„Die tschechische Regierung steht vor einem Scherbenhaufen“ (Seite 3)
Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung 160. Jahrgang
HEIMATBOTE
Postvertriebsstück · Deutsche Post AG · Entgelt bezahlt Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH · Hochstraße 8 · D-81669 München · eMail zeitung@sudeten.de
Jahrgang 73 | Folge 19 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 14. Mai 2021 Massaker von Rowensko
Neues Mahnmal gedenkt der deutschen Opfer Seite 3
KURSE
1 CZK = 0,0391 EUR 1 EUR = 25,614 CZK
Appell für die Volkskirche
Online-Treffen mit Pfarrer Burghard Hose Seite 5
Christa Olbrich zu Gast
SL-Heimatpflegerin lud zu Autoren-Lesung Seite 7
Patenstadt Furth i. W.
Bischofteinitzer Fahne bei Floriani-Messe Seite 11
VOLKSBOTE
Brünn, Budweis, Braunau oder Reichenberg - wer kann den Vorentscheid
Vier Städte kämpfen um den Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ Es geht um Geld, Ansehen und Touristen: Mit Braunau, Brünn, Budweis und Reichenberg bewerben sich vier Städte als Europäische Kulturhauptstadt 2028. Bereits jetzt werden in den Rathäusern die Bewerbungen intensiv vorbereitet, denn schon im nächsten Jahr entscheidet eine europäische Jury, welche Stadt nominiert wird.
München & Marktredwitz
Museen machen wieder auf
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ie erste Europäische Kulturhauptstadt war 1985 Athen. Seit 2007 präsentieren sich jeweils zwei Städte auf der europäischen Bühne. Und ab 2022 hat auch ein potentielles EU-Beitrittsland aus der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) die Möglichkeit, sich darzustellen.
Für die Tschechische Republik waren bereits Prag im Jahr 2000 und Pilsen im Jahr 2015 Europäische Kulturhauptstädte. 2028 ist erneut die Tschechische Republik aufgerufen, sich mit einer Stadt zu präsentieren. Der zweite Gastgeber wird Frankreich sein. Die Bewerbungen der Kandidaten werden bereits im nächsten Jahr von einer zwölfköp-
figen Jury begutachtet, deren Vertreter vom Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und dem Ausschuß der Regionen sowie dem jeweiligen Land ausgewählt wurden. Maßgebliche Kriterien sind dabei die Kategorien „Beitrag zur Langzeitstrategie“, „Europäische Dimension“, „Kulturelle und künstlerische Inhalte“,
BRAUNAU
BRÜNN
BUDWEIS
REICHENBERG
Weil sich die Pandemielage in Bayern deutlich entspannt hat, öffnen ab Dienstag, 18. Mai, das Sudetendeutsche Museum in München und das EgerlandMuseum in Marktredwitz wieder ihre Tore für die Besucher.
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rotz der Öffnungen ist ein Museumsbesuch aber weiterhin mit Einschränkungen verbunden. „Wir haben ein strenges Hygienekonzept erarbeitet und alle Besucher müssen sich vorab telefonisch anmelden“, heißt es in München und Marktredwitz. Voranmeldungen für das Sudetendeutsche Museum sind zu den Bürozeiten unter Telefon (0 89) 48 00 03 37 oder per eMail unter museum-anmeldung@ sudetendeutsche-stiftung.de möglich. Das Egerland-Museum ist unter der Telefonnummer (0 92 31) 39 07 erreichbar. Noch keinen Öffnungstermin gibt es für das Isergebirgs-Museum in Neugablonz. Der Grund: In der Stadt Kaufbeuren herrscht eine Inzidenz von 164,42 (Stand Dienstag). Öffnungen sind erst unter einer Indizienz von 100 möglich.
Bilder: CzechTourism
Staatsoberhäupter der EU-Staaten rufen Bürger zur Teilnahme an der „Konferenz über die Zukunft Europas“ auf
Zeman unterschreibt pro-europäische Erklärung
Anlässlich des Europatages hat der tschechische Staatspräsident Miloš Zeman einen gemeinsamen pro-europäischen Aufruf der Staatsoberhäupter aller EU-Staaten mitgezeichnet. In der Tschechischen Republik steht Zeman wegen seines AntiEU- und Pro-Moskau-Kurses in der Kritik. So ist bei landesweiten Demonstrationen in den vergangenen Wochen die Abberufung des Staatsoberhauptes gefordert worden (SdZ berichtete).
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nter der Überschrift „Laßt uns über Europa reden!“ hatten die Staatsoberhäupter zum Europatag am 9. Mai ihren Appell veröffentlicht und die Bürger zur Teilnahme an der „Konferenz über die Zukunft Europas“ auf-
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gerufen. „Die Covid-19-Pandemie hat uns daran erinnert, was im Leben wirklich zählt: unsere Gesundheit, unser Verhältnis zur Natur, unser Verhältnis zu unseren Mitmenschen, gegenseitige Solidarität und Zusammenarbeit. Sie hat Fragen aufgeworfen, die unsere Art zu leben betreffen. Sie hat die Stärken der europäischen Integration aufgezeigt, aber auch ihre Schwächen. Über all das müssen wir reden“, schreiben Zeman und seine europäischen Amtskollegen. Mit dem Start am Europatag sollen über einen Zeitraum von etwa einem Jahr zahlreiche Bürgerforen und Debatten auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene stattfinden, in denen die Bürger Handlungsempfeh-
Staatspräsident
Miloš
Zeman Bild: KPR
lungen in Bereichen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Digitalisierung und Europas Rolle in der Welt entwickeln. Diese Vorschläge sollen dann den europä-
ischen Institutionen als Grundlage für die Weiterentwicklung und künftige Ausrichtung der Europäischen Union dienen. In dem von Zeman mit unterschriebenen Appell heißt es außerdem: „Die Herausforderungen, vor denen wir als Europäerinnen und Europäer stehen, sind vielgestaltig. Sie reichen von der Bewältigung der Klimakrise und dem Aufbau grüner Volkswirtschaften über das Bemühen um Ausgleich im zunehmenden Wettbewerb der globalen Akteure bis hin zum Einsatz für die Digitalisierung unserer Gesellschaften.“ Man werde deshalb an neuen Methoden und neuen Lösungen arbeiten müssen. „Unsere Stärke als Demokratien liegt darin, unsere vielstimmigen Ge-
sellschaften in die Suche nach dem besten Weg in die Zukunft einzubinden. Je mehr Menschen sich an einer breit angelegten, offenen Debatte beteiligen, umso besser für unsere Union“, so die Staatsoberhäupter. Ziel sei eine „starke, handlungsfähige Europäische Union, die den Übergang zu nachhaltiger, klimaneutraler und digital gestützter Entwicklung weltweit anführt“. Initiert hatte die Bürgerbeteiligung Slowenien, das mit Deutschland und Portugal bis Dezember 2021 die Trio-Ratspräsidentschaft bildet. Für die Bundesrepublik Deutschland hat Bundespräsident FrankWalter Steinmeier gezeichnet, für Österreich Bundespräsident Alexander Van der Bellen. TF
„Umsetzungsfähigkeit“, „Erreichung und Einbindung der Gesellschaft“ und „Verwaltung“. Mit den Kulturhauptstädten sollen „die Wahrung und Förderung der Fülle und der Vielfalt der Kulturen in Europa, die Hervorhebung ihrer Gemeinsamkeiten, die Förderung des Gefühls der Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Kulturraum und die Anregung zu gegenseitigem Verständnis und interkulturellem Dialog“ gefördert werden, heißt es in einem Beschluß des Europäischen Parlaments, in dem auch die Vorteile für die Teilnehmer-Städte deutlich gemacht werden: „Eine Kulturhauptstadt Europas profitiert auch von einem Kulturprogramm und entsprechenden Investitionen, die zur nachhaltigen und langfristigen Entwicklung der Stadt beitragen können.“ Eine EU-Studie kam zu dem Schluß, daß die Kulturhauptstädte vielfach Nutzen ziehen. So war die Teilnahme oft Anlaß einer Städte-Sanierung, das internationale Profil wurde geschärft, das Image der Stadt in den Augen ihrer eigenen Bewohner verbessert, die eigene Kulturszene neu belebt und der Tourismus angekurbelt. Von der EU erhalten die ausgezeichneten Städte den Melina-Mercouri-Preis, der mit 1,5 Millionen Euro dotiert ist. Benannt ist diese Förderung nach der 1994 verstorbenen griechischen Schauspielerin, Sängerin und Politikerin, auf deren Initiative die Einrichtung Europäische Kulturhauptstadt zurückgeht. Die Corona-Pandemie hat auch in diesem Bereich viele langfristige Planungen durchkreuzt. 2021 gibt es keine Kulturhauptstadt. Dafür hatten die Preisträger 2020, Galway in Irland und Rijeka in Kroatien, ihre Engagement bis Ende April 2021 verlängern können. Torsten Fricke
Personal-Posse:
Zeman lehnt Vorschlag der Regierung ab Zum sechsten Mal in Folge hat sich Präsident Miloš Zeman geweigert, den Chef des zivilen Geheimdienstes BIS, Michal Koudelka, zum General zu ernennen.
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oudelka war erneut von der Regierung vorgeschlagen worden. Und diese Personalie hatten auch die Parlamentskammern unterstützt. Staatspräsident Zeman ließ dagegen verlauten, der BIS-Chef erfülle seine Pflichten nicht. Dagegen wurde vor zwei Jahren Koudelka in den USA von der CIA für die ausländische Zusammenarbeit ausgezeichnet.
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AKTUELL · MEINUNG
Sudetendeutsche Zeitung Folge 19 | 14.5. 2021
AUS DER ARBEIT DES PRAGER BÜROS
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as haben die beiden aktiven Politiker Wilhelm Simeon und Libor Rouček noch gemeinsam, abgesehen davon, dass sich beide in der tschechischen Sozialdemokratie engagieren? Zusätzlich verbindet sie die Sorge um die heimatverbliebenen und vertriebenen Sudetendeutschen. Wilhelm Simeon (links, 28) ist Mitglied des ČSSDVorstandes in seinem Heimatkreis Eger und gleichzeitig im
Kommentar
Die kruden Ansichten der Kommunisten Von Peter Barton
PRAGER SPITZEN
Kulturverband, der ältesten Vertretung der Deutschen in den böhmischen Ländern. Er beteiligt sich aber auch aktiv an einigen Projekten des Bundes der Deutschen im Egerland unseres Landsmanns Richard Šulko. Der ehemalige stellvertretende Präsident des Europäischen Parlaments Rouček (66) fehlt an keinem Sudetendeutschen Tag und bleibt mit unseren Landsleuten mehrfach eng verbunden.
Corona-Regeln werden gelockert
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Neue Ausstellung beleuchtet die Rolle Rußlands in der damaligen Tschechoslowakei
Wenn aus „Befreiern“ Besatzer werden
Vor hundert Jahren, am 15. Mai 1921, ist in Prag die tschechoslowakische Kommunistische Partei gegründet worden.
Dramatische Zahlen bei Übernachtungen
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u der ganz unterschiedlichen Politik dieser Partei ist an dieser Stelle bereits viel geschrieben worden. Auch dazu, daß zahlreiche Sudetendeutsche einen festen Bestandteil der Parteiführung bildeten, und das von Anfang bis Ende der Ersten tschechoslowakische Republik. Ja, sogar nach der Vertreibung der meisten Landsleute befanden sich Kommunisten sudetendeutscher Abstammung in ihren Reihen und waren sogar oft überzeugte Stalinisten. Heute gehört die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens (KSČM) zu den schärfsten Kritikern der Sudetendeutschen und besonders der Sudetendeutschen Landsmannschaft – zusammen mit der rechts-extremen Partei der direkten Demokratie von Tomio Okamura. Dennoch weisen die roten Genossen regelmäßig daraufhin, daß sie trotz aller Vorbehalte gegenüber der „bürgerlichen“ Tschechoslowakischen Republik für diesen Staat gegen Hitler gekämpft hätten. Hier handelt es sich allerdings nur um die halbe Wahrheit, denn nach der Zerschlagung des Staates und der Entstehung des Protektorats Böhmen und Mähren wechselte diese Partei auf unglaubliche Weise wieder ihre Position. So veröffentlichte das illegale Zentralkomitee der tschechischen KP am 15. Dezember 1940 eine Erklärung, die selbst der im britischen Exil befindliche Staatspräsident Edvard Beneš, als merkwürdig bezeichnete. Ein paar Auszüge machen das deutlich: „Die historische Bedeutung der Reise von Genosse Molotow nach Berlin liegt in der Tatsache, daß sie aufgrund der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Sowjetunion die Pläne der Vereinigten Staaten, den Krieg auszuweiten und nach Osten zu lenken, vereitelt.“ „Benešs Zusammenarbeit mit dem bankrotten polnischen Adel zur Schaffung eines tschechoslowakisch-polnischen Staates, das Vorantreiben des tschechischen Volkes in die englische imperialistische Armee, die Darstellung des ersten imperialistischen Krieges als Befreiungskrieg der Nationen und der heutigen Kriege als ideologische Fortsetzung und Höhepunkt, die Teilnahme an den angloamerikanischen Intrigen – all dies macht Beneš und seine Emigration zu einer äußerst feindlichen Agentur für die Interessen des tschechischen nationalen Befreiungskampfes.“ „Ihr Dienst gegen das nationale Kapital in der verlogenen Maske der Nationalhelden muss rücksichtslos offenbart werden.“ Die Kommunisten, eine Partei mit kruden Ansichten.
b Montag, 17. Mai, können Restaurants ihre Außenbereiche wieder eröffnen, das hat der Minister für Industrie und Handel, Karel Havlíček (parteilos), bekannt gegeben. An einem Tisch dürfen dann maximal vier Menschen aus verschiedenen Haushalten sitzen. Voraussetzung ist aber ein aktueller Corona-Test oder der Nachweis einer Impfung beziehungsweise einer durchstandenen Infektion. Außerdem kündigte Havlíček an, daß Hotels und Pensionen ab 24. Mai öffnen können. Außerdem werden dann auch Kulturveranstaltungen möglich sein, allerdings nur unter freiem Himmel und für maximal 700 Teilnehmer. Bedingung für Gäste sind ebenfalls ein Test, eine Impfung oder eine überstandene Infektion, so Kulturminister Lubomír Zaorálek (ČSSD).
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Die Ausstellung „Wir werden nie vergessen“ dokumentiert an Hand von 40 Tafeln das tschechoslowakisch-sowjetische Verhältnis nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Fall des Eisernen Vorhangs. Bilder: Post Bellum „Wir werden niemals vergessen“ lautet der Titel einer Freilicht-Ausstellung, die die Rolle der Sowjetunion in der tschechoslowakischen Geschichte dokumentiert. Zu sehen sind die Exponate in Prag auf dem Platz der Interbrigaden bis Ende Januar 2022.
Preis für den Schutz der Menschenrechte
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ir müssen immer wieder zeigen, wie leicht es ist, daß sich Befreier in Besatzer verwandeln und Gerettete zu Opfern werden. Damit wir nie vergessen“, erklärte der Bürgermeister des 6. Prager Stadtbezirks, Ondřej Kolář (Top 09) bei der Eröffnung am vergangenen Samstag. Die von der Non-Profit-Organisation Post Bellum initiierte Ausstellung dokumentiert anhand von Texten, Bildern und Videos die verschiedenen Phasen der Nachkriegsgeschichte und des tschechisch-sowjetischen Verhältnises – vom Ende des Nationalsozialismus über die totalitären 1950er Jahre und die Okkupation im August 1968 bis zum Abzug der sowjetischen Truppen aus dem Land. Mit dem Platz der Interbrigaden wurde der Ort der Ausstellung bewußt gewählt. Hier stand die Statue von Marschall Iwan Stepanowitsch Konjew, die unter heftigem Protesten aus Moskau erst vor einem Jahr entfernt worden war. Der Feldmarschall galt zunächst in der Tschechoslowakei als Held. Als Befehlshaber der Roten Armee hatte er im Frühjahr 1945 Prag eingenommen und die Naziherrschaft beendet. Am 9. Mai 1980, dem 35. Jahrestag der Befreiung der Tschechoslowakei, wurde ihm zu Ehren das Denkmal in Prag enthüllt, obwohl die russische Armee mit ihrem Einzug in Prag zahlreiche Massaker an der deutschen Bevölkerung verübt hatte. Hinzu kommen Konjews führende Rollen bei der brutalen Niederschlagung des Ungarischen Volksaufstandes, am Bau der Berliner Mauer und am Ein-
orona und die Folgen: Das Minus bei den Gästen von Hotels, Pensionen und Campingplätzen beträgt im ersten Quartal diesen Jahres im Vergleich zum Vorjahr 91,1 Prozent, das hat das tschechische Statistikamt mitgeteilt. Insgesamt wurden im ersten Quartal 2021 nur 282 000 Gäste beherbergt. Die Zahl der Übernachtungen brach um 88,2 Prozent auf 1,1 Millionen Nächte ein. Bei den ausländischen Gästen beträgt der Rückgang 96,3 Prozent. „Im Grunde genommen wurde die Tschechische Republik von der touristischen Landkarte gestrichen. Die fehlenden Gäste haben den Hoteliers enorme Umsatzeinbußen beschert, die sie vor existentielle Probleme stellen“, so BHS-Chefökonom Štěpán Křeček.
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Bezirksbürgermeister Ondřej Kolář und Jiří Hannich, Pressesprecher des 6. Stadtbezirks, vor der audiovisuellen Säule.
it der Online-Verleihung des Preises „Homo Homini“ ist am Montagabend das Dokumentarfilm-Festival „Jeden svět“ (Eine Welt) eröffnet worden. Den Preis für den Schutz der Menschenrechte ging in diesem Jahr an die Organisation Vjasna, die in Weißrußland Menschenrechtsverletzungen dokumen-
tiert und Opfer von Polizeigewalt unterstützt. Das Festival findet bis zum 19. Mai statt. Anschließend werden alle Filme noch bis zum 6. Juni auf der Festivalhomepage verfügbar sein.
Zusammenarbeit mit Japan
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er tschechische Außenminster Jakub Kulhánek (Sozialdemokraten) und sein japanischer Amtskollege Toshimitsu Motegi haben eine Absichtserklärung über eine strategische Zusammenarbeit der beiden Länder unterzeichnet. Kernpunkte sind neben der Wirtschaft auch die Bereiche Wissenschaft, Forschung und Handel.
ČSA erweitert das Streckenangebot
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rotz des laufenden Konkursverfahrens hält die Fluggesellschaft ČSA ihren Betrieb weiter aufrecht und wird in den nächsten Wochen fünf innereuropäische Verbindungen wieder aufnehmen. Bereits seit Mittwoch gibt es regelmäßige Flüge zwischen Prag und Kopenhagen (Dänemark). In kürze sollen auch Odessa (Ukraine), Keflavík (Island), Amsterdam (Niederlande) und Malta angeflogen werden. Außerdem soll es mehr Flüge nach Paris (Frankreich), Stockholm (Schweden), Kiew (Ukraine) und Moskau (Rußland) geben. Das Unternehmen war in Folge der Corona-Pandemie in Schieflage geraten.
Heftige Kritik an Botschafter
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eil er trotz der politischen Spannungen an der Militärparade zum Ende des 2. Weltkriegs in Moskau teilgenommen hat, gibt es heftige Kritik am tschechischen Botschafter in Rußland, Vítězslav Pivoňka. Die Opposition hält die Teilnahme für skandalös. Der Botschafter huldige einer Armee, die in der Tschechischen Republik Anschläge auf ein Munitionslager verübt und dabei zwei Bürger getötet habe, protestierte der Abgeordnete Jan Lipavský (Piratenpartei). Das Außenministerium erwiderte, der Botschafter habe damit das Andenken der Soldaten der Roten Armee geehrt, die für die Befreiung der Tschechoslowakei gekämpft hätten.
Sudetendeutsche Zeitung
Die Ausstellung: „Nikogda ně zabuděm“ („Wir werden nie vergessen“) ist noch bis Ende Januar 2022 auf dem Platz der Interbrigaden zu sehen. marsch der Truppen des Warschauer Paktes zur Niederschlagung des Prager Frühlings. Mit ihrem Titel „Nikogda ně zabuděm“ („Wir werden nie vergessen“) nimmt die Ausstellung, Bezug auf die letzte Strophe von Karel Kryls berühmtem Anti-Besatzungslied „So haben wir euch hier“. „Viele unserer Nachbarn russischer Nationalität, die in den 1920er Jahren vor den Bolschewiken in die Tschechoslowakei flohen, gerieten leider in die Fänge des sowjetischen Geheimdienstes Smersh. Wo sonst können wir uns an die Geschichten dieser Menschen erinnern, als genau an der Stelle, wo die Statue des Kriegsherrn stand, der diese Henker nach Prag brachte?“, erklärt Mikuláš Kroupa, Leiter der Non-Profit-Organisation Post Bellum. Die Ausstellung stellt anhand
von Postern vierzig Gedenkgeschichten vor, unterteilt in vier Kapitel: „Befreiung“ thematisiert das Ende des Zweiten Weltkriegs, „Überwachung“ präsentiert Zeugnisse aus den 1950er Jahren in der Tschechoslowakei, „Invasion“ beleuchtet die Erfahrung der sowjetischen Besatzung 1968 und „Abreise“ schildert die Ereignisse rund um den Zusammenbruch des kommunistischen Regimes und den anschließenden Abzug der sowjetischen Besatzungsarmee aus der Tschechoslowakei. Die Ausstellung wird durch eine mehrere Meter hohe audiovisuelle Säule ergänzt, die an der Stelle des Sockels der ehemaligen Statue von Marschall Koněv steht. Im Inneren der Säule sind archivierte Videoaufnahmen von einzelnen historischen Ereignissen und Reden von Zeitzeugen zu sehen. TF
ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß: Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in Teplitz-Schönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Herbert Ring, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel, Dr. Hans-Roland Zitka. Verlagsassistentin: Birte Rudzki. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2021 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2021 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten dazu im Internet unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Herbert Fischer. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.
Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.
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AKTUELL
Sudetendeutsche Zeitung Folge 19 | 14. 5. 2021
Mahnmal in Rowensko bei Turnau erinnert an die Erschießung von 365 Deutschen nach Kriegsende
Künstler Ivan Podobský gestaltete das Gedenkkreuz wie einen nach vorne gebeugten Torso, der eine große Last trägt. Bilder: Gemeinde Rowensko bei
„Ich trage die Last der Schuld“ Gedenken an ein Massaker: In Rowensko bei Turnau ist am Sonntag ein Versöhnungskreuz enthüllt worden. Der Stein erinnert an 365 deutsche Soldaten und Zivilisten, die hier am 10. Mai 1945, zwei Tage nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, erschossen worden sind.
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Bürgermeisterin Jiřina Bláhová und Historiker Jan Boris Uhlíř.
Künstler Ivan Podobský bei der Arbeit an dem Gedenkkreuz. Massenproteste in Prag, Rufe nach einer Amtsenthebung des Präsidenten, Streit mit Rußland, Subventionsvorwürfe gegen den Premierminister, ein Innenminister, dem ein illegaler Deal mit Moskau unterstellt wird – ein paar Monate vor den Parlamentswahlen liegen die Nerven im politischen Prag blank. Im Interview ordnet Korrespondent Jaroslav Šonka die Lage ein. Der gebürtige Prager berichtet seit 25 Jahren für die Sudetendeutsche Zeitung aus der tschechischen Hauptstadt.
as Kreuz hat die Form eines menschlichen Körpers. Es ist gebückt, als ob es die Last der Schuld auf sich nimmt“, sagte Rowenskos Bürgermeisterin Jiřina Bláhová bei der Enthüllung und fügte hinzu: „Es ist eine Mahnung, daß wir nie wieder zulassen dürfen, was hier vor 76 Jahren geschah.“ Geschaffen hat das Gedenkkreuz der Künstler Ivan Podobský, der in den Sandsteinblock die Worte „Nesu břemeno viny“ („Ich trage die Last der Schuld“) eingeschlagen hat. „Ich hatte von Anfang an im Sinn, daß das Mahnmal gleichzeitig ein Kreuz und der Torso einer ge-
henden menschlichen Figur sein sollte, die sinnbildlich und stellvertretend für uns alle die Last der Schuld trägt.“ Der Historiker Jan Boris Uhlíř sagte in seiner Rede, daß „bei der wilden Vertreibung insgesamt 45 000 Deutsche in Böhmen und Mähren ermordet worden sind“. Eines der größten Massaker war die Massenerschießung an der Schule in Rowensko. Auslöser war die Flucht eines SS-Mannes, der dabei den sowjetischen Partisanenkommandanten Iwan Karlowitsch Nelipowitsch erschoß. „Sein Tod provozierte eine grausame Vergeltungsaktion. Soldaten der Roten Armee, Partisanen und eini-
ge Anwohner nahmen eine Gefangenengruppe von mehr als 300 deutschen Zivilisten und Soldaten ins Visier, die vor der Schule gesammelt waren, und begannen sie gnadenlos mit Schüssen niederzumähen“, so der Historiker. „Wer überlebte, wurde anschließend hingerichtet.“ TF
Interview mit Jaroslav Šonka, Korrespondent der Sudetendeutschen Zeitung in Prag
„Die tschechische Regierung steht vor einem Scherbenhaufen“
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err Šonka, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß die jetzige Regierung am 9. Oktober wieder gewählt wird? Jaroslav Šonka: Die aktuellen Umfragen sind für die Regierung ein Debakel. Die Bewegung ANO von Premierminister Andrej Babiš kommt derzeit nur auf 21 Prozent, die mitregierende ČSSD von Innenminister Jan Hamáček nur auf vier Prozent. Warum ist die Regierung bei den Bürgern unten durch? Šonka: Es vergeht in Prag kein Tag, an dem nicht ein neuer Skandal öffentlich wird. Viele Bürger haben den Eindruck, daß die Regierung inkompetent oder korrupt ist. Oder beides. Beginnen wir mit Premierminister Andrej Babiš. Was wird ihm vorgeworfen? Šonka: Babiš ist ein erfolgreicher Unternehmer mit zweifelhaftem Ruf. Er hat Agrofert gegründet, das heute mit 6,5 Milliarden Euro Umsatz und über 33 000 Mitarbeitern eines der größten Unternehmen in der Tschechischen Republik ist. Als Babiš 2014 Finanzminister wurde, erhielt das Unternehmen plötzlich 50 Prozent mehr EU-Subventionen. Allein 2014 und 2015 waren das 92 Millionen Euro. Im Rechnungsprüfungsbereicht der EU, der vor wenigen Wochen veröffentlicht wurde, heißt es jetzt, daß „Babiš bei seiner unparteiischen und objektiven Ausübung der Regierungsgeschäfte beeinträchtigt gewesen“ sei. Zwar wurden die Unternehmensanteile mittlerweile in zwei Treuhandfonds überführt, aber Babiš kann die Fonds-Vertreter, die sogar aus Familienmitgliedern bestehen, jederzeit abberufen und ersetzen. Außerdem erhält er nach seinem Ausscheiden aus der Regierung sein Unternehmen zurück. Er hat also weiterhin die volle Kontrolle über Agrofert. Es steht deshalb im Raum, daß der tschechische Steuerzahler die zu Unrecht überwiesenen EU-Subventionen zurückbezahlen muß. Auf die Solidarität seiner westlichen Nachbarn ist die Tschechiche Republik gerade jetzt an-
Miloš Zeman, Staatspräsident der Tschechischen Republik
Premierminister Andrej Babiš (r.), Innenminister Jan Hamáček (l.)
Dr. Jaroslav Šonka, Korrespondent der Sudetendeutschen Zeitung.
gewiesen, nachdem das Tischtuch zwischen Prag und Moskau zerschnitten worden ist. Šonka: Die Ermittlungsergebnisse der Bombenanschläge auf das Munitionslager bei Wirbietitz haben in der Tat sehr hohe Wellen geschlagen. Daß zwei Agenten des russischen Geheimdienstes für die Anschläge im Jahr 2014 verantwortlich sein sollen, hat dazu geführt, daß die Tschechische Regierung umgehend 18 Diplomaten der russischen Botschaft des Landes verwiesen hat. Mittlerweile versuchen sich beide Länder wieder anzunähern. So hat der tschechische Botschafter am Wochenende an der Militärparade am Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Moskau teilgenommen, was von der Opposition heftig kritisiert wurde. Die Bombenanschläge fanden 2014 statt. Der Verdacht, daß Moskau der Auftraggeber war, wurde erst jetzt publik – ein paar Tage bevor Innenminister Jan Hamáček nach Moskau fliegen wollte. Zufall? Šonka: Wahrscheinlich nicht. Die Enthüllungen kamen für den von Staatspräsident Miloš Zeman favorisierten Moskau-Kurs zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt und haben maximalen Schaden angerichtet. An Zu-
fall glaubt in Prag niemand, zumal die Ermittlungsergebnisse in Regierungskreisen schon länger bekannt gewesen sein sollen. In der vergangenen Woche haben Berichte für Aufregung gesorgt, wonach Hamáček den Russen einen Deal vorschlagen wollte: Die Russen liefern eine Million Impfdosen Sputnik V und die tschechischen Ermittler lassen die Ermittlungen der Bombenanschläge im Sande verlaufen. Šonka: Hamáček hat das heftigst dementiert und der Zeitung, die das veröffentlicht hat, eine Klage angedroht. Fakt ist aber, daß Hamáček in Moskau Impfstoff organisieren wollte, weil er meinte, er würde dann von den Tschechen als Retter gefeiert werden und er könne so den freien Fall seiner Partei, der ČSSD, stoppen. Staatspräsident Zeman wird kritisiert, weil er einen anti-europäischen Kurs fährt und stattdessen die Annäherung an Moskau und Peking sucht. Wie hat er auf den Bruch mit Moskau reagiert? Šonka: Erst einmal gar nicht. Zeman hat über eine Woche geschwiegen und dann in einer TVAnsprache versucht, Zweifel an den Ermittlungsergebnissen seiner eigenen Sicherheitsbehörden zu streuen. Wie haben die Bürger reagiert?
Zur Person: Dr. Jaroslav Šonka Šonka wurde 1948 in Prag geboren und verließ 1969 nach der Niederschlagung des Prager Frühlings seine Heimat. Studium der Biologie und Promotion an den Universitäten Hamburg, Ulm und Heidelberg. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 begleitet Šonka die Transformation der ehemaligen Tschechoslowakei zur Tschechischen Republik als Journalist für die Deutsche Welle, BBC, den tschechischen Rundfunk sowie tschechische und deutsche Zeitschriften. Von 1995 bis 2006 leitete er zahlreiche Projekte an der Europäischen Akademie Berlin (posttotalitäre Transformation, Entwicklung der europäischen Integration, Erinnerungskultur). 2011 bis 2013 Direktor des European Shoah Legacy Institute. Seit 25 Jahren Korrespondent der Sudetendeutschen Zeitung in der tschechischen Hauptstadt Prag.
Šonka: Das Land ist gespalten. Die eine Hälfte ist pro-russisch, die andere pro-europäisch. Viele Menschen war jedoch entsetzt über Zemans Versuch, die Russen frei zu waschen. Deutlich wurde das, als Unbekannte nachts auf die Prager Burg das Wort „Velezrada“, zu deutsch Hochverrat, projizierten. Warum benutzte man ausgerechnet das Wort Hochverrat? Šonka: Laut der tschechischen Verfassung kann der Staatspräsident nur des Amtes enthoben werden, wenn ihn das Verfassungsgericht wegen Hochverrats verurteilt. Zuvor muß der Senat mit einer Dreifünftel-Mehrheit einen entsprechenden Antrag stellen. Auf den Demonstrationen, die
vor wenigen Tagen im ganzen Land stattgefunden hatten, wurde immer wieder gefordert, den Präsidenten wegen Hochverrats anzuklagen. Wie realistisch ist dieses Szenario? Šonka: Daß es dazu kommt, ist eher unwahrscheinlich. Ein solcher Prozeß ist mit hohen Risiken behaftet, und die Erfolgsaussichten sind eher gering. Im Senat verspürt man deshalb wenig Lust, sich auf dieses juristische Abenteuer einzulassen. Man vertraut eher darauf, daß Zeman irgendwann über seine eigenen Fehler stolpert. Der Bruch zwischen Prag und Moskau hat auch dazu geführt, daß die Russen aus dem Bieterkreis für den Ausbau des Atomkraftwerks bei Dukowan geflogen
sind. Was Zeman ebenfalls nicht gefallen dürfte. Šonka: Zeman hat die Begeisterung für russische Atomkraftwerke von den Kommunisten übernommen. Die Bürger in der Tschechichen Republik sind jedoch schon viel weiter. Mitterweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß die Endlagerung von Atommüll auch für die Tschechische Republik ein unkalkulierbares Risioko ist – sowohl finanziell als auch gesundheitlich. Die modernen Tschechen setzen auf Energieeinsparung und erneuerbare Energien. Die tschechische Regierung hat im Parlament keine eigene Mehrheit, und vor Wochen haben zudem die Kommunisten der Minderheitsregierung die Unterstützung entzogen. Droht jetzt ein Mißtrauensvotum? Wie dramatisch ist die Lage für Babiš? Šonka: Die tschechische Regierung steht vor einem Scherbenhaufen, das beweisen schon die verheerenden Umfrageergebnisse, dennoch rechne ich nicht damit, daß es jetzt, ein paar Monate vor den Parlamentswahlen, noch zu einem Mißtrauensvotum kommt. Erstens hat die Opposition noch keine gemeinsame Strategie für die Zeit nach Babiš. Zweitens weiß niemand, wie Staatspräsident Zeman reagiert. Er müßte das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen, er könnte aber auch versuchen, eine sogenannte Expertenregierung einzusetzen. Und das will auf Oppositionsseite niemand riskieren. In den Umfragen führen derzeit die Piraten, die dann möglicherweise auch den nächsten Premierminister stellen. Echte Piraten sind Gesetzesbrecher, die morden und rauben. Warum ist die Sympathie für diese Partei bei diesem Namen so groß? Šonka: Die Tschechische Republik hat keinen Zugang zum Meer. Viele Tschechen habe in ihrer Kinder- und Jugendzeit Piratenromane gelesen. Das Wort ist bei uns also durchaus positiv besetzt. Welche Richtung vertreten die Piraten? Šonka: Die Piraten sind eine moderne Partei – pro Europa, liberal, umweltbewußt. Chef der Piraten ist Ivan Bartoš. Dessen Markenzeichen sind seine Dreadlocks. Wie gut sind die Chancen für ihn, Spitzenkandidat zu werden? Šonka: Ich glaube, daß es eher auf den Prager Oberbürgermeister Zdeněk Hřib hinauslaufen wird. Er hat als Stadtoberhaupt Amtserfahrung, und er ist sehr populär, weil er Konflikten nicht aus dem Weg geht. JŠ/TF
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TERMINE . AKTUELL
Sudetendeutsche Zeitung Folge 19 | 14. 5.2021
Freistaat Bayern verlängert das LfA-Kreditprogramm
Deutlich mehr Coronahilfe für gemeinnützige Organisationen Der Wahlausschuss (v. l.): Jürgen Ginzel, Helga Löffler, Christian Lueger, Otfried Janik und Roland Liebl Bild: Waltraud Illner
Ergebnisse werden zeitnah veröffentlicht
Bundesversammlung: Wahl wird ausgezählt Die Briefwahl zur Bundesversammlung ist abgeschlossen. Derzeit werden in BadenWürttemberg und anderswo die Stimmen ausgezählt. Das endgültige Wahlergebnis wird dann zeitnah in der Sudetendeutschen Zeitung veröffentlicht.
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igentlich hätten die Wahlen zur Bundesversammlung, dem höchsten Beschlußorgan der Sudetendeutschen Landsmannschaft, turnusmäßig 2020 stattfinden sollen, mußten aber aufgrund der Coronapandemie auf 2021 verschoben werden. In Baden-Würtemberg, so berichtet Landesobmann Klaus
Hoffmann, hatte man sich früh auf eine Briefwahl vorbereitet. Zur Wahl auf der Landesliste Baden-Württemberg standen mit Landesobmann Klaus Hoffmann, der stellvertretenden Landesobfrau Waltraud Illner, Landesvermögensverwalterin Regine Löffler-Klemsche und dem Organisationsleiter im Landesvorstand Bruno Klemsche vier langjährige und erfahrene Mitglieder der Bundesversammlung. Direkt nach dem Ende der Briefwahlfrist machte sich der Wahlausschuß unter der Leitung von Jürgen Ginzel, dem Vorsitzenden der Landesversammlung, an die Auszählung.
Der Freistaat Bayern verlängert die Laufzeit des bislang bis Ende Juni befristeten Kreditprogramms „Corona-Kredit - Gemeinnützige“. Kredite können noch bis zum 31. Dezember 2021 ausgegeben werden.
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as Bayerische Sozialministerium hatte im August 2020 das Corona-Kreditprogramm für gemeinnützige Organisationen initiiert. Es wird von der LfA Förderbank Bayern bereitgestellt. Dazu Bayerns Sozialministerin Carolina Trautner: „Gemeinnützige Organisationen haben gerade in Krisenzeiten eine zentrale Bedeutung für die Gesellschaft. Sie können im Gegensatz zu Wirtschaftsunternehmen aber kaum Gewinne erwirtschaften und meist keine ausreichenden Rücklagen bilden. Deshalb haben wir das Kreditprogramm ‚Corona-Kredit – Gemeinnützige‘ verlängert und den Kreditrahmen im Einzelfall auf 1,8 Millionen Euro angehoben und damit mehr als verdoppelt.“ Dr. Otto Beierl, Vorstandsvorsitzender der LfA Förderbank Bayern, ergänzt: „Bei der Bewältigung der Corona-Krise unterstützt die LfA die bayerische
Carolina Trautner, Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales Wirtschaft mit paßgenauen Förderkrediten und Risikoentlastungen. Zudem bieten wir mit dem ‚Corona-Kredit – Gemeinnützige‘ auch den gemeinnützigen Organisationen im Freistaat ein Förderprogramm zur Überwindung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie an. Es ist speziell auf die Bedürfnisse dieser für das
Dr. Otto Beierl, Vorstandsvorsitzender der LfA Förderbank Bayern
Gemeinwohl unverzichtbaren Institutionen ausgerichtet.“ Mit dem Corona-Kredit erhalten gemeinnützige Organisationen Kredite zu günstigen Konditionen bei ihren Hausbanken. Der Kredit ist mit einer 100-prozentigen Risikoentlastung durch den Bund und den Freistaat ausgestattet.
Die Organisationen können Anträge bei ihren Hausbanken stellen. Diese prüfen die Voraussetzungen und leiten den Antrag an die LfA weiter. Weitere Informationen auf der Webseite der LFA unter: https://lfa.de/website/de/ aktuelles/_informationen/ Coronavirus/index.php
VERANSTALTUNGSKALENDER Samstag, 15. Mai, 20.00
Uhr, Ackermann-Gemeinde Bistum Würzburg: Nepomuk-Gottesdienst in der NeumünsterKirche in Würzburg. Festprediger: P. Dr. Martin Leitgöb CSsR, Wallfahrts-Seelsorger auf dem Schönenberg/Ellwangen (zuvor Prag). Statio bei der Figur des Heiligen in der Kirche und Segen mit der Nepomuk-Reliquie. Sonntag, 16. Mai, Ackermann-Gemeinde Bistum Bamberg: (corona-bedingte Änderung des ursprünglichen Programmes) 15.30 - 17.00 Uhr Online-Symposium mit Erzbischof Dr. Ludwig Schick, Prof. PhDr. Tomáš Petráček und Generalkonsulin Kristina Larischová zum Thema „Tschechische Jugend in Kirche und Staat“. Anmeldung unter bamberg@ ackermann-gemeinde.de 19.00 Uhr Festgottesdienst zu Ehren des Hl. Nepomuk mit Erzbischof Dr. Ludwig Schick in St. Martin Bamberg. Donnerstag, 20. Mai, 19:30 Uhr bis 21:30 Uhr, Heimatrat. Online-Treffen. Franz Longin lädt die Mitglieder des Heimatrates zum Erfahrungs- und Meinungsaustausch über neue Entwicklungen und Perspektiven der Kooperationen des Sudetendeutschen Heimatrates, den Heimatlandschaften und Heimatkreisen sowie Heimatzeitschriften ein. Das Programm ist öffentlicht unter www.sudeten.de Montag, 31. Mai, 19.00 Uhr, Adalbert Stifter Verein, Volkshochschule Linz und Institut für Geschichte und Zeitgeschichte der Universität Linz: „Zum transkulturellen Charakter böhmischer Literatur“ – Vortrag von Dr. Peter Becher, Vorsitzender des Adalbert Stifter Vereins, in Linz, Wissensturm (Saal E 09), Kärntner Straße 26. Donnerstag, 17. Juni, 9.30 Uhr, SL Ortsgruppe Königsbrunn / Wehringen / Klosterlechfeld: Mitglieder Treff. 9.30 Uhr: Heimat Stüble im Lechfeld Museum Königsbrunn 10.30 Uhr: Treff beim Sudetendeutschen Mahnmal am Friedhof Königsbrunn. 11.00 Uhr: Sitzung im Gasthof „Krone“ in der Bürgermeister Wohlfarth Straße 44, 86343 Königsbrunn.
12.00 Uhr: Mittagessen. 13.30 Uhr: Besuch des Museums Schlacht auf dem Lechfeld beim Gymnasium Königsbrunn. Anmeldung bis spätestens 10. Juni bei Obmann Kurt Aue (08 21) 8 85 37 56 oder sudetenaue@koenigsau.de Samstag, 19. Juni, 9.00 Uhr, Ackermann-Gemeinde Bistum Bamberg: „Verfolgte Christen in der Welt –Herausforderung für uns?“ – Studientag mit Bischof Bertram Meier (Augsburg), Zeit-Redakteur Ulrich Ladurner und weiteren Referenten in Nürnberg, Caritas-Pirckheimer-Haus, Königstraße 64. Anmeldung: Akademie CPH, Königstraße 64, 90402 Nürnberg, Telefon (09 11) 2 34 61 45, eMail akademie@cph-nuernberg.de Samstag, 19. Juni, 10.30
Uhr, SL-Landesgruppe Bayern: Landesfrauentagung 2021 in Regensburg, Kolpinghaus, AdolphKolping-Straße 1. Mittwoch, 7. Juli, 15.00 Uhr, SL-Ortsgruppe Königsbrunn / Wehringen / Klosterlechfeld: Mitgliederversammlung in der Gemeindehalle Wehringen. Samstag, 10. Juli, 14.00 Uhr, SL-Ortsgruppe Königsbrunn / Wehringen / Klosterlechfeld: Muttertagfeier (Wir feiern auch die Väter), Fischerheim Wehringen, In der Aue 5. Freitag, 16. bis Sonntag, 18. Juli, SL-Bundesverband: Sudetendeutscher Tag 2021 in München. Samstag, 17. Juli, oder
Gerhart Hauptmann:
„Bin ich noch in meinem Haus?“ HDOnline direkt: 6. Juni, 10.00 Uhr: Online-Lesung und Gespräch „Zum 75. To-
destag Gerhart Hauptmanns: ,Wiesenstein‘ (2018)“. Referent: Hans Pleschinski (München). Moderation: Paul Hansel (Vaterstetten). Grußwort: Professor Dr. Andreas Otto Weber, Direktor des Hauses des Deutschen Ostens, München. In Kooperation mit: Stiftung Kulturwerk Schlesien (Würzburg) „Bin ich noch in meinem Haus?“ – das sollen die letzten Worte von Gerhart Hauptmann gewesen sein, der vor 75 Jahren, am 6. Juni 1946, in seinem Haus Wiesenstein in Agnetendorf (poln. Jagniątków) im Riesengebirge gestorben ist. Sein Grab liegt auf der Insel Hiddensee. Aus Anlass des 75. Todestages des Schriftstellers führt Paul Hansel, Vorsitzender des
Vorstandes der Stiftung Kulturwerk Schlesien, ein Gespräch mit Hans Pleschinski über seinen Roman „Wiesenstein“ (2018). In diesem großen literarischen Werk erzählt der Autor vom letzten Lebensjahr des schlesischen Literaturnobelpreisträgers in dessen Anwesen im Hirschberger Tal. Meisterhaft bringt Pleschinski dem Leser dieses entrückte Leben des berühmten Schriftstellers im ersten Nachkriegsjahr nahe. Veranstaltungsort: Online auf dem HDO-YouTube-Kanal und dem Online-Kanal der Stiftung Kulturwerk Schlesien Die Veranstaltung wird aufgezeichnet und ist ab dem 6. Juni 2021 auf den Online-Kanälen der beiden Kooperationspartner abrufbar. Anmeldung und weitere Informationen unter: www.hdo.bayern.de
Sonntag, 18. Juli, 7.00 Uhr, SL-Ortsgruppe Königsbrunn / Wehringen / Klosterlechfeld: Fahrt zum Sudetendeutschem Tag nach München (mit dem Bayernticket). Treffpunkt Augsburg Hauptbahnhof vor der Treppe um 7 Uhr. Ob wir am 17. oder 18.7. fahren, erfahren Sie bei der Anmeldung, die bis spätestens 15. Juli 2021 bei Obmann Kurt Aue erfolgen muß. (08 21) 8 85 37 56 Samstag, 28., bis Sonntag,
29. August, Heimatkreisverein Tachau: 32. Heimatkreistreffen in Weiden. Programm: Samstag, 8.00 Uhr: Abfahrt nach München und Besuch des Sudetendeutschen Museums. 18.00 Uhr: Gemütlicher Abend im Ratskeller bei Egerländer Wirtshausmusik. Sonntag, 9.00 Uhr: Feier am Gedenkstein in der Kurt-Schumacher-Allee. 10.15 Uhr: Vereinssitzung und Neuwahlen im Kultursaal des Hans-Bauer-Kulturzentrums. 12.00 Uhr: Ausstellungseröffnung. 13.00 Uhr: Mittagessen im Ratskeller, Einladung der Patenstadt Weiden. Sonntag, 12. September, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Kassel: Gedenkstunde für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation, Kassel-Hauptfriedhof (Nähe Eingang Heckershäuser Straße), Auskunft: Dietmar Pfütz, Telefon: (05 61) 51 43 59, E-Mail: dietmar@pfuetz.de Donnerstag, 16. September, 10.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Augsburg-Land: Kreisdelegiertenversammlung im Sudetendeutschen Haus in der Hochstraße 8 in München mit einem Besuch des Sudetendeutschen Museums. Als Ehrengäste zugesagt haben Staatsministerin Carolina Trautner, Schwabens Bezirkstagspräsident und Augsburger Landrat Martin Sailer, SL-Landesvorsitzender Bayerns Steffen Hörtler und Schwabens BdV-Bezirksvorsitzender MdL Andreas Jäckel. Es wird ein Bus eingesetzt, der über Meitingen, Gersthofen, Königsbrunn, Bobingen, Wehringen und Klosterlechfeld nach München fährt. Anmeldung bis spätestens 1. Septembeer bei Kreisobmann Kurt Aue (08 21) 8 85 37 56 oder sudetenaue@koenigsau.de
Dienstag, 18. Mai, 18.00 Uhr bis 17.00 Uhr: „Flucht und Vertreibung literarisch: Mann im Mutterland – Erzählungen vom endlosen Nachkrieg.“ Autorenlesung und Gespräch mit dem Publizisten und Journalisten Helmut Kopetzky auf Zoom. Helmut Kopetzky berichtet in seinem Buch über die Situation von Familien im Zweiten Weltkrieg, über seine Erfahrungen im Umgang mit den Traumata anderer, über die Situation von Flüchtlingen und Vertriebenen und die Integration von Deutschen in das Nachkriegsdeutschland. Die Lesung ist aufgezeichnet, danach steht der Autor für Gespräch und Diskussion zur Verfügung. In der Ankündigung des Buches heißt es: „DIE MUTTER – Liebling einer mährischen Provinzstadt, Angehörige der deutschsprachigen Oberschicht, verliert beim deutschen Angriffskrieg auf die Sowjetunion zwei Ehemänner. 1946 rollen 1 646 Güterzüge aus der wiedererstandenen Tschechoslowakei nach Westen. Mit hunderttausenden Sudetendeutschen werden Mutter und Kind deportiert. Ohne Ansehen und Status in der neuen Heimat lebt die Witwe 60 Jahre lang in selbstgewählter Partnerlosigkeit, tapfer gegen Trauerschübe ankämpfend. DER SOHN – noch im Zweiten Weltkrieg geboren – soll als EhemannErsatz ihre Nachkriegsschmerzen heilen. Doch in seiner Lebensplanung ist kein Raum für solche Tagträume. Nach seiner Heirat brechen in der Mutter-Sohn-Beziehung jahrelange Grabenkämpfe aus. Kein Friedensschluß bis zum bitteren Ende.“ Helmut Kopetzky wurde 1940 in Mährisch Schönberg (Nordmähren) geboren. 1946 wurde er mit Mutter und Großeltern nach Hessen deportiert. Kopetzky studierte Theaterwissenschaft und Publizistik und wurde Zeitungsreporter und Redakteur in Fulda und Berlin (DER ABEND). Ab 1971 arbeitete er als Autor und Regisseur für Fernsehen und Hörfunk der ARD. Dabei entstanden über 100 lange Features und Feature-Serien. 2008 erhielt er den Axel-Eggebrecht-Preis für das Lebenswerk. Er veröffentlichte folgende Bücher: „In den Tod – Hurra!“ (Deutsche Jugend vor Langemarck 1914) – „Die andere Front“ (Europäische Frauen in Krieg und Widerstand) – „Peter der Große / Zar der neuen Zeit“ und „Katharina die Große“ (Dokumentarische Romane). Die Teilnahme ist kostenfrei. Weitere Hinweise und Anmeldung auf der Webseite www.heiligenhof.de. Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de
SUDETENDEUTSCHER TAG Aufgrund der Corona-Pandemie ist der traditionell für Pfingsten terminierte Sudetendeutsche Tag in diesem Jahr auf Freitag, 16. bis Sonntag, 18. Juli, verschoben worden. Neuer Austragungsort ist die Landeshauptstadt München mit dem Sudetendeutsche Museum.
AKTUELL
Sudetendeutsche Zeitung Folge 19 | 15. 5. 2021
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Wanderausstellung Gerettete Denkmale
St.-Gallus-Kirche: Konzerte im Kerzenlicht „Gerettete Denkmale – Zeugen der deutschen Kulturgeschichte in der Tschechischen Republik“ lautet der Titel einer Wanderausstellung, die pandemiebedingt derzeit nicht an öffentlichen Orten gezeigt werden kann. Als Ersatz stellt die Sudetendeutsche Zeitung einige Erinnerungen in den kommenden Ausgaben vor.
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Die St.-Gallus-Kirche in Hrobschitz ist seit Ende 2017 im Besitz des Vereins Omnium und wurde mit viel Engagement renoviert. Heute wird das ehemalige Gotteshaus für Konzerte und Ausstellungen genutzt. Bild: Barbora Větrovská / Jakub Děd
ie einschiffige St.-Gallus-Kirche in Hrobschitz ist seit Ende 2017 im Besitz des Vereins Omnium. Kurz nach der Eigentumsübertragung wurde die Mauer abgerissen, die den Zugang zur Kirche versperrte. Alle Kircheneingänge wurden zu Beginn der 1990er Jahre zugemauert, um die Kirche vor Besuchen von Dieben und Vandalen zu schützen. Bereits im Frühjahr 2017 wurde das erste Workcamp mit freiwilligen Helfern aus der Tschechischen Republik und Deutschland organisiert, in dessen Verlauf die Kirche renoviert wurde, damit darin Ausstellungen, Konzerte und ver-
schiedene Kulturveranstaltungen stattfinden können. Anläßlich der Begegnung der Freunde und Landsleute aus der Hrobschitzer Region wurde 2018 die Ausstellung Bilin – Hrobschitz – Kautz gezeigt, in der die Geschichte der drei Kirchen dokumentiert wurde, die dem Verein Omnium gehören. Bei diesem Anlaß wurde auch ein Konzert des Duos von Nancy Thym und Thilo Viehrig unter dem Titel „Cantefable“ veranstaltet. In der Kirche fand auch die Buchvorstellung „Das Hrobschitzer Ländchen“ mit der Bürgermeisterin von Hrobschitz, Jana Syslová, als Mitautorin statt. Während des Art Festivals Bilinale gab es hier eine Autorenlesung mit Radek Fridrich, und Martin Janíček spielte auf den keramischen „Glocken“ von Lada Semecká eine Musikperformance. Da es in der Kirche keinen Strom gibt, sorgen Kerzen bei den Kulturveranstaltungen für Helligkeit, was der Atmosphäre eine angenehme Note verleiht.
Pfarrer Burkhard Hose beim Themen-Zoom der Ackermann-Gemeinde:
„Kirche als Volkskirche ist kein Ort der Restlichen und Verbliebenen“ Überaus vielfältig sind die Inhalte, welche die Ackermann-Gemeinde bei ihrem Themen-Zoom jeweils am ersten Dienstag im Monat anbietet. Bei der jüngsten Online-Veranstaltung stand das Thema „Kirche. Heimat für alle?“ im Mittelpunkt – erörtert von Pfarrer Burkhard Hose von der Hochschulgemeinde Würzburg. Die große Frage des Abends lautete deshalb: Was kann die Kirche tun, um für alle einladend und Heimat gebend sein zu können?
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en Referenten des Abends stellte Moderator Rainer Karlitschek den weit über 100 Teilnehmern vor. Pfarrer Burghard Hose ist ein engagierter Priester, der sich zu dieser Thematik immer wieder zu Wort meldet. Er ist aktiv im „Würzburger Bündnis für Demokratie und Zivilcourage e.V.“ für Toleranz und gegen Ausgrenzung. Als Sprecher des Würzburger Flüchtlingsrates setzt er sich für ein friedliches Zusammenleben von in Deutschland geborenen Menschen und Geflüchteten ein. Zuletzt initiierte Pfarrer Hose eine Petition, mit der er sich für eine Segnung gleichgePfarrer Burghard schlechtlicher PaaHose Bild: POW re stark macht. Zur Ackermann-Gemeinde hat er einen Bezug über den früheren Würzburger Diözesanvorsitzenden Hans-Peter Dörr, der Lehrerkollege von Hose an der St.-Ursula-Schule Würzburg war. Eine weitere Parallele ist die Verleihung des Würzburger Friedenspreises. 2014 erhielt diese Auszeichnung Pfarrer Hose für sein Engagement gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung. 1998 wurde die Junge Aktion Würzburg mit der gleichen Würdigung bedacht – für die Deutsch-tschechische
Ist Kirche mit einer Vereinsmitgliedschaft vergleichbar? Jugendbegegnung Würzburg-Šumperk. In seinem Statement las Pfarrer Hose Passagen aus seinem Buch „Warum wir aufhören sollten, die Kirche zu retten. Für eine neue Vision von Christsein“ vor und verband das mit Erläuterungen bzw. Kommentaren. Als ersten Gedanken nannte er den Aspekt „Mitgliedschaft“: Kann man die Zugehörigkeit zur Kirche mit der Mitgliedschaft beispielsweise in einem Fitneßstudio vergleichen? Der Geistliche schilderte Erfahrungen mit weniger eifrigen oder Nicht-Kirchgängern, mit
Kontakten vieler Menschen zur Kirche Juden nicht hatten. Auch in der Hoch(fast nur) bei wichtigen Lebensereignis- schulgemeinde gebe es „viele Gottessen und dem meist Wegbleiben der Kin- fürchtige, die punktuell andocken“ – der nach der Erstkommunion hinsicht- bei sozialen Projekten oder spirituellen lich kirchlicher Angeboten. So„Kirche muß offen sein für eine gar aus der Kirche Angebote und eistärkere Durchlässigkeit“ nes Engagements Ausgetretene würin Gruppen. den die StudenDaraus schloß der Referent, daß das tengemeinde unterstützen. Modell der Mitgliedschaft und ZugeDaher plädiert er für eine Offenheit hörigkeit zwei verschiedene Dinge sind, der Kirche, für eine stärkere „Durchläsund der Faktor „Beheimatung in der sigkeit der strengen Mitgliedschaft in Kirche“ vielfach vernachlässigt wird. die Gesellschaft hinein“, orientiert an Als weiteres Widerspruchspaar nannte Werten wie Schöpfung oder Solidarität er die Pflicht zum Gottesdienstbesuch für Benachteiligte. Zudem werde oft der
Abschließend wies Pfarrer Hose auf die zunehmende Heimatlosigkeit und Entfremdung selbst hauptamtlicher Kirchenmitarbeiter hin, verursacht unter anderem durch die Missbrauchsereignisse oder die Missachtung von Rechten in der Kirche und nannte dabei die Initiative Maria 2.0 und andere Beispiele. „Das sind Bewegungen aus der Mitte der Kirche. Die meinen es ernst, das könnte gefährlich werden für das Fortbestehen der Kirche“, verdeutlichte der Priester. Für ihn klaffen auch Anfragen aus der Gesellschaft und Inhalte der kirchlichen
„Relevanz der Botschaft Jesu sichtbar machen“
Der Themen-Zoom der Ackermann-Gemeinde stieß mit über hundert Teilnehmern auf großes Interesse. Bild: Markus Bauer versus Serviceangebote der Kirche, die „eher mager“ seien. „Das Modell der Vereinsmitgliedschaft ist wenig tauglich, die Kirche ist anders als ein Verein. Mitgliedschaft ist nur ein Status, sagt aber nichts über die Zugehörigkeit“, faßte Hose zusammen. Als dienlich für die aktuellen Probleme brachte Pfarrer Hose die Gruppe der Gottesfürchtigen aus der Anfangszeit der Kirche im 1. Jahrhundert ins Spiel, die sich damals den Christen anschlossen, weil diese einige Vorschriften der
spirituelle Bereich als glaubwürdig und authentisch erlebt. Vor diesem Hintergrund gilt, so Hose: „Kirche als Volkskirche ist kein Ort der Restlichen und Verbliebenen.“ „Kirchen muß offen sein für eine stärkere Durchlässigkeit. Wir als Kirche müssen immer offen sein zu den Menschen, die nur ab und zu Kontakt suchen“, forderte der Würzburger Geistliche eine Kirche, die Heimat für alle sein könne – auch punktuell, zu bestimmten Anlässen.
„Nur wer in der Kirche bleibt, kann den Kurs beeinflussen“
Pfarrer Burghard Hose
Großes Engagement in Büchern Über seine Erfahrungen in der Flüchtlingsarbeit und seine Vision von einem gelingenden Miteinander hat Pfarrer Burghard Hose sein erstes Buch geschrieben, das im Oktober 2016 im adeo-Verlag unter dem Titel „Aufstehen für ein neues Wir“ erschienen ist. Im Juli 2018 folgte im Vier-TürmeVerlag das zweite Buch: „Seid laut! Für ein politisch engagiertes Chri-
Lehre immer mehr auseinander – etwa bei der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. In diesem Punkt hält Hose eine Änderung der Lehre, eine Weiterentwicklung der Kirche für dringend geboten. „Ziel muß es sein, den Menschen von heute die Botschaft Jesu zu öffnen, einen Zugang zu bieten. Die Botschaft Jesu hatte eine andere Intention als die Gründung der Kirche – nämlich die Veränderung der Welt. Daher geht es darum, die Relevanz der Botschaft Jesu für die gesamte Gesellschaft sichtbar zu machen“, schloß der Geistliche seinen Input. In den Diskussionsbeiträgen ging es um den Macht- und Einflußaspekt in der Kirche auf den verschiedenen Ebenen, um den Wahrheitsbegriff, um den Beginn der kirchlichen Beheimatung bei Kindern, um den Begriff „Volkskirche“ und um den Synodalen Weg. Pfarrer Hose setzte sich für eine Stärkung demokratischer Elemente in der Kirche und damit für eine andere Machtverteilung ein. Beim Thema „Wahrheit“ verwies er auf den Erkenntnisfortschritt, den die Kirche in anderen Themenfeldern ja bereits in ihre Lehre aufgenommen hat. Volkskirche ist für Hose nicht der Rest bzw. die verbliebenen Aufrechten, sondern die Kirche, die „offen und
stentum“, im Oktober 2019 „Warum wir aufhören sollten, die Kirche zu retten. Für eine neue Vision von Christsein“ und im März 2020 im EchterVerlag „Es reicht. Auf dem Weg zu einer neuen Kultur des Teilens“. Seit März 2021 ist das neueste Buch des engagierten Pfarrers im Handel. Es trägt den Titel „Systemrelevant. Neue Maßstäbe für unsere Gesellschaft“.
durchlässig an der Grenze für weitere Menschen ist – mit punktueller Verbindung“. Mit Blick auf den Synodalen Weg hofft der Würzburger Priester, „daß die Anwesenheit von Betroffenen des Mißbrauchs eine Veränderung der Gesprächsprozesse und Nachdenklichkeit auch bei Bischöfen“ mit sich bringt. Er wandte sich gegen Kirchenaustritte, da danach „keine Handlungsmöglichkeiten mehr“ bestünden. Die Botschaft von Pfarrer Burghard Hose lautet deshalb: „Nur wer in der Kirche bleibt, kann den Kurs beeinflussen.“ Markus Bauer
Mut tut gut
Nehmt die Welt ehrlich in den Blick
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ie Tage zwischen Christi Himhätten es in sich gehabt. Bereits seit langem war für dieses Wochenende ein Ökumenischer Kirchentag geplant. Nach Berlin 2003 und München 2010 sollte es der dritte seiner Art sein. Als Austragungsort war Frankfurt am Main erkoren worden. Solche Treffen leben von der direkten Begegnung möglichst vieler Christen aus den unterschiedlichen Konfessionen. Das ist derzeit nur sehr eingeschränkt möglich. Zwar wurde der Ökumenische Kirchentag von den Organisatoren nicht gänzlich abgesagt, aber die meisten Veranstaltungen und auch Gottesdienste finden in digitalen Formaten statt. Das ist einerseits bedauerlich, andererseits bin ich aber froh, daß wenigstens auf diese Weise Impulse für das Miteinander der christlichen Konfessionen in unserem Land gesetzt werden. Wir können als Christen nämlich nur gemeinsam etwas bewirken. Für mich persönlich stellt bereits das Motto des diesjährigen Ökumenischen Kirchentages einen wichtigen und herausfordernden Impuls dar. Es lautet „Schaut hin“ und faßt ein Zitat aus dem Markusevangelium in zwei Worten zusammen. „Geht und seht nach“, sagt Jesus in der Geschichte von der wunderbaren Brotvermehrung. Er fordert damit seine Jünger auf, nach der Menge der Essensvorräte zu sehen. Fünf Brote und zwei Fische waren da. „Was ist das für so viele?“, haben sich die Jünger gedacht. Doch Jesus macht das Wunder möglich. Am Ende der Geschichte heißt es: „Alle aßen und wurden satt.“ Das Motto „Schaut hin“ lädt uns in der Gesellschaft, in der Kirche, aber auch in unseren kleinen Zusammenhängen dazu ein, die Vorräte und Ressourcen in den Blick zu nehmen. Das erfordert Mut zum Realismus. An manchen Stellen müssen wir uns eingestehen, daß es wirklich wenig ist, was uns rein menschlich zur Verfügung steht. An anderen Stellen wird uns das realistische Hinschauen aber auch zur dankbaren Feststellung führen, daß wir von dem oder jenem genug haben und deswegen kein Grund zum andauernden Herummäkeln besteht. „Schaut hin“ heißt: Nehmt die Welt, nehmt euer Leben und dessen konkrete Umstände ehrlich in den Blick! Flüchtet euch nicht in irgendwelche realitätsfernen Luftschlösser! Stapelt aber auch nicht tiefer, als es die Situation hergibt! Hinschauen heißt: wahrnehmen, was ist. Gerade gläubige Menschen tun sich mit dem realistischen Blick auf die Verhältnisse, wie sie sind, manchmal schwer und verpassen dabei die Chance, verantwortlich zu handeln. „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“, so hören wir jedes Jahr zu Christi Himmelfahrt in der Lesung aus der Apostelgeschichte. Diejenigen, von denen diese Aussage in der biblischen Erzählung stammt, sind Engel. Erstaunlich, daß gerade sie uns auf den Boden der Tatsachen verweisen. Aber vielleicht sind die Engel ja gar nicht so abgehobene, verträumte Wesen, wie wir manchmal meinen. Dr. Martin Leitgöb CSsR Seelsorger der Pfarrei Ellwangen-Schönenberg
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FORUM
Egerländer Kulturpreis „Johannes von Tepl“ 2021
Ausschreibung Der Bund der Egerländer Gmoin (BdEG), die Arbeitsgemeinschaft Egerländer Kulturschaffender (AEK) und der Landschaftsrat Egerland in der SL schreiben den Egerländer Kulturpreis „Johannes von Tepl“ samt Förderpreis aus.
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iese Institutionen stifteten diesen Preis in Erinnerung an den aus dem Egerland stammenden Johannes von Tepl, der um 1400 mit dem „Akkermann aus Böhmen“ die älteste und bedeutendste Prosadichtung der neuhochdeutschen Literatur geschaffen hatte. Der Preis wird an lebende Personen verliehen, die sich durch herausragende kulturelle Leistungen um das Egerland und die Egerländer verdient gemacht haben. Der Egerländer Kulturpreis besteht aus einem Haupt- und einem Förderpreis, die heuer im Rahmen der Bundeskulturtagung des BdEG und der AEK-Begeg-
nung am 23. Oktober verliehen werden. Die Förderpreise werden an Personen verliehen, die nicht älter als 35 Jahre sind. Auch Gruppen können berücksichtigt werden. Die Preissummen werden durch Spenden aufgebracht. Der Hauptpreis ist mit 2000 Euro, der Förderpreis mit 1000 Euro dotiert. Vorschläge für die Preisträger können von Personen eingebracht werden, die Mitglied der oben genannten Institutionen sind. Dies muß bis zum 10. Juli an den BdEG-Vizekulturwart Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt in schriftlicher Form mit Lebenslauf des oder der Vorgeschlagenen erfolgen. Die Preisträger werden von einer unabhängigen Jury von Personen des BdEG, AEK, der Landschaft Egerland und einer Person der freien Spender am Sudetendeutschen Tag in München gewählt.
Hiermit abonniert man diese Zeitung Ich/wir bestelle/n zum Bezug per Postzustellung die Sudetendeutsche Zeitung mit Reichenberger Zeitung · Heimatbote · Heimatruf Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft wöchentlich (125,00 EUR im Jahr) Reichenberger Zeitung Nordböhmische Umschau 24 Ausgaben (62,50 EUR im Jahr) Neudeker Heimatbrief für die Heimatfreunde aus Stadt und Landkreis Neudek 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr)
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 19 | 14. 5. 2021
PERSONALIEN Die personifizierte Iglauer Kultur
Harry Höfer 65 Heute feiert Harald „Harry“ Höfer, die personifizierte Iglauer Kultur, in München 65. Geburtstag.
H
arry Höfer kam in München zur Welt. Seine Mutter stammt aus Brünn, der Vater aus Iglau. Die Elten erschlossen ihrer Tochter und ihrem Sohn schon sehr früh das kulturelle Erbe der Iglauer Sprachinsel, praktisch auch dadurch, daß sie sie zum Iglauer Singkreis schickten. Harry nahm Gitarrenunterricht, wählte in der gymnasialen Oberstufe Musik als Schwerpunktfach und studierte nach dem Abitur mit einem Stipendium der Deutschen Studienstiftung Mathematik und Physik für das Höhere Lehramt. Nach dem Referendariat in München und Sonthofen unterrichtete er an verschiedenen Gymnasien in München. Seit 1993 lehrt er, heute als Studiendirektor, am Städtischen Luisengymnasium. 1984 heiratete er Edeltraud Withelm, deren Eltern aus der Iglauer Sprachinsel stammen. Der Ehe entsprossen die Kinder Felix und Julia, die mit dem Iglauer Singkreis aufgewachsen und begeisterte Mitglieder geworden sind. Julia konnte 2015 als damalige Leiterin des Iglauer Kindersingkreises den Förderpreis für Volkstumspflege der SL in Empfang nehmen. Im Dezember 2017 kam Julia durch einen tragischen Verkehrsunfall ums Leben. Sie hinterläßt in ihrer Familie, bei den Freunden und im Iglauer Singkreis für immer eine schmerzhafte Lücke. Seit seinem 19. Lebensjahr arbeitet Harry maßgeblich in der Gemeinschaft Iglauer Sprachinsel mit. 1975 gründete er für den „Mährischen Grenzboten“ den Am 4. April starb Ilse Kölbl, langjährige Landesfrauenreferentin der SL Hessen, mit 99 Jahren im Seniorenheim in Heusenstamm. Die amtierende Landesfrauenreferentin Anneliese Ludwig gedenkt ihrer.
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m 21. September 1921 kam sie in Krima bei Komotau im Böhmischen Erzgebirge zur Welt. Ihr Elternhaus war das Sägewerk in KrimaSpitz. Und ihr Mann gilt seit dem Zweiten Weltkrieg als vermißt. Am 1. Mai 1946 vertrieben die Tschechen sie mit ihrem sechsjährigen Sohn Hans, ihren Eltern und ihrer Großmutter aus der Heimat. Die Familie strandete im hessischen Heusenstamm. Dort kaufte sie eine Nebenerwerbssiedlung, wo Ilse Kölbl bis kurz vor ihrem Tod wohnte. Bereits 1947 wurde sie BdVund 1951 SL-Mitglied. 1950 wur-
„JugendspIGEL“, der vor allem über die Aktivitäten der Jugendgruppen der Iglauer Gemeinschaft sowie über den Iglauer Singkreis Nord und Süd berichtete. 1998 übernahm er die Schriftleitung des „Mährischen Grenzboten“ und führte sie bis Ende 2012. Seit 2014 koordiniert er als einer der Stellvertretenden Vorsitzenden in der Gemeinschaft Iglauer Sprachinsel deren einzelne Fachbereiche und ist für den Internetauftritt zuständig. Im Iglauer Singkreis sieht er seine zentrale volkstumspflegerische und musikalische Aufgabe. Seit 1982 bis heute ist er der Organisationsleiter und übernahm vor einigen Jahren auch die Tanzleitung. Sein besonderes Interesse gilt der Iglauer Volksmusik. Bereits 1985 brachten er und Sepp Nerad das Heftchen „Iglauer Lieder“ heraus. 2020 legte Harry unter dem Titel „Iglauer Liederschatz. Lieder und Texte aus dem Igelland“ ein Buch mit 85 Liedern vor, das die Sudetendeutsche Zeitung nächste Woche vorstellen wird. Sein Herzensanliegen ist schon immer die Stubenmusik. Er hat sie im Iglauer Singkreis kontinuierlich aufgebaut. Und wie es sich für einen guten Leiter einer Stubenmusik gehört, hat er nicht nur bekannte Weisen aus dem Igelland, dem Sudetenland und anderen Landschaften für das Stubenmusikensemble arrangiert, sondern auch eigene „Stückln“ komponiert, die sich bei den Musikanten großer Beliebtheit erfreuen. Seit 1986 betreut er musikalisch einmal im Frühjahr ein Musikantentreffen, das seit 1992 über die Deutsche
Jugend in Europa (DJO) in Baden-Württemberg öffentlich ausgeschrieben wird. 2013 zeichnete die SL Traudi und Harry Höfer mit dem Kulturpreis für Volkstumspflege aus. Wir wünschen Harry Höfer zum Geburtstag alles erdenklich Gute, vor allem Gesundheit und daß es ihm vergönnt sein möge, noch viele Jahre in seiner begeisternden Art zu wirken und vielen Menschen weiterhin viel Freude am Singen und Musizieren zu schenken. Wilfried Stolle
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eine Freundschaft mit den Höfers besteht seit Jahrzehnten. Sie begann mit Harrys Vater Willi, der mit bühnenreifer Sprache die große Theatertradition der Iglauer nach Bayern gerettet hatte, und setzt sich seit langem fort mit Harry und seiner ganzen Familie. Egal wo er auftritt – juchzend und die Trachtenkappe schwenkend beim Fahneneinzug des Sudetendeutschen Tages, tanzend und singend in Iglau, München und vielen anderen Orten in Europa –, begeistert er durch seine ansteckende Fröhlichkeit. Diese ist gepaart mit der Fähigkeit eines klugen und nachdenklichen Kopfes, Gemeinschaft zu stiften, Trachten und Volkstum perfekt, aber mit Seele zu präsentieren und Brücken in die Wurzelheimat zu schlagen. Unser Harry ist ein sehr junggebliebener und vielseitig begabter Aktivposten unserer Volksgruppe. In deren Namen wünsche ich ihm weiterhin viel Erfolg, Gesundheit, persönliches Glück und Gottes reichen Segen. Bernd Posselt die Adalbert-Stifter-Medaille. Ihr selbstloser Einsatz waren ihrem Sohn Hans, ihrem Enkel und ihrer Urenkelin solch ein Vorbild, daß auch sie sich bei SL und BdV engagieren. 1954 begannen die Plannungen für ein DJO-Jugendheim im osthessischen PoppenhausenRodholz. Der erste Spatenstich erfolgte 1956. Dann halfen Ilse und Hans Kölb in unzähligen Stunden und mit Entbehrungen bei Wind und Wetter beim Bau des DJO-Haus. 1982 gründete sie eine Klöppelgruppe, die bis heute einmal im Jahr im DJO-Haus zusammenkommt und begeistert die Klöppel in Bewegung setzt. 1980 bis 2000 leitete sie die jährlichen Klöppelkurse am Heiligenhof in Bad Kissingen mit großem Erfolg. Ihre siebenjährige Urenkelin war ihre jüngste Klöppel-Schülerin. Gern erinnern sich viele aktive SL-Frauen an Kölbls Unternehmungen wie die gut organisierten Sternfahrten. Für all das sprechen wir Ilse
Eminente SL-Aktivistin in Hessen
Ilse Kölbl † de sie Landesmädelführerin der Deutschen Jugend des Ostens. (DJO). Seit 1967 engagierte sie sich ehrenamtliche als Stellvertretende Kreisfrauenreferentin des BdV und der SL im Kreis Offenbach. 1972 gründete sie in Heusenstamm eine Frauengruppe. Diese leitete sie, bis sie aus gesundheitlichen Gründen in das HorstSchmidt-Haus für Senioren in Heusenstamm zog. 1977 bis 2003 war sie Frauenreferentin der SL-Landesgruppe Hessen. Ihr wurden viele Ehrungen zu teil wie das Bundesverdienstkreuz am Bande, das große BdV-Ehrenzeichen, die goldene Ehrennadel der SL, die Rudolf-Lodman-Plakette oder
Glasmuseum in Warmensteinach.
Grande Dame des Glases
Maria Seidel † Am 23. April starb Maria Seidel, die Grande Dame des Glases aus Gablonz, mit 101 Jahren im oberfränkischen Warmensteinach. SL-Bezirksobfrau Margaretha Michel gedenkt ihrer.
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esuchte man vor einigen Jahren das Glasmuseum in Warmensteinach, empfing einen – schick frisiert und adrett gekleidet – die zierliche Maria Seidel. Im typisch nordböhmischen Tonfall, doch ohne paurische Ausdrücke, erklärte sie präzise die Exponate. Dies ist glücklicherweise bewahrt. In einem Dokumentarfilm von Hans-Peter Wagner und Renate Stiefl schildert sie als Hauptzeitzeugin den Aufbau der Glasindustrie nach der Vertreibung sowie ihre Isergebirgsheimat. Vor fast 20 Jahren starb ihre Tochter Ingrid. Diese hatte ebenso wie Maria Seidels Mann Ernst Gürtler gelernt. Gürtler war ein wichtiger Beruf die Herstellung von Gablonzer Glasarbeiten. Heute heißt das Metallbildner/ in – Gürtler- und Metalldrücktechnik. Das Gürtlerhandwerk begleitete das Ehepaar Seidel bis sie ihr Geschäft aufgaben. Unzählige Broschen, Ketten und Kreuze hatte Ernst Seidel hergestellt und Maria Seidel verkauft und darüber Buch geführt. Neben der Arbeit im Betrieb las Maria Seidel viel. Dieses Wissen verknüpfte sie mit eigenen Erlebnissen. Das vermittelte sie anschaulich in Vorträgen über Glaserzeugung, Glashandel oder historische Abläufe. Sie war deshalb Stellvertreterin, dann Leiterin des Glasmuseums. Die Vertreibung verschlug sie mit Ingrid zunächst in die Ostzone. Ernst hatte im Fichtelgebirge Fuß gefaßt und holte seine Familie nach. Dort begannen die Gablonzer schon vor Kaufbeuren dank eines Erlasses des damaligen bayerischen Wirtschaftsministers Ludwig Erhard den Neuanfang. Die Isergebirgler fühlten sich im Fichtelgebirge bald heimisch. Die Gebirge ähnelten sich nämlich landschaftlich. Außerdem lebten damals so viele Isergebirgler im Fichtelgebirge, daß selbst mancher Einheimische begann, Paurisch zu sprechen. Maria Seidel wurde bereits zu Lebzeiten wiederholt gewürdigt und ausgezeichnet. Der Film hält die Erinnerung an sie wach – auch bei den Jüngeren. Dennoch macht ein Abschied nach einem so langen Leben nachdenklich. Wir verneigen uns vor ihrer Leistung. Möge sie im ewigen Frieden ruhen. Die Landsleute trauern mit den Angehörigen.
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19/2021
Sudetendeutsche Zeitung Hochstraße 8, 81669 München eMail svg@sudeten.de
Polen erhielt nicht ganz Oberschlesien
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u dem Artikel „Schmerzliche Teilung“ über die Volksabstimmung über die zukünftige staatliche Zugehörigkeit vor 100 Jahren in Oberschlesien von Volksgruppensprecher Bernd Possel ( SdZ 11/2021). Punktgenau hat die Sudetendeutsche Zeitung auf die Volksabstimmung hingewiesen. Als verantwortlicher Redakteur des „Grafschafter Boten“ erschrak ich jedoch über Bernd Posselts oberflächliche Darstellung des politischen Sachverhaltes so-
wie die fehlerhafte Legende der Karte. Offensichtlich ist die Zuordnung der Farben nicht korrekt. Korrekt muß es lauten: „Im gelb/hellgrünen Gebiet fand die Volksabstimmung statt. Der gelbe Teil blieb beim Deutschen Reich. Der hellgrüne Teil ging an Polen (Ostoberschlesien). Im hellroten Teil fand keine Abstimmung statt, da sowieso zum Deutschen Reich gehörig.“ Was Posselts fachliche Darstellung anbelangt, ist dem Artikel anzumerken, daß er sich nicht viel Mühe gab, sonst wäre wohl nicht eine solch oberflächliche Darstellung entstanden. Die ethnisch schwierige Gemengelage
in Oberschlesien wird schwammig und zu kurz dargestellt, so daß nicht deutlich wird, ob bei der Abstimmung nicht nur wirtschaftliche, sondern auch nationale Interessen zum Zuge kamen. Die Verdienste von Graf Couden-
hove-Kalergi um Europa mögen historisch unbestritten sein, aber die Erwähnung seines Namens und seiner Meriten durch Posselt bei jeder sich bietenden Gelegenheit wirken allmählich etwas überzogen. Auch seine politischen Schlußfolgerungen für die heutige Zeit kann ich nicht ganz nachvollziehen. Vielleicht sollte man Bernd Posselt meinen Leitartikel aus der Märzausgabe des „Grafschafter Boten“ zum Studium geben. Unsere Geschäftsstelle in Lüdenscheid hilft gerne aus. Dr. Georg Jäschke Verantwortlicher Schriftleiter des „Grafschaft Boten“ 58507 Lüdenscheid
Bei einer Online-Veranstaltung der Sudetendeutschen Heimatpflege stellte Christa Olbrich ihr Buch „Von der Kuhmagd zur Professorin“ über ihre Herkunft aus Mähren und ihren berufliche Aufstieg vor.
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om armen Vertriebenenkind zur Professorin und Dekanin – wie bewundernswert“, lob te Christina Meinusch. Zum Ein stand in ihrer neuen Tätigkeit als Heimatpflegerin der Sudeten deutschen begrüßte sie bei einer Veranstaltung im Netz als Gast Christa Olbrich, deren Eltern aus Mährisch Schönberg stammten. Kurz und einfühlsam faßte die Heimatpflegerin die Lebenseck daten von Christa Olbrich zu sammen. Die Autorin erzählte dann aus ihrem Leben und las aus ihrer Autobiographie „Von der Kuhmagd zur Professorin“, aus der sie auch Bilder zeigte. Sie erzählte vom Anfang ih res Lebens: „1945 wurde ich in Mährisch Schönberg in Groß mutters sehr schönem Haus mit Garten geboren. 1946 bekamen meine Eltern den Bescheid, sich in drei Tagen mit jeweils 20 Ki logramm Gepäck pro Person am Bahnhof einzufinden. Als der Zug abrollte, überfüllt mit Heimatver triebenen, wußten die Menschen nicht, wohin es geht.“ Ihre Mutter habe ihr später er zählt, daß sie beim Anblick des Bahnhofsschildes von Nürnberg Gott gedankt habe, daß der Zug nach Westen gefahren sei. Von Nürnberg wurde die Familie aus Mutter Emma und Vater Otto Olbrich, die Großmutter väterli cherseits und eine Schwester der
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KULTUR
Sudetendeutsche Zeitung Folge 19 | 14. 5. 2021
� Veranstaltung der Heimatpflegerin der Sudetendeutschen
Gelungener Einstand im Netz Freitod nur mit Me dikamenten und Al kohol ertragen. „Wir waren wirk lich sehr arme Leu te.“ Als einmal die Nachbarin, eine kluge Bäuerin, ihre Mutter gefragt habe: „Wos soll denn des Madla amol wern?“, habe die Mutter ge antwortet: „Die soll einmal eine Kuh magd werden.“ Der Kuhstall und der große Bauernhof Professor em. Dr. Christa Olbrich in ihrem Garten und Heimatpflegerin Christina Meinusch seien bis zu ihrem 14. Lebensjahr ihre Welt gewe wohnten wir zu viert. An einer Institut für Fort- und Weiterbil sen, erinnerte sie sich. Seite stand ein weißer Küchen dung in der Krankenpflege. Den Neben der räumlichen Enge herd, der den Raum erwärmte. Studiengang Pflegemanagement hätten die Eltern auch seelische Nebenan ein Tisch mit einem und Pflegepädagogik schloß sie Not ertragen müssen. „Mein Va ausziehbarem Untergestell mit mit der Promotion ab. ter, ein sportlicher junger Mann, zwei Emailschüsseln zum Ab Höhepunkt ihrer beruflichen kam als Krüppel aus Rußland zu spülen. Im Raum standen noch Laufbahn war schließlich ei rück.“ In den ersten Jahren habe ein Sofa, ein Eßtisch, ein Kü ne Professur in Rheinland-Pfalz. er keine Arbeit gefunden außer chenbüffett und in der Ecke eine Dennoch mußte sie sich gegen als Kesselflicker und im Straßen Kommode.“ Und es habe nur ein viele Schwierigkeiten durchset bau. „Die einzige Möglichkeit „Plumpsklo“ bei den Nachbarn zen, da sie immer wieder ver in die Stadt zu kommen, war der gegeben. „Eine Kindheit in Ar suchte, dem Pflegeberuf eine Pferdewagen, der jeden Morgen mut und Scham“, faßte Olbrich bessere und teilweise akademi die Milch dorthin brachte.“ Ih zusammen. sche Basis zu verschaffen. Wie re Mutter, die eine unbeschwer Die wenigen Schulstunden in allen ihren Lebensphasen hat te Jugendzeit erlebt habe, habe seien ihr leichtgefallen, dennoch te sich auch hier oft mit Heraus bald resigniert und sei jung an habe es zunächst keine Mög forderungen und Schwierigkei Krebs gestorben. Zu Essen habe lichkeit für eine weitere Ausbil ten zu kämpfen und errang am es immerhin ausreichend Milch, dung gegeben. Schließlich habe Ende doch berufliche Erfolg. Als Kartoffeln und Brot gegeben. sie von einer Ausbildungsstelle Professorin und Dekanin an ei
und versorgte nach deren frühem Tod auch ihren Vater, der als kriegsbeschädigt nicht mehr richtig arbeiten konnte und auch früh an Krebs starb. Sie kümmer te sich jahrelang selbstlos und bra vourös um ihren jün geren Bruder, der dennoch in Alkohol sucht unterging. Nach dem Schei tern ihrer Ehe – nicht zuletzt bedingt durch Drogenpro bleme des Ehemanns – über nahm Christa Olbrich ein trau matisiertes Patenkind bis zu des sen Erwachsenwerden. Auch im sozialen Dienst war sie jahrelang aktiv, etwa bei telefonischer Be ratung von Verzweifelten oder der Betreuung von Flüchtlingen. Dies führte sogar zu einer zwei ten Heirat und einer „Scheinehe“ mit Gregor, einem Asylbewerber aus Georgien, der sie anrührte. Das Vertriebenenkind war sehr weltoffen. Schon als junge Frau trampte Olbrich wegen eines AuPair-Jobs durch Frankreich, bald darauf reiste sie mit dem Motor rad nach Korsika oder mit einem Indio-Führer nach Mittelameri ka. Sie fuhr mit ihrem Cousin in
Die Großeltern mütterlicherseits: Amalia Pumm, geborene Schenk, und Emil Pumm in Mährisch Schönberg.
Opa Emil Olbrich mit Ehefrau Marie, geborene Biener, in Wiesenberg.
Mutter Emma Olbrich mit Schwester Laura und vor dem Haus in Reitendorf bei Mährisch Schönberg, wo Christa Olbrich 1945 zur Welt kam.
Die Autorin als Fünfjährige mit Bruder Bernhard, der 1946 in Gunzenhausen zur Welt kam, und ein Jahr später mit der Großmutter.
Christa Olbrich als zwölfjährige, gute Schülerin und als Krankenschwesternschülerin in Nürnberg
Mutter mit der kleinen Christa im Kinderwagen in das mittel fränkische Haundorf, ein kleines, bis dahin von allem Fremden un berührtes, mittelfränkisches Dorf gebracht. „Im Kinderwagen un ter meinem Windeln hatte man ein paar Schmuckstücke und die Uhr versteckt. Die Holzkiste, in der meine Mutter mit Bleistift die Wäschestücke darin beschriftet hatte, steht heute noch auf mei nem Dachboden“, so Olbrich. Einquartiert wurden sie in ei nem engen Dachbodenzimmer oberhalb der Gaststube des ein zigen Wirtshauses. Drei Jahre später wurde ihr Bruder geboren. „Die räumliche Enge in seiner Kinderzeit zeigte sich vielleicht in einem Engegefühl in der Brust mit Angstanfällen.“ Diese habe er ein Leben lang bis zu seinem
zur Krankenhaushelferin gehört habe, für die sie sich auf eigene Faust beworben habe. Über ihren weiteren Weg schreibt sie spannend in ihrem Buch, das man gefesselt liest: Nach der Ausbildung zur Kran ken- und Unterrichtsschwester heiratete sie einen jungen Arzt. Auch wegen diverser Probleme in der Ehe, die kinderlos blieb, beschloß sie bald, weiterkommen zu wollen. Als sie im Fernsehen vom neu eingerichteten Telekol leg hörte, machte sie auf diesem Weg die Mittlere Reife nach, ab solvierte das Begabtenabitur und wollte studieren. Nach einiger Wartezeit wegen des Numerus Clausus wurde sie zum Medizin studium zugelassen und sattelte nach zwei Semestern auf Diplom pädagogik um. Sie kam an ein
die mährische Heimat ihrer El tern und flog mit einem Freund in den philippinischen Dschun gel sowie als wissenschaftliche Dozentin zu Pflege-Vorlesungen nach Peking. Dennoch blieb Olbrich der süddeutschen Region ihrer Kind heit verhaftet. Nach längerer Su che nach einem Zuhause pen delt sie zwischen einer mühsam erkämpften Nürnberger Eigen tumswohnung und ihrem Ober pfälzer Häuschen in Berg-Un terölsbach im Kreis Neumarkt. Mit der Hilfe von Nachbarn machte sie eigenhändig aus ei ner einstigen Wochenendhütte im Wald ein kleines Paradies mit Hund, Katze, Hühnern und Bie nenstöcken. Auch von ihrer heu tigen „Heimat“ zeigte sie beim Vortrag stolz eine Ansicht. Um
„Da wir immer bei der Kartoffel ernte mitgeholfen haben, waren wir das ganze Jahr mit Kartoffeln versorgt. Jeden Morgen konnten wir einen Topf Milch direkt frisch beim Melken abholen. Und in den ersten Jahren, erinnere ich mich, war meine Mutter mit mir und meinem Bruder im Kinder wagen auf den Feldern Ähren sammeln.“ Die Gemeinde des Dorfes ha be ihnen das ehemalige Milchund Gemeindehaus zur Verfü gung gestellt, das ihr Vater et was renoviert habe. „Ich bekam unter dem Dach ein eigenes Zim mer. Mein Kinderwunsch war da mals: ,Wenn ich einmal groß bin, baue ich mir und meinem Eltern ein Haus.‘“ Die Wohnung sei auch klein gewesen. „Im Erdge schoß war nur ein Raum, den be
Vater Otto Olbrich (*1921) mit Brüderchen und Mutter Emma Pumm (*1918). Beide in der Kindheit in Mähren beim Rodeln.
einzugehen auf das besondere Interesse der Teilnehmer, dar unter meist Landsleute und Mit glieder der SL-Kreisgruppe Neu markt, erzählte Olbrich auch über ihre Herkunft und zeig te Bilder. „Mein Großvater müt terlicherseits, Emil Pumm, war ein uneheliches Kind, führte je doch später erfolgreich eine Pa pier- und Kartonagenfabrik.“ Nach dem frühen Tod der Groß vaters sei seine Frau Amalia als Witwe mit ihren Töchtern in das Haus in Reitendorf gezogen, wo sie, Christa Olbrich, zur Welt ge kommen sei. „Diese Großmut ter starb früh – so blieb ihr die Aussiedlung erspart.“ Emma, ih re Mutter, habe Zahnarzthelfe rin gelernt und sei im Krieg Rot kreuzhelferin gewesen. „Meine Großeltern väterli cherseits kamen beide aus Wie senberg bei Mährisch Schön berg“, schilderte sie zu deren Hochzeitsbild. Großvater Emil Olbrich sei nach seiner Heirat mit Marie Biener zum Kriegs dienst eingezogen und ins nie dersächsische Nordenham ge schickt worden. „Dorthin folg te ihm die Großmutter nach der Vertreibung.“ Auch sie habe als Kind die Großeltern dort besucht und noch viele Erinnerungen an die beiden, vom Aalfang in der Weser bis hin zu selbstgenäh ten Kleidern oder den Bienen der Oma. All dies beschreibt sie auch im Buch. Offenherzig und mit viel Hu mor berichtete sie über ihre schwierige Kindheit, geprägt von den traumatisierten Eltern und dem primitiven ländlichen Um feld. Bei ihrer gelungenen „Ein standsveranstaltung“ moderierte Christina Meinusch sensibel und geschickt die Schlußdiskussion mit den Zuschauern, unter denen sich auch ihre Vorgängerin Zu zana Finger befand. Wie denn die Reise in die mährische Heimat verlaufen sei, fragte die neue Heimatpflegerin. „Unser altes Haus in Reitendorf, das heute Rapotín genannt wird, stand noch, als ich mit meinem Cousin und dessen Eltern dort hin fuhr“, erinnerte sich Christa Olbrich. Sie habe sogar ihr al tes Klavier darin erkannt. „Die deutsch-tschechische Versöh nung ist ja heute auch sehr fort geschritten“, sagte die Professo rin, die keine Kuhmagd wurde. Susanne Habel
ner Hochschule war sie maßgeb lich an der modernen Konzep tion von Bachelor- und Master studiengängen für Pflegeberufe beteiligt, die bald alle deutschen Bundesländer übernahmen. An mehreren Universitäten und In stitutionen hatte sie Lehraufträ ge und war Supervisorin und Do zentin. Auch im Ruhestand hält die Pädagogin noch Seminare ab. Ihr Buch „Pflegekompetenz“ und ihr Sammelband „Modelle der Pflegedidaktik“ erschienen in zwischen in mehreren, erweiter ten Auflagen. Neben ihren Ausführungen zur Bildungsentwicklung auf dem akademischen Pflegesektor beschreibt Christa Olbrich in ih rer Autobiographie packend ihr privates Leben. Sie pflegte ihre depressive, krebskranke Mutter
Christa Olbrich: „Von der Kuhmagd zur Professorin. Ein Leben voller Herausforderungen“. Novum-Verlag, München und Berlin 2019; 288 Seiten, 22,90 Euro. (ISBN 9783958409750)
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KULTUR
Sudetendeutsche Zeitung Folge 19 | 14. 5. 2021
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin mit Chefdirigent Robin Ticciati.
geschrieben, die jetzt � Orchesterkonzert mit Werken von Komponisten aus Prag und Preßburg im Haus des Rund funks in Berlin er klang, „wegen Co rona leider nicht vor Live-Publikum“, be dauert Bastian dieser Zeitung gegenüber. Immerhin solle der Ausstrahlung über Deutschland Auch für das zweite Werk la sellschaft der Musikfreunde fort, radio Kultur auch eine CD mit gen die Noten eines Komponi die er 1896 mit Auszeichnung ab Werken von Miloslav Kabeláč sten aus dem deutschen Osten schloß. folgen. auf Joseph Bastians Pult. Der Di 1896 bis 1911 war er Mit Der böhmische Komponist rigent lobt die „weichen, runden glied der Wiener Philharmoniker und Dirigent wurde am 1. August Klänge und Choräle der Bläser“ und bis 1914 Solocellist im Hof 1908 in Prag geboren und stu in der „Fuga solemnis“ von Franz opernorchester (heute Orchester dierte ab 1928 am Prager Konser vatorium, auch unter Alois Há ba und Erwin Schulhoff. 1931 bis iloslav Kabeláčs viersät 1934 studierte er Klavier in der zige Symphonie für Or Meisterklasse von Vilém Kurz. gel, Blechblasinstrumente und 1932 bis 1954 arbeitete er als Mu Schlagzeug zeigt neue Klang sikregisseur und Dirigent beim ideen und starken künstlerischen Prager Rundfunk, unterbrochen Ausdruck. Bis zum Zerreißen ge während der Jahre 1941 bis 1945. spannt sind hier die Gefühle ei 1948 wurde seine 2. Sinfonie mit nes Menschen, zwischen Bangen dem tschechischen National und Hoffen angesiedelt, ausge preis ausgezeichnet. Ab 1958 hat breitet mit den Mitteln der spar te er eine Professur für Komposi sam gewählten Instrumente. Der tion am Prager Konservatorium, Hörer entdeckt auch alle Regi mußte diese jedoch nach einigen ster der Orgel. Denn Cameron Jahren aufgeben. Neben weite Carpenter zeigt als Solist sein ren Orchesterwerken schrieb er ganzes Können. Er verzaubert acht Sinfonien, ein Bläsersextett, Bilder: jb, Peter Adamik an der Orgel, der Königin der In Klavierwerke und Vokalkompo Cameron Carpenter und Joseph Bastian. strumente im Orchester. sitionen. Stilistisch ließ er sich „Das Werk von Kabeláč aus der durch ein breites musikalisches Schmidt. Das Werk für Orche der Wiener Staatsoper) und als Mitte der Fünfziger ist durchaus Spektrum anregen, das von Ent ster und Orgel war zur Einwei Organist, Solist, Kammermusi eine Symphonie“, erläutert Diri lehnungen aus dem Gregoriani hung der Rundfunkorgel im Gro ker, Begleiter und Dirigent glei gent Bastian vor der Aufführung. schen Gesang bis zum Einbezug ßen Sendesaal in Wien im Jahr chermaßen anerkannt und gefei Gerade die kleinere Besetzung außereuropäischer Musikkultu 1937 entstanden. Sich verengen ert. Mit Oskar Adler spielte er im mit Orgel, Blech und Pauke ma ren reichte. de kontrapunktische Kunst und Quartett von Arnold Schönberg. che sie tauglich in Coronazeiten, Ab den späten fünfziger und zunehmende Lautstärke steigern Aus seiner Preßburger Zeit kann da die Musiker problemlos Ab in den sechziger Jahren such sich bis zum fulminanten Finale. te er den namhaften Orgelbau stand halten könnten. Es gel te Kabeláč, der sich auch als Di Franz Schmidt kam am 22. er Vincent Možný, der ihm 1908 te, Kabeláč wiederzuentdecken. rigent für zeitgenössische Musik Dezember 1874 in Preßburg eine Orgel nach seinen eigenen „Der Prager Komponist hatte vor einsetzte, Kontakte zu aktuellen zur Welt. Bereits seine ungari Dispositionsangaben baute. allem politische Schwierigkeiten, Musikströmungen in Westeuro sche Mutter, die Pianistin Ma 1914 bekam Schmidt eine Pro zunächst durch pa. Hatte er mit ria Schmidt, erteilte ihm als Kind fessur für Klavier an der Wiener Preisgekrönte die Besatzung dem Orche Klavierunterricht und machte ihn Musikakademie, wo er 1925 Di Hamlet-Improvisation der deutschen sterwerk „Im mit dem Werk Johann Sebastian rektor wurde und 1927 bis 1931 Nationalsozia provisati Bachs bekannt. In Musiktheorie Rektor war. Als Pädagoge für Kla listen.“ Auch zu den Kommuni on über Hamlet“ noch 1964 den und Orgelspiel wurde er von Pa vier, Violoncello, Kontrapunkt sten in der ČSSR habe er nicht Preis der Tschechoslowakischen ter Felician Josef Moczik unter und Komposition bildete er an gehört, und im Westen habe sich Kritik und 1965 den Staatspreis richtet, dem Organisten an der der Musikakademie zahlreiche ohnehin eher die serielle Musik erhalten, wurde sein Schaffen Franziskanerkirche zu Preßburg. später bedeutende Musiker, Di durchgesetzt. nach dem Prager Frühling im ei 1888 zog die Familie nach Wien, rigenten und Komponisten aus. Kabeláč habe diese Sympho genen Land ignoriert. Er starb und Schmidt setzte seine Studi Zu seinen bekanntesten Schü nie ursprünglich für das Radio am 17. September 1979 in Prag. en am Konservatorium der Ge lern zählten der Pianist Friedrich
Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin (DSO) präsentierte im Deutschlandfunk Kultur Miloslav Kabeláčs Symphonie Nummer 3 in F für Orgel, Blechbläser und Pauke Opus 33, Francis Poulencs „Sinfonietta“ FP 141 und Franz Schmidts „Fuga solemnis“ für Orgel, Blechbläser und Pauken unter Stabführung von Joseph Bastian. Das DSO bot im Großen Sendesaal im Haus des Rundfunks auch eine Premiere. Cameron Carpenter trat als Solist bei der Uraufführung seiner Ouvertüre „Great Expectations“ für Orgel und Orchester auf.
Orgel im Zentrum
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Die SL-Landesgruppe Bayern veranstaltete statt der sonstigen Muttertagsfeiern eine besinnliche Stunde am Gedenkstein für die Trümmerfrauen in der Münchener Innenstadt. Andreas Schmalcz, Leiter der SLLandesgeschäftsstelle in München, würdigte in einer Rede die Leistung der Mütter.
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estern jährte sich das En de des Zweiten Weltkriegs in Europa, in Asien ging er noch weiter“, erinnerte Schmalcz. Für die Vertriebenen habe das Elend erst begonnen. „Und heute ist
Wührer, der Kompo die zum ,Instrument des Jahres nist Rudolf Wimmer 2021‘ gekürt wurde“, erläutert er und Alfred Rosé – vor dem Konzert. Das Werk führe der Sohn von Arnold nicht in eine Oper, wie gewöhn Rosé, dem legendä lich, sondern könne frei vor an ren Gründer des Ro deren Stücken gespielt werden. sé-Quartetts, Kon Carpenters Bühnenkarriere zertmeister der Wie begann 1992. Seit der Fertigstel ner Philharmoniker lung der „International Touring und Schwager Gustav Mahlers. Organ“ 2014 reist er mit der nach Aus gesundheitlichen Gründen seinen Plänen gefertigten Or gab Schmidt 1937 seine Lehrtä gel zu Konzerten durch die gan tigkeit auf. ze Welt. Seine Kompositionen Viele Auszeichnungen bezeu wurden vielfach ausgezeichnet. gen die ihm entgegengebrach Auch seine „Great Expectations“ te Wertschätzung wir der Franz- erfüllten die in ihn gesetzten Er Joseph-Orden sowie die zum wartungen. 60. Geburtstag verliehene Eh Mit Grandezza und Geschick rendoktorwürde der Universi führte Joseph Bastian das Or tät W ien. Nach Aussagen seiner chester durch das neoklassische Schülern beherrschte er nahezu Konzert. Der 1981 in Lothringen sämtliche damals bekannten Kla geborene vielseitige Musiker vierkompositionen auswendig. studierte Posaune und war lange In seinem letzten Lebensjahr Zeit Baßposaunist des Sympho erlebte der Todkranke den An nieorchesters des Bayerischen schluß Österreichs an das Deut Rundfunks. Nach einer sieben sche Reich. Schmidt wurde von jährigen Zeit als Dirigent des den Nationalsozialisten als der Münchener Abaco-Orchesters bedeutendste lebende Kompo begann er 2018 eine Laufbahn nist Österreichs, damals Ost als freier Dirigent. Er erhält seit mark, hofiert, auch wenn man ihn dem Einladungen zu Orchestern als Vertreter der religiösen Kunst wie den Bamberger Symphoni sah. Er erhielt den Auftrag, ei kern, dem HR-Sinfonieorchester, ne Kantate mit dem Titel „Deut dem SWR-Symphonieorchester sche Auferstehung. Ein festliches oder dem Sinfonieorchester Ba Lied“ zu komponieren. Er hinter sel. Aber auch in Japan und Tai ließ diese unvollendet, als er am wan war Bastian musikalisch un 11. Februar 1939 in Perchtolds terwegs, spricht er doch neben dorf starb. Französisch, Dirigent mit Dann gab Deutsch und Grandezza und Geschick Englisch vie es ein „Radio werk“: Francis le andere Spra Poulencs „Sinfonietta“ entstand chen und liebt es, neue Musik 1947 zum einjährigen Bestehen welten zu entdecken. der BBC. Das Streichorchester Seinen sensationellen Ein tanzt in den lose zusammenhän stand als Dirigent hatte Bastian genden drei Sätzen abwechselnd schon 2016 gefeiert, als er beim mit den Blasinstrumenten oder Symphonieorchester des Bayeri umarmt sie in schwelgend soli schen Rundfunks mitten in einer Konzertwoche für den erkrank stisch-brillierenden Passagen. Als Auftakt zum Rundfunk- ten Robin Ticciati einsprang. Konzert hatte das DSO mit Or Und Ticciati ist seit 2017 Chefdi ganist Cameron Carpenter des rigent des DSO, das Bastian jetzt sen neoklassische Komposition als Gast dirigierte. So schließen „Great Expectations“ uraufge sich die Kreise. Susanne Habel führt. „Meine Ouvertüre ruft als Konzert zum Hören: www.dsoBezugspunkt den gleichnamigen Roman von Charles Dickens auf berlin.de/de/medien/hoerenund entstand zur Ehre der Orgel, sehen/player/#audio
Muttertag, den wir � Muttertagsfeier der SL-Landesgruppe Bayern in München nicht wie üblich feiern können, son dern mit einer klei nen, vorab geneh migten Freiluftfei er unter strengen Abstandsvorschrif ten.“ Außerdem sei der diesjähri unterkriegen lassen. „Das gilt hat unsere Mütter nicht zaghaft ge 9. Mai auch der 100. Geburts auch für die Mütter und Groß gemacht!“ tag der Widerstandskämpferin mütter der Vertriebenen, die in Viele der geflüchteten oder Sophie Scholl, die das Kriegsen der Nachkriegszeit jeden Tag vertriebenen und natürlich die de nicht mehr erlebt habe, son nur mit Mühe etwas zu essen be einheimischen Frauen hätten als dern von den Nationalsozialisten sorgen konnten“, so der Referent Trümmerfrauen Großes geleistet hingerichtet worden sei. Auch über die damalige Notlage, oft beim Aufräumen der zerstörten Sophie Scholl sei eine der Frau geprägt von Lagerleben und Le Städte Deutschlands und später en gewesen, die sich nicht hätten bensmittelknappheit. „Das alles beim Wiederaufbau. Ebenso hät
ten die Frauen sich bald organisiert in geistlichen und politischen Ver bänden, um das Leben wieder mit zubestimmen. „Ei ne Generation, die anpackte, und von der die heuti gen Menschen lernen könnten,“ schloß Schmalcz. Um an die große Leistung der Frauen dieser Zeit zu erinnern, hatte auch der Verein „Dank und Gedenken der Aufbaugenerati on, insbesondere der Trümmer frauen“ 2013 erreicht, das Denk
Ehrung am Gedenkstein
Am Gedenkstein für die Trümmerfrauen Jürgen Steffan, Margot Günther, Helga Guttmann, Franziska Miroschnikoff und Dr. Reinhold Babor. Rechts vom Gedenkstein SL-Kreisobmann Johann Slawik, Renate Slawik, Andreas Schmalcz und Karl Pfotenhauer.
mal zu errichten, zuerst gegen heftigen Widerstand. Vereins gründer Reinhold Babor dank te der SL Bayern für die aktuelle Feier, die den Gedenkstein wie der einmal in Erinnerung bringe. „Wir haben den Stein damals aus dem Nichts geschaffen“, so Ba bor. Auch die Vereinsvorsitzen de Margot Günther freute sich über die Feier in der Alfons-Gop pel-Straße. Zu Beginn der Veran staltung hatte sie ein Blumenge binde ihres Vereins neben den Kranz der SL-Landesgruppe am Gedenkstein gelegt. Susanne Habel
Professor Dr. Ulf Broßmann und Christine Rösch aus dem Kuhländchen bei der Muttertagsfeier. Bilder: Susanne Habel
� SL-Bezirksgruppe Oberfranken
Stimmenzählen im Kofferraum Manfred Kees berichtet über die Wahl zur XVII. Sudetendeutschen Bundesversammlung in der SL-Bezirksgruppe Oberfranken.
leiter. Hervorragende Unterstützung kam aus München von den Mitarbeitern der Bundes-SL. Präzise, zielgenau und ohne Verzö-
abgegebenen Stimmen zählen? Allenthalben geschlossene Gaststätten und Corona-Beschränkungen. Die Mitglieder des
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ie Covid-19-Pandemie hält uns trotz Lockerungen noch fest im Griff. Dies galt auch für die Durchführung der Wahl der Delegierten für die XVII. Bundesversammlung, das höchste Organ der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Das war nicht leicht für die Organisatoren. Termin halten, Termin verschieben? Präsenzveranstaltung oder Briefwahl oder beides? Ein einmaliger Vorgang in der inzwischen langen Geschichte der Bundesversammlung. Die Bezirksgruppe Oberfranken wählte Briefwahl. Kein schwieriges, aber ein aufwendiges Verfahren für mich als Wahl-
Gudrun und Helmut Hempel, Gerda Mühlbacher und Adalbert Schiller neben ihrem „Büro“. Bild: Manfred Kees gerung. Auch deshalb lief die Briefwahl in Oberfranken ohne Komplikationen. Fünf Bewerber bei drei möglichen Delegierten und natürlich noch mehr Auswahl auf der Bundesliste. Aber wann und wo soll der fünfköpfige Wahlausschuß die
Wahlausschusses, waren Gudrun und Helmut Hempel aus Warmensteinach, Gerda Mühlbacher aus Heinersreuth bei Bayreuth, Adalbert Schiller aus Naila und ich aus Bayreuth. Zeitnah lud ich deshalb zur Wahlversammlung im Freien auf dem Parkplatz des
Kulmbacher Bahnhofs ein. Dort konnten wir Abstand halten. Kurz vor Beginn der Wahlversammlung ergoß sich ein Platzregen auf den Wahlausschuß. Dann kam ein mächtiges Donner-undBlitz-Gewitter auf uns hernieder. Wir befürchteten klatschnasse, unleserliche Wahlzettel. Doch rasch lenkte Petrus die Sonne wieder auf unsere sudetendeutschen Häupter. Und sie strahlte bis zum Ende unserer Stimmauszählung im offenen Kofferraum meines „Dienstwagens“. Ohne weitere Komplikationen stellten wir das Wahlergebnis fest und protokollierten es. Möge das Kulmbacher WahlAbenteuer die neue Bundesversammlung beflügeln. Möge diese hervorragende Ideen entwickeln, um die Sudetendeutsche Volksgruppe erfolgreich in die Zukunft zu leiten.
� SL-Ortsgruppe Naila/Oberfranken
Maibaum und Maiandacht Der erste Maisonntag ließ die oberfränkische SL-Ortsgruppe Naila aufleben. An diesem Tag fand in der katholischen Stadtpfarrkirche Verklärung Christi die Maiandacht für Vertriebene und Einheimische statt.
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uvor war zum 37. Mal im Pfarr hof der Maibaum, ein Zeichen der Freude über die Wachstumskraft und Fruchtbar-
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VERBANDSNACHRICHTEN . ZEITGESCHICHTE
Sudetendeutsche Zeitung Folge 19 | 14. 5. 2021
keit der Natur in Gottes guter Schöpfung, aufgestellt worden. Nicht ohne Stolz erwähnte Ortsobmann Adolf Markus, gleichzeitig Vizebezirksobmann, daß die SL die Maibaum-Tradition 1972 in Naila eingeführt habe, einen schönen alten Brauch in katholischen Gegenden Bayerns und des Sudetenlandes. Die Freude der Bevölkerung zeige sich in Maifeiern und Mai-
tänzen, bis in die 1990er Jahre noch durch die sudetendeutsche Jugend-Volkstanzgruppe. Eine weitere Tradition seien Maiandachten. Der Mai sei der Gottesmutter Maria geweiht. Diese Tradition pflegten auch die vorwiegend katholischen Vertriebenen des Sudetenlandes und Schlesiens. In Fürbitten und Dankgebeten riefen sie Maria, die Patronin Bayerns, auch als ihre Mittlerin und Schutzpatronin an, daß sie sie auf dem Weg zu ihrem Sohn begleite.
Dekan Andreas Seliger zelebrierte die Maiandacht. Dabei kamen heimatliche Gefühle auf, denn eine Schola erfreute die Gottesdienstbesucher mit traditionellen Marienliedern aus der böhmisch-mährisch-schlesischen Heimat wie „Geleite durch die Wellen“, „Milde Königin gedenke“ oder „Es blüht der Blumen eine“. Am Schluß erteilte Dekan Seliger von der Marienkapelle aus den Segen Gottes an die Gläubigen. Bernhard Kuhn
� SL-Kreisgruppe Krumbach/Bayerisch-Schwaben
Christl Brückner † Die bayerisch-schwäbische Altkreis- und Ortsgruppe Krumbach der Sudetendeutschen Landsmannschaft trauert um ihr langjähriges Vorstandsmitglied Christl Brückner. Sie starb am 7. April mit 78 Jahren in Krumbach. Aufgrund der Pandemie fand die Beisetzung im engsten Familienkreis statt. SL-Kreis- und SLOrtsobmann Ewald Neutatz gedenkt ihrer.
D
ie Egerländerin kam am 14. September 1942 als Christl Knedlik in Rabenstein im Kreis Luditz zur Welt. Im Januar 2000 wurde sie Mitglied der Landsmannschaft. 20 Jahre lang unterstützte sie mit sehr großem Engagement die Kreis- und Ortsgruppe und war eine tragende Säule für die gemeinsame Sache. Als Vorstandsmitglied setzte sie sich nachhaltig für den Zusammenhalt der Mitglieder und die Pflege des Brauchtums ein. Als Sozialbetreuerin wurde Christl Brückner weit über den Altlandkreis Krumbach bekannt. Sie hielt insbesondere regelmäßig Kontakt mit den Mitgliedern, die aufgrund ihres Alters oder ihrer Gesundheit unsere Veranstaltungen nicht mehr besuchen konnten. Sie war ein gerngesehener Gast bei Geburtstagen und Ju-
biläen, machte unermüdlich Krankenbesuche und begleitete alle verstorbenen Mitglieder auf ihrem letzten Weg. Sie war die Seele unserer Kreisund Ortsgruppe und nahm so jedes Jahr weit mehr als 100 Termine für uns wahr. Für ihr großes, soziales Engagement wurde ihr 2019 das große Ehrenzeichen unserer Landsmannschaft verliehen. Christl Brückner war jedoch nicht nur sudetendeutsche Aktivistin. Sie war auch Mutter, Schwiegermutter, Großmutter, Schwester und Tante. Nicht nur die Landsleute werden sie vermissen, sondern auch ihre Familie. Wir haben einen lieben und geschätzten Menschen verloren, der in vielen Dingen ein Vorbild für uns war.
Peter-und-Paul-Kirche in der heimatlichen Kreisstadt Luditz.
� Aus dem Egerland nach Hessen – Teil II
Dem Teufel von der Schippe gesprungen In dieser Serie berichtet Erich Lill über seine Jugend im Sudetenland, über seine Rückkehr aus seinem jugendlichen Kriegs einsatz, seine Vertreibung aus der Heimat im Oktober vor 75 Jahren und das Seßhaftwerden in Hessen. Den Bericht verfaßte er als 80jähriger 2007.
Wie mir mein Vater den Endsieg erklärte Am nächsten Tag durfte ich drei Tage mit meinem Vater zu einem Kurz urlaub nach Kösteldorf. Natürlich freute ich mich darüber. Vater einige Tage von der Front zu Hause und ich auch dabei: Das konnte nichts anderes als Freude sein. Natürlich werde ich auch gedacht haben: „Da wartet sicher Arbeit auf dich.“ Aber nicht deshalb sind mir diese drei Tage ewig in Erinnerung geblieben, sondern weil Vater meine Welt zum Einsturz brachte. Auf der Heimfahrt verließen wir den Zug in Neurohlau und hatten noch eine gute Stunde Fußweg nach Kösteldorf. Da nahm er mich beiseite und sagte, daß es mit großer Sicherheit keinen deutschen Sieg geben werde. Der Krieg sei verloren. Er selbst werde auch nicht aus Rußland zurückkommen. „Wir Deutschen werden dort alle von den Partisanen abgeschlachtet“, sagte er. „Mein Vater ist nicht aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekommen, und ich komme nicht aus Rußland zurück.“ Deshalb sei es besonders wichtig, mahnte er mich, daß ich heil durch den Krieg käme; denn die Mutter und mein jüngerer Bruder seien ganz
auf mich angewiesen. Ich dürfe mich deshalb nie zu einem Sondereinsatz verpflichten und müsse immer bestrebt sein, heil nach Hause zu kommen. Es werde eine schwere Zeit werden. Was aus Deutschland werde, sei ungewiß. Der Antosch sei ein lieber Mensch. Aber von dem, was auf dieser Welt ablaufe, habe er keine Ahnung. Ich war schockiert. Jeden anderen, der mir das gesagt hätte, hätte ich für verrückt erklärt. Und ich hätte den Finger auf den Mund gedrückt und „psst“ gesagt. Denn wenn es der Falsche mitgehört hätte, wäre das sicher nicht ungefährlich gewesen. Ich kann mich deshalb noch so gut an die Situation erinnern, weil ich tagelang wie betäubt war von dem Gedanken, der Krieg könne verloren gehen. Ich konnte und wollte das zunächst nicht glauben. Alles, was bisher an Informationen in meinen Gesichtskreis gelangt war – bis zum Oktober 1943 – wies darauf hin, daß es einen Endsieg geben müsse. Sieg hatte sich für das Reich an Sieg gereiht. Gewiß – Stalingrad am Anfang dieses Jahres 1943. Aber das war so weit weg in Rußland, das war ein Ausrutscher. Und von den wirklichen Greueln wußten wir nichts, verglichen mit dem, was heute jeder weiß oder nachlesen kann. Natürlich ist deshalb jedem klar, daß 1943 die Niederlage deutlich abzusehen war. Ebenso eindeutig gewinne ich daraus die Erkenntnis, wie sehr die Vorstellung eines Menschen von den Nachrichten bestimmt wird, denen er ausgesetzt ist. Das mag banal klingen, bedeutete aber für uns in Kösteldorf in
jenem Oktober, daß unsere Einschätzung des Schicksals mit der Wirklichkeit nichts mehr zu tun hatte. Alle, die ich kannte, irrten in ihrer Zuversicht genau so wie ich. Nur Vater hatte recht – in jeder Beziehung, auch was die Vorhersage seines Todes anbelangt, obwohl er ja, wie oben erwähnt, den Krieg überlebte. Das hat er dem schicksalhaften Umstand zu verdanken, daß er 1944 bei der Invasion in Frankreich von der Ostfront abgezogen wurde und deshalb am Ende des Krieges in
Kriegsgefangenschaft im Westen geriet. Um diese in Dachau bis 1948 zu überleben, brauchte er natürlich auch Glück, und dieses hatte er jedenfalls an der Westfront leichter als bei den russischen Partisanen.
Reichsarbeitsdienst und Flakhelfer Lang währte meine Ausbildung zum Forstmann in Kittlitz nicht. Schon im Frühjahr 1944 wurde ich gewahr, daß das Reich auch meinen Einsatz zum End-
Mein siebenjähriger Bruder Helmut und ich, Erich Lill, auf der Wiese hinter unserem Bauernhof in Kösteldorf im Mai 1944. Ich war gerade frisch bestallter Forsteleve und führte meine neue Försteruniform vor. Die hatte ich mir von der Firma Michowius in Cottbus aus dem Reich schicken lassen. Die Jacke (Waldbluse) brachte ich auf gewagte Weise durch die Vertreibung, sie paßt mir heute noch. Dazu gehörte der Försterhut, auf dem – wie hier nur undeutlich zu sehen ist – ein Reichsadler appliziert ist. Ich war stolz, das erreicht zu haben. Die Zeit solchen Glücks währte indes nur wenige Wochen. Dann brauchte mich der Krieg und erfaßte mich mit einem Furor, der auch jetzt – nach so vielen Jahren – noch immer unbeschreiblich ist. Ich versuche das zwar in diesem Bericht. Durch was ich da im Frühjahr 1945 hindurchgegangen bin, vermögen Worte jedoch nicht zu fassen. Ein Wunder ist, daß ich mein Leben bewahren konnte. Der Platz hier auf der Wiese ist die Ruhe vor dem Sturm. Von dem gibt es keine Fotos.
sieg benötigte. Im März kam ich zur vormilitärischen Ausbildung nach Teplitz-Schönau und gleich danach zur vierwöchigen Spatenausbildung beim Reichsarbeitsdienst (RAD) in DresdenFreidelsdorf. Im Mai war ich schon bei der Ausbildung an den 8,8-Zentimeter-Flakgeschützen. In Dresden-Übigau, wo die Autobahn über die Elbe geht, waren wir stationiert. Zum ersten Mal wurden wir dort ins Graubraun der RAD-Uniform eingekleidet. Wir übernahmen vom 1926er Jahrgang eine Flakbatterie mit acht Geschützen. Die mußten an die Front zur Wehrmacht. Damals durfte ich nach der monatelangen Ausbildung erstmals nach Hause fahren – vier Tage. Nach meiner Rückkehr hatten wir am Pfingstmontag erstmals Feindanflug. Wir mußten nur Sperrfeuer schießen. Das machte unsere Batterie so miserabel, daß 120 Mann nach Stolpmünde an der pommerschen Ostseeküste zum Übungsschießen abkommandiert wurden. Im Juni kamen wir nach Dresden zurück. Das war nun gesichert und von 32 Batterien umstellt. Wir hatten aber keine Feindanflüge. Deshalb gewannen auch wir den Eindruck, daß die Alliierten es nicht auf die Elbestadt abgesehen hätten. Ob das deren Taktik war oder im Sommer 1944 den Tatsachen entsprach und sich die Alliierten Anfang 1945 dann umorientierten, weiß heute nach fast 60 Jahren mit Sicherheit niemand mehr zu sagen. Schließlich leben die bestimmenden Akteure für die Katastrophe, die über Dresden im Februar 1945 hereinbrechen
sollte – allen voran Premier Winston Churchill und Bomber Arthur Harris – längst nicht mehr. Daß sie mit dieser Wucht über Dresden kam, hatte aber mit dem leichtsinnigen Glauben zu tun, daß Dresden nicht angegriffen würde. Wie die anderen wurde deshalb auch unsere Batterie abgezogen. Wir mußten in Ruhland-Dolstheida neue Geschützstellungen bauen, um die Brawagwerke zu schützen. Dort waren wir mit 20 Batterien und durchaus sehr beschäftigt. Tag und Nacht hatten wir Anflüge. Am 13. Februar kamen massenhafte Anflüge, aber sie gingen in 10 000 Metern Höhe außer Reichweite südlich an uns vorbei nach Dresden. Der Feuerschein am Himmel zeigte uns trotz der Entfernung, daß die Bomberstaffeln dort ihr Ziel haben mußten.
Phosphor-Bombardement zerstört Dresden Am nächsten Tag, dem 14. Februar, sollte ich als Kurier nach Dresden. Schon in Bautzen wurde mir die Weiterfahrt verweigert. Polizei sperrte die Straßen. Alles brenne. Deshalb seien die Straßen unbefahrbar. Befahrbare seien voller Menschen. Flugblätter fielen vom Himmel. Bis Bautzen konnte man sie finden. Darauf stand, daß die Leute sich auf die Elbwiesen retten sollten. Wie wir später erfuhren, half ihnen das beim zweiten Angriff wenig. Wir sahen, daß der am Mittag dieses Tages erfolgte. Die Amerikaner warfen Phosphorbomben, die die Menschen, wie uns Augenzeugen berichteten, auch auf den Elbwiesen verbrannten. Fortsetzung folgt
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Dux
Ladowitz
Klostergrab
Ossegg
für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau
Bilin
Teplitz-Schönau
Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. Heimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Telefon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail spacek@ teplitz-schoenau-freunde.org. Redaktionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Lexa Wessel, eMail heimatruf@ sudeten.de
Graupen
Niklasberg
� Niklasberg und Neustadt/Erzgebirge – Teil II und Schluß
Das Landschaftsbild verändert sich I
n der linken Hand hält er ein rotes Buch mit drei goldenen Kugeln. Vor dem geschlossenen Torgatter liegen die beiden Ab zeichen des Bergbaus. Zwischen dem Stadttor und dem Stadtpat ron ist das Lobkowitzsche Wap pen angebracht. Die Urkunde über die Verleihung des Wap pens und des Stadtsiegels befin den sich im Bezirksarchiv in Te plitz-Schönau.
Lage von Niklasberg und Kalkofen Über die Lage von Niklas berg und des Ortsteils Kalkofen schreibt der verstorbene Heimat kundler Herbert Koc im Heimat buch „Stadt und Kreis TeplitzSchönau“ (Frankfurt am Main, 1994): „Niklasberg und Kalk ofen liegen in einer idyllischen Erzgebirgslandschaft in 600 Me tern Seehöhe. Das Städtchen hat in seinem Hausbau noch viel Ur sprüngliches. Die Bewohner leb ten bis zur Vertreibung der Su detendeutschen 1945 und 1946 überwiegend von der Land- und Forstwirtschaft. Sie pflegten auch Brauchtum und ein heimat bewußtes Zusammenleben. Eingebettet in ein liebliches Tal und durchströmt von dem Grundbach, ist Niklasberg ei ne der beliebtesten Sommerfri schen des Kreises Teplitz-Schö nau. Ebenso wie Neustadt und Moldau ist auch Niklasberg von der Kreisstadt aus bequem zu er reichen. Die Bergstadt und ihre Um gebung bieten herrliche Wan dermöglichkeiten mit reizenden Aussichtspunkten wie die Niko lausbaude, den Bornhau, Wart eck oder den Stürmer mit seinem modernen Hotel. Gute Unter kunft und Verpflegung gibt es in mehreren Gaststätten, aber auch in Privatpensionen. Die Sommer frische ist dort unter günstigen Bedingungen zu erleben, und auch für Milchkuren gibt es Ge legenheit. Wintersport wie Lang
lauf ist auf sanften Höhen mög lich, ebenso gibt es anspruchs volle Abfahrten auf dem Stürmer. Der Ort ist geprägt von einer wechselvollen Geschichte. Zum einen als Bergstadt in einer er folgreichen Epoche der Silber erzgewinnung, zum anderen von Zeiten der Not, verursacht von Kriegsheeren, welche die Verbin dungsstraße über das Erzgebirge benutzten. Seit der Industrialisierung des Teplitzer Tales verdienen im mer mehr Niklasberger ihr täg liches Brot mit dem Braunkohle bergbau oder in den Fabriken in Klostergrab und Umgebung. Der Weg zur Arbeit war in den Win termonaten beschwerlich. Des halb verließen viele Bewohner ih ren Heimatort.“ Das frühere Leben und viele Besonderheiten von Niklasberg schilderte unser Heimatfreund und langjähriger Ortsbetreuer Otwin Robel († 18. Juli 1994) in seinen Beiträgen im Heimatruf. Was die heutige Zeit betrifft, beherrschen unzählige Wochen endhäuser/Chaty unterhalb des Ortes das Landschaftsgepräge. Schlimm war das große Wald sterben, verursacht, wie allge mein im Erzgebirge, durch die schwefelhaltigen Abgase der böhmischen Braunkohle. In einem weiteren Beitrag im Teplitzer Heimatbuch schildert Oskar Zenker den Heimatort. Niklasberg, die kleinste der vier Städte des Kreises TeplitzSchönau, schmiegt sich an die steilen Hänge eines kurzen Ta les des Erzgebirges in einer mitt leren Höhe von etwa 600 Metern. Für den Personenverkehr auf der Eisenbahnstrecke Brüx–Mol dau gab es, hoch über dem Städt chen und direkt vor einem Tun neleingang, einen Haltepunkt. Der Güterverkehr verlief, so weit es Niklasberg betraf, über die Bahnstationen Neustadt und Klostergrab. Gerberei, Mühle, Sägewerke und ein Steinbruch bildeten die
Die Bahn beim Verlassen des Tunnels in Niklasberg.
Das Niklasberger Gasthaus zum Rathaus/Hostinec u Radnice. wirtschaftliche Basis für die Be wohner des einstigen Bergstädt chens, seit der blühende Silber
Niklasberger Schule, Rathaus und 1920. bergbau Ende des 18. Jahrhun derts zum Erliegen gekommen war. In Niklasberg hatte der Di striktsarzt seinen Sitz und seine Praxis, genannt Ordinatio“. Zu seinem Zuständigkeitsbereich gehörten, neben Niklasberg, die Gebirgsorte Neustadt, Moldau, Ullersdorf, Grünwald, Zinnwald und Kalkofen sowie ein Weiler, der verwaltungsmäßig zu Niklas berg gehörte. Um dorthin zu gelangen, muß te man erst einmal die Paß-Höhe überqueren, die zwischen dem Stürmer und dem Bornhau liegt. Auf dieser Höhe gab es für Touri sten gute Einkehrmöglichkeiten in der Wittichbaude und in der
direkt daneben liegenden Niko lausbaude, an denen der Erzge birgskammweg vorbeiführte. In dem Bild band „Herzliche Grüße aus Te plitz und Um gebung“ (Te plitz-Schönau, 1994) befinden sich kurze Be gleittexte: „Ni klasberg wurde, wie viele ande re Bergarbeiter orte, nach dem jeweiligen Hei ligen benannt, den sie im Orts wappen hatten. Marktplatz um Auf der einen Abbildung kann man gut die An ordnung der Häuser rund um den viereckigen Marktplatz er kennen. Das läßt darauf schlie ßen, daß vor der Anlage neuer Orte zunächst ein Ortsplan er stellt wurde, wie es bei den mei sten Bergbauorten im Erzgebirge üblich war. Die geräumigen Stockwerk häuser rund um den Marktplatz, aber auch an den in die Berge auslaufenden Wegen, sind ein Erbe des im 18. Jahrhundert vor handenen Aufschwungs der äu ßerst ergiebigen Silberbergwer ke. Zu jedem Anwesen gehör te eine kleine Feldfläche, auf der man Kartoffeln, Hafer, et was Roggen als Brotgetreide und besonders Weißkraut anbaute.
TERMINE n Donnerstag, 12. bis Sonntag, 15. August: 7. Kreistreffen in der Heimat. Don nerstag eigene Anreise nach Teplitz-Schö nau, Hotel Prince de Ligne (Zámecké náměstí 136); 19.00 Uhr dort Abendessen. Freitag 9.00 Uhr Abfahrt nach Melnik mit Besichtigung des Schlosses und Weinverko stung; Mittagessen im Schloßrestaurant; an schließend Besichtigung der Peter-und-PaulKirche und des Beinhauses; Weiterfahrt nach Leitmeritz; dort Abendessen im bischöfli chen Brauereigasthof. Samstag 9.00 Uhr Ab fahrt nach Ober Georgenthal; dort Besuch
des Schlosses Eisenberg; danach Fahrt über das Erzgebirge auf den Mückenberg; dort Mittagessen; anschließend Bus- oder Seil bahnfahrt nach Graupen mit Spazier gang über den Mariascheiner Kreuzweg; 17.00 Uhr Abendessen im Hotel; 19.00 Uhr dort Jubiläumskonzert der Nordböhmi schen Philharmonie. Sonntag eigene Fahrt zur Heiligen Messe in der Barockkirche Ma riä Himmelfahrt in Zinnwald, Uhrzeit wird mitgeteilt. Änderungen vorbehalten. Ko stenbeitrag inklusive drei Übernachtun gen, Frühstück, bewachtem Parkplatz, Bus,
Durch dieses Kraut wurde Ni klasberg berühmt. Noch vor dem Zweiten Welt krieg feierte man zu Herbstbe ginn das Krauthäuptelfest. Da bei trafen sich ganze Familien, um gemeinsam das Weißkraut zu hobeln und mit nackten Bei nen in großen Behältern einzu stampfen. Nach Abschluß der Ernte wurde mit Essen und Trin ken ausgiebig gefeiert.“ Niklasberg, Post Klostergrab, in 600 Metern Seehöhe, hatte 739 Einwohner, davon 30 Tschechen; dazu gehörten drei Häuser von Kosten. Was das Schulsystem be traf, hatte Niklasberg eine zwei klassige deutsche Volksschule mit 64 Schülern, einer Schullei terwohnung, einer Lehrerwoh nung, einem Schulgarten und ei ner Schulküche. Das entsprach der damals üblichen Ausstat tung. Oberlehrer war Franz Robl, geboren 1891 in Alt-Nagelberg in Österreich. Seine Lehrerprü fung legte er 1910 in Budweis ab. Lehrerin Hilde Thöner/Wolf kam 1891 in Saaz zur Welt, stu dierte extern und legte 1917 ih re Lehrerprüfung ab. Friederike Günther/Löster, 1890 in Settenz bei Teplitz geboren, war Handar beitslehrerin. Sie hatte Kranken urlaub. Gertrud Kraus, geboren 1913 in Turn bei Teplitz-Schö nau, war Aushilfshandarbeitsleh rerin. Handarbeitslehrerin Ma rie Müller, geboren 1861 in Ni klasberg, angestellt von 1882 bis 1922 in Niklasberg, war Ruhe ständlerin.
Neustadt Neustadt, Post Klostergrab, in 840 Metern Seehöhe, hatte 376 Einwohner, davon 36 Tschechen; dazu gehörten die Häuser von Kalkofen. Die einklassige deut sche Volksschule hatte 25 Schü ler, eine Schulleiterwohnung, ei nen Schulgarten und eine Schul küche. Franz Keil, geboren 1901 in Pilsen, war Oberlehrer. Er leg te 1922 in Leitmeritz die Lehrer
prüfung ab. Friederike Günther aus Niklasberg war Handarbeits lehrerin. Zenker, der aus Neudorf stammt, schreibt im Heimatbuch Teplitz-Schönau über den Erzge birgsort Neustadt: „Neustadt war ein von Wald umrahmtes Dorf in etwa 800 Metern Seehöhe, auf ei nem Plateau des Erzgebirgskam mes gelegen. Das Dorf hatte ei nen eigenen Bahnhof der Linie Brüx–Moldau. Dadurch war es im Sommer und im Winter für Sommerfrischler und Winter sportler erreichbar. Ihre Unter bringung erfolgte in Gaststätten und Privatpensionen. Hauptsächlich bildete die Landwirtschaft die Lebensgrund lage der Dorfbewohner. Neben dieser spielten in weitaus gerin gerem Umfang Tätigkeiten bei der Bahn, im Bergbau und in der Forstwirtschaft eine Rolle. Zu Neustadt gehörte der Orts teil Neu-Neustadt, näher an (Gebirgs)-Ullersdorf und Grün wald als an Neustadt gelegen. Und es gehörten auch noch eini ge Häuser im Bereich des Bahn hofs Moldau dazu. Der zu Ni klasberg und Neustadt gehörige Hausberg war der 869 Meter ho he Stürmer, auf dessen Gipfel in den 1920er Jahren ein für damali ge Verhältnisse beachtliches Ho tel errichtet wurde. Dessen Au ßenwände bestanden bis zu einer bestimmten Höhe aus behauen en Porphyr-Quadern, wobei man das Rohmaterial von dem gegen überliegenden 911 Meter hohen Bornhau geholt hatte. An der Straße nach (Gebirgs)Ullersdorf beziehungsweise nach Moldau, kurz vor der Gabelung, gab es die Torfschänke, benannt nach dem damaligen Torfwerk, dessen Verarbeitungsanlagen sich früher dort befunden hatten. Bei meinem letzten Besuch in Neudorf im Jahr 2001 waren nur noch zwei Häuser fest bewohnt, darunter ein Kaufladen, in dem Kunden aus Sachsen preiswerte Brötchen kaufen konnten.“ Herbert Ring
Altes Bahnhofsgebäude bei der Bahnstrecke Niklasberg–Neustadt. Bild: Herbert Edelkraut
WIR GRATULIEREN allen Mahlzeiten, Besichtigungen, Füh rungen, Weinverkostung, Seilbahnfahrt und Konzert pro Person im Doppelzimmer 390 Euro, im Einzelzimmer 440 Euro. Ge tränke außerhalb des Frühstücks auf eige ne Rechnung. Verbindliche Anmeldung bis Montag, 2. August, durch Überweisung des Reisepreises auf das Konto Erhard Spacek – IBAN: DE35 7008 0000 0670 5509 19, BIC: DRESDEFF700. Bitte Anschrift und Na men der Reiseteilnehmer angeben, sonst Mitteilung mit diesen Angaben an eMail spacek@teplitz-schoenau-freunde.org
Unseren treuen HeimatrufAbonnenten herzliche Glückund Segenswünsche zum Geburtstag im Monat Mai: n Klostergrab Janegg-Krinsdorf, Janegg-Wernsdorf/Kreis Dux, Grundmühlen/Kreis Teplitz-Schönau. Horst Wiede mann, Johann-Sebastian-BachStraße 16, 85540 Haar, 17. Mai 1934.
n Ladowitz/Kreis Dux. Ro semarie Junge, Goethestraße 21, 93138 Lappersdorf, 10. Mai 1930. n Ullersdorf/Kreis Dux. Gu drun Fuchsenberger, Bussard weg 34, 63741 Aschaffenburg, 8. Mai 1942. n Teplitz-Schönau. Erhard Spacek (Heimatkreisbetreuer), Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, 29. Mai 1942.
HEIMATBOTE
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Bischofteinitz
Ronsperg
FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ
11 Hostau
Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de
Stadtpfarrer Karl-Heinz Seidl, Kaplan Johannes Spindler und der heilige Florian.
In der Mitte Fahnenträger Georg Naujokas mit der Bischofteinitzer Fahne in der Further Mariä-Himmelfahrt-Kirche.
Patenstadt Furth im Wald
Bischofteinitzer Fahne begleitet Floriani-Messe Neben dem heiligen Sebastian ist der heilige Florian Schutzpatron von Furth im Wald, der Patenstadt der vertriebenen Bischofteinitzer. Außerdem ist er Schutzpatron der Feuerwehrleute. Sein Festtag ist der 4. Mai.
W
ie im Vorjahr mußte auch heuer die traditionelle Florianiprozession am 4. Mai coronabedingt abgesagt werden. „Die pandemiebedingte Absage der Prozession machte nicht nur die Teilnahme der Feuerwehrleute aus Neukirchen beim Heiligen Blut unmöglich, sondern hielt offenbar auch viele Further von der Teilnahme am Festgottesdienst ab“, bedauerte Stadtpfarrer Karl-Heinz Seidl. Er hoffe jedoch, daß im nächsten Jahr wieder ein starkes Glaubenszeugnis
Seit Anfang Mai wartet die Ausstellung „Grenze ist nur ein Wort“ in der Böhmerwaldstadt Prachatitz auf Besucher. Einst war sie ein wichtiger Ort am Goldenen Steig, dem alten Handelsweg von Passau nach Prag.
vom Florianitag ausgehen wer- die Enns. Am Ort seiner Bestatde. tung, wo das heutige AugustinerPfarrer Seidl würdigte Flori- Chorherrenstift Sankt Florian an als einen wirklich österlichen steht, soll auf wundersame WeiMenschen, der sein Leben für se eine Quelle entstanden sein, den Auferstandenen eingesetzt der heute noch fließende Florihabe. Während seines Lebens ansbrunnen. hatte Florian (deutsch: der BlüVom Wasserheiligen war es hende) nichts mit Feuer zu tun. dann nicht mehr weit bis zum PaErst später sieht ihn die Legen- tron gegen Feuersgefahren, der de als Offizier der römischen Ar- Florian im 15. Jahrhundert wurmee im Dienst einer Einheit zur de. Wenn in früheren JahrhunFeuerbekämpfung. Belegt ist sei- derten ein Feuer durch einen ne Hinrichtung am 4. Mai 304 in Ort walzte, wie es auch die Stadt Lorch im heuFurth im Wald Gott zur Ehr‘, tigen Obererlebte, blieb dem Nächsten zur Wehr österreich mit den Menschen etwa 40 andeneben den ren bekennenden Christen, weil Löschversuchen einiger Mutiger er seinem Glauben an Christus nur übrig, zu fliehen, zu beten nicht abschwören wollte. Der Le- und inständig zu hoffen, das eigende nach warf man ihn mit ei- gene Haus möge verschont bleinem Mühlstein um den Hals in ben. Vor dem Hintergrund sol-
Nachbarschaftsausstellung in Prachatitz
Grenze ist nur ein Wort „Wir vermissen Euch. Bleibt gesund.“ Diese nette Geste hatte nicht nur für großes Aufsehen im bayerischen Grenzraum gesorgt. Auch in der Tschechischen Republik wurde dieses Zeichen der deutsch-tschechischen Freundschaft aufmerksam registriert. Sogar dem Nationalmuseum in Prag war die Tafel nicht verborgen geblieben. Das Nationalmuseum hatte bereits zuvor beschlossen, über die Aktionen während der Corona-Pandemie wie die „Samstage für Nachbarschaft“ eine Wanderausstellung mit Ausstellungskatalog zu kon-
zipieren. Es fragte Bürgermeister Bernard, ob die Gemeinde die Tam 19. April wurde am Grenzfel dem Nationalmuseum überübergang Neumark-Eschllasse. Bernard war einverstanden kam die Tafel der Freundschaft unter der Bedingung, daß die Taabgebaut ( HB 17/2021). Diefel bei Bedarf nach Neumark zuses großformatige Schild war rückkehren dürfe. zum Beginn der Corona-PandeDie Freundschaftstafel war mie im Frühjahr 2020 direkt an von Neumark zunächst ins Nader Grenze aufgestellt worden, tionalmuseum nach Prag transnachdem die tschechische Regieportiert worden. Inzwischen ist rung die Grenze über Nacht gedas Schild bereits ein Teil der schlossen hatte. Gefertigt hatten Ausstellung „Grenze ist nur ein dieses Schild der rührige BürWort“ des Nationalmuseums im germeister Václav Bernard sotschechischen Marionetten- und wie die Gemeindebediensteten Zirkusmuseum auf dem großen Marie Homolková und Jana VálStadtplatz in Prachatitz. Die Ausková. Auf der großen Tafel steht: stellung ist seit 2. Mai fertig und wird offiziell eröffnet, sobald die Museen wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sind, wahrscheinlich in der zweiten Mai-Hälfte. In Prachatitz wird die Ausstellung bis 28. November laufen. Danach zieht sie in das Haus der deutsch-tschechischen Verständigung in GablonzReinowitz. Schirmherr ist Schmuckstück der Ausstellung ist die Neumarker Freundschaftstafel. Christoph Israng, Bilder: Nationalmuseum Prag der Deutsche Bot-
A
cher Ängste, verbunden mit dem unserer Feuerwehren lesen wie Sarkasmus, der geschlagenen „Helfen in Not ist unser Gebot.“ Menschen mitunter zu eigen ist, oder „Gott zur Ehr‘, dem Nächformulierte dann irgendjemand sten zur Wehr.“ Solche Sprüche das ironische Stoßgebet: „Heili- werden dem Schutz- und Stadtger Sankt Flopatron Florian Helfen in Not rian, verschon schon eher geist unser Gebot unser Haus, recht, der bis in zünd‘ andeden Tod hinein re an.“ In diesem sogenannten für Jesus Zeugnis gab und dies Sankt-Florians-Prinzip steckt ei- mit der Hingabe seines Lebens ne sehr nüchterne Erkenntnis. In bekräftigte. Zeugnis geben als höchster Not ist der Mensch oft Christ bedeutet sich einsetzen, nur sich selbst der Nächste. Das Unrecht bekämpfen, löschen, ist nicht der Wille Jesu, der hier retten, bergen, schützen – viein ein Stoßgebet verpackt wurde. le Aufgaben, die FeuerwehrleuUnd weil es sich reimt und so ab- te heute erfüllen. Nach seinem surd klingt, hat es sich besonders Vermächtnis kommt es darauf hartnäckig verbreitet und erhal- an, im Vertrauen auf Jesus Chriten. stus nicht nur uns selber zu seGanz anders klingen die Bot- hen und nicht nur darauf zu achschaften, die wir landauf, landab ten, daß wir unsere Schäfchen ins auf Heiligenbildern und Fahnen Trockene bringen, sondern daß
schafter in Prag, was diese Präsentation noch mehr aufwertet. Dieser hatte auch wiederholt seine Unterstützung für die Nachbarschaftsinitiative bekräftigt. Auf dem Ausstellungsplakat steht in deutsch-tschechischen Sprachkombinationen „Wir sind sousedé/ My jsme Nachbarn“, was auch der Untertitel der Ausstellung ist. Für diese zeichnet Lenka Šaldová vom Nationalmuseum in Prag verantwortlich. Sie ist auch Vorsitzende des Clubs Tschechisch-Deutsche Partnerschaft. Šaldová hofft, die Ausstellung nach Gablonz auch an anderen tschechischen und deutschen Orten präsentieren zu können. Die Ausstellung des Nationalmuseums, so Šaldová, dokumentiere außer der Freundschaftstafel auch weitere Aktivitäten an der Grenze zum Zeitpunkt ihrer Schließung im vergangenen Frühjahr. Das Ziel sei, daran zu erinnern, daß wir in einem gemeinsamen europäischen Raum lebten und insbesondere Grenzregionen so miteinander verbundene Regionen seien, daß die Grenzen für die Menschen, die hier lebten, vollständig aufgehört hätten zu existieren. Die Schließung der Grenzen sei ein brutaler Eingriff in ihr Leben gewesen.
Ende April 2020 habe der Germanist Jan Kvapil die Idee gehabt, an der Grenze spazieren zu gehen. Die ersten zufälligen Treffen hätten am 2. Mai 2020 an
fünf Orten an der grünen Grenze zwischen der Tschechischen Republik und Deutschland stattgefunden. Kvapil und sein deutscher Freund Stephan Messner hätten die Facebook-Gruppe „Samstage für Nachbarschaft“ als Protest gegen die Grenzschließung gegründet. Unter diesem Motto seien im Mai und Juni weitere Treffen über die Büh-
wir neben unseren eigenen Nöten auch die anderen im Blick haben – bei uns und auf der ganzen Welt, gerade jetzt in Zeiten der Pandemie. Der Legende nach soll Florian als Jugendlicher ein brennendes Haus durch sein Gebet gerettet haben. Miteinander und füreinander beten – nach dem Vorbild des Heiligen auch ein oder sogar der Weg aus den Nöten unserer Zeit in Kirche und Welt. Den Festgottesdienst feierten Stadtpfarrer Seidl und Kaplan Johannes Spindler in Konzelebration. Die musikalische Gestaltung an der Orgel und der Gesang als Solist oblagen Regionalkantor Wolfgang Kraus, der mit dem Lied „Segne du Maria“, auch den Schlußpunkt setzte. Hans Gruber ne gegangen, am 30. Mai sogar an 18 Orten. Treffen hätten auch am Osser sowie am Wander- und Radübergang Hofberg-Flecken sowie am Grenzübergang HöllHaselbach stattgefunden. Das Treffen am 13. Juni am Übergang in Neumark sei eine beeindrukkende Grenz-Öffnungs-Feier gewesen. Lenka Šaldová erhielt 1500 Fotografien von den Teilnehmern der letztjährigen Treffen. Die Ausstellung bietet eine Auswahl sowie persönliche Geschichten von Menschen, die vor einem Jahr von der Schließung der Grenze schmerzlich berührt wurden. Die Besucher können einzigartige Exponate sehen wie handgemalte Banner mit Nachrichten an die Nachbarn, Steine, symbolische Papierblumen der Nachbarschaft, Flaggen, Liederbücher oder riesige Holzhände, die an einer Schaukel befestigt sind, damit die Leute sie aus der Ferne schütteln können. Neben den Aktivitäten der Initiative „Samstage für gute Nachbarschaft“ erinnert die Ausstellung auch an die Proteste von Pendlern in der Region Taus am Grenzübergang Vollmau oder an verwandte Ereignisse in der Region Znaim. Gleichzeitig präsentiert sie den tschechisch-deutschen Partnerschaftsclub, der einer der aktiven Organisatoren von Veranstaltungen an den Grenzen war und intensiv an der Entwicklung grenzüberschreitender Kontakte beteiligt ist. Karl Reitmeier
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 19 | 14. 5. 2021
Heimatbote für den Kreis Ta<au
Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de
� Pater Jaroslav Baštář berichtet über zwölf Jahre im Grenzgebiet – Teil III
Neid zerfrißt Neusiedler In diesem zweiten Teil schildert Pater Jaroslav Baštář seinen Umzug nach Stebusowes in Mittelböhmen und von Stebusowes nach Neustadtl im historischen Egerland.
Unser 32. Tachauer Heimatkreistreffen Ende August in Weiden in der Oberpfalz (Þ Termine) beginnt mit dem Besuch des Sudetendeutschen Museums in München.
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it dem Sudetendeutschen Haus ist das Sudetendeutsche Museum das Zentrum unserer Volksgruppe. Ich hatte die Ehre, als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats an der Gestaltung des Museums mitzuwirken. Am 1. November sah ich das Museum erstmals. Es übertrifft alle meine Erwartungen weit. Deshalb lade ich Sie, liebe Landsleute, diesmal nicht zu einer Fahrt in die Heimat ein, sondern zu einem Besuch des neu-
en Museums. Der Bus wird um 8.15 Uhr in Weiden am Unteren Tor (Schlörplatz) abfahren. Ab 11.00 Uhr werden Fachleute uns in zwei Gruppen das Museum zeigen. Zwischenzeitlich kann eine Gruppe Mittagessen. Abends werden wir wieder in Weiden sein. 30,00 Euro für Fahrt und Führung werden im Bus bezahlt. Ich bitte Sie, sich rasch zu entscheiden und sich bei mir anzumelden. Die Kontaktdaten stehen oben im Impressum. Wolf-Dieter Hamperl
� Tachauer Eghalandrisch
Våschtäist me? Der Egerländer Dialekt stirbt aus. Nur wenige sprechen ihn noch. Bei vielen ist er eingefärbt, je nachdem, wohin sie die Vertreibung verschlug. Labants Ortsbetreuerin Marianne Gäbler und Altzedlischs Ortsbetreuerin Sieglinde Wolf werden in loser Folge Wörter vorstellen, erklären und manchmal mit einer Geschichte ergänzen.
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ein Dialekt ist noch sehr deren Zuschauer nach der Beunverfälscht. Ich habe ihn deutung eines Dialektwortes. nach meiner Vertreibung aus La Marianne Gäbler bant nach Mecklenburg dort soie Idee, unsere Mundart aufzusagen in einem Tresor verleben zu lassen, sehe ich als senkt. Nach der Wende konnte ich ihn wieder herausholen. Versuch, den Lesern etwas zum Unsere neue Serie wird unseren Erinnern und manchmal auch Dialekt zwar nicht weltweit be- zum Schmunzeln zu geben. Ich kannt machen, aber sie wird ihn bin nicht im Egerland, sondern ein wenig vor dem Vergessen hü- in Hessen geboren und dort in ten. Sieglinde Wolf macht das einer eghalandrisch-hessischen Familie aufgewachsen. schon seit Jahren in ihren Meine Mutter stammte Altzedlischer Rundaus Altzedlisch. Da briefen. meine Sangl-GroßMeine Inspiraeltern Sangl Franz tion war die Ruund Huaflockl Mibrik „Host mi?“ – ne sowie Großvahochdeutsch „Verters Schwester, die stehst Du mich“, Sangl Mare, bei eghalandrisch uns im Haus leb„Våschtäist me?“ – ten, hat mich diese in der BR-Fernseh Mundart von Kind reihe „Wir in Bayern“. Da fragt ein Die neunjährige Marianne auf begleitet. Sieglinde Wolf Zuschauer die an- in Labant.
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gerist Ladislav Roučka. Leiter der Säge blieb Jiří Valenta. Es wurde eine Polizeistation des Korps für die Nationale Sicherheit eingerichtet, damals noch eine Gendarmerie, die Emil Lacina leitete, Beamte waren Šťastný, Brabec und Václav Šperl. Die neuen Siedler wurden immer mehr. Deren Kommen beobachteten die deutschen Bewohner mit Bange. Die Tschechen haben einfach wahllos – oft ohne Rücksicht und Mitgefühl – deren Häuser, Gewerbe, Land-
obald das Umzugsauto da war, wurden noch bei Dunkelheit die Möbel ausgeladen und – ohne sie zu ordnen – in die Stuben gestellt. Am ersten Abend sah es wie in einem Zigeunerlager aus. Es dauerte mehrere Tage, bis alles aufgeräumt war. Die Pfarrei war sehr geräumig. Sie war nun unMühlhausen mit der Klosterkirche Mariä Heimsuchung. ser neues Zuhause. Die ganzen zwölf Jahre lang waren wir jedoch Fremde. Irgendwie fremd kam uns jede Ecke vor, die ganze Landschaft. Fremd blieben uns auch die Menschen. Meine Stelle in Neustadtl trat ich offiziell am 19. Januar 1948 an. Zu dieser Zeit war Neustadtl vorwiegend mit Menschen aus Mühlhausen im Mittelböhmischen Hügelland besiedelt. Andere Ansiedler waren aus ande- Haus Nr. 240 von Franz Krom- wirtschaft und Eigentum beren Orten Mittelböhmens oder mer, Jaromír Klečka die Villa schlagnahmt. Die Deutschen aus der Slowakei gekommen. Da- Nr. 244 von Reisser und Peter- sahen diesem Treiben schmerzmit wir spätere Ereignisse verste- michl, welcher wieder aus Neu- lich zu, verloren ihre Heimat und hen können, möchte ich kurz das stadtl wegging, die große Schrei- sahen mit Besorgnis in eine unsiBild von Neustadtl ab 1945 skiz- nerei. Unter den ersten Landwir- chere Zukunft. Sie warteten auf zieren. ten kamen František Vácha und die Aussiedlung in eine neue, ihNeustadtl, tschechisch Stráž, Jan Skála. nen aufgezwungene Heimat. war ursprünglich eine lebendige Nicht lange nach den ersten Die Aussiedlung der Deutund reiche Stadt mit deutscher Ansiedlungen wurde in Neu- schen wurde 1946 in sechs EtapBevölkerung. Ehemals gehör- stadtl eine Verwaltungskommis- pen durchgeführt. Sie konnten te es zum Chodenland und be- sion einberufen, an deren Spitze 60 Kilogramm Gepäck mitnehsaß seit 1331 die Privilegien einer Jaroslav Roboch und František men. Wir wissen, daß die DurchKöniglichen Stadt. Die tschechi- Novák standen. Erster Vorsitzen- führung der Aussiedlung mansche Seite von Neustadtl wur- der des Örtlichen Nationalaus- cherorts, in Neustadtl nachweisde vor Jahrhunderten aufgelöst. schusses wurde bereits im Juni lich, so vollzogen wurde, daß sie Die Stadt war bis auf ein paar 1945 Jaroslav Klečka, sein Sekre- für immer ein schmutziger Fleck Staatsbeamten-Familien gänz- tär wurde Jaroslav Sedláček. Der bleiben wird. Durchgesetzt hat lich deutsch. Das Ende des Krie- erste Akt der Kommission war sich die Habsucht des menschliges bedeutete auch das Ende die Sicherstellung von Betrieben chen Wesens. Manchen Ausgedes deutschen Neustadtls. Das und Eigentum sowie die Überga- siedelten wurden Sachen und EiGrenzgebiet wurde gleich nach be in tschechische Hände. Das gentum sogar aus ihren Gepäckdem Krieg zum Ziel tschechi- kommunistische Parteibuch war stücken geraubt. Auch Kindern scher Zuzügler, die das Umland die wirksamste Anlage eines An- wurde bei der Aussiedlung im und die Stadt besiedelten. trages um eine gute Stelle, einen Winter das Nötigste weggenomErste Zuzügler in Neustadtl Betrieb oder einen Hof. men. waren 1945 tschechische StudenMit der Führung der staatliWenn die Aussiedlung der ten, die dort während des Krieges chen Sparkasse wurde František deutschen Bevölkerung aus Böhihren Arbeitseinsatz leisteten. Frous beauftragt, Bahnhofs- men als Lösung des völkischen Bald verließen sie aber die Stadt. vorsteher wurde Květoň, erster Problems gedacht war, so war sie An ihrer Stelle kamen Menschen Postmeister Záhorka. Die Wirt- in der Umsetzung nicht durchaus dem Binnenland, die hier ein schaftsgenossenschaft verwalte- dacht. Die Aussiedlung betraf neues Zuhause und eine bessere ten Josef Vondráček und der La- zum Großteil unschuldige Men-
schen, die sich nie politisch engagiert hatten und ihre täglichen Routinen lebten. Auch sie waren von den Nazi-Führern verfolgt worden. Nun wurden sie Opfer für die Verbrechen derer, die rechtzeitig mit all ihrem Hab und Gut geflohen waren. Kein Wunder, daß sie aus ihrer Heimat Heimweh und ein Gefühl der Ungerechtigkeit mitnahmen. Die Taten der tschechischen Siedler riefen in ihnen Verachtung, Haß und das Verlangen nach Rache aus. Diese Gefühle verstummten selbst nach Jahren nicht. Auch wenn viele in der „neuen Heimat“ mehr vorfanden als sie erwartet hatten, blieb ihnen die bittere Erinnerung. Und vielen Tschechen, auch in Neustadtl, blieben stechende Vorwürfe und Grauen vor einer möglichen Wiederkehr der Deutschen. Sie hatten Angst. Sie wußten, warum! Die ausgesiedelten Deutschen wurden gesammelt und mit ihren Koffern mit Fahrzeugen in das Sammellager in Tachau gebracht. Die letzten zehn Personen fuhren mit dem Zug. Nachdem die Deutschen aus Neustadtl ausgesiedelt worden waren, standen viele Häuser leer. Sie waren zum Verfall verdammt. Was die Zeit nicht zerstörte, vernichteten die Menschen. Das Eigentum verlor seinen Wert. Fenster wurden eingeschlagen, Häuser geplündert und alles weggetragen, was man tragen konnte. Ein unermeßlicher Schaden entstand. Viele Siedler wurden zu Herren eines Vermögens, von dem sie vorher nicht einmal geträumt hatten. Und je größer das Eigentum war, das sie ergattert hatten, desto mehr wuchs der Hunger danach. Der Neid zerfraß sie, Mißgunst machte sich breit. Eines war aber allen gemeinsam: Sie fanden weder Ruhe noch ein wahres Zuhause. Noch Jahre später empfanden sie die Dörfer rund um Mühlhausen als ihr wahres Zuhause. Auch wenn sie in Neustadtl in einer Villa wohnten, und in Mühlhausen eine Hirtenhütte ihre Heim gewesen war. Fortsetzung folgt
� Tachauerin wird 100 Jahre alt
Irmgard Fleißner feiert
TERMINE n Sonntag, 16. Mai, 15.00 Uhr, Haid: Deutschsprachige Messe mit Pfarrer Klaus Oehrlein aus Würzburg in der Loreto; anschließend Kirchkaffee in der Sakristei. Für Zweifach-Geimpfte keine Quarantäne-Pflicht nach Rückreise. n Sonntag, 1. August, 10.00 Uhr, Neulosimthal: Gottesdienst anläßlich des Sankt-Anna-Festes mit Monsignore Andreas Uschold in Georgenberg-Hinterbrünst am Gedenkstein beim Kastanienhof. Bereits am Vorabend gemütliches Beisammensein. Auskunft: Albert Kick, Faislbach 5, 92697 Georgenberg, Telefon (0 96 58) 3 15. n Samstag, 28. bis Sonntag, 29. August: 32. Heimatkreistreffen in Weiden in der Oberpfalz. Samstag 8.15 Uhr Abfahrt nach München zum Besuch des Sudetendeutschen Museums; 18.00 Uhr gemütliches Beisammensein mit Egerländer Wirtshausmusik im Gasthof Ratskeller in Weiden. Sonntag 9.00 Uhr Feier am Tachauer Gedenkstein in der Kurt-Schumacher-Allee; 10.15 Uhr Versammlung der Mitglieder des Heimatkreisvereins mit Neuwahlen im Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a; 12.00 Uhr dort Ausstellungseröffnung; 13.00 Uhr Mittagessen auf Einladung der Patenstadt im Ratskeller. Anmeldung: Wolf-Dieter Hamperl, Adresse siehe Impressum.
Existenz suchten. Unter den ersten war Jiří Valenta, welcher das Neustädtler Sägewerk Nr. 146 einnahm. Dessen ursprünglicher Eigentümer war ein gewisser Nahrhaft gewesen. Gleichzeitig kam Bohumil Jankovec und nahm das Haus Nr. 239 von Paul Rauch ein. Josef Vondráček übernahm das Haus Nr. 98 von Josef Eckl, Josef Hrouda das Haus Nr. 240 von Schächer, Jaroslav Roboch die große Maschinenwerkstatt und Haus Nr. 231 von Josef Hörl, Schmidhamer das
Am gestrigen 13. Mai feierte die gebürtige Tachauerin Irmgard Fleißner, die Reindl Mimi, im hessischen Rodenbach bei Hanau 100. Geburtstag.
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ie wohnte mit ihren Eltern Maria und Josef Reindl in der Tachauer Gutensteinstraße 1170. Leider starb ihre Mutter, eine geborene Toft, sehr früh. 1942 heiratete sie den Juristen Erich Fleißner, ebenfalls ein Tachauer, der am Biegelsgraben wohnte und als Soldat Kriegsdienst leisten mußte. Für die Hochzeit bekam Erich Heimaturlaub, was ihm wahrscheinlich das Leben
rettete. Denn nach dem Urlaub gab es keine Möglichkeit mehr, zu seiner Truppe zurückzukehren. Sie war in Stalingrad eingekesselt. Irmgard Fleißner hatte die Lehrerinnenbildungsanstalt der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz in Eger besucht. Nach der Ausbildung unterrichtete sie in Kuttenplan, Purschau und Khoau. Dort war sie auch Schulleiterin. Im Zuge der Vertreibung strandete das Paar im hessischen Groß-
auheim bei Hanau. In Großauheim arbeitete Irmgard wieder als Grundschullehrerin, Erich wieder als Jurist. 1949 kam Sohn Norbert zur Welt, ihr einziges Kind. Wie seine Mutter schlug auch er die Lehrerlaufbahn ein und unterrichtete am Gymnasium im ebenfalls hessischen Büdingen. Er heiratete Gisela Lippold, die ihm drei Töchter schenkte. Sein Vater Erich starb bereits 1990. Mittlerweile hat Irmgard Fleißner außer den drei Enkelinnen fünf Urenkel. Der älteste
macht gerade Abitur. Ihre ganze Liebe gehört ihrer Familie. Leider wohnen die Enkel und Urenkel weit weg. Sie lebt seit einiger Zeit in Rodenbach bei Hanau im Altersheim und erfreut sich einer altersgemäß guten Gesundheit. Auch geistig ist sie noch rege. Sie bedauert allerdings, daß sie ihre Lieben wegen Corona nur selten sehen darf. „Von Herzen wünsche ich Irmgard Fleißner alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen“, gratuliert Heimatkreisbetreuer Wolf-Dieter Hamperl namens der Landsleute aus dem Heimatkreis Tachau. nh