style in progress 4/2019 – Deutsche Ausgabe

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SO LÄUFT’S

S u s ta i n + A b i l i t y – Ta k i n g C a r e

„DIE KRITERIEN DER SIEGEL ZIELEN OFT AUF DIE FALSCHEN FRAGEN AB“ Nina Lorenzen, Vreni Jäckle und Jana Braumüller stehen für Fashionchangers.de. Ihre Mission ist leicht erklärt: Die Missstände in der Modebranche aufzuzeigen und den Weg in Richtung Nachhaltigkeit zu weisen. Dass dieser Weg kein leichter ist, zeigt die Diskussion rund um den Grünen Knopf. style in progress im Gespräch mit den Aktivistinnen. Text: Kay Alexander Plonka. Foto: Emilie Elizabeth

Mit dem Grünen Knopf hat der deutsche Bundesentwicklungsministers Gerd Müller ein staatliches Siegel für Kleidung eingeführt. Wird das für bessere Arbeitsbedingungen, mehr Umweltschutz und faire Löhne sorgen? Ob ein Siegel generell für all diese Dinge sorgt, ist fraglich. Denn letztendlich bringt nicht das Siegel die Verbesserungen in der Wertschöpfungskette, sondern Unternehmer, die gewillt sind, die dafür notwendigen Schritte zu gehen. Solange Siegel auf freiwilliger Basis vergeben werden, werden Unternehmen, die Menschenrechtsverletzungen und die Missachtung ökologischer Standards in Kauf nehmen und ihre Praktiken nicht ändern. In der Wirtschaft geht es letztendlich immer um den Gewinn. Diesen freiwillig zu schmälern, weil man die Menschen z. B. fair bezahlt, ist für viele keine Option. Obwohl der Grüne Knopf sowohl das Produkt als auch das Unternehmen auditieren möchte, bleibt abzuwarten, ob die 20 Kriterien, die ein Unternehmen erfüllen muss, überhaupt auf die richtigen Fragen abzielen. Die Einhaltung existenzsichernder Löhne ist zum Beispiel aktuell keines dieser Kriterien, wäre aber grundlegend wichtig, um eine ethisch faire Produktion von Kleidung gewährleisten zu können. Wir rechnen eher damit, dass konventionelle Unternehmen weiter additive Produkte und Linien einführen werden, die alleinstehend den Grünen Knopf erhalten können, um damit ihr Image grüner zu machen. Es wird also vermutlich mehr PR-Maßnahmen in diese Richtung geben, als wirkliche Veränderung. Werden für den Grünen Knopf Lieferketten vor Ort geprüft oder erfolgt die Zertifizierung nur anhand der vorgelegten CSR-Reports auf dem Papier? 100

style in progress

Die Fashionchangers Nina Lorenzen, Vreni Jäckle und Jana Braumüller machen faire Mode medial sichtbarer und verbinden kritische Auseinandersetzung mit dem Spaß an der Mode.

Ein Produkt muss 26 soziale und ökologische Mindeststandards einhalten. Die Erfüllung der Produktkriterien wird allerdings nur über vorhandene und anerkannte Siegel nachgewiesen. Das heißt, für die Vergabe des Grünen Knopfes ist es nicht notwendig, eine Prüfung vor Ort vorzunehmen. Welche Siegel ausreichend sind, um den Grünen Knopf zu erhalten, ist uns bislang leider nicht bekannt. Der Grüne Knopf deckt momentan außerdem nur die Produktionsschritte Zuschneiden, Nähen, Bleichen und Färben ab. Das heißt, das Siegel gibt keine Auskunft darüber, wo das Ausgangsmaterial für das Kleidungsstück herkommt, unter welchen Bedingungen es entstanden ist und wie der Transport ins Verkaufsland vonstatten geht. Welche Siegel machen für den Verbraucher international anerkannte Umwelt- und Sozialstandards zuverlässig sichtbar? Der Siegel-Dschungel ist tatsächlich eher ein leidiges Thema, da es mittlerweile relativ viele gibt, die alle recht unterschiedlich hohe (oder eben niedrige) Standards haben. Wichtig ist es, darauf zu achten, dass die verwendeten Siegel aus unabhängigen Quellen stammen und keinen unternehmenseigenen Auditierungen entsprechen.


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