Sudetendeutsche Zeitung 6. August Ausgabe 31

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Zeitzeugen-Interview: Barbara Breindl erlebte als Kind den Brünner Todesmarsch (S. 3)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung 160. Jahrgang

HEIMATBOTE

Jahrgang 73 | Folge 31 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 6. August 2021 Streit um Informationen

Zeitung verklagt den Präsidenten-Sprecher S. 2

KURSE

1 CZK = 0,0392 EUR 1 EUR = 25,474 CZK

Glückwunsch zum 90.

Ruth Maria Kubitschek stammte aus Komotau S. 4

UNESCO-Weltkulturerbe

Buchenwälder des Isergebirges unter Schutz S. 5

Kolumne Mut tut gut

Gedanken von Dr. Martin Leitgöb S. 5

� Tschechische Republik

Proteste gegen Nord Stream 2 auch aus Prag

VOLKSBOTE

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� Rekordbeteiligung der Sudetendeutschen Landsmannschaft Bayern

Brünner Versöhnungsmarsch – starkes Signal für das Miteinander Rekordbeteiligung beim Brünner Versöhnungsmarsch: Über hundert Sudetendeutsche reisten nach Südmähren, um am Samstag am Massengrab in Pohrlitz der Opfer der wilden Vertreibung zu gedenken. Gemeinsam mit den tschechischen Landsleuten machten sich viele der sudetendeutschen Teilnehmer dann anschließend auf, um Richtung Brünn zu gehen.

S

teffen Hörtler, Landesobmann von Bayern: „Uns war es wichtig, ein starkes Zeichen der Versöhnung zu setzen – gerade jetzt, nach der Pandemie mit den tiefgreifenden Grenzschließungen. Wir müssen alle Versuche von Extremisten in bei-

den Ländern, die Corona als Vorwand nehmen, um alte Ressentiments wiederaufleben zu lassen, im Keim ersticken. “ Daß es deshalb gerade jetzt gelungen sei, mit zwei vollbesetzten Bussen und über hundert Teilnehmern nach Brünn zu fahren, „unterstreicht das bürgerschaftliche Engagement der Sudetendeutschen für Frieden, Versöhnung und Völkerverständigung“, so Hörtler. In diesem Jahr fand der Versöhnungsmarsch bereits zum 15. Mal statt. Ins Leben gerufen hatte die Aktion Jaroslav Ostrčilík: „Die Vertreibung von 20 000 sudetendeutschen Bürgerinnen und Bürgern von Brünn und Umgebung war der tiefste Einschnitt

SL-Landesobmann Steffen Hörtler und Initiator Jaroslav Ostrčilík. in die jüngere Stadtgeschichte. Obwohl kein Ereignis das Stadtbild so nachhaltig verändert hat, wurde das Thema während der kommunistischen Herrschaft

jahrzehntelang totgeschwiegen“, erklärt Ostrčilík sein Engagement. Beim ersten Marsch wurde Ostrčilík nur von zwei Studentinnen begleitet – wohl aus Mitleid, damit er nicht alleine unterwegs sei, wie er jetzt erzählt. Damals folgte er der ursprünglichen Route von Brünn ins 30 Kilometer entfernte Pohrlitz. „Ich wollte zumindest ein Gefühl davon bekommen, welche Belastungen die Opfer des Vertreibungsmarsches erleiden mußten“, sagt Ostrčilík, wohlwissend, daß das wirkliche Leiden, die Erschießungen und Erschlagungen am Wegesrand, Hunger, Durst und Krankheiten außerhalb der normalen Vorstel-

Die Kritik am deutsch-russischen Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 hört nicht auf. Am Montag haben sich Parlamentarier aus der Tschechischen Republik einer internationalen Kampagne angeschlossen.

I

n einer Erklärung, die von Vertretern der USA, der Tschechischen Republik sowie sieben weiteren europäischen Ländern unterzeichnet wurde, wird der im Juli vereinbarte Kompromiß zwischen den USA und Deutschland über die Fertigstellung der Pipeline kritisiert. Als Vertreter Tschechiens haben der Senator Pavel Fischer und der Abgeordnete Ondřej Veselý die Protestnote unterschrieben. Dagegen hatte der tschechische Außenminister Jakub Kulhánek unlängst in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sogar vorsichtiges Verständnis für die deutsche Seite geäußert. „Ich gebe zu, daß mich das Projekt Nord Stream 2 nicht besonders glücklich macht. Es hat geopolitische Implikationen und berührt auch die energiepolitischen Interessen der Staaten Mitteleuropas. Ich sehe allerdings auch die wirtschaftlichen Realitäten und wie weit das Vorhaben fortgeschritten ist. Sollte Nord Stream 2 fertiggestellt werden, darf es kein Machtinstrument der russischen Politik werden. Ich bin zuversichtlich, daß Deutschland diese Sorgen zerstreut.

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David Macek, Initiator und stellvertretender Direktor des Festivals Meeting Brno, mit seinem fünfjährigen Sohn Rafael beim Entzünden der Kerzen für die Opfer des Brünner Todesmarsches am Mahnmal im Mendel-Garten des Augustinerklosters. Fotos: Torsten Fricke

lungskraft liegen. Allein im Massengrab von Pohrlitz sind 890 Leichen begraben. Insgesamt hat der Todesmarsch mindestens 1700 Menschenleben gekostet. Seit 2015 findet der Gedenkmarsch in umgekehrter Richtung statt – als Versöhnungsmarsch von Pohrlitz nach Brünn. Dies sei ein bewußtes Signal an die ehemals Vertriebenen und deren Nachkommen, in Brünn willkommen zu sein, so Ostrčilík. Der Versöhnungsmarsch fand im Rahmen des Festivals Meeting Brno statt, das unter dem Motto „Die Wahrheit siegt?“ stand und insbesondere die Situation in Weißrußland thematisierte. Steffen Hörtler: „Es freut uns sehr, daß der Brünner Versöhnungsmarsch mittlerweile von der Politk offiziell unterstützt wird. So hat der Brünner Stadtrat vor vier Jahren mit der Deklaration zur Versöhnung und gemeinsamen Zukunft ein historisches Zeichen gesetzt.“ In diesem Jahr begrüßte der Bezirkshauptmann von Südmähren, Jan Grolich, die Teilnehmer in Pohrlitz. Und in Brünn schlossen sich der ehemalige tschechische Außenminister Tomáš Petříček, Brünns Zweiter Bürgermeister Jan Hladík, Milan Horáček, Gründungsmitglied der Grünen und ehemaliger Bundestags- und Europaabgeordneter, der ungarische Konsul István Buczko und der deutsche Kultur-Attaché Markus Klinger der Marschgruppe an, um dann im Mendel-Garten des Augustinerklosters am Mahnmal Kerzen für die Vertreibungsopfer zu entzünden. Von sudetendeutscher Seite waren unter anderem dabei: Schwester Edith Breindl, die als Kind den Brünner Todesmarsch überlebt hat (siehe Seite 3), Reinfried Vogler (Alt-Präsident der Bundesversammlung), Dr. Ortfried Kotzian (Vorstandsvorsitzender Sudetendeutsche Stiftung), Stefan Planker (Direktor Sudetendeutsches Museum), Heimatpflegerin Christina Meinusch, Peter Barton (Leiter der Prager Büros) sowie Vertreter der Seliger Gemeinde und der Ackermann-Gemeinde. Torsten Fricke

� Bundespräsidialamt bestätigt Reise / Offenbar Treffen von Steinmeier und Zeman geplant

Bundespräsident reist nach Prag Ende August wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Prag reisen, hat das Bundespräsidialamt am Montag offiziell bestätigt. Über den genauen Termin und das Programm wurden allerdings keine weiteren Angaben gemacht. Nur Monate nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten reiste Frank-Walter Steinmeier 2017 nach Prag und traf dort seinen Amtskollegen Miloš Zeman. Foto: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung/ Sandra Steins

U

rsprünglich hatte Steinmeier bereits im Vorjahr Prag besuchen wollen, dann aber die Rei-

se wegen der Corona-Pandemie zwei Mal absagen müssen. Auf Grund des veröffentlichten Briefwechsels der beiden Staatsoberhäupter gehen die Prager Medien davon aus, daß sich Miloš Zeman bei einem persönlichen Treffen bei Steinmeier für die deutsche Solidarität in der Corona-Krise bedanken will. Weitere Gesprächsthemen könnten, so hatte Rudolf Jindrák,

Direktor der Auslandsabteilung der tschechischen Präsidialkanzlei, bereits im vergangenen Jahr erklärt, die Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft sowie auf die nachbarschaftlichen Beziehungen, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Europa sein. Steinmeier war bereits 2017 zu Gast in Prag, um im Rahmen seines Antrittsbesuchs „25 Jahre

Nachbarschaftsvertrag“ und „20 Jahre Deutsch-Tschechische Erklärung“ zu würdigen. „Wer sich an die intensiven und auf beiden Seiten auch emotional geführten Debatten um die gemeinsame Erklärung erinnert, der wird noch besser ermessen können, welchen Quantensprung wir seit damals gemacht haben“, sagte Steinmeier bei diesem Treffen mit Zeman. TF


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