200. Geburtstag: Was Brünn für das Mendel-Jahr plant (Seite 5)
Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung 160. Jahrgang
HEIMATBOTE
Jahrgang 73 | Folge 18 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 7. Mai 2021 Europamonat Mai
Delegation der Sudetendeutschen Volksgruppe reiste nach Altötting Seite 2
KURSE
1 CZK = 0,0387 EUR 1 EUR = 25,868 CZK
Stipendien für Künstler
Auf Adalbert Stifters Spuren in Oberplan Seite 4
Mai 1945 in der ČSSR
Kateřina Kovačková stellt ihr Buch vor Seite 8
Schwab-Villa
Haus in Reichenberg vom Abriß bedroht Seite 12
VOLKSBOTE
Postvertriebsstück · Deutsche Post AG · Entgelt bezahlt Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH · Hochstraße 8 · D-81669 München · eMail zeitung@sudeten.de
Pandemie-Maßnahmen belasten das deutsch-tschechische Verhältnis
Ministerin Trautner plant Prag-Reise Volles Programm für Bayerns Staatsministerin Carolina Trautner. Wenn es die Pandemielage wieder zulässt, werde sie umgehend in die Tschechische Republik reisen und dort auch das Gespräch mit den tschechischen Politikern suchen, sagte die CSU-Politikerin in einem Interview mit der Sudetendeutschen Zeitung (siehe Seite 3).
F
ür Trautner, die am 6. Februar 2020 das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales übernommen hat und damit auch für die Vertriebenenpolitik der Staatsregierung verantwort-
lich ist, wird dies die erste Reise in ihrer neuen Funktion sein. Die Treffen mit tschechischen Politikern werden weitaus mehr Ministerin Casein als höfli- rolina Trautner Bild: StMAS che Antrittsbesuche. Das deutsch-tschechische Verhältnis ist wegen der Grenzschließungen derzeit schwer belastet. Wie belastet die Beziehungen aktuell sind, wurde in der Beiratssitzung
des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums in der vergangenen Woche deutlich, an der die Botschafter beider Länder, Christoph Israng und Tomás Kafka, teilgenommen hatten. So klagte in der Sitzung Zuzana Vintrová, die Vorsitzende der tschechischen Pendlervereinigung, über Schikanen an den Grenzübergängen. Zehntausende Pendler seien abgewiesen und an der Einreise nach Deutschland gehindert worden, hatte bereits der tschechische Parlamentspräsident Radek Vondráček im Vorfeld öffentlich kritisiert.
Gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Österreich und der Slowakei schrieb Vondráček deshalb einen offenen Brief. Darin wurde Deutschland aufgefordert, die Grenzen wieder zu öffnen, da dies an der Westgrenze zu Frankreich bei vergleichbarer Infektionslage auch so gehandhabt werde. Beim Deutsch-Tschechischen Gesprächsforum versuchte dann der deutsche Botschafter in Prag, Christoph Israng, die Wogen zu glätten: „Wir müssen alles dafür tun, daß aus der nötigen Distanz in der Pandemie keine dauerhaften Gräben werden.“ Sein tschechisches Pendant
EU-Umfrage
„Für seinen persönlichen Beitrag zur Stärkung der internationalen Autorität der Ukraine und die Entwicklung der internationalen Zusammenarbeit“ hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dem ehemaligen tschechischen Außenminister Karl Schwarzenberg den „Orden des Fürsten Jaroslaw des Weisen“ verliehen. Das ist eine der höchsten Auszeichnungen des Landes.
Im EU-Vergleich haben die Tschechen das geringste Vertrauen in ihre eigene Regierung, hat die neueste EurobarometerUmfrage der EU ergeben.
D
D
Festliche Verleihung in Prag: Im Auftrag des ukrainischen Staatsspräsidenten Wolodymyr Zelensky überreicht Botschafter Jewhen Perebyjnys einen der höchsten Orden des Landes an Karl Schwarzenberg. Bild: Eugen Kukla
Zehntausende Tschechen folgen dem Aufruf der Bewegung „Millionen Augenblicke für Demokratie“
Demonstrationen gegen Präsident Zeman Zehntausende Tschechen sind in Prag und anderen Teilen des Landes gegen Präsident Miloš Zeman auf die Straße gegangen, um dessen Ablösung zu fordern.
A
uslöser der öffentlichen Empörung ist Zemans Reaktion auf die neuesten Ermittlungen zu zwei Bombenanschlägen auf Waffenlager in Südmähren im Jahr 2014, bei der zwei Personen getötet worden waren. Die tschechische Regierung hatte Mitte April Ermittlungsergebnisse ihrer Sicherheitsbehörden vorlegt, wonach zwei Agenten des russischen Geheimdienstes GRU die Täter seien, und umgehend 18 Diplomaten der russichen Botschaft in Prag des Landes verwiesen. Während Rußland postwendend tschechische Diplomaten auswies und jegliche Tatbeteiligung bestritt, schwieg Zeman über eine Wo-
Kafka überzeugte das weniger. Man habe in der Tschechischen Republik, so der Diplomat, den Eindruck, von den Deutschen nur „als administrativer Posten und nicht als politischer Partner“ wahrgenommen zu werden. Mit Unverständnis habe man in Prag auch die zurückhaltende Reaktion der deutschen Politik auf die Eskalation des tschechisch-russischen Verhältnises zur Kenntnis genommen. So sei es unverständlich, daß Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer an seiner Moskau-Reise festgehalten habe. Torsten Fricke
Hoher Orden: Ukraine ehrt Karl Schwarzenberg
Vertrauen in die Regierung sinkt deutlich
as Vertrauen in die tschechische Regierung ist von 40 Prozent im vergangenen Jahr auf jetzt 19 Prozent gesunken. Der Grund ist offenbar das aus Sicht der Bürger schlechte CoronaManagement. Laut der EU-Umfrage sind nur etwa 25 Prozent der Tschechen zufrieden mit den vom Kabinett getroffenen Corona-Maßnahmen. Vize-Premierminister Karel Havlíček (ANO) erklärte die schlechten Werte damit, daß die Regierung die „unpopulärsten Maßnahmen in der Geschichte des Landes“ ergreifen mußte. Dagegen stieg das Vertrauen der Tschechen in die EU von 39 Prozent auf 48 Prozent, den höchsten Wert seit 2013.
B 6543
Die Bewegung „Millionen Augenblicke für Demokratie“ rief am vergangenen Donnerstag in Prag und anderen tschechischen Städten zu Demonstrationen gegen den Staatspräsidenten Zeman auf. Bild: ĈT che. Der tschechische Präsident steht seit langem wegen seines pro-russichischen Kurses in der öffentichen Kritik. Acht Tage später versuchte Zeman dann in einer TV-Ansprache Zweifel an den eigenen Sicherheitsbehörden zu streuen
und erklärte, er habe bisher keine Beweise dafür gesehen, daß Rußland hinter den Explosionen stecke. Die Opposition und viele Kommentatoren reagierten empört und warfen dem Präsidenten „Hochverrat“ vor. Der Hintergrund: Laut tsche-
chischer Verfassung kann ein Präsident nur über eine Hochverratsklage des Amtes enthoben werden. Darunter fallen, so die Verfassung, „Handlungen des Präsidenten gegen die Souveränität und Integrität des Landes oder gegen die demokratische Ordnung“. Um das Verfahren einzuleiten, muß der Senat mit einer Dreifünftel-Mehrheit einen entsprechenden Antrag verabschieden und an das Verfassungsgericht weiterleiten, das dann letztendlich entscheidet. In der jungen tschechischen Verfassungsgeschichte ist dieser Fall bereits einmal eingetreten. Am 5. März 2013 hatte der Senat eine Hochverratsklage gegen den damaligen Staatspräsidenten Václav Klaus eingereicht. Da Klaus aber ohnehin drei Tage später das Präsidentenamt regulär an seinen Nachfolger Miloš Zeman übergab, lehnte das Ver-
fassungsgericht den Klageantrag aus formalen Gründen ab. Ohne Amt, so die Richter, habe ein Amtsenthebungsverfahren keinen Sinn. Bei Zeman läge der Fall anders. Seine zweite Amtsperionde geht bis Frühjahr 2023. Bereits in diesem Herbst stehen in der Tschechischen Republik die Parlamentswahlen an. Viele Beobachter sprechen bereits von einer Schicksalsentscheidung. So kommentiert der bekannte Journalist Martin Fendrych: „Wir werden zwischen dem Westen und dem Osten, zwischen Freiheit und Autoritarismus, zwischen parlamentarischer Demokratie und dem Pseudo-Präsidentensystem wählen. Mehr denn je wird es die Zukunft dieses unglücklichen, schwachen Landes sein, das aufgrund von Zeman zu einem idealen Versuchsraum für die Russen geworden ist. JŠ/TF
ie feierliche Ordensverleihung fand am Donnerstag in Prag statt. Dabei sprach der ukrainische Botschafter Jewhen Perebyjnys dem tschechischen Politiker seine tiefe Dankbarkeit für die Unterstützung der Ukraine, ihrer demokratischen Entwicklung und ihrer europäischen Ausrichtung aus: „Seit Beginn der russischen Aggression gegen die Ukraine hat sich Karl Schwarzenberg für die Ukraine eingesetzt und Rußland als das bezeichnet, was es wirklich ist – ein Aggressorstaat, eine Besatzungsmacht.“ Schwarzenberg sei außerdem einer der wenigen europäischen Politiker gewesen, die Anfang 2013 nach Kiew gereist seien, um die Ukrainer persönlich in bei den Maidan-Protesten zu unterstützen, in deren Folge der Präsident Wiktor Janukowytsch gestürzt worden war. Der ehemalige Außenminister und Präsidentschaftskandidat Schwarzenberg ist damit die zweite Persönlichkeit aus der Tschechischen Republik, der diese hohe Würdigung durch die Ukraine zuteil wurde. Vor 15 Jahren hatte die Ukraine dem ehemaligen Präsidenten Václav Havel diese Auszeichnung zuteil werden lassen.