Ich sehe J. Lindeberg als eine Marke mit einer Stimme. Und es ist wichtig, dass Marken sprechen. Nicht nur über ihre Heritage und ihre Stärken, sondern über einen inspirierenden Lifestyle. Heute sind Konzepte und ausdrucksstarke Lifestyles manchmal bedeutender als spezielle Produkte. Heute wurde alles 216 style in progress
schon gemacht, also ist es wichtiger, wie man die Dinge verpackt. Während der New York Fashion Week sah man diese Tendenz ganz deutlich. Sich mit einem individuellen Produkt heute noch abzuheben, ist sehr schwer, aber wodurch man sich abheben kann, ist, wenn man einer Marke eine Stimme gibt und sie sagen lässt, wer man ist und an was man glaubt. Diesel war in den 1990ern ein gutes Beispiel, denn wir kreierten eine sehr unique Stimme mit einer Kampange und einem Lifestyle dahinter. Die Leute wollten Teil von allem sein, wofür wir standen, für diese kulturelle Bewegung. Für jede Marke ist es heute eine große Chance, solche kulturellen Strömungen zu kreieren.
Eine kulturelle Bewegung zu kreieren, hat viel mit Mut zu tun. Das Gegenteil sieht so aus: Heute benötigt ein kreativer Prozess die Freigabe so vieler Menschen, dass am Ende ein demokratischer Einheitsbrei als kleinster gemeinsamer Nenner herauskommt, oder nicht?
Heute sind kreative Prozesse zu stark vom Handel und dem internationalen Anspruch, der an eine Marke gestellt wird, beeinflusst. Wenn zu viele mitreden, wird uns das zu einer Marke führen, die wie alle anderen aussieht. Das verwässert nur. Sehen sie sich Apple an. Man kann diese Art von Produkten nicht erfinden, wenn man dem Markt lauscht – denn der Markt weiß nicht einmal von diesen Produkten und ihrem zukünftigen Bedarf. Als ich die Diesel-Kampagne „For successful living“ 1991 inszenierte, machte ich alles anders als zu dieser Zeit üblich. Sie war bunt, sie war
ironisch... Damals imitierten alle Bruce Webbers und Herb Ritts’ Schwarz-Weiß-Stil. Aber ich kämpfte dafür und Renzo Rosso vertraute mir. Die Integrität in der Aussage – wir waren schließlich von nichts beeinflusst – machte sie unendlich stark. Irgendwie hatten Renzo und ich die Eier, die Dinge klar auszudrücken. Renzo ließ mir den Freiraum, um die Markenkommunikation auf ein völlig neues Level zu bringen. Es geht hier nicht nur um Mut, sondern um die richtige Balance zwischen Kreativität und Industrie oder Management. Bestes Beispiel: John Lennon. Er war ein totaler Reinfall, aber seine Songs waren so voll Integrität, dass er damit eine ganze Welt berührte. Und beispielsweise ein Thom Yorke von Radiohead erreicht auch viele, aber das ist kein Vergleich. Ich glaube, mit Diesel trafen wir damals genau den richtigen Punkt, an dem wir es schafften, einerseits wir selbst zu sein und durch Ironie unsere Message zu kreieren und gleichzeitig erfolgreich damit zu sein, die Marke breit aufzustellen. Das ist die Balance, die ich meine. Die Industrieseite oder die kommerzielle und geschäftliche Seite dominiert momentan definitiv. Daher ist es sehr inspirierend für viele, zu sehen, wie Gucci sich selbst innerhalb eines Jahres quasi auf sehr kreative Art und Weise neu positionierte – eben weil das Management in die Kraft des Andersseins vertraute. Es ist wirklich mutig, nicht nach dem sichersten Weg zu suchen, gute Umsätze zu machen, sondern danach, eine Attitüde zu zeigen. Geben Sie der Industrie die Schuld an der momentanen Situation oder ist es die
Angst, weniger Umsatz zu generieren?
Ja, es ist Angst. Als ich Diesel 1996 verließ und J. Lindeberg launchte, wäre es eindeutig der einfachste Weg gewesen, eine Denim Brand zu machen. Aber ich startete mit einer Marke zwischen Golfsport und Fashion. Ich war selbst ein Golfer, offensichtlich aber ein ziemlich unkonventioneller. Während der kommenden sechs Jahre habe ich den Golfsport nachhaltig beeinflusst und auch verändert, was einem politischen Statement gleichkam. Ich habe den Einstieg in ein sehr konservatives Umfeld geschafft und die Art und Weise modernisiert, wie sich Golfer kleiden. Meine Philosophie war es, dass, wenn ich sie moderner style, dass sie auch moderner denken würden. Während dieser Zeit sagte mir eigentlich jeder, dass es nicht funktionieren würde. Aber ich hörte nicht hin, glaubte an das, was ich vorhatte und gewann am Ende. Die Welt ist heute so fucked up, dass ich überzeugt bin, dass man mit starken Messages wirklich großen Einfluss haben kann. Es gibt immer mehr Kritik an dem rasanten Tempo, dem sich die Modebranche unterwirft. Ist Kreativität und daran anschließend kreative Kommunikation bei diesen Rhythmen überhaupt noch möglich?
Es ist anstrengend, klar. Auf der anderen Seite sehe ich keinen Weg, das wieder zu ändern, außer Schritt für Schirtt dagegen vorzugehen oder mit viel Integrität sein eigenes Ding zu machen. Momentan gibt es zu viele Marken, die zu viel von dem tun, was sie nicht tun müssten. Bestimmte Marken
Marken brauchen eine Stimme, ist das Credo von Johan Lindeberg. Mit der Kampagne Bridge Series für Frühjahr/Sommer 2016 feiert er sein Comeback bei J. Lindeberg und gibt Menschen wie Waris Ahluwalia die Möglichkeit, etwas bedeutendes los zu werden. Die Kampagne wurde in New York gelauncht.
sollten für bestimmte Dinge stehen und dabei bleiben. Ich bin begeistert von den Initiativen, die Burberry macht, um zu versuchen, diesen Kreislauf zu durchbrechen, anstatt mit dem Strom zu schwimmen und der Entwicklung der Industrie zu folgen. Zweifellos ist es sehr schwer, die Aufmerksamkeit, die Fashionshows heute haben, auch auf die Produkte im Laden zu übertragen.
Marke, weil wir zwei verschiedene Kulturen im Unternehmen haben und damit nicht diese klare Stimme gegenüber dem Konsumenten. Ich versuche nun herauszufinden, wie wir diese eine starke und präzise internationale Stimme kreieren können, um die ganze Marke zu kommunizieren. Das ist die größte Herausforderung, aber auch die größte Chance für J. Lindeberg.
J. Lindeberg ist eine einzigartige Marke. Sie hat zwei DNA-Stränge: Sport und Mode. Das ist eine große Chance, denn Sportmode ist heute sehr trendy und die Kunden mögen diese Art, sich zu kleiden. Auf der anderen Seite sehe ich eine große Herausforderung für die
Und darum, alles zu einem großen Ganzen zu vereinen. Wir stellen momentan noch verschiedene Werte dar, aber der Kunde sollte J. Lindeberg als einen inspirierenden Lifestyle wahrnehmen. Und wir können die Tatsache, dass wir Active Wear, Golf und Skimode haben, als Stärke nutzen und mit unserer Modekollektion stilistisch verbinden. Unser Unternehmen arbeitet sehr organisiert und wir
Mit J. Lindeberg haben Sie eine Lifestylemarke kreiert. Letztes Jahr kehrten Sie als Creative Consultant zu Ihrem Unternehmen zurück. Was sind Ihre Ziele mit der Marke?
Das klingt nach Fokussieren auf die eigenen Stärken?
haben viele Spezialisten. Wir kommen jetzt an den Punkt, wo wir unsere Stärken bündeln und herausfinden müssen, was für uns die richtige Balance zwischen Kunst und Industrie, Kreativität und Geschäft ist. Das wird uns neue Dimensionen und ein neues progressives Level eröffnen – genau das braucht J. Lindeberg jetzt. Der Blick in die Zukunft ist ja immer spannender als der Blick zurück: Was sind in Ihren Augen die wichtigsten Entwicklungen, auf die wir uns in den kommenden Jahren freuen können?
Ich glaube daran, dass Marken wichtiger als Politiker werden können. Ich glaube an eine Welt ohne Grenzen, in der die Creative Community noch viel mehr Verantwortung für aktuelle Problemfragen übernimmt. Ich glaube an den Vormarsch der Frauen und dass sie Führungspositionen übernehmen.
Hinsichtlich der Kreativität bin ich sehr optimistisch. Marken werden feststellen, dass die Konzentration auf den reinen Verkauf ihrer Produkte nicht der einzige Weg ist, weiterzukommen. Die Konsumenten sind heute so übersättigt, man kann nicht mehr einfach nur tun, was alle machen, man muss die Menschen auf eine andere Art ansprechen und den kreativen Ausdruck auf ein Level anheben, auf dem er noch nie zuvor war.
Johan Lindeberg begann seine Karriere 1990 als International Marketing Manager bei Diesel und gründete anschließend seine eigene Marke J. Lindeberg, die er 2007 verließ um sich unter anderem Projekten wie Justin Timberlakes Marke William Rast oder seiner neuen Brand BLK DNM zu widmen.
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ALTPAPIER UND NEUPAPIER Kundenkommunikation nur noch digital? Mitnichten: Selbst reine Onlineplayer setzen auf Print, wenn es darum geht, ihre Kunden zum Kauf zu verführen. Pixel und Bytes, Papier und Druck – das eine schließt das andere nicht aus. Text: Quynh Tran. Illustration: Claudia Meitert@Caroline Seidler. Fotos: Gesprächspartner
Jede Revolution bringt sie mit sich: Visionen, die sich so nicht halten lassen. Als die Digitalisierung noch in ihren Kinderschuhen steckte, prognostizierte man euphorisch ein papierloses Zeitalter. Doch weder im Büro noch in der Kommunikation mit seinen Kunden ist das heute eingetreten. Selbstverständlich, eine Vielzahl neuer Kommunikationsmittel – überwiegend digitaler Natur – hat die Möglichkeiten größer werden lassen. Doch die Erkenntnis ist: Das eine hat das andere nicht ersetzt.
Was es für den Händler nicht leichter macht. Die Schlagzahl ist erhöht, nicht zuletzt durch den Onlinehandel und sein hochfrequentes Kommunikationsverhalten. Doch was wird überhaupt noch gehört? Und wie lässt man Kommunikationsmoment und Kaufmoment zusammenwachsen? Professionalisierung
Hochglanz war der Mode schon immer am liebsten. Die Messlatte in der Kundenkommunikation allerdings lag lange niedriger. Der Kunde zeigte style in progress 216
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„Kundinnen, die Porter abonniert haben, geben im Durchschnitt um 24 Prozent mehr aus und bestellen um 86 Prozent häufiger als Kundinnen ohne Abo.“ Studie der Yoox-Net-a-Porter Group
Verständnis, dass sein lokaler Händler keine Vogue-Qualität leisten kann. Auftritt Global Player: Wer mehrere Hundert Millionen Umsatz macht und in viele Länder verschickt, kann auch die Besten der Branche engagieren. Große E-Tailer fahren heute einen Kommunikationsapparat auf, der sowohl Newsletter in hoher Taktung als auch periodische Printmagazine abdeckt, hinter denen Millionenbudgets und hochprofessionelle Redaktionen stehen. Obwohl sich etwa Stylebop in seiner Kommunikation noch zurückhält, ist klar, dass das Engagement von Jennifer Dixon, der ehemaligen Modechefin der deutschen InStyle, als Zeichen zu werten ist. Ein nächstes Magazin von einem Onlineshop? Dass sich dieses Modell bewährt, haben bereits andere Branchenriesen gezeigt. Mytheresa.com hat mit Veronika Heilbrunner, die von der deutschen Harper’s Bazaar kam, das öffentliche Profil geschärft und schickt tägliche Newsletter mit so hübsch kuratierten Designerstücken, dass man direkt daraufklicken und bestellen möchte. Redaktionelle Inhalte sollen die Sehnsucht nach dem Produkt anheizen. Die Global Player wie Net-aPorter und Matchesfashion produzieren mit hochrangigen Modejournalisten ein ganzes Kommunikationsorchester. Vom auf den Punkt gebrachten Newsletter bis zu Hochglanzmagazinen, die es locker mit 216 style in progress
„Es ist immer wieder eine Herausforderung, fesselnde Inhalte für unsere Kunden zu kreieren, im Digitalen wie im Print.“ Jess Christie, Global Communication Director bei Matchesfashion
klassischen Modemagazinen aufnehmen könnten. Seit 2012 bei Net-a-Porter die ehemalige Redakteurin der britischen Harper’s Bazaar, Lucy Yeomans, angeheuert hat, gibt es das Porter-Magazin. Ein über 300 Seiten dickes Hochglanzblatt mit Modestrecken, die natürlich mit dem Sortiment korrelieren, Story-Features, die beizeiten besser als in klassischen Magazinen sind, und Promi-Covern wie Emma Watson oder Amber Valetta. Damit schafft der Onlinehändler einen weiteren Ausdruck – im wahrsten Sinne des Wortes – seines Lifestyles. Identifikationsfläche für den Kunden und Lust auf die neueste Mode. Laut einer Studie der Yoox-Net-a-Porter Group, die im Februar 2016 veröffentlicht wurde, hat das Porter-Magazin eine Auflage von 170.000 Exemplaren in über 60 Ländern und zuletzt ein Wachstum von zehn Prozent. Zum Vergleich: Die deutsche Vogue hat nach eigenen Angaben 2016 eine Auf-
lage von 185.000 Exemplaren. Laut der Studie geben Kundinnen, die das Magazin abonniert haben, im Durchschnitt um 24 Prozent mehr aus und bestellen um 86 Prozent häufiger als Kundinnen ohne Abo – bei Kunden die durchschnittlich 164.000 Euro im Jahr verdienen und bis zu 17.000 Euro für Kleidung ausgeben, rechnet sich das Investment in ein Magazin als Einkaufsanreiz deutlich. Es gibt also einen Zusammenhang zwischen dem Kaufverhalten und dem Interesse an redaktionellen Inhalten – wobei natürlich noch streitbar ist, ob zuerst das Interesse an der Mode oder zuerst die Kauflust da war. Neben Porter gibt es auch noch Mr. Porter für Männer, eine Plattform mit wöchentlichem E-Journal und zweimonatlichem Printmagazin, das 2,5 Millionen digitale Leser hat, 850.000 E-Mail-Abonnenten und eine Printedition von 130.000 Exemplaren. Für die Männer hat die Studie ein durchschnittliches Einkommen von 195.000 Euro und eine Konsumbereitschaft von 25.000 Euro ergeben, ein Potenzial, das sich ebenfalls durch gezieltes, Content-getriebenes Marketing ausschöpfen lässt. Hybridlösung
Matchesfashion, die sowohl im stationären als auch im Onlinehandel vertreten sind, bedienen sich verschiedener Methoden: Wöchentliche „Just In“, „Curated Style“, „Style Report“ und „Weekend Edits“ per E-Mail, sowie Sale Alerts, Wishlist und Lookbook E-Mails, „Shop
„Wir beherrschen das Katalogbusiness, haben jahrelange Erfahrung und bringen unsere Learnings auch in das redaktionelle Umfeld ein.“ Lillemor Brandenburg, Kommunikationsverantwortliche Conleys
With“-Kolumnen mit Stilikonen wie Garance Doré oder Leandra Medine – und dem Magazin The Style Report für Frauen und Männer mit einer Auflage von 120.000 bzw. 80.000 Exemplaren, die Feature Stories beinhalten, aber auch 100 voll shopbare Seiten mit Artikelnummern, die man nur noch auf der Website eingeben muss. „Wir wollen mit unseren Kunden in Kontakt bleiben und sie auf dem Laufenden halten, über News, neue Lieferungen und ihre Lieblingsdesigner. Am Anfang der Saison und während der Saison, weil wir immer wieder neue Produkte bekommen“, sagt Jess Christie, Global Communication Director bei Matchesfashion. „Zweimal im Jahr, jeweils zu Beginn der Sommer- und Wintersaison, gibt es das Printmagazin The Style Report für Frauen und Männer mit spannenden Inhalten mit Interviews, Meinungen zu den neuesten Trends und Must-Haves der Saison. Das Magazin wird in Travel Lounges, Privatjets und Luxushotels in Metropolen verteilt. Es ist immer wieder eine Herausforderung, fesselnde Inhalte für unsere
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„Es ist immer wieder überraschend, was unsere Kunden im Magazin gerne lesen.“ Ambros Strolz, Mit eigentümer Strolz Lech
Kunden zu kreieren, im Digitalen wie im Print. Wir decken neben Print auch Videos ab und gehen sicher, dass unsere Inhalte auf allen Geräten verfügbar und alle Produkte auch shopbar sind. Wir versuchen, durch die beste Redaktion und Auswahl sowohl neue als auch etablierte Designer zu zeigen.“ Wer kann da mit?
Im Vergleich zu den globalen Anbietern im E-Commerce haben kleinere Händler natürlich andere Budgetrestriktionen und eine ganz andere Infrastruktur – und vielleicht auch eine ganz andere Ausrichtung. Der deutsche Katalog- und Onlineversandhändler Conleys gibt neben Katalogen, Newslettern und persönlicher Geburtstags- und Urlaubspost ebenfalls zweimal im Jahr ein 100 Seiten starkes Kundenmagazin heraus; zum Frühjahr und zum Herbst zu Beginn der jeweiligen Saison. „Ein gutes Kundenmagazin zeichnet sich durch eine Mischung aus. Berichte aus der
eigenen als auch aus fremden Branchen, eine komplett andere Darstellung der Produkte als in unserer Katalogwelt, eine gewisse Internationalität und die Einbindung von Persönlichkeiten aus der Öffentlichkeit als auch aus unserem Unternehmen. So erschaffen wir ein modisch angehauchtes Magazin mit persönlichem Charakter und sind quasi die beste Freundin unserer Kundin, die ganz nebenbei auch Stylisten-Qualifikationen hat“, sagt Lillemor Brandenburg, die bei Conleys die Kommunikation und das Magazin verantwortet. „Mit viel Liebe und Herzblut entwickelt unser Team aus zwei festen Mitarbeiterinnen das Conleys-Magazin. Von Foto- und Text-Content, über Aufbau bis hin zu unseren Fotoshootings mit besonders spannenden Fotografen. Und genau das macht es aus: Handmade Content mit viel Freude und freundschaftlichen Kooperationen. Natürlich auch mit engen Partnerschaften mit Marken. Zudem beherrschen wir das Katalogbusiness mit jahrelanger Erfahrung und bringen unsere Learnings auch innerhalb des redaktionellen Umfelds ein. So schaffen wir es, konkurrenzfähig zu sein, und behaupten, eins der schönsten Kundenmagazine auf dem deutschen Markt zu haben.“ Die Trumpfkarten der Kleinen: Persönlichkeit und Regionalität
„Es ist immer wieder überraschend, was unsere Kunden gerne lesen. Mitarbeiterprofile
„Die Magazine der Onlinehändler stellen keine Konkurrenz, sondern Inspiration dar, von denen auch kleine Boutiquen profitieren, an die sich Kundinnen für eine persönliche Beratung wenden.“ Sue Giers, Geschäftsführerin Linette
sind sehr beliebt, und als wir zum Beispiel einmal die Rezepte meiner Mutter veröffentlicht haben, ist das super angekommen und unsere Kunden haben berichtet, wie sie die Rezepte nachgekocht haben“, stellt Ambros Strolz fest, der im österreichischen Ski-Mekka Lech die Strolz-Mode- und -Sporthäuser führt. Neben vier persönlichen, postalischen Anschreiben zu den Saisonstarts und Sale-Starts sowie VIP-Einladungen zu speziellen Charity-Veranstaltungen gibt es einmal im Jahr im Oktober zu Saisonbeginn ein Kundenmagazin, das sich eben durch die persönliche Note auszeichnet. Auf höchstem Niveau, aber mit persönlichem Touch durch die Familie, Geschichten über Lech und den Arlberg, Mitarbeiterporträts, regionalen News und Lifestyle. Alle Fotoserien werden in der Region produziert und haben einen direkten Bezug zum Ort. Selbst ein großes Kaufhaus wie das KaDeWe bezieht sich in seinem saisonalen Kundenmagazin aufs Lokale. Neben Anzeigen großer internationaler Modehäuser sind es regionale Editorials und News
zum Haus und zur Stadt, die auffallen. Aber es muss nicht immer ein Magazin sein. Das Marketing der großen, sagt Sue Giers, Geschäftsführerin von Linette in Hamburg, kann man ausnutzen. „Die Magazine der Onlinehändler stellen keine Konkurrenz, sondern Inspiration dar, von denen auch kleine Boutiquen profitieren, an die sich Kundinnen für eine persönliche Beratung wenden. Die großen Onlinehändler sollen ruhig das Marketingbudget herausgeben, aber auch mehr mit kleinen Boutiquen kooperieren. Zum Beispiel durch Versand über Boutiquen oder gemeinsame Veranstaltungen.“ Ob diese Zusammenarbeit tatsächlich einmal zustande kommen wird, steht in den Sternen. Sicher ist aber, die Kommunikationsmittel von heute bieten vor allem Chancen. Große Anbieter mit Budgets für teure Magazine sind nicht nur Konkurrenz, sondern Koexistenz. Denn an die persönliche Note und den regionalen Bezug der lokalen Händler werden sie nicht herankommen.
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Ben Sherman. EIN KLASSIKER AUF EXPANSIONSKURS Mit der Übernahme durch den Investor Marquee Brands geht die englische Traditionsmarke Ben Sherman in ein Lizenzmodell über. Für die D-A-CH-Region hat die Modeagentur Ben And die Rechte übernommen und will Wachstum. Text: Quynh Tran. Fotos: Ben Sherman
„Ich kann mich noch an die originalen Ben-ShermanHemden aus den 1960ern und 1970ern erinnern. Auf mein erstes Ben-Sherman-Hemd musste ich wirklich sparen. Das war etwas, das jeder haben wollte“, sagte einmal The-JamSänger Paul Weller, der auch Godfather of Britpop genannt wird. Das Hemd mit dem Gingham-Karo und dem Button-down-Kragen, inspiriert vom Look der amerikanischen Ivy-League-Studenten, führte der Amerikarückkehrer Arthur Benjamin Sherman – alias Ben Sherman – 1963 in England ein. Mit seinem bourgoisen Look wurde es in den 1960er- und 1970er-Jahren zu einer echten Ikone der Mod-Subkultur in Großbritannien und galt quasi
als Uniform für Britpop-Stars wie The Jam, The Who und später Oasis. Geschichte ist es damit aber noch längst nicht: „Ben Sherman ist eine Traditionsmarke, die gut in den Zeitgeist passt. Die Ursprünge mit der scharfen englischen Aussage sind immer noch da, aber die Kollektion ist größer, verständlicher und zugänglicher geworden und spricht eine größere Kundengruppe als den Britpop-Typus der 1990er-Jahre an. Tailoring und die Konfektion laufen gut“, sagt Ben Botas, Geschäftsführer von Ben And. Neue Struktur, neue Möglichkeiten
Über die Jahre staubte die Marke trotz des Kultstatus allerdings etwas an und durchlief mehrere Akquisitionen – zuletzt durch die Marquee-Brands-Gruppe, die das verlustreiche Traditionsunternehmen im Sommer 2015 übernahm. Anfang des Jahres wurde schließlich bekannt, dass Ben Sherman nun durch ein klassisches Lizenzmodell operieren soll. Für den britischen Markt übernham BMB Clothing Limited, für den deutschsprachigen Markt ist es die Modeagentur Ben And. Unter der
Ben Shermans Signature-Style: massentauglicher Brit-Pop.
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Führung von Marquee Brands werden die Identität der Marke und das Marketing global aus New York und London gesteuert, für die einzelnen Märkte übernehmen die Lizenznehmer die Kompetenz. „Das eröffnet ganz neue Chancen, weil die lokalen Partner ihre Märkte besser kennen und effizienter bearbeiten können,“ sagt Botas. Marquee Brands plant, so die alten Märkte zu beleben und in neue Märkte einzutreten, vor allem in Japan und Korea, aber auch in Kanada und Südamerika. Unter dem neuen Modell gibt es keine Agenturen und Distributeure. Stattdessen greifen die Lizenzpartner in die Produktionsentwicklung und Logistik ein und übernehmen Retail und Wholesale für ihre jeweiligen Märkte komplett. Für Deutschland bedeutet das, dass neben der zentral gesteuerten Kollektionen in Zukunft auch eigene Serien entwickelt werden können und über BMB Clothing Limited, die auch die Lizenz für die Produktion in Europa halten, direkt bei den Fabriken bestellt werden kann. Auf Wachstumskurs auf dem deutschen Markt
Im Gegensatz zu England, wo mit der Lizenzübernahme drei von zehn Läden geschlossen wurden, geht es in Deutschland allerdings auf Expansionskurs: Übernommen wurden fünf gewinnträchtige Monobrand-Geschäfte mit gesamter Belegschaft in Deutschland und den Niederlanden, 2017 sollen weitere Läden in Berlin, Frankfurt und Hamburg dazukommen. Das Berliner Hauptquartier wird geschlossen, stattdessen kümmert sich die Agentur in München um die Händler. „Wir haben ein profitables Geschäft im Retail übernommen, das im letzten Jahr über eine
Ben Botas ist mit seiner Modeagentur Ben And neuer Lizenznehmer in D-A-CH.
Million Euro Gewinn gemacht hat und weiter ausgebaut werden soll. Der Wholesale, der bisher noch nicht optimal lief, wird über die Agentur Ben And abgewickelt und soll in Zukunft ausgebaut werden. Für die nächste Saison streben wir ein Wachstum von zehn bis 20 Prozent an“, so Botas. Neben dem Wholesale wird auch das Onlinegeschäft ab April über die deutsche Domain www.bensherman.de aus München gesteuert. Die Positionierung Ben Shermans im unteren Mittelpreisfeld soll auf jeden Fall erhalten bleiben: Das klassische Gingham-Karohemd zu 69 Euro, Jeans zu 89 Euro – mit dieser Preisrange steht ein breiter Markt offen. Ben Sherman/Ben And GmbH, Georg-Muche-Straße 5, München/ Deutschland, www.bensherman.de, www.ben-and.com
Mit dem Klassiker in die Zukunft: Das Gingham-Hemd bleibt das Herz der Marke.
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Wunderfell Lässiger Perfektionismus
Herzstück der ersten Wunderfell-Kollektion sind modische Mäntel aus superleichten Merino- und Toskana-Lammfellen, die aus Europa stammen und bei den besten Spezialisten in der Türkei produziert werden. Perfekt auf die Bedürfnisse des Handels, sind die Zeitpunkte für die Auslieferung abgestimmt. Wunderfell gibt seinen Kunden die Möglichkeit, die Liefertermine genau in die Bedarfszeit im Herbst zu legen und die Ware nicht schon im Hochsommer vorhalten zu müssen. Für den Auslieferungstermin im Oktober besteht noch bis einschließlich Mai die Möglichkeit zur Order. Die Kollektion beinhaltet rund 15 lässige und edle Indoor- und Outdoormodelle, die klimaregulierend und atmungsaktiv sind. Lammfellprodukte temperieren den Körper auf natürliche Art und Weise an kalten wie an warmen Wintertagen. Die Macher hinter Wunderfell sind Experten mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Lederverarbeitung. Indoorthemen sind Blazer und Bolero-Jacken aus ultraleichtem Leder. Lässige Wendeteile, kultivierte Fellschals und Accessoires runden das Programm ab. Die Formen der Mäntel in den Hauptlängen von 70 bis 90 Zentimeter schmeicheln mit leicht angehobenen Schultern und raffinierten Asymmetrien in den Größen 34 bis 48. Neben Weichheit, Leichtigkeit und dem damit verbundenen Wohlfühlcharakter des Materials überzeugen vor allem die einzigartigen Schnitte und perfekten Passformen der Mäntel und Jacken. Die VK-Preise reichen von 799 bis 1.999 Euro bei einer 2,7er-Kalkulation. D Süd: Mathias Schwarte Modeagentur, München/Deutschland, T 0049.89.3580576, office@agentur-schwarte.de D Nord: Agentur Stefan Wittmann, Düsseldorf/Deutschland, T 0049.211.58589690, stefan.wittmann@agentur-wittmann.de A+CH: Agentur Gerhard Grafenstätter, Salzburg/Österreich, Erlenbach bei Zürich/ Schweiz, T 0043.664.1801066, office@grafenstaetter.at www.wunderfell.com
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June 7.2 Prominenter Zähler
Ström Designaffin
Keine Angst, 7.2 ist keine neue Web-Generation, alles bleibt gut. Die Zahl 7 steht für Glück und die Zahl 2 für die beiden Gründerinnen der amerikanischen Premium-T-Shirt Kollektion June 7.2. 2014 beschlossen das belgische Model Ingrid Seynhaeve und die argentinische Designerin Jacquie Moroni T-Shirts zu designen, die sich durch ein lässiges, minimalistisches Design im abgeklärten L.-A.-Sunshine-State-Style mit außergewöhnlichen Softqualitäten hervortut. Gefertigt werden die T-Shirts, Tops, Sweatpants und Kleider, die durch Heavy-StoneWaschungen ihren charismatischen Vintage-Look bekommen, ausschließlich in der Türkei. In der Winterkollektion kommen außerdem schwerere Jerseyqualitäten und Cashmere-Teile hinzu. Seit Januar 2016 präsentiert die Agentur Komet & Helden die Marke in ihren Showrooms in München und Düsseldorf. Um kurzfristig auf Trends reagieren zu können, bietet June 7.2 neben zwei klassischen Vororderkollektionen im Jahr jede Saison auch ein Sofortprogramm an, das innerhalb von 14 Tagen geliefert werden kann und hauptsächlich leichte Jerseys und Tanktops bietet. Die EK-Preise der T-Shirts liegen zwischen 32 und 45 Euro. Komet und Helden, München/ Deutschland, T 0049.89.9705280, info@kometundhelden.de, ingridseynhaeve.net
Die Contemporary-Kollektion Ström wird zurzeit in den USA als heißer Tipp für hochwertige Designerjeans gehandelt. Schon der Name verweist auf die skandinavischen Wurzeln der Brand: Gründerin Erika Strömqvist, eine gebürtige Schwedin, arbeitete mit Designern wie Nicolas Ghesquière, Marc Jacobs und Ann Demeulemeester zusammen. Ihre Linie setzt einerseits auf schlichte Qualitäten wie Funktionalität, Understatement und Beständigkeit mit einem hohen Designanspruch gepaart. Qualitätsbewusstsein gehört zu ihrem Credo: Alle Teile werden in den USA aus japanischem Denim produziert. In der Kollektion gibt es sowohl edgy geschnittene Röhren als auch lässige Boyfriend- und High-Waistoder Parachute-Schnitte. Celebs wie Anne Hathaway oder Cameron Diaz sind begeisterte Trägerinnen der lässigen Jeans. Zur aktuellen Saison hat CP Fashion die Distribution für die deutschsprachigen Länder übernommen, man plane einen selektiven Vertrieb, so Reinhart Oberstein. Die Kollektion besteht aus 60 bis 70 Teilen, die VK-Preise für die Hosen starten bei 189 Euro bis 249 Euro bei einer Kalkulation von 2,8. CP Fashion, Bad Säckingen/Deutschland, T 0049.7763.9277060, info@cpfashion.de, www.strombrand.com
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GH Bass Das ist DER Loafer
Phil & Lui Nachhaltigkeit als Standart
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Hunkydory Ungeschliffen schwedisch
Im Fokus des jungen Casual-Fashionlabel Phil & Lui aus München stehen langlebige, super-softe ökologische Materialen. Die Gründer Caroline Luisa Klein und Philipp Sebastian Seidl wollen daran erinnern, welchen gesellschaftlichen und kreativen Wert Kleidung als täglicher Begleiter einnimmt. Produziert wird nach den Standards des GOTS-Siegels in Portugal. Auch ungenutzte Stoffe aus Überproduktionen – sogenannte Leftovers – kommen zum Einsatz. Die Strickteile bestehen aus reiner Merinowolle, einer erstklassigen Cashwool und Supergeelong Mouliné Garnqualität aus Italien. Die Jeans werden nach den Kriterien der Ressourcenschonung und der umweltschonenden Weiterverarbeitung mittels Laser und Ozon gefinisht. Es gibt zwei Kollektionen im Jahr mit ca. 30 bis 40 Teilen. Die VK-Preise für T-Shirts und Longsleeves liegen zwischen 59 und 89 Euro, Sweat 119 bis 139 Euro, Strick 199 bis 249 Euro und für Jeans 159 bis 229 Euro, jeweils mit 2,7 oder 2,8 kalkuliert. D Norden: Fashionagentur Britta Bischoff, Hamburg/Deutschland, T 0049.172.9662696, north@phil-and-lui.de D Mitte: Agentur Nicole Weis, Neuss/ Deutschland, T 0049.160.8876557, middle@phil-and-lui.de D Süden: Agentur Elke Wirichs, München/Deutschland, T 0049.177.3236627, south@phil-and-lui.de www.phil-and-lui.de
Es gibt Kollektionen, bei denen überraschte Kunden im Showroom spontan mit der Frage herausplatzen: Warum habe ich von denen noch nie was gehört? So geschehen im Fall der schwedischen DOB-Kollektion Hunkydory. Anfang Februar übernahm Norbert Reipert den Vertrieb und präsentierte die Marke erstmals auf der Premium in München und das Feedback der Kunden gab dem Konzept von Hunkydory recht: eine unaufgeregte, elegante und hochwertige Damenkollektion mit besonderen Materialien und einem gelungenen Stilmix aus sportlichen Casual Looks mit Denims und femininer Eleganz. 1996 von Ulrika und Christopher Bjercke gegründet, zeigt Hunkydory in zwei Haupt- und zwei Pre-Kollektionen pro Jahr mit insgesamt zehn Lieferterminen edlen Strick und einen coolen Bohemian Chic. Die Hauptkollektion umfasst rund 120 Einzelteile, die EK-Preislagen liegen dabei zwischen 58 und 220 Euro für Strick, 68 für Hosen und Denims und 100 bis 600 Euro für Outdoorjacken bei einer Kalkulation von 2,6 bis 3,0. Nach Abschluss der Order für Herbst/Winter 2016 mit der Auslieferung im August und September findet vom 25. April bis 25. Mai die Order der Pre-Kollektion Frühjahr/Sommer 2017 statt, Auslieferung Ende November 2016. D: Norbert Reipert, Breitbrunn/ Deutschland, T 0049.8054.9302, norbert@norbertreipert.com CH: The Wearhouse Fashion Trade, Zürich/Schweiz, T 0041.44.9121200, patrick@wearhouse.ch www. hunkydory.com
©Katjana Frisch
Die amerikanische Marke GH Bass erhebt Anspruch auf einen Herrenschuhklassiker, der weltweit Geschichte geschrieben hat und momentan wieder voll im Trend liegt – der Loafer für Frauen. Bereits 1876 entwickelte George Henry Bass aus Wilton, Maine seinen ersten Weejun als Vorläufer des Penny Loafers und als Universalschuh für alle Anforderungen des Alltags. Bis heute ist daraus eine international präsente Marke gewachsen, die eine breite Palette von Modellen für Männer und Frauen zeigt, sich von ihrem Ursprung aber nie entfernt hat. Anfang dieses Jahres übernahm die Münchner Agentur D-tails den Vertrieb der Kultmarke für Deutschland, Österreich und die Schweiz und fokussiert sich dabei auf die klassischen Loafer für Frauen. „Zur super skinny Jeans ist der schlichte Loafer in seiner ganz klassischen Reduzierung in Schwarz-Weiß oder Braun ein Fashionstatement“, weiß Patrick Coppolecchia Reinartz. Die Marke bietet zwei Hauptkollektionen und kurzfristige Programme während der Saison, die EK-Preislagen liegen dabei zwischen 68 und 80 Euro mit einer Kalkulation von 2,9. D-tails, München/Deutschland, T 0049.89.20207771, info@d-tails.de, www.ghbass.com
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Frieda & Freddies – so hießen in den 1980er-Jahren zwei Diskotheken in New York und Miami, die den leicht kitschigen Lifestyle der Serie „Miami Vice“ verkörperten. Der Mönchengladbacher Textilunternehmer Manfred Lebek sicherte sich 2005 die Rechte an dem Markennamen und baute Frieda & Freddies zunächst zu einem erfolgreichen Womenswearlabel mit Fokus auf Jacken auf. In der aktuellen Saison kam jetzt eine Herrenlinie dazu. Sie konzentriert sich auf Steppjacken, Wendejacken, Parkas, Fake-Daune, Daunenjacken und Westen. Neben Glossy Nylon spielt man die Materialpalette mit Wolle in innovativen Bonding-Qualitäten. Die Preise liegen für Jacken zwischen 149 und 199 Euro im VK, Strick zwischen 69 und 99 Euro bei einer Kalkulation von 2,8 bis 3,0. In der ersten Saison sollen damit rund 200 HAKA-Kunden erreicht werden. Langfristig möchte Lebek mit Frieda & Freddies eine komplette Lifestylewelt aufbauen. Eigene Pop-up-Konzepte, zum Beispiel bei Baltz in Bochum, konzentrieren die Kollektion auf der Fläche. Frieda & Freddies gibt es bereits in Stores wie Kastner & Öhler, Turek, Breuninger, L&T, Braun in Moers oder Garhammer. Lebek & Friends, Mönchengladbach/ Deutschland, T 0049.2161.980000, customerservice@frieda-freddies.com, www.frieda-freddies.com
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Filling Pieces Nachhaltig und eigenständig
LOVaFur Null Prozent Tier
Das niederländische Footwearlabel Filling Pieces setzt bei seinen Sneakern auf qualitativ hochwertige Materialien, markantes und eigenständiges Design und nachhaltige Produktion in Portugal. Dabei kommen neben italienischem Wildleder über Nubuk bis hin zu pflanzlich gegerbten Glattledern auch raffinierte Techniken wie innovative Laser-Cuts, aufwändige Färbeprozesse und Sprühtechniken zum Einsatz. Die Kollektion beinhaltet rund 65 Styles. Der markentypische Low Top, der Mountain Cut und die hohe Mid-Top-Silhouette gibt es sowohl in minimalistischen Unifarben, als auch in farbenfrohen Kombinationen. Details wie durch Lederriemen und Klettverschlüsse verdeckte Schnürungen sind zeitgemäße Eyecatcher. Die VK-Preise liegen zwischen 180 und 330 Euro bei einer 2,7er-Kalkulation. Der Gründer Guillaume Philibert beschloss während seines Architekturstudiums, die Marktlücke zwischen Streetwear und High-End-Fashion mit seinen bezahlbaren Premiumsneakern zu schließen. Mittlerweile wird in 40 Länder exportiert und Filling Pieces ist in über 400 Stores vertreten, darunter auch Topadressen wie Colette, Mr. Porter, Barney’s in New York, Liberty’s in London und Storm in Kopenhagen. Brandpool GmbH & Co.KG, Offenbach am Main/Deutschland, T 0049.69.82993390, info@brandpool.biz, www.fillingpieces.com
Die Herausforderungen, die an einen Webpelzbommel als i-Tüpfelchen an einer Mütze gestellt werden, sind enorm. Mit handgefertigten Prototypen begann Familie Agic über dieses sympathische, tierfreundliche Nischenprodukt ihr Unternehmen AheadHunter aufzubauen, das seit 2014 auch die Faux-Fur-Damenkollektion LOVaFUR mit Westen, Jacken, Mänteln und vielen Accessoires wie Schalkragen, Stolas, Manschetten mit Snap-on-Funktion, Bubikrägen, Loopschals, Schlüssel anhängern und Pompons produziert – ausschließlich von Hand im eigenen Atelier in Bad Ischl. Jede Kollektion ist auf rund 20 Styles limitiert, die es in zwei bis sechs verschiedenen Farben und Qualitäten gibt. Es kommen ausschließlich hochwertige Rohmaterialien aus der EU zum Einsatz und auf Wunsch können Einzelteile in der gewünschten Menge – es gibt keinen Mindestbestellwert – angefertigt und innerhalb weniger Tage geliefert werden. Der Vertrieb für den deutschsprachigen Markt läuft größtenteils über den eigenen Showroom und persönliche Ordertermine, für die Schweiz ist die Modeagentur Grande zuständig. Die EK-Preise der Damenkollektion liegen zwischen 105 Euro für Westen bis 219 Euro für Mäntel, Accessoires kosten zwischen 9,20 und 85,90. Die Kollektion ist bereits in Stores wie Best in Stuttgart, Be Code in Zürich oder Via Venty in Salzburg vertreten. AheadHunter, Bad Ischl/Österreich, T 0043.660.6595226, office@aheadhunter.at CH: Modeagentur Grande, Glattpark/ Schweiz, T 0041.44.9373636, info@modeagenturgrande.ch, www.aheadhunter.at
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RRD Perf-Romance
Pete Sorensen Schuhe mit Charakter
Uber Für Wind und Wetter
Was nach einem Wortverdreher aussieht, ist das selbst kreierte Motto, nach dem Surfstar Roberto Ricci und Roberto Bardini ihre urbane Outdoorjackenkollektion designen: Sie verbinden Sport Performance mit Passion und hingebungsvoller Romantik. Roberto Ricci begann bereits Ende der 1980er-Jahre damit, Surfboards von Hand in Italien herzustellen und 1994 kam schließlich die Premiumsportswear hinzu, die auf dem letzten Pitti Uomo in Florenz unter die Top Ten der 1.000 besten Outdoorbrands gewählt und ausgezeichnet wurde. Die Inspiration und die funktionalen Details liefert Roberto Ricci, der mindestens neun Monate im Jahr beim Surfen ist, das Design und die Produktion finden in Italien statt. Mit der eigens entwickelten Produktionstechnick Holistic Technology werden dabei Materialien wie Lycra, wasserdichte Membranen, Stretch-Nylon, Daunen und Wolle untrennbar miteinander verbunden, wodurch neue Stoffe mit optimierter Funktionalität entstehen. Momentan wird die Jackenkollektion für Männer, Frauen und Kinder unter der Leitung von Exportmanagerin Michaela Merati in Europa vertrieben, für den süddeutschen Markt wurde für Herbst/Winter 2016/17 die Agentur Michaelis Fashion Agency gewonnen, für den österreichischen die Agentur von Christian Obojes. Mit VK-Preislagen zwischen 299 und 599 Euro richtet sich RRD an den gehobenen Premiumsportswearkunden. D: Michaelis Fashion Agency, München/ Deutschland, T 0049.171.4888924, mail@michaelis-fashion-agency.com A: Welcome to my room with a view, Salzburg/Österreich, T 0043.662.875651, office@roomwithaview.com www.robertoriccidesigns.com
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Anglo-skandinavischer Name, styled in Paris, produziert in Italien. Das Schuhlabel Pete Sorensen präsentiert sich international. Pete steht für englischen Esprit, Sorensen für skandinavisch-minimalistisches Design. Kevin Serpaggi und die Designerin Camille Hourdeaux setzen auf Rock Chic für Individualisten. Im Entwurf achtet Hourdeaux auf schlichte Formen, die sich gut kombinieren lassen und komfortabel sind – jedes Modell erhält ein schönes Finish mit nahezu perfekten Details. Ihre Linie sieht nicht nur gut aus, auch die Verarbeitung und die Passformen stimmen: Das Duo verlässt sich auf das handwerkliche Know-how aus dem italienischen Ort Montegranaro in den Marken. Mit dabei sind klassische Boots, Chelsea Boots oder Halbschuhe. Die Preise variieren von 90 bis 180 Euro im EK mit einer Kalkulation von 2,5. Der eigene Shop steht in Paris, darüber hinaus haben viele internationale Läden Gefallen an den Schuhen gefunden. Zu den Kunden gehören Printemps, Harvey Nichols, Luisa Via Roma oder Smets in Brüssel, in Deutschland Konen, Bungalow oder Riccardo Cartillone. Deluxe Distribution, Berlin/Deutschland, T 0049.30.69597692, morgan@deluxe-distribution.de, www.petesorensen.com
Was trägt Mann über dem Anzug, wenn ihm der konventionelle Parka zu wenig businesstauglich, der Regenmantel dagegen nicht funktionell genug ist? Die norwegische Marke Uber hat genau für diesen Kunden einen Hybrid zwischen Technologie und Tailoring geschaffen. Extrem reduzierte Designs kennzeichnen die konzentrierte Jackenlinie für Männer und Frauen mit Ursprung in der Activewear. Funktionelle smarte Businessmode war das Ziel des norwegischen Produktentwicklers Dag Even Tresselt, der die Marke 2009 ins Leben rief. Er kombiniert Wolle mit Materialien und Technologien aus dem Outdoorbereich. Die Jacken zeichnen sich durch ihr geringes Gewicht und durchdachte Details wie Magnetschließen, Multifunktionstaschen, Aerogel-Pads, wasserdichte Reißverschlüsse und dezente Reflektoren aus. Seit zwei Jahren gibt es auch die eigene Damenlinie in einer ähnlich reduzierten Optik. Die VK-Preise liegen zwischen 450 bis ca. 900 Euro, für die deutschsprachigen Länder wird der Vertrieb derzeit aufgebaut. Kunden sind beispielsweise Kastner & Öhler, Breuninger oder Die Form in Oldenburg. D: Agentur Link, Münstertal/Deutschland, T 0049.7636.7872975, agentur.link@t-online.de A: Alexandra Sock, München/ Deutschland, T 0049.89.32669676, sock@uberfunction.com CH: Brødre – Scandinavian Heritage GmbH, Zürich/Schweiz, T 0041.78.6247431, m.borgensten@brodre.ch www.uberfunction.com
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Tara Jarmon Well dressed!
Silk Sisters Launch bei Modeist
Gray Das Beste aus zwei Welten
Zeitgemäße Eleganz, Pariser Chic mit Twist. So lässt sich der sehr tragbare Look von Tara Jarmon am besten beschreiben. Vor 30 Jahren wurde das Label der kanadischen Designerin Tara und ihrem Mann David Jarmon gegründet. Was als kleines Couture-Haus in Paris begann, ist heute ein gestandenes Unternehmen mit 54 eigenen Stores und 600 Verkaufspunkten weltweit, denen in den nächsten fünf Jahren 14 weitere Stores und rund 200 weitere Verkaufspunkte hinzugefügt werden sollen. Der Fokus im Vertrieb liegt auf Europa. Zu dieser Saison hat die Aco Modeagentur den Vertrieb für den deutschsprachigen Markt übernommen, nachdem er die letzten Jahre von Paris aus erfolgt war. In Deutschland zählen Breuninger, Konen, Ludwig Beck und Lodenfrey zu den Kunden, international ist Tara Jarmon beispielsweise bei Arnotts in Irland, Harvey Nichols in der Türkei, Princess in Antwerpen, Globus in der Schweiz und Isetan in Tokio zu finden. Die Kollektion erscheint zweimal jährlich mit je 300 Styles, dazu kommen Capsule-Kollektionen für die eigenen Stores und Corners. Tops kosten 70 bis 120 Euro EK, Kleider liegen zwischen 85 und 160 Euro bei einer Kalkulation von 2,7. Aco Modeagentur, Düsseldorf/Deutschland, T 0049.211.5425630, michael.schulz@acomode.de www.tarajarmon.com
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Die Herausforderungen, die Marion Hoferer von der Agentur Modeist an eine DOB-Kollektion stellt, lassen sich in ein paar Keywords ausdrücken: ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, ein umwerfendes Produkt, dahinter ein verlässlicher Lieferant und im besten Fall ein professionelles Lagerprogramm für den Kunden. Mit der Blusen- und Kleiderkollektion Silk Sisters erweiterte sie ihr Portfolio in dieser Orderrunde um eine hochwertige, kleine Linie mit Seiden- und Baumwollteilen, die ganz im Sinne eines lässigen Easy Chic smarte Looks zu bezahlbaren Preisen bietet. Stilistisch ist Silk Sisters zwischen High Street Fashion und High End Fashion angesiedelt, die EK-Preise beginnen für Blusen bei 55 Euro mit einer Kalkulation von 2,8. Ihre Premiere feierte die Kollektion auf der Premium und in den Showrooms in Düsseldorf und München, die Auslieferungen der ersten Saisons sind für November 2016 und Juni 2017 geplant und es wird vorerst nur ein kleines Lager geben. Modeist, München und Düsseldorf/ Deutschland, T 0049.89.15985591, info@b-kleidung.com, www.b-kleidung.com
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Englische Menswear-Heritage mit italienischem Designverständnis und Produktions-Know-how für Strick umzusetzen, klingt per se nach einer spannenden Herausforderung. Eine, die die beiden Strickspezialisten Alfredo Argiro und Giacomo Canessa annahmen. Alfredo Argiro verantwortete zuvor die Strickkollektionen für Unternehmen wie Cruciani, Malo, Brunello Cuccinelli oder Ballantyne, wo er auch Giacomo Canessa kennen lernte. Gemeinsam wurden sie auf die 1920 in England gegründete und im Laufe der Jahre vom Markt verschwundene Marke Gray aufmerksam und beschlossen 2011, sie wieder aufleben zu lassen. Argiro entwickelt für die Männer- und Frauenkollektion in der eigenen Produktion in Perugia selbst Garne, denn alle Produkte werden vor Ort abgestrickt. Daher entstehen sehr individuelle und auch mal unkonventionelle Dessins und Haptiken wie innovative Materialmischungen oder eine diagonal laufende Rippenoptik. Obwohl erst seit sechs Saisons im Markt, hat sich Gray ein internationales Vertriebsnetzwerk mit führenden Agenturen in diesem Segment aufgebaut – darunter auch die Heritage Agents aus München. Dadurch sind sie bei Topadressen wie Barneys in New York oder The Store in Mailand gelistet. Die EK-Preislagen bewegen sich zwischen 103 und 150 Euro bei einer Kalkulation von 2,7. Die kleine feine Manufaktur macht eine enorme Vielfältigkeit der Qualitäten, keine Minimums wie Stückzahlvorgaben und spezielle Kundenwünsche und kurzfristige Nachlieferungen möglich. Heritage Agents, München/Deutschland, T 0049.89.32668063, m.koetteritz@heritage-agents.com, www.heritage-agents.com
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Eleven Elfs Die Magie der Farben
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Sie sind angetreten, um mit frohen Farb-Blockings die düsteren mitteleuropäischen Wintermonate aufzufrischen und zwei hohe Ansprüche professionell aufeinanderprallen zu lassen: Funktion und Mode. Heraus kamen arktistaugliche bis ultraleichte modische Daunenjacken für Männer und Frauen mit hoher Qualität und einem ehrlichen Preis-Leistungs-Verhältnis. Hinter Eleven Elfs stehen der italienische High-Fashion-Designer Manuel Luciano und seine Frau Julia Victoria, die das Label 2010 ins Leben riefen. Sie arbeiten dafür mit einem Produktionsspezialisten in Vietnam, der von einem deutschen Unternehmen betrieben wird und nach zertifizierten sozialen Standards arbeitet. Das ermöglicht Eleven Elfs auch Produktinnovationen wie beispielsweise vegane Daunenjacken. Luciano präsentiert zwei Kollektionen pro Jahr mit je zehn bis zwölf Modellen in drei bis vier unterschiedlichen Qualitäten und einer großen Farbpalette. Linien wie Urban, Nature und Vintage runden die Kollektionen inhaltlich ab, die Kernpreislage im Handel liegt bei 449 Euro. Eleven Elfs ist außer in den wichtigsten Märkten Europas, auch in Kanada und den USA vertreten und richtet sich an den gehobenen Premiumkunden. D: Michaelis Fashion Agency, München/ Deutschland, T 0049.171.4888924, mail@michaelis-fashion-agency.com A: Modeagentur Maderthaner, Salzburg/Österreich, T 0043.664.2441507, office@gm-lifestyle.at www.11elfs.com
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Scandinavian Edition Kompromisslose Ehrlichkeit
Officine Federali Nostalgie auf Lebenszeit
Wenn man Bernard Waage von Select Trading in München fragt, was ihn an der funktionalen Jackenkollektion von Scandinavian Edition sofort überzeugt hat, antwortet er: „Deren Ehrlichkeit.“ Zwei schwedische Designer und zwei norwegische Retailer gründeten 2010 die Marke rund um eine in sich perfekte Winterdaunenjacke mit 100 Prozent Funktion und einem hohen Anspruch an Nachhaltigkeit. Designtechnisch geht es in der Kollektion, die inzwischen Jacken, Mäntel und Parkas für Männer und Frauen präsentiert, um zeitlose Eleganz und ein cleanes Understatement, das man zu jedem Anlass tragen kann – von Hochgebirge bis Büro. Die zwei Hauptkollektionen pro Jahr bewegen sich in EK-Preislagen zwischen 88 und 230 Euro mit einer Kalkulation von 2,6 bis 2,7. Mit Select startet Scandinavian Edition erstmals im deutschen Markt und richtet sich an Stores in den Segmenten Premiumsportswear und Contemporary Fashion. Das Finishing der Jacken findet in Italien statt und die gemeinsam mit Sympatex und Thermore entwickelten Materialien werden zusätzlich in Deutschland getestet. Select Trading, München und Düsseldorf/Deutschland, Zürich/Schweiz, T 0049.89.125969550, info@select-trading.com, www.scandinavianedition.com
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Der Name verrät sehr viel über die Philosophie der hochwertigen Taschenkollektion, obwohl er wenig mit dem tatsächlichen Produkt zu tun hat: Officine Federali heißen die alten Eisenbahnproduktionshallen, die Markengründer und Industriedesigner Fabio Carminati aus der italienischen Schweiz kennt und als Sinnbild für Präzision und dem Standhalten extremer Ansprüche sieht, als Metapher für traditionsreiche Handarbeit und ein ehrliches Produkt. Malte Kötteritz und Michael Brockmann von den Heritage Agents hatten die Rucksäcke und Taschen schon länger im Auge, im Januar nach Berlin waren sie überzeugt: „Diese Taschen sind auf Lebenszeit konzipiert, es sind absolute Lieblingsteile. Die Kollektion ist gleichzeitig verständlich und übersichtlich aufgebaut, es gibt insgesamt sechs Styles in den drei Qualitäten Canvas, Canvas und Leder und die Black Edition. Die EK-Preise liegen je nach Material und Style zwischen 120 und 180 Euro bei einer Kalkulation von 2,65“, sagt Malte Kötteritz, den Produkte begeistern, die nicht saisonal begrenzt sind und so saisonübergreifend zu Preis verkauft werden können. „So kostbare Hand-made-Produkte halten ihren Wert über eine lange Periode hinweg. Man muss sie nicht abschreiben.“ Produziert wird ausschließlich in Italien, wo organisch gegerbte Leder, wasserdichte Armeestoffe und auch technische Materialien wie Neopren zum Einsatz kommen. Heritage Agents, München/Deutschland, T 0049.89.32668063, m.koetteritz@heritage-agents.com, www.officinefederali.com
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GAMECHANGING? NEIN. FOKUSSIERUNG! Muss die Mode noch schneller werden? Oder langsamer? Das richtige Timing der Kollektionen wird immer entschei dender, nicht nur am Point of Sale. Wer sich noch fragt, ob wir einen System wandel brauchen, weiß noch nicht: Wir sind schon mittendrin. Text: Nicoletta Schaper. Illustration: Claudia Meitert@Caroline Seidler
Es gibt ordentlich Bewegung, auf allen Ebenen. Die Mode ist aberwitzig schnell geworden. Luxushäuser wie Dior oder Saint Laurent bringen heute nicht nur zwei Haute-Couture- und zwei Prêt-à-Porter-Kollektionen im Jahr heraus, sondern zusätzliche Pre-, Cruiseund Capsule-Editions. Gefeaturt mit großen Catwalkshows, live gestreamt im Netz für ein Millionenpublikum. Der ganze Riesenapparat muss am Laufen gehalten werden, denn letztendlich geht es um sehr viel Geld. Ein enormer Druck und eine zunehmend unmögliche Aufgabe, zumal zwischen Promoten der neuen Kollektion und ihrem eigentlichen Verkauf zu viel Zeit liegt – und die vertikalen Kopisten die Look-alikes längst in ihren Geschäften hängen haben. Dann nämlich, wann die Konsumenten Lust darauf haben. Das ganze umsatzgetriebene System hat sich selbst eingeholt. Der Vorstoß von Burberry CEO Christopher Bailey im Februar, die Mode direkt im Anschluss der Shows online und in den Stores verfügbar zu machen, zeigt nicht nur, dass die ganze
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Rechnung nicht mehr aufgeht, was in der Folge auch Marken wie Tom Ford, Proenza Schouler und Tommy Hilfiger für sich erkannt haben. Sondern er zeigt etwas, das eben nicht nur für die High Fashion Gültigkeit hat: Dass sich der Rhythmus ändern muss – nicht weiter am Markt vorbei, sondern näher ran an den Bedarf der Konsumenten.
kommt vieles früh. „Nur mit Kollektionen nach klassischem Rhythmus kommen wir nicht mehr aus. Frühjahr/Sommer 2017 von Paul & Joe haben wir ab November sensationell verkauft, unsere Fashionkunden wollen es so“, sagt Winni Klenk. „Dagegen bringen Badehosen im Januar und Strick im Juli gar nichts.“
Von allem zu viel
Karl Reyer, Geschäftsführer Reyer Looks Hallein: „Das Wetter ist schon ein Argument, und man kann sich nicht darauf verlassen, dass es im Dezember kalt wird. Und wenn der August 40 Grad hat, hängt die Ware wie Blei.“
„Es gibt ganz klar zu viele Rhythmen“, sagt Karl Reyer von Reyer Sport & Mode Hallein. „Mir kommt es vor wie ein Davonlaufen vor der Wirklichkeit, immer noch mehr Kollektionen herauszubringen, um den Umsatz irgendwie doch noch einzufahren. Dabei leidet oft die Qualität, weil die Zeit für Kreativität und Produktentwicklung fehlt. Der Handel füllt sich ab mit Ware, die er zu schnell reduziert verkaufen muss, weil der nächste Schub schon im Anmarsch ist.“ „Als Händler blickst du vor lauter Pre-, Main- und Cruise-Collections kaum mehr Hans Weber, Geschäftsführer City Jeans Berlin: „Wir brauchen absolut einen neuen Rhythmus. Das zeigt das Erfolgsbeispiel Anine Bing, mit monatlich neuen Looks, die auf Bestellung schnell im Handel sind: Sommerkleider im Sommer, Winterpullis im Winter.“
durch“, kritisiert auch Winni Klenk von Abseits Germany. „Es ist von Industrieseite ja auch gewollt, dass du als Händler für die Pre-Kollektion mehr ausgeben musst, weil die Main zu schwierig sei. Bei Dsquared2 schreiben wir zum Beispiel nicht die Show-Maincollection, weil die Teile ohnehin zu teuer sind.“ Brands wie MSGM, N°21 und Lala Berlin führt Abseits Germany exklusiv in Stuttgart, entsprechend viel muss Winni Klenk schreiben. „Wenn die Verkaufszahlen es hergeben, mach ich das auch. Aber ich überziehe meine Budgets nicht.“ Der Store steht für Mode, entsprechend
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Udo Toepfer führt in seiner Agentur Nischenkollektionen mit klassischem Vororderrhythmus. „Dass im Mai und Juni alle Badehosen und Bikinis ausverkauft sind, ist genauso grotesk wie beispielsweise Pelze und Lammfell im Juli anzubieten“, so Udo Toepfer. „Das Timing stimmt überhaupt nicht mehr. Viele Einzelhändler, und auch ich, würden sich wünschen, dass die Ware bedarfsnäher kommt. Ich glaube, dass die Endverbraucher die Sachen mehr und mehr dann konsumieren wollen, wenn auch tatsächlich der Bedarf da ist. Der Markt ist aber einerseits von der Industrie und den Lieferzeiten getrieben und andererseits von den Mitbewerbern. Oft sagen mir Händler, wenn mein Wettbewerber in der Stadt immer früh beliefert wird, muss auch ich die Ware im Store haben.“ Die Verunsicherung im Handel ist groß. „Es gibt zu viele verschiedene Meinungen und Diskussionen, es gibt keine einheitliche Marschrichtung“, so Udo Toepfer. „Erschwerend kommen die Länder weltweit und das Onlinebusiness dazu. Wenn sich nicht alle einig sind, ist das Signal an die Industrie, etwas am Rhythmus ändern zu müssen, auch nicht klar und eindeutig genug.“ „Es gilt auch nicht für alle dasselbe Prinzip“, sagt Anita Tillmann. „Grundsätzlich brau-
chen wir keinen Systemwechsel, denn wir sind schon mittendrin“, so die Geschäftsführerin Premium Exhibitions. „Struktur ist kein abstraktes Ding, das sich auf Knopfdruck ändern lässt, genauso wenig, wie einzelne Player die Game-Changer sind. Alle beteiligten Marktpartner bedingen die Struktur, in der es viele Modelle und daher sehr viele Rhythmen gibt, die parallel existieren. Für die High Fashion gilt nicht dasselbe wie für die Sportswear zum Beispiel. Daher muss jeder für sich herausfinden, welches Modell mit welchem Rhythmus für ihn am besten passt. Darauf muss er sich fokussieren.“ Smart und punktgenau
Fokussierung ist das, was gerade vielerorts passiert. Nichts anderes macht die Sportswearmarke Woolrich. „Wir müssen näher dran sein am Konsumenten und die richtige Ware zur richtigen Zeit in den Handel bringen, damit beschäftigen wir uns sehr intensiv“, sagt Nicola Ghelfi, Sales Director Europe Woolrich. „Wir verkaufen nicht mehr länger zwei Kollektionen jährlich mit einem Vorlauf von sechs Monaten. Sondern bringen über das Jahr kleinere Kollektionen heraus, um dem Bedarf näherzukommen und um außerdem das Händlerrisiko zu verringern.“ Die Woolrich Pre-Kollektion Frühjahr/Sommer 2017 wird im deutschsprachigen Markt im November und Dezember ausgeliefert, die Hauptkollektion von Januar bis März. Für die Pre-Kollektion Herbst/Winter gilt Auslieferung Mai und Juni, während die Hauptkollektion ab Juli avisiert ist. In jeweils drei Drops, mit dicker Daune eben nicht im Marco Michelagnoli, Head of Sales, Woolgroup und Da niele Fiesoli: „Aufgrund der Preispolitik großer Departmentstores, die wegen ihres Private-Label-Business sehr früh mit Reduzierungen starten können, werden die Verkaufszeitfenster immer kleiner. Daher sollte sich der kleine Händler mit speziellen Produkten unabhängig und unvergleichlich machen.“
Anita Tillmann, Geschäftsfüh rerin Premium Exhibitions: „Im Bezug auf Messen haben wir die Nase vorn, wir sind das System und haben alte Strukturen aufgebrochen und geändert. Unser Zeitpunkt ist der absolut richtige. Messen sind die wichtigsten B2B-Treffpunkte. Nirgendwo sonst gibt es die Möglichkeit, ein interessiertes Zielpublikum schneller und besser zu erreichen.“
Juli, sondern später. Europa ist derzeit der stärkste Markt von Woolrich, USA und Kanada wachsen schnell. „Wir haben ebenso Agentenbüros in Japan und Korea“, so Nicola Ghelfi. „So können wir viel bedarfsnäher arbeiten: Beispielsweise erfahren wir, dass der US-Markt die Kollektionen sehr früh in der Saison haben will, Südeuropa und Asien dagegen eher später. Die Agenten vor Ort sind nah an ihrem Markt, genau das ist für uns der Schlüssel zum Erfolg.“ Die italienische, trendorientierte Womenswear von Pinko nutzt das im italienischen Heimatmarkt erprobte Order-Liefersystem für alle Märkte. „Mit eigenen Stores, wo immer neue High-End-Prontoware ausprobiert wird, hat sich Pinko perfekt auf die modischen Bedürfnisse der Konsumenten eingestellt“, sagt Michael Schulz, der mit der Aco Modeagentur für den Vertrieb in Deutschland und Österreich zuständig ist. „Das passt auch für die internationalen Märkte, wie der stetige Wachstumskurs beweist.“ November bis März sowie Mai bis September wird die Black Pre-Pollektion ausgeliefert, dazu kommt die trendbetonte Black Hauptkollektion zum gleichen Lieferzeitpunkt sowie Flashprogramme und statt NOS-Ware, produktbezogene New Proposals während der laufenden Saison: zum Beispiel die in den Pinko-Stores bestverkaufte Hose oder der bestverkaufte Blazer. Monoproducts statt Total Looks
Früher hatte der Handel großen Bedarf an Total-Look-Brands. „Es war für die Händler relativ
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einfach, sie konnten viele Outfits von ein paar großen Marken ordern, um so auch Fehler in Farben und Kombinationen zu vermeiden“, sagt Marco Michelagnoli, Head of Sales Woolgroup, Daniele Fiesoli. Die Folge: zu viel Gleiches in allen Sortimenten. „Heute hat sich das komplett gedreht. Die Krise hat die Händler dazu gebracht, Winni Klenk, Geschäftsführer Abseits Germany: „Was wir uns wünschen würden, ist mehr Zeit zwischen der Order für DOB und HAKA. Denn mittlerweile liegt so wenig Zeit dazwischen, dass man als Händler kaum zur Besinnung kommt.“
mehr nach Monoproducts zu suchen, um sich so von der Konkurrenz abzuheben. Mit einem Mehrwert in Qualität, Preis, Image.“ Auch hier also eine Fokussierung. Die Strickkollektion Daniele Fiesoli folgt dem klassischen Vororderrhythmus und baut zusätzlich auf ein großes NOS-Lager. „Der Handel soll die Möglichkeit haben, nachzubestellen, was er gut verkauft“, so Marco Michelagnoli. „Wir als Supplier stellen eine gute Auswahl an Bestsellerprodukten bereit, sodass der Kunde bei ihm Unverkäufliches gegen Topseller tauschen kann. Wir wollen es dem Handel so leicht wie möglich machen, das ist unser Verständnis von Service.“ Woolrich setzt auf seine Iconic Products, solche, die die Saisons überdauern. „Schneller zu werden, ist nicht der richtige Weg“, betont Nicola Ghelfi. „Stattdessen bringen wir dauerhafte Produkte heraus, die ihren Wert über die Saisons behalten. Mit dem Ergebnis, dass sich die Konsumenten gut fühlen mit Woolrich, weil unsere Kollektionen nicht nach zwei Monaten alt werden .“ Nicht zu reduzieren, gibt Woolrich dem Handel vor – und das zahlt sich für ihn letztendlich auch aus. Bei Winni Klenk gehen die Zwischenkollektionen grundsätzlich nicht in den Sale, sondern über
in die nächste Saison. Ganz klar wäre sonst der Verkaufszeitraum zu kurz. Auch viele Jeans und Hemden im Sortiment sind Carry-overs. „Aber oft bleiben von Kollektionen wenige Teile in einer Größe übrig; ich werde künftig dazu übergehen, sie herauszunehmen, und gesondert als Sale zu verkaufen, damit die Fläche im Laden sauber bleibt.“ Denn es geht darum, der Mode ihren Wert zurückzugeben, die sie aufgrund des ewigen Sales in den Augen vieler Konsumenten verloren hat. Nichts anderes versucht Gucci gerade, indem die Marke verkündet hat, künftig auf Sale verzichten zu wollen und die Kollektionen ineinander übergehen zu lassen. Ein Schritt in die richtige Richtung, um der Mode wieder mit mehr Magie und Begehrlichkeit aufzuladen. Magie und Begehrlichkeit
Auch Hans Weber versucht als Inhaber von City Jeans Berlin, Udo Toepfer, Geschäftsführer Modeagentur Toepfer: „Die Lieferzeiten müssen von der Industrieseite bedarfsgerechter geregelt werden. Denn im Handel werden die Stimmen, die die frühen und nicht auf die tatsächliche Saison ausgerichteten Lieferzeiten nicht mehr akzeptieren möchten, immer lauter.“
seine Einzigartigkeit herauszuarbeiten, sich im Sortiment unvergleichbar zu machen. „Wenn irgend möglich, versuche ich meine Marken in Berlin oder zumindest in Westberlin exklusiv zu führen“, sagt der Händler. Für ihn macht das die Begehrlichkeit ganz wesentlich aus. „Ich hatte eine Goldkette von Anine Bing für 2.000 Euro im Laden. Die Kundin wollte noch überlegen. Als ich ihr gesagt habe, dass die Kette nur noch einmal da sei, wollte sie die Kette unbedingt und bitte sofort haben. Was rar ist, ist spannend. Ist etwas überall verfügbar, wird es inflationär und langweilig.“ Überhaupt das Phänomen Anine Bing. In der Bedrängnis unseres Marktes ist sie einfach
Nicola Ghelfi, Sales Director Europe Woolrich: „Sales gehören zum System, aber kein Händler kann überleben, wenn er einen Großteil seiner Orders reduziert verkauft. Wir reduzieren das Wenigste in unseren eigenen Stores, was unsere Handelskunden sehr begrüßen und für sich übernehmen.“
in der Mitte durchmarschiert. Als Bloggerin war ihr Ansatz ein ganz anderer – und gleich auch die Vermarktungsstrategie über den eigenen Blog. „Anine Bing stellt die Ware ins Netz, eine Woche nach Bestellung habe ich sie im Laden“, sagt Hans Weber. „Das ist auf dem Punkt: Im Hochsommer gibt es Sommerkleider, im Winter dicke Pullover. Auch das zeigt, dass die Anbieter gewinnen, deren Ware wieder bedarfsnäher zum Verkaufszeitpunkt rückt.“ Hans Weber führt Anine Bing exklusiv in Berlin, allerdings ohne die üblichen Mindestordervorgaben. „Ich konnte mit kleinem Budget von 5.000 bis 10.000 Euro starten, am Ende sind es in der Saison 80.000 Euro geworden. Warum? Weil ich es freiwillig ordern konnte und weil es im Laden super funktioniert hat.“ Auch Hans Weber fokussiert sich: „Ich sehe nur meine Kunden, das habe ich im Laufe von 25 Jahren Händlerdasein gelernt, ich kaufe rational ein. Auf den Druck von Mindestordervorgaben mit 25.000 Euro lasse ich mich nicht mehr ein.“ Weniger ist mehr
Das ist auch die Devise von Karl Reyer. An High Fashion führt er längst nicht mehr Prada, Gucci, Saint Laurent, weil er sich gesagt hat, der Mindestorderdruck kann nicht die Zukunft sein. Heute setzt er unter anderem auf Brands wie Stella McCartney, Marni, Thomas Meier Michael Schulz, Geschäftsfüh rer Aco Modeagentur: „Wir sehen nicht allein das Vororderbudget, sondern das Budget in der Saison in Veränderung. Während das Budget für die Vororder schrumpft, sollte das In-Season-Budget erhöht werden. Das funktioniert allerdings nur im partnerschaftlichen Verhältnis zwischen Lieferanten und Handelskunden.“
und N°21, verzichtet aber oft auf die teureren, High Fashion lastigeren Hauptkollektionen. „Bei den vielen Kollektionsrhythmen der Industrie ist aber etwas ganz Wesentliches aus dem Blick geraten: die Inszenierung im Store“, sagt Karl Reyer. „Ein Multibrandhändler muss das Warenbild am PoS öfters neu und gut inszenieren, damit es die Saison über spannend bleibt. Das gelingt uns nicht mit immer mehr Ware, sondern das ist unsere sehr anspruchsvolle Aufgabe. Es geht um unsere Einzigartigkeit, um unser Sortiment, für das wir als Händler mit unserem Namen stehen. Und diese Verantwortung kann uns die Industrieseite nicht abnehmen.“ Im Großen und Ganzen funktioniert das klassische Order- und Liefersystem für Karl Reyer. „Obwohl ich im November keine Sommerware brauche, die kann für mich hier in Hallein später kommen. Auch die Gewichtung im Sortiment mit NOS und Carry-overs sollte immer wieder überdacht werden. Die dunkelblaue Canada-Goose-Jacke muss ebenso wenig reduziert werden wie die Erfolgsjeans. Darauf sollte die Industrie stärker hinweisen: Dass du als Händler unnötig Geld verlierst, wenn du dennoch reduzierst.“ Systemwandel oder nicht?
Künftig wird es immer weniger funktionieren, dem Markt kontinuierlich neue Ware einfach aufzupfropfen. Gewinnen werden nur die Marken, die sich gemeinsam mit Vertrieb und Handel auf den Bedarf ihrer Kunden einstellen – gemäß des Prinzips von Angebot und Nachfrage. Das ist kein Systemwandel von jetzt auf gleich, sondern ein sich vollziehender Prozess. „Es ist eine wahnsinnig spannende Zeit, gerade richtig, um Dinge zu bewegen, Strukturen aufzubrechen und die Zukunft neu zu gestalten“, sagt Anita Tillmann. „Ich bin froh, dass ich dabei sein kann.“
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„AN ALTEN STRUKTUREN FESTHALTEN, IST DER FALSCHE WEG.“
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Real Time Fashion: Kollektionen, die bewusst auf Saisondenken verzichten und ihre Produktion wieder am Kundenbedürfnis ausrichten. style in progress im Gespräch mit Nicole Doleh von Inked in Wien, wie das im Handel klappen kann. Interview: Martina Müllner. Fotos: Inked
Alle sprechen vom neuen Rhythmus, von Lieferterminen, die auch zur Realität passen: Als Händler ist es bestimmt nicht einfach, alte Zöpfe abzuschneiden.
Als ich Anine Bing – und sie ist ja die Ikone dieser neuen Real Time Fashion – gefunden habe, waren meine Gedanken: Wie erzähle ich das meinen Kunden? Die sind seit Jahrzehnten gewöhnt, dass ich im Januar Sommerware und im Sommer die Winterware habe. Plötzlich kommt eine und sagt: Ich mach das jetzt anders. Im Jänner hast du Winterware, im Februar, März ein bisschen etwas Lässigeres und dann bekommst du erst Sommer. Aber im August, wenn es wirklich heiß ist, produziere ich auch noch mal Sommer. Wie sollen das meine Kunden verstehen, die sind ja dann schon auf Sale gepolt? Ist Sale mit einer neuen Taktung nicht obsolet?
Ich hasse das eh so. Ich kann es eh schon nicht mehr lesen, wenn ich unterwegs bin, in Paris und so durch die Straßen gehe: überall Sale! Vor kurzem war ich mit einem Social Media Influencer im Gespräch, der hat zu mir gesagt: Hör auf mit dem Sale. Mach dich so exklusiv, dass du das nicht brauchst. Da hatte ich erst meine Bedenken. Was wäre, wenn ich diese Sale-Kunden nicht hätte? Dann habe ich das
sacken lassen und zwei Tage später habe ich den Saleprint von den Schaufenstern der beiden Läden runtergewischt. Und?
Es hat keinen Unterschied gemacht! Ob Sale drauf steht oder nicht. Denn die, die Sale haben wollen, kommen ohnehin und fragen. Man meint ja oft, die kommen dann gar nicht rein, weil man zu abgehoben wirkt. Aber die kommen. Und die anderen werden viel aufmerksamer. Ziel des neuen Rhythmus à la Anine Bing soll also sein, dass nichts davon im Sale landet?
In diese Kerbe schlägt ein Prinzip wie Anine Bing. Das finde ich super. Als ich sie in Los Angeles besucht habe, war meine Frage: Wie löst du denn die Sale-Debatte? Sie hat keinen Sale, meinte sie, reduziert habe sie nur ein paar Artikel, ein paar Schuhe zum Beispiel, weil die eben schwieriger sind. Alles andere allerdings sei ausverkauft, bevor der Sale überhaupt beginnt. Kürzlich in Mailand bei Golden Goose das Gleiche: Wir haben keinen Sale, erzählte die Storemanagerin, wir halten das super klein, die Kunden, die wir haben, die wissen, Golden Goose steht für gewisse Werte wie Qualität, Handarbeit et cetera – das würden wir mit Sale nur entwerten. Erst Burberrys Ansage zum neuen Schauentakt, dann
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Nicole Doleh über ihre Inked Läden: „Es gibt keine Szene mehr drumherum, es blinkt und scheint nicht alles. Nein, es ist bodenständig, realistisch, wir tun eben nicht mehr so als ob, sondern wir sehen aus, wie wir sind, à la Nietzsche – werde, der du bist. Da stehen die Kunden irrsinnig drauf.“
Guccis Bekanntgabe, keinen Sale mehr zu machen. Ist die Zeit reif, diesen Wahnsinn endlich zu beenden?
Ja, das, was die Herren da gerade versuchen, neue Rhythmen, alles bewirkt eine Trendwende. Dieser Sale-Wahnsinn, das hält nicht mehr lange, da bin ich mir sicher. Der Sale-Kunde ist ja ein verlorener Kunde, es gibt genug Studien, die das beweisen. Der Kunde, der mal Smart Shopper hieß und eigentlich ein sehr rüder Schnäppchenjäger ist, an dem ist doch Hopfen und Malz verloren.
Meine Erfahrung der letzten Monate sagt: Bei Kunden, die so eben nicht sind, geht es nicht um den Preis. Ich habe jetzt ein paar Brands aus den USA mitgebracht, die sind wirklich teuer – und gehen raus wie die warmen Semmeln. Es geht um das Asset, was will der Kunde, was für ein Image gibst du ihm mit oder auch was für ein Image bist du, das Geschäft. Wenn sie das mitnehmen können, wenn das ganz, ganz klar ist, dann ist Preis nachrangig. Es muss überdeutlich sein: Was und wer wir sind, wohin wir gehen, dass wir ganz authentisch sind mit dem Geschäft. Die Kunden, die das erleben, die kommen so gerne wieder zurück. 216 style in progress
Dass wir und ich so authentisch sind, damit beschäftige ich mich gerade sehr viel. Ich sehe, dass die Kunden da wirklich aufspringen. Nicht auf den nächsten Verkaufszug, sondern sie schätzen einfach, dass da etwas ist, was anders ist. Dieses Aha-Erlebnis, dass du nicht nur lamentierst und sagst, es ist schlecht, aber wir kaufen trotzdem das Schlechte weiter und ändern nichts. Wir schreiben es zwar im Kopf schon ab, aber ändern nichts. Das ist der vollkommen falsche Weg, dieses Anhalten an Altem, dieses Festhalten an alten Strukturen, wie sie eben waren. Würde jetzt alles vom Kunden aus starten, würde der Kunde den Demand bestimmen: Wie oft braucht der Kunde Neues?
Im Volllook?
In seinem Empfinden, in welcher Frequenz laufen gute Kunden bei Ihnen auf und sagen: Bin wieder da.
Wenn der Kunde mal etwas Neues gefunden hat, dann will er dem Neuen auch einige Zeit treu bleiben. Den wieder wegzureißen, weil man wieder etwas Neues hat, würde ihn nicht befriedigen. Wenn man sich verliebt, will man ja auch mal mit dem Neuen zusammen sein. Dieses Gefühl auch ausleben. Die Hose passt mir gut, okay,
aber würde mir denn auch ein Kleid von der Marke stehen? Wenn ich etwas Neues bringe, dann tue ich das ja nicht, um es nur für eine gewisse Zeit zu haben. Sondern ich will das Neue ja auch in diesen Kosmos einführen. Ich bin ja nicht diese Brand Catcherin, die sagt, jetzt muss ich das und das haben und nächste Saison wieder etwas anderes. Ich will also etwas Neues auch einführen und bis es eingeführt ist, braucht das drei Saisons. Bis es wirklich felsenfest sitzt. Die erste Saison lernt die Kundin es kennen, die zweite Saison ist sie ganz heiß drauf und in der dritten möchte sie es noch nicht loslassen. Drei Saisons braucht die Brand, um anzukommen. Die Marke ist ja nicht mit einmal gesehen. Maximal bleibt eine wirklich fashionorientierte Kundin einer Marke zweieinhalb Jahre treu. Und dann löst sie sich wieder und sucht nach Neuem. Das setzt voraus, dass die Marke echt spannend ist und nicht irgendein 08/15 Denim, wo nur ein anderer Name draufsteht. Das ist sehr schwer zu finden im Moment, denn es darf keine Marke sein, die man auch kennt. Sie muss relativ unbekannt sein, vor allem im europäischen Raum und ich muss sie haben, bevor sie in den Zeitungen ist. Das
ist jetzt bei einigen Marken schön aufgegangen. Ich habe sie gehabt, als sie keiner gekannt hat und jetzt berichteten Gala, InStyle, Grazia darüber. Und da sagt die Kundin dann sehr anerkennend: Wow, das hast du schon gehabt, als es noch nicht bekannt war? Was wir bei Inked machen, ist auf den Kunden einzugehen, nicht indem wir eine Fakewelt aufbauen, sondern indem wir ihm das Gefühl geben, er kauft hier wirklich exklusiv. Er kauft hier Brands, wie für ihn gemacht. Wir zeigen Verständnis, wenn er aktuell nur ein Teil kauft, nicht fünf. Oder dass er sagt: Danke, ich muss es mir noch mal überlegen, danke, dass du dich jetzt eine Stunde mit mir unterhalten hast. Aber ich muss noch mal drüber schlafen. Und die meisten kommen zurück. Und wir sind auch superfreundlich, wenn wir ein Teil nicht mehr in der Größe haben, dann schauen wir ob wir es Nachbestellen können. Easypeasy, alles ganz locker und entspannt. Das gefällt den Kunden. Es gibt keine Szene mehr drumherum, es blinkt und scheint nicht alles. Nein, es ist bodenständig, realistisch, wir tun eben nicht mehr so als ob, sondern wir sehen aus, wie wir sind, à la Nietzsche – werde, der
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Die Welt von Inked erklärt von denen, die sie kreieren: Nicole Doleh und ihre Mitarbeiterinnen als Autorinnen, Verkäuferinnen und Role-Models der Bubble.
du bist. Da stehen die Kunden irrsinnig drauf. Dieses Naheverhältnis, schon weniger Verkäufer Kunde, sondern auf freundschaftlicher Ebene, beratend, aber nicht belehrend. Eine cosy Bubble, wo man sich durchaus mal fallen lassen kann. Finden Sie genug Mitarbeiter, die daran Spaß haben, auf Augenhöhe zu bedienen?
Das ist der Anspruch, den ich an die Mädels habe, die mit mir arbeiten. Das sind alles so kleine Händlerinnen, keine 08/15 Leute. Die tun unentwegt. Die arbeiten wie ich, ich habe ihnen keine Schranken gesetzt. Die haben eigene Mailaccounts, können ins Internet und sollen auch dort hin, sollen googlen, facebooken, instagramen, socializen. Die sind affin mit den Kunden und mit den Marken, die schreiben die Marken auch direkt an, wenn sie für eine Kundin etwas brauchen. Meine Mitarbeiterinnen wissen um alle Schwierigkeiten des Handels, das ist denen nicht außen vorgelassen. Die wissen, was es heißt, wenn man aus Japan oder USA importieren muss, wissen um den Zoll Bescheid, das ist so wertvoll, weil sie einen ganz anderen Stellenwert bekommen. Für sich selbst und auch beim Kunden, der sieht sie als kleine Unternehmerinnen im Unter-
nehmen. Sonst würde auch eine Marke wie Anine Bing nicht funktionieren, ich bin ja viel unterwegs, wie soll ich denn das allen Kundinnen erzählen? Ich brauche meine Unternehmerinnen im Unternehmen, damit sie die Geschichte weitertragen. Klar kann ich auf dem Blog über Anine Bing berichten. Über mein Treffen mit ihr, wie ich es entdeckt habe, aber um die tägliche Re-Order und den täglichen Verkauf müssen sich meine Mädls kümmern.
Wie funktioniert die Re-Order genau?
Es gibt einen Onlinestore für Händler, da kommen die neuen Teile rauf – und sind meistens innerhalb kürzester Zeit auch ausverkauft. Man muss extrem schnell sein und darum kümmern sich meine Mitarbeiterinnen. Ich habe allerdings mit der Agentur verhandelt, dass ich zum Einstieg einen Blockauftrag schreiben kann, damit ich mal eine Grundbestückung habe, Lingerie und Ready to Wear, und die haben sie dann im Jänner geschickt. Ich habe die Ankunft der Marke natürlich via Facebook, Blog, Instagram beworben, über alles, was ich so Social Media technisch zur Verfügung habe – und mir sind die Leute die Bude eingerannt. Dann war von meiner Blockor-
der nichts mehr da und ich musste erst wieder übers Internet nachbestellen. Wir machen mit Anine Bing wirklich gute Umsätze, es ist ein Hype.
Und den Kunden kommt es recht, zum realen Zeitpunkt zu kaufen?
Zu Beginn der Saison habe ich die Blockorder natürlich so gelenkt, dass ich nicht Heavy Knitwear im Angebot habe. Aber die Kunden fragen auch nicht danach, welche Saison ist, sondern nehmen, was im Laden hängt.
Vielleicht sind das ja auch nur wir Branchendeppen, die das komisch finden, im Januar Ware zu kaufen, die man auch anziehen kann?
Vielleicht, ja. (lacht)
Vielen Dank für das Gespräch.
Nicole Doleh ist Inhaberin der beiden Inked Stores am Bauernmarkt im ersten Wiener Gemeindebezirk. Nach einer Ausbildung an der Parsons School of Design in New York arbeitete sie unter anderem als Einkäuferin des Departmentstores Braun, ehe sie den Schritt in die Selbstständigkeit wagte. Mit ihrem Blog inkedology.at präsentiert Nicole Doleh den Lifestyle, den sie selbst lebt: New York und L. A. Spirit gemixt mit kosmopolitischen europäischen Marken.
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REAL TIME FASHION Nicht Pronto, nicht NOS – sondern Takt neu gedacht. Mode, designt, produziert und ausgeliefert in anderen, sinnvollen Zyklen. Das Timing reicht von rasend schnell bis all season, daher ist dieses Seg ment so schwer auf einen Nenner zu bringen. Die Gemein samkeit der Real Time Fashionlabels: Sie sind auf die Bedürf nisse des Handels, der den Blick in die Vororder-Glaskugel völlig zu Recht immer mehr scheut, perfekt abgestimmt. 216 style in progress
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Nanà Just in time Freddy Move your Pants In den 1980er-Jahren boomte die Tanzsze ne – Sportarten wie Aerobic, Hip-Hop und Street Dance wurden geboren. Mittendrin das italienische Unternehmen Freddy, gegründet 1976 von Carlo Freddi, der professionelle Tänzer mit Ballettschuhen ausstattete. Bis heute ist das Unternehmen dem Tanzsport eng verbunden und sponsert z. B. das Royal Ballett in London. Zudem nutzt Freddy sein Activewear-Know-how für eine trendy Fashi onkollektion mit dem Schwerpunkt auf Hosen und lässigen Oberteilen. Wichtiges Merkmal ist die detaillierte Push-up-Schnittführung mit integriertem Shaping-Effekt und einer körper nahen Passform. Die Hosen gibt es in einer großen Auswahl, sie sind in unterschiedlichen Stretchmaterialien inklusive Denim kurzfristig lieferbar. Die Preise liegen zwischen 30 und 45 Euro im EK mit einer Kalkulation von 2,5. Kun den in Deutschland sind beispielsweise die Görgens Gruppe, Peoples Place oder Kaiser in Freiburg. Eigene Stores der Marke befinden sich in Mailand, Rom, London, Washington, Antwerpen und Seoul. Deluxe Distribution, Berlin/Deutschland T 0049.30.69597692, morgan@deluxe-distribution.de, www.freddy.com
Mit Sitz im italienischen Veneto und einer Produktion vor Ort hat sich die feminine DOB-Kollektion Nanà vor allem über die in zwischen zwölf eigenen Läden in ganz Italien zu einem renommierten Quick-Delivery-An bieter entwickelt. Im Januar stellte Patrick Coppolecchia Reinartz von der Agentur D-tails die Kollektion erstmals in Düsseldorf seinen Kunden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vor. „Im Vergleich zu den üblichen Pronto-Anbietern aus Bologna setzt Nanà auf wertige Materialien, perfekte Pass formen und modische Themen, die einfach auf dem Punkt sind. Außerdem sind sie in ihren Produktionsrhythmen – auch bedingt durch die eigenen Läden – deutlich besser auf die Order- und Lieferphasen des Ein zelhandels abgestimmt. Kurzfristige Orders können innerhalb von drei Wochen geliefert werden“, erklärt er. Im Zweiwochenrhythmus werden rund 20 neue Teile angeboten, eigene Läden gibt es ausschließlich in Italien. Die EK-Preise liegen für modische Tops bei 17 Euro, für Blusen bei 25 Euro und für Mäntel bei 60 Euro mit einer Kalkulation von 3,3. Mit Nanà möchte die Agentur ihren Kunden maximale Flexibilität hinsichtlich aktueller Trends bieten und die Möglichkeit, kurzfristig ein neues Bild im Laden zu präsentieren. D-tails, München/Deutschland, T 0049.89.20207771, info@d-tails.de, www.nanaitalianheart.com
Any Di Perfektion der Vielfalt Seit dem Launch ihres Labels Any Di im Februar 2015 bietet Designerin Anne Dick hardt alle Produkte als NOS-Ware an. Die kompakte Kollektion ist bis ins kleinste Detail durchdacht und vereint elegantes Design mit Funktion und Komfort. Ein variables Strap-System ermöglicht vielfältige Trage varianten der Taschen, z. B. elegant in der Armbeuge, lässig als Over-Shoulder, als Hüft tasche oder als edle Rucksackversion. Erhält lich sind außer klassischen Handtaschen aus weichem Rinds- und Kalbsleder auch größere Businessversionen mit integriertem Lap topfach, Clutches sowie farblich passende Hüllen für Mobiltelefone und Sonnenbrillen etuis. Abgerundet werden die Designs durch knallige Farbakzente im Innenfutter, abnehm bare Riemen und echte Goldplattierungen. Produziert wird in Europa. VK-Preise für die Accessoires liegen zwischen 59 und 89 Euro, Taschen kosten zwischen 279 und 849 Euro. Aktuelle Händler sind u. a. Engelhorn in Mannheim, Galeries Lafayette in Berlin oder Mode Wagener in Baden-Baden. Aco Modeagentur, Düsseldorf/Deutschland, T 0049.211.5425630, info@acomode.de, www.any-di.com style in progress 216
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Onomato Snoopy und Minnie Mouse
Catwalk Junkie Es ist so leicht Sie nennen sich selbst Catwalk Junkies, weil aktuelle Trends immer auf ihrem Radar sind – und in ihrer Mode. Hinter Catwalk Junkie steckt ein holländisches Team, das im schnel len Rhythmus Trends auf die Fläche bringt. Zu einem erschwinglichen Preis, obwohl oder gerade weil die Teile aus europäischer Produk tion stammen. „Da mussten sich die Händler erst mal darauf einstellen“, sagt Jörg Korfha ge, der die Kollektion gemeinsam mit seinen Partnern von Colorful Trade in Europa (die Be nelux-Länder ausgenommen) vertreibt. „Aber alle Kunden, die sich ein Budget reserviert haben, bemerken schnell, wie praktisch dieser Takt ist.“ Der Bruch mit dem klassischen Vor orderrhythmus bringt Catwalk Junkie nicht nur wirtschaftliche Vorteile: „Trends werden ein fach mit höherer Trefferquote umgesetzt“, sagt Jörg Korfhage. Das macht Händlern Spaß: EK zwischen 15,98 und 19,98 Euro für die Shirts in der Kollektion, Kalkulation bei 2,6. Colorful Trade GmbH, Lodenfrey-Park, Mün chen/Deutschland, colors@colorfultrade.de, www.catwalkjunkie.com 216 style in progress
Was vermittelt ein positiveres Lebensgefühl als Mode mit Comiccharakteren als Motiv? Das Label Onomato hat sich genau darauf spezialisiert und featurt bekannte Figuren wie Snoopy und dessen Schwester Belle von den Peanuts, Minnie Mouse von Disney und den Hund Idefix. „Alle Motive finden sich als Prints auf T-Shirts, Sweats, Strickteilen, auf Tüchern und auf Schuhen und sind oft in hochwertiger Handarbeit veredelt, zum Beispiel mit Paillet ten und Nieten“, sagt Holger Schmies, der die Kollektion im März 2015 gemeinsam mit Marc Kofler von der Agentur Adventure ins Leben gerufen hat. Zur Womenswear kommt eine konzentrierte Herrenlinie mit Star-Wars-Mo tiven für Herbst/Winter 2016. Die Qualitäten: Cashmere, Seide und Baumwolle. T-Shirts kosten im VK zwischen 79 und 149 Euro, Sweats 99 bis 159 Euro, Strick 199 bis 329 Euro und Sneakers um die 119 Euro bei einer Kalkulation von 2,85. Onomato erscheint zweimal jährlich, ergänzt von Flashprogram men. Die Kollektion hat bereits 80 Händler in Deutschland und Österreich überzeugt, darunter Jades, Jung in Pforzheim, Classico in München und Seefelder in Kempten. Gesucht werden derzeit internationale Distributeure, um den Export von Onomato auszuweiten. Special für die Order im April ist ein Do nald-Duck-Programm, gezeichnet von Dis ney-Zeichner Ulrich Schröder, das pünktlich zum Geburtstag von Donald Duck am 9. Juni an die Händler ausgeliefert wird. Adventure Modeagentur GmbH, Düsseldorf/Deutschland, T 0049.211.431049, info@adventure-gmbh.de, www.adventure-gmbh.de
Ondura Haltbarkeit als Maxime Leens Jan Ondra ist gelernter Zimmermann und Absolvent der Kunsthochschule Ber lin-Weißensee. Nach seinem Modedesignstu dium arbeitete er drei Jahre in der Fast-Fashi on-Branche bevor er 2013 sein Label Ondura gründete. Die 13-teilige Accessoirekollektion wird aus in Deutschland pflanzlich gegerbtem Rindsleder in drei Farben gefertigt. Neben Gürteln, Schlüsselanhängern, Messerhüllen und Geldbörsen bietet er Hüllen für Mobil telefone, eine moderne Variante des guten alten Brustbeutels und Sonnenbrillenetuis an. Aus ökologischen und sozialen Gründen wird vollständig in Deutschland produziert. Alle Produkte sind stets ab Lager verfügbar. Die Verkaufspreise reichen von 29 bis 229 Euro. Zu den Kunden in Deutschland zählen u. a. Mulligans in Wuppertal, Stilkontor in Leipzig, Riders Room in Hamburg, Brooks in Bielefeld und Laden 12 in Nürnberg. Das Sortiment soll in Kürze um Taschen und Rucksäcke aus Leder und Canvas erweitert werden. Ondura, Bünde/Deutschland, T 0049.176.22308913, info@ondura.de, www.ondura.de
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My Bro Tie Ein neuer Bro-Code Ora Jetzt! Ora heißt ein neues Cashmere-Label aus Italien, das Michael Schulz von der Aco Mode agentur in Kooperation mit dem italienischen Designer Massimo Degl’Innocenti von Cash mere Italia aus dem toskanischen Montecatini lanciert. „Ora heißt jetzt auf Italienisch, ein Name, der Programm ist“, so Michael Schulz. Das Label zeigt Cashmere made in Italy in modernen Silhouetten, startet mit kommen dem Herbst/Winter und ist innerhalb der Saison als High-End-Produkt sofort verfüg bar. So gibt es beispielsweise Strickmäntel mit dickem Zopfmuster, weitere Pullover und kurze Strickjacken. Dazu kommt ein kleines HAKA-Programm, das sich im Design ähnlich minimalistisch gibt. „Die Händler suchen Strick, diesem Bedarf wollen wir mit dieser Kollektion begegnen“, sagt Michael Schulz. Die Anfangspreislage: 40 Euro EK für Styles, die zu 90 Prozent aus normaler Schurwolle und zu zehn Prozent aus Cashmere bestehen, bei einer Kalkulation von 3,0. Die EK-Preise für 100-prozentigen Cashmere liegen zwischen 140 und 250 Euro. Farblich hält sich die Kol lektion mit 20 Naturtönen von Beige bis Grau eher gedeckt, aktuell ergänzt mit einem edlen Cognacton. Aco Modeagentur, Düsseldorf/Deutschland, T 0049.211.5425630, info@acomode.de, www.acomode.de
Landré Flow und Karma Mit klingenden Namen wie Balance, Destiny, Peace, Buddha, Sparkle oder eben Flow und Karma beschreibt Mirjam Landré aus Hannover ihre Schmuckkollektionen, die für einen ganz puren, klaren und gleichzeitig auch romantischen Look stehen. Dreh- und Angelpunkt ihrer Marke sind filigrane Armrei fen und Armkettchen, die sich auf Wunsch personalisieren lassen. Sie präsentiert zwei Kollektionen pro Jahr, die über ein eigenes Lager in Hannover während der Saison sofort lieferbar sind. Mit EK-Preisen zwischen 8,50 Euro und 19,90 Euro und einer Kalkulation von 2,5 bis 3,0 richtet sich Landré an den Modefachhandel, an Geschenkboutiquen, Interieurstores und hochwertige Parfümerien. Seit Anfang des Jahres hat die Agentur Ano ther Souvenir aus Stuttgart den Vertrieb für die D-A-CH-Region übernommen und stellte Landré auf der Premium und der Ambiente aus. Als besonderen Service für Kunden bietet Landré die Möglichkeit kostenloser Gravuren auch für B2C-Storeevents an. Another Souvenir, Stuttgart/Deutschland, T 0049.711.99751642, tommy@anothersouvenir.de, www.landre-design.de
Wenn man ein ausgefallenes, für sich stehen des Produkt gezielt sucht, findet man es nicht. Darauf stößt man per Zufall. So ging es Domi nik Meuer von der Münchner Hinterhofagentur, der auf die Herrenfliegen von My Bro Tie auf einer Hochzeitsmesse stieß. Und so ging es auch den beiden Machern Thys Franken und Felix Kolthoff, die aus Kapstadt und Berlin stammen und über die Suche nach einer aus gefallenen Fliege aufeinander stießen – und sie schließlich selbst produzierten. So entste hen seit 2015 aus Vintagestoffen limitierte Kleinserien in Handarbeit als Pronto-Kollektion mit ganzjährigem Lager. Für jeden Anlass – von Hochzeit bis Dinnerparty. Specials sind unter anderem Junior Bow Ties, Father Son Bow Ties, Wooden Bow Ties aus Holz, das Modell Moustie in Form eines Moustache oder die gestrickten Fliegen. Jedes Modell ist ein Unikat. Mit der Hinterhofagentur feiert My Bro Tie seine Premiere im deutschen Markt. Dominik Meuer richtet sich dabei mit VK-Prei sen von 59 Euro an alle Kunden mit einem Sinn für besondere Accessoires jenseits des Mainstream, wie er es selbst beschreibt. Die Fliegen kommen in Pappboxen verpackt zum Kunden, die aus alten, zerschnittenen und neu zusammengesetzten Atlanten produziert werden und so die Vintage-Idee der Fliegen sinnbildlich aufgreifen. Wenn das kein Lieb haberprodukt ist ... Die Hinterhofagentur, München/ Deutschland, T 0049.89.38887747, info@diehinterhofagentur.de, www.mybrotie.eu style in progress 216
New Lily Paris Innovation aus Paris
Whytes Besser gemacht Es ist so simpel, es ist so essenziell: das weiße T-Shirt. Es besser zu machen, auf dieser Mission sind Designerin Nadia Botzenhard und Thomas Escher seit August 2015. Da brachten sie ihre zwei Shirts auf den Markt, V- und Crew-Neck, gemeinsam mit fast 400 Fashion Influencern entwickelt. Diesem Social-Media-Stunt sei Dank ist das Label aus München seither auf der medialen Überhol spur. Die Männershirts, die in zehn Größen (XS-XL, je mit einer Langversion) zum EK von 23 Euro erhältlich sind, werden in Deutschland produziert. Neben dem obligatorischen Web shop setzt Whytes vor allem auf Zusammen arbeit mit Handelskunden wie etwa Daniels in München, Köln und Bonn. Selbstverständlich gibt’s Lager – von welchem Produkt sonst als von einem weißen T-Shirt? Whytes, München/Deutschland, nadia@whytes.co, www.whytes.co 216 style in progress
New Lily Paris wurde Torsten Müller von der Agentur Room Nine Agency auf der Messe in Paris immer wieder empfohlen, denn er war gezielt auf der Suche nach einer neuen, fri schen DOB-Kollektion. „Als wir im Showroom angekommen sind, waren wir Feuer und Flamme. Die Bildsprache, das Produkt an sich und das Preis-Leistungs-Verhältnis haben uns sofort überzeugt“, sagt der Agenturinhaber. Mit vier Kollektionen im Jahr und sofortiger Auslieferung wird jede Kollektion sechs Wo chen verkauft. Hinzu kommen vier Flashpro gramme im Jahr mit aktuellen Trendthemen wie momentan eine Culotte und eine Flare in gewaschenem Denim. Kunden können innerhalb von 48 Stunden alles nachbestellen, bald auch über eine eigene B2B-Plattform. Die EK-Preise rangieren zwischen 15 Euro für T-Shirts, 19 Euro für Blusen, 25 Euro für Hosen und 28 Euro für Kleider mit einer Kalkulation von 3,5 bis 4,0. Room Nine Agency präsen tierte New Lily bereits im Showroom und auf der Premium Order München. Im deutschen und österreichischen Markt möchte Torsten Müller Boutiquen im Segment Premiumsports wear ansprechen und New Lily neben Namen wie Drykorn oder Attic als Marke und nicht als Produkt positionieren. Room Nine Fashion Agency, Düsseldorf/ Deutschland, T 0049.211.22987978, torsten.mueller@roomnineagency.de, www.newlilyparis.com
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Delicatezzen Draufgeklebt Der Patches-Trend ermöglicht, im Handumdrehen einer Tasche, einer Jacke oder jedem anderen Teil eine ganz persönliche Note zu verleihen, – und er macht vor allem Spaß. Die Luxury Stickers von Delicatezzen werden in Italien aus ökologischem Leder produziert, sind wasserfest und in einer aufwändigen dreidimensionalen Optik gestaltet. Für Tommy Wieler von der Agentur Another Souvenir stimmte einfach das Gesamtpaket aus Idee, Design, Preis, Packaging, Service und der Chemie zwischen ihm und dem Lieferanten. Anfang des Jahres präsentierte die Agentur die Patches auf der Premium, dem Pitti Uomo und der Tranoi und sprach dabei vor allem den gehobenen Fachhandel in der D-A-CH-Region an. Die EK-Preise liegen zwischen vier und 8,50 Euro bei einer Kalkulation von 2,5. Es gibt zwei Hauptkollektionen im Jahr und zahlreiche Flashprogramme sowie spezielle Sondereditionen, die beispielsweise in Zusammenarbeit mit Kunden wie Excelsior oder 10 Corso Como schon entstanden sind. Die Patches sind über ein Lager in Italien immer lieferbar, als zusätzlichen Service für Kunden gibt es Displays für den Point of Sale. Another Souvenir, Stuttgart/Deutschland, T 0049.711.99751642, tommy@anothersouvenir.de, www.delicatezzen.com
Invisible Heels Groß und schlank Dem Wunsch vieler Frauen, ein bisschen größer zu sein und dadurch schlanker zu wirken, verhalfen bisher nur Highheels. Die Say Hello To Longer Legs aus New York hat mit ihren Invisible Heels Schuh-Inlays nun das passende Produkt entwickelt, welches in Sekundenschnelle die Beine optisch wachsen lässt. Die französische Vogue, L’Officiel und Instyle schwärmen von den Einlegesohlen, die so entworfen wurden, dass sie in alle Schuhgrößen passen und problemlos in verschiedene Schuhe gelegt werden können. Ideal also für alle knöchelhohen Schuhe, Sneakers und Boots. Das Gefühl beim Laufen kann man am besten mit Keilabsätzen vergleichen. Die Sohlen sind aus weichen Memory-Foam gemacht, passen sich der Ferse ideal an und federn jeden Schritt weich ab. So sorgen die unsichtbaren Absätze, die es in den Größen zwei und vier Zentimeter gibt, mit ihrem atmungsaktiven Obermaterial zudem noch für angenehmen Tragekomfort. Neu ist der Invisible Heel für Männer, der in silberner Verpackung angeboten wird. Der EK liegt bei 12 Euro, VK-Preis ist 25 Euro. Zu den ersten Kunden in Deutschland gehören Departmentstore Quartier 206, Jades und Apropos. Fashion Factory by Mark Grütters, Düsseldorf/ Deutschland, T 0049.211.31129901 contact@ffbymg.com, www.invisibleheels.com
Stramici Smack in the Middle Wer John F. Kennedy als Stilvorlage für sein Produkt nennt, muss sich die Frage gefallen lassen, ob er nicht Jackie meint. Das Münchner Team von Stramici wählte den modisch eher unauffälligen US-Präsidenten aber bewusst, als Träger von Chinos, Poloshirt, Wayfarer-Sonnenbrille von Ray Ben und DEM Stoffgürtel dazu. Diesen Allround-Klassiker lassen die Brüder Alexander und Leopold Schoeller als „Besondere Freunde“ – wofür der Name Stramici als Superlativ des italienischen Begriffs Freund steht – als Flechtgürtel mit hochwertigen Lederschließen und in starken Farben und klassischen Designs neu aufleben. Inzwischen gibt es auch eine T-Shirt-Linie, Armbänder und Mützen mit Wechselbommel. Als Pronto-Kollektion liefert Stramici ganzjährig über ein eigenes Lager. Die EK-Durchschnittspreise liegen bei 17 Euro, die VK-Preise bei 49 Euro. Seit März vertritt die Münchner Hinterhofagentur die Accessoirekollektion und präsentiert sie in ihren Showrooms in München und Düsseldorf. Namen wie die Galeries Lafayette, das KaDeWe, Hirmer, Ludwig Beck und Konen stehen bereits auf der Kundenliste. Die Hinterhofagentur, München/ Deutschland, T 0049.89.38887747, info@diehinterhofagentur.de, www.stramici.de style in progress 216
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NEUE WEITEN. Neue Silhouetten, neue Volumina und Komfort auf der modischen Überholspur. Blickpunkt HerrenHose: Taperd-fit-Hosen und Slacks im Joggingstyle schaffen den fließenden Übergang vom Casual- zum Businesslook. Auch bei den Damen bestimmt die Hose den Rest der weiten Silhouette: Maxi-Flared, Culottes und 7/8 Längen geben den Ton an. Weit und weit gesellt sich gern – Midikleider und lange Oberteile als Kombipartner im Volumen-Layering. Fotos: Markus Burke / Styling & Produktion: Verena Roidl / Haare & Make-up: Valerie Malka@Phoenix Agentur, phoenix-agentur.de, mit Produkten von MAC / Models: Kati Seluga@Tune-Models.com, Sigurd Colsman@Tune-Models.com 216 style in progress
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Longjacket: Drykorn Armreif: Saskia Diez Pullover: Ash Rollkragenpullover: Boulezar Culotte: Marc O’Polo Pure Schnürballerina: SchoShoes
Mantel: Windsor Lederrucksack: Brunello Cucinelli Strickkleid: Marc O’Polo Pure Hose: Turnover
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MODE 087 Links Jeansanzug: Closed Sweatshirt: Champion Socken: Falke Schuhe: Strellson
Rechts Rollkragenpullover: Closed Armreif: Saskia Diez Jeanslatzhose: American Vintage Stiefeletten: Ash
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Hemd: Stone Island Weste: CG Club of Gents Hose: CG Club of Gents Schuhe: Floris van Bommel
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MODE 089 Mantel: Lardini Hemd: Lardini Krawatte: Antony Morato Hose: PT01
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Ledertrenchcoat: Meindl Strickkleid: Liu Jo Ohrringe: Saskia Diez
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MODE 091 Bluse: Des Petit Hauts Hose: Alberto Woman
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Jacke: Blauer USA Hemd: Brunello Cucinelli Hose: Strellson Schuhe: Strellson 216 style in progress
MODE 093 Strickpullover: Gray Hemd: CG Club of Gents Rucksack: Officine Federali Chino: Barb’one
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Bei Schwarzhogerzeil werden Mode, Kunst und Architektur verbunden.
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Gespür für den richtigen Moment. Schwarzhogerzeil/ Berlin. Schon als der Rosenthaler Platz längst noch keine Adresse für Modeläden war, hat Nicole Hogerzeil das Potenzial erkannt. Ihre Boutique in der Mulackstraße besticht mit der intimen Atmosphäre eines Salons. Man könnte auch sagen: Sie brachte das Flair des Pariser Marais in eine unerschlossene Gegend. Text: Quynh Tran. Fotos: Ludger Paffrath
So chic und gleichzeitig progressiv wie in Paris ist auch das Portfolio von Hogerzeil, das im oberen Mittelpreissegment liegt: Neben Klassikern wie Cacharel hat Nicole Hogerzeil in ihrem Laden Isabel Marant noch vor dem großen internationalen Hype in Berlin geführt, hat die britische Naturkosmetikmarke This Works entdeckt, bevor sie großflächig in Deutschland vertrieben wurde, und war eine der ersten Händler für Schmuck der Berliner Designerin Sabrina Dehoff. Mit dieser perfekten Balance aus internationalen und wenigen lokalen jungen Marken mit französischer Ästhetik hat sie den Nerv der Zeit getroffen. Sie ist zur Lokalmatadorin für die berufstätige und modebewusste Großstädterin geworden. Mit so viel Treffsicherheit wurde der erste Laden schnell zu klein, nur ein paar Türen weiter folgte bald Schwarzhogerzeil II mit Marken wie Le Mont Saint Michel, Laurence Doligé und Vanessa Bruno Athé, die die französische Ästhetik weiterführten. Im letzten Jahr
reichten dann auch diese beiden Räume nicht mehr aus und statt in der versteckten Seitenstraße ist das neue Schwarzhogerzeil – ohne dabei den Nischencharme zu verlieren – in die Torstraße gezogen, quasi die Flaniermeile von Berlin-Mitte mit Szenelokalen, Start-ups und Design-Stores. Über sich hinauswachsen
„Über die Jahre bin ich an meine räumlichen Grenzen gestoßen und habe gemerkt: Für meine Lieblingslabels brauche ich mehr Platz, um sie angemessen präsentieren zu können. Ich nehme das Beste aus beiden Läden mit, eingeführte Marken wie Perret Schaad, Common Projects oder Carven, und habe jetzt außerdem noch Platz für neue Labels wie Marni oder Dries von Noten“, sagt Hogerzeil. Wie schon bei ihrer ersten Boutique hat Designer Sylvester Koziolek die Gestaltung der Innenräume übernommen und die Möbel für den Raum entworfen. Inspiriert vom Paris der 1940er-Jahre, von Archi-
Ein Blick auf Nicole Hogerzeils handverlesene Selektion.
tekturikonen wie Jean Prouvé, Le Corbusier und Charlotte Perriand ist das neue Ladenkonzept eine Ode an die Modernität. Puristische Strukturen treffen auf nüchterne Neonbeleuchtung und werden durch Holzelemente und Farbakzente sowie Werken des Künstlers Johannes Albers gebrochen. Eine 14 Meter lange geometrische Papier-Collage in Zigarren- und Schwarz-WeißTönen bildet das zentrale Stück des Ladens. Der Raum unterstreicht die Kleidung, die hier verkauft wird, genau wie diese die Trägerin in Szene setzen soll, ohne sie zu übertünchen. Das Sortiment bleibt mit ihrem Zugpferd Isabel Marant, See by Chloé und dem Newcomern Cédric Charlier und Valentine Gauthier weiterhin modern pariserisch. Mit Perret Schaad findet auch ein lokales Label Platz. Man ist ja schließlich doch in Berlin, nicht in Paris.
Schwarzhogerzeil Torstraße 173, 10115 Berlin/ Deutschland www.schwarzhogerzeil.de Inhaber: Nicole Hogerzeil Neueröffnung: Juli 2015 Mitarbeiter: 4 Fläche: 150 qm Marken: Carven, Cedric Charlier, Common Projects, Dries van Noten, Isabel Marant, Isabel Marant Etoile, K. Jacques, Marni, Perret Schaad, See by Chloé, Tsumori Chisato, Valentine Gauthier, Zucca
Nicole Hogerzeil mischt für ihren Laden internationale Namen mit wenigen hochkarätigen Berliner Newcomern.
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Wertschätzung. Freistil/Bad Salzuflen. Im Kurort Bad Salzuflen zeigt André Matyschik eindrucksvoll, wie die würdige Nachnutzung eines Traditionshauses für Damenmode als modernes Sportswear konzept aussehen kann. Text: Kay Alexander Plonka. Fotos: Freistil
Mit Tradition kennt er sich aus: Seit seiner Ausbildung ist André Matyschik im Textilhandel tätig. Im Jahr 2009 wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit. Seitdem ist er mit seinem Laden Freistil innerhalb von Bad Salzuflen dreimal umgezogen. Im ehemaligen Modehaus Th. Hunecke in der Fußgängerzone, unweit des Kurparks, hat er im Jahr 2014 die passende Bleibe in 1-a-Lage gefunden. Hier steht nicht nur das Gebäude, sondern auch die gesamte Ladeneinrichtung von 1924 unter Denkmalschutz. Holzregale, italienische Messinglüster, österreichische Glaslampen, Eichenholzvertäfelung und auch Tresen und Vitrinen sind im Laden verblieben – nur die Ware ist eine deutlich andere als in den Jahrzehnten davor. Dass ein Fachhandel für Jeans und Sportswear in einem Traditionsmodehaus Heimat finden kann, hat Matyschik bewiesen. Der altehrwürdige Rahmen ist beeindruckend: Allein das Schaufenster hat ein Fläche von 30 Quadratmeter und erstreckt sich klassisch über die gesamte Breite des Ladens. Direkt nach dem Einzug von Freistil in das in den Jahren 1924/25 errichtete Haus, zeichnete der Landschaftsverband Westfalen-Lippe das Gebäude als Denkmal des Monats aus. Weil es selten gelingt, für denkmalgeschützte Geschäfte eine Nutzung zu finden, bei der die Räume unverändert weiter genutzt werden, so die Begründung. 216 style in progress
Klein, aber oho
Die Stadt Bad Salzuflen liegt im nordöstlichen Zipfel Nordrhein-Westfalens an der A2 zwischen Bielefeld und Hannover und hat etwas mehr als 50.000 Einwohner. Das ehemalige Staatsbad ist heute Thermal-Heilbad und zertifizierter Kneipp-Kurort. „Diese Stadt ist ein zu unrecht unterschätzter Standort – Einheimische und Gäste in vielen unterschiedlichen Altersgruppen kommen zu uns in den Laden. Sie legen Wert auf die persönliche Ansprache und die ausführliche Beratung. Bei uns wird jeder Kunde freundlich begrüßt und nett bedient – wir bieten das, was die großen Kaufhäuser, Vertikalanbieter und Onlineshops nicht im Stande sind, zu leisten“, erklärt André Matyschik. „Das Durchschnittsalter der Bewohner liegt bei 60 Jahren und das spiegelt sich auch in unsere Kundenstruktur wider. Von Mitt- und Endreißigern bis hin zu weit über 70- und sogar 80-jährigen Kunden haben wir schon eingekleidet“, erzählt Matyschik. Call for Action
Doch auch in einem Kurort zählt das Einkaufserlebnis. „Vor vier Jahren haben wir als erster und auch als einziger das Late Night Shopping in Bad Salzuflen veranstaltet. Ein befreundeter Gastronom hat in einer der vergangenen Saisons seinen amerikanischen Airstream Imbisswagen vor den Laden gestellt und
den Kunden Currywurst und Burger serviert. Gerade bereiten wir gemeinsam mit der Bielefelder Spirituosenmanufaktur Lossie ein Gin Tasting vor, bei dem ein Barkeeper Drinks im Laden mixt und die Produkte, die wir dann auch verkaufen, ausgiebig erklärt. Wir arbeiten gezielt an einer stärkeren Außendarstellung. Im Sommer veranstalten wir im Rahmen des jährlich stattfindenden Brauerei-Festes mit Unterstützung des Stadtmarketings ein Cross-Golf-Turnier in der Innenstadt“, freut sich Matyschik. All das kann man auf der Facebook-Seite von Freistil verfolgen. Auch dass André Matyschik passionierter Motorradfahrer ist und seine Triumph Scrambler oder Harley’s und andere Triumphs von Freunden und Bekannten im Store oder im Schaufenster gekonnt in Szene setzt. In Zukunft wird das Sortiment weniger angezogen und dafür deutlich Sportswear lastiger. „Neue Marken ab der kommenden Herbst-/Winter-Saison sind im Jeansbereich Diesel, Denham und Nudie. Dazu gibt es Baseball- und Daunenjacken mit abnehmbaren Ärmeln von Chevignon, Jacken für Männer und Frauen von Blauer USA, Jacken und Cashmere-Pullis, die auf T-Shirt-Maschinen genäht wurden, vom norwegischen Label Johnny Love. Exklusiv für Damen gibt es die wiederbelebte Kultmarke Jet Set. Erstmals werden wir im größeren Rahmen Schuhe im Sortiment haben. Nachdem wir mit Aigle und Fred Perry gestartet sind, werden wir nun das Angebot um Palladium, Red Wing Shoes und Cheaney aus England erweitern, um die Preislagen von 100 bis 500 Euro zu bedienen“, sagt André Matyschik.
Voller Stolz: André Matyschik hält das alte Modehaus in Ehren und hat ihm neues Leben eingehaucht.
Freistil Am Schliepsteiner Tor 6 32105 Bad Salzuflen/Deutschland www.freistilfashion.de Inhaber: André Matyschik Mitarbeiter: 1 Festangesteller, 4 Aushilfen Eröffnung: Oktober 2014 Verkaufsfläche: 250 qm Marken: 7 for all Mankind, Baldessarini, Blonde No.8, Bugatti Woman, Colmar, Deus Ex Machina, Deyk, Fred Perry, Gant, Heinz Bauer, Matchless, Nudie Jeans, Pepe Jeans, Silver Jeans Accessoires: Campomaggi, Hemley, Nila Pila, Umjubelt, von Jungfeldt
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Die fast einhundert Jahre alte Ladeneinrichtung hat schon viele Kollektionen kommen und gehen sehen.
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Abseits polarisiert, und das ist volle Absicht. Sowohl in der ausgefallenen Einrichtung als auch beim Sortiment, das von besonderer Fashion lebt.
The Great Gatsby. Abseits Germany/ Stuttgart. Was für ein Statement! Winni Klenk ist mit seinem neu gestalteten Store ein echter Paukenschlag gelungen, gemäß dem Motto: Nicht kleckern, sondern klotzen. Das ist selbstbewusst, das ist überzeugend – und macht einfach großen Spaß. Text: Nicoletta Schaper. Fotos: Abseits Germany
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Es hätte auch die minimalistische Nummer mit Estrichboden, ein paar Stangen und Kuben werden können. Doch Winni Klenk wollte das Besondere. Lohnenswert ist seine Investition allemal: Das neue Abseits ist wie die Lounge eines erstklassigen Hotels gestaltet, mit komplett verglaster Rezeptionstheke, cooler Bar für Kaffee oder Prosecco, Hermès-Lampen, Muranoglasleuchten und teuren, französischen Tapeten. Die ganze Ausstattung entspricht viel mehr dem Filmset des großen Gatsby als dem Klischee schwäbischer Sparsamkeit. Luxus und Trash
Auch modisch will Winni Klenk an Grenzen stoßen. Dafür ist Abseits über die Jahre immer hochwertiger geworden. „Wir wollen mehr Qualität verkaufen, es geht mir in erster Linie um hochwertige Einzelstücke. Wir wollen was in der Mode voranbringen“, sagt Winni Klenk und meint es auch so. Entsprechend
spannend ist das Sortiment: ein bisschen rockig, gern extrava gant, nie langweilig. Graue Pullis und beigefarbene Hosen wird man hier vergeblich suchen; lieber wählt Winni Klenk das Ausgefallene aus jeder Kollektion. Für die Frauen gibt es Jeans von Rag & Bone und R13, dazu MSGM, N°21 sowie High Fashion von Valentino, See by Chloé, Kenzo und Plein Sud. Dazu Ruhigeres von Sportmax und Tory Burch für die etwas ältere Kundin. Winni Klenk weiß, dass er in einer Stadt wie Stuttgart eine gewisse Bandbreite braucht, weil man sich hier nicht wie in München oder Hamburg spezialisieren kann – und es auch zu wenig Anlässe für große Roben über 1.000 Euro gibt. Für die Männer hält er unter anderem Balmain und Dsquared2 bereit, Stammmarke seit 25 Jahren bei Abseits. Nicht minder erfolgreich ist die modische Eigenmarke mit Sakkos, Anzügen, Westen und Mänteln. Individualisierbar mit Innenfutter, Knöpfen und
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Hotellounge und Filmset zugleich: das neu gestaltete Abseits in Stuttgart.
„Wir wollen nicht einfach nur verkaufen, sondern haben auch einen modischen Auftrag“, sagt Winni Klenk, Inhaber von Abseits Germany. Er selbst lebt die Mode, hat mindestens 25 Sakkos im Schrank und kauft jedes Jahr mindestens drei neue.
Reversform nach Wahl. Und last but not least modische Verrücktheiten, wie die Seidenbomberjacke von Valentino mit Elefanten auf dem Rücken, die nepalesisch bestickte Lederjacke von Dsquared2 oder das Stechpalmenhemd von MSGM. „Solche Teile polarisieren, aber sie bringen die Mode voran“, sagt Winni Klenk. „Wer das Besondere kauft, wird immer glücklich damit sein, weil solche Teile nie unmodern werden. Keiner entkommt der Mode.“ Dafür bedarf es kompetenter Beratung. Auch deshalb ist Abseits in Nischen aufgeteilt, für noch mehr Boutiquecharakter und Intimität; für ein exklusives Private-Shopping-Erlebnis. „Nimmt eine Kundin 20 Teile zur Auswahl mit, kauft sie garantiert nicht das Key Piece, auf das es ankommt“, beschreibt Winni Klenk. „Lässt sie sich aber auf die Beratung ein, bekommt sie für genau den Look mit einem besonderen Stück viele Komplimente.“
Angekommen
Mit 22 Jahren hat Winni Klink angefangen, zunächst auf dem Amsterdamer Trödelmarkt mit Secondhand Levi’s 501, Militaryjacken und Karohemden aus London. Der erste Laden namens Abseits lag denn auch abseits an einer vierspurigen Umgehungsstraße Stuttgarts. Seitdem ist Abseits viermal umgezogen, immer mehr in Richtung Zentrum. Heute, 31 Jahre später, scheint es richtig angekommen. Dabei wollte Klenk eigentlich mit 30 aussteigen und auf Ibiza leben, doch das Modekarussell hat ihn noch. Ein Glück.
Abseits Germany Kleiner Schlossplatz 13–15, 70173 Stuttgart/Deutschland www.abseitsgermany.eu Eröffnung: September 1990, Neueröffnung August 2015 Inhaber: Werner Klenk Geschäftsführer: Manuel Thüring Anzahl der Mitarbeiter: 14 Verkaufsfläche: 411 qm Marken Frauen: 8PM, AG, Avant Toi, Chiara Ferragni, DKNY, Dsquared2, Golden Goose, Harris Wharf London, Iro Paris, Kenzo, Lala Berlin, Mackage, MSGM, N°21, Paul & Joe, Preach, Rag & Bone, R13 Denim, See By Chloé, Thom Krom, Tom Rebl, Tory Burch Marken Männer: Avant Toi, Balmain, Dsquared2, Filling Pieces, Golden Goose, Harris Wharf London, Iro Paris, John Varvatos, Kenzo, Mackage, Mastercraft Union, MSGM, Off-White, Paul & Joe, Preach, Prps, Rag & Bone, R13 Denim, Thom Krom, Tom Rebl, Valentino, Y-3 Marken Accessoires: Dsquared2, Juwelier D’Amico, Shoto
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Mit seinen zwei Stockwerken in einem New Yorker Townhouse strahlt der Laden eine intime Atmosphäre aus. Selbst die Schaufensterpuppen wenden sich nach innen.
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Die Modeverbesserin. Yuta Powell/New York. Bei Givenchy in Paris hat Yuta Powell von der Pike auf gelernt, was ein gutes Kleidungsstück ausmacht. Dieses Wissen nutzt sie auf ungewöhnliche Weise für ihre Multibrandboutique in New York. Text: Petrina Engelke. Fotos: Petrina Engelke, Yuta Powell
Höchstpersönlich sucht Yuta Powell jedes Stück aus, das sie im gleichnamigen Laden auf der piekfeinen New Yorker Upper East Side verkauft. Direkt auf die Stange darf dort trotzdem keine Lieferung. „Wir probieren jedes Teil an, um zu prüfen, was korrigiert werden muss, ehe es auf die Verkaufsfläche kommt“, sagt Yuta Powell. Dahinter steckt eine Strategie, die irrsinnig aufwändig klingt – sich aber rechnet. Individuell einkaufen mit Termin
Auf die Klingel neben der Tür öffnet kein Summer, sondern ein Mensch – häufig die Besitzerin persönlich. Bei Yuta Powell geht es wie in einem Pariser Salon der alten Schule zu: Viele ihrer Kundinnen vereinbaren einen Termin. „Sie rufen an und sagen: Ich gehe auf Reisen, ich bin zu einer Hochzeit eingeladen, ich habe ab- oder zugenommen“, sagt Powell. „Das gibt mir Zeit, ihnen eine kleine Kollektion zusammenzustellen.“ Freilich sagt sie einer Kundin auch schon einmal: heute nicht. Denn manchmal habe sie nicht das richtige Teil für diese Person und ihre Bedürfnisse. „Es hat keinen Sinn, etwas zu verkaufen, das die Kundin zu Hause als Riesenfehler betrachtet. Diese Leute kommen nie wieder. Und man will sich ja einen Kundenkreis aufbauen.“ Der kurzfristige Verzicht auf Umsatz zahlt sich
in starken Kundenbeziehungen aus. Ruft sie an, um neue Ware anzukündigen, wissen die Kundinnen: Das anzuschauen, wird keine Zeitverschwendung. Das liegt auch daran, dass Powell beim Einkauf konkrete Kundinnen im Hinterkopf hat – sie kaufe nicht für sich selbst, sondern für diese Frauen, sagt sie. Und dazu fliegt sie etwa alle zwei Monate nach Paris. Modeexpertise aus dem Hause Givenchy
Dort hat Yuta Powells Modekarriere begonnen – mit einem Nebenjob. Sie entdeckte ihn am schwarzen Brett, als sie in Paris Numismatik studierte. „Das Haus hatte Prêt-à-Porter im Erdgeschoss und eine grandiose Marmortreppe mit einer wunderschönen Balustrade führte in den Couture-Salon“, erinnert sie sich an ihren Besuch zum Vorstellungsgespräch bei Givenchy. Voller Bewunderung und Wärme spricht Powell heute noch von „Mr. Givenchy“, der sie von der Ladenfläche holte und durch sämtliche Couture-Abteilungen in den oberen Stockwerken schickte. Dort lernte sie en detail, was in der Mode möglich ist und wie es perfekt gemacht wird – von den Geheimnissen des Diagonalschnitts über die Auswahl des besten Handschuh leders bis zur Perlenstickerei. „Zu dieser Zeit wussten die Leute noch, wie ein schön gemachtes Kleidungsstück aussehen sollte
und was es für dich und deinen Körper leisten soll“, sagt Powell. Ihr Wissen teilt sie heute mit den Designern, bei denen sie einzukaufen gedenkt. Respektvoll, aber ehrlich sagt sie ihnen, was geändert werden müsse – und wie das ginge. Aus dieser Zusammenarbeit entstehen zuweilen exklusive Stücke. Powells Blick aufs Detail reicht bis zum Anprobieren der gekauften Kollektionen mit verschiedenen Kundinnen im Sinn. Powell selbst vertritt dabei die kleinen Zierlichen, eine ihrer Verkäuferinnen ist recht groß, eine weitere trifft die Mitte. Alles muss perfekt sitzen und fallen – oder es landet im oberen Stockwerk des Ladens, wo Powell ihre Kundinnen in der Atmosphäre eines privaten Ankleidezimmers berät. An einer verborgenen Tür hört man dort zuweilen das Surren von Nähmaschinen – dahinter beherbergt der Laden ein Atelier mit hauseigenen Fachfrauen.
Für Yuta Powell zählt Stil, nicht Mode. Sie betrachtet es als ihren Beruf, in Stilfragen fundierten, wohlmeinenden und ehrlichen Rat zu geben.
Yuta Powell 19 E 75th Street, New York, NY 10021/USA www.yutapowell.com Eröffnung: Mai 2014 Inhaberin: Yuta Powell Mitarbeiter: 7 Verkaufsfläche: 167 qm Marken Damen: Alexis Mabille, Boudicca, Emanuel Ungaro, Giamba, Kiton, Maison Ullens, Pascal Millet, Pauw, Rochas, T.BA, Veronique Branquinho, Vionnet u. a. Marken Accessoires: Angela Tassoni, Caroline De Marchi, Delage, Hemisphere, IBU, Jean Grisoni, Pierre-Louis Mascia, Renaud Pellegrino, Tissa Fontaneda u. a.
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102 EDITOR’S LETTER /// IMPRESSUM
Zauberwörter
Die Diskussion über die Systemfehler der Mode branche und ihre massiven negativen Auswirkun gen haben nun auch medial die (breite) Öffent lichkeit erreicht. Die Süddeutsche Zeitung hat vor einigen Wochen unter dem Titel „Shoppen ist langweilig geworden“ am Beispiel der Skinny Jeans, warum das alte Modespiel der Suggestion des ständig Neuen in einer Gesellschaft, in der es keine modischen Konventionen mehr gibt, nicht mehr funktionieren kann. Das nach wie vor meistens ausgezeichnete Wirt schaftsmagazin Brandeins hat gleich seine März ausgabe knallhart unter das Motto „Sale Sucks“ gestellt und ist darin unter anderem der Frage nachgegangen, ob es erfolgreiche Gegenmodelle zur Todesspirale der Dauerentwertung gibt. Gibt es natürlich. Und ich darf die betreffende Ausgabe allen ans Herz legen, die sie vielleicht noch nicht gelesen haben. Allerdings, und diese Anmerkung sei mir auch bitte gleich wieder verziehen, konnte man exakt diese systemische Kritik ebenso wie mögliche an dere, neue Wege in den letzten Jahren nicht zuletzt an exakt dieser Stelle lesen. Recht zu haben, ist durchaus ganz nett, aber tatsächlich geht es darum, dass der ungesunde Kreislauf, der vom ständigen zu viel von allem zum noch dazu oft falschen Zeitpunkt munter in Gang gehalten wird, gestoppt bzw. geändert werden muss. Wenn sich grundsätz lich der eigentlich durchaus in guter Konsumlaune befindliche Endverbraucher nämlich nicht einmal mehr wirklich für rote Preise, also die Kapitulati onserklärung interessieren, dann kann die Antwort darauf nicht lauten, dass doch bitte die Kalkulati on erhöht werden muss. Wenn der stationäre Modehandel insgesamt einen deutlichen Frequenzrückgang zu beklagen hat, dann kann die Reaktion nicht sein, dass man more of the same bietet. Vielmehr müssen wir uns fragen, WARUM es offensichtlich immer schwerer wird, Menschen für ein Produkt zu begeistern, dessen wichtigstes Ver kaufsargument aber Begeisterung ist? Oder anders, weil der positive Zugang ja nach meiner festen Überzeugung letztlich immer der erfolgreichere ist: Was machen eigentlich diejenigen anders oder besser, die von diesen Entwicklungen nicht oder weniger stark betroffen sind? Das erste Zauberwort heißt Verknappung!
Zugegeben, Hermés ist jetzt nicht das originellste Beispiel. Aber es bringt das Prinzip nun einmal so 216 style in progress
perfekt auf den Punkt. Die Begehrlichkeit über Jahrzehnte so hoch zu halten, konnte nur mit ganz gezielter (und medial geschickt positionierter) Verknappung gelingen. Niemand würde je auf die Idee kommen, eine Birkin Bag in den Sale zu geben (lustige Vorstellung). Das zweite Zauberwort heißt Beständigkeit!
Bleiben wir doch gleich mal bei der Birkin Bag: Eigentlich ist die ja ein Durchläufer. Stimmt, das hört sich irgendwie so negativ an. Aber tatsächlich braucht der Handel in seinem Sortiment einen wesentlich größeren Anteil an Durchläufern. Also an Produkten, die so gut sind, dass sie gar nicht vorgeben müssen, ständig neu zu sein und daher auch nicht der Entwertungslogik unterworfen werden müssen. Das gilt nicht nur für eine Ikone wie die Tasche, die nun doch weiter den Na men der berühmtesten Synchron-Stöhnerin der Musikgeschichte tragen darf, das gilt letztlich für alle Produkte, die ihren Bestand und nachhaltigen Wert gegenüber dem Konsumenten glaubwürdig argumentieren können. Das dritte Zauberwort heißt Glaubwürdigkeit!
Letztlich wurde der Konsument zu seinem aktu ellen Konsumverhalten erzogen – oder verzogen. Und jeder, insbesondere Eltern, aber auch die Hal ter von Hunden und Katzen wissen, wie schwer es ist, etwas einmal in einem Moment der Schwäche dummerweise Zugestandenes wieder zurückzuneh men. Mühsam! Es nicht zu tun, also das Falsche einfach weiterlaufen zu lassen, wächst sich nicht selten zu einem echten Problem aus. Begegnen kann man dem nur mit Konsequenz und Glaub würdigkeit. Und weil es an dieser Stelle so gut passt und weil der Konsequenz manchmal auch ein bisserl nachgeholfen werden muss: Nach wie vor bzw. mehr denn je wünsche ich mir die Rückkehr zum GESETZLICH GEREGELTEN Schlussverkauf! Unmöglich? Mal sehen – reden wir weiter, wenn Leicester den Meistertitel in der Premier League fixiert hat. Ihr Stephan Huber stephan.huber@ucm-verlag.at
Eigentümer/Verleger/ Redaktion/Anzeigen UCM-Verlag B2B Media GmbH & Co KG Salzweg 17, 5081 Salzburg-Anif Österreich T 0043.6246.89 79 99 F 0043.6246.89 79 89 office@ucm-verlag.at www.ucm-verlag.at Geschäftsführung Stephan Huber Nicolaus Zott
Chefredaktion Stephan Huber stephan.huber@ucm-verlag.at Martina Müllner martina.muellner@ucm-verlag.at Art Direktion/Grafik/Produktion Elisabeth Prock-Huber elisabeth@ucm-verlag.at Autoren dieser Ausgabe Isabel Faiss Petrina Engelke Ina Köhler Kay Alexander Plonka Verena Roidl Nicoletta Schaper Quynh Tran Dörte Welti Fotografen Markus Pritzi Illustratorin Claudia Meitert Bildbearbeitung Anouk Schönemann anouk.schoenemann@ucm-verlag.at Anzeigenleitung Stephan Huber stephan.huber@ucm-verlag.at Verlagsassistenz/Vertrieb Sigrid Staber sigrid.staber@ucm-verlag.at Christina Hörbiger christina.hoerbiger@ucm-verlag.at Lektorat Johannes Seymann Übersetzung Manfred Thurner Druck sandlerprint&packaging 3671 Marbach, Österreich Druckkoordination Manfred Reitenbach
Nächste Ausgabe 21. Juni 2016
contempoRARy fAshion tRAde show
28 - 30 June 2016 ARenA BeRlin
www.seekexhiBitions.com
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PAOLO VENTURA FOR WOOLRICHART
#2/2016
„MANCHMAL IST GENUG EINFACH WIRKLICH GENUG.“ 19. Jahrgang # 2.2016
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Direkter geht’s nicht! Warum Online den stationären Handel besser macht /// Stimmt: Kommunikation ist alles. Stimmt auch: Alles ist Kommunikation! /// Taktgeber oder Schnorrer? Wie Blogger die Spielregeln verändern /// Machen wir seit 120 Jahren! Curated Shopping ist die DNA des Fachhandels