Bernd Fabritius MdB vertritt Deutschland im Europarat (Seite 3)
Sudetendeutsche Zeitung Neudeker Heimatbrief
Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung 160. Jahrgang
HEIMATBOTE
Jahrgang 73 | Folge 16 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 23. April 2021
VOLKSBOTE
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B 6543
Tschechien weist 18 russische Diplomaten aus
Neue Eiszeit zwischen Prag und Moskau Am Montag hätte Innenminister, Interims-Außenminister und Vizepremier Jan Hamᘠek nach Moskau fliegen wollen, um mit Rußland über die Lieferung des Anti-Covid-Impfstoffes Sputnik V zu verhandeln, obwohl das Vakzin in der EU noch nicht zugelassen ist. Nachdem selbst Premier Andrej Babiš öffentlich Kritik an den Reiseplänen seines Stellvertreters geübt hatte, mußte Hamᘠek in Prag bleiben – zum Glück auch für ihn selbst, denn nach dem vergangenen Wochenende dürfte Hamᘠek derzeit in Moskau nicht mehr willkommen sein.
A
m Samstag, also nur zwei Tage vor der ursprünglich geplanten Moskau-Reise, hatte Hamá° ek an der Seite von Babiš im Fernsehen verkündet, daß 18 Angehörige der russischen Botschaft in Prag innerhalb von 48
Stunden Die Tschechische Republik verlassen müssen. Beobachter sehen darin einen der schwersten Konflikte zwischen Russen und Tschechen seit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989. Auslöser dieser Eiszeit ist ein Vorfall aus dem Jahr 2014. Damals war es im Munitionslager im ostmährischen Wirbietitz, tschechisch Vrb˙tic e, rund 330 Kilometer östlich von Prag, im Oktober und Dezember zu Explosionen gekommen. Dabei verloren zwei Menschen ihr Leben, und es entstand enormer Sachschaden. Die langjährigen Ermittlungen einer Sondereinheit für organisierte Kriminalität mündeten – Zufall oder nicht – am Samstag in einem öffentlichen Fahndungsaufruf der Polizei. Demnach suchen die tschechischen Ermittler nach zwei Männern, deren Pässe auf die Na-
„Das Nationale Zentrum gegen organisierte Kriminalität (SKPV) bittet um Unterstützung bei der Suche nach zwei Personen im Zusammenhang mit der Untersuchung einer schweren Straftat“, twittert die tschechische Polizei am Samstag, 17. April. Bild: Polizei men Alexander Petrow und Ruslan Boschirow lauteten – zwei Namen, die 2018 auch im Zusammenhang mit der Vergiftung des ehemaligen Doppel-Agenten Sergei Skripal in Großbritannien eine Rolle gespielt hatten. Britische Behörden hatten seinerzeit
erklärt, dies seien die Pseudonyme zweier russischer Geheimdienstmitarbeiter, die für den versuchten Mord an Skripal verantwortlich seien. Der ehemalige Oberst des sowjetischen, später russischen Militärnachrichtendienstes GRU war 1995 vom bri-
DIESE WOCHE
tischen Auslandsgeheimdienst MI 6 rekrutiert worden und Jahre später aufgeflogen. Nach sechs Jahren in russischer Haft wurde er 2010 im Rahmen eines Agentenaustauschs freigelassen und hatte sich in der englischen Stadt Salisbury niedergelassen. Den Giftanschlag mit dem russischen Nervenkampfstoff Nowitschok hatte Skripal nur knapp überlebt. Moskau reagierte prompt. Prag sei sich sehr bewußt, was auf „solche Tricks“ folge, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Wochenende. Und der russische Abgeordnete und Außenpolitiker Wladimir Dschabarow polterte, die tschechischen Vorwürfe seien absurd und müßten mit einer gleichen Reaktion beantwortet werden. Im Gegensatz dazu twitterte die USA-Botschaft in Prag, die USA stünden fest an der Seite ihres Nato-Ver-
Jakub Kulhánek folgt auf Tomáš Pet˜í°ek
Interview
Europa schaut auf den neuen Außenminister
Torsten Fricke befragt Bernd Fabritius Seite 3
Kolumne
Pater Martin widmet sich dem guten Hirten Seite 5
KURSE
1 CZK = 0,03773 EUR 1 EUR = 26,4774 CZK
„Am Mittwoch, den 21. April, um 14.00 Uhr, werde ich vom Präsidenten der Tschechischen Republik zum Außenminister ernannt. Es ist eine immense Ehre für mich“, hat Jakub Kulhánek, zu diesem Zeitpunkt noch Staatssekretär unter Innenminister Jan Hamᘠek, vergangene Woche getwittert.
Portrait
Ulrich Miksch gedenkt des Ausnahme-Journalisten Hugo Portisch Seite 10
Wunderheiler
Der Neudeker Heimatbrief schildert das Wirken von Baptist Rölz. Seite 12
Z
Virtueller Lauf
Freunde sammeln für Ronsperg Seite 15 Neuer Außenminister: Jakub Kulhánek war zuvor Staatssekretär im Innenministerium.
Bild: Ministerstvo vnitra ˜R
Neuer Termin: 16. bis 18. Juli 2021 in München
Sudetendeutscher Tag verschoben
Die aktuelle Pandemielage, bei der Hof leider Spitzeninzidenzen aufweist, sowie die damit verbundenen politischen und rechtlichen Unsicherheiten machen es nötig, den für Pfingsten in der oberfränkischen Metropole geplanten Sudetendeutschen Tag auf das Wochenende von 16. bis 18. Juli und nach München zu verschieben.
D
er Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt, erklärte dazu: „Der geschäftsführende SLBundesvorstand ist nach eingehender Prüfung der Verhältnisse und ausgiebiger Debatte einver-
bündeten und begrüßten dessen Schritte. Sogar der tschechische Staatspräsident Zeman, der für eine prorussische Haltung bekannt ist, habe seine „absolute Unterstützung“ ausgesprochen, sagte Andrej Babiš. Der Premierminister weiter: „Die Tschechische Republik ist ein souveräner Staat und muß auf solch beispiellose Erkenntnisse adäquat reagieren.“ Viel Arbeit also für den neuen Außenminister Jakub Kulhánek (siehe unten), der am Mittwoch von Staatspräsident Zemann vereidigt wurdet. Dessen Vorgänger Tomáš Pet˜í°ek hält den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Vorwürfe übrigens nicht für einen Zufall. Er sagte gegenüber den Medien, diese Informationen hätten „bereits seit Wochen in den Sicherheitskreisen“ kursiert. Jaroslav Šonka/Torsten Fricke
Das Sudetendeutsche Museum in München. nehmlich zum Beschluß gelangt, das unkalkulierbare Risiko für ein Pfingsttreffen in Hof auch hybrid nicht eingehen zu können. Dafür bitten wir um Verständnis.
Bild: Torsten Fricke
Da aber nicht wieder ein Jahr ohne Sudetendeutschen Tag vorübergehen soll und der Impfvorgang Gott sei Dank nunmehr erheblich an Tempo gewinnt, wol-
len wir einen – wie für letzten Herbst ins Auge gefaßten, aber zu diesem Zeitpunkt leider nicht mehr möglichen – kleineren Sudetendeutschen Tag in München vorbereiten, und zwar für das Wochenende von 16. bis 18. Juli. Im Mittelpunkt werden thematisch das neue Sudetendeutsche Museum, das voll in das Programm einbezogen werden soll, sowie die bevorstehenden Wahlen zum Deutschen Bundestag und zum Tschechischen Parlament stehen. Diese Faktoren machen neben den besseren klimatischen Bedingungen, die Außenaktivitäten ermöglichen, den Juli-Termin sinnvoll.“
uvor hatte der pro-europäische Tomáš Pet˜í°ek (SdZ berichtete) nach einem verlorenen Machtkampf mit Hamá° ek um die Parteiführung der tschechischen Sozialdemokraten ˛SSD seinen Stuhl räumen müssen. Jetzt fragen sich Beobachter, ob sich mit der Personalie auch die außenpolitische Ausrichtung der Tschechischen Republik ändert, zumal diese weitgehend von Staatspräsident Miloš Zeman mitbestimmt wird, dem ein enges Verhältnis zu Rußland und China nachgesagt wird. Fakt ist, Kulhánek ist nur die zweite Wahl. Ursprünglich war geplant gewesen, daß Lubomír Zaorálek (˛SSD) vom Kultur- ins Außenministerium wechselt. Doch Zaorálek, der von 2014 bis 2017 bereits Außenminister war, lehnte ab. Seine Begründung: Die Einmischung von Staatspräsident Zeman und Premierminister Babiš sei ihm zu groß. „Jakub Kulhánek wird ein guter Außenminister sein. Er studierte an einer angesehenen amerikanischen Uni-
versität, arbeitete als Stellvertretender Leiter des Außenministeriums, des Verteidigungsministeriums und des Innenministeriums“, lobt Hamá° ek öffentlich seinen neuen Kabinettskollegen. Kritik kommt dagegen von Pavel Fischer, dem Vorsitzenden des Senatsausschusses für auswärtige Angelegenheiten. „Wir brauchen einen Außenminister, der internem und externem Druck standhält und kein Werkzeug von Einflußgruppen ist“, sagt Fischer und spielt damit auf Kulháneks Tätigkeit von 2016 bis 2018 als externer Berater für den damaligen chinesischen Investment-Giganten CEFC an. Dessen Gründer Ye Jianming wurde 2017 sogar zum Berater des Präsidenten Miloš Zeman ernannt, aber ein Jahr später in China wegen des Vorwurfs der Bestechung verhaftet. CEFC wurde daraufhin vom Staat übernommen. Unterdessen versucht Kulhánek, der vor seinem CEFCEngagement als, so Ex-Botschafter Petr Kolá˜, „moderner, prowestlicher Sozialdemokrat europäischen Zuschnitts“ galt, die Zweifel zu zerstreuen. So äußerte sich Kulhánek am Sonntag via Twitter kritisch zur möglichen Auftragsvergabe für den Ausbau des Atomkraftwerks Dukowan an den russischen Konzern Rosatom – eigentlich ein Herzensprojekt des tschechischen Präsidenten Zeman. JS/TF