Sudetendeutsche Zeitung Ausgabe 14 und 15 16.04.2021

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Maler Willi Sitte: Versuch einer Annäherung (Seite 5)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung 160. Jahrgang

HEIMATBOTE

Jahrgang 73 | Folge 14+15 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 16. April 2021

VOLKSBOTE

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� 70. Todestag von Ida Roland

Blumen für eine große Europäerin Auftakt in das Ida-Roland-Jahr: Die jüdische Schauspielerin mit sudetendeutschen Wurzeln war die erste Frau, die für ein vereintes Europa gekämpft hat.

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Gedenken an die „Mutter Paneuropas“ vor dem Nymphenburger Schloß in München von rechts nach links: Bernd Posselt, Volksgruppensprecher, SL-Bundesvorsitzender und Präsident der Paneuropa-Union Deutschlands, Assistentin Stephanie Waldburg und Johannes Kijas, Geschäftsführer der PaneuropaBild: Paneuropa: Union Deutschland.

� Neue Zugverbindung

Von Prag über Berlin nach Brüssel Eine neue Nachtzugverbindung soll von 2022 an Prag mit Dresden, Berlin, Amsterdam und Brüssel verbinden, hat das tschechische Verkehrsunternehmen Regiojet angekündigt.

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ie Züge sollen abends in Prag abfahren und am frühen Vormittag in der belgischen Hauptstadt eintreffen. In umgekehrter Richtung geht es am frühen Abend in Brüssel los. Mit dem Angebot wolle man nicht nur Touristen ansprechen, sondern auch Geschäftsreisende, erklärte das Unternehmen. Die Züge sollen über Sitz- und Schlafwagen verfügen. Zudem ist kostenloses Internet vorgesehen. Regiojet betreibt bereits eine Nachtzugverbindung zwischen Prag und der ostslowakischen Stadt Kaschau. Im Laufe des Jahres soll eine Verbindung zwischen Prag und dem ukrainischen Lemberg hinzukommen. Vor Beginn der Corona-Pandemie zählte Prag zu den beliebtesten Touristenzielen in Europa. 2019 besuchten 6,8 Millionen ausländische Gäste die tschechische Hauptstadt. 2020 sank ihre Zahl auf rund ein Drittel.

or 70 Jahren, am 27. März 1951, verstarb die Ehefrau von Richard Graf CoudenhoveKalergi. Gemeinsam hatte das Paar ab 1922 die Paneuropa-Union, die älteste europäische Einigungsbewegung, aufgebaut. Am Todestag gedachte eine pandemie-bedingt kleine Delegation der Paneuropa-Union Deutschland ihrer beim Schloss Nymphenburg in München. Dort war das Ehepaar getraut worden und hatte in dessen Nachbarschaft zeitweise gewohnt. Bernd Posselt, Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft und Deutschlands Paneuropa-Präsident, kün-

Ida Roland und ihr Mann Richard Graf Coudenhove-Kalergi digte an, dass in diesem Jahr weitere Veranstaltungen geplant seien, um die „Mutter Paneuropas“ zu würdigen. Lesen Sie auf Seite 2 weiter

� Staatspräsident Zeman entlässt auf Bitten von Vizepremier Hamáček dessen Parteifreund und Außenminister Petříček

Streit in der Regierung eskaliert Aus für den Außenminister: Am Montag musste der europafreundliche Sozialdemokrat Tomáš Petříček seinen Stuhl räumen. Ein halbes Jahr vor der Parlamentswahl hat der Führungsstreit in der tschechischen Regierung damit einen neuen Tiefpunkt erreicht. Nur Tage zuvor hatte der Gesundheitsminister Jan Blatný (siehe unten) gehen müssen.

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och am Freitag hatte Tomáš Petříček auf dem Parteitag der tschechischen Sozialdemokraten gegen seinen Kabinettskollegen, den Vizepremier, Innenminister und Parteichef Jan Hamáček, um das Amt des Parteivorsitzenden kandidiert und dabei deutliche Kritik an der Beteiligung seiner Partei an der Minderheitsregierung mit der Bewegung ANO von Premierminister Andrej Babiš geübt. Doch Petříček konnte sich nicht durchsetzen. Hamáček wurde bereits im ersten Wahlgang als Parteichef bestätigt. Auf diesem Parteitag der Sozialdemokraten war unter den Ehrengästen auch ein ehemaliges Mitglied: Staatspräsident Miloš

Zeman, der qua Amt keiner Partei angehören darf. Am Freitag hatte Zeman die Bewerbungsrede von Tomáš Petříček noch kritisiert, drei Tomáš Petříček Jan Tage später (oben), schuf er Fak- Hamáček und Anten und ent- drej Babiš rechts. Bilder: VCZ ließ Petříček als Außenminister – übrigens auf ausdrücklichen Wunsch des wiedergewählten Parteichefs Hamáček, der bis auf weiteres jetzt auch das Außenministerium führt. Vor allem für Staatspräsident Zeman war der europafreundliche Petříček schon lange ein Dorn im Auge. Während Petříček, der einst als Assistent von Libor Rouček und Mirolav Poche in Brüssel tätig war, in Europa hervorragend vernetzt ist, orientiert sich Zeman mit seiner Außenpolitik nach Osten und pflegt beste Beziehungen zu Russ­land und China. So besuchte das Staatsoberhaupt wiederholt

die beiden Großmächte und befürwortet, für die Energieversorgung unter anderem Erdöl aus Russland zu importieren. Bei der Ausschreibung für die zweite Bauphase des Atomkraftwerks Dukowan wehrte sich Zeman, Russland und China von der Bewerberliste zu streichen, und ging damit in die Konfrontation mit der Europäischen Union. Außenminister Petříček lehnte dagegen die Zusammenarbeit mit Russland beim Ausbau der Atomkraftwerke entschieden ab. Und in der Corona-Krise kritisierte der Staatspräsident öffentlich die tschechische Regierung,

die den Ankauf des russischen Imfpstoffs Sputnik V ohne Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) abgelehnt hatte. Jetzt scheint es der gesundheitlich sichtbar angeschlagene Staatspräsident eilig zu haben, die Weichen im Außenministerium ein halbes Jahr vor der Parlamentswahl neu zu stellen. Doch der Versuch, den ehemaligen Außenminister Lubomír Zaorálek zu reaktiveren, scheiterte zunächst. Der Sozialdemokrat, der derzeit Kultusminister ist, lehnte ab, obwohl für ihn schon öffentlich Jan Birke, der ehema-

� Petr Arenberger folgt auf Jan Blatný

� Corona-Pandemie:

Gesundheitsminister Nr. 4

Grenze ist wieder offen

ster, und wir haben sehr gut kommuniziert. Das Problem war, dass wir uns einfach nicht einig waren, wie das Gesundheitsressort funktionieren sollte“, erklärte Premier Andrej Babiš den Grund für den Wechsel im Amt des Gesundheitsministers. Der neue Minister solle vor allem den Kampf gegen die Corona-Pandemie voranbringen. Außerdem, so Premierminister Babiš, erwarte er eine „transparente Kommunikation“, damit „die Minister im Kabinett nicht

Deutschland stellte die stationären Kontrollen an den Grenzübergängen zur Tschechischen Republik Mitte der Woche ein.

Petr Arenberger, bis dato Direktor des Universitätskrankenhauses Königliche Weinberge, ist neuer Gesundheitsminister im Kabinett von Premierminister Andrej Babiš.

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Der neue Gesundheitsminister Petr Arenberger bei einem Besuch in einem Bild: VCR Impfzentrum. Im Hintergrund: Premierminister Andrej Babiš

lige Bürgermeister von Náchod, als Nachfolger ins Spiel gebracht worden war. Für den chinafreundlichen Zeman wäre Zaorálek sicherlich eine Idealbesetzung. So hat Zaorálek einst für eine amerikanisch-chinesische Firma gearbeitet, und als Büroleiter des ehemaligen Premierministers Jiří Paroubek war er in den Jahren 2005 und 2006 für einige chinaorientierte Aktivitäten zuständig. Der geschasste Außenminister fühlt sich moralisch dennoch als Sieger. „Ich gehe erhobenen Hauptes“, sagte Tomáš Petříček zu den Medien. Und auf Facebook schrieb das ehemalige Regierungsmitglied vieldeutig: „Das Büro des Außenministers hat Fenster nach Osten. Wenn man gelegentlich der Physik und anderen Kräften trotzt, ist es durchaus besonnen und mutig, aus ihnen heraus nach Westen, nach Europa zu schauen. Ich wünsche uns einen anderen Minister, der die gleiche Auffassung von Diplomatie hat. Ich habe keinen Zweifel, dass er dann Unterstützung für sein Handeln finden wird. Jaroslav Sonka

renberger ist der vierte Gesundheitsminister seit Beginn der Pandemie. Sein Vorgänger Jan Blatný war erst im Oktober 2020 ins Amt berufen worden. „Der Grund ist nicht, dass ich mit seiner Arbeit unzufrieden bin. Er war ein wirklich fleißiger Mini-

aus den Medien erfahren“, welche Maßnahmen des Gesundheitsministerium plane. Die Opposition sieht indes einen anderen Grund für den Ministerwechsel. Demnach hätte sich Blatný geweigert, den russischen Impfstoff Sputnik V bereits vor einer Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) einzusetzen. Marián Jurečka, Parteichef der Christdemokraten: „Diesem Druck hat Blatný standgehalten, und das hat ihn das Amt gekostet.“

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a das Land weiterhin ein Hochrisikogebiet ist, müssen bei der Einreise dennoch Quarantäne- und Dokumentationspfli hten beachtet werden. Über Schleierfahndung soll sichergestellt werden, daß diese Vorschriften eingehalten werden, erklärte Bundesinnenminister Horst Seehofer.


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AKTUELL ˜ MEINUNG AUS DEM PRAGER GÄSTEBUCH

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er Christdemokrat Jan Grolich (KDU-˜SL) (links) wurde im Oktober des vorigen Jahres zum Hauptmann der Region Südmähren gewählt. Der am 11. Juni 1984 geborene Politiker und frühere Anwalt ist bereits vor elf Jahren Bürgermeister der nicht weit von der Landeshauptstadt Brünn entfernten Gemeinde Welatitz/Velatice geworden. In seiner Freizeit widmet er sich dem Laientheater, besucht Konzerte und spielt Fußball und Hockey. Petr Hladík (rechts) ist erster Stellvertreter der Brünner Bürgermeisterin und zugleich auch landesweiter stellvertretender KDU-˜SL -Vorsitzender. Der Leiter des Prager Sudetendeutschen Büros, Peter Barton (Mitte), schätzt den Einsatz mährischer Christdemokraten für die Bewahrung des christlichen Geistes und die weitere Entwicklung dieses Teils der Republik sehr. Es ist deshalb kein Wunder, dass er auch den neuen Hauptmann der besonders für unsere südmährischen Landsleute so wichtigen Region persönlich kennen lernen wollte. Im Rahmen eines sehr freundschaftlichen Gesprächs im Brünner Sitz der südmährischen Regierung konnte Barton feststellen, dass sich diese Region jetzt in wirklich guten Händen befindet.

Fortsetzung von Seite 1

Im Exil kämpfte Ida Roland

für ein besseres Europa

tausend prominenten Teilnehmern aus 24 europäischen Ländern. Kultureller Höhepunkt dieser ersten Europa-Großveranstaltung der Geschichte war eine Gan ihrer Heimatstadt besuchte la-Vorstellung im Burgtheater, sie die Schauspielschule und bei der sie die Titelrolle von Rodebütierte bereits mit 17 Jah- stands „L‘Aiglon“ spielte. ren am Innsbrucker StadttheaIn den Folgejahren reiste das ter. Die vielsprachige und hoch- Ehepaar durch ganz Europa, um gebildete Mimin hatte zunächst Mitgliedsorganisationen der Engagements in Ulm, Düssel- Paneuropa-Union aufzubauen, dorf und Berund hielt Konlin, wo sie von takt zu den füh1905 bis 1908 renden Politiunter Max kern dieser Zeit, Reinhardt am allen voran zu Deutschen Frankreichs für Theater und die Versöhnung am Hebbelmit dem „ErbTheater wirkfeind“ Deutschte. land eintreten1911 wechdem Außen- und selte sie an Premierminister die soeben Aristide Briand, gegründeder die Ehrenten Münchpräsidentschaft ner Kammerüber die Paneuspiele, die ropa-Bewegung damals von übernahm, und Eugen Robert dem tschechogeleitet wurslowakischen den. Als ihre Ida Roland und Richard Graf Cou- Staatspräsidendenhove-Kalergi. Bild: Bundesarchiv ten Tomáš GarVerbindung zu ihm zerrigue Masaryk. brach, kehrte sie, vom verwöhn1938 beim Anschluss Österten Wiener Publikum gefeiert, in reichs musste das Ehepaar, von die Donaumetropole zurück, wo den Nationalsozialisten verfolgt, sie den aus Böhmen stammen- über die Schweiz nach Amerika den Richard Coudenhove-Kal- fliehen, wo Coudenhove gemeinergi, Sohn eines k.u.k. Diploma- sam mit seinem späteren Nachten und einer Japanerin, traf und folger Otto von Habsburg beim sich nicht nur für ihn, sondern US-Präsidenten Franklin D. Rooauch für seine Ideen zur Schaf- sevelt für ein geeintes Europa als fung von Vereinigten Staaten Friedensidee für die Nachkriegsvon Europa begeisterte. zeit eintrat. Diesem Ziel widmete sie fortIda Roland und Richard Couan ihr ganzes Leben. Sie brach- denhove organisierten einen te ihren jungen Ehemann mit vielbeachteten Exilkongress der Künstlern, Intellektuellen und Paneuropa-Union an der New Schriftstellern in Verbindung, so Yorker Universität, um die amemit Thomas Mann, Franz Wer- rikanische Öffentlichkeit aufzufel, Rainer Maria Rilke und Ste- rütteln. Unmittelbar nach Kriegsfan Zweig, die zu Unterstützern ende rief Ida Roland in den USA der Paneuropa-Bewegung wer- gemeinsam mit der exilierten den sollten. Kaiserin Zita von Österreich den Ab 1915 trat sie wieder bei den „Austrian Relief“, eine HilfsorKammerspielen auf und lebte in ganisation zur Unterstützung der Münchner Romanstraße, un- der hungernden und frierenden weit des Schlosses Nymphen- Österreicher, ins Leben. burg, in dessen Kapelle der HofWieder nach Europa übersiekurat Graf Franz Walderdorff sie delt, begann das Ehepaar, die mit Coudenhove kirchlich traute. Parlamente des freien Teils des Die Ehe war ungemein glück- Kontinents für die europäische lich, und Ida Roland organisierte Einigung zu mobilisieren. Die erund inszenierte 1926 im Wiener ste Frucht dieser Aktivitäten war Konzerthaus den ersten Paneur- 1949 die Gründung des Europaopa-Kongress mit mehr als zwei- rates in Straßburg. Während ihre Mutter aus dem südostmährischen Göding/ Hodonín stammte, wurde Ida Roland als Ida Klausner 1881 in Wien geboren.

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Sudetendeutsche Zeitung Folge 14 + 15 | 16.4. 2021

Vertriebenen-Beauftragte Sylvia Stierstorfer:

„Gemeinsam viel für die Vertriebenen erreicht“ Seit drei Jahren ist die CSULandtagsabgeordnete Sylvia Stierstorfer Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene. Zeit für eine Zwischenbilanz.

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eine Wurzeln liegen im Sudetenland, genauer gesagt in der Gemeinde Blatnitz im Landkreis Mies. Dort waren mein Großvater und auch mein Urgroßvater Bürgermeister“, hatte die in Regensburg geborene CSU-Politikerin in einem Interview mit der Sudetendeutschen Zeitung kurz nach ihrem Amtsantritt im Frühjahr 2018 erzählt . Ihr Auftrag besteht darin, Ansprechpartner für die Belange der Vertriebenen und Aussiedler in Bayern zu sein und die Staatsregierung in allen damit zusammenhängenden Fragen zu beraten. Jetzt, drei Jahre nach ihrem Amtsantritt, zieht Sylvia Stierstorfer eine positive Zwischenbilanz: „Gemeinsam mit meinen Partnern habe ich viel für die Vertriebenen und Aussiedler in Bayern erreicht und in der Öffentlichkeit Interesse und Verständnis für ihre Belange geweckt. Besonders stolz bin ich darauf, dazu beigetragen zu haben, dass sich gerade auch junge Menschen – wie bei unserem ersten Jugendforum im Bayerischen Landtag im März 2020 – wieder für dieses Thema begeistern. Schließlich sind angesichts der Tatsache, dass mehr als jeder vierte Bayer Wurzeln in den früheren deutschen Siedlungsgebieten im östlichen Europa hat, Geschichte, Kultur und Bräuche der Vertriebenen und Aussiedler längst Teil der bayerischen Identität.“ Für die Zukunft plant die Beauftragte, die Informations- und Begegnungsfahrten in die Herkunftsländer wieder aufzunehmnen sobald dies möglich ist. Vor der Pandemie hatte Sylvia Stierstorfer Prag, Siebenbürgen und das Banat besucht. „Das ist ganz wichtig für das gegenseitige Verständnis, und ich denke, dass wir gemeinsam noch viel erreichen werden“, so die Beauftragte. Zu den Aufgaben der Beauftragten gehört außerdem, die Eingaben von Betroffenen zu bearbeiten und für die Interessen der Aussiedler und Vertriebenen einzutreten. Außerdem the-

r. Hand-Christoph Seebohm galt als einer der fähigsten Politiker seiner Zeit. Der CDUPolitiker gehörte zu den Architekten des Grundgesetzes, war Verkehrsminister sowie VizeKanzler unter Ludwig Erhard und Mitglied des Vorstands der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Nach seinem Tod im Jahr 1967 wurde in Düsseldorf eine Straße

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enatschef Miloš Vystr˛il kritisiert den Premier und den Staatspräsidenten. Das Vorgehen von Premier Andrej Babiš sei unvorhersehbar und rücksichtslos, das Verhalten von Staatspräsident Miloš Zeman gegenüber Opponenten unverschämt und inakzeptabel. Beide Verfassungsvertreter trügen mit der Nichteinhaltung von Regeln und gesellschaftlichen Normen zu deren Zerstörung und damit zu Chaos bei. Vystr˛il, der Vorsitzende der oberen Parlamentskammer, reagierte so auf die Abberufung von Gesundheitsminister Jan Blatný, der davon aus den Medien erfahren hatte. Vystr˛il nannte ein solches Vorgehen unhöflich, demoralisierend und erniedrigend.

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Sylvia Stierstorfer, Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene. Bild: Staatskanzleiv matisiert sie in der Öffentlichkeit regelmäßig, welchen Anteil die Heimatvertriebenen am Wiederaufstieg und Wohlstand Bayerns haben und welches oft schwere Schicksal die Betroffenen erlitten haben. In den vergangenen drei Jahren hat die Beauftragte zu rund 150 Anlässen Reden und Grußworte gehalten, an Diskussionen teilgenommen und Gespräche geführt. Außerdem startete Stierstorfer 2020 als Podcast ein Zeitzeugenprojekt über die kleinen Landsmannschaften in Bayern. Gemeinsam mit einer aus Vertretern der Heimatvertriebenen gebildeten Arbeitsgruppe will die CSU-Politikerin eine Ausstellung realisieren. Dort soll das schwere Schicksal der Frauen und Kinder während Flucht und Vertreibung dargestellt werden. Die Beauftragte steht in ständigem Kontakt mit dem Bund der Vertriebenen und den in Bayern aktiven Landsmannschaften, aber auch mit den in München akkreditierten konsularischen Vertretern der Länder, aus denen Deutsche vertrieben oder ausgesiedelt wurden. Sylvia Stierstorfer: „Im Sinne einer nachhaltigen Verständigung und gemeinsam mit den Vertriebenen und Aussiedlern als geborenen Brückenbauern möchte ich die Kontakte, die Zusammenarbeit und die Freundschaft zu den Herkunftsländern weiter ausbauen. Denn Politik für Aussiedler und Vertriebene ist immer auch Nachbarschafts- und Europapolitik.“ Torsten Fricke

Heftige Kritik an Umbenennung

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Senatschef kritisiert Staatsspitzen

Senatoren fürchten östliche Gefahr

Keine Hans-Christoph-Seebohm-Straße mehr

Gegen die Umbenennung der Hans-Christoph-Seebohm-Straße in Düsseldorf wird heftige Kritik laut.

PRAGER SPITZEN

nach ihm benannt, was jetzt widerrufen wird. Der Grund: Seebohm hatte möglicherweise von der Ausbeutung von Juden im Dritten Reich profitiert. Die Stadt Uelzen hatte deshalb bereits 2010 eine nach ihm benannte Straße umgewidmet. Heftige Kritik übt daran der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete und Sudetendeutsche Rüdiger Goldmann. In einem offenen Brief schreibt er, Seebohm sei „immer wieder das Ziel von Verleumdungen und politischen Angriffen vor allem von Linksextremen und Kommunisten“.

hina und Russland stellen nach Ansicht der Senatoren eine Gefährdung der nationalen Sicherheit dar. Darum solle die Regierung keine Bewerber aus diesen Ländern zur Ausschreibung für den neuen Reaktorblock des AKW Dukowan zulassen. Die obere Parlamentskammer äußerte in einem Beschluss Bedenken darüber, dass das Ministerium für Industrie und Handel zu der Ausschreibung auch das russische Unternehmen Ros˝at om einladen will. Den Senatoren zufolge erwecke dieser Schritt das Misstrauen sowohl im Parlament als auch bei den ausländischen Partnern in NATO und EU.

Konservative schmieden Bündnis

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ie konservativ-liberalen Parteien Bürgerdemokraten (ODS), Christdemokraten (KDU˙SL) und Top 09 vereinten sich zu dem Wahlbündnis Spolu (Zusammen). Sie werden gemeinsam um die Stimmen der Wähler bei der Abgeordnetenwahl im Herbst kämpfen. Die Parteichefs Petr Fiala, Marian Jure˛ ka und Markéta Pekarová-Adamová unterzeichneten bereits den Koalitionsvertrag. Der Wahlsieg sei das Ziel der Koalition, sagte ODS-Parteichef Fiala. Es sei an der Zeit, das geteilte Land zu vereinigen und die Ära des Populismus zu beenden, so Fiala. Jure˛ ka bestätigte, die Koaliti-

on sei nicht bereit, mit den Kommunisten, SPD oder ANO zusammenzuarbeiten. Nach der jüngsten Umfrage würde die Koalition Spolu mit 19 Prozent der Wählerstimmen nun den dritten Platz belegen, hinter der Koalition aus Piraten, der Bürgermeisterbewegung STAN und ANO.

Volkszählung läuft auf vollen Touren

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ast die Hälfte der 10,7 Millionen Tschechen nahm bisher an der aktuellen Volkszählung teil. Diese begann vor zwei Wochen und läuft in elektronischer Form bis 11. Mai. Ab Samstag können die Menschen auch gedruckte Formulare nutzen. Die Bürger schickten in den ersten zwei Wochen 2,5 Millionen Online-Fragebögen ab. Das entspricht etwa fünf Millionen Personen.

Eltern klagen gegen Kinder-Impf-Pflicht

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ezüglich der Impfpflicht ihrer Kinder hatten Eltern beim Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg Klage eingereicht. Der Gerichtshof wies die Klage ab. In seiner Entscheidung führt er an, dass der tschechische Staat mit der Impfpflicht nicht gegen das Recht der Bürger auf Privatsphäre und Familienleben verstoße. Das Urteil betrifft sechs Klagen. Die erste wurde 2013 eingereicht. Meistens ging es um die verweigerte Aufnahme der ungeimpften Kinder in Vorschuleinrichtungen. Hierzulande werden Kinder verpflichtend mit zwei kombinierten Präparaten geimpft. Diese schützen auch gegen Polio, Tetanus, Diphtherie, Masern, Röteln und Mumps.

ÖNVP testet Infektionsquellen

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ie Verkehrsbetriebe lassen untersuchen, ob die Fahrt mit Bus und Bahn ein Ansteckungsrisiko birgt. Sprecher Daniel Šabík: „Studien aus dem Ausland zeigen, dass der ÖPNV keine Quelle für Infektionen ist, dass der öffentliche Nahverkehr sicher ist. Leider hat bei uns bisher kein renommiertes medizinisches Forschungsinstitut eine solche Untersuchung vorgenommen. Deswegen haben wir uns genau dazu entschieden.“

Sudetendeutsche Zeitung ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluss: Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in Teplitz-Schönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Herbert Ring, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel, Dr. Hans-Roland Zitka. Verlagsassistentin: Birte Rudzki. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Publikumsverkehr nur nach Vereinbarung. Jahres-Abonnement 2021 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2021 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten dazu im Internet unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Herbert Fischer. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.


Die Sudetendeutschen haben wieder eine Heimatpflegerin. Christina Meinusch hat die Aufgabe am 1. April übernommen. Im Interview mit der Sudetendeutschen Zeitung erklärte die Pädagogin und Volkskundlerin, was sie am Begriff Heimat fasziniert und welche Pläne sie hat.

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rau Meinusch, Glückwunsch zur neuen Aufgabe als Heimatpflegerin. Wie kamen Sie dazu, sich beruflich ausgerechnet dem Thema Heimat zu widmen? Christina Meinusch: Das Thema Heimat bestimmt mein Leben, seit ich denken kann. Meine Eltern stammen aus Oberschlesien. Dort erlebten sie als Kinder den Krieg und die ersten Jahre der Nachkriegszeit. Erst in den 1950er Jahren kamen sie in die Bundesrepublik Deutschland. Ihr Weg führte über das Lager Friedland, im Saarland wurden sie in eine Wohnung eingewiesen, weiter ging es nach Berlin, Oberhausen im Ruhrgebiet und schließlich nach Bayern. Freunde und Familie stammten geschlossen aus der „alten Heimat“, und so war diese für mich schon als Kind bis heute allgegenwärtig Wie haben Sie diese „alte Heimat“ in der „neuen Heimat“ erlebt? Meinusch: In mehrfacher Hinsicht. Zum einen in der Sprache. Meine Eltern sprachen wasserpolnisch, vor allem immer dann, wenn ich sie nicht verstehen sollte. Zum anderen beim Essen. Bei uns zu Hause wurde traditionell oberschlesisch gekocht. Lange dachte ich, die Sauerkrautsuppe meiner Mutter stünde auch in Franken auf dem Speiseplan, bis mir klar wurde, dass es sich um eine oberschlesische Spezialität handelte. Und natürlich im Brauchtum. Während meine Schulfreunde in Franken am Heiligen Abend Kartoffelsalat mit Würstchen aßen, gab es bei uns traditionell Fisch. Aber nicht nur Fisch, denn der Brauch aus der „alten Heimat“ besagt, dass zu einem erfolgreichen und glücklichen neuen Jahr noch weitere Zutaten nötig waren. Also aßen wir Linsensuppe und Mohn in Form eines köstlichen Mohnstriezel. War dieses Anderssein für Sie als Kind eine Belastung? Meinusch: Nein, im Gegenteil. Ich persönlich bin froh, dass ich nicht nur eine, sondern gleich mehrere Heimaten haben darf. Für mich ist Heimat die frühere Heimat meiner Familie, auch wenn ich nie dort gelebt habe. Meine Heimat ist aber auch Franken, die Region, in der ich aufgewachsen bin und mit meiner Familie einen großen Teil meines

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AKTUELL

Sudetendeutsche Zeitung Folge 14 + 15 | 16. 4. 2021

Interview mit Christina Meinusch, der neuen Heimatpflegerin der Sudetendeutschen

„Heimat ist nicht nur ein Ort, Heimat ist vor allem ein Gefühl“

Die neue Heimatpflegerin Christina Meinusch im Sudetendeutschen Museum in München Bild: Torsten Fricke

Zur Person: Christina Meinusch Studium Diplompädagogik an der Universität Würzburg mit Abschluss als Diplom-Pädagogin Magisterstudium Volkskunde mit den Nebenfächern Soziologie und Pädagogik an der Universität Würzburg mit Abschluss als Magistra Artium (M.A.) Ab 2013 projektbezogene Arbeit für das Braunauer Heimatmuseum in Forchheim Zweisprachige deutsch-tschechische Wanderausstellung „(Nicht) Gekommen um zu bleiben (…)“ mit Stationen u.a. in Forchheim, Braunau / Broumov, Prag, Wien, München, Würzburg, Regensburg, …

bisherigen Lebens verbracht ha- auch um die Vertriebenen kümbe. Heimat kann für mich aber merst…“. Ich habe dann Volksauch jeder andere Ort sein, an kunde und Diplom-Pädagogik dem ich mich wohl und vor al- studiert. Seit meinen Uni-Ablem zu Hause fühle. Herbert schlüssen liegt mein volkskundGrönemeyer hat das in seinem licher Interessenschwerpunkt Lied „Heimat“ gut beschrieben: auf den Themen Aberglaube und „Zweisprachenland, entfernt ver- Brauchtum. Beruflich lag mein wandt/An verschiedene Ufer ge- Fokus zunächst auf der Arbeit spült/Zum gemeinsamen Gelin- mit Jugendlichen als Diplomgen verdammt/Heimat ist kein Pädagogin und später als VolksOrt/Heimat ist ein Gefühl.“ Ich kundlerin im Museumsbereich. glaube, diese Beschreibung gibt Wann hatten Sie das erste Mal auch die Gefühlswelt vieler Ver- Kontakt zur Kultur der Sudetentriebener und ihrer Nachkom- deutschen? men gut wieder. Meinusch: Über ein PraktiWie kam kum im Ihr erster Schwerpunkt war es dazu, Heimatmudie Arbeit mit Jugendlichen dass Sie seum der entschieBraunauden, sich auch beruflich dem The- er in Forchheim kam ich das erma Heimat zu widmen? ste Mal auf beruflicher Ebene mit Meinusch: Als ich mich nach dem materiellen Kulturgut der meinem Abitur entschieden ha- Sudetendeutschen in Kontakt be, Volkskunde zu studieren, er- und lernte die sudetendeutsche innere ich mich noch gut dar- Kultur kennen. Seitdem bin ich in an, wie mein Vater zu mir sagte: Projekten dem Heimatmuseum „Aber nur, wenn du dich dann in Forchheim und dem Heimat-

kreis Braunau/Sudetenland e.V. treu geblieben. Mit viel Freude habe ich die Bestände des Heimatmuseums inventarisiert und eine mittlerweile als Wanderausstellung produzierte Ausstellung mit dem Titel „(Nicht) Gekommen, um zu bleiben. Braunau – Forchheim – Broumov. Vertreibung – Patenschaft – Partnerschaft“ kuratiert. Denn gerade an Ausstellungen hängt mein volkskundliches Herz. Und so sehe ich traurig den Ausstellungs- und Veranstaltungsbereich seit Monaten wegen der Corona-Pande-

mie brach liegen. Wir sollten diese Zeit aber auch als Chance nutzen, Neues entstehen zu lassen. Welche ersten Themen wollen Sie als Heimatpflegerin der Sudetendeutschen angehen? Meinusch: Ich möchte meine Arbeit als Heimatpflegerin der Sudetendeutschen mit einer neuen Wanderausstellung mit dem Thema Heimatbild beginnen. Hier gibt es noch viele Fragen, die unbeantwortet sind. Wie wurde Heimat im Bild dargestellt? Wer hat Heimatbilder gemalt? Mit welchem Material

wurde gearbeitet? Wer hat Heimatbilder gekauft? Wo wurden die Heimatbilder aufgehängt? Wie kamen Sie auf dieses Thema? Meinusch: Allein im Heimatmuseum der Braunauer finden sich hierzu zahlreiche Beispiele. Ein Heimatbild wurde auf bedrucktem Sackleinen gemalt, beliebte Motive finden sich als Serienproduktion gleich mehrfach sogar im selben Rahmen. Bestellen konnte man Braunauer Heimatmotive, beworben im Braunauer Rundbrief, auch gemalt auf Bastmatten. Und in der Nachkriegszeit wurden Bilder auch mal gegen Möbel getauscht. Von diesen besonderen Fundstükken und vor allem den Geschichten wird diese Ausstellung leben. An Ideen für die Zukunft sudetendeutscher Heimatpflege, zur Zusammenarbeit mit den früheren und den heutigen Bewohnern des Sudetenlands und vor allem zur grenzüberschreitenden Arbeit auch mit jüngeren Generationen fehlt es mir nicht. So faszinieren mich die Bereiche Märchen und Sagen, Mundart, Tracht und Brauchtum. Damit die Geschichte der Sudetendeutschen lebendig werden kann und bleibt, bin ich aber auf die Mitarbeit besonders von Zeitzeugen angewiesen. Sie freuen sich also über möglichst viele Unterstützer? Meinusch: Unbedingt. In der Vergangenheit ist schon sehr viel dokumentiert worden, aber ich möchte die neuen technischen Möglichkeiten nutzen, um das Leben und die Erinnerungen gerade der Zeitzeugen zu dokumentieren. Der Lauf des Lebens ist es leider, dass diese Menschen uns in ein paar Jahren nicht mehr erzählen können, wie sie ihre alte Heimat erlebt haben, was damals passiert ist und welche Folgen die Vertreibung für sie persönlich hatte. Mir geht es dabei aber generell nicht nur darum, Heimat zu bewahren und zu zeigen. Ich möchte Heimat insbesondere für die folgenden Generationen lebendig halten. Heimat ist eben nicht nur ein Ort, sondern vor allem ein Gefühl – auch für die kommenden Generationen. Das Interview führte Torsten Fricke(

KONTAKT Heimatpflegerin der Sudetendeutschen Christina Meinusch M. A. Hochstraße 8 81669 München Telefon (0 89) 48 00 03 65 eMail: Meinusch@sudeten.de

Tschechiens Premierminister Babiš bestreitet, inoffizieller Agent des Staatssicherheitsdienstes gewesen zu sein

Alte Geschichte, neuer Vorwurf Hat Premierminister Andrej Babiš einst als informeller Agent für Státní bezpe˜nos t, den Staatssicherheitsdienst der Tschechoslowakei, gearbeitet?

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František Radkovský, emeritierter Bischof von Pilsen.

Bild: Diözese Pilsen

Sudetendeutsche spenden für tschechische Covid-Opfer

Bischof bedankt sich Hilfe für Covidkranke, insbesondere in den schwer betroffenen Regionen Pilsen und Karlsbad: Einem Spendenaufruf von Bernd Posselt, Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft, waren viele Sudetendeutsche gefolgt.

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iese grenzüberschreitende Hilfsaktion stieß auf breite Anerkennung. So zitiert die

Zeitung „Katolický týdení“ den emeritierten Bischof von Pilsen, František Radkovský, mit den Worten: „Für diesen Aufruf habe ich Herrn Posselt und allen, die helfen, gedankt.“ Als Pilsner Bischof hatte sich Radkovský immer für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Verständigung zwischen den beiden Nationen eingesetzt.

eit 2013 beschäftigt diese Frage die Gerichte. Jetzt, sechs Monate vor den Parlamentswahlen in Tschechien, gibt es neue Vorwürfe. Das Nachrichtenportal Seznamzpravy.cz veröffentlichte am Freitag eine mutmaßliche Karteikarte des damaligen Staatssicherheitsdienstes (StB). Dieses Dokument trägt das Datum 11.11.1982 und den Stempel „Agent“. Außerdem werden auf der Karte „Bureš“ als Deckname und „Andrej Babiš“ als Klarname genannt. Seit Jahren bestreitet der Regierungschef jedoch jede Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst – und daran änderten auch die neuen Vorwürfe nichts. „Das Dokument bedeutet überhaupt nichts“, konterte Babiš am Freitag gegenüber Journalisten und erklärte: „Bekanntlich führte die Staatssicher-

beit angeworben hat und daß Babiš freiwillig Agent wurde. Laut des Dokumentes wurde die Zusammenarbeit zwischen dem Staatssicherheitsdienst und Babiš im Juni 1988 wegen seiner Abreise zu einem Arbeitsaufenthalt in Marokko unterbrochen, von wo Babiš erst nach dem Ende des kommunistischen Totalitarismus im Jahr „Neue Beweise für die Zusammenarbeit von Babiš mit 1989 zurückdem StB. Bures‘ Agentenkarte gefunden“, titelte das kehrte. tschechische Online-Magazin Seznam Zprávy Die Behörde Ústav pamäheit Aufzeichnungen über Men- ti národa, die in der Slowakei die schen ohne deren Wissen.“ Geschichte der Staatssicherheit Auf der Karte steht, daß der aufarbeitet, hatte bereits 2013 Staatssicherheitsdienst Babiš erklärt, der gebürtige Slowake im November 1982 zur Mitar- Babiš habe von 1982 bis 1985 un-

ter dem Decknamen „Bureš“ als informeller Agent für die tschechoslowakische Staatssicherheit gearbeitet. Babiš bestritt umgehend jegliche Zusammenarbeit und verklagte die Behörde. Im Juni 2014 gab das Kreisgericht Bratislava I Babiš recht. Und auch die Berufungen 2015 vor dem Bezirksgericht in Bratislava sowie 2017 vor dem Obersten Gericht der Slowakischen Republik gingen zu seinen Gunsten aus. Erst die nächste Berufung brachte die Wende: Im Oktober 2017 hob das slowakische Verfassungsgericht die vorherigen Urteile auf und verwies den Fall zurück an das Bezirksgericht Bratislava. Am 30. Januar 2018 entschieden die Richter in Bratislava dieses Mal, die Klage von Babiš wegen eines Formfehlers zu verwerfen. Der Grund: Nach Ansicht des Gerichts könne Babiš die Behörde UPN gar nicht direkt verklagen. Babiš ficht das nicht an. Am Freitag sagte er zur Presse: „Ich habe nie unterschrieben, ich habe dreimal vor Gericht gewonnen.“ TF


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TERMINE ˜ AKTUELL

Sudetendeutsche Zeitung Folge 14+15 | 16. 4.2021

Delegation gedenkt in Wiesau der Vertreibung

Und wieder ist die Grenze dicht Im Januar 1946 begann mit der Ankunft des ersten Vertriebenentransportes in Furth im Wald die sog. „Geregelte Vertreibung“. Im Rahmen eines Märzgedenken erinnerte der bayerische SL-Landesobmann Steffen Hörtler in Furth im Wald (siehe SdZ Folge11) daran.

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eben Furth im Wald wurde aber auch Wiesau in der Oberpfalz zu einem der zentralen Durchgangslager. Hier betraten hunderttausende Sudetendeutsche nach der Vertreibung zum ersten Male bayerischen Boden und wurden oft nach wenigen Stunden schon in andere Teile Bayerns und ganz Deutschlands weiter transportiert. Vor 5 Jahren erinnerte die Landesgruppe Bayern mit einer großen Gedenkveranstaltung zusammen mit der damaligen Schirmherrschaftsministerin Emilia Müller daran. Zum jetzt 75-jährigen Jubiläum dieses für die Volksgruppe einschneidenden Ereignisses konnte wegen der Corona-Pandemie keine große Veranstaltung durchgeführt werden. Deshalb nahm Landesobmann Stef-

fen Hörtler den Gedenkmonat März zum Anlass mit einer sehr kleinen Delegation seines Vorstandes am Vertriebenendenkmal am Wiesauer Bahnhof mit einer Kranzniederlegung daran zu erinnern. Der Wiesauer Bürgermeister und Egerländer Landsmann Toni Dutz, der schon 2016 mit großem Elan bei der Gestaltung der Feierlichkeiten die Landesgruppe tatkräftig unterstützt hatte, empfing die Delegation zusammen mit dem örtlichen SL-Kreisobmann Horst Adler und seinem örtlichen Heimatpfleger Adalbert Busl, die sich alle drei sehr engagiert der Erinnerung an diese historischen Ereignisse verschrieben haben. Bürgermeister Dutz und Landesobmann Hörtler erinnerten in ihren Ansprachen am Gedenkstein am Bahnhof an die Ereignisse von damals, an die nachhaltige Integration und die großartige Wiederaufbauleistung der Sudetendeutschen. Landesobmann Steffen Hörtler ging in seiner Ansprache detailliert auf die geschichtlichen Ereignisse ein und betonte, dass die Vertreibung ein bewusst ge-

Ab Januar 1946 kamen die Vertriebenen per Eisenbahn in Furth im Wald an (kleines Foto). In Wiesau gedachte eine Delegation der Landesgruppe Bayern an die Vertreibung vor 75 Jahren. Mit dabei (v.l.): Horst Adler (SL-Kreisobmann Tirschenreuth), Dieter Heller (Stv. Landesfinanzreferent), Adalbert Busl (Heimatpfleger Wiesau), Hannelore Heller (Landesfinanzreferentin), Ste˛ en Hörtler (Landesobmann), Toni Dutz (Bürgermeister der Marktgemeinde Wiesau), Bernhard Moder (SL-Bezirksvorstand Niederbayern-Oberpfalz), (Margaretha Michel, SL-Bezirksobfrau Oberfranken), Andreas Schmalcz (Leiter der SL-Landesgeschäftsstelle). Foto: Werner Robl/Sudetendeutsches Archiv plantes Nachkriegsverbrechen war und keine spontane Racheaktion während des Krieges. Sehr wichtig ist beiden, Hörtler und Dutz, die nachhaltige Entwicklung und Aussöhnung im sudetendeutsch-bayerischtschechischen Prozess. Beide zeigten sich deshalb verärgert, dass durch nationalistisches Denken auf beiden Seiten in Folge der Corona-Maßnahmen erneut Grenzen geschlossen und alte Ressentiments wieder aufle-

ben. Die Geschichte habe eigentlich gelehrt, dass Krisen nur gemeinsam angegangen und im Interesse der Menschen nachhaltig gelöst werden können. Das Motto auch in dieser Gesundheitskrise sollte nicht Grenzschließung, sondern grenzüberschreitende Zusammenarbeit heißen. Bürgermeister Toni Dutz dankte der SL-Landesdelegation für ihr Kommen und die Erinnerungszeremonie, die trotz aller Beschränkungen würdevoll

verlief. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass Landsmann Toni Dutz, der auch im Kreistag und im Bezirkstag der Oberpfalz sitzt, heuer erstmals für die Sudetendeutsche Bundesversammlung kandidiert. Persönlichkeiten wie ihn brauche unsere Volksgrup-

pe, war man sich in der Delegation einig Beendet wurde das Treffen am Nachmittag mit der Zuversicht, daß bald auch wieder größere Veranstaltungen in Wiesau und anderswo stattfinden können. Andreas Schmalcz

VERANSTALTUNGSKALENDER Freitag, 16. bis Samstag, 17. April, Sudetendeutscher Heimatrat: Tagung in Bad Kissingen, Heiligenhof. Samstag, 8. Mai, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe AugsburgLand: „Wir feiern die Mütter … und die Väter“ mit Festrede von Schirmherrschaftsministerin Carolina Trautner, Filmvortrag „Sudetenland, mein Heimatland!“ von Kreisobmann Kurt Aue sowie Musik von Wolfgang Friedrich (Bobingen) in Wehringen, Fischerheim, In der Aue 5. Anmeldung: Telefon (08 21) 8 85 37 56, eMail sudetenaue@koenigsau. de Samstag, 8. Mai, 15.00 Uhr, SL-Ortsgruppe Roth: Muttertagsfeier im Gasthaus Lohgarten, Hilpoltsteiner Straße 28. Samstag, 8. Mai, 17.00 Uhr, SL-Ortsgruppe Roth: Maiandacht am Vogelbeerbaum im Stadtpark, Otto-Schrimpff-Straße 17. Sonntag, 16. Mai, Ackermann-Gemeinde Bistum Bamberg: 15.00 Uhr Nepomukfeier mit Vorträgen von Erzbischof Dr. Ludwig Schick, Professor Dr. Tomáš PetrᲠek und Generalkonsulin Kristina Larischová in

terschwimmen auf der Oberen Brücke. Freitag, 21. bis Sonntag, 23. Mai, SL-Bundesverband: Sudetendeutscher Tag 2021 in Hof. Einzelheiten folgen. Sonntag, 23. Mai, 5.00 Uhr, SL-Kreisgruppe AugsburgLand: Mit dem Bayernticket zum Sudetendeutschen Tag nach Hof. Auskunft und Anmeldung: Kreisobmann Kurt Aue, Telefon (08 21) 8 85 37 56, eMail sudetenaue@koenigsau.de Samstag, 29. Mai, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe RothSchwabach: Kreishauptversammlung in Roth, Restaurant-Café Waldblick, Ostring 28. Montag, 31. Mai, 19.00 Uhr, Adalbert-Stifter-Verein, Volkshochschule Linz und Institut für Geschichte und Zeitgeschichte der Universität Linz: „Zum transkulturellen Charakter böhmischer Literatur“ – Vortrag von Dr. Peter Becher, Vorsitzender des Adalbert-StifterVereins, in Linz/Oberösterreich, Wissensturm (Saal E 09), Kärntner Straße 26. Samstag, 19. Juni, 9.00 Uhr, Ackermann-Gemeinde Bistum Bamberg: „Verfolgte Chri-

HEILIGENHOF-TERMINE Samstag, 17. April, 16.00 Uhr: „Schön deutsch - eine Entdeckungsreise“ – Autorenlesung und Gespräch mit Prof. Dirk Kaesler und Stefanie Wietersheim auf Zoom. Wie riecht Deutschland? Nach dem großmutterhaften Kölner Duftwasser 4711 aus dem heute so trendig türkisenen Flakon? Nach neu-altem Filterkaffee? Oder gar dem deutschen Wald und Badedas? Ist die Musik von Johann Sebastian Bach deutscher als die von Helene Fischer? Sylt oder Hiddensee? Die beiden Autoren schreiben jeweils aus ihrer Perspektive - Mann und Frau, zwei Generationen - über ihre ganz persönlichen Fundstücke, die für sie das Leben in Deutschland manchmal eben doch typisch deutsch und schön machen. Donnerstag, 22. April, 18.00 Uhr: „Spuren der Ahnen in Böhmen“ – Lesung und Gespräch mit Prof. Dr. Prof. Dr. h.c. Dieter Fritsch auf Zoom. Die Teilnahme ist kostenfrei. Die Veranstaltungen werden nicht aufgezeichnet. Melden Sie sich bis jeweils Freitag, 15.00 Uhr per eMail bei hoertler@ heiligenhof.de an. Am Vorabend erhalten Sie eine Einladungsmail von der eMail-Adresse webinar@heiligenhof.de mit den Zugangsdaten zur Veranstaltung. Wenn Sie keine eMail von uns erhalten, schauen Sie bitte im Spam-/JunkOrdner nach. Diese Adresse dient nur dem Versenden der Begrüßungsmail. Bitte antworten Sie nicht darauf. Für die Teilnahme an diesen Online-Veranstaltungen sind ein Endgerät (PC, Notebook, Tablet oder Smartphone) mit funktionsfähiger Kamera und Mikrofon (oder ein Headset) sowie eine stabile Internetverbindung erforderlich. Ohne Webcam und Mikrofon können Sie trotzdem teilnehmen; die anderen Teilnehmer können Sie aber nicht sehen, und Sie können keine Wortbeiträge abgeben. Alle können aber die Chatfunktion nutzen. Wir sind bereits 15 Minuten vor der jeweiligen Veranstaltung online und geben Ihnen somit die Möglichkeit zum Testen, ob das Einwählen über den Einladungslink einwandfrei möglich ist. Beim Auftreten technischer Probleme sind wir 15 Minuten vor Beginn unter Telefon (01 70) 7 05 33 60 zu erreichen. Bitte haben Sie Verständnis, sollte es zu Wartezeiten kommen.

Für eine gute Zukunft: Bitte unterstützen Sie die Arbeit der Sudetendeutschen Landsmannschaft, zu der auch das Sudetendeutsche Büro in Prag gehört, mit einer Spende: LIGA-Bank – IBAN: DE20 7509 0300 0102 1114 70 BIC: GENODEF1M05 Bamberg, Diözesanhaus Sankt Otto, Heinrichsdamm 32. 19.00 Uhr Festgottesdienst in Sankt Martin, Grüner Markt 19; anschließend Andacht mit Lich-

sten in der Welt –Herausforderung für uns?“ – Studientag mit Bischof Bertram Meier (Augsburg), „Zeit“-Redakteur Ulrich Ladurner und weiteren Referen-

HEIMATTREFFEN ˜ HEIMATREISEN Sonntag, 25. Juli bis Sonntag, 1. August, SL-Kreisgruppe Kassel: Ab Kassel und Schwalmstadt Busfahrt in das Altvatergebirge (Foto: Czech Tourismn). Auskunft und Anmeldung: Kreisobmann Dietmar Pfütz, Telefon (05 61) 51 43 59, eMail dietmar@pfuetz.de

„Schön deutsch - eine Entdeckungsreise“ – Stefanie Wietersheim und Prof. Dirk Kaesler sprechen über typisch Deutsches. ten in Nürnberg, Caritas-Pirckheimer-Haus, Königstraße 64. Auskunft und Anmeldung: Akademie CPH, Königstraße 64, 90402 Nürnberg, Telefon (09 11) 2 34 61 45, eMail akademie@cphnuernberg.de Samstag, 19. Juni, 10.30 Uhr, SL-Landesgruppe Bayern: Landesfrauentagung 2021 in Regensburg, Kolpinghaus, AdolphKolping-Straße 1. Einzelheiten folgen. Samstag, 19. Juni, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Roth: Jahreshauptversammlung mit Neuwahlen im Restaurant-Café Waldblick, Ostring 28. Sonntag, 4. Juli, 13.30 Uhr,

SL-Ortsgruppe Roth: Platzkonzert mit böhmischer Blasmusik am Vogelbeerbaum im Stadtpark, Otto-Schrimpff-Straße 7; anschließend Festzug und 70-Jahr-Feier am Gasthaus Lohgarten, Hilpoltsteiner Straße 28. Samstag, 18. September, 9.00 Uhr, SL-Kreisgruppe RothSchwabach: Ab Thalmässing, Hilpoltstein, Roth-Eckersmühlen, Roth und Schwabach-Vogelherd Denkmalfahrt zu sieben Vertriebenendenkmalen im Kreis Roth und in Schwabach. Auskunft und Anmeldung: Dieter Heller, Telefon (0 91 71) 6 00 85, eMail heller_dieter@ t-online.de

Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

HDOnline direkt: 27. April 2021, 19 Uhr. Cine Bridges / „In meinen Adern fließt kasachischer Tee“, Referent: Jurij Diez, Online-Veranstalung auf dem YouTube-Kanal Haus des Ostens (https://www.youtube.com/channel/UCfcSbJn5v6OFqZF0UHNngQA/featured)

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AKTUELL

Sudetendeutsche Zeitung Folge 14+15 | 16. 4. 2021

Professor Willi Sitte besucht 2002 seine Geburtsstadt Kratzau. Foto: MÚ Chrastava

5 Mut tut gut

Vom Leben umfangen

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Das Gemälde „Meine Eltern von der LPG“ von 1961 ist da erste Elternbildnis, dem 1963, 1967 und 1974 drei weitere folgen.

Zum 100. Geburtstag des in Kratzau geborenen Malers Willi Sitte

Versuch einer Annäherung Sie nichts mehr lernen.“ Sitte experimentierte damals bereits mit Darstellungsformen von Pablo Picasso oder Fernand Léger, was ihn in Konflikte mit der Kunstauffassung seiner Partei brachte. Ein anderes Zeugnis seines Talents ist die Aussage, dass er nur dank seiner Vorstellungskraft ein Pferd von unten zeichnen könne. Ihm waren die Proportionen und Stellungen der Gliedmaßen immer klar vor Augen – is zum Ende der „DDR“ auch aus Perspektiven, die bekleidete Sitte mehr als man nicht wirklich einnehzwei Jahrzehnte lang höchmen kann. ste Funktionen im Verband Ein propagandistisches Bildender Künstler sowie in Auftragswerk war das KolosPartei und Staat. Nach dem salgemälde „Kampf und Sieg Mauerfall gestaltete sich der Arbeiterklasse“ mit einer eine Annäherung an sein an Rubens geschulten nackkünstlerisches Werk im verten Arbeiterfamilie. „Lieber einigten Deutschland höchst vom Leben gezeichnet, als schwierig. Am deutlichsten von Sitte gemalt“, reagierte wurde dies in der Kontroder Volksmund. verse um eine Ausstellung Als Präsident des Verbanim Germanischen Museum des Bildender Künstler verNürnberg zu seinem 80. Geschaffte Sitte sicher vielen burtstag, die schließlich abKünstlern Freiräume. Was gesagt wurde. Verletzt hatte jedoch nicht in den eigenen sich Sitte nach einer aufgeweiten Horizont hineinpasputschten öffentlichen Deste wie die Aktionskunst eibatte zurückgezogen. nes Josef Beuys, konnte in Gegenwärtig plant die der „DDR“ kaum existieMoritzburg in Halle an der ren. So war es dem Dresdner Saale die Gedenk-AusstelKünstler Ralf Winkler alilung „Sittes Welt“, die im as A. R. Penck bis zu seiner Oktober eröffnet werden Ausweisung 1980 nicht mögsoll. Sie wird wohl versulich, Mitglied des Verbandes chen, dem Künstler und seiBildender Künstler zu wernem Ausnahmetalent geden. 1988 wurde Winkler recht zu werden, aber auch Professor für Malerei an der biographische UngenauigKunstakademie Düsseldorf. keiten zu berichtigen wie In Halle, wo Willi Sitte seine sudetendeutsche Herseit Ende der 1940er Jahre kunft. bis zu seinem Tod lebte, wird Schriftsteller Erik Neutsch man in einigen Monaten in hatte 1972 Willi Sitte über der Moritzburg einen neuseine Herkunft befragt. Und Immer wieder hat Willi Sitte seine Eltern porträtiert. Dieses Werk entstand 1974. Im Hintergrund erkennt man den en Blick auf sein Werk werSitte hatte klar geantwortet. KP˜-A usweis. fen können. Was jedoch fehDemnach war sein Großvater len wird, ist ein an Picassos Landwirt und der erste sozialdemokra- Eichsfeld, dann folgte die ganze Familie Werner Peiner an die Meisterschule für „Guernica“ orientiertes Gemälde über tische Bürgermeister von Unterkratzau. mit dem letzten Transport aus dem Be- monumentale Malerei „Hermann Gö- die Vernichtung des Bergarbeiterdorfes Sein Vater – ein gelernter Zimmerer, zirk Kratzau, den Willi Sitte leitete. Sein ring“ in Kronenburg in der Eifel. Dort Lidice. Bei einem Prag-Besuch 1956 gab der nach dem Ersten Weltkrieg Gemüse Vater übernahm als LPG-Vorsitzender fand er – aus einem kommunistischem er sich selbst den Auftrag, ein solches anbaute – wuchs in diesem politischen einen verlassenen Gutsbesitz bei Ober- Haushalt kommend – wohl nur schwer Gemälde zu schaffen. Milieu auf und wurde 1921 Mitbegrün- orschel in Thüringen. Zugang zu den Aufträgen für allerlei 1957 besuchte er nochmals Lidice und der der KommuEine mitge- Propaganda-Malerei. begegnete überlebenden Frauen, die „Bei mir können Sie nistischen Partei nommene HobelIn einem Streit kam er 1941 deshalb ihm von der Vergeltungsaktion für die nichts mehr lernen.“ im Bezirk Kratzau. bank und ande- zur Wehrmacht. Er kämpfte an der Ost- Ermordung Reinhard Heydrichs erzählSeine Mutter, eires Werkzeug aus front, wurde nach Italien versetzt und lief ten. Was er schuf, ein dreitafeliges Gene Tschechin, arbeitete als Dienstmäd- der Heimat halfen scheinbar sehr beim wohl 1944 zu Partisanen in Montecchio mälde, war 1959 fertig und sollte 1962 chen bei einem Industriellen und war Neuanfang. Von diesen Vorgängen be- Maggiore über. Nach dem Krieg leb- zum 20. Jahrestag der Vernichtung von ebenfalls in der KP°. Die Zeit nach dem kommt man eine Ahnung, wenn man te er bis 1946 in Mailand als freischaf- Lidice einen Platz im dort geplanten Münchener Abkommen von 1938 war das erste und das letzte Porträt seiner fender Maler und Gaststudent der Bre- Museum finden. für diese politisch engagierte Familie si- Eltern ansieht. Das erste entstand 1961 ra-Akademie, arbeitete auch in Vicenza Als Willi Sitte in den 1980er Jahren in cher nicht einfach, aber eine Verfolgung als realistisches Abbild – ein Ehepaar und Venedig und hatte in Mailand eine Lidice weilte, suchte er vergeblich nach oder Verhaftung des Vaters ist nicht am Wohn- und Küchentisch. Dann folg- erste Ausstellung. 1946 kehrte er nach seinem Gemälde. Es war nie dort angeüberliefert. ten zwei weitere, wovon eines auch auf Kratzau zurück und kommen, und „Lieber vom Leben gezeichnet, auch späteNach dem Zweiten Weltkrieg hät- einer „DDR“-Briefmarke landete. 1974 ging mit der Familie in te eine Familie mit dieser Biographie in entstand schließlich das als Collage an- die SBZ. re Recherchen als von Sitte gemalt.“ der Tschechoslowakei verbleiben kön- gelegte Bild, auf dem die Eltern Greise Dass Willi Sitte ein blieben erfolgnen, aber die Schukow-Aktion sei, so Sit- sind mit dem KP°-Ausw eis im Hinter- Naturtalent vor allem im Zeichnen war, los. Sieht man von den Elternporträts ab, te, der Auslöser für die Übersiedlung in grund. bezeugen zwei Aussagen. Als er 1947 scheiterte Sitte im Künstlerischen mit die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Sitte nannte sich einen Autodidak- auf der Suche nach akademischen Leh- der Verbindung zu seiner Herkunft. Was gewesen. Diese Aktion ermöglichte su- ten. Dem widerspricht sein Werdegang rern nach Dresden zu Hans Grundig pil- Gisela Schirmer, Herausgeberin der Audetendeutschen Antifaschisten die Aus- im Nordböhmischen. 1927 bis 1935 be- gerte, der an der dortigen Hochschule tobiografie „Willi Sitte – Farben und reise aus der °SSR ohne Vertreibungs- suchte er die Volks- und Bürgerschu- für Bildende Kunst Professor und Rek- Folgen“ von 2003 jedoch über seine Heiverluste wahlweise in die Amerikanische le in Kratzau. 1936 bis 1940 lernte er an tor war, beschied Grundig das Ansin- matliebe weiß, war seine Liebe zur böhoder die Sowjetische Besatzungszone. der Kunstschule des Gewerbemuseums nen, bei ihm Meisterschüler zu werden, mischen Küche, vor allem zum böhmiErst ging ein Bruder ins Thüringische in Reichenberg. In dieser Zeit kam er zu mit einem klaren Nein: „Bei mir können schen Apfelkuchen. Ulrich Miksch

Willi Sitte, der große Künstler aus dem nordböhmischen Kratzau, wäre am 28. Februar 100 Jahre alt geworden. Im Jubiläumsjahr soll ab Herbst eine Ausstellung an Sittes langjährigem Wohnort Halle an der Saale Werk und Leben des Malers würdigen. Es ist der Versuch einer späten Annäherung an den 2013 im Alter von 92 Jahren verstorbenen Sudetendeutschen.

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edia vita morte sumus. Mit diesem Vers beginnt ein lateinischer Hymnus, der wahrscheinlich um das Jahr 750 von einem Mönch im heutigen Frankreich gedichtet wurde. Der Reformator Martin Luther hat den Vers in die deutsche Sprache übertragen. Seine Formulierung lautet: „Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen.“ Mir sind diese Worte in der Karwoche eingefallen, als ich mit meiner Gemeinde das Leiden und Sterben Jesu Christi gefeiert habe. Mehr als sonst sind wir seit einem Jahr mit dem Tod konfrontiert. Die Pandemie hat auf der ganzen Welt schon Millionen von Menschen das Leben gekostet. In Deutschland nähern wir uns der Zahl von 80 000 Covid-19-Toten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den 18. April zu einem nationalen Gedenktag ausgerufen, an dem die Erinnerung an die Corona-Opfer im Mittelpunkt stehen soll. Mein persönlicher Blick richtet sich in dieser Zeit auch immer wieder in die Tschechische Republik, wo die Pandemie bisher noch mehr Menschenleben forderte. Es werden dort bald schon 30 000 Verstorbene sein. Sehr berührt war ich von der Initiative der tschechischen Organisation „Eine Million Augenblicke für die Demokratie“, welche Tausende weißer Kreuze auf den Boden des Altstädter Rings in Prag sprühte. Viele Menschen kommen seither auf den großen historischen Platz, um Kerzen zu entzünden und Blumen niederzulegen. Der Vers „Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen“ und die Bilder aus Prag erinnern mich an das Kurzgedicht „Schlussstück“ des Pragerdeutschen Schriftstellers Rainer Maria Rilke. Dort heißt es in Anlehnung an die Formulierung des frühmittelalterlichen Mönchs beziehungsweise Martin Luthers: „Der Tod ist groß. / Wir sind die Seinen / lachenden Munds. / Wenn wir uns mitten im Leben meinen, / wagt er zu weinen / mitten in uns.“ Doch wir haben Ostern gefeiert. Noch selten sind mir die Botschaft und der Wert des Osterfests so unter die Haut gegangen wie in diesem Jahr. Als ich beim großen Osterfeuer stand, das vor unserer Schönenberger Wallfahrtskirche brannte, verließ ich für einen Augenblick den vorgesehenen liturgischen Text und rief in das Mikrofon: „In den Dunkelheiten dieser Welt feiern wir ein Fest des Lebens!“ Martin Luther selbst hatte in der Betrachtung über seinen Liedvers angeblich einmal dazu eingeladen, den darin ausgedrückten Gedanken umzukehren. Also nicht: „Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen.“ Sondern: „Mitten wir im Tode sind mit dem Leben umfangen.“ Oder um den ursprünglichen lateinischen Vers anders herum zu lesen: „Media morte in vita sumus“. Die Auferstehung Jesu Christi stellt unsere manchmal ach so traurigen menschlichen Erfahrungen auf den Kopf. Das zu bedenken und zu feiern, haben wir als Christen grundsätzlich immer Gelegenheit. In den Wochen der Osterzeit bis auf Pfingsten hin wollen wir es aber in besonderer Weise tun. Dr. Martin Leitgöb CSsR Seelsorger der katholischen Pfarrei Ellwangen-Schönenberg


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FORUM

Sudetendeutsche Zeitung Folge 14+15 | 16. 4. 2021

PERSONALIEN �  Ein ewig Junggebliebener aus dem Schönhengstgau

Bruno Klemsche 80 Ashley Cole und Philipp Lahm im Champions-League-Finale 2012.

� Philipp Lahm wird Kolumnist

Ansichten eines Fußballers Philipp Lahm, Kapitän der Weltmeistermannschaft von 2014 mit Wurzeln im Egerland, schreibt ab sofort eine monatlich erscheinende Kolumne für „Zeit online“.

S

eine Kolumne trägt den Titel „Ansichten eines Fußballers“. Mehr als zehn internationale Medien werden sie übernehmen. Darunter sind die slowenische

Tageszeitung „Delo“, die britische Tageszeitung „The Guardian“, die dänische Tageszeitung „Politiken“ und die italienische Tageszeitung „La Repubblica“ Philipp Lahms Großvater Rudolf Lahm kam 1927 in dem hübschen Ort Schönbrunn im Kreis Tachau zur Welt. Auch er wurde 1946 vertrieben, wurde später in München sesshaft und starb vor einigen Jahren.

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Am 13. April feierte der Schönhengster Bruno Klemsche, engagiertes Mitglied im Vorstand der SL-Landesgruppe BadenWürttemberg, im württembergischen Rutesheim 80. Geburtstag. Landesobmann Klaus Hoffmann und Sprecher Bernd Posselt gratulieren.

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un wird er also 80, mein langjähriger Weggefährte Bruno Klemsche. Weggefährte ist das passende Wort. Denn er hat mich und viele andere in der Landsmannschaft in den letzten Jahrzehnten auf ihren Wegen begleitet und dabei manche Höhen und Tiefen miterlebt und durchgestanden. Zur Welt kam er in Zwittau und hat die Vertreibung als Kind am eigenen Leib erfahren. Aus seinem Leben und den vielen Erfahrungen hat er immer wieder berichtet, wenn wir zusammensaßen. Der Kampf ums eigene Leben, aber auch der Kampf für andere in den Zeiten des Kalten Krieges, waren Gesprächsthema. Eines zog sich dabei immer wie ein roter Faden durch – sich für andere einsetzen und helfen. In der Sudetendeutschen Bundesversammlung saßen wir einige Jahre nebeneinander, dann hintereinander, je nachdem wie sich die Wahlergebnisse gestaltet hatten. Gemeinsam wirkten wir im Finanzausschuss und nahmen als Rechnungsprüfer die Zahlen der Landsmannschaft unter die Lupe. Das waren spannende Zeiten, und manches Mal war das auch anstrengend, aber es war für den guten Zweck. Und Am 6. April feierte der Gablonzer Helmut Seidel, seit 35 Jahren SL-Kreisobmann und BdVKreisvorsitzender, in Erbach im Odenwald 80. Geburtstag.

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so haben wir uns da durchgearbeitet. Viele Jahre lang war Bruno Klemsche Stellvertretender Vorsitzender des Heimatkreisvereins Reichenberg. 2009 wurde er in Althörnitz zum Stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. In dieser Funktion übernahm er später auch die Geschäftsstelle. Eine Episode möchte ich hier erwähnen, denn sie passt so zu ihm. Als es nach sintflutartigen Regenfällen in Reichenberg zu ungeahnten Überschwemmungen kam, machte er sich mit mir spontan auf den Weg. Und so waren wir als erste bei unseren deutschen Landsleuten und brachten eine kleine finanzielle Hilfe, die wir über eine Spendenaktion organisiert hatten. Beim Heimatkreis blieb er bis 2016. Danach wollte er sich mit anderen Dingen beschäftigen. Und es gab mannigfaltige Aufgaben. Ein Herzensanliegen ist ihm bis heute der Heimatkreis PlanWeseritz. Hier sind es besonders die Sankt-Anna-Kirche in Mähring und das Archiv, die ihn und seine Frau Regine beschäftigen. Viele, viele Stunden haben die beiden dort schon verbracht, und sie werden vermutlich noch viele weitere Stunden dort verbringen mit Sortieren, Notieren und Digitalisieren. So wie Bruno eben ist – immer helfend. Dass zwischen diesen Etappen noch andere lagen und liegen sei nur am Rande erwähnt. Für seinen eigenen Heimatkreis und für seine Landschaft war er näm-

lich genauso aktiv, wie er für die Landesgruppe Baden-Württemberg eintrat und noch immer eintritt. Sei es als Organisator der Sonnenmatte, als Chef der jungen und mittleren Generation, als Organisationsleiter oder mit dem Stand beim Sudetendeutschen Tag. Dafür zeichneten ihn die landsmannschaftlichen Organisationen mit Ehrennadeln und Urkunden aus. Aus dem Schönhengstgau stammend, für die gesamte Volksgruppe aktiv, so könnte man es kurz fassen. „Chapeau“, sage ich da. Und ja, das ging alles neben und mit Beruf und Familie und mit Segelboot und und und. Doch selbst mit 80 ist von Ruhestand keine Spur. Auch wenn er sein Geschäft mittlerweile an den berühmten Nagel gehängt hat. Dafür hat er sich ein neues Hobby gesucht. Neben den landsmannschaftlichen Tätigkeiten hat er sich in den vergangenen Jahren dem Holzschnitzen zugewandt. Und zur Bundesversammlung kandidiert er auch wieder. Man(n) hat ja sonst nichts zu tun. Vieles könnte man noch aufzählen. Doch das dann ein anderes Mal. Zum Geburtstag, den Bruno Klemsche im Kreis seiner Lieben verbrachte, wünsche ich im Namen der Sudetendeutschen Landsmannschaft nachträglich alles, alles Gute. Klaus Hoffmann

� Begnadeter Pädagoge aus Gablonz

Helmut Seidel 80

ür Sprecher Bernd Posselt als Gablonzer ist Helmut Seide­l ein engerer Landsmann und außerdem wie Vater Posselt der Prototyp eines sudetendeutschen Lehrers: „Als begnadeter Pädagoge hat es Helmut verstanden, in vielen Schülergenerationen Interesse für die Kultur und Geschichte der Böhmischen Länder zu wecken. Schon frühzeitig knüpfte er Kontakte nach Nordböhmen und ins Isergebirge, um Jugendliche aus Deutschland mit solchen in der Tschechischen Republik in Verbindung zu bringen. Eine seiner ehemaligen Schülerinnen, die sich Anfang der neunziger Jahre in der Paneu-

ropa-Jugend Hessen engagierte, entstammte der Familie Redern, die eine Zeit lang in Schloss Friedland residierte. Sie erzählte mir oftmals mit großer Begeisterung, dass sie es nur diesem Lehrer verdanke, dass sie ihre familiären Wurzeln habe entdecken und außerdem den Aufbruch der neuen Generation nach dem Sturz des Kommunismus habe miterleben dürfen. Helmut Seidl trug viel Bleibendes zur kulturellen Seele unserer Volksgruppe wie auch zum historischen Gedächtnis bei. Dafür danke ich ihm und wünsche ihm zum Geburtstag viel Kraft, Gesundheit und Gottes Segen.“

Heute feiert Edwin Bude, Kameramann, Filmemacher und Autor mit Wurzeln im Kreis Freiwaldau im Altvatergebiet, in Rosenheim seinen 65. Geburtstag.

� Filmemacher mit Wurzeln im Altvater

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ur Welt kam der Sohn von Edwin Bude aus Friedeberg und Herlinde Bude/Neugebauer aus Nieder Lindewiese 1956 im oberbayerischen Rosenheim. Er machte eine Ausbildung zum Kameramann, war Programmierer, gründete die Firma Alpha DL-BIT, einen Dienstleister für Bildinformation und Transport, machte eine Ausbildung zum Fußball-B-Lizenz-Trainer, kandidierte auf der Liste bei den Freien Wählern vergeblich für den Münchener Stadtrat, schreibt Zeitungsartikel und dreht Filme. Seit 2012 betreibt und pflegt er den YouTube-Kanal SudetenTV. Dort veröffentlicht er seine Dokumentarfilme, Porträts und Berichte über sudetendeut-

Bereits 1955 wurde Helmut Seidel Mitglied der Adalbert-Stifter-Trachtengruppe in Darmstadt, welche insbesondere Volkstanz und Volksliedgut der Heimatvertriebenen pfleg e. 1965 trat er in die SL und in den BdV in Hessen ein. 1967 bis 1973 war er Mitglied des SL-Kreisvorstandes Offenbach und ist seit 1984 SL-Kreisobmann und BdVKreisvorsitzender im Odenwald. Außerdem gehört er dem SL-Landesvorstand Hessen als Schriftführer an und war 2004 bis 2011 Landeskulturreferent. Zwischen 1975 bis 2015 organisierte er Heimatwanderwochen und zahlreiche Begegnungsfahrten ins Sudetenland, in die Slowakei, nach Schlesien, nach Ost- und Westpreußen sowie nach Ungarn. Als Lehrer

Edwin Bude 65 sche Veranstaltungen, Institutionen, Menschen und Landschaften. Zu seinen Interviewpartnern zählten Max Mannheimer, Träger des Europäischen Karlspreises der SL 2012, der ehemalige tschechische Kulturminister Daniel Herman, der Schlagerproduzent Robert Jung aus Nieder Lindewiese und Volksgruppensprecher Bernd Posselt. Posselt dankt dem Geburtstagskind für seine wichtigen Beiträge zur sudetendeutschen Öffentlichkeitsarbeit: „Als ich mich zum ersten Mal am Rand einer kirchlichen Europaveranstaltung mit Edwin Bude unterhielt, machte er mir sofort klar, dass er zu den Nachgeborenen gehört, die mit viel Sensibilität ihre Wur-

zeln suchen und gleichzeitig einen sehr offenen Blick für die Zukunft haben. Ausdruck dessen sind seine historischen Filme, zum Beispiel über die Habsburger in Böhmen, seine Porträts von sudetendeutschen Kulturlandschaften und Persönlichkeiten, das von ihm aufgebaute Sudeten-TV, mit dem er immer wieder Aufsehen weit über den Kreis unserer Volksgruppe hinaus erregt, sowie die für ihn charakteristische Mischung zwischen Heimatliebe und europäischem Horizont. Gerne denke ich an seinen Besuch im Straßburger Europapar-

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er Jubilar ist seit Jahrzehnten ein landsmannschaftlicher Weggefährte von Volksgruppensprecher Bernd Posselt, der ihm von Herzen gratuliert. „Was mir an Bruno Klemsche von Anfang an auffiel und besonders zusagte, war und ist bis heute sein Humor, der zuweilen in feine Ironie oder geistvollen Sarkasmus übergehen kann. Gleichzeitig ist er eine Seele von einem Menschen und besonders geeignet, Gemeinschaft zu stiften. Wer ihn als führenden Kopf der jungen und mittleren Generation auf der Sonnenmatte oder bei den Schönhengstern erlebte, wer heute seine klugen Beiträge in der Bundesversammlung oder seinen organisatorischen Einsatz bei der praktischen Landsmannschaftsarbeit kennt, weiß, wie wertvoll dieser Streiter für die Sache unserer Volksgruppe für uns alle ist. Ähnliches galt stets für seine Schwester und seinen Schwager und vor allem für seine tüchtige Frau Regine mit Wurzeln im Kreis Reichenberg und im Egerland. Sudetendeutsches Engagement ist für Bruno auch immer Teil seines Familienlebens, was ihn als typischen Schönhengster ausweist, denn Menschen aus dieser Heimatlandschaft kann man sich kaum als Einzelwesen vorstellen. Ich danke Bruno Klemsche, dem ewig Junggebliebenen, herzlich für seinen Jahrzehnte langen unermüdlichen und herausragenden Einsatz und wünsche ihm und uns, dass uns dieser noch lange so kraftvoll erhalten bleiben möge.“ am Gymnasium in Michelstadt war er Mitinitiator der Schulpartnerschaft mit dem Gymnasium in Gablonz und organisierte die jährlichen SchüleraustauschFahrten. Neben seinem hohen ehrenamtlichen Engagement für unsere Volksgruppe übernahm er auch ehrenamtlich Verantwortung im kirchlichen Bereich als langjähriger Pfarrgemeinderatsvorsitzender in Erbach und Mitglied im Diözesanrat des Bistums Mainz, im schulischen Bereich als Mitglied im Hessischen Philologenverband und als Personalratsvorsitzender. Im kommunalpolitischen Bereich war er Kreistagsabgeordneter und Mitglied des Erbacher Stadrats. Wir gratulieren unserem Landsmann herzlichst zu seinem 80. Geburtstag, verbunden mit einem herzlichen Vergelt‘s Gott für sein verdienstvolles Wirken für unsere sudetendeutsche Heimatgemeinschaft. Günther Wytopil lament sowie die wunderschönen Nachmittage und Abende, die er musikalisch und kulturell gestaltet hat, bis hin zu seinem Auftritt als Kaiser Franz Joseph bei einem seiner Feste im AdalbertStifter-Saal. Musikalisch unterstützt ihn der bekannten Sänger Cornelius von der Heyden, lange Zeit einer der ‚Bergkameraden‘, dessen Vorfahren die Wiese im Isergebirge gehört hatte, auf der das Gnadenbild der Muttergottes von Haindorf aufgefunden worden war. Edwin Bude hat in breiten Kreisen, die noch keinen Kontakt zu unserer Landsmannschaft hatten, Interesse geweckt und Wissen verbreitet. Dafür danke ich ihm und wünsche ihm zu seinem Geburtstag Gottes Segen, viel Glück und weiterhin einen groNadira Hurnaus ßen Erfolg.“


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KULTUR

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Der Musiker Mulo Francel bietet mit seiner Band „Quadro Nuevo“ und anderen Partnern im Netz fortwährend schöne Konzerte an, um auch in Corona-Zeiten Musikfreunde zu erfreuen. So präsentierte der Saxophonist mit den Bandmitgliedern Dietmar Lowka, Andreas Hinterseher und Chris Gall in der Osternacht einen Gottesdienst mit Pfarrer Stephan Opitz.

� Ostergottesdienst im Netz

Musik zur Auferstehung

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ir sind hier in der Krypta und bewegen uns gleich hinauf, zum Osterfeuer im Freien und in die Kirche“, kündigt Pfarrer Stephan Opitz in der evangelischen Petrikirche in Bald­ham bei München an. „Dieser Weg von unten nach oben, vom Dunkel ins Licht bewegt hoffentlich in allen etwas“, wünscht der aus Schlesien stammende evangelische Geistliche. Er freue sich, dass die Band „Quadro Nuevo“ diesen Weg musikalisch begleiten wolle. Bandleiter Mulo Francel improvisiert dazu auf dem Saxophon, dann geht es nach oben. Vor dem Gotteshaus sprechen Mitglieder vom Kirchenvorstand an einem Osterfeuer Texte aus dem Alten Testament, die von scheinbar ausweglosen Situationen erzählen wie bei ­Noah, Elijah oder Hiob noch ohne Hoffnung auf eine Auferstehung nach dem Tod, wie sie erst Jesus brachte. Feierlich wird am Osterfeuer die große Osterkerze angezündet. Die Musiker von „Quadro Nuevo“ spielen „Stay away and play“, eine Komposition von Andreas Hinterseher, mit dem Vibran-

Das Team von Pfarrer Stephan Opitz aus Marion Jacob, Carolin Stickler, Barbara Rauscher, Birgit Stegmann, Walter Köhler und Stephan Botta hilft bei der Messe. Unten: Kerzen symbolisieren die Gläubigen. Pfarrer Opitz erteilt den Schlusssegen. Annemarie Rein spielt Orgel.

doneon, einer Art Melodica. Bandleiter Mulo Francel lässt die Sansula erklingen, ein kleines Zupfinstrument, das aus Afrika kommt. Francel dagegen stammt aus Böhmen. Sein Vater war Dieter Franzl aus Teplitz-Schönau. Nach dem Wechsel in die Petrikirche liest Kirchenvorstandsmitglied Birgit Stegmann die Osterbotschaft. Passend dazu spielt Mulo Francel auf dem Sopransaxophon und mit Orgelbegleitung von Annemarie Rein „Christ ist erstanden“. In seiner Osterpredigt betont Pfarrer Opitz die Wichtigkeit, auch in schwierigen Zeiten von Krankheit und Tod wie jetzt während der Coronapandemie darauf zu vertrauen, dass aus Dunkel wieder Licht erstehen werde. Der Gottesdienst wird weiter umrahmt von „Quadro Nuevo“, die „Childrens‘ Daydream“ vom Pianisten Chris Gall spielen und zwischen den Fürbitten improvisieren. Für alle abwesenden Gemeindemitglieder werden in den Bänken Kerzen entzündet. Nach dem abschließenden Vaterunser erteilt Opitz allen den Segen. Mit „Canzone della Strada“ beendet „Quadro Nuevo“ heiter die nächtliche Messe. Und am Ostermorgen spielt die Band im Garten des Pfarramts beim gemeinsamen Frühstück Lieder aus ihrem Album „Antakya“, wie das einst frühchristlich geprägte Antiochia heute heißt. Die klezmerartigen Melodien erinnern an den biblischen Schauplatz der Auferstehung. Susanne Habel

Auch am nächtlichen Osterfeuer vor der Petrikirche musizieren „Quadro Nuevo“ aus D. D. Lowka (Bass, Schlagzeug), Andreas Hinterseher (Akkordeon, Vibrandoneon), Mulo Francel alias Andreas Franzl (Saxophon, Klarinette, Sansula) und Chris Gall (Piano). Nach der Mitternachtsmesse gibt es ein fröhliches Osterfrühstück mit „Eierpecken“ im Freien. Alles auf Video im Netz: www.youtube.com//watch?v=NtultmRVsCM Größere Osterfeiern und Ostermärkte mussten wegen der Corona-Verbote in diesem Jahr ausfallen. Kurzerhand verlegten viele Organisationen ihre Feiern oder Brauchtumsveranstaltungen ins Netz. In einem neuen Video auf dem YouTube-Kanal der Sudetendeutschen Landsmannschaft stellen Erika Weinert und Waltraud Valentin heimische Osterbräuche vor.

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enn man heimgekommen � Brauchtum im Netz ist, war das große Ostereier-Suchen“, sagt Erika Weinert. Zuvor schilderte sie das Brauchtum an Gründonnerstag und an den Kartagen wie Holz-Ratschen statt Glockengeläut, Fasten statt Schmausen und Gottesdienst zur Aufer- Kratzeiern. Die im ganzen deutstehung am Ostersonntag. schen Osten verbreiteten Eier Jetzt berichtet sie über die wurden zunächst hartgekocht, Herstellung und Bedeutung von gefärbt und dann mit Ritzun-

Kunst am Ei gen verziert und beschriftet. Erika Weinert zeigt einige Eier aus dem Böhmerwald, die zum Aufbewahren erst ausgeblasen und

gereinigt und dann mit Pfla zenfarben eingefärbt und mit sinnigen Sprüchen verziert wurden. Traditionell hätten die jungen Mädchen solche oft rotgefärbten Eier mit eingekratzten Worten am Ostersonntag ihren Liebsten geschenkt, sagt Weinert. Eine andere Ostereierkunst aus Böhmen schildert Waltraud Valentin. Die Perlen-Eier waren

ursprünglich auch hartgekocht oder ausgeblasen und wurden dann vielfältig mit kleinen Glasperlen verziert. „Wir nehmen jetzt oft Plastikeier, da die Ausgeblasenen zu schnell zerbrechen“, erläutert sie. Und sie führt vor, wie man mit einer ganz feinen Nadel die Perlen auffädelt und dem Ei so ein Perlengewebe auf den Leib zaubert. Susanne Habel

Erika Weinert und Waltraud Valentin (ganz rechts) zeigen Osterbrauchtum: Kratz- und Perlen-Ostereier sowie die Ratschn, die die Glocken ersetzten. Video im Netz: www.youtube.com//watch?v=NvWJJ2yWrv8


8 Das Buch „Nachtgestalten“ ist das erste gemeinsame Projekt des tschechischen Schriftstellers Jaroslav Rudiš und des österreichischen Comiczeichners Nicolas Mahler. Bei einer Veranstaltung des Stuttgarter Literaturhauses feierte man seine „Buchtaufe“ im Netz: Im Gespräch mit Moderator Andreas Platthaus stellte Autor Rudiš das Buch vor, in dem auch die böhmische Geschichte abgehandelt wird. Der Illustrator Mahler war aus Wien zugeschaltet und berichtete über die Entstehung der Graphic Novel. Erwin Krottenthaler, der Leiter des Stuttgarter Literaturhauses, begrüßte online zu der Veranstaltung und stellte die Künstler vor.

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ch mag die Nacht“, erklärt Jaroslav Rudiš im Stuttgarter Literaturhaus. „Und in unserer neuen Graphic Novel lassen sich zwei Freunde in einer Nacht von Bier zu Bier und von Geschichte zu Geschichte treiben und reden über die Liebe, das Leben und die böhmische Vergangenheit.“ Er habe auch zuvor schon ein Hörspiel mit dem Titel „Nachtgestalten“ verfasst. Viele der Szenen und Motive darin seien aus seinem früheren Buch „Der Besuch von Herrn Horvath“. Das hatte Christian Thanhäuser, der SLKunstpreisträger von 2013, mit Scherenschnitten ausgestattet. Das soeben erschienene Buch „Nachtgestalten“ dagegen wurde wunderbar von Nicolas Mahler als Comic gestaltet. Mahlers Bildergeschichten und Illustrationen erscheinen unter anderem in „Die Zeit“, „NZZ am Sonntag“ und „FAZ“. Der Zeichner und Illustrator gestaltete bereits ganze Comic-Serien sowie Bücher als Literatur­adaptionen. Für sein Werk wurde der 1960 in Wien geborene Zeichner mehrfach ausgezeichnet, so mit dem Max-und Moritz-Preis als „Bester deutschsprachiger Comic-Künstler“ und 2015 mit dem Preis der Litera-

KULTUR

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� Buchvorstellung im Literaturhaus Stuttgart

Biertrinken auf Profi-Eben nen einsamen Fahrdienstleiter in Weißbach im Kreis Freiwaldau im Altvatergebirge und der dazugehörige Trickfilm wurden große Erfolge. „Da lag es nahe, auch mit Nicolas zusammen ein Buch zu machen“, sagt Rudiš dem Moderator An­dreas Platthaus. Nun liest Rudiš eine Passage aus dem Buch. Dabei werden auch gleich die Buchseiten mit Mahlers Zeichnungen eingeblendet. So lernen die Zuschauer daheim am Rechner die „Helden“ der Graphic Novel kennen. Der große, dünne Melancholiker ist ein studierter Historiker, sein kleiner, stämmiger Kompagnon ein passionierter Bahnfahrer. Die beiden ziehen durch das nächtliche Prag und führen – in Sprechblasen – tiefsinnige und lakonisch-komische Gespräche. Da geht es um Ex-Geliebte, die ideale Partnerschaft – wie die Wisente in Masuren sie vorleben –, die Freuden des Flanierens und Bergsteigens. Außer den beiden Figuren sieht man nur gelegentlich einen anderen Biertrinker oder Wirt, der seine Rolladen herunter lässt, so dass das Duo weiterziehen muss. Alles ist dunkel um die Nachtgestalten, bis auf helle Fenster und den großen Vollmond. Neben eigenen habe er auch manche Geschichten von Freunden oder vom Zeichner Mahler als Basis genommen, erzählt Rudiš. „Man kann gut in der UBahn Geschichten aufschnappen“, fügt Nicolas Mahler hinzu. Der „Szenarist“, wie Mahler seine Tätigkeit gerne nennt, erläutert dann, wie seine Bilder zu den Geschichten zu Stande kamen, und illustriert das mit Fo-

Der Moderator Andreas Platthaus spricht mit Jaroslav Rudiš im Literaturhaus Stuttgart. Bilder: Video, YouTube, Nicolas Mahler (3)

Nicolas Mahler ist online aus Wien zugeschaltet. Auch Radek Knapp erscheint derzeit meist nur in Internet und Medien. se in ihrem Wiener Stammlokal, der Gastwirtschaft Steman an der Königseggasse im sechsten Bezirk. Mahler: „So können wir das Bier-Trinken auf eine professionelle Ebene bringen.“ Nach den Text-Kürzungen zeichne er kleine Entwürfe der Szenen und teile die Dialoge in Sprechblasen auf. „Das ist eine Mischung aus Kürzen, Bildfindung und Segmen-

etwa den Hintergrund bilden“, erklärt Mahler die einzigartigen Buchseiten mit ihren tiefblauen Feldern. Die Frage von Platthaus zu einer Umsetzung des Buches in andere Medien nehmen beide positiv auf. „Schon aus Alois Nebel wurde ein Animationsfilm gemacht“, erinnert Rudiš. Die Umsetzung des als Theaterstück

Premiere statt: Die Schauspieler Marcus Schäfer und Oliver Losehand spielen die „Nachtgestalten“ auf der Bühne und in Echtzeitübertragung auf den Bildschirmen der Festivalgäste. Die Gitarristen Peter Lutz und Marcel Elsener umrahmen musikalisch, und der Grafi er Jurek Edel animiert einige Bilder, die als Hintergrund laufen. Erst im Theaterstück erfährt der Zuschauer, dass der Große der „Nachtgestalten“ Max und der Kleine Petr heißt. Im Buch haben die Männer keine Namen, nur die Frauen. In der Graphic Novel geht es auch um eine „spezifis h böhmische Problematik“, so der Schöpfer der „Nachtgestalten“. So kämen viele Orte vor, die mit der „großen“ Geschichte des Landes zu tun hätten, wie schon in seinem Roman „Winterbergs Reise“, bekennt Rudiš. Da gehe es etwa um die Schlacht von Austerlitz, den mittelböhmischen Ort Kolin, wo man heute noch Uragan D 2 herstelle, das Nachfolgeprodukt des Tötungsgases Zyklon B, oder auch Theresienstadt, wo die Großeltern des Historikers getötet worden seien. Allerdings kommt diese Thematik nicht besserwisserisch oder larmoyant zu Wort, sondern ironisch gebrochen. „Wir Tschechen und die Österreicher haben ein ähnliches Humorverständnis“, findet Rudiš. Mahler bestätigt: „Die Nähe ist da.“ Dass dieser Humor auch von anderen gut verstanden wird, bestätigt ein anderes Buch, zu dem Mahler die Titelzeichnungen lieferte. Der Autor Radek Knapp, der 1964 in Warschau zur Welt gekommen war, stürmte damit

Buch bietet er einen „Reiseführer“ für Neu-Wiener. Der Ich-Erzähler führt den Leser in Küche und Keller, Dialekt und Musik, Ämter und Behörden, Alltag und Festtag in Österreich ein. Das ist unglaublich komisch, aber auch treffend. Statt alle Museen in Wien zu besuchen, lernt der mittellose Neuankömmling aus Polen die Geschichte des Habsburgerreichs bei einer einzigen Führung in der Kapuzinergruft verstehen. Er testet sich durch Bahnhofsgaststätten und Edelrestaurants, Bier-Spelunken und Weinproben in Langenlois bei Krems und findet seine kulinarischen Schmankerl in BlunzenGröstl und der Smaragd-Edition des Grünen Veltliners. Knapp ergründet in der Nachbarschaft seiner Ein-Raum-Wohnung ohne Klo das besondere Verhältnis der Österreicher zu Hund und Katze und lernt es, mit den Gewohnheiten der von Musik besessenen Opernball-Fanatiker umzugehen. Als polnischer Staatsbürger kämpft er pralinenbewaffnet gegen Bürokratie in Amtsstuben und für eine Verlängerung seines Visums. Dabei fängt er an, Impressionen anderer Neubürger zu sammeln und aufzuschreiben, was auch seine Sprachkompetenz verbessert. Seinen Lebensunterhalt verdient er mit kleinen Jobs und lernt als Heizungsableser sogar seinen Landsmann Stanislav Lem kennen. Der berühmte Science-Fiction-Autor lädt ihn zum Essen ein, schenkt ihm einen Schreibtisch und rät dem heimatlosen Polen, Tagebuch zu führen. Glücklicherweise hörte Knapp auf Lem, und so kann man erfahren, was er erlebte in dem Land, das „aus Apfelstrudel ein philosophisches Prinzip“ machte. Der spezifis he Humor der Böhmen und Österreicher färbte so auch auf den Polen ab. Aber dort wurde er ja auch sozialisiert. Radek Knapp lebte zwar als Kind in Polen bei seinen Großeltern, zog je-

Nicolas Mahler zeigt im Video den Entstehungsprozess des Buches „Nachtgestalten“ vom Manuskript, über das Einfügen der Zeichnungen und der Dialoge in Sprechblasen bis zu den fertigen Seiten mit ihrer blauen Schmuckfarbe. turhäuser. Den Preis der Literaturhäuser erhielt 2018 auch Jaroslav Rudiš. Der 1972 im nordböhmischen Turnau geborene Autor verfasste zuletzt den Roman „Winterbergs letzte Reise“, und zwar tatsächlich erstmals auf Deutsch. Zuvor waren von ihm die aus dem Tschechischen übersetzten Romane „Grand Hotel“, „Die Stille in Prag“, „Vom Ende des Punks in Helsinki“, „Nationalstraße“ und „Der Himmel unter Berlin“ erschienen. Für sein Werk wurde der Schriftsteller, Drehbuchautor und Dramatiker außerdem mit dem Usedomer Literaturpreis sowie dem Chamisso-Preis/Hellerau ausgezeichnet. Lustigerweise habe bei den Verleihungen des Preises der Literaturhäuser jeder der beiden die Laudatio auf den anderen gehalten, erinnert sich Rudiš. „Und als wir uns später einmal bei einem Zwischenhalt an meinem Umsteigebahnhof Wien im Café Rüdigerhof im fünften Bezirk trafen, kam uns bei böhmischem Bier die Idee zu einem gemeinsamen Buch.“ Immerhin brachte der Eisenbahnfan Rudiš bereits vor neun Jahren gemeinsam mit dem Zeichner Jaromir 99 eine andere Graphic Novel heraus: Das Buch „Alois Nebel“ über ei-

tos in einem eingespielten Video. „Jaroslav schickt mir einen Text, und ich kürze zuerst“, zeigt er anhand von Manuskriptseiten. Dabei müsse er sich auch immer mit Rudiš abstimmen. „Das ist oft ein Feilschen um einzelne Worte“, betont Mahler. Dazu träfen sich beide auch immer wieder in „Beisln“, beispielswei­

Jaroslav Rudiš: „Winterbergs letzte Reise“. btb Taschenbuch, Luch­ terhand-Verlag, München 2021; 544 Seiten, Karten, etwa 12 Euro. (ISBN 978-3-442-71967-9)

tierung“, fasst Mahler zusammen. Seine Zeichnungen mache er von Hand mit Bleistift und später mit Tusche auf Papier. Auch das „Lettering“ – also das Einfügen der Dialoge in die Sprechblasen – mache er von Hand. „Am Rechner füge ich dann nur am Schluss Schmuckfarben ein, die

Jaroslav Rudiš: „Besuch von Herrn Horváth“. Edition Thanhäuser, Ottensheim 2018; 67 Seiten, 13 Holzschnitte, 24 Euro. (­ISBN 978-3-900986-92-6)

sei schon in Kürze geplant. Die „Nachtgestalten“ würden beim Literaturfestival „Wortlaut“ gezeigt werden. Das findet alljährlich im schweizerischen Sankt Gallen statt, um dem Publikum neue Literatur vorzustellen. Und tatsächlich findet einige Tage später beim 13. „Wortlaut“Festival die digital übertragene

letztes Jahr die Bestseller-Listen. In dem autobiografis hen Bändchen „Von Zeitlupensymphonien und Marzipantragödien“ erzählt Knapp, wie ein junger Pole sich Österreich und den Wienern geistig annähert. Knapp hatte schon 2005 mit seiner „Gebrauchanweisung für Polen“ Erfolg, und in dem neuen

Jaroslav Rudiš/Nicolas Mahler: „Nachtgestalten“. Luchterhand-Verlag, München 2021; 144 Seiten, 144 Abbildungen von Nicolas Mahler, 18 Euro. (ISBN 978-3-63087638-2)

Radek Knapp: „Von Zeitlupensymphonien und Marzipantragödien“. Amalthea-Verlag, Wien 2020; 160 Seiten, Karten, 20 Euro. (ISBN 978-3-99050-181-8)

doch 1976 zu seiner Mutter nach Wien. Dort studierte er an der Universität Wien Philosophie. Er hielt sich mit verschiedenen Jobs über Wasser. Sein Durchbruch als Autor gelang ihm 1994 mit seinem Erzählband „Franio“, für den er den Literaturpreis des ZDF-Kulturmagazins „Aspekte“ erhielt. Seither arbeitet er als freier Schriftsteller und erhielt auch den Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis. Bekannt wurden seine Romane „Ente à l‘orange“, „Herrn Kukas Empfehlungen“ und „Papiertiger“. Mit „Die Stunde der Geburt“ lieferte er 2017 eine Erzählung zu 41 Grafi en des böhmischen Künstlers Alfred Kubin, der ein Vorfahr von Nicolas Mahler sein könnte. Und heute prangt Mahlers typisches Strichmännchen auch auf Knapps Buch. Diese Figuren mit großer Nase laden ein, ihnen auch zu folgen in Mahlers andere Bücher wie „Kratochvil“ oder seine Literaturadaptionen wie „Alte Meister“ nach Thomas Bernhard, „Der Mann ohne Eigenschaften“ nach Robert Musil oder „Ulysses“ und „Finnegans Wake“ nach James Joyce. All diese Klassiker hat Mahler verdichtet und bebildert: Literatur für Einsteiger. Susanne Habel


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VERBANDSNACHRICHTEN

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� Ackermann-Gemeinde, Bernard-Bolzano-Gesellschaft, Stadt Brünn

XXIX. Brünner Symposium Die Ackermann-Gemeinde und die Bernard-BolzanoGesellschaft hatten Brünn zum XXIX. Brünner Symposium „Dialog in der Mitte Europas“ eingeladen, das Ende März online stattfand. Das Thema lautete

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ie Stimmungslage in den VisegrádStaaten. Ursachen und Haltungen“ beleuchtete in seinem Vortrag Marek Prawda, Leiter der Vertretung der EUKommission in Warschau und ehemaliger Polnischer Botschafter in Berlin. Die Visegrád-Staaten sind Ungarn, Polen, die Tschechische Republik und die Slowakei. Einleitend blickte er auf den Spätsommer 1989 zurück, als Flüchtlinge aus der „DDR“ auch nach Warschau kamen, in der Hoffnung, von dort in den anderen deutschen Staat zu gelangen. Dieser Traum, in einer fremden Welt zu leben, sei auch in Polen vielfach präsent gewesen. „Vielleicht ist das Europa, entsteht so Europa“, habe man gehofft. Auch der Blick nach Ungarn und in die Tschechoslowakei habe die Hoffnung genährt, dass es nach vorne gehe. „Wir haben damals ein Wir-Gefühl entwickelt. In der Region haben wir damals – auch politisch – die Überzeugung erworben, dass wir das System ändern können, wenn wir alle an einem Strang ziehen“, beschrieb Prawda die Stimmung. Dazu seien aber neben den Politikern auch die Gesellschaften wichtig gewesen – in Form von Runden Tischen. „Das war der europäische Beweis, dass die Menschen durch ihr Engagement Geschichte machen können.“ Das Jahr 1989 war für Prawda auch der Ausgangspunkt für die zweite Begründung der Europäischen Gemeinschaft. So sei in Deutschland durch die Wiedervereinigung eine neue Gesellschaft entstanden, und allerorts habe sich die Bevölkerung bemühen müssen, die europäische Tradition in der Gesamtheit kennenzulernen. Nicht immer und überall habe das funktioniert, osteuropäische Sichtweisen und Aspekte seien oft unberücksichtigt geblieben, was bisweilen zum Vorwurf einer Ignoranz des Westens und entsprechenden Reaktionen und Erwiderungen geführt habe, stellte Prawda fest. „Wichtig ist, dass die ostmitteleuropäische Perspektive Teil des europäischen Gedächtnisses wird, dass wir die Brille der Anderen aufsetzen.“ Erfahrungen aus Grenzregionen seien hier sehr hilfreich. „Im Jahr 1989 haben wir eine Reihe von friedlichen Revolutionen erlebt. Heute wird diese Wende oder dieser Umbruch als Auslöser für Revolutionen gesehen, die später beziehungsweise jetzt erst stattfinden müssen“, schlug Prawda die Brücke zu heute. So sei in Polen im Jahr 2015 die Bedeutung des Runden Tisches in Frage gestellt oder heruntergespielt worden. In Ungarn habe mit Viktor Orbáns Amtsantritt 2010 die illiberale Revolution begonnen, um Defizi e zu regeln. In Deutschland gebe es von der AfD die Forderung nach einer Wende 2.0. Allen gemeinsam sei der Gedanke, dass den Menschen zu viel Anpassungsdruck zugemutet worden sei, der Markt alles regeln solle und die Welt zu komplex sei. Doch die Transformationszeit könne nicht für alles verantwortlich gemacht werden, sondern auch allgemeine Entwicklungen seien zu berücksichtigen. So etwa Fehler bei der Globalisierung ab 2015, die korrigiert hätten werden müssen, und eine zu lange Untätigkeit der Europäischen Union. Eine massive Rückkehr zu nationalen Elementen und Mauern sei die Folge gewesen. Von einer optimistischen Stimmung sei heute nicht mehr viel vorhanden. „Ideologische Gräben tun sich auf, Spaltungen innerhalb der Gesellschaften“, schloss Prawda. Anhand von Zahlen und Statistiken analysierte Martin Patzelt MdB, einst Oberbürgermeister von Frankfurt an der Oder, die „Stimmungslage im Osten Deutschlands. Ursachen und Haltungen“. Er benannte Angleichungen und Unterschiede zwischen Ost und West. Besonders den Männerüberschuss im Osten, der mitunter zur Radikalisierung junger Männer beitrage, und den Bevölkerungsrückgang seit 1991 im Osten mit einer älter werdenden Bevölkerung vor allem auf dem Land hob Patzelt hervor. Außerdem wies er auf eine starke Skepsis hinsichtlich der Zukunft und auf einen Anteil von 33 Prozent der 25- bis 29-Jährigen hin, die sich nicht als rich-

„Gespaltene Gesellschaften – gespaltenes Eu­ropa. Worüber und warum wir keine gemeinsame Sprache finden können“. Die zweite Arbeitseinheit des Symposiums beschäftigte sich mit den Stimmungslagen

tige Deutsche sähen. Die Stimmungslage werde auch durch das subjektive und mediale Erleben geprägt. Dadurch würden die Skepsis und negative Gefühle verstärkt. Hinzu kämen der vielfach fehlende Zusammenhalt und die schlechte Versorgung sowie die Unsicherheit

in den Visegrád-Staaten beziehungsweise im Osten Deutschlands sowie im gesamten mitteleuropäischen Raum. Zwei Vorträge und eine Diskussion gingen diesen Themen auf den Grund.

Die Diskussion zum Thema „Suche nach Alternativen zu liberaler Demokratie? Über die Stimmungslage in Mitteleuropa“ bestritten neben Marek Prawda und Martin Patzelt Thomas Arnold, der Direktor der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen, und

Visegrád-Hauptstadt Budapest: Buda mit dem Burgpalast und rechts Pest mit dem Parlamentsgebäude und der Sankt-Stephans-Basilika.

Visegrád-Hauptstadt Prag: der Sankt-Veits-Dom und die Burg über der Moldau.

Visegrád-Hauptstadt Warschau: der Schlossplatz.

Visegrád-Hauptstadt Pressburg: die Altstadt mit dem Martinsdom.

der Arbeitsplätze, Kriminalität oder geöffnete Grenzen, die zu negativer Stimmung beitrügen. „Die ersehnte und erkämpfte Freiheit wird geringer geschätzt als die Sicherheit“, brachte es Patzelt auf den Punkt. Zudem würden Vergleiche zum Beispiel beim Eigentum mit anderen beziehungsweise zur Situation in der „DDR“ ein defizitäres Lebensgefühl und gefestigte Meinungen verstärken. Festzustellen sei oft ein Minderwertigkeitsgefühl gegenüber dem Westen und Unsicherheit angesichts der europäischen Dimension oder der Globalisierung – insgesamt ein diffuses Lebensgefühl, so der Bundestagsabgeordnete abschließend.

die am Institut für Zeitgeschichte der Wissenschaftsakademie in Prag tätige Historikerin Veronika Pehe. Die Geschichtsforscherin erläuterte die Unterschiede der Kritik an den Transformationen in den einzelnen Ländern. In Polen sei die Beanstandung aus dem Zentrum der Macht, aus der Regierungspartei gekommen, in Deutschland von einer Oppositionspartei. Ferner handle es sich, so Pehe, um verschiedene Populismen. So herrsche in der Tschechischen Republik ein technokratischer Populismus. „Die Politik des Gedächtnisses interessiert Babiš nicht, die Kritik hier ist daher nicht so explizit wie in Polen.“

Durch das Handeln in der Pandemie sei in der Tschechischen Republik das Vertrauen zum Staat oder zur Regierung zusammengebrochen, bei benachteiligten Gruppen habe das – Desintegration des sozialen Zusammenhalts – schon zuvor begonnen. „Es herrscht viel Zorn in der Gesellschaft – trotz makroökonomisch guter Zahlen“, konstatierte Pehe. Sie verwies exemplarisch auf das niedrige Lohnniveau. Den Unterschied zu Polen sieht sie auch in Protesten sogar auf dem Land und in Sachen Abtreibung in antiklerikale Richtung. Dies weise auf eine Dynamik in der gegenwärtigen polnischen Gesellschaft hin. „Die Erfahrungen werden verklärt, der Abstand zu 1989/90 wächst“, erklärte Arnold. Das biete den Parteien an den Extremen die Möglichkeit, diese Gegebenheiten für ihre Arbeit zu instrumentalisieren. Zudem werde in Mittel- und Osteuropa viel von der Europäischen Union übernommen. „Welche Narrative erzählen wir künftig?“, fragte er und sah die Gefahr, dass parallele Narrative nicht zusammenkommen. „Es braucht immer das Dritte, auf das man sich verständigen kann“, empfahl Arnold und schlug als Narrativ das „Friedensprojekt Europa“ vor, also keine Verwaltungsoder elitäre Ebene, sondern etwas, das in die Herzen der Leute eingepflanzt werden und diese mitnehmen könnte. Allerdings sei in den neuen Ländern der christliche Aspekt angesichts von rund 80 Prozent nicht religiöser Menschen als narrative Basis problematisch. Als Alternative nannte Arnold Erfahrungen von Unfreiheit, auf deren Basis Menschen die Gesellschaft geprägt und gestaltet hätten. Für ihn sind aber vielfach Narrative, Erfahrungen und Prägungen aus den 40 Jahren „DDR“ noch präsent. Sprachlos mache ihn vor allem der Rechtspopulismus – gerade jetzt in der schwierigen dritten Welle der Pandemie. Auf das Wendejahr 1989/90 werde von Vertretern dieser politischen Richtung Bezug genommen, als damals ein Slogan hieß: „Wir wollen doch nicht mehr bevormundet werden!“ Arnold wies darauf hin, dass Menschen – gerade auch bei neuen Gegebenheiten – eben Fehler machten, weshalb ein anderer Umgang damit nötig sei. „Warum sprechen wir in Europa nicht stärker von Schuld, Vergebung, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit? “, fragte er und schlug vor, Orte zu schaffen, in denen dies angegangen werden und gelingen könnte. Die liberale Demokratie sei das beste Konstrukt und habe sich im Alltag bewährt. Jedweder Willkür dürfe kein Platz gewährt werden. In Polen sieht Marek Prawda „eine sehr polarisierte Gesellschaft“, in der Vieles mit der Spaltung in Verbindung gebracht werde. Die Corona-Pandemie habe die Regierung in Polen dazu instrumentalisiert, der Europäischen Union Unfähigkeit vorzuwerfen. Es gebe (Schaden-)Freude über unglücklich verlaufene Aktionen auf der Europaebene, den Leuten in den europäischen Institutionen werde Untätigkeit vorgeworfen. „Es hat sich aber im Laufe der Pandemie sehr schnell erwiesen, dass die Gemeinschaft – trotz Fehler und Defizi e – unverzichtbar wurde. Die EU wurde zur einzigen Instanz, die helfen konnte – vor allem durch die wirtschaftlichen Hilfen“, merkte der ehemalige Botschafter an. Zudem sei die USA, auf die früher Verlass gewesen sei, nun ausgefallen beziehungsweise selbst ein Teil des Problems gewesen, so dass die EU Schritt für Schritt die koordinierende Rolle übernommen habe. „Die Pandemie hat in Polen die Fronten verhärtet, aber nun langsam zur Ernüchterung beigetragen“, bilanzierte Prawda. Ein Unterschied Deutschlands im Gegensatz zu den Nachbarn ist für den Abgeordneten Patzelt das föderative System, das eine andere Gemengelage nach sich ziehe. Zudem gebe es in Deutschland viele Stimmen für eine europäische Lösung der Corona-Pandemie. „Wenn das klappt, bedeutet dies einen Schub für Europa“, meinte Patzelt. Markus Bauer

Gergely Prőhle

Thomas Erndl MdB

� Finale des Brünner Symposiums

Die EU in der Krise Den Abschluss des diesjährigen Brünner Symposiums bildete am Vorabend des Palmsonntags die Online-Diskussion zum Thema „Nationalstaaten und die EU in der gegenwärtigen Krise. Wie steht es um das gemeinsame Projekt Europa?“

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oderiert vom Bundesvorsitzenden der Ackermann-Gemeinde, MdEP a. D. Martin Kastler, debattierten der Deggendorfer Bundestagsabgeordnete Thomas Erndl (CSU), die Brünner Europaabgeordnete Markéta Gregorová (Piraten-Partei), der Direktor der Otto-vonHabsburg-Stiftung Gergely Prőhle aus Budapest und der Direktor der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung, Robert Żurek. „Wie wird es nach Corona in Europa sein? “ lautete Kastlers zentrale Frage an die vier Diskussionsteilnehmer. Doch nicht allein Corona, sondern viele große europäische Fragen wie Klima, Migration, Wirtschaft/Ökonomie und Grenzschließungen müssten angegangen und gelöst werden, so der Moderator in seiner Einleitung. Von den Grenzschließungen 2020 und 2021 war Erndl zwar schockiert, in erster Linie sah er sie aber unter dem medizinischen Gesichtspunkt. „Dieses Mittel soll aber nur gering zum Einsatz kommen. Die vielfältige Vernetzung wurde deutlich. Es bedeutete Härten für Unternehmen, Mitarbeiter, Pendler, Freunde, Familien, Paare. Das darf nur eine Ausnahme sein, wenn eine medizinische Begründung vorliegt“, meinte er. Markéta Gregorová Leise Kritik übMdEP te er am Einkauf des Impfstoffes. „Das wäre eine große Chance gewesen, die Stärke Europas zu zeigen. Das hat man nun nicht geschafft. Man hätte sich mehr in die Produktionskapazität einbringen können. Statt der Stärke hat man nun die Schwäche Europas in den Köpfen. Wichtig ist nun, rechtzeitig für Impfstoff zu sorgen“. Darüber hinaus gelte es, in vielen Fragen nachzudenken, so Erndl. Er machte darauf aufmerksam, dass die sozialen Medien durch die Darstellung mancher Themen Spaltungen förderten und verstärkten. Auf europäischer Ebene sieht er historisch unterschiedliche Ausgangslagen mit verschiedenen Entwicklungen und Prägungen. Diese gelte es aufzunehmen und zu respektieren. „Aber es darf keine Aufweichung der europäischen Grundwerte geben. Unter diesen komplexen Gegebenheiten ist Europa wieder stärker zusammenzuführen. Die Zukunft funktioniert nur, wenn wir noch stärker zusammenarbeiten und zusammenhalten, die Spaltung in der Gesellschaft zurückführen und dann auf der europäischen Ebene wieder zusammenkommen“, lautete Erndls Rat und Perspektive. Die unterschiedlichen Gesundheitssysteme nannte MdEP Gregorová als weiteren Grund für die Grenzschließungen und -kontrollen. Hoffnung setzt sie auf spezielle Impfpässe, die dann für eine Verbesserung der Situation sorgen könnten. Zur Corona-Pandemie in ihrem Heimatland meinte sie, dass die tschechische Politik zu diesen Zahlen geführt habe und kein Experte mit Ministerpräsident Andrej Babiš zusammenarbeiten wolle. Daher sei die europäische Ebene nun der „Ort der Hoffnung“. Die EUParlamentarierin verwies auf die Diskussionen über die Zukunft Europas, Bitte umblättern


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VERBANDSNACHRICHTEN

Sudetendeutsche Zeitung Folge 14+15 | 16. 4. 2021

� Sudetendeutscher Heimatrat

Virtuelle Heimatstuben

Blick auf den renovierten Kinderfriedhof in Kutscherau.

� Heimatort Kutscherau/Sprachinsel Wischau

Ein Herz für Kindergräber Marie Lokajová, die junge Bürgermeisterin des Ortes, erkannte die Wichtigkeit der Erhaltung dieser Gräber. Sie entschloss sich im Jahre 2019, Anträge für eine Restaurierung zu stellen. Ihr gelang auch, eine offizielle Förderung vom tschechischen Staat zu erhalten. Alsbald beauftragte sie eine Firma mit der Restaurierung dieser alten Grabsteine. Wir waren ständig in Kontakt mit der Gemeinde Kutscherus Erzählungen der Dorf- au. Wir fragten bei den Angebewohner war es früher hörigen nach und konnten die eine Selbstverständlichkeit, Namen, die nicht mehr lesbar dass sich die waren, richFamilie nach tig übermitdem Sonnteln. tagsgottesDie Arbeidienst am ten wurden Kindergrab zügig durchversammelgeführt. Verte, um dort gangenen eine kurze Herbst erAndacht zu hielten wir halten und die Nachdes verstorricht, dass benen Famidie Restaulienmitglieds rierungen zu gedenabgeschlosken. Bei jesen sind. dem Sprach- Anna Legner (*24. Juli 1926, Im Frühjahr † 2. November 1926). inselbesuch wird noch war für uns Gras zwiein Besuch schen den bei diesen einzelnen Gräbern fast Gräbern geschon Pfli ht, sät. Dann ist und es war alles fertig, immer deutwürdevoll lich erkenngestaltet und bar, wann bleibt für die ein Grab beZukunft als sucht wordenkmalgeden war. Entschützte Anweder war lage erhales provisoten. risch geputzt Wir wisoder es wur- Katharina Sperka (*21. November sen, dass es den ein paar 1938, † 11. Januar 1940). nicht selbstBlumen abverständlich gelegt. Die Renovierung lag ist, 75 Jahre nach der Vertreiuns schon lange Zeit sehr am bung diese Pflege von tscheHerzen, aber die Arbeiten wa- chischer Seite aus durchzuren für unsere kleine Gemein- führen. Deshalb dankten wir schaft nicht zu schaffen, und der Gemeinde für diesen Einauch Helfer waren über die satz herzlich. Wir wissen ihn Grenzen hinweg schwierig überaus zu schätzen. aufzutreiben. Rosina Reim Auf dem Friedhof der Gemeinde Kutscherau in der Wischauer Sprachinsel sind auf einem eigenen Areal noch immer die deutschen Kindergräber erhalten. Hohe Bäume beschützen diese Gräber. Die Grabsteine, die zum Teil schon bis zu hundert Jahre alt sind, haben die lange Zeit zwar überstanden, sind aber zum Teil sehr verwittert oder umgefallen.

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Josef Drabek (*2. April 1930, † 22. Juni 1936) und sein Bruder Felix (*2. August 1926, † 30. Dezember 1926) sowie Anton Butschek (*5. März 1925, † 15. April 1925).

bendige Dokumentation“, fasste Mohr diesen Aspekt zusammen. Anhand bereits erfolgter

tuellstem Stand, auch durch den läuterten sie, inwieweit Narrative „Mediaguide“. Die Möglichkei- – Erlebnisse, Ereignisse oder ten des Gerätes schilderte Jo- biografis he Aspekte in Filmhannes Bichler, Wissenschaft- form – das Erbe von Heimatverlicher Mitarbeiter bei der Su- triebenen in die Zukunft tragen detendeutschen Stiftung, den können. Da Pietschmanns Eltern Zuhörern. Neben den Spra- aus dem nordböhmischen Rumchen Deutsch, Tschechisch burg stammen, ist er dieser Theund Englisch gibt es auf dem matik sehr verbunden. „Es geht Mediaguide die Informatio- darum, die Vergangenheit in die nen auch in der Gebärden- Zukunft zu führen“, betonte er. sprache. Er verbindet sich au- Durch das Erzählen werde die tomatisch an entsprechenden Geschichte des Einzelnen bezieeinen Vortrag vom ersten Stellen im Museum mit den je- hungsweise das dahinterstehenAbend setzte Klaus Mohr, weiligen Spots und liefert die de historische Ereignis lebendiSammlungsleiter des SudeInformationen in Wort, Bild ger, ergänzte Kink. Anhand eitendeutschen Museums, fort. nes Imagefilmes stellten sie ihr in und gegebenenfalls Film. Er ging insbesondere auf MeAnhand des im Museum Eichenried und München angethoden und Ergebnisse bei der ausgestellten Motorrads Böh- siedeltes Unternehmen und die Digitalisierung von Heimatmerland demonstrierte Bichler Technik vor. In allen Bereichen stuben ein. Außerdem wies er die Funktionsweise des Me- gehe es darum, den Geschichdarauf hin, dass nun auch der diaguides. Als kleinen Wer- ten der Kunden eine höhere Aufim unterfränkischen Aschaf- Franz Longin, der Vorsitzende des Sude- mutstropfen sah er die Tatsa- merksamkeit zu verleihen, sichtfenburg angesiedelte Graslit- tendeutschen Heimtrates und Betreuer che, dass zwei der für den Me- bar zu machen, was dahinter stezer Gedenk- und Informati- der Heimatlandschaft Südmähren. diaguide zuständigen Firmen he, so Kink. Über das Depot des Bild: Nadira Hurnaus in Köln und Wien sitzen und Sudetendeutschen onsraum digitalisiert worden Museums sei und daher 100 weitere Dasich daher im Bedarfsfall die drehte die Firma mediaBOX TV tensätze vorlägen. Angesichts Übernahmen von Heimatsamm- Kommunikation schwierig ge- bereits einen Film. Pietschmann der Bedeutung von Graslitz als lungen und deren Digitalisie- stalte. Doch er riet – wo es sinn- dankte in diesem ZusammenStätte des Musikinstrumenten- rung zeigte er sichtbare Ergeb- voll und möglich sei – zum Ein- hang besonders Hildegard Schubaus seien die Sammlung und nisse und zugleich nochmals satz dieser Technik, da sie nach ster für die gute Zusammenarbeit deren Digitalisierung wichtig. und Unterstützung. Beispiele für den Prozess der Im Detail informierte Mohr Digitalisierung. So könnten Die Frage „Wie bringt die über die Technik beziehungswei- schon vorhandene digitale Volksgruppe ihr Erbe in die se die Schritte der Inventarisie- Daten übernommen werden, Zukunft“ stellte Franz Longin rung, das heißt die Erstellung der was den Arbeitsaufwand redunach Pietschmanns und Kinks Inventarblätter. Zentral hierfür ziere. Natürlich gebe es aber Erläuterungen in die Runde seien die Vergabe einer Inventar- auch Heimatstuben ohne digibeziehungsweise an die Menummer, die Fotografie und die tale Grundlagen. Hier müsse dienmänner. Bücher über die Beschreibung der Objekte. Nötig dann die Inventarisierung von Vertreibung mit konkreten seien aber auch Hilfsmittel zum Grund auf erarbeitet werden. Darstellungen würden heute, Reinigen, Beschriften, Befesti- „Viele unserer sudetendeutso Longin, nur noch vereinzelt gen und Vermessen der Gegen- schen Heimatstuben leisten gelesen. Daher seien gegenstände. Wichtige Tipps gab Mohr die Inventarisierung selbst“, wärtig aktuelle Medien zur für das Fotografieren hinsicht- schloss Mohr seinen Vortrag Vermittlung nötig – auch um lich Beleuchtung, Belichtung, und bot seine Unterstützung auf diese Weise jüngere MitEinzel-, Sammel- und Detailauf- an. glieder zu gewinnen. Daher nahme, Perspektive sowie Hinkönnten diese filmis hen AnBei den Fragen ging es um tergrund. Darüber hinaus gab er den Zugang zu den Objekten Klaus Mohr, Sammlungsleiter des Sude- sätze ermuntern. „Menschen Ratschläge für die Beschreibung: im Depot des Sudetendeut- tendeutschen Museums. und Gesellschaften denken Bild: Hildegard Schuster in Geschichten“, brachte es nur Sichtbares, keine Kommen- schen Museums, um Rechts- tare oder Hintergrundinforma- fragen wie Urheberrecht, PerPietschmann zusammenfastionen, die könnten in einem ei- sönlichkeitsrecht von Abgebil- individuellen Vorstellungen ge- send auf den Punkt. Kink vergenen Datenfeld festgehalten deten, die Kennzeichnung der staltet werden könne. wies darauf, dass im Film sachwerden. Inventarblätter und um die InDen Abschluss des Vortrags- liche Information und Emotion Ebenso ging der Sammlungs- ventarisierungssoftware VINO, abends bildeten die Ausführun- dargestellt würden. So schloss leiter auf die verwendete Soft- die unter anderem mit Zusatzda- gen von Rolf Pietschmann und Longin die Veranstaltung mit der ware VINO ein, die auch an- teien sowie Audio- und Videoda- Markus Kink, Geschäftsführer Schlussbemerkung, dass es ein dere Museen nutzten. „Jedes teien verknüpft werden könne. der Firma mediaBOX TV. Un- Abend gewesen sei, „der uns im Exponat, das schon bei einer Das coronabedingt geschlos- ter dem Titel „Geschichte, Ge- Bemühen für die BestandserhalAusstellung gezeigt wurde, wird sene Sudetendeutsche Museum schichten und bewegte Bilder – tung und für die Fortsetzung befestgehalten. So entsteht eine le- ist technisch und digital auf ak- Visionen und Möglichkeiten“ er- stärkt hat“. Markus Bauer Mitte März setzte der Sudetendeutsche Heimatrat die OnlineReihe zum Thema „Virtuelle Heimatstuben. Digitalisierung von Heimatsammlungen“ mit drei Referaten fort. Der Vorsitzende Franz Longin konnte viele Interessenten begrüßen, die an 49 Rechnern zugeschaltet waren, und hieß die Referenten des Abends herzlich willkommen.

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� Fortsetzung von Seite 9

Die EU in der Krise begleitet auch von Bürgern, NGOs, Regierungen. Doch die Tschechische Republik sei gegen Änderungen in der Gründungsurkunde, für ihre Piraten-Partei hingegen seien Modifi ationen nötig. Sie plädierte für eine direkte Wahl des EU-Parlaments, das dann eine größere Macht haben und auch Gesetzesinitiativen einbringen sollte. „Eine stärkere Demokratisierung der EU-Kommission wäre nötig“, forderte Gregorová und äußerte Bedenken hinsichtlich der Auswahl und Kompetenz mancher EU-Kommissare. Ein weiteres Problem ihrer Europaarbeit sei, dass die Tschechen keine Unterstützung von zuhause bekommen – etwa bei der Besetzung von Posten. Auf den paneuropäischen Prozess der letzten etwa 100 Jahre machte Botschafter a.D. Prőhle aufmerksam. Mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft beziehungsweise Union sei ein ausgeklügeltes Gleichgewicht nationaler und übernationaler Interessen erreicht worden. Er wehrte sich gegen den alleinigen Blick auf eine föderale oder nationalstaatliche Lösung. „Es ist ein sehr gut aufgebautes System“, meinte Prőhle und brachte die Subsidiarität ins Spiel. Zu großer Enttäuschung hinsichtlich der europäischen Kooperation habe das Impf-Desaster geführt,

zumal die Verantwortlichen für Auch für Direktor Żurek ist ropa beibringt. Und sie sind auch die Fehler nicht genannt worden die Grenzschließung ein harter stark mit sich selbst beschäftigt. seien. „Das ist ein großer Rück- Rückschlag, „besonders für al- Leider wird aus Polen wohl kein schlag für die europäische Idee“, le, die für die Verständigung ar- konstruktiver Beitrag zu europäbedauerte er, auch weil die rech- beiten. Online ersetzt nicht die ischen Debatten kommen“, anaten und linken Parteien dadurch wahre Begegnung unter jungen lysierte Żurek. Aufwind bekämen. Die Visegrád- Menschen“, klagt er. In seinem Er nannte schließlich noch Komponente sah Prőhle als wei- Heimatland Polen sieht er poli- ein Dilemma: „Polen ist weiterteres wichtiges Feld der Zusam- tisch zwei Lager: die Regierung hin eines der europafreundlichmenarbeit. und die linksliberale Oppositi- sten Völker – aber trotzdem „Die ungarische Regierung ist on. Dazu komme die zivilgesell- wird europaskeptisch gewählt.“ nicht euroskeptisch. Zwar gibt es schaftliche Mehrheit. Für Żurek ist die Polarisierung immer wieder Stimmungsmache gegen die Administration in Brüssel, aber auch Entscheidungen, die die ungarische Regierung mitgetragen hat“, so Prőhle. Nicht zu vergessen sei in diesem Kontext das Thema „Stärkeres Europa“ der ungarischen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr Vor-Corona-Plenarstizung im EU-Parlament in Straßburg. 2011. Diskussionen gebe es vor allem über die Die Regierung sei gekenn- der Gesellschaft „in vielen LänStruktur des europäischen Gebil- zeichnet von EU-Skepsis, isola- dern eine zunehmende Probledes sowie um die künftige Rolle torischer Haltung und Streit mit matik für die Demokratie und die und Zuständigkeiten der Natio- Brüssel und anderen EU-Mit- westliche Welt.“ In Polen sei einalstaaten. Gespaltenheit sieht gliedsländern. „Sie nutzt die Kri- ne Eskalation, geradezu ein kalPrőhle auch in Deutschland, se aus, um eigene Positionen zu ter Bürgerkrieg festzustellen, ein selbst 30 Jahre nach der Wie- stärken.“ Dagegen würden die Dialog sei kaum noch möglich. dervereinigung. Im Gegensatz Opposition und die Mehrheit Diese Angelegenheit werde wohl zu anderen Staaten schütze aber der Zivilgesellschaft bedauern, eine der zentralen Herausfordehier das föderale System vor ei- „dass Polen in den letzten Jah- rungen für Polen und Europa. ner Verschärfung. ren wenig Konstruktives zu Eu­ Markus Bauer


Reicenberger Zeitung

Sudetendeutsche Zeitung Folge 14+15 | 16. 4. 2021

Stadt und Kreis Reichenberg

Kreis Deutsch Gabel

Nordböhmi[e Um[au

Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail rz@sudeten.de

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Kreis Friedland

Kreis Gablonz

Panorama der Stadt Zwickau in Böhmen. 1948 wurde der einst eigenständige Gerichtsbezirk Zwickau Teil des Gerichtsbezirks Deutsch Gabel. Bild: Miloslav Rejha

Deutsch Gabel: die Stadt, die Landschaft und ihre Geschichte – Teil II

Genossenschaft und Dampfmaschine Die Ausgabe 382 von „Unser Sudetenland. Beilage der sudetendeutschen Heimatblätter“ widmete sich im August 1987 der Stadt Deutsch Gabel mit ihrer Geschichte und dem Umland in Wort und Bild. Für das Wort zeichnete Friedrich Sirach verantwortlich, der letzte deutsche Bürgermeister von Deutsch Gabel. Wir veröffentlichen Sirachs Beitrag in mehreren Folgen.

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ls Posthaus diente lange Zeit das im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts erbaute JagdEvangelische Kirche in Deutsch Gabel.

schloss. Die Posthalterei und das damit verbundene Herbergsrecht trugen zum Wohlstand der Stadt bei. Ende des 19. Jahrhunderts fand das Postamt seinen Platz im zentralen Amtsgebäude. Der lutherische Glaube fand schnell Eingang. 1553 gab es in Gabel einen protestantischen Pfarrer. Auch die Dörfer der Umgebung erhielten bald protestantische Prediger. Sie stammten zunächst durchweg aus der Lausitz, aus Sachsen und Thüringen. Bei-

nahe die gesamte Bevölkerung Walten für die Verwaltung be- sche Verwaltung übergeführt. wurde evangelisch. Am Ende des nutzt. Die bisherigen Herrschaften GaDreißigjährigen Krieges wurde Am 11. Mai 1788, einem bel-Neufalkenburg mit Walten die Gegend durch kaiserPfingstsonntag, brach und Lämberg wurden vereinigt liche Kommissionen während des Nach- und um kleine Teile der Herrwieder „katholisch mittagsgottesdienschaften Grafenstein, Böhmisch gemacht“. Zahlstes an einer Ecke Aicha, Wartenberg und Niemes reiche Anhänger des Marktplatzes erweitert. So entstand der Gedes neuen Glauein verheerender richtsbezirk Gabel. Er wurde mit bens verließen Brand aus. Inner- dem Gerichtsbezirk Zwickau zu ihre Heimat, so halb der Stadt- einem politischen Bezirk mit Sitz dass die Stadt mauern wur- in Gabel zusammengefasst. Die viele fleißige den 165 Häu- Stadt Zwickau und ihre UmgeHandwerker verser in Schutt und bung hatten bis dahin zur Herrlor. Erst 1870 entAsche gelegt. schaft Reichstadt gehört, die in stand wieder eiNur zehn Häuser direktem Besitz des österreichine evangelische blieben vom Feu- schen Kaiserhauses war. Gemeinde, die zu er verschont. Die aus Der politische Bezirk hatte Beginn des Zittau herbei- 1869 eine Fläche von 260 QuaJosef Kittel (1776–1847) 20. Jahrhungeeilte Feuer- dratkilometern mit 35000 Einderts erneut wehr rettete die wohnern. Die Bevölkerungszahl eine eigene Kirche bekam. obere Vorstadt, die Niemeser änderte sich in den folgenden Eine Blütezeit erlebte die Feuerwehr die untere Vorstadt. Jahren zunächst wenig, nahm Stadt in den Jahrzehnten nach Auch die beiden Kirchen brann- später ab. Die neue Bezirksdem Dreißigjährigen Kriege. ten aus. Die Stadtpfarrkirhauptmannschaft nahm am Weberei und Leinwandhandel che wurde nicht wieder 1. Februar 1850 ihre Täwaren auf ihrem Höhepunkt. aufgebaut. Dafür wurtigkeit auf, am 17. Juli Franz Anton Hovora Graf Ber- de die Kirche des infolgte die neu errichka von Duba und Lipa ermög- zwischen aufgelötete Gendarmerie. lichte den Neubau des Klo- sten Klosters zur Da von den frühesters. Er begann auch den Bau Stadtpfarrkirche ren Ämtern in Gader kunstgeschichtlich be- gemacht. Viele bel keine Amtsdeutsamen Klosterkirche zum wertvolle Dokuräume vorhanden Heiligen Laurentius. Mit ei- mente, darunter waren, wurde anner Höhe von 59 Metern vom die bis um 1500 stelle des alten Kirchenfußboden bis zur Kup- zurückreichenRathauses im Jahpel-Laterne war der Bau auch den Zunftbücher, re 1865 ein neudurch seine Lage am Rande waren verbrannt. es Verwaltungseines Hügels eine große techDurch den Wiegebäude errichtet, nische Leistung. Der frühe deraufbau der Stadt in dem alle BehörTod des kinderlosen Grafen in einem kurzen den des BezirJohann Schicht (1855–1907) im Jahre 1706 unterbrach den Zeitraum erhielt kes unterkamen. Bau. Erst 30 Jahre später vollen- der Marktplatz Die Stadtverwaldetet der neue Herr Johann Joa- ein einheitliches Bild der Häu- tung erhielt im alten Kloster ihre chim von Pachta von Reihofen serfassaden. Die beiden Stadttür- Amtsräume. den Bau. me von Gabel wurden in den JahZu Beginn des IndustriezeitDie Grafen Pachta vereinig- ren 1837 und 1838 als Verkehrs- alters war die Stadt mit ihrem eiten die Herrschaften Gabel-Neu- hindernisse abgerissen. Teile der genen Wiederaufbau beschäffalkenburg und Walten, erneuer- alten Stadtmauer wurden später tigt. Sie hatte daher an der allgeten das Schloss Neufalkenburg zum Kulturdenkmal erklärt. meinen Entwicklung nur wenig im Rokokostil und erbauten das Im Zusammenhang mit der Anteil. Zudem fehlte es an der Kirchlein in Walten. Dem Schloss neuen Reichsverfassung der notwendigen Energie. An den Walten gaben sie seine endgülti- österreichischen Monarchie Bächen waren kleine Mühlen ge Form. Während das Schloss nach der Revolution von 1848 aufgereiht, welche die WasserNeufalkenburg als Sommer- wurden die herrschaftlichen Ver- kraft fast vollständig ausnutzsitz diente, wurde das Schloss waltungen in eine neue politi- ten. Während an anderen Or-

Hennersdorf: Das Gebäude der 1897 erö˜ neten ersten Molkereigenossenschaft in Böhmen im Jahre 1920.

Markersdorf: 1823 stellt Josef Kittel in seiner Baumwollspinnerei die erste Dampfmaschine Böhmens auf.

ten bereits Kohle zur Verfügung stand, war die Gegend von Gabel auf das einheimische Holz angewiesen, da der Anschluss an die Eisenbahn viel zu spät kam. 1823 stellte Josef Kittel in seiner Baumwollspinnerei in Markersdorf die erste Dampfmaschine Böhmens auf. Der Kessel wurde mit Holz geheizt. Kittel führte auch eine Gasbeleuchtung und eine Warmluftheizung ein. Die Seifensiederei Schicht, 1848 in Ringelshain gegründet, konnte die Transport-, Energie- und Abwasserprobleme hier nicht lösen. Sie übersiedelte 1882 nach Sedlitz bei Aussig und entwickelte sich dort zum größten Industriebetrieb der österreichischen Monarchie. 1897 wurde in Hennersdorf die erste Molkereigenossenschaft Böhmens gegründet. Umweltprobleme

gab es schon damals. So starben die bis dahin zahlreichen Krebse in den Bächen aus, weil die Färbereien der Textilfabriken ihre Abwässer einleiteten. Die Oberläufe der Bäche waren noch reich an Forellen. Einen großen Tag erlebte Gabel am 2. September 1899 mit dem Besuch des Kaisers Franz Joseph I. Der von einem Manöver kommende Monarch wurde auf dem Marktplatz von den Spitzen der Behörden und der Bevölkerung jubelnd begrüßt. Sein Besuch der Sankt-Laurentius-Kirche mag beigetragen haben, daß die Kirche während des Ersten Weltkrieges in die kulturund kunstgeschichtlichen Altertümer eingereiht wurde und so die Ablieferung des Kupferdaches verhindert werden konnte. Fortsetzung folgt

Ringelshain: Das Stammhaus der Seifensiederei Schicht, dem größten Industriebetrieb der österreichischen Monarchie.


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 14+15 | 16. 4. 2021

� Heimatkreis Deutsch Gabel/Zwickau

Ausschnitt einer Friedland-Postkarte aus den vierziger Jahren.

Bitte um Hilfe Othmar Zinner, der Betreuer des Heimatkreises Deutsch Gabel mit Zwickau, bittet um die Hilfe der Landsleute.

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� Friedland

Ansichtskarten mit Familiengeschichte Sebastian Tugendheim berichtet über Postkarten von und Familien aus Friedland.

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n der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann der Siegeszug der Ansichtskarte nicht nur in der k. u. k. Monarchie Österreich-Ungarn. Schon vor dem offiziellen Start am 1. Januar 1885 kamen erste „Correspondenzkarten“ in Umlauf. Immer beliebter wurde, Grüße von Ausflügen, Glückwünsche zu Geburtstagen, zum Jahreswechsel oder aber Reisegrüße mit diesen Karten zu senden. Waren es zu Beginn nur Karten mit kleinen Textfeldern, so belebte die Einführung von Lithografien das kleine Stück Papier. Mehr und mehr eroberte die Fotografie auch die Philokartie. Schwarzweiße Motive oder nachkolorierte Karten – die Zahl der Korres­ pondenzen stieg und stieg. In den beiden Weltkriegen blieb die Feldpost meist der einzige Kommunikationsweg zwischen Front und Heimat. So nutzten Fotografen die Gelegenheit, die Truppen im Ersten Weltkrieg aufzusuchen und vor Ort Fotos zu machen. Diese Bilder konnten die Soldaten ihren Familien als Karten zusenden. An Postkartenmotiven fehlt es in Friedland nicht. Sei es das unverkennbare und weithin sichtbare Wallenstein-Schloss. Sei es der Marktplatz mit dem Neorenaissance-Rathaus. Oder sei es die Wittig und ihr malerisches Ufer. Auch nahezu unscheinbare Motive wurden gedruckt. Hierzu zählt die Ansicht vom Kreuzberg über die Stadt. Kein markantes Schloss und ein eher unauffälliger Blick auf das Rathaus und die Kirche der Kreuzfindung, statt-

zweiten Frau Emma und Tochter Erna. Das große Grundstück wurde umfangreich genutzt. Es gab einen Obst- und Gemüsegarten

Familie Eckel in Gesellschaft gingen. Im Oktober 1935 wurde Paul Pischel zum Oberkommissär der Bezirksbehörde Schluckenau er-

Friedland 1908 (oben) und Ende der dreißiger Jahre auf Postkarten.

für die Eigenversorgung und einen separaten Zier-, Stein- und Rosengarten. In diesem Umfeld hatte der passionierte Gärtner Josef Nicht ein großes Betätigungsfeld. Im Nachbargrundstück Kreuzberg 854 befanden sich ein Kohlen- und Gemüselager. Dort war auch im Winter Platz für sein weiteres Hobby Kakteenzucht. In einem kleinen Gewächshaus im Garten waren die Kakteenen im Sommer. Nach der Hochzeit seiner Tochter Erna 1928 zog deren Mann Paul Pischel Das Haus Kreuzberg Nummer 853 im Jahre 2020 mit auf den Kreuzberg. dessen zwei kleine Stadtvillen im Mit der Geburt von Winfried und Vordergrund als Beginn der Wal- Doris wohnten nun drei Generalensteinstadt in Böhmen. tionen unter einem Dach. Zu Beginn des 20. JahrhunIm Nachbarhaus wohnte in derts gebaut, sind die beiden den zwanziger bis vierziger JahHäuser vom Grundaufbau ähn- ren die aus Tetschen-Bodenlich und stehen auf einem beacht- bach stammende Familie Eckel lichen Grundstück. 1925 zog der mit den Söhnen Peter und NorBürgerschuldirektor Josef Nicht bert. Das gleiche Alter der Kinaus der Görlitzer Gasse in das der und der Eltern führte daHaus Kreuzberg 853 mit seiner zu, dass Familie Pischel und

bliothek Josefs. Beide bekamen zunächst ein kleines Haus in der Nähe des Friedhofs zugewiesen und mussten im Sommer 1946 endgültig ihre Heimat verlassen. Das Haus am Kreuzberg blieb nicht lange leer. Eine tschechische Familie zog ein, deren einer Nachkomme noch heute dort wohnt. Die letzten 76 Jahre sind keineswegs spurlos am Kreuzberg 853 vorübergegangen. Bei der Betrachtung des heutigen Zustands fallen die unglücklich eingesetzten neueren Fenster ohne Oberlichter, die zurückgebauten Gauben und die maroden Dachfenster auf. Auch die Holzveranda wich einem unförmigen Betonanbau. Mittlerweile sind die beiden Häuser nicht mehr die einzigen auf dem Kreuzberg. Viele weitere Eigenheime sind in den letzten 30 Jahren dazugekommen und verändern die bekannte Stadtansicht. Bleibt noch die Frage nach dem Verbleib von Josef und Emma Nicht. Sie wurden nach Mitteldeutschland vertrieben. Dort fanden sie sich mit Tochter Erna und den beiden Enkeln wieder. Bis 1949 lebte Josef in Elsdorf bei Köthen in Anhalt, wo er mit 78 Jahren starb und auf dem dortigen Friedhof beigesetzt wurde. Die Familiengruft der Nichts auf dem Friedländer Friedhof blieb seinem Erbauer verwehrt. Leer blieb diese allerdings nicht. Seine zweitgeborene Tochter Hilde (1915–1918) und seine erste Frau Auguste Anna Maria Nicht/ Schicketanz (1885–1918) fanden dort ebenso ihre letzte Ruhe wie der erste Enkel Winfried (1929–1934) und Schwiegersohn Paul Pischel (1890–1944). Trotz des unscheinbaren Kreuzberg-Blicks auf Friedland sind in vielen Jahren Ansichten aufgenommen, gedruckt und in die Welt als Postkarten versandt worden. Heute sind einige der Postkarten, die Älteste von 1908, Teil der kleinen Familienchronik der Nachfahren von Josef Nicht, welche von Zeit zu Zeit durch weitere ergänzt werden. Wie es mit der Geschichte der Postkarten im digitalen Zeitalter weitergeht, wird sich zeigen. Dennoch hoffe ich, dass sie nicht ganz von der Bildflä he verschwinden.

nannt. Damit kam es zum Umzug der jungen Familie. Fortan lebten Josef und Emma allein in dem Haus. Innerhalb der Familie wurden einige Planungen vorgenommen, das Haus zu sanieren. Die Sickergrube und die Trockentoilette sollten einem Wasserklosett weichen, und am Nebengelass war eine Garage geplant für das bereits bestellte Automobil. Dazu kam es nicht mehr. Der Krieg brach aus, und die Entwürfe wurden hinfällig. Es folgten Fremden-Einquartierungen und einige erlebnisreiche Sommerferien für Doris und Peter, den jüngsten Sohn von Erna und Paul Pischel, bei den Großeltern am Kreuzberg. Wie viele Millionen Menschen in den Ostgebieten muss­ ten auch Emma und Josef Nicht 1945 ihr kleines Idyll am Rande von Friedland verlassen. Voran gegangen waren Hausdurchsuchungen und die Doris Pagel/Pischel, Paul Pischel, Josef Nicht, Emma Konfiszierung Nicht/Pfeifer, Erna Pischel/Nicht und Peter Pischel in eider Privatbi- ner Laube an der nordwestlichen Giebelseite des Hauses.

er Heimatkreis erhält immer wieder Anfragen, wo man die Heimatbücher von Deutsch Gabel und Zwickau sowie Hennersdorf bekommen kann. Vielleicht hat der eine oder andere ein Buch doppelt oder er benötigt es nicht mehr und ist bereit, es an jüngere Interessenten abzugeben. Bitte melden Sie sich, wenn Sie etwas abgeben können. Leider werden die Ortsbetreuer in sehr vielen Fällen von Sterbefällen nicht informiert. Daher kann in der Reichenberger Zeitung auch keine entsprechende Mit-

teilung erscheinen. In den meisten Fällen landen aber auch Bilder, Heimatbücher und andere geliebte Erinnerungen zusammen mit dem Nachlass ganz schnell im Container. Daher bitte ich die Leser der Reichenberger Zeitung um Hilfe bei der Meldung von Sterbefällen. Bitte sprechen Sie auch Hinterbliebene an, ob sie, wenn sie kein Interesse an der Heimat haben, bereit wären, alte Unterlagen mit Bezug zum Heimatkreis diesem zu überlassen. Vielen Dank für Ihre Unterstützung. Kontakt: Othmar Zinner, Fastlinger Ring 267, 85716 Unterschleißheim, Telefon (0 89) 3 10 73 83, eMail Othmar.Zinner @gmx.net

KREIS DEUTSCH GABEL Heimatkreis und Gemeindebetreuer gratulieren allen RZAbonnenten aus dem Kreis Deutsch Gabel, die im April Geburtstag, Hochzeitstag, ein Jubiläum oder sonst ein Ereignis begehen, und wünschen alles Gute und Gesundheit sowie den Kranken baldige Genesung. n  Heimatkreis – Geburtstag. Am 18. Steffi Runge, Ortsbetreuerin von Kunnersdorf, KätheKollwitz-Straße 3, 08499 Mylau, 69 Jahre. Wir gratulieren herzlich, wünschen alles Gute, vor allem Gesundheit, und danken für

die ehrenamtliche Mitarbeit für unsere Heimat. Othmar Zinner n  Hennersdorf – Sterbefall. Am 15. März starb Annemarie Merker/Hockauf, Haus-Nr. 99, mit 88 Jahren im Pflegen eim im sachsen-anhaltinischen Köthen. Unsere aufrichtige Anteilnahme gilt ihren beiden Töchtern und den übrigen Angehörigen. Rosl Machtolf n  Krombach – Geburtstag. Am 23. Walter Stolze, Voigdehäger Weg 15, 18439 Stralsund, 89 Jahre. Johanna Platz

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as Denkmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten auf dem eingeebneten alten Friedhof in Ringenhain – heute ein Ortsteil von Friedland – wird renoviert. Die Renovierungsarbeiten am Denkmal sollen im September beendet werden. Bild: Stanislav Beran

TERMINE n  Sonntag, 18. April, 11.30 Uhr, Heimatgruppe Deutsch Gabel/ Zwickau in München: Treffen im Löwenbräukeller (Wintergarten), Stiglmaierplatz (U 1, U 7). Auskunft: Gerhard Schlegel, Boosstraße 14, 81541 München, Telefon (0 89) 65 11 91 97, Mobil (01 76) 23 32 26 99, eMail ­gerhard@laska.com n  Sonntag, 29. August, 11.30 Uhr, Heimatgruppe Deutsch Gabel/Zwickau in München: Treffen im Löwenbräukeller (Wintergarten), Stiglmaierplatz (U 1, U 7). Auskunft: Gerhard Schlegel, Boosstraße 14, 81541 München, Telefon (0 89) 65 11 91 97, Mobil (01 76) 23 32 26 99, eMail ­gerhard@laska.com n  Donnerstag, 2. bis Sonntag, 5. September, Kriesdorf: 65. Heimattreffen in Kriesdorf/Křižany, Apartmán-Hotel Jítrava. Einzelheiten folgen. Auskunft: Christian Schwarz, Dr.-Krajnc-Straße 12a, A-6060 Hall in Tirol, Mobil (01 76) 99 93 30 39 oder (0 04 36 99) 11 12 59 56, eMail chris@clcs.at n  Sonntag, 5. Dezember, 11.30 Uhr, Heimatgruppe Deutsch Gabel/Zwickau in München: Treffen im Löwenbräukeller (Wintergarten), Stiglmaierplatz (U 1, U 7). Auskunft: Gerhard Schlegel, Boosstraße 14, 81541 München, Telefon (0 89) 65 11 91 97, Mobil (01 76) 23 32 26 99, eMail ­gerhard@laska.com


REICHENBERGER ZEITUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 14+15 | 16. 4. 2021

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� Die Geschichte des Böhmischen Glases

Weltberühmte Industrie Die Herstellung von Glas scheint eines der frühesten Gewerbe in unserem Gebiet, in Nordböhmen, zu sein.

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Die Bahnstation von Rückersdorf, tschechisch Dolní Řasnice. Bild: Stanislav Beran

� Friedland

Neues Blech für alten Bahnhof Eine „Weltseltenheit“ und eine „Blechbude ohne Fenster“ nennt unser Nordböhmen-Korrespondent Stanislav Beran den Bahnhof Rückersdorf bei Friedland.

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as Waldhufendorf Rückersdorf, tschechisch Dolní Řasnice, liegt zwischen Schönwald und Bärnsdorf an der Tafelfi hte im Tal der Rasnitz. Mit diesen Dörfern bildet es ein Siedlungsgebiet. Der Rückersdorfer Schmied Andreas Stelzig war 1679 bis 1681 ein Führer der aufständischen Leibeigenen in der Herrschaft Friedland. Im 19. Jahrhundert wuchs Rückersdorf zu einem der am dichtesten besiedelten Dörfer der Friedländer Herrschaft an. 1902 nahm die Friedländer Bezirksbahn die Strecke von Friedland nach Heinersdorf an der Tafelfi hte in Betrieb. An der liegt der Bahnhof Rückersdorf.

Nach einem Erlass der tschechischen Regierung ist die Strecke seit dem 20. Dezember 1995 als regionale Bahn, „regionální dráha“, klassifiziert. Und noch immer gehört die Bahnstation Rückersdorf zu den Haltestellen. Auch wenn ihr eher schlichter Blech-Bahnhof ein wenig gewöhnungsbedürftig ist. 1930 lebten in Rückersdorf 1216 Menschen. Nach dem Münchener Abkommen wurde der Ort dem Deutschen Reich zugeschlagen und gehörte bis 1945 zum Landkreis Friedland. 1939 hatte die Gemeinde 1139 Einwohner. Nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben die Tschechen den größten Teil der Deutschen Bevölkerung. Die 1864 von Josef Ressel gegründete Textilfabrik wurde verstaatlicht und ihre Gebäude zunächst vom Unternehmen Severochema Liberec, später als landwirtschaftlicher Speicher genutzt. nh

�Reichenberg

Altes Denkmal frisch geschändet

Das renovierte Gefallenendenkmal am 4. November. Das Gefallenendenkmal in Reichenberg-Rudolfsthal wurde mutwillig beschädigt.

mit den insgesamt 16 Namen mit dem Geburts- und Todesjahr der für das Vaterland gefallenen Helden: „Appelt Albin, *1890, †1918; Elstner Heinrich, *1879, †1916; Hauser Anton, *1876, †1915; Heinrich Bruno, *1897, †1917; Hirschmann Wilhelm, *1888, †1914; Hübner Ferdinand, *1878, †1915; Keil Gustav, *1899, †1918; Müller Josef, *1886, †1915; Plaschke Adolf, *1895, †1915; Simon Franz, *1884, †1918; Scharfenberg Gustav, *1883, †1918; Schatten Ernst, *1884, †1918; Schatten Julius, *1876, †1918; Tischer Adolf, *1891, †1917; Wünsch Gustav, *1891, †1917; Wünsch Josef, *1896, †1916. Viele Soldaten blieben vermisst oder starben in Gefangenschaft. Der Weltkrieg endete am 11. November 1918. Stanislav Beran

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nbekannte Täter wüteten im Reichenberger Stadtteil Rudolfsthal. Sie zerstörten die auf einem neu restaurierten und am 23. Juni 2017 eingeweihten Denkmal angebrachte Glasplatte mit den Namen der im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten. Am 2. April 2021 wurde die zerschlagene Ehrentafel aufgefunden. Über den oder die Täter ist noch nichts bekannt, eine Anzeige bei der Polizei wurde bereits erstattet. Ganz oben auf dem 3,63 Meter hohen Denkmal steht die schlichte Inschrift: „Der Heimat Dank 1914–1918“. Darunter befand sich die gläserne Ehrentafel

Die zertrümmerte Glasplatte mit den Daten der Gefallenen am 2. Bilder: Jitka Routková April.

ie Gegend, in welcher diese Industrie sich so außerordentlich entfaltete, begann östlich von Böhmisch Kamnitz. Die Hauptrollen spielen beim Glashandel die Orte Blottendorf, Bürgstein, Gablonz, Haida, Langmau, Meistersdorf, Parchen und Steinschönau. Ihren Anfang nahm die Glasfabrikation auf den Herrschaften Böhmisch Kamnitz und Bürgstein. Dort bestanden von altersher Glashütten, und um diese lagerten sich die Gewerbe, welche sich mit der Verfeinerung

und Ausschmückung des Glases befassten: mit dem Malen, Vergolden, Schneiden und Reißen. Venezianer hatten die Glasraffinerie in diese Gegend gebracht. Sie wurde meist nicht in den Glashütten, sondern als Haus­industrie betrieben. Die erste Glashütte soll unter dem Peter Berka von Duba und Lipa bei Sankt Georgenthal erbaut worden sein. Zu Daubitz im späteren Kreis Rumburg soll eine Glashütte im Jahre 1442, zu Kreibitz im späteren Kreis Warnsdorf 1504 und zu Falkenau im späteren Kreis Böhmisch Leipa 1530 gegründet worden sein. Eine wahrhaft bahnbrechende Tätigkeit entwickelte die Fa-

milie Schürer von Waldheim. Nach allen Richtungen, wo immer es schlagbare Waldungen gab, trugen die Schürer von ihrem Stammsitz Falkenau aus ihre Industrie in das Isergebirge, in das Erzgebirge und in den Böhmerwald bis in die Mitte des Landes hinein. Der Dreißigjährige Krieg vernichtete die Glasindustrie beinahe vollständig. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts begann sie sich ein wenig aufzuraffen. Erst Anfang des 18. Jahrhunderts machte sie einen erfreulichen Fortschritt. In der Gegend von Haida und Gablonz begann man, sich ausschließlich mit der Veredlung der Rohprodukte zu

beschäftigen und erhöhte durch kunstvolle Arbeit deren Wert nach und nach auf das Zehn-, 20bis 40-Fache. Deutscher Fleiß, deutsche Geschicklichkeit und Unternehmungslust hoben die Glasindustrie so, dass Böhmen nicht nur in der Monarchie vor allen Kronländern stand, sondern auch den obersten Rang unter jenen Ländern einnahm, die in dieser Branche arbeiteten. Von dem Gesamtwert der Produktion Österreichs an Glaswaren entfiel die Hälfte – mehr als zehn Millionen Gulden – auf Böhmen, von dieser Summe wieder mehr als zwei Drittel auf die Arbeit und nicht ganz ein Drittel auf das Otto Hörtler Rohprodukt.

… beherbergte einst die Haidaer Glasfachschule.

Das Glasmuseum in Haida …

� Sudetendeutsche brachten Hohlglasveredelung nach Mitteldeutschland

Von Haida nach Altenburg Die Hohlglasveredlung brachten Sudetendeutsche aus Haida und Steinschönau in den Kreis Altenburg in Thüringen.

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ordböhmen konnte sich eines dichten Glashüttennetzes rühmen. Die Blütezeit in diesem Gebiet war die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts, wo man auf allen Handelswegen Glas in die ganze Welt versandte. Der hohe Holzbestand zur Holzkohleherstellung und das reichlich vorhandene Wasser waren die Voraussetzung für die Errichtung von Glashütten. Auch Friedrich Egermann, der Entdecker des roten Rubinglases, stammte aus dieser Gegend. Er kam am 5. März 1777 in Schluckenau zur Welt und starb am 1. Januar 1864 in Haida. Noch heute wird das Glas nach ihm benannt. Man findet in vielen großen Museen der Welt „Egermanngläser“. Haida, eine unterhalb des 755 Meter hohen kegelförmigen Berges Kleis gelegene Stadt, war zusammen mit Steinschönau das Herz nordböhmischer, sudetendeutscher Glasindustrie und hatte zwei Glasfachschulen. Bis 1945 gab es in Haida 66 Glasraffiner en und Glasexporteure. Durch die Vertreibung der Deutschen 1945/46 aus dieser Region waren diese Menschen der Verzweifelung nahe. Ohne Hab und Gut mussten sie in wenigen Stunden Wohnung, Haus und Hof und ihre Werkstätten verlassen. Im Sommer 1946 kam, in Viehwaggons gepfercht, ein Transport vertriebener Sudetendeutscher in die Kreise Altenburg und Zeitz. Sie wurden auf die Orte Meuselwitz, Lucka, Brassen, Falkenhain und auf Dörfer des Umlandes von Zeitz aufgeteilt. Dabei waren auch einige Facharbeiter der Glasindustrie aus dem Gebiet Haida-Steinschönau. Sie waren ihres Eigentums beraubt worden

Die Vase von Otto Hörtler ist ein Andenken an die Eröff ung des Glasgeschäfts von Emil Opitz in Meuselwitz-Falkenhain. und hatten die Heimat verloren. Doch ihr Wissen und Können sowie ihre Kraft zum Neubeginn hatte man ihnen nicht nehmen können. Verbunden mit dem sprichwörtlichen Fleiß der Sudetendeutschen, wagten sie hier einen Neuanfang. Zum Beispiel gründeten die Geschwister Martha und Rudolf Volkmer aus Haida in der Bergbaugemeinde Falkenhain einen kleinen Betrieb zur Hohlglasveredlung im Hofe des ehemaligen Gasthofes Friedemann. Bemaltes Glas muss aber in Brennöfen bei Temperaturen von 850 bis 1000 Grad gebrannt werden. Elektrische Brennöfen, wie sie in der Heimat vorhanden waren, standen nicht zur Verfügung. Die gegenseitige Hilfe, besonders unter den Landsleuten, war das Gebot der Stunde. Im Hintergebäude des Gasthofes Friedemann erbaute ich, der Ofensetzer Otto Hörtler senior, auch ein

Vertriebener aus Blottendorf bei Haida, nach eigenen Entwürfen, mit Erfolg zwei Glasbrennöfen mit Kohlefeuerung. Bald wurde dieser Betrieb zu klein, die Nachfrage nach Gläsern, bemalt oder geschliffen mit alten original heimatlichen Motiven, war groß. Die Firma musste erweitern, ein geeignetes Objekt bot sich in Meuselwitz. Doch es scheiterte am damaligen Bürgermeister der Stadt, der kein Interesse an einer Ansiedlung eines ortsfremden Gewerbes hatte. Ganz anders die Stadtväter von Lucka, sie schafften die Möglichkeit einer Niederlassung und den Umzug 1960 des Betriebes nach Lucka. Aus der Initiative sudetendeutscher Glasfacharbeiter entwickelte sich ein Glasveredlungsbetrieb, auch junge Menschen wurden als Glasfacharbeiter ausgebildet. Gläser bemalt und geschliffen, schufen damals die Landsleute Franz Klimser, Walter Friesel, Emil Günther und Elisabeth Seifert, um nur einige aus den Anfängen des Betriebes zu nennen. Wie viele andere Betriebe in der „DDR“ wurde auch dieser Privatbetrieb in den weite-

ren Jahren zum Volkseigenen Betrieb (VEB) umgewandelt, also enteignet und verstaatlicht. Nach der politischen Wende gab es auch ein „Aus“ für diesen Betrieb. Ebenso erging es anderen sudetendeutschen Betrieben der Hohlglasveredlung in den thüringischen Städten Arnstadt, Ilmenau, Waltershausen, Finsterbergen und Tabarz. Einige Bürger der Stadt Lucka werden sich noch daran erinnern, dass es Sudetendeutsche waren, die dieses Handwerk in Lucka ansässig gemachte hatten. Franz Klimsers Frau stellte der Heimatstube der SL-Ortsgruppe Lucka einige Mustergläser zur Verfügung. Auch ich bin im Besitz einiger Originalgläser mit sudetendeutschen Mustern aus den Anfängen der Firma. Den Ingenieur und Glasfachmann Emil Oppitz, Sohn des letzten deutschen Bürgermeisters von Haida, hatte es ebenfalls mit seiner Familie nach Meuselwitz verschlagen. Er eröffnete in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein Glasgeschäft in Meuselwitz, er hatte aber in der damaligen Bergarbeiterregion Meuselwitz keine Perspektive. Otto Hörtler

Das Aquarell „Biedermeier-Interieur“ von 1830 zeigt das Wohnzimmer der Haidaer Glaskaufleu e Gotscher in Haus Nr. 67.


14

Sudetendeutsche Zeitung Folge 14+15 | 16. 4. 2021

Dux

Ladowitz

Klostergrab

Ossegg

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Bilin

Teplitz-Schönau

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – ­ eimatkreis Dux – Patenstadt Gerolz­hofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. H Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den See­gärten 35a, 63920 Großheubach, Tele­fon (0 93 71) 9 94 01, eMail ­klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schön­au – Paten­stadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail spacek@ teplitz-­schoenau-freunde.org. Redak­tionsschluss: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Lexa Wessel, eMail heimatruf@ sudeten.de

Graupen

Niklasberg

� Militärbadeanstalt Teplitz – Teil III und Ende

Kultureller Aufschwung der Kurstadt N

un schien es, dass sich das 42,5 Grad Celsius sich von der Interesse an KurbehandlunUrquelle nur minimal unterscheigen noch weiter steigern würden. de. Durch den Wassereinbruch Zum Stolz von Teplitz-Schöam Döllinger-Schacht bei Dux nau vollendete man den Kurstag­nierte zunächst der Bäderkomplex Beethoven im Jahr betrieb, da die Thermalquel1982, welcher elf historische Gelen in Teplitz und in der Riesenbäude und einen neuen Anbau quelle in Loosch bei Dux versiegerhielt. Dort brachte man überten. Damals waren die Bewohner wiegend Kurgäste aus den Nachvon Teplitz um ihren Ruf als Babarländern unter. Auch die übridestadt besorgt. 1895 gliederte gen Kurhäuser wurden nach und man die Nachbarstadt Schönau nach modernisiert. Und aus train die Kur- und Badestadt Teplitz ditionsreichen Gebäuden entein, zumal die Bebauungen und standen überwiegend in der Nädie Straßen bereits aneinanderhe des Kurgartens neue Hotels grenzten. Die Doppelstadt hieß und Restaurants. nun Teplitz-Schönau. Ausgebildete tschechische Mit der rapiden Entwicklung Fachleute übernahmen eheder Stadt wuchsen ihre gesellmalige deutsche Dienstleistunschaftlichen und kulturellen Ak- Das Teplitzer Zentrum mit dem Kurhaus Beethoven im Jahr 2007. gen. Dazu gehörten Geschäfte, tivitäten. Zeitungen, FachzeitKultur­einrichtungen wie Theaschriften und heimatkundliche nau auf 17 Prozent, in Turn, das Einen Tag nach Beendigung Kreis Teplitz ein. Der neue Kreis ter, Sinfonieorchester, RegioPublikationen erschienen. Neue damals noch selbstständig war, des Zweiten Weltkrieges am Teplitz/Teplice bestand nun aus nalmuseum, Bibliothek und Mittel- und Fachschulen beför- sogar auf 25 Prozent. Nach dem 8. Mai 1945 überschritt die Ro- 48 Gemeinden mit rund 130 000 seit 1969 die Einrichtung einer derten den Bildungsstand. Ne- Abklingen der nationalen Diffe- te Armee das Erzgebirge. In Te- Einwohnern. Nach der Liquidie- Sternwarte. Zu den bereits beben dem deutschen Gymnasi- renzen lebten beide Volksgrup- plitz-Schönau begrüßte sie die rung zahlreicher Dörfer durch stehenden Schulen kamen eine um, der Realschule und der Han- pen ohne offensichtliche Reibun- tschechische Minderheit; kein den rücksichtslos ansteigenden Medizinische Fachschule, eine delsschule gab es seit 1874 eine gen. Bis Ende der 1930er Jahre, Deutscher ahnte eine Vertrei- Kohlebergbau verminderte sich Volkskunstschule und ein Mustaatliche Fachschule für Kera- als unter dem Einfluss des na- bung aus seiner angestammten die Anzahl der Gemeinden auf sikkonservatorium hinzu. Das Nordböhmische staatliche mik und artverwandte Berufe, tionalsozialistischen Deutsch- Heimat. Viele tschechische Ra- 34. Zur Siedlungsstruktur der aus der einige Künstler hervor- lands auch die Deutschen in der dikale gaben sich als Partisanen neuen Kreisstadt Teplitz gehör- Sinfonieorchester führte Werke gingen. Die nächste dieser Art Tschechoslowakei ihre nationale aus und plünderten, quälten und ten, außer Teplitz und Schönau, klassischer und moderner Komwar in Karlsbad. Selbstständigkeit verlangten. töteten die wehrlose deutsche die man schon 1895 vereinigt ponisten auf, beteiligte sich am Programm des Im 1874 eröffneten Theater Dies begann mit dem überwäl- Bevölkerung. Beethoven-Fewirkten Schauspiel-, Opern- und tigenden Sieg der Henlein-Par- Erst Mitte 1946 stivals und bilOperettenensembles. Die be- tei bei den Wahlen 1935. Nach beruhigte sich dete ein festes reits zu Beginn des 19. Jahrhun- dem Anschluss Österreichs Mit- die Lage. Ensemble des derts gegründete Kurkapelle er- te März 1938 verlangten auch Für die Stadt Erzgebirgsweiterte man nun zu einem städ- die Sudetendeutschen den An- Teplitz-Schötheaters. Dort tischen Theater-Orchester, das schluss an das Deutsche Reich. nau setzte man führte man wie auch weiterhin Kolonnadenkon- Dies hatte ihnen nach dem Mün- einen Natiofrüher Opern, zerte bot. Das Vereinshaus in der chener Abkommen am 27. Sep- nalausschuss, Operetten und Lindenstraße galt als zweites Ge- tember 1938 eine internationale einen Národný musikalische sellschaftszentrum, in dem große Kommission genehmigt. So sehr Výbor, ein, der Komödien auf. Bälle, Konzerte und Akademien sich die nationale deutsche Be- die Verwaltung Im Jahr 1986 stattfanden. 1897 eröffnete das völkerung darüber freute, so be- der Stadt übererweiterte man Stadtmuseum, das sich auf ar- denklich wurde es für die tsche- nahm und für das Spektrum chäologische Funde und die Do- chischen Nationalisten und be- einen geregelkultureller kumentation der Glas- und Por- sonders für die Juden, die sich in ten Abschub Veranstaltunzellanforschung spezialisierte. der Mehrzahl zum Deutschtum der deutschen gen durch die Da es in den Bergwerken und bekannten. Bevölkerung Errichtung eiFabriken an Arbeitern mangelte, Nur Flüchtlinge besetzten den sorgen sollte. gelangten viele tschechische Ar- letzten Schnellzug nach Prag am Zuerst kehr- Zum 1100. Jahrestag der Entdeckung der warmen Quellen im Jahr 1862 er- nes Kulturhauses. beiter- und Angestelltenfamilien 9. Oktober. Die jubelnden Deut- ten die ehema- baute man den Teplitzer Kolostuj-Jubiläumsbrunnen im Kurgarten. Im Ausstelaus Innerböhmen in die bislang schen konnten damals nicht ah- ligen tschechivorwiegend deutsche Stadt. Als nen, dass ihnen nach dem Ende schen Bewohner in die Stadt zu- hatte, noch Turn, das 1947 an- lungssaal Dilo/Were, in der Kleisie fast ein Drittel der Stadtbevöl- des Zweiten Weltkrieges dassel- rück; diesen folgten tschechische gegliedert worden war, und seit nen Schlossgalerie und im Reveranstaltete kerung ausmachten, forderten be Schicksal blühen würde – zu- Familien aus Innerböhmen, de- 1962 die Orte Hundorf, Neudör- gionalmuseum sie die Errichtung tschechischer sätzlich zum Verlust an Gesund- nen man die leerstehenden Häu- fel, Prasseditz, Settenz und So- man wechselnde Ausstellungen. Der Magistrat der Stadt TeplitzSchulen und Tschechisch als heit und Leben. ser der vertriebenen deutschen borten. Amtssprache. Bewohner zuDer industrielle Charakter Schönau war bemüht, das balDas alles auf teilte. des Kreises, vor allem die Ta- neologische und kulturelle Aneinmal durchLangsam er- gebauförderung der Braunkoh- gebot der Vorkriegszeit wieder zusetzen war holten sich auch le und die zunehmende Existenz zu erreichen und zu verbessern. im Habsburdie zum Still- von Industriebetrieben, bilde- Dazu erwartete man auch viele ger Reich nicht stand gekom- te keine günstigen Bedingungen Kurgäste aus der Bundesrepuganz einfach. mene Industrie für einen geregelten Bäder- und blik Deutschland, deren AufentErst als das Misowie der Han- Kurbetrieb. Dadurch verlor die halt durch die Beibehaltung der litär 1920 das del. Man muss­ Stadt den Status eines Heilbades. tschechischen Währung Kronen Josephsdenkte zusätzliche Erst 1956 erteilte die Prager Re- noch verhältnismäßig günstig mal am TeplitLebensmittel gierung ihr die Anerkennung als war. Zusätzlich schulte man das zer Marktplatz aus dem ehe- Heilbad und Kurstadt. Dies stell- Fachpersonal in der deutschen entfernte, kam maligen Protek- te den Schutz der Thermalquel- und englischen Sprache. In Teauch die tschetorat Böhmen len und der Umgebung sowie ei- plitz-Schönau gab es viele Denkchische Volksund Mähren be- ne weitere Entwicklung des Ba- male und Sehenswürdigkeiten, die größtenteils bekannt wagruppe zu den schaffen. Den des sicher. von ihr geforBevölkerungsDie hauptsächliche Heilan- ren. Unsere Heimatstadt Teplitzderten Ansprürückgang, den wendung besteht in der Benutchen und Rechdie Vertreibung zung des Thermalwassers für Bä- Schönau war zwar nicht der „Saten. Teplitzverursacht hat- der und der zusätzlichen Ver- lon Europas“, strebte aber dieSchönau blieb te, konnte man wendung von Heilmoor bei ses Ziel als Mitglied der Europäaber bis 1945 eiauch 70 Jah- Erkrankungen von Armen und ischen Union an. Das langjährig ne von der deutre später nicht Beinen. Im Jahr 1978 gewann getrübte Verhältnis zwischen schen Bevölkevollständig aus- man durch eine Tiefenbohrung der deutschen und der tschechirung dominiergleichen. auf dem Marktplatz durch den schen Nation verbesserte sich zute Stadt. Mit der Ver- bekannten Hydrogeologen Ot- sehends. Die vertriebenen SudeWährend waltungsreform to Hynie eine neue Thermal- tendeutschen wurden offiziell als der Ersten Re1960 gliederte quelle, die Hynie-Quelle. Die „böhmische Landsleute“ angepublik erhöhte man die früher Tiefe der Bohrung schließt äu- sprochen, was auch mit dem Aussich die Anzahl selbstständißere Einflüsse auf die Qualität sterben der Vertriebenengenerader Tschechen Der Eingang zum Erzgebirgstheater/Krušnohorské Divadlo im Jahr 2007, gen Kreise Dux des Thermalwassers aus, deren tion zusammenhängt. Bild: Ludmila Horáková und Bilin in den Wirkung und Temperatur von Herbert Ring in Teplitz-Schö- früher Teplitzer Stadttheater genannt.

Trauerfeier für Dr. Vladimír Feix, Generaldirektor der Gesellschaft Český porcelán.

� Herr des Zwiebelmusters

Vladimír Feix † Am 15. März starb Vladimír Feix, langjähriger Direktor der Gesellschaft Český porcelán (Tschechisches Porzellan) und Ehrenbürger von Eichwald, mit 89 Jahren in Eichwald. Auf der Trauerfeier konnten sich viele von ihm verabschieden.

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ladimír Feix wurde 1947 Lehrling in der Eichwälder Porzellanfabrik. Seit 1970 leitete er die Fabrik, 1991 kaufte er sie. „Mit tiefer Trauer verkünden wir allen Porzellanliebhabern den Tod unseres Generaldirektors Vladimír Feix. Sein Abschied war plötzlich. In unseren Herzen und in jedem Stück Zwiebelmuster bleibt er “, schreibt die Firma auf Facebook. Neben der Fabrik, die einer der weltweit wichtigsten Exporteure von Porzellan mit Zwiebelmuster ist, hinterlässt Feix zwei Söhne. Einer leitet die Produktion in Eichwald, der andere ist Direktor der Tochterfirma Royal Dux. „Ich habe einen Nachfolger. So soll die Kontinuität aufrechterhalten werden“, sagte er in seinem letzten Interview mit der Lokalzeitung. Im Jahr 1864 kaufte der Eichwalder Anton Tschinkel die Untere Waldmühle in der heutigen Straße Tovární ulice und baute sie zur Majolika-Herstellung um. 1885 kaufte die Meißener Firma Teuchert die Fabrik und führte die Porzellanproduktion im Barockdesign mit dem Zwiebelmuster ein. Bis zuletzt leitete Vladimír Feix die Firma mit bewunderungswürdigem Elan. Jutta Benešová

Seit 2018 steht dieser Brunnen der Eichwälder Porzellanfabrik in Teplitz-Schönau am ehemaligen Graupener Tor.


HEIMATBOTE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 14+15 | 16. 4. 2021

Bischofteinitz

Ronsperg

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

15 Hostau

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterÿ ng, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Rai° eisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluss: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von Seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

Weißensulz – Teil IV und Schluss

Geschichte einer deutschen Stadt

1990 besucht Reinhold Macho (zweiter von rechts) Schloss Ronsperg.

Bagger räumt Rampe weg.

Schloss Ronsperg

Sanierung rückt immer näher Reinhold Macho, der 2005 verstorbene Bürgermeister der Bischofteinitzer Patenstadt Furth im Wald, war ein großer Europäer. Das zeigen auch die Partnerschaften mit den Städten Taus in der ˜R, Ludres in Frankreich und Furth bei Göttweig in Österreich. Deshalb lag ihm auch Schloss Ronsperg am Herzen, in dem Paneuropa-Union-Begründer Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi aufwuchs.

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ach der Wende gelang Macho, dass Bundeskanzler Helmut Kohl Geld für ein neues Dach des maroden Schlosses lokker machte. Unter einem damals noch kommunistischen Bürgermeister soll das Geld vor allem in dunkle Kanäle geflossen und mit dem Rest eine minderwertige Dacheindeckung vorgenommen worden sein. Dank Masumi Böttcher-Muraki konnten schließlich einige Zimmer im Schloss renoviert werden, aber auch da lief nicht alles nach den Vorstellungen der Gönnerin, die inzwischen Ehrenbürgerin von Ronsperg ist. Auf ihre Initiative wurde dort ein japanischer Garten als Partneranlage zum Zen-Garten in Furth im Wald angelegt.

Wegen der schlechten Zie- ten Friedhofs-Kapelle, die im gel hat das Dach wieder große Dezember eingeweiht wurden Löcher, und Nässe nagt an der ( SdZ 51/2020). Derzeit ist die Kommission, Gebäude-Substanz. Der Verein Pob°žo vice-Ronsperg unter Ja- die wegen Corona über Facena Podskalská wollte das Schloss book kommuniziert, weiter aksanieren. Unterstützung erfuhr tiv: Erste Pläne zur Rettung des er von Bernd Posselt, Volksgrup- Schlosses sollen in die Tat umgepensprecher und Vorsitzender setzt werden. Zunächst erhält das der Paneuropa-Union Deutsch- Schloss ein neues Dach. Im Südland. Der lud den damaligen flügel sollen Wohnungen und Bürgermeister Hynek ˝íh a, Jana ein Saal für Veranstaltungen einPodskalská und Karl Reitmeier gerichtet werden. Die Arbeiten sollen nächstes ins EuropaparJahr mit der lament ein, wo Dachsanierung sie ihre Pläne beginnen. vortrugen. BürgermeiDoch nach ster Kopecký Unstimmigfreut sich über keiten zwidie Verwirklischen ˝íh a chung der Pläund Podskalsne. Gegenká trat schnell wärtig sucht ein Stillstand ein. Außerdem Die ersten bemalten Steine für die er EU-Gelder für die Repazog Podskals- Aktion „Stein kaufen, Burg retten“. ratur des Südká nach Neugedein, wo sie Leiterin des Kul- flügels und hofft auf Unterstütturamtes wurde. Inzwischen ent- zung von allen Seiten. Er rechnet stand eine Schloss-Kommission mit umgerechnet etwa 900 000 unter Eva Vondrašová, die der Euro Kosten. Vor dem Südflüneue engagierte Bürgermeister gel wurde bereits eine hässliche Martin Kopecký wohlwollend Rampe entfernt, um das Umfeld unterstützt. Erste Aktion war die des Schlosses weiter zu verschöGestaltung der Nischen der al- nern.

Auch die Schloss-Kommission will ihren Obolus beitragen. Dafür plant sie Veranstaltungen und Aktionen. Das erste Ereignis fand bereits in der Woch nach Ostern statt. Das war ein virtueller Benefizlauf, zu dem auch Deutsche herzlich eingeladen waren. Dabei liefen die Teilnehmer nicht wirklich virtuell, sondern tatsächlich draußen in der Natur, auf ihrer Lieblingsstrekke – manche auch mit Hund – oder zu Hause auf einem Laufband. Mitmachen konnten alle von Kindern bis Großeltern. Und jeder lief in seinem eigenen Tempo. Das Startgeld betrug 100 Kronen für das Schloss. Die nächste Aktion trägt das Motto „Stein kaufen, Burg retten“. Die Schloss-Kommission bat lokale Künstler und Hobbykünstler, Steine zu bemalen. Diese werden im städtischen Kultur- und Informationszentrum verkauft werden. Sobald Corona nachlässt, sollen Lehrpfade unter anderem im Schlosspark angeboten werden, um das Interesse an Geschichte zu wecken. Aktuelles bietet die Internetseite der Schloss-Kommission www.zamekpobezovice.cz oder Facebook. lr

Eisendorf

Glockenturm und Biberschwanzziegel Waldemar Hansl, Ortsbetreuer von Eisendorf und Vorsitzender des Heimatvereins Eisendorf, berichtet.

W

Gebäude durchzuführen. Die Finanzierung sollte von Vereinsmitteln und den vom Markt Eslarn zweckgebunden verwalteten Geldern erfolgen. Da die Kapelle Eslarns Eigentum ist, nahm ich mit dem Ersten Bürgermeister Rainer Gäbl und dem Verwaltungsleiter Georg Würf Kontakt zur Abstimmung der Sanierung auf. Die ersten notwendigen Schritte besprachen wir vor Ort mit dem Bauhof-

leiter. Gegenwärtig hole ich Angebote für die Dacheindeckung, Putzausbesserung und Malerarbeiten ein. Die Aufträge vergibt Eslarn. Die Kapelle sollte so saniert werden, dass die nächsten 25 Jahre, von Kleinigkeiten abgesehen, „Ruhe herrscht“. Da sie von Bäumen umgeben ist, stellt sich die Frage, ob Biberschwanzziegel die vorhandenen Schindeln – einfache Brettchen – ersetzen sollen.

egen der Corona-Pandemie und meiner monatelangen Krankheit mit Klinikaufenthalten erscheint es vielen sicher so, als hätten wir alle Aktivitäten bezüglich unserer Interessen in Eslarn aufgegeben. Mir ist bewusst, dass dies viele verärgerte. Deshalb möchte ich die Landsleute informieren und versichern, dass wir unsere Ziele weiterverfolgen. Bei unserer letzten Jahresversammlung 2019 stand die Sanierung unserer Waldkapelle in der Tillyschanz zur Diskussion. Ich regte damals an, die Kapelle im Rahmen einer Gesamtsanierung mit einem Glockentürmchen zu versehen. Die Glocke wäre von der Passauer Glockengießerei Perner gestiftet worden. Auf Vorschlag unseres Ehrenvorsitzenden Josef Hoffmann entschied die Versammlung, darauf zu verzichten und eine Sanierung ohne optische Veränderungen am Die Waldkapelle ist dem heiligen Forian geweiht.

Nach wie vor meine ich, dass die Gelegenheit zur Errichtung eines Türmchens zur sicheren Unterbringung einer kleinen Glocke genutzt werden sollte. Möglicherweise erhalten wir dafür eine öffentliche Förderung. Wegen der Glockenspende wäre nach der zwischenzeitlich verstrichenen Zeit noch anzufragen. Die Sanierung sollte heuer erfolgen. Auf jeden Fall soll sie im Sinne der Landsleute erfolgen, weshalb ich um Meinungen bitte an Postfach 1105, 92691 Eslarn, Telefon (01 51) 28 92 19 32. Eine weitere Aufgabe nach der Sanierung sehe ich in der inhaltlichen Aufarbeitung der Geschichte der Heimatvertriebenen unserer Region. Ebenso ist sicherzustellen, dass neben dem Areal der Kapelle auch unser Ehrenmal in Eisendorf gepflegt wird, sobald dies wieder möglich ist. Die Pandemie lässt noch keine Prognose zu, ob wir unser Waldkapellenfest heuer im Juli feiern können. Ich hoffe darauf, da die Zahl der Besucher immer kleiner wird. Ich Bild: Siegfried Zeug werde zeitnah informieren.

wirtschaftlichen Verein. Später kamen der Sportverein, der Verschönerungsverein, der Kriegerverein sowie der Gesang- und Musikverein. Letzterer leistete mit seiner Laienspielgruppe unter seinem Chorleiter und der Lehrerschaft viel, zumal auch die Bevölkerung eißensulz hatte einen Kin- schul- und bildungsfreundlich dergarten, eine Volks-, ei- war. Leider fanden zahlreiche ne Bürger- und eine Fortbil- männliche Mitglieder im Zweidungschule, ein Reichsbahnaus- ten Weltkrieg ihr Grab in frembesserungswerk, einen Bahnhof, den Landen. ein Post-, Telegrafen- und FernErwähnenswert sind die drei sprechamt, eine Brauerei, ei- Weißensulzer Brücken. Einen Meierhof, eine führte über ne Spitzenfabrik, den Pössigkaueine Raiffeisener Bach, zwei kasse, eine Banküber den Weißfiliale, ein Lichtbach oder Radspieltheater, zwei busa. Die schönKunstmühlen, ein ste war die denkSägewerk, zehn malgeschützte GastwirtschafUntere Brücke. ten – davon drei Sie wurde unter mit Sälen –, acht der Reichsgräfin Fleischereien, von Metternich drei Bäckereien, im verkleinerten eine LimonadenMaßstab der Praerzeugung, eine ger Karlsbrücke Konditorei, eine nachgebaut, beObst- und Gemüsaß acht Durchsehandlung, vier lässe und trug größere und meh- Die heilige Maria von der Un- zu beiden Seiten rere kleinere Le- befleckten Empfängnis zer- überlebensgroße bensmittel-, Tex- tritt der Schlange den Kopf Steinfiguren. Für til- und Schuhderen Fundament geschäfte sowie Baugeschäfte, wurden die Brückenpfeiler verSchneider, Sattler, Tapezierer, breitert, so dass in den SeitenMaler, Tischler, Glaser, Ofenset- mauern Nischen ausgespart werzer, Eier-, Butter- und Geflügel- den konnten. händler. Die Statuen stellen folgende An Vereinen gab es 1913 die Heilige dar: Vom Ort gegen den Feuerwehr mit 143, den Rind- Bahnhof links den Erzengel Miviehzuchtverein mit 117, den Ve- chael mit Flammenschwert, den teranen- mit 72, den Lese- und Landesheiligen Johannes von Unterhaltungsverein mit 23, Nepomuk und den heiligen Jodas Landwirtschaftliche Kasi- sef, rechts die Gottesmutter Mano mit 91, den Deutschen Böh- ria, die der Schlange den Kopf merwaldbund mit 37, den Bund zertritt, in der Mitte den zweider Deutschen mit 123, die Deut- ten Landesheiligen, Herzog sche Sängerrunde „Edelweiß“ Wenzel, und den heiligen Promit 81 und den Schulverein mit kop. Im Zweiten Weltkrieg woll46 Mitgliedern sowie den Spar- te ein Kommando dieses Kleinund Darlehenskassenverein, den od sprengen, was Bürgermeister Land- und forstwirtschaftlichen Ferdinand Wild verhinderte. Bezirksverein und den BienenJosef Bernklau

Am Zusammenfluss des Pössigkauer Baches und der Radbusa liegt, zwischen sanften Hügeln eingebettet und von der nach Eisendorf führenden Kreisstraße durchzogen, Weißensulz. Hier der letzte Teil der Geschichte einer deutschen Stadt.

W

TERMINE Freitag, 4. Juni, 14.00 Uhr, Heiligenkreuz: Gottesdienst mit Bischof Monsignore Tomáš Holub von Pilsen in der Pfarrkirche Zum Heiligen Kreuz. Gäste will-

kommen. Auskunft: Peter Gaag, Fridinger Straße 8, 70619 Stuttgart, Telefon (07 11) 4 76 07 25, Telefax 4 76 07 26, eMail peter. gaag@t-online.de

WIR GRATULIEREN Im April gratulieren wir herzlich folgender Abonnentin des Bischofteinitzer Heimatboten und wünschen Gottes Segen:

Weißensulz. Ilse Maier (Tochter von Kafmoa Mine), 74 Jahre. Regina Hildwein Ortsbetreuerin

Ortsbetreuerecke

H

erzlich gratulieren wir im April Heidrun Böttinger, Ortsbetreuerin von Bischofteinitz, am 2. zum 73. Geburtstag; Franz Neudecker, Ortsbetreuer von Pollschitz, am 5. zum 82. Geburtstag; Christine Spaderna, Ortsbetreuerin von Frohnau, am 9. zum 90. Geburtstag; Gertrud Schieberl, ehemalige Ortsbetreuerin von Obermedelzen, am 17. zum 87. Geburtstag; Rudolf Stok-

kert, ehemaliger Ortsbetreuer von Waldersgrün, am 17. zum 89. Geburtstag und Anneliese Seidl, Ortsbetreuerin von Schmolau, am 19. zum 75. Geburtstag. Wir wünschen alles Gute, noch viele Jahre in guter Gesundheit und danken für den steten und tatkräftigen Einsatz für unsere Heimat! Peter Pawlik Heimatkreisbetreuer


16

Sudetendeutsche Zeitung Folge 14+15 | 16. 4. 2021

Heimatbote für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstra­ße 21, 83352 Altenmarkt, Tele­fon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl­ @online.de. In­ter­net www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluss: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

� Weltreisender und Schulleiter aus Roßhaupt

Edgar Salfer † Bereits am 8. August starb Edgar Salfer, ein Cousin der Roßhaupter Ortsbetreuerin Helga Kett, in München. Am 4. Oktober wäre er 88 Jahre alt geworden.

E Die Skulptur „Jesus in der Ruh“ sah Dr. Wolf-Dieter Hamperl 1990 auf dem Hochaltar in der Haider Schlosskapelle. Wo sie heute ist, weiß er nicht. Rechts Restaurator Josef Brunner vor dem Gemälde „Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz“ in seinem barocken Urzustand.

Das Gemälde „Einzug Jesu in Jerusalem“ entsteht 1678, wird von Schmiedl umgearbeitet und von Brunner restauriert. Rechts vor der Restaurierung.

dgar Salfers Eltern Franz und Anna Salfer betrieben im Roßhaupter Haus Nr. 113 die Spitzner Bierschänke in der Nähe vom Franzweiher, wo heute eines der Casinos steht. Im Zuge der Vertreibung strandete Edgar mit Eltern und Schwester Irmgard im niederbayerischen Passau. Dann trennten sich die Wege der Geschwister. Irmgard ging nach Linz, Edgar nach München. In München wurde Edgar Lehrer und brachte es bis zum Schulleiter. Mit seiner Frau Ilse bereiste er die Tschechische Republik, die nordischen Länder Europas und die USA, wo er auch als Skilehrer wirkte. Edgar kannte die Roßhaupter Familien gut. Er stammte aus der Salfer-Familie Annesbauern im Haus Nr. 85 gegenüber der Dorf-

kirche. Obwohl von großer Heimatliebe geprägt, scheute er allerdings alle Besuche im „neuen“ Roßhaupt. Darüber hinaus vermied er alle Heimattreffen ab 2005 mit der Haltung: „Ich bewahre das alte Roßhaupt in meinem Herzen.“ Für den Heimatboten schrieb er mehrere Artikel. Dazu gehört der Beitrag über die Roßhaupter Kirchenruine „Was soll aus ihr werden? “ Mit 85 Jahren schrieb er mir schließlich: „Ich will doch einmal die renovierte Kirche sehen.“ Mit Wehmut folgte dann im Dialekt seine Erkenntnis: „Es koa koina doubleibm.“ Nach so vielen Reisen und einem tragischen häuslichen Unfall endeten Edgar Salfers Lebensziele. Wir wünschen dem ewig Reisenden die Ruhe und Seeligkeit beim Herrgott. Edgar schrieb mir: „Ich habe bereits ins Jenseits geschaut und traf meine Lieben.“ Das wünschen wir uns wohl alle. Heribert Kett Stellvertretender Ortsbetreuer

� Haider Land

Werke der Gebrüder Schmiedl der Schmiedls. Jedenfalls lebten sie in Weißensulz, im Haus mit der Nummer 40. Sie malten Altarbilder und Kreuzwege, sie schnitzten Kreuze, Statuen und Wangen von Kirchenbänken und

fertigten Altäre und Orgelgehäuse. Nach dem Brand der Pfarrkirche in Weißensulz am 1. September 1826 folgte der Wiederaufbau in den Jahren 1840 bis 1850. In diesen Jahren schnitzten die ürzlich wurde ein Ölbild reBrüder die Wangen der Kirchennoviert, das früher ein Altarstühle und die Statuen der Apobild in der ehemaligen Pfarrkirstel, sie malten die Kreuzwege che in Hollezrieb, tschechisch in Weißensulz und Eisendorf. Holostřevy, im Nachbarkreis Auch die Altarbilder der GoMies gewesen ist. Es war an druscher Kirche Sankt Steder Hinterseite des Hochphan (1851), das Altarbild altars angebracht und der Kapelle des heiligen brachte die WeißenWenzel in Godrusch, sulzer Künstlerfamitschechisch Jadruž, lie Schmiedl wieder und das Hochaltarans Licht. Das schön bild in der Pfarrkirrestaurierte Ölbild che in Prostibor, tschestellt die kniechisch Prostiboř, ende heilige (1872) schuBarbara dar, fen sie. Diese wie sie, an den Bilder sind siHänden gefesgniert, manchselt, von einem mal auch mit wild dreinJahreszahl. schauenden Bei der ErSoldaten entneuerung der hauptet wird. Loreto-Anlage Engelchen halin Haid hatten ten schon den die Schmiedls Kranz und das einen großen Allerheiligste Auftrag erhalüber sie. Unten. Sie hatten ten rechts von den Auftrag der Heiligen bekommen, steht ein schödie großen ner barocker Ölbilder mit Turm, ihr Symder Darstelbol. lung des LeiDas Bild dens von Jesus hing nach der Christus zu reRenovierung novieren. Die an der rechten auf Holz geChorwand der malten ÖlbilHollezrieber der stammten Kirche, heuaus dem Jahte findet man re 1678, erstes in der Loremals waren sie to-Anlage in 1740 renoviert Haid, tscheworden. Dabei chisch Bor. Wir Das Altarbild mit der Darstellung der Enthauptung der heiligen Barbara. hatte man die wissen bisher Das Bild hing früher an der Rückseite des Hochaltares in Hollezrieb. Nach Wappen der wenig über die der Renovierung befand es sich im Chorraum dieser Kirche. Jetzt ist es in der stiftenden FaLoreto-Anlage in Haid. Lebensdaten milien nicht

Wolf-Dieter Hamperl berichtet über Werke der Brüder Mathes und Johann Schmiedl aus Weißensulz im Nachbarkreis Bischofteinitz im Haider Land.

K

geschont. Bei der Erneuerung in den Jahren 1868 bis 1872 durch den Maler Mathes Schmiedl verschwanden die Wappen ganz. Teilweise waren wohl die Bilder in so einem schlechten Zustand, dass sie neu gemalt wurden, so zum Beispiel das Bild des Einzugs Jesu in Jerusalem am Palmsonntag auf einer Eselin oder das Bild des letzten Abendmahles. Diese Bilder hat Schmiedl weniger restauriert als im Zeitgeist neu gestaltet. Diese großen Ölbilder der Loreto wurden am Anfang der 1990er Jahre von Josef Brunner, einem Restaurator in einem Vorort von Prag, erneuert. Brunner war ein Bayer, der vor den Nazis nach Prag geflo en war. Der damalige Haider Stadtpfarrer Monsignore Vladimír Born hatte sie ihm gebracht. Das Bild vom Einzug in Jerusalem war signiert „Gemahlen vom M. Schmiedel aus Weisensulz 1872“. Auf anderen Bildern steht „Renoviert ...“. Hans Schächer, Autor des Werks „Fünfbuch der Stadt Haid“, das 1925 in Wien erschien, kommentiert: „Sie vernichteten jede Spur einstiger Schönheit.“ Von Hans Schächer erfahren wir, dass auch der „Jesus in der Ruh“, der sich in einer neu gestalteten Grotte gegenüber dem Treppenaufgang zum Obergeschoß des Frontespiziums der Loreto-Anlage befand, von Schmiedl stammte. Die Weißensulzer Kunsthandwerker werden natürlich auch in zahlreichen Kirchen des Kreises Bischofteinitz gewirkt haben, ohne dass wir heute ihre Werke kennen. Noch eine Episode aus ihrem Leben hat sich erhalten. Die beiden Künstler wurden in Weißensulz wohl wegen ihrer Eigenart gehänselt und geärgert. Besonders als beim Zuhauen der Statue des Apostels Judas das Beil in den Fuß des einen fuhr, verspottete man sie derart, dass sie nach Neudorf umzogen.

Diese Federzeichnung der Roßhaupter Kirche schuf Janette Reine auf Anregung von Pater Jordan Fenzl (1930–2020), die eine Schülerin des Augustinerpaters in der Günzburger Maria-Ward-Realschule war. Der gebürtige Roßhaupter Pater Jordan war außerdem Vertriebenenseelsorger. Ortfried Kotzian, der Vorstandsvorsitzende der Sudetendeutschen Stiftung, nannte ihn einen begnadeten Religionspädagogen.

TERMINE n  Sonntag, 1. August, 10.00 Uhr, Neulosimthal: Gottesdienst anlässlich des Sankt-Anna-Festes mit Monsignore Andreas Uschold in Georgenberg-Hinterbrünst am Gedenkstein beim Kastanienhof. Auskunft: Albert Kick, Faislbach 5, 92697 Georgenberg, Telefon (0 96 58) 3 15.

WIR GRATULIEREN Wir gratulieren folgenden Abonnenten des Tachauer Heimatboten herzlich zum Geburtstag im April und wünschen alles Gute, Gesundheit und Gottes reichen Segen. n  Ringelberg. Am 5. Rosa

Lechner/Träger (Peitschahansn), 85 Jahre. Manfred Kaßeckert Ortsbetreuer

n  Lusen, Tholl. Am 18. Maria Baier/Scharnagl (Tholl Nr. 15) in Vohenstrauß-Allenstadt, 82 JahHeidi Renn re. Ortsbetreuerin n  Roßhaupt. Am 27. Josef Zintl, 81 Jahre, und am 29. Alois Salfer, 77 Jahre. Helga und Heribert Kett Ortsbetreuer

Ortsbetreuerecke

H

erzlich gratulieren wir im April Hildegard Schmitt, Ortsbetreuerin von Darmschlag, am 6. zum 81. Geburtstag und Paula Marterer, Kassenleiterin, am 26. zum 81. Geburtstag. Wir wünschen alles Gute, Gesundheit sowie Gottes Segen und danken für alle ehrenamtlich geleistete Arbeit für unsere Heimat. Sieglinde Wolf Stellvertretende Heimatkreisbetreuerin


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