80. Jahrestag: Tschechien gedenkt der Helden der Operation Anthropoid (Seite 3)
Sudetendeutsche Zeitung Neudeker Heimatbrief
Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung 161. Jahrgang
HEIMATBOTE
Jahrgang 74 | Folge 22 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 3. Juni 2022
VOLKSBOTE
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Tschechische Republik
Willkommen zum Sudetendeutschen Tag
Über 350 000 Flüchtlinge
Frohe Pfingsten und Grüß Gott in Hof
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat Tschechien an 358 048 Kriegsflüchtlinge Sondervisa ausgestellt.
Frohe Pfingsten und ein schönes Wiedersehen beim 72. Sudetendeutschen Tag in Hof.
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ber 83 000 Flüchtlinge haben in Prag Schutz gesucht, hat das tschechische Innenministerium am Sonntag mitgeteilt. Die Kriegsflüchtlinge erhalten 5000 Kronen (200 Euro) als monatliche Unterstützung und können außerdem einer Beschäftigung nachgehen. „Flüchtlinge aus der Ukraine dürfen sofort in den Arbeitsmarkt eintreten und benötigen keine Arbeitserlaubnis. Wir haben dies auf der Regierungssitzung genehmigt“, hatte Arbeitsminister Marian Jurečka (KDU-ČSL) Anfang März bekanntgegeben.
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Die Taube als Sinnbild des Heiligen Geistes, der an Pfingsten auf die Jünger herabkam.
Foto: Bistum Passau
ndlich ist nach der Coronapandemie wieder ein Sudetendeutscher Tag im gewohnten Rahmen möglich (ausführliches Programm siehe Ausgabe 21). Zentraler Veranstaltungsort ist die Freiheitshalle in Hof. Für Besucher, die mit dem Zug anreisen, wird ein Shuttleservice ab Hauptbahnhof angeboten. Politische Höhepunkte sind die Verleihung der Sudetendeutschen Karls-Preise an die Staatspräsidenten Klaus Werner Iohannis (Rumänien) und Wolodymyr
Selenskyj (Ukraine) am Samstag ab 10.30 Uhr sowie die Hauptkundgebung am Pfingstsonntag ab 11.00 Uhr mit den Festreden von Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, und Markus Söder, Ministerpräsident des Freistaates Bayern und Schirmherr der Sudetendeutschen. Kulturelle Höhepunkte sind die Verleihungen der Sudetendeutschen Kulturpreise 2022 sowie des Volkstumspreises am Freitagabend und der Große Volkstumsabend am Samstag. Am Pfingstmontag steht außerdem eine Wallfahrt nach Maria Kulm auf dem Programm.
Ex-Premierminister Andrej Babiš nutzt die Wirtschafts- und Energiekrise für seinen Präsidentschaftswahlkampf
Negativrekord in der EU: Inflation steigt in Tschechien auf 14 Prozent
„Za Babiše bylo líp“ – „Unter Babiš war alles besser“, mit diesem Slogan tourt Ex-Premierminister Andrej Babiš (ANO) derzeit durch die Tschechische Republik und hat damit inoffiziell den Präsidentschaftswahlkampf eröffnet, auch wenn der milliardenschwere Unternehmer jede Form von Kampagne bestreitet. Fakt ist: Die Tschechen leiden in der EU wirtschaftlich am härtesten unter dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, den Sanktionen und den Nachwehen der Corona-Pandemie. So ist die Inflation im April im Vergleich zum Vorjahr auf 14 Prozent nach oben geschossen, den höchsten Wert in der gesamten Europäischen Union.
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nsbesondere die Energiepreise sind in den vergangenen Wochen explodiert. Strom wurde innerhalb eines Jahres um 30,1 Prozent teurer, Erdgas um 44,2 Prozent und Kohle um 24,1 Prozent, berichtet das tschechische Statistikamt. Hinzu kommen Anzeige
„Za Babiše bylo líp“ („Unter Babiš war alles besser“) und „Zase bude líp“ („Es wird wieder besser werden“) steht auf dem Wohnmobil, mit dem Ex-Premierminister Andrej Babiš derzeit durch das Land tourt. Fotos: YouTube die Preissteigerungen für Benzin, die vor allem Pendler treffen. Während vor einem Jahr ein Liter Super rund 28 Kronen (1,13 Euro) kostete, sind es jetzt bis zu 45 Kronen (1,82 Euro) – ein Plus von 60 (!) Prozent. Insbesondere beim Gas steht die Prager Regierung vor dem großen Problem, die Versorgung überhaupt nachhaltig sicherstellen zu können – egal zu welchem Preis. Bislang deckte die
Tschechische Republik 90 Prozent ihres Gasbedarfs aus Rußland und hofft, auch mit deutscher Unterstützung, innerhalb der nächsten zwei Jahre auf amerikanisches LNG-Gas umsteigen zu können, das in deutschen Nordseehäfen entladen wird. „Hohe Energiepreise sind natürlich ein Problem“, räumt auch Babiš‘ Nachfolger, Premierminister Petr Fiala (ODS), ein und kündigt zumindest beim Strom
ein Entlastungspaket für die Bürger an: „Wir werden den Menschen einen Stromtarif anbieten, der einen bestimmten Preis bis zu einer bestimmten Verbrauchsmenge garantiert. Es wird den Menschen helfen und gleichzeitig ein Impuls für Sparsamkeit sein.“ Ungelöst bleibt das Problem vieler Bürger, daß auch die Preise für unverzichtbare Grundnahrungsmittel stark ansteigen. So
wurde Mehl um 52,3 Prozent teuer, Kartoffeln um 19,2 Prozent, Fleisch um 11 Prozent, Brot um 20,3 Prozent und Butter um 31,6 Prozent. Mit 21,4 beziehungsweise 15,2 Prozent kletterten auch die Preise für Bekleidung und Schuhe auf Rekordhöhen. Wie verletzbar die Wirtschaftssysteme in Tschechien und den anderen EU-Staaten durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die Sanktionen sind, zeigen die Importdaten, die Deutschlands führende Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem gemeinsamen Frühjahrsgutachten analysiert haben. So wurden bislang 95 Prozent aller Nickel-Importe aus Rußland bezogen. Und bei den Pflanzenölen war die Ukraine mit 88 Prozent der Importe der wichtigste Lieferant. Holz, das in die EU importiert wird, kam zu 80 Prozent entweder aus Rußland oder aus der Ukraine. Auch bei anderen Rohstoffen haben die Lieferausfälle verheerende Auswirkungen für die Wirtschaft und lassen die
Preise explodieren. So hat sich der Preis für eine Tonne Weizen von unter 200 Euro auf über 400 Euro mehr als verdoppelt. Die deutschen Wirtschaftsexperten warnen dann auch in ihrem gemeinsamen Gutachten, man steuere „durch schwieriges Fahrwasser“, was nicht nur für die deutsche, sondern für die gesamte europäische Wirtschaft zutrifft: „Die Auftriebskräfte durch den Wegfall der Pandemiebeschränkungen, die Nachwehen der Corona-Krise und die Schockwellen durch den Krieg in der Ukraine sorgen für gegenläufige konjunkturelle Strömungen. Allen Einflüssen gemeinsam ist ihre preistreibende Wirkung.“ Bereits in seiner Neujahrsansprache (kleines Foto) hatte Premierminister Fiala die Bürger vor schwierigen Zeiten gewarnt (Sudetendeutsche Zeitung berichtete). Damals war noch nicht vorstellbar, daß nur ein paar Wochen später mitten in Europa ein Krieg ausbricht. Torsten Fricke