Sudetendeutsche Zeitung 22. Juli 2022 Ausgabe 29

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Tschechiens Botschafter Tomáš Kafka besuchte den Heiligenhof (Seite 2)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung 161. Jahrgang

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Jahrgang 74 | Folge 28 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 22. Juli 2022

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Nachgeholte Eröffnungsfeier

Das große Fest für das Sudetendeutsche Museum Pandemiebedingt hatte das Sudetendeutsche Museum am 12. Oktober 2020 nur im allerkleinsten Kreis eröffnet werden können. Mit einem viertägigen Museumsfest wurde dieser besondere Moment jetzt nachgeholt.

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Ein reich verzierter Kabinettsschrank aus dem 17. Jahrhundert.

Markus Söder

Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf bei ihrer Festrede. Fotos: Fricke

Erstes Treffen der Regierungschefs der beiden Nachbarn in der tschechischen Hauptstadt

Ministerpräsident Söder lobt die Sudetendeutschen bei Prag-Besuch

Starke Brücke in die Zukunft Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nach dem Vieraugengespräch mit Tschechiens Premierminister Petr Fiala auf der Pressekonferenz zu der Zukunft des bayerisch-tschechischen Verhältnisses im Wortlaut:

Es war das erste Treffen der beiden Regierungschefs: Am Donnerstag vergangener Woche hat der tschechische Premierminister Petr Fiala den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder in Prag empfangen.

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sere beiden Länder haben immer sehr mit der Vergangenheit gelebt. Und da gibt es auch viele alte Wunden, die nie vergessen werden können, aber die Frage ist, ob man alte Wunden immer wieder aufreißt, damit sie sich neu entzünden, oder nimmt man eine alte Narbe eher als Motivation, die Zukunft zu gestalten. Vor wenigen Wochen war der Sudetendeutsche Tag, und dort wurde zum ersten Mal in der Geschichte die tschechische Nationalhymne gespielt. Und fast schon standardmäßig sind auch Vertreter der tschechischen Regierung dabei. Das ist ein gutes Signal. Das ist ein Signal vom gemeinsamen Bewußtsein, daß die Zukunft und die Neugier auf die Zukunft – gerade für die nächsten Generationen junger Menschen in Tschechien und Bayern – eine wahnsinnig starke Brükke sind, die uns in die Zukunft führt. Wir teilen die gemeinsamen Werte, wir teilen die Bodenständigkeit, wie haben eine sehr naheliegende Heimat, wir haben ähnliche Möglichkeiten und Chancen.“

as Museumsfest startete am Donnerstagabend mit der Eröffnung der Sonderausstellung „Allerley kunststück – Reliefintarsien aus Eger“ (Bericht Seite 7). Die weltberühmten Holzeinlegearbeiten sind noch

bis zum 4. Dezember im Sudetendeutschen Haus in der Hochstraße in München zu sehen. Den Schluß- und Höhepunkt des Museumsfestes bildete der Festakt mit Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf, deren Vorgängerin MdL Carolina Trautner, der Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, MdL Sylvia Stierstorfer, sowie dem Deutschen Botschafter in Prag, Andreas Künne. (Bericht Seiten 3 und 5)

m Mittelpunkt des Treffens stand die bayerisch-tschechische Zusammenarbeit, etwa in den Bereichen Energie, Technologie, Kultur und Sprache. „Bayern sind gute Beziehungen zu Tschechien sehr wichtig. Wir sind Nachbarn im Herzen Europas. Die Zukunft liegt in Zusammenarbeit und im engen Austausch. Dafür setzen wir uns ein“, sagte Söder nach dem Treffen. In der Pressekonferenz thematisierte Söder auch die leidvolle Geschichte, die das (sudeten-) deutsch-tschechische Verhältnis nach wie vor belastet, und rief dazu auf, alte Wunden nicht aufzureißen, sondern Narben als Motivation für die Annäherung zu sehen (siehe im Wortlaut links). Der Ministerpräsident lobte dabei den Sudetendeutschen Tag, der an Pfingsten in Hof stattgefunden hat, und auf dem erstmals aus Respekt für die tschechischen Landsleute die tschechische Hymne gespielt wurde. Ein Schwerpunkt bei dem Treffen zwischen Fiala und Söder war die Energiesicherheit nach dem Wegbrechen russischer Gaslieferungen. Bayern sagte jetzt zu, die Kapazität der Pipeline von

Triest in Italien nach Tschechien, die teilweise durch Bayern führt, zu erhöhen. Fiala: „Das ist für die tschechische Energiesicherheit eine äußerst wichtige Entscheidung, die uns hilft, uns von der Abhängigkeit von russischem Öl zu befreien.“ Ein weiteres Thema des Treffens war die grenzüberschreitende Infrastruktur, sowohl die Straßen-, Schienen- als auch die Dateninfrastruktur und deren notwendige Modernisierung. „Die Modernisierung der Bahnverbindung zwischen Prag und München ist für uns eine

Petr Fiala zeigt seinem Gast Markus Söder den Blick auf Prag. Links: Die beiden Regierungschefs bei der Pressekonferenz. Fotos: Vlada.CZ Priorität. Auf tschechischer Seite haben wir bereits einen großen Teil der Strecke zwischen Prag und Pilsen modernisiert“, sagte Fiala. Söder forderte ein entsprechendes Engagement für die

deutsche Seite vom Bund: „Wir brauchen in Europa nicht nur Verbindungen von Nord nach Süd, sondern auch von West nach Ost.“ Söder appellierte außerdem, an den tschechischen Schulen

nicht die zweite Fremdsprache zu streichen und damit vielen jungen Tschechen die Möglichkeit zu nehmen, nach Englisch auch Deutsch zu lernen. Im Gegenzug kündigte er an, in Bayern den Tschechisch-Unterricht auszubauen. So soll in Ostbayern ein Pilotversuch für das Wahlfach Tschechisch gestartet werden. Der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, hat das Treffen von Fiala und Söder ausdrücklich begrüßt, „auch wenn es nur ein erstes Kennenlerntreffen war.“ Es sei gut und wichtig „wenn Nachbarn einander kennen und vertrauen, vor allem wenn im Dorf ein gefährlicher Brandstifter wie Herr Putin unterwegs ist.“ Posselt, der Petr Fiala schon aus dessen Studentenzeit als Widerstandskämpfer gegen das kommunistische Regime kennt, betonte zudem: „Je enger die Beziehungen zwischen Bayern als unserem Schirmland und unserer Wurzelheimat in dem Böhmischen Ländern sind, desto besser für die Sudetendeutschen.“ Die Volksgruppe sei entschlossen, sich auch weiterhin auf allen Gebieten des deutschtschechischen Verhältnisses als „natürliche Brücke“ einzubringen, und zählt dabei auf eine enge Einbindung in den Dialog zwischen beiden Seiten, die „zumindest von München vorbildlich gepflegt wird“. Torsten Fricke

SL-Bundesvorstand beschließt Motto für den Sudetendeutschen Tag 2023:

„Schicksalsgemeinschaft Europa“ Einstimmig hat der SL-Bundesvorstand auf seiner Sitzung am Samstag das Motto für den Sudetendeutschen Tag 2023 beschlossen: Es lautet „Schicksalsgemeinschaft Europa“. Der SL-Bundesvorstand hat unter dem Vorsitz von Bernd Posselt (Mitte) am Samstag im Sudetendeutschen Haus getagt. Foto: Torsten Fricke

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as Motto mache deutlich, daß angesichts des russi-

schen Angriffskriegs Demokratie und Freiheit nur dann eine Chance haben, wenn Europa zusammensteht, erklärte Dr. Günther Reichert, der die zündende Idee hatte. Hinzu komme, daß nur unter dem Dach Europas der Schutz der nationalen Minderheiten, und damit die Anliegen

der Sudetendeutschen, durchsetzbar seien. Der 73. Sudetendeutsche Tag findet von Freitag, 26. bis Pfingstsonntag, 28. Mai in Regensburg statt. Die Oberpfälzer DonauStadt wurde bewußt als Austragungsort gewählt. Die Donau ist nicht nur der längste Strom

im freien Europa, sondern fließt auch durch die EU-Beitrittskandidatenländer Ukraine und Moldawien. Das genaue Programm des 73. Sudetendeutschen Tages wird in den kommenden Monaten geplant und dann unter anderem in der Sudetendeutschen Zeitung veröffentlicht. TF


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