Odessas Stadtschreiberin Ira Peter über Putins Krieg gegen die Ukraine (Seite 3)
Sudetendeutsche Zeitung Neudeker Heimatbrief
Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung 161. Jahrgang
HEIMATBOTE
Jahrgang 74 | Folge 16 + 17 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 29. April 2022
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Ausführliches Programm in dieser Ausgabe
Auf geht‘s zum Sudetendeutschen Tag Endlich sind persönliche Treffen wieder möglich: Unter dem Motto „Dialog überwindet Grenzen“ findet der 72. Sudetendeutsche Tag über Pfingsten vom 3. bis 6. Juni in der oberfränkische Stadt Hof und der umliegenden Euregio Ergensis statt.
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Der 72. Sudetendeutsche Tag findet an Pfingsten in der oberfränkischen Stadt Hof und der umliegenden Euregio Ergensis statt.
Foto: Stadt Hof
achdem pandemiebedingt das Treffen der Sudetendeutschen 2020 hatte ausfallen müssen und 2021 nur eingeschränkt hatte stattfinden können, wird der 72. Sudetendeutsche Tag mit allen Ver-
anstaltungen geplant. Zu den traditionellen Höhepunkten gehören wieder die Verleihung des Europäischen Karls-Preises der Sudetendeutschen Landsmannschaft, die festlichen Übergaben der Kulturpreise, der Volkstumsabend sowie die Festansprachen von Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, und von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder als Schirmherr der Sudetendeutschen. Mehr über den Sudetendeutschen Tag: Seite 7 bis 9.
CDU/CSU kritisiert Personalentscheidung der Bundesinnenministerin mitten im Ukraine-Krieg als falsches Signal an die Deutschen aus Rußland
Bernd Fabritius als Beauftragter der Bundesregierung abgelöst
Premierminister Petr Fiala.
Rekord-Inflation
Fiala vor schweren Aufgaben „Viele Menschen befinden sich in einer wirklich schwierigen Situation. Das wissen wir, und wir versuchen, etwas dagegen zu tun“, schwört der tschechische Premierminister Petr Fiala (ODS) seine Bürger auf schwere Zeiten ein.
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ie Inflationsrate hat im März mit 12,7 Prozent den höchsten Wert seit 1998 erreicht. Hauptfaktor sind die Energiekosten. Benzin war im März um 50 Prozent teurer als vor einem Jahr. Die Preise für Strom stiegen um 24,7 Prozent, Erdgas wurde um 37,7 Prozent teurer. Gleichzeitig schwächelt die Industrie. So brach die Autoproduktion, die wichtigste Branche in Tschechien, im ersten Quartal um 18,9 Prozent ein. Der Grund: Lieferengpässe bei wichtigen Bauteilen, wie Mikrochips.
Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen am Dienstagabend in Berlin: Gastgeber Bernd Fabritius, Präsident des Bundes der Vertriebenen, kündigt die Festrednerin an – Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Eine Situation, die politische durchaus pikant ist. Erst vor wenigen Tagen war es Faeser gewesen, die den über die Parteigrenzen geschätzten Fabritius kurzfristig als Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten abgelöst hat.
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aß nach der rot-gelb-grünen Regierungsübernahme der ehemalige CSU-Bundestagsabgeordnete Fabritius nicht langfristig als Beauftrager unter einer SPD-Ministerin im Amt sein würde, war keine Überraschung. Im Gegenteil: Die Ablösung war bereits kurz nach der Kabinettsbildung erwartet worden. Als dann aber am 24. Februar der russische Präsident Wladimir Putin seinen Völkermord an der Ukraine startete, schien es zunächst im nationalen Interesse zu sein, den in Ost- und Mitteleuropa bestens vernetzen Fabritius im Amt zu belassen. Doch kurz vor Ostern die
Kehrtwende. Faeser entschied, daß Fabritius umgehend abgelöst wird, wobei die beiden Politprofis versuchten, die Brisanz der Personalie möglichst klein zu halten. So dankte Faeser Fabritius. Und Fabritius dankte Faeser, wenn auch in seinem Statement die Enttäuschung zwischen den Zeilen mitklingt: „Ich wurde von Frau Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) darüber informiert, daß eine kurzfristige Beendigung meiner Tätigkeit als Beauftragter der Bundesregierung – bei höchster Anerkennung meines bisherigen Wirkens – entschieden worden sei. Diese Entscheidung habe ich zur Kenntnis genommen und mich für die ausgesprochene hohe Anerkennung meines Wirkens bedankt.“ Christoph de Vries, der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSUBundestagsfraktion, übte trotzdem öffentlich Kritik: „Die Ablösung von Dr. Bernd Fabritius als Beauftragter für Aussiedlerfragen ist eine gravierende Fehlentscheidung. Gerade in einer Situation, in der unsere deutschen Landsleute aus Rußland und anderen früheren Sowjetrepubliken
Innenministerin Nancy Faeser.
„Nein zum Krieg“: Natalie Pawlik , die neue Aussiedlerbeauftragte. Foto: Facebook/BMI aufgrund der russischen Invasion innenpolitisch unter Druck stehen und Anfeindungen ausgesetzt sind, gibt die Bundesregierung damit das völlig falsche Signal an die rund. 2,5 Millionen Rußlanddeutschen in der Bundesrepublik.“ Fabritius, der das Amt 2018 übernommen hat und von 2013 bis 2017 sowie von März bis Oktober 2021 Mitglied des Bundestages war, genieße, so de Vries „sowohl bei den Aussiedlern als auch bei den deutschen Minderheiten im Ausland und partei-
BdV-Präsident Bernd Fabritius
übergreifend im Parlament allerhöchstes Ansehen für seinen unermüdlichen Einsatz und seine große fachliche Expertise“. Mit der Abberufung „aus parteipolitischen Gründen“ nehme, so kritisiert de Vries, „Bundesinnenministerin Nancy Faeser nicht nur in Kauf, daß die Spätaussiedler ein wichtiges Sprachrohr ihrer Anliegen verlieren, die Bundesregierung verliert auch einen politischen Zugang zu diesen Menschen“. Nach einer Entscheidung des Bundeskabinetts wurde die hessische SPD-Abgeordnete Natalie Pawlik zur neuen Beauftragten ernannt. Die 29-jährige wurde im russischen Wostock geboren und kam als Sechsjährige mit ihrer Familie als Spätaussiedlerin nach Deutschland. Nach einem Master-Studium in Gesellschaft und Kulturen der Moderne an
der Justus-Liebig-Universität in Gießen hat sie zunächst für den hessischen SPD-Europaabgeordneten Udo Bullmann gearbeitet. Nach ihrem Einzug in den Bundestag im Oktober 2021 wurde Pawlik von ihrer Partei in die Ausschüsse für Ernährung und Landwirtschaft sowie für Arbeit und Soziales entsendet. In einem ersten Statement sagte Pawlik zu ihrer neuen Aufgabe: „Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist es wichtig, Minderheitenrechte im In- und Ausland zu schützen und den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu stärken. Es entspricht der Lebensrealität vieler Menschen in Deutschland, einer nationalen Minderheit anzugehören oder eine Vertriebenenund Aussiedlergeschichte zu haben. Sie haben Anerkennung und Teilhabechancen verdient.“ Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärte: „Ich freue mich sehr, daß wir mit ihr eine junge Politikerin gewonnen haben, die mit ihrer eigenen Biografie und Erfahrung eine besondere Glaubwürdigkeit hat. Natalie Pawlik wird eine starke politische Stimme für Zusammenhalt und Teilhabe sein.“ Torsten Fricke
„Straße der ukrainischen Helden“
Neue Adresse für Rußlands Botschaft in Prag
Die russische Botschaft in Prag hat ab sofort eine neue Adresse – wider Willen. Der entsprechende Straßenabschnitt wurde in Ukrajinských hrdinů umbenannt. Auf Deutsch: Straße der ukrainischen Helden.
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atürlich kann diese Aktion nicht Putins Völkermord
an der Ukraine stoppen, aber es ist ein kreatives Zeichen der Solidarität. Im März hatten die Stadtverordneten deshalb auf Vorschlag des sechsten Prager Stadtbezirks entschieden, den Straßenabschnitt vor der russsichen Botschaft umzubennen. Vergangenen Freitag enthüllten der Prager Oberbürgermei-
ster Zdeněk Hřib (Piraten) und der Bürgermeister von Prag 6, Ondřej Kolář, die neuen Straßenschilder. Hřib: „Es ist unstrittig, daß Rußland Kriegsverbrechen in der Ukraine begeht und daß dieses Vorgehen ein Genozid am ukrainischen Volk ist.“ Mit vor Ort waren der ukrainische Botschafter Jewhen Pe-
rebyjnis sowie Diplomaten aus Estland, Lettland, Litauen, Polen und der Slowakei. Zwar ist nicht davon auszugehen, daß die russische Botschaft die Änderung des Straßennamens zum Beispiel auf der eigenen Webseite umsetzt, aber Botschaftsbesucher, die sich in Prag nicht auskennen, könnten künf-
tig Probleme haben, die Adresse zu finden. Zusätzlich wurde eine naheliegenden Eisenbahnbrücke nach dem ukrainischen Kriegshelden Witali Skakun benannt. Er kam am 24. Februar in Cherson ums Leben, als er eine Brücke in die Luft sprengte, um die russischen Panzer zu stoppen. TF
Ukrajinských hrdinů – Straße der ukrainischen Helden Foto: Twitter