Ausstellungseröffnung in Prag: Der große Abend der Brückenbauer (Seite 5)
Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung 161. Jahrgang
HEIMATBOTE
Jahrgang 74 | Folge 45 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 11. November 2022
VOLKSBOTE
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Ausstellungseröffnung im Haus des Deutschen Ostens
Flüchtlinge und Vertriebene im Münchner Norden Die Ausstellung „Flüchtlinge und Vertriebene im Münchner Norden“ ist am Dienstagabend in München im Haus des Deutschen Ostens von HDO-Direktor Prof. Dr. Andreas Otto Weber und SL-Bundesgeschäftsführer Andreas Miksch gemeinsam mit den Kuratoren Dr. Peter MünchHeubner und Dr. Falk Bachter eröffnet worden.
Evangelische Flüchtlings- und Notkirche in Karlsfeld.
E SL-Bundesgeschäftsführer Andreas Miksch, HDO-Direktor Prof. Dr. Andreas Otto Weber, Dr. Peter Münch-Heubner (vorne ) und Dr. Falk Bachter.
rinnert wird an die Geschichte der Vertriebenen und Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg, die in ihrer neuen Heimat nur mühsam Fuß fassen konnten. Die Ausstellung ist bis zum 27. Januar zu sehen. Ausführlicher Bericht über die Vernissage in der nächsten Ausgabe.
Blick in die Ausstellung. Fotos: T. Fricke (2)/Ausstellung (2)
Das erste Haus in der sogenannten Freimanner Tundra.
Inflation und Energie: Mitten im Präsidentschaftswahlkampf steht die Regierung von Premierminister Petr Fiala vor immer größeren Problemen
Wirtschaft auf Talfahrt: Jeder Vierte ist bereits in die Armut abgerutscht
Premierminister Fiala:
Wirtschaft stellt auf Euro um Mit dem EU-Beitritt hatte Tschechien die Einführung des Euros versprochen – ließ aber den Worten bislang keine Taten folgen. Jetzt kommt Bewegung in die emotionale Angelegenheit.
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n dieser Legislatur steht die Euro-Einführung nicht auf der Agenda, erklärt Premierminister Petr Fiala seit Monaten gebetsmühlenartig. Doch am vergangenen Sonntag, als Fiala mal wieder von Journalisten gefragt wurde, ergänzte der Regierungschef ein wesentliches Detail: Die Regierung plane, so Fiala, eine Regelung, die es tschechischen Unternehmen erlaubt, ihre Geschäftskonten in Euro zu führen. Mit dieser Ankündigung einer Halben-Euro-Einführung reagiert Fiala nicht nur auf die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Markéta Pekarová Adamová, die tags zuvor erklärt hatte, eine Einführung des Euro sei bis 2030 realistisch, sondern leitet auch einen Stratgiewechsel im Kampf gegen die Inflation ein, die in Tschechien durch die schwache Krone zusätzlich befeuert wird.
Das Geld reicht nur noch für die billigsten Lebensmittel und ein paar Kleidungsstücke – für mittlerweile jeden vierten Bürger in Tschechien ist Armut zum tristen Alltag geworden. Diese Spirale nach unten dürfte in den kommenden Wochen auch zunehmend den Präsidentschaftswahlkampf überschatten.
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er Anteil der Haushalte, die sich keinerlei Extraausgaben leisten können, ist von 18 Prozent im letzten Jahr auf 26 Prozent in diesem Jahr gestiegen, hat das Meinungsforschungsinstitut Stem/Mark im Auftrag des Inkasso-Unternehmens Kruk ermittelt. Diese Armutsspirale erfaßt auch immer mehr den Mittelstand. Während im Vorjahr noch 75 Prozent der Bürger angaben, genügend Geld zur Verfügung zu haben, um die Grundbedürfnisse und die wichtigsten Ausgaben zu decken, sind es jetzt nur noch 63 Prozent. „Es zeigt sich, daß die ungünstige Wirtschaftslage, die mit einer erheblichen Inflation und einem deutlichen Anstieg der Energiepreise einhergeht, nicht nur die ärmsten tschechischen Familien trifft, sondern auch Haushalte, die ihre finanzielle Situation bislang als gut oder sogar sehr gut eingeschätzt haben. Leider
Verkündeten auf einer Pressekonferenz weitere Maßnahmen gegen die explodierenden Energiepreise: Industrie- und Handelsminister Jozef Síkela, Innenminister Vít Rakušan und Premierminister Petr Fiala . Foto: Vlada CZ ist der Anteil der tschechischen Haushalte, die definitiv kein Geld für Extra-Ausgaben haben, am stärksten gestiegen“, warnt Jaroslava Palendalová, die Vorstandsvorsitzende von Kruk, vor dem sozialpolitischen Sprengstoff. So ist der Anteil derjenigen, die gerade Geld für das billigste Essen zusammenbringen, aber nicht einmal die billigste Kleidung kaufen können, von fünf auf acht Prozent gestiegen. Die Zahl der Haushalte, die sich nicht einmal ausreichendes Essen und Kleidung leisten können, die also auf Spenden von Hilfsorgani-
sationen angewiesen sind, stieg um einen Prozentpunkt auf drei Prozent. Neben Arbeitslosen haben vor allem Rentner und Eltern im Erziehungsurlaub große finanzielle Probleme. In beiden Gruppen gab jeder Zweite an, massive Geldsorgen zu haben. Und diese Probleme werden auch noch zunehmen. So hat Anfang Oktober das tschechische Statistikamt ČSÚ vermeldet, daß die Inflation im September bereits auf 18 Prozent geklettert ist – der höchste Anstieg seit Dezember 1993. Für das Prager Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung hat die Poli-
tologin Kateřina Smejkalová im Rahmen einer Studie ausgerechnet, daß in der Hauptstadt ein angemessener Mindestlohn knapp 40 000 Kronen (1600 Euro) betragen müßte. Die Realität sieht dagegen anders aus. 50 Prozent der Frauen und 40 Prozent der Männer verdienen weniger, da der gesetzliche Mindestlohn nur bei 16 200 Kronen (rund 660 Euro) liegt, also bei rund einem Drittel. Die Expertin: „Für einen angemessenen Mindestlohn haben wir nur Ausgaben für einen absolut grundlegenden Lebensstandard eingerechnet. Lebensmittel von besonders guter Qualität, wie beispielsweise Bio-Waren oder regionale Lebensmittel, haben wir nicht berücksichtigt. Einberechnet wurde nur der Grundverbrauch in den Kategorien Lebensmittel, Wohnkosten, Kleidung, Verkehr, Gesundheit, Bildung und Freizeit.“ Ausgerechnet Ex-Premierminister Andrej Babiš, dessen Vermögen auf 3,5 Milliarden Euro geschätzt wird, versucht diese immer größer werdende Armutswelle für seine Präsidentschaftskampagne zu nutzen. Bereits im Sommer tourte der AgrofertGründer und Chef der Ano-Partei quer durchs Land. Die einfache Botschaft des Populisten stand dabei in großen Lettern auf
seinem Camper: „Unter Babiš war alles besser.“ Aber auch von anderer Seite wird die zunehmende Armut instrumentalisiert. So wurde im Nachgang zur ersten Massendemonstration gegen die Regierung von Premierminister Petr Fiala Anfang September auf dem Prager Wenzelsplatz bekannt, daß im Hintergrund pro-russische Kräfte sowie Rechts- und Linksextremisten zu den Protesten angestachelt hatten. Damals wurden bereits Rufe nach einem Generalstreik und dem Sturz der Regierung laut – was ganz im Interesse Moskaus wäre. Nachdem die Regierung massenhaft Flüssiggas auf dem Weltmarkt eingekauft, die Energiepreise gedeckelt und eine Erhöhung des Mindestlohns angekündigt hatte, wurden die Proteste eingedämmt – allerdings wohl nur vorläufig, denn die kalte Jahreszeit mit den dramatisch hohen Mehrausgaben für Heizung und Energie hat gar nicht angefangen. Die Regierung Fiala steht in den nächsten Wochen also vor ihrer härtesten Bewährungsprobe. Scheitert man in Prag, wird der Druck der Straße auch in den anderen europäischen Staaten zu Verwerfungen führen. Torsten Fricke
Geburtsort Heinzendorf erinnert an den Vater der Genetik
200 Bäume für 200 Jahre Gregor Mendel Eine nachhaltige (und schmackhafte) Würdigung von Gregor Johann Mendel: 200 Jahre nach seiner Geburt wurde bei Heinzendorf eine Allee mit 200 Birnbäumen gepflanzt.
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Unweit von Mendels Geburtshaus in Heinzendorf (kleines Foto) wurde am Wochenende eine Allee mit 200 Birnbäumen gepflanzt. Foto: Facebook
m 20. Juli 1822 ist Mendel als Sohn einer deutschen Kleinbauernfamilie in Heinzendorf bei Odrau auf die Welt bekommen. Als ausgezeichneter Schü-
ler konnte er nach der Dorfschule ab 1834 das Gymnasium in Troppau besuchen, wobei er allerdings ab seinem 16. Lebensjahr seinen Lebensunterhalt größtenteils als Privatlehrer selbst verdienen mußte. Geldsorgen zwangen Mendel auch, sein Studium an der Universität Olmütz abzubrechen und dem Augustinerorden in Brünn beizutreten. In der mähri-
schen Hauptstadt wirkte Mendel bis zu seinem Tod am 6. Januar 1884 als Lehrer, Forscher und Priester. Auch wenn Mendels Erkenntnisse der nach ihm benannten Mendelschen Regeln der Vererbung zu seinen Lebzeiten noch unbeachtet blieben, gilt Mendel heute als herausragender Wissenschaftler und als Vater der Genetik. Auf die Idee, zu Ehren von
Mendel eine ganze Allee mit Birnenbäumen zu bepflanzen, sei man beim Studium der Familiengeschichte gekommen, erklärt Projektleiter Ivan Bartoš: „Mendel soll mal aus Brünn geschrieben haben, ihm GansbirnenPfropfreiser eines Baums zuzuschicken, der in der Nähe seines Familienhofs wuchs.“ Gepflanzt wurden insgesamt 86 hauptsächlich regionale Birnensorten.
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 45 | 11. 11. 2022
AUS UNSEREM PRAGER BÜRO
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n der tschechischen Wikipedia kann man nachlesen, daß der Architekt Otto Kohn (Foto unten links), geboren 1887 in Libeznitz (Líbeznice) ein „tschechischer Architekt jüdischer Herkunft“ gewesen war. In diesem Lande ist es oft so, daß diejenigen böhmischen Landsleute, die positiv in die Geschichte eingegangen sind, alle möglichen Bezeichnungen bekommen, nur nicht das Adjektiv „deutsch“. Kohns Muttersprache war allerdings Deutsch, obwohl der in einer Gemeinde mitten im tschechischsprachigen Gebiet zur Welt kam. Er studierte außerdem an der Deutschen Technischen Hochschule in Prag. SL-Büroleiter Peter Barton zeigt unseren Lesern heute das Gebäude Nr. 772 in der Elisabethstraße (Revoluční) am Rande der Prager Altstadt. Mehrere Umbauarbeiten und fragwürdige „Renovierungen“ verursachten, daß das Haus des Architekten Kohn heute anders aussieht, als
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in den dreißiger Jahren, also seiner Entstehungszeit. Nur die beeindrukkenden Figuren des ersten Stocks sind geblieben. Kohn floh 1938 über Frankreich nach Ecuador, wo er mit seinem Bruder Architektur lehrte. Im Jahr 1945 zogen sie in die USA, und Otto wurde dort Wohnungsarchitekt. Er starb in New York im Jahr 1965. Die Brüder Kohn hatten mit ihrer Flucht Glück gehabt, aber ihre Verwandten, die ihre Heimat nicht rechtzeitig verlassen konnten, wurden während der NS-Besatzungszeit ermordet. Was lange unbekannt war: Otto Kohn ist der Vater des berühmten Hollywood-Regisseurs Miloš Forman („Einer flog über das Kukkucksnest“). Der 2018 verstorbene Forman (Foto unten rechts) wäre in diesem Jahr 90 Jahre alt geworden (Sudetendeutsche Zeitung berichtete). Formans Mutter, Anna Formanová, starb 1943 im KZ Auschwitz, ihr Ehemann Rudolf Forman, der lange als Vater von Miloš Forman galt, 1944 im KZ Mittelbau-Dora.
Demonstration vor Deutscher Botschaft
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er Protest gegen den geplanten Abriß des Flughafens Pilsen-Líně für den Bau einer Volkswagen-Batteriefabrik wird lauter. Für Dienstag hat der tschechische Verband für Luftverkehr (ČsSL) Piloten, Mechaniker und Flughafenpersonal aus ganz Tschechien zu einer Demonstration auf dem Flughafengelände aufgerufen. Man erwarte, so der Vorsitzende des Verbandes Václav Vašek, Hunderte Teilnehmer, die teilweise sogar mit dem Flugzeug anreisen werden. Für denselben Tag ruft die Initiative Zachraňte letiště Líně (Rettet den Flughafen Líně) zu einer Protestaktion gegen die Gigafactory vor der Deutschen Botschaft in Prag auf.
Vorsprung von Petr Pavel schmilzt
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Albert Füracker vergibt erstmals den Preis „Heimatpflege-Ausgezeichnet!“
Bayerns Heimatminister ehrt Heimatkreis Braunau Der Heimatkreis Braunau hat gemeinsam mit dem Verein Omnium für seine denkmalpflegerischen Aktivitäten im Braunauer Ländchen den erstmals vom Bayerischen Staatsminister der Finanzen und für Heimat, Albert Füracker, vergebenen Preis „Heimatpflege-Ausgezeichnet!“ erhalten.
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n der Laudatio lobte der Staatsminister: „Seit 2018 veranstaltet der tschechische Verein Omnium zzusammen mit dem Heimatkreis Braunau/Sudetenland Denkmalpflege-Workcamps und hält Friedhöfe und Kapellen in der Region um Braunau durch Freiwillige aller Altersgruppen instand.“ Ziel dieses Engagements sei der Erhalt des kulturellen Erbes und des kulturellen Gedächtnisses durch die Pflege der Gräber der früheren deutschen und Bewohner der Region, so Fürakker: „Die gemeinsame Arbeit der Freiwilligen ist gelebte Völkerverständigung und Versöhnungsarbeit zwischen Deutschen und Tschechen. Gleichzeitig dient die Instandhaltungsarbeit als Anregung für Pfarrer und Bürgermeister vor Ort, sich dauerhaft für die regelmäßige Pflege der Friedhöfe einzusetzen. Für den erfolgreichen Einsatz für ein gutes deutsch-tschechisches Miteinander und das wichtige kulturelle Projekt zur Erinnerungskultur erhalten die Preisträger die Auszeichnung ‚HeimatpflegeAusgezeichnet!‘.“ Die Nachricht über die Einladung zu der Preisverleihung erreichte den Heimatkreis während der Vorbereitung des 2022er Arbeitseinsatzes im Braunauer
Wirtschaft meldet Zwischen-Hoch
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Preisverleihung in Nürnberg (von links): Staatsminister Albert Füracker, Erik Buchholz, Bárbora Větrovská (Omnium) und Dr. Olaf Heinrich, Vorsitzender des Bayerischen Vereins für Heimatpflege. Foto: StMFH/Christian Blaschka“: Land. Die Überraschung in Merkelsdorf war für die Gruppe perfekt, als Heimatkreisbetreuer Erik Buchholz die Botschaft aus dem Bayerischen Finanz- und Heimatministerium überbrachte. Buchholz: „Der Preis ist für die Aktiven Würdigung und Anreiz für weitere Schritte auf dem sehr mühevollen Weg der Rettung der Friedhöfe, doch gibt es immer wieder Zeichen der Hoffnung durch den Einsatz von Partnern vor Ort.“ Im Heimatministerium in Nürnberg fanden sich neben dem Heimatkreisbetreuer Erik Buchholz die Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Meinusch, sowie Bárbora Větrovská und Jakub Děd von Omnium ein.
Aus der Patenstadt Forchheim war als Vertreter des Oberbürgermeisters der Stadtheimatpfleger Dr. Dieter George angereist. „Heimatpflege hat viele unterschiedliche Ausdrucksformen – aber sie lebt nur durch Menschen, die oft ehrenamtlich ihren Lebensraum gestalten und ihre Traditionen erhalten“, sagte Staatsminister Albert Füracker. Mit dieser Auszeichnung wolle er als Heimatminister herausragende Leistungen der Preisträger zum Erhalt der örtlichen Baukultur würdigen, so Füracker: „Die Ausgezeichneten sind großartige Vorbilder und zeigen, wie Heimatpflege gelebt wird.“ Der Preis „Heimatpflege-Ausgezeichnet!“ ging an jeweils eine
Einrichtung aus den bayerischen Regierungsbezirken sowie an eine Inititive aus der Sudetendeutschen Volksgruppe als Vierten Stamm Bayerns. Buchholz: „Die Preisverleihung ermöglichte somit interessante Einblicke in die heimatpflegerischen Aktivitäten in den verschiedenen Regionen Bayerns und in die intensiven Bemühungen der verschiedenen Initiativen zum Erhalt historischer Baukultur.“ Übrigens: Als Termin für das nächste Workcamp steht die Woche vom 17. bis 24. September 2023 bereits fest. Erik Buchholzs Appell: „Einsatzfreudige Helfer sind für 2023 wieder herzlich eingeladen, unsere Gruppe ins Braunauer Land zu begleiten.“
Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf startet Nikolausverlosung
Als Ehrenamtler zu Söders Neujahrsempfang Einen Preis, den es nicht zu kaufen gibt, lobt Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf für alle Ehrenamtler aus. Zehn Gewinner werden zum Neujahrsempfang des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder am 13. Januar eingeladen.
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lrike Scharf, die auch Schirmherrschaftsministerin der Sudetendeutschen Volksgruppe ist, will mit der Verlosungsaktion das ehrenamtliche Engagement wertschätzen. Die Ministe-
ie rechtspopulistische Kampagne gegen General Petr Pavel wegen dessen früherer Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei zeigt offenbar Wirkung. Laut einer am Montag veröffentlichten Umfrage ist der Vorsprung des unabhängigen Präsidentschaftskandidaten auf Ano-Chef Andrej Babiš auf einen halben Prozentpunkt zusammengeschmolzen. Demnach würden im ersten Wahlgang 22,5 Prozent der Bürger den hochdekorierten ehemaligen Nato-General wählen und 22,0 Prozent den ehemaligen Premierminister Babiš, der sich seit Jahren gegen den Vorwurf wehrt, inoffizieller Mitarbeiter des tschechoslowakischen Geheimdienstes gewesen zu sein. Stark zugelegt hat die ehemalige Universitätsrektorin Danuše Nerudová, die ihre Zustimmungswerte von 10 auf jetzt 15 Prozent steigern konnte.
rin: „Das Ehrenamt leistet einen unverzichtbaren Beitrag zum Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Im Ehrenamt spüren wir den Herzschlag unseres Sozialstaates. Wenn wir in diesen unruhigen Zeiten einen Moment innehalten, dann erkennen wir, wie kostbar das Miteinander ist.“ Die bayerische Gesellschaft zeichne sich dadurch aus, daß sich Menschen füreinander einsetzen, so Ulrike Scharf: „Der große Einsatz unserer Ehrenamtlichen wird mit einem wunderba-
ren Erlebnis wertgeschätzt – mit einem Preis, den es nicht zu kaufen gibt.“ Zehn Inhaber einer Ehrenamtskarte haben die Möglichkeit am Freitag, den 13. Januar 2023 am Neujahrsempfang in der Residenz München teilzunehmen. Der Gewinn beinhaltet die Einladung zum Neujahrsempfang und eine Übernachtung in München – jeweils für den Gewinner und eine Begleitperson. Mit einer gültigen Bayerischen Ehrenamtskarte kann je-
der Ehreamtler ab sofort unter folgendem Link an der Verlosung teilnehmen: https://www. lbe.bayern.de/engagement-anerkennen/ehrenamtskarte/verlosungen/. Nicht vergessen sollte man, das Stichwort „Nikolausverlosung“ sowie die Namen und eigene Anschrift anzugeben. Die Teilnahmefrist für die Nikolausverlosung endet am 5. Dezember. Die Gewinner werden ab dem 6. Dezember benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
ie Industrieproduktion in Tschechien ist im September im Vorjahresvergleich um 8,3 Prozent gestiegen, hat das tschechische Statistikamt (ČSÚ) gemeldet. Im August hatte der Wert noch bei 7,2 Prozent gelegen. Analysten, die von der Nachrichtenagentur ČTK befragt wurden, haben die positiven Zahlen aber nur als Zwischen-Hoch bewertet. Die Experten führen das Wachstum auf die niedrigen Vorjahreswerte vor allem der Automobilindustrie zurück, als wegen des
Teilemangels weniger Fahrzeuge hergestellt wurden. Für die kommenden Monate haben die Analysten keine positiven Prognosen. Erwartet wird eine Senkung der Produktion wegen der Energiekrise und einer sinkenden Nachfrage aus dem Ausland.
Lkw-Fahrer blockieren Grenze
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egen langer Wartezeiten auf Grund der intensiven Grenzkontrollen bei der Einreise nach Tschechien haben slowakische Lkw-Fahrer in der Nacht von Sonntag auf Montag den Verkehr auf der Autobahn D2 am Grenzübergang Lundenburg/Brodsko aus Protest blokkiert. Tschechiens Innenminister Vít Rakušan (Stan) erklärte, die Grenzkontrollen zur Slowakei auszusetzen, sei derzeit wegen der illegalen Migrationswelle nicht möglich. Man arbeite aber daran, die Lkw-Wartezeiten zu verringern.
Reiselust wie vor der Corona-Pandemie
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ie Sommersaison habe gezeigt, daß die Tschechen wieder in gleichem Maße reisen wie in der Zeit vor der Corona-Pandemie, hat das Außenministerium bekannt gegeben. Demnach besuchten bis Ende September über 870 000 Tschechen im Laufe dieses Jahres Kroatien. Im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es etwa 20 Prozent mehr. Rund 450 000 tschechische Touristen reisten nach Griechenland, das Interesse an diesem Land hat sich gegenüber dem Vorjahr etwa verdoppelt. „Neben traditionell beliebten Reisezielen wie Spanien, Italien, Ägypten, der Türkei oder Bulgarien hat in den letzten Jahren auch das Interesse an Polen zugenommen, das nicht nur als Urlaubsland, sondern auch zum Einkaufen attraktiv ist“, so das Außenministerium.
Prebischtor nur am Wochenende frei
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er Weg zum Prebischtor im Nationalpark Böhmische Schweiz wird ab nächster Woche nur noch an den Wochenenden begehbar sein. Unter der Woche bleibt die Route gesperrt, um die Fällung von Bäumen fortzusetzen, die bei dem Waldbrand im Sommer beschädigt wurden. Insgesamt war eine Fläche von 1000 Hektar von dem Brand betroffen.
Sudetendeutsche Zeitung
ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Verlagsassistentin: Birte Rudzki. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2022 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2021 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.
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Zum 125. Geburtstag würdigte Albrecht Schläger den Sozialdemokraten Ernst Paul, der von 1949 bis 1969 dem Bundestag angehörte. Unter dem Motto „Deutschland und Tschechien gemeinsam stark in schwierigen Zeiten“ stand das Jahresseminar der Seliger-Gemeinde in Bad Alexandersbad im Evangelischen Bildungszentrum. Über 70 Teilnehmer aus Deutschland, Tschechien und Österreich konnten sich vom breitgefächerten Spektrum der aufgegriffenen Aspekte der Geschichte der sudetendeutschen Sozialdemokratie und den sudetendeutschtschechischen Beziehungsgeflechten bis hin zu aktuellen Fragen der deutsch-tschechischen Beziehungen überzeugen.
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ingang fand die Zusammenkunft mit einer kurzen Darstellung, wofür die Hilfsgelder aus Spenden der SG-Mitglieder beim vergangenen Frühjahrsseminar in der Ukraine verwendet wurden. Helena Päßler, KoBundesvorsitzende, schilderte mit Fotos die Hilfe vor allem für Waisen. Dann führte Christine Roth durch ihre Publikation „Was bleibt? – Erinnerungen an meinen Vater Willi Haschek“, die die Lebensgeschichte Willi Hascheks und die Geschichte der Dachauer Ortsgruppe mit der Entwicklung der Seliger-Gemeinde in Bayern und in ganz Westdeutschland verband. In Anwesenheit ihrer 94-jährigen Mutter, der gerade für das Sozialwerk der SG bis 2015 unermüdlich tätigen Christine Haschek, zeigten viele Fotos, daß die Dachauer bei allen wichtigen Ereignissen der SG gerade auch nach der Samtenen Revolution in Tschechien mit dabei waren. So pilgerten die Dachauer schon früh zum Grab Josef Seligers, waren in Karlsbad bei der Gedenktafelenthüllung für die bedeutende Druckerei „Graphia“ dabei, waren auch 1993 beim Staatsakt für Ludwig Czech in Theresienstadt. Und immer wieder ging es zum 1. Mai nach Wien, auch die Gedenktafel für Wenzel Jaksch in Wien-Ottakring wurde in Anwesenheit von Willi Haschek enthüllt. Dann würdigte Albrecht Schläger zum 125. Geburtstag in diesem Jahr Ernst Paul. Wichtiger Jugendfunktionär der DSAP und Chef der Republikanischen
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Politischer Höhepunkt: Christa Naaß führte durch die Podiumsdiskussion „Europas Weg nach Kiew – Deutsche und Tschechen in der Europäischen Union“ mit MdB Jörg Nürnberger, Libor Rouček und Thomas Oellermann.
Für ein anderes Rußland : Alexander Schumski und Elizaveta Shlosberg.
Jahresseminar der Seliger-Gemeinde in Bad Alexandersbad
Deutschland und Tschechien gemeinsam stark in schwierigen Zeiten Wehr in der Ersten Tschechoslowakischen Republik, im Exil in Schweden, dann früh in Esslingen bei Stuttgart angesiedelt in Westdeutschland, war er von 1949 bis 1969 Mitglied des Deutschen Bundestages. Wichtige Impulse setzte er bei der Aushandlung des Deutsch-Dänischen Staatsvertrages über die jeweiligen Minderheiten in den 1950er Jahren. Er näherte die SPD in vielen Fragen der gesellschaftlichen Mitte an: Europa, NATO, der katholischen Kirche und dem Vatikan. Als Angehöriger der sudetendeutschen Minderheit in der
ler Ereignisse in seinem Leben. Darunter die direkte Verhinderung der Sprengung der Staustufe der Elbe am Schreckenstein zum Kriegsende, in die seine Familie involviert war und die dazu beitrug dazu, daß sie als Deutsche vorerst bleiben konnten. Aber auch das späte Verlassen der Tschechoslowakei, erst 1948 als einer der letzten der UllmannAktion. Vieles hat er rekonstruieren können, und sein Resümee lautete wie der Titel seines Buches: Bei ihnen in der Familie war es eben anders, als bei den anderen Sudetendeutschen.
letzte Rennen“, der in Bad Alexandersbad erst zum zweiten Mal in Deutschland aufgeführt wurde, werden die Geschichte des Emmerich Rath, zweimaliger Olympionike, und sein vergessener Tod 1962 erzählt. Schon die Ausstellung „Unsere Deutschen“ in Aussig thematisiert Emmerich Rath in ihrem Eingangsfilm als Sudetendeutschen und dessen besonderes Schicksal. Elizaveta Shlosberg und Alexander Schumski, zwei Russen, die seit einigen Jahren in Nürnberg leben und für die „Allianz für ein freiheitlich-demokratisches
Große Resonanz: Über 70 Teilnehmer aus Deutschland, Tschechien und Österreich reisten zum Jahresseminar der Seliger-Gemeinde nach Bad Alexandersbad. Fotos: Ulrich Miksch Tschechoslowakei hatte er sich mit vielen Themen schon in den 1930er Jahren beschäftigt und brachte dies in die Ausrichtung der SPD im Nachkriegsdeutschland ein. Ein Gespräch mit Josef Ullrich, dem 1938 in Aussig in eine aktive sozialdemokratische Familie Hineingeborenen, machte anhand eines von ihm verfaßten Buches „Bei uns war’s anders“ deutlich, was die Sozialdemokratie auch im Untergrund noch zu leisten im Stande war. Aus seinen Erfahrungen als Kind versuchte er in den letzten zwanzig Jahren eine Rekonstruktion vie-
Eine Filmvorführung am Samstagabend beeindruckte alle. Erst in diesem Jahr wurde ein Propagandafilm der 1950er Jahre über ein Skirennen zwischen Tschechen und Deutschen im Jahre 1913 im Riesengebirge, bei dem zwei tschechische Läufer erfroren, mit neuen filmischen Möglichkeiten zurechtgerückt. Schon seit Jahren geistert der Name Emmerich Rath (siehe unten), als Prager Deutscher und Freund der tschechischen Skifahrer Bohumil Hanč und Václav Vrbata auch an diesem Rennen beteiligt, durch die tschechische Öffentlichkeit. Im Film „Das
Rußland“ aktiv sind, schilderten ihr Engagement für ein anderes Rußland und ihre Aktivitäten zur Unterstützung der Ukraine in ihrem Kampf gegen den Aggressor Rußland seit dem Ausbruch des Krieges. Eine Sammlung unter den Teilnehmern ergab eine Summe von mehreren hundert Euro zur Unterstützung der Ukrainehilfe, die die beiden Russen vorgestellt hatten. Bea Su-Hyun, dessen Großeltern Nordkorea im Koreakrieg verlassen mußten, weil sie Eigentümer einer Firma waren, berichtete über Gemeinsamkeiten und Unterschiede
zwischen Sudetendeutschen und Koreanern als Vertriebene. Zwei Millionen Nordkoreaner flohen nach Südkorea wegen der kommunistischen Ideologie, die ein Leben vieler unmöglich machte. Und noch heute gibt es Vertretungen der nordkoreanischen Provinzen in Südkorea, die sich vor allem durch den Verkauf von Gräbern in der Nähe der nordkoreanischen Grenze finanzieren, und die seit einigen Jahren mit dem Bund der Vertriebenen im Austausch stehen. Interessant in diesem Zusammenhang ist sicher, daß zu jeder Einheitsfeier in Deutschland am 3. Oktober immer der Wiedervereinigungsminister Südkoreas anwesend ist und immer auch herzlich begrüßt wird. Deutschland und Korea haben durch das Teilungsschicksal besondere Verbindungen. SuHyun wußte aber auch über die Faszination Böhmens und Mährens in Südkorea zu informieren. So ist Franz Kafka sehr bekannt, und der Strom südkoreanischer Touristen besucht Prag als Hochzeitsstadt und Krummau als Neuschwanstein Böhmens. Man kannte die Armada der Touristenbusse gerade aus Südkorea, Japan und China im kleinen Krummau vor der Pandemie, sie könnte wiederkommen. Zum politischen Höhepunkt des Bad Alexandersbader Kongresses wurde in diesem Jahr ein Gespräch zwischen Jörg Nürnberger, MdB und Mitglied des Verteidigungsausschusses, und Libor Rouček, Ko-Vorsitzender des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums, mit Fragen von Christa Naaß, der neuen Ko-Vorsitzenden der Seliger-Gemeinde, und Thomas Oellermann, Mitglied des Präsidiums der SG, zum Thema „Europas Weg nach Kiew – Deutsche und Tschechen in der Europäischen Union“. Hier beschrieben Nürnberger und
Rouček die Zäsur, die der 24. Februar mit dem Angriff Rußlands für Europa gebracht hätten, und die Unausweichlichkeit einer starken europäischen Antwort mit der Unterstützung der Ukraine. Die Diskussion mit allen Teilnehmern des Jahresseminars offenbarte viele Fragen, wie es weitergehen könnte und müßte. Doch die geschilderten Realitäten des Krieges ließen nicht viel politischen Spielraum erkennen. Auch die immense Aufgabe, den Weg der Ukraine in die EU erfolgreich in den nächsten Jahren zu schultern, beschwerte viele Überlegungen. Was blieb, war der Gleichklang der Analysen von deutscher wie tschechischer Seite, wozu auch Milan Horáček aus dem Publikum seinen Teil beitrug. Die am Samstagvormittag abgehaltene Bundesversammlung bestätigte eine lange diskutierte Beitragserhöhung der Mitglieder von 10 auf 15 Euro pro Jahr. Und das Präsidium wählte einen Wechsel an der Spitze der SG. Für Helmut Eikam, der 17 Jahre als Ko-Vorsitzender amtierte, tritt Christa Naaß neu an die Seite von Helena Päßler, die Ko-Vorsitzende bleibt. Viel örtliche SPD-Prominenz ließ sich zur Bundesversammlung blicken. Es sprachen die Erste Bürgermeisterin von Bad Alexandersbad Anita Berek, der Landtagsabgeordnete Klaus Adelt und der stellvertretende Vorsitzende der BayernSPD, der Fürther Matthias Dornhuber, der schon im August bei der Ehrung von Ludwig Czech in Theresienstadt dabei war und der sich in den letzten Wochen sehr bewußt mit der sudetendeutschen sozialdemokratischen Tradition seines Ortsverbandes beschäftigte und einige bemerkenswerte Persönlichkeiten der vormaligen DSAP benannte. Ulrich Miksch
Der Prager Deutsche nahm an zwei Olympischen Spielen teil und rettete einen Juden vor den Nazis
Emmerich Rath – der vergessene Held Emmerich Rath wird in „Das letzte Rennen“ gewürdigt. Unten: Raths Sportgeschäft in Prag. Fotos: Bonton Film/Wikipedia
Emmerich Rath wurde am 5. November 1883 in Prag als zweites Kind einer deutschsprachigen Familie geboren.
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ie Familie übersiedelte 1887 nach Braunau. Hier, in den Bergen der Sudeten, brachte sich Rath selbst das Skilaufen bei, womit er zu einem der Wegbereiter dieses Sports in Böhmen wurde. Rath betrieb zahlreiche Sportarten auf internationalem Niveau. So nahm er für ÖsterreichUngarn an zwei Olympischen Spielen teil: 1908 in London im Gehen über zehn Meilen und im Marathonlauf sowie 1912 in Stockholm im Querfeldeinlauf und erneut im Marathon. Im Lau-
fe seines Lebens gewann er über fünfhundert sportliche Wettbewerbe in verschiedenen Disziplinen. Zu seinen größten Erfolgen zählten die Böhmische Meisterschaft im Skilanglauf über fünf Kilometer (1907), die Deutsche Meisterschaft im Schwergewichts-Boxen (1912), und die Europameisterschaft im Feldhokkey (1914, mit der böhmischen Mannschaft). Aus ethischen und gesundheitlichen Gründen war Rath bereits im Alter von sechzehn Jahren zum Vegetarier geworden. Nach seinem Militärdienst im Ersten Weltkrieg eröffnete Emmerich Rath zusammen mit seiner Frau Franziska in Prag das
Geschäft „Sport Rath“, das sich bald zu einem der führenden Sportausrüster der Stadt entwikkelte. Als Gegner des Nationalsozialismus lehnte er die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft konsequent ab. Dieses Verhalten brachte zahlreiche persönliche Nachteile mit sich; unter anderem wurde Rath mehrmals von der Gestapo verhört und festgehalten. Gegen Ende des Krieges gaben Emmerich und Franziska Rath einem deutschen Juden namens Boris Effenberger Zuflucht im Warenlager ihres Sportgeschäfts – eine Handlung, die im Falle ihrer Entdeckung unwei-
gerlich mit dem Tod bestraft worden wäre. Da Rath 1939 gegen die deutsche Staatsbürgerschaft optiert hatte, war er von der Vertreibung der Deutschen aus Böhmen ab 1945 nicht betroffen. Ein sorgenfreies Leben sollte ihm jedoch auch unter den neuen Machthabern nicht beschieden sein. Rath wurde enteignet und zu einem Jahr Haft verurteilt. Nach der Haftentlassung schlug sich Rath als Straßenkehrer und Hilfsarbeiter durch. Zeitweise war er obdachlos und lebte auf der Straße. Völlig mittellos verstarb Emmerich Rath am 21. Dezember 1962 im Alter von 79 Jahren in Braunau. Mathias Heider
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 45 | 11. 11. 2022
Die Verschleppung der Banater Schwaben
Der Auftritt des Kinderchors der Ukrainischen Samstags-Schule Erlangen bewegte die Herzen der Zuschauer
Fotos: Karl Biedermann.
Viele Gäste beim traditionellem Treffen im Erlanger Redoutensaal
Ukrainischer Kinderchor berührt am Tag der Heimat Beim traditionellen „Tag der Heimat“ im Erlanger Redoutensaal standen in diesem Jahr Beiträge von ukrainischen Flüchtlingen im Mittelpunkt, die im Raum Erlangen Unterkunft und Hilfe erfahren.
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en Gästen des Tags der Heimat geht das Schicksal der über 3000 Flüchtlinge und Vertriebenen aus der Ukraine, die in Stadt und Landkreis Erlangen untergekommen sind, besonders nahe. Ist doch ihre eigene Familiengeschichte oft von ganz ähnlichen Erfahrungen von Vertreibung und Verlust der Heimat nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt. Das Echo auf die Einladung gab den Veranstaltern vom Bund der Vertriebenen Recht. Der Saal war so voll wie schon lange nicht mehr, und es mußten fleißig Stühle nachgestellt werden, damit alle Besucher auch einen Platz finden konnten. Der in der Erlanger Flüchtlings-Hilfe sehr engagierte deutsch-russische Kultur-Verein „Brücken e.V.“ war zusammen mit der Ortsgruppe Fürth der Landsmannschaft der Deutschen aus Rußland mit einem Chor aus Samstag, 12. November, 18.00 Uhr, Sudetendeutsche Heimatpflege: Internationales Tanztreffen. Tanzball mit Musik, Volkstänzen und Liveschaltungen nach Italien, Schweiz, Brasilien und in die USA. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Sonntag, 13. November, 11.00 Uhr, Deutsches Kulturforum östliches Europa: Wanderausstellung „Die Schaleks – eine mitteleuropäische Familie“. Matinee zum Gedenken an den 9. November 1938 mit Autor Ralf Pasch. Rathaus Treptow, Raum 218, Neue Krugallee 4, Berlin. Montag, 14. November, 18.00 Uhr, Verband der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich, Filmpräsentation „Die letzten Österreicher“ mit Filmregisseur Lukas Pitscheider. In einem schwer zugänglichen Dorf in den Karpatenwäldern ringen die letzten Österreicher der Ukraine mit der Frage, ob sie ihrer Heimat den Rücken kehren sollen. Haus der Heimat, Steingasse 25, A-1030 Wien. Donnerstag, 17. November, 18.00 bis 19.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Kunstkammer Georg Laue: Reliefintar-
Sehr gut besucht war der Tag der Heimat im Erlanger Redoutensaal. jungen Frauen vertreten. Ihr Beitrag war den Veranstaltern besonders wichtig, weil er deutlich machte, daß eine pauschale Verurteilung aller russisch-sprachigen Menschen als Feinde der Ukraine genauso falsch ist, wie es seinerzeit der pauschale Schuldvorwurf gegenüber allen Deutschen an den Verbrechen des Nationalsozialismus war, mit dem auch die Vertreibung von Millionen Unschuldigen nach dem Zweiten Weltkrieg gerechtfertigt worden war. Höhepunkt des Nachmittags war der Auftritt einer großen Kindergruppe der Ukrainischen
Samstags-Schule Erlangen. In ukrainischer Tracht und mit Luftballons in den Landesfarben Blau und Gelb boten sie in erfrischender Weise Lieder aus ihrer fernen Heimat dar. Viele ältere Zuschauer erinnerte das an ihre eigene Kindheit, als sie nach der Vertreibung froh waren, wenn sie in der Fremde auf Landsleute trafen, mit denen sie beim Singen vertrauter Lieder ein Stück Heimat erleben konnten. Und sie wünschten den ukrainischen Kindern nichts sehnlicher, als daß der unselige Krieg bald zu Ende sein möge, damit sie mit ihren Eltern wie-
VERANSTALTUNGSKALENDER sien aus Eger für die fürstlichen Kunstkammern Europas“. Vortrag von Dr. Virginie Spenlé. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Montag, 21. November, 19.00 bis 21.00 Uhr, SL-Bundesverband: „Nuntius Alois Muench (1889–1962) – Der ‚Retter Deutschlands‘“. Vortrag von Prof. Dr. Stefan Samerski im Rahmen der Reihe „Böhmen macht Weltgeschichte“. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Donnerstag, 24. November, 17.00 bis 18.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: Kuratorenführung durch die Sonderausstellung „Allerley kunststück“ mit Eva Haupt. Sudetendeutsches Haus, Alfred-Kubin-Galerie, Hochstraße 8, München. Donnerstag, 24. November, 17.00 bis 18.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: „Online-Lesung der Autoren Werner Sebb und Gernot Schnabl“. Anmeldung unter eMail veranstaltung. heimatpflege@sudeten.de Samstag, 26. November, 10.00 bis 17.30 Uhr, Museumspädagogik: „Allerley kunst-
stück“ – Intarsien-Workshoptag für Erwachsene mit dem Künstler Clemens Söllner. Kostenbeitrag 75 Euro, ermäßigt 50 Euro. Anmeldung unter eMail info@ sudetendeutsches-museum.de oder per Telefon unter (0 89) 48 00 03 37. Samstag, 26. November, 14.00 bis 18.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: „Böhmisch-Mährisch-Schlesischer Adventsmarkt“. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Samstag, 26. November, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Stuttgart und Böhmerwald Heimatgruppe Stuttgart: Jahresabschluß- und Weihnachtsfeier mit Ehrungen. Musikalische Umrahmung: Geschwister Januschko. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart. Anmeldung: Waltraud Illner, Telefon (07 11) 86 32 58, eMail illner@sudeten-bw.de Montag, 28. November, 18.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: „Adventskonzert mit dem Duo Connessione“. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Mittwoch, 30. November,
der in ihre Heimat zurückkehren können. Die neu gegründete SamstagsSchule arbeitet eng mit dem Verein „Ukrainer in Franken e.V.“ zusammen, der eine Tanzvorführung seiner Kindergruppe zum Programm beisteuerte. Vereinsvorsitzender Orest Zub berichtete von den Aktivitäten seines Vereins, der auch den von der Stadt Erlangen bereit gestellten „Ukraine Treff Erlangen“ in der Henkestraße 91 betreibt. Dieser Treff wird von den ukrainischen Flüchtlingen stark frequentiert und hilft vor allem bei der Überwindung bürokratischer Hürden. Ein Tag der Heimat in Erlangen ohne pommersche Tanzgruppe ist undenkbar. Diesmal war es die „Leba“, die mit ihrer „Tanz- und Späldeel“ und der Kindergruppe „Lüttentanzdeel“ die Zuschauer begeisterte. Neben der Schlesierin Christiane Biedermann wurden mit Hilke Meier, Tanja Dierks und Bianca Pabst gleich drei verdiente Mitglieder der „Leba“ für ihre jahrzehntelangen Verdienste mit der Silbernen Ehrennadel des Bundes der Vertriebenen ausgezeichnet. Christoph Lippert 18.00 Uhr, Deutsches Kulturforum östliches Europa: Wanderausstellung „Die Schaleks – eine mitteleuropäische Familie“. Präsentation der Ausstellung und des Begleitfilms mit Ralf Pasch. Rathaus Treptow, Raum 118, Neue Krugallee 4, Berlin. Freitag, 2. bis Samstag, 3. Dezember, Sudetendeutsches Museum: Symposium „Sudetendeutsche Dialoge: Ethnische Minderheiten und Volksgruppen Europas im Dialog“. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Samstag, 3. Dezember, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: Traditionelle sudetendeutsche Adventsfeier. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen. Samstag, 3. Dezember, 15.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: „Krippenführung in Regensburg“. Anmeldung unter eMail veranstaltung. heimatpflege@sudeten.de Sonntag, 4. Dezember, 15.00 bis 17.00 Uhr, Museumspädagogin Nadja Schwarzenegger: „Allerley kunststück – Workshop für Kinder“. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München.
Freitag, 18. bis Sonntag, 20. November: Wochenendseminar „Die Verschleppung der Banater Schwaben in die Sowjetunion und die Deportation in den Bărăgan“. Durch den Roman „Atemschaukel“ der banatschwäbischen Nobelpreisträgerin Herta Müller (2009) sind das Nachkriegsschicksal vieler Deutschen aus Rumänien, vor allem Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben, die Deportation von rund 70 000 Personen in die Sowjetunion zu einer fünfjährigen „Wiederaufbauarbeit“, vorwiegend in die Kohle- und Industriegebiete von Donbas und Ural, einer großen Öffentlichkeit bekannt geworden. 1950 wurden viele Banater Schwaben aus den Grenzregionen zu Jugoslawien (manche gerade aus der Sowjetunion zurückgekehrt), erneut – diesmal ganze Familien, in die südrumänische Steppe Bărăgan – verschleppt und auf offenem Feld ausgesetzt. Sie mußten sich Lehmhütten bauen und für ihren Unterhalt sorgen. Kinder wurden geboren und Menschen starben. Spät wurden die überlebenden Betroffenen vom rumänischen Staat in Wiedergutmachungsgesetzen rehabilitiert und entschädigt. Seit 2021 können sogar Nachgeborene Entschädigungsleistungen des rumänischen Staates erhalten, sofern die Eltern noch nicht entschädigt worden sind und die Ereignisse dokumentiert werden können. Durch Vorträge und Lesungen werden die Hintergründe, Geschehnisse, Verläufe, Betroffenheiten und Folgen anhand von Einzelfallbeispielen wie auch unter allgemeineren Betrachtungsgesichtspunkten vorgestellt und diskutiert. Als Referenten und Autoren wirken mit: die Schriftsteller Albert Bohn, Ilse Hehn, Johann Lippet, Horst Samson, Hellmut Seiler; der Präsident des Bundes der Vertriebenen, Dr. Bernd Fabritius; die Soziologen Dr. Renate Weber-Schlenther, Prof. Dr. Anton Sterbling und Rita Stockmann sowie der Journalist Ernst Meinhardt. Beim Seminar stehen Plätze für 40 interessierte Teilnehmer zur Verfügung. Der durch die Bundeszentrale für politische Bildung mit geförderte Tagungsbeitrag beträgt 70 Euro pro Person (inkl. Programm und Verpflegung sowie Unterbringung im Doppelzimmer für zwei Tage) bzw. 90 Euro im Einzelzimmer plus 3,60 Euro ermäßigte Kurtaxe. Die Reisekosten müssen von den Teilnehmern selbst getragen werden. Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de
Ilsa Oberbauer bei der Verleihung des Ehrenzeichens mit Karlsfelds 2. Bürgermeister Stefan Handl, Dachaus Landrat Stefan Löwl und dem Landtagsabgeordneten Bernhard Seidenath. Foto: Gemeinde Karlsfeld
Gestrandet im Münchner Norden
Zeitzeugengespräch mit Ilsa Oberbauer Donnerstag, 17. November, 19.00 Uhr: „Zeitzeugengespräch mit Ilsa Oberbauer“. Begleitprogramm der Ausstellung „Flüchtlinge und Vertriebene im Münchner Norden“ im Haus des Deutschen Ostens, die bis zum 27. Januar zu sehen ist.
Als kleines Mädchen mußte Ilsa Oberbauer 1945 zusammen mit ihrer Mutter und mehreren Geschwistern aus Tachau (Nordwestböhmen) fliehen. Nach einer Zwischenstation am Tegernsee ließ sie sich 1962 in Karlsfeld nieder. Hier war sie 39 Jahre lang als Lehrerin in der örtlichen Grundschule tätig. Seit Jahrzehnten betreut Ilsa Oberbauer außerdem das Heimatmuseum in Karlsfeld. In dieser Funktion leistete sie einen entscheidenden Beitrag zur Erinnerung an
die Geschichte der Vertriebenen und Flüchtlinge im Ort. Sie setzte zahlreiche Ausstellungen im Heimatmuseum um und machte Führungen für Jung und Alt, unter anderem mit einem Schwerpunkt in der Geschichte der Deutschen aus dem östlichen Europa, die nach 1945 in Karlsfeld eine zweite Heimat fanden. 2002 legte Ilsa Oberbauer die Chronik „200 Jahre Karlsfeld“ vor, die im Auftrag der Gemeinde Karlsfeld entstanden ist. 2019 wurde sie für ihren ehrenamtlichen Einsatz mit dem Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten ausgezeichnet. Kooperationspartner der Ausstellung „Gestrandet im Münchner Norden“ ist die Sudetendeutsche Landsmannschaft.
AKTUELL · KOLUMNE
Sudetendeutsche Zeitung Folge 45 | 11. 11. 2022
Vernissage der Wanderausstellung des Sudetendeutschen Rates in der Bayerischen Repräsentanz
„So geht Verständigung“: Der große Abend der Brückenbauer in Prag
5 Mut tut gut
Lieber Zeugen als Gelehrte
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Freuen sich über die gelungene Vernissage: Christa Naaß, Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates, und Vorgänger Albrecht Schläger. Fotos: Staatskanzlei/privat „Erinnern heißt nicht, das Gedächtnis zu belasten, sondern den Verstand zu erleuchten“, hat Christa Naaß, Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates, in ihrer Rede zur Eröffnung der Wanderausstellung „So geht Verständigung – dorozumění“ in der Bayerischen Repräsentanz in Prag den großen Dichter der Aufklärung, Gotthold Ephraim Lessing, zitiert.
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hre Premiere hatte die Ausstellung mit den fünf Themenblöcken Verständigung, Verbinden, Vertreibung, Vermitteln und Versöhnen 2018 in der Bayerischen Staatskanzlei in München und wird seitdem an wechselnden Orten gezeigt. „Die Ausstellung beschreibt das jahrhundertelange Zusammenleben von Tschechen und Deutschen im Herzen Europas“, sagte Steffen Hörtler, Stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft und Landesobmann Bayern, als amtierender Vorsitzender des Sudetendeutschen Rates in seiner Begrüßung. „Die Ausstellung ist bewußt in die Zukunft gerichtet und hat nicht nur den Blick in die Vergangenheit“, ergänzte Naaß in ihrer Rede und stellte fest: „Wir dokumentieren mit der Ausstellung das heutige Selbstverständnis der Sudetendeutschen als Bindeglied zwischen den Völkern in Mitteleuropa. Nach wie vor sind die Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen, die Bewahrung und Fortentwicklung der böhmischmährisch-schlesischen Kultur sowie das Eintreten für Menschen-, Volksgruppen – und Minderheitenrechte Aufgaben der Sudetendeutschen.“ Das große Ziel sei, daß das Verbindende zwischen Tschechen und Deutschen
das Trennende überwindet. „Deutsche und Tschechen sind auf einem guten Weg des gemeinsamen Aufarbeitens der Geschichte, des Miteinanders – und das ist auch wichtig, um gemeinsam an dem Haus Europa zu bauen, das leider in den vergangenen Jahren einige Risse bekommen hat. Ich denke an den Brexit und an weitere europakritische Regierungen“, so die Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates. Die Ausstellung mache außerdem deutlich, daß Menschenrechte unteilbar seien, unterstrich Naaß: „Heute und auch künftig ist es wichtig, immer für das Recht auf Heimat und das Recht auf Selbstbestimmung einzutreten, und zwar für alle Völker und Volksgruppen.“ Der Sudetendeutschen Rat wurde bereits vor 67 Jahren, am 3. April 1955, im
Christa Naaß mit (von links) Dr. Hannes Lachmann, Leiter der Repräsentanz, Peter Barton, Steffen Hörtler und Hans-Peter Hinrichsen von der Deutschen Botschaft. Café Ludwig in München konstituiert. Das überparteiliche Gremium besteht aus 15 Vertretern der Sudetendeutschen Landsmannschaft und 15 Vertretern der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien. Generalsekretärin Naaß: „Der Sudetendeutsche Rat hat laut Satzung die Aufgabe, die Völkerverständigung zu fördern, insbesondere die Versöhnung und Verständigung zwischen Tschechen und Sudetendeutschen herbeizuführen. Ferner hat er die Aufgabe, Heimatpflege und Heimatkunde für die Sudetendeutschen und deren Heimatlandschaften in Böhmen, Mähren und Schlesien sowie in den neuen Heimatgebieten in Deutschland zu fördern. Er bietet sudetendeutschen und tschechischen Politkern ein gemeinsames Gesprächsforum,
Die Ausstellung „So geht Verständigung – dorozumění“ ist derzeit in der Repräsentanz des Freistaats Bayern (Michalská 12, Prag) zu sehen.
zum Beispiel bei den jährlich stattfindenden Marienbader Gesprächen, bei denen unter anderem die anwesenden Libor Rouček, ehemaliger Vizepräsident des Europäischen Parlaments, und Milan Horáček, ehemaliges Mitglied des EP, treue Gäste sind.“ In seiner Begrüßung hat auch der Leiter der Bayerischen Repräsentanz, Dr. Hannes Lachmann, die Bedeutung der Völkerverständigung unterstrichen und die Zusammenarbeit sowohl mit dem Prager Sudetendeutschen Büro unter der Führung von Peter Barton wie mit anderen sudetendeutschen Institutionen gewürdigt. Den Schlußpunkt der Vernissage bildete ein Empfang, zu dem Dr. Markus Ehm im Namen des Prager Büro der Hanns-Seidel-Stiftung die Gäste begrüßte. Mit dabei waren Ivan Jastřab, Leiter der Abteilung Mitteleuropa im tschechischen Außenministerium, Hans-Peter Hinrichsen von der Deutschen Botschaft in Prag, der Gesandte Ungarns, András Csitári-Rákoczy, sein japanischer Kollege Ikuo Shoji, Andreas Wiedemann, Pressereferent der Österreichischen Botschaft, Urban Überschär, der Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Prag, der ehemalige Geschäftsführer des Sudetendeutschen Rates und KoVorsitzender der Seliger-Gemeinde, Albrecht Schläger, der ehemalige Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Libor Rouček, Ex-MdEP und Ex-MdB Milan Horáček, die Journalistinnen Lída Rakušanová und Martina Schneibergová sowie Wissenschaftler Mirek Kunštát. Die Heimatverbliebenen wurden durch den Vorsitzenden des Kulturverbandes der Deutschen in der Tschechischen Republikl, Radek Novák, vertreten. RN/TF
in für meinen Lebensweg wichtiger Katechet brachte mir im Schulunterricht bei, daß der November ein ganz besonderer Monat der Nächstenliebe sei, geprägt von drei bedeutenden Heiligen, die ein tiefes Mitgefühl mit den Armen ihrer jeweiligen Zeit hatten. Das ist nun schon vier Jahrzehnte her, aber die damalige Unterrichtsstunde kommt mir immer wieder in den Sinn. Wohl hat es auch damit zu tun, daß einer der Drei mein Namenspatron Martin von Tours ist. Zugleich aber verbinde ich mit den drei Heiligen das Bild von Lichtgestalten in dunkler Zeit. Ich sehe in ihnen Menschen, die mit ihrer liebevollen und zugewandten Art gegenüber Bedürftigen die Welt heller gemacht haben. Wer sind neben dem heiligen Martin die anderen beiden Heiligen der Nächstenliebe im November? Schnell fällt uns die heilige Elisabeth mit ihrem Gedenktag am 19. November ein. Stieg Martin von Tours der Legende nach vom hohen Soldatenroß herab, um den frierenden Bettler zu kleiden, so begab sich die thüringische Landgräfin von der hochgelegenen Wartburg in die Niederungen des Lebens der armen Leute, um ihnen nahe zu sein und zu schenken, was sie zum Überleben brauchten. Den dritten Heiligen haben wir im Kalender schon hinter uns. Sein Gedenktag wurde am 4. November begangen. Es ist Karl Borromäus, der im 16. Jahrhundert eine steile Kirchenkarriere hinlegte und dessen Seelsorgeeifer als Kardinal-Erzbischof von Mailand alleine schon gereicht hätte, um ihm einen Platz in den Geschichtsbüchern zu verschaffen. Doch nicht genug. Als Bischof verstand er sich auch als Vater der Armen, besonders in den Hungersnöten und Pestepidemien seiner Zeit. Im Übrigen erinnert er mich auch an die Gemeinschaft der Borromäerinnen, die ich in Prag als einen sehr segensreichen Krankenpflegeorden kennenlernen durfte. Martin von Tours, Elisabeth von Thüringen und Karl Borromäus sind nicht nur Lichtgestalten der Nächstenliebe. Ihr Wirken in höchst unterschiedlichen Epochen der abendländischen Geschichte könnte man auch als einen Dreiklang auffassen. Er erinnert uns Christen im 21. Jahrhundert daran, daß die Melodie unseres Glaubens nur dann attraktiv sein wird, wenn sie mit dem alten Lied ernstmacht: „Wo die Güte und die Liebe wohnt, da nur wohnt der Herr.“ Lateinisch: „Ubi caritas et amor, Deus ibi est.“ In unserer säkularen Welt stellt sich nämlich mehr als früher die Frage: Was bedeutet der Glaube praktisch? In welchen Haltungen und Handlungen drückt er sich aus? Es genügt heute weniger denn je, bloß fromm oder gescheit oder beides miteinander zu sein, um nichtglaubende Menschen auf das Christentum aufmerksam zu machen. In diesem Sinne hat Paul VI. der Kirche schon 1974 ins Gewissen geredet: „Der heutige Mensch hört lieber auf Zeugen als auf Gelehrte, und wenn er auf Gelehrte hört, dann deswegen, weil sie Zeugen sind.“ Vielleicht wollte uns genau das unser Katechet mit dem Hinweis auf die drei Novemberheiligen der Nächstenliebe nahelegen. Dr. Martin Leitgöb CSsR Seelsorger der Katholischen Pfarrei Ellwangen-Schönenberg
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FORUM
Sudetendeutsche Zeitung Folge 45 | 11. 11. 2022
� BdV-Landesverband Hessen
PERSONALIEN
Botschafter einer europäischen Einigung zu finden, ihre Existenz in der Ge- Diese Erzählungen sollten wach- vom Deutsch-Europäischen Bilsellschaft, auch in der Wirtschaft, rütteln, aufmerksam machen und dungswerk in Hessen, eines eineu aufzubauen, auch wenn das könnten beitragen, künftig das genständigen, aber unter dem nicht einfach und die Willkom- zu verhindern, was vor mehr als Dach des BdV-Hessen stehenmenskultur möglicherweise aus- 80 Jahren passiert sei. Kein Ge- den Vereins, der inzwischen seit baufähig gewesen sei. Aber am schichtsbuch könne eine so ein- 32 Jahren existiere und während Ende sei es zur Erfolgsstory der dringliche Schilderung ersetzen. dieser Zeit bereits mehr als 100 deutschen Nachverständigungskriegsgeschichte politische Semigeworden. nare und Stuessens Ministerpräsident BoRhein bat, sich dienreisen mit ris Rhein sagte: „Sie haben stets der eigestaatlicher FörHessen und Deutschland zu dem nen Geschichte derung nach § 96 gemacht, was es heute ist. Ih- bewußt zu sein. des Bundesvertriebenengesetre Aufbauarbeit nach dem Krieg Die Zeitzeugenzes (BVFG) orgawar Grundlage, auf der sich das berichte der Vernisiert habe. Land positiv entwickeln konn- triebenen in Jürgen Porr, te.“ Er sei allen Vertriebenenver- Schulen oder geVorsitzender bänden und Landsmannschaften nerationenüberdes Demokradankbar für ihre Erinnerungs- greifenden Pround Kulturpflege. Die Landsleu- jekten seien für Ministerpräsident Boris Rhein, DFDS-Vorsitzender Dr. Jürgen Porr, tischen Forums Deutschen te hätten darüber hinaus Brücken viele Jugendli- BdV-Landesvorsitzender Siegbert Ortmann und Staatssekretär Stefan der Bild: BdV-Landesverband Hessen in Siebenbürgen in ihre Herkunftsstaaten gebaut. che prägend. Daß Sauer. (DFDS) im heuti„Sie sind die Botschafter einer Zeitzeugen noch europäischen Einigung“, sagte mit über 90 Jahren in die SchulWiesbadens Stadtverordne- gen Rumänien, sprach über MinRhein. Das Brückenbauen sei so klassen gingen, sei beeindruc- tenvorsteher Gerhard Obermayr derheiten in Europa. Er schilderwichtig. Die Vertriebenen seien kend, wertvoll, berührend und forderte in seinen Grußworten, te beispielhaft und eindrucksbereit gewesen, neue Heimaten lebendiger Geschichtsunterricht. den Demokratiegedanken zu er- voll das Schicksal der deutschen neuern, zu verteidigen und da- Minderheiten in Rumänien und mit stets wachzuhalten. Das Jugoslawien während und nach Recht auf Heimat sei ein Men- dem Zweiten Weltkrieg. Diese schenrecht und fest in den Her- Menschen aus den alten deutschen Siedlungsgebieten in Siezen der Vertriebenen verankert. Der BdV-Landesvorsitzen- benbürgen und dem Banat hätde Siegbert Ortmann hatte ein- ten im Rahmen einer vorgegegangs außer dem neuen Mini- benen Kollektivschuld jahrelang Kostenloses Probeabo sterpräsidenten Boris Rhein zahl- unsägliches Leid bei Deportatio(4 Wochen, endet automatisch) reiche Ehrengäste aus Politik, nen in die Sowjetunion erlitten. der Sudetendeutschen Zeitung, Print- und Onlineausgabe möglich „Für die Rumäniendeutschen, Wirtschaft, Kunst, Kultur, Sozialverbänden und Vertriebenen- die nie vertrieben wurden, beoder ein reguläres Abo organisationen aus ganz Hes- gann ihr Trauma erst im Januar (Bezug per Postzustellung) sen begrüßen: darunter Michael 1945 mit der Deportation in die Gahler MdEP, Hessens Justiz- sowjetischen Arbeitslager. Die Sudetendeutsche Zeitung minister Roman Poseck, Staats- gesamte arbeitsfähige deutsche mit Reichenberger Zeitung · Heimatbote · Heimatruf sekretär Stefan Sauer vom hessi- Bevölkerung, das heißt die MänDie Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft schen Innenministerium, Land- ner zwischen 18 und 45 und die wöchentlich (125,00 EUR im Jahr) tagsvizepräsident Frank Lortz, Frauen zwischen 17 bis 35 Jahren Reichenberger Zeitung Andreas Hofmeister, Vorsitzen- wurden eingesammelt, in ViehNordböhmische Umschau der des Landtagsunterausschus- waggons gepfercht und die mei24 Ausgaben (62,50 EUR im Jahr) ses für Heimatvertriebene, Aus- sten in die Kohlebergwerke in siedler, Flüchtlinge und Wie- den Donbas geschickt. Es war eiNeudeker Heimatbrief ne Kollektivschuld nur dergutmachung, die für die Heimatfreunde aus Stadt und Landkreis Neudek wegen ihres deutLandtagsabgeordneE U D TS 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) EN C schen Namens, so ten Marcus BockT mit folgendem Zahlungszeitraum: E daß sogar Antilet, Nadine Gersjährlich durch Lastschrift faschisten unberg, Yanki halbjährlich durch Lastschrift ter ihnen waPürsün, SaaS C H IC K S A L S T AF vierteljährlich durch Lastschrift ren. Die Bedindet Sönmez, G E M E IN S C H gungen dort Dimitri Schulz E U R O PA waren äußerst sowie StadtName, Vorname hart: sibirischer verordnetenStraße, Hausnummer Winter, karges vorsteher Ger28 Essen, Ungeziehard Obermayr E .M Postleitzahl, Ort EG AI fer und schwerste und die VorsitzenR 2023 IN Telefon Arbeit. Viele starben de der CDU-Stadtvor Hunger, Kälte oder verordnetenfraktion DaE-Mail bei Arbeitsunfällen. Andere wurniela Georgi. Geburtsjahr, Heimatkreis In seiner Begrüßung wies Ort- den schwer krank und wurden mann auf die Einführung des Ge- nach Hause geschickt. Das waren denktages vor neun Jahren hin, die wenigen Glücklichen. Die Datum, Unterschrift mit dem Hessen alljährlich an meisten mußten bis zu fünf Jahdas Miteinander in Europa erin- ren ausharren und kamen dann Ich/Wir ermächtige/n die Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH nern wolle. Darüber hinaus soll- 1949/1950 zurück – physisch (SVG), Hochstraße 8, 81669 München, Gläubiger-Identifikationsnummer ten im Geist der Charta der deut- und psychisch für ihr Leben geDE04SVG00000003583, Zahlungen von meinem/unserem Konto mittels schen Heimatvertriebenen Ver- zeichnet. Eine zweite DeportatiLastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein/weisen wir unser Kredittreibung und Deportation als on erfolgte Anfang der fünfziger institut an, die von der SVG auf mein/unser Konto gezogenen Lastschriften Mittel der Politik geächtet wer- Jahre im Banat.“ einzulösen. Ich kann/Wir können innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Das gemeinsame Haus Europa den. Dieser Tag sei damit ein Tag Dabei gelten die mit meinem/unserem Kreditinstitut vereinbarten Bedingunder Erinnerung und Mahnung werde derzeit von verschiedenen gen. Wenn sich meine Kontodaten ändern, teile ich dies der SVG unverzügzur Wahrung der Menschen- Krisen geschüttelt. In den meilich mit. rechte mit aktuellem Bezug zum sten europäischen Ländern würUkraine-Krieg geworden. Laut den nationalistische und antieuKontobezeichnung (Kontoinhaber) Berichten würden die russischen ropäische Bewegungen schweMachthaber um Wladimir Pu- len. „Deshalb muß sich dieses tin Millionen ukrainische Bürger gemeinsame Haus auf seine Kontonr. oder IBAN aus ihrer Heimat in unbekannte Grundwerte besinnen, die Ideale Regionen Rußlands verschlep- von Richard Coudenhove-KalBankleitzahl oder BIC pen und begingen damit weite- ergi, Robert Schuman und KonDatum, Unterschrift re schwere Kriegsverbrechen im rad Adenauer verwirklichen, eiRahmen des grausamen Krieges. ne gemeinsame Wirtschafts- und Alle Preise inklusive 7 % Mehrwertsteuer und Versand. Abbestellungen mit Ortmann sagte, der hessische Außenpolitik entwickeln, um auf einer Frist von einem Monat zum Vierteljahresschluß schriftlich an die SVG. BdV-Landesverband verstehe dem Weltmarkt bestehen zu könSie sind berechtigt, die Bestellung des Abonnements ohne Angabe von sich seit der politischen Wende nen. Dieses gemeinsame Haus Gründen innerhalb 14 Tagen nach Absendung dieses Auftrages schriftlich 1989/90 als anerkannter Brüc- muß unsere gemeinsame Heimat gegenüber der Sudetendeutschen Verlagsgesellschaft, Hochstraße 8, kenbauer bei der Verständigung sein, für die wir uns alle einset81669 München (auch per E-Mail an svg@sudeten.de) zu widerrufen. Zur mit den Völkern Ost- und Mit- zen müssen, in Ost und West, geWahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. teleuropas und veranstalte re- rade jetzt in diesen Krisenzeiten, gelmäßig Begegnungen in Form wenn wir eine gemeinsame ZuBitte gescannt oder abfotografiert mailen oder in ausreichend frankiertem Umschlag (80 Cent) einsenden an von Seminaren. Damit sollten die kunft haben wollen“, schloß Jürgemeinsame Vergangenheit auf- gen Porr seine Festansprache. Sudetendeutsche Zeitung Das Streichquartett „Junge gearbeitet und Vorstellungen Hochstraße 8, 81669 München für ein gedeihliches Zusammen- Musik Hessen“ und die BlaskaE-Mail svg@sudeten.de 45/2022 leben in der Zukunft entwickelt pelle „Weindorf Johannisberg“ werden. Organisiert werde das machten Musik. Der Zentrale Tag der Heimat des BdV-Landesverbandes Hessen und der 9. Hessische Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation im Schloß zu Wiesbaden-Biebrich standen unter dem Motto „Vertriebene und Spätaussiedler: Brückenbauer in Europa“.
Adriana Insel, Geschäftsführerin des AG-Sozialwerks, Abt em. Emmeram Kränkl OSB und Monsignore Dieter Olbrich, Vorsitzender des AG-Sozialwerks und Präses der sudetendeutschen Katholiken.
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� Goldene Ehrennadel der Ackermann-Gemeinde
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Altabt Emmeram Kränkl Mit der Goldenen Ehrennadel der Ackermann-Gemeinde (AG) wurde im Oktober Altabt Emmeram Kränkl geehrt, der seit Juli 2010 Protektor des Sozialwerks der Ackermann-Gemeinde ist.
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mmeram Kränkl kam 1942 im südböhmischen Klattau zur Welt und trat in den 1960er Jahren in die Benediktinerabtei Sankt Stephan in Augsburg ein. 1970 wurde er zum Priester geweiht, 1987 zum neunten Abt der Abtei gewählt – ein Amt, das er bis 2006 innehatte. Heute lebt er in der Benediktinerabtei Schäftlarn, unterrichtet am dazugehörigen Gymnasium Philosophie, ist Firmspender und Beichtvater und hat zudem die kommissarische Leitung der Portugiesischen Katholischen Mission in Augsburg. Verschiedene Publikatio-
nen bezeugen sein geistliches und philosophisches Schaffen. In der Laudatio heißt es: „Für Ihre Schüler, Mitbrüder und Kollegen sind Sie ein Vorbild im Glauben. Als Priester sind Sie ein einfühlsamer Wegbegleiter und ein treuer Freund. Für uns in der AG sind Sie ein Seelenhirt, der uns allen freundlich nahe ist und durch sein Beispiel ermahnt, in guten und schwierigen Zeiten den Blick nach oben auszurichten und in dieser Betrachtung die Orientierung für unsere weitere Arbeit zu finden. Ihr nachhaltiger Einsatz für unsere gemeinsamen Ziele gibt uns Anlaß, Ihnen im Namen des AG-Bundesvorstandes für alles Mitdenken und Mittun von Herzen zu danken und Ihnen als äußeres Zeichen dieses Dankes die Goldene Ehrennadel der Ackermann-Gemeinde zu überreichen.“ Claudia Kern
� Goldene Ehrennadel der Adlergebirgler
Petr Hudousek Im Rahmen des Heimatabends anläßlich der Annawoche 2022 in Rokitnitz im Adlergebirge zeichnete Landschaftsbetreuer Günther Wytopil jun. den Rokitnitzer Bürgermeister Petr Hudousek mit der Goldenen Ehrennadel des Heimatvereins der Adlergebirgler aus.
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it dieser Auszeichnung wird das Wirken des Bürgermeisters für die Aussöhnung zwischen den bisherigen und jetzigen Bewohnern gewürdigt. Zusammen mit seinem Amtsvorgänger Tony Stefek († 2013) und Günther Wytopil sen. († 2012) wurde P etr Hudousek, damals noch Stellvertretender Bürgermeister, zum Brückenbauer der Versöhnung zwischen unseren Völkern, den Tschechen und den Deutschen sowie Österreichern vor Ort in Rokitnitz. Zwischen diesen drei Persönlichkeiten entwickelte sich eine vertrauensvolle, freundschaftliche Beziehung. Diese bewirkte ein aufeinander Zugehen der ehemaligen mit den jetzigen Rokitnitzern. Gestützt auf dieses Vertrauensverhältnis wurden viele Projekte gemeinsam durchgeführt mit beträchtlicher finanzieller Unterstützung von deutscher Seite. So 1996 die Renovierung
der Annakapelle in Rokitnitz, 1998 die Restaurierung des Gefallenendenkmals, 1999 die Renovierung der Pfarrkirche sowie im Jahr 2000 die Errichtung einer pietätvollen Gedenkstelle auf dem Friedhof und die Renovierung der Liebentaler Kapelle. Auch nach dem Tod von Günther Wytopil sen. und Tony Stefek konnte das gemeinsame Wirken für Rokitnitz mit Petr Hudousek, nun Bürgermeister, mit Orts- und Landschaftsbetreuer Günther Wytopil jun. fortgesetzt werden. Durchgeführt wurden die Erneuerung der Außenfassade der Rokitnitzer AllerheiligenKirche, die Restaurierung der Orgel und 2018 die Anschaffung von drei neuen Glocken für die Rokitnitzer Heimatkirche. Das Fest der Glockenweihe am 22. Juli 2018 in der Annawoche war ein emotionales, herausragendes Ereignis. Darüber hinaus trug Petr Hudousek als Bürgermeister Sorge für den Erhalt von vielen Wegkreuzen und Statuen im Laufe seiner Amtszeit. Dies alles sind Projekte im Geiste der Völkerverständigung, der Versöhnung und tragen positiv zur Erinnerungskultur an die ehemalige deutsche Bevölkerung von Rokitnitz im Adlergebirge bei.
Petr Hudousek, Dolmetscher Ivan Michalichka, der gebürtige Rokitnitzer Hans Wanitschke und Günther Wytopil.
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KULTUR
Sudetendeutsche Zeitung Folge 45 | 11. 11. 2022
Blick in die Ausstellung: Die thematisch geordneten Fotografien werden von Textzitaten der beiden Protagonisten umrahmt. Ganz rechts steht ein Foto des Arbeitszimmers von Lustig auf einer Staffelei. Das Tschechische Zentrum München (TZM) zeigt derzeit die Ausstellung „Dialog zweier Menschen aus einer Welt“. Anhand von Gedanken, literarischen Texten und Fotografien stehen sich darin der böhmisch-jüdische Autor und Holocaust-Überlebende Arnošt Lustig und der belarusische Gegenwartsdichter und Dissident Dmitri Strozew gegenüber. Partner des Veranstalters TZM sind Ahoj Nachbarn, Arnošt-LustigStiftung, Junge Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) und die Belarusische Gemeinschaft Razam.
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o viele Menschen bilden sich ihre Meinung über die Welt, indem sie durch ein Schlüsselloch schauen“ bemerkte einst der Schriftsteller, Drehbuchautor, Journalist und Holocaust-Überlebende Arnošt Lustig. Anhand von Gedanken, Aphorismen und Fotografien trifft dieser große Vertreter und Verfechter des Humanismus nun in einer neuen Ausstellung auf den belarusischen Gegenwartsdichter und Dissidenten Dmitri Strozew. „Ich habe das Gefühl, daß sie sich kannten. Arnošt Lustig und
� Neue Ausstellung im Tschechischen Zentrum
Freude, Freiheit und Exil Dmitri Strozew“, so Eva Lustigová. Die Tochter Arnošt Lustigs war bei der Vernissage im TZM dabei. „Der tschechische Schriftsteller und der belarusische Dichter. Sie stehen sich nahe, obwohl sie noch nie voneinander gehört hatten und wahrscheinlich nicht einmal wußten, daß es den anderen gab“, erläuterte die Mitbegründerin der Arnošt-LustigStiftung.
ben“ und „Über den Sinn“ weiter über „Das Ziel der Kunst“ und „Freiheit“ bis hin zu „Exil“, „Zuhause“ und „Zivilisation“. Viele Aussagen ähneln sich, ohne daß die beiden Protagonisten sich je begegnet wären. Und ihre Lebensgeschichten weisen teilweise Parallelen auf, die sicher auch mit ihrer Herkunft zu tun haben.
Ausstellung in München
Arnošt Lustig wurde als Sohn eines jüdischen Einzelhändlers 1926 in der Hauptstadt Prag geboren. 1942 wurde er nach Theresienstadt deportiert und war später in Buchenwald und Auschwitz eingesperrt. Während des Todesmarschs nach Dachau 1945 gelang ihm die Flucht. Bis zum Kriegsende hielt Lustig sich in Prag versteckt. Er verlor im Holocaust einen Großteil seiner Familie einschließlich seines Vaters.
Bei der neuen Ausstellung im Tschechischen Zentrum München treten diese beiden literarischen Humanisten in einen indirekten Dialog darüber, was sie miteinander verbindet. Dazu zeigt die Ausstellung thematisch geordnete Fotografien aus dem Leben der beiden Protagonisten, die von Textzitaten umrahmt werden. Das jeweilige Thema
Arnošt Lustig
Dmitri Strozew bei den Protesten2020 in Belarus. Die Gesichter sind zum Schutz der Identität der anderen Teilnehmer verpixelt. steht auf einem Zettel in dunkellila, die Zitate auf Blättern in hellblauer Farbe. Die teils lakonisch poetischen, teils philosophisch -nachdenklichen Überlegungen und Ausführungen der beiden Schriftsteller und Freiheits-
kämpfer sind zutiefst berührend und hallen lange nach. Die Themen der hervorragend übersetzten Zitate, Sprüche und Gedichte reichen von „Freude, „Hoffnung“ und „Gerichtigkeit“ sowie „Kindheit“, „Das Schrei-
Die Portraits des Poeten Dmitri Strozew und des Autors und Humanisten Arnošt Lustig, umrahmt von eigenen Zitaten und Gedichten. Rechts: Arnošt Lustig ließ sich schon etwa 1948 mit herausgestreckter Zunge fotografieren, lange vor dem weltberühmten, ähnlichen Bild von Albert Einstein aus dem Jahr 1955. Bilder: Susanne Habel
� Vernissage in München
Dmitri Strozew Dmitri Strozew, der 1963 in der belarusischen Hauptstadt Minsk zur Welt kam, ist ein belarusischer Dichter und Dissident. Der studierte Architekt begann in den 1980er Jahren Gedichte zu schreiben, in denen er sich mit sozialen und politischen Themen auseinandersetzt. In seinen Lyrikbänden reflektiert er Prozesse des gesellschaftlichen Wandels sowie verschiedene Formen der psychischen, ideologischen und physischen Gewalt durch den Staat in Belarus und Rußland. Im Herbst 2020 wurde Strozew wegen seiner Teilnahme an Protesten gegen das Lukaschenko Regime festgenommen und zu 13 Tagen Haft verurteilt. Er lebt seit längerem im Exil. Seine Gedichte sind in verschiedenen Sprachen erschienen, darunter auch auf englisch, französisch und italienisch. 2020 kam eine Auswahl von Strozews Gedichten in der deutschen Übersetzung von Andreas Weihe unter dem Titel „staub tanzend“ im Hochroth-Verlag heraus. Susanne Habel Bis Mittwoch, 11. Januar: „Dialog zweier Menschen aus einer Welt“ in München-Lehel, Tschechisches Zentrum, Prinzregentenstraße 7. Montag bis Mittwoch 13.00–17.00, Donnerstag 13.00– 19.00, Freitag 12.00–15.00 Uhr.
� Video mit Eva Lustigová auf Youtube
Anregende Begegnungen Die Vernissage zur Ausstellung „Dialog zweier Menschen aus einer Welt“ am 27. Oktober im Tschechischen Zentrum in München (TZM) war eine inspirierender Veranstaltung.
Nach dem Krieg studierte er Journalismus und arbeitete für mehrere Zeitungen und im Rundfunk. Als Autor von Erzählungen, Romanen und Drehbüchern wurde er stark vom Holocaust und der Judenfrage beeinflußt und erhielt viele Auszeichnungen. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings emigrierte er 1968 nach Jugoslawien, Israel und die USA. 2003 kehrte er nach Prag zurück, wo er 2011 starb.
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va Lustigová, Dmitri Strozew und Vertreter der Ausstellungspartner – Ahoj Nachbarn!, Razam und Junge Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde – erlebten anregende Gespräche
und Einblicke in die Hintergründe der Ausstellung. Tags darauf bot Dmitri Strozew noch den Lyrikabend „was bleibt dem dichter als der welt lautlos namen zuzuflüstern“ im TZM.
„Der große weiße Weg“ In der Reihe „Mein Weg zu unseren Deutschen“, veranstaltet vom Kulturreferat des AdalbertStifer-Vereins (ASV), äußerte sich neben vielen anderen Gesprächspartnern auch Eva Lustigová, die Tochter Arnošt Lustigs. Wie von den meisten anderen Vorträgen gibt es auch von ihrer Ansprache „Der große weiße Weg“ und dem Gespräch mit ASV-Kulturreferent Wolfgang Schwarz ein Video auf der Youtube-Seite des ASV.
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ASV-Kulturreferent Dr. Wolfgang Schwarz, Eva Lustigová und Dmitri Strozew.
Bilder: TZM
va Lustigová ist Mitbegründerin und Geschäftsführerin des Arnošt-Lustig-Stiftungs fonds, der nach ihrem Vater, dem 2011 verstorbenen tschechischjüdischen Schriftsteller und Journalisten, benannt wurde. Sie widmet sich vor allem der Vermittlung des Vermächtnisses von Arnošt Lustig, wie in dem Dokumentarfilm „Přítomnost Arnošta Lustiga“ (Die Präsenz von Arnošt Lustig, 2012) oder mit der Her-
ausgabe von Büchern, die Texte oder Interviews ihres Vaters enthalten. Mit ihrer Stiftung setzt Lustigová die Aufklärungsarbeit ihres Vaters über die Schrecken des Holocausts und den hohen Stellenwert der Demokratie fort. Im Youtube-Video erzählt Lustigová unter dem Motto „Der große weiße Weg“ von ihrer persönlichen Beziehung zu den (Sudeten-)Deutschen. Sie reflektiert dabei über Erinnerungen an Aussagen ihres Vaters über seine Leiden und seine stete Bereitschaft, sich sachlich auch mit der „anderen“ Seite, also seinen einstigen
deutschen Peinigern, zu beschäftigen. Sie selbst leide am Trauma der zweiten Generation, sagt Lustigová und bringt Beispiele für die Konflikte mit der Vergangenheit. Die Konfrontation mit Deutschen und dem Erbe der Shoa scheint Arnošt Lustig fast besser bewältigt zu haben als seine beiden Kinder Eva und Josef. Danach unterhält sich die frühere WHOMitarbeiterin und heutige Filmproduzentin mit ASV-Kulturreferent Wolfgang Schwarz, der ihr interessante Aussagen entlockt. Susanne Habel
Eva Lustigová und Dr. Wolfgang Schwarz. Video auf dem Youtube-Kanal des ASV: www.youtube.com/channel/UCVvDzyN2jS_KmukY_XMSQ5g
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KULTUR
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Der Adalbert-Stifter-Verein (ASV) hat das Buch „Hana oder das böhmische Geschenk“ im Sudetendeutschen Haus in München vorgestellt. Verfasserin Tina Stroheker berichtete über die Entstehung des Buches und las einige Kapitel daraus. Anna Knechtel, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des ASV, stellte die Autorin vor und moderierte bei der anschließenden Publikumsdiskussion.
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ana Jüptnerová lebte in Hohenelbe im Riesengebirge. Sie war Lehrerin, Dolmetscherin, Dissidentin und Brückenbauerin zwischen Deutschen und Tschechen und bekennende Christin. Die 1948 in Ulm geborene Tina Stroheker studierte Germanistik, Geschichte und Politikwissenschaft in München, war Lehrerin und arbeitet seit 1983 als freie Schriftstellerin. Sie war Gastschreiberin im polnischen Łódź . Damals habe sie auch begonnen, sich stärker für den Osten zu interessieren, so Stroheker bei der ASV-Veranstaltung im AdalbertStifter-Saal. „Ich habe sogar Polnisch gelernt und drei Bücher über Polen und Oberschlesien veröffentlicht.“ Da sie in ihrem Kindheitsort Eislingen an der Fils viele Vertriebene kennengelernt hatte, begann sie, sich mit dem dort gelandeten böhmischen Schriftsteller Josef Mühlberger (1903–1985) zu beschäftigen. Mühlberger zählte zu jenen Schriftstellern, deren Hauptanliegen die Vermittlung zwischen Deutschen und Tschechen war.
Erste Begegnung in Trautenau Stroheker veröffentlichte über ihn 1999 „Mein Kapitel Mühlberger. Erinnerungen an einen Autor“ und 2003 „Vermessung einer Distanz“. Dafür erhielt sie 2003 den „Josef-MühlbergerPreis“. Bei einer großen Konferenz über Mühlberger 2015 in Trautenau traf Stroheker auch erstmals auf Hana Jüptnerová: „Abends trafen viele Teilnehmer sich
Bundesgeschäftsführerin Marie Smolková vom Mitveranstalter Ackermann-Gemeinde, Autorin Tina Stroheker und Anna Knechtel, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des ASV. Bild: Susanne Habel
� Lesung im Sudetendeutschen Haus
Album eines Lebens in einer Kneipe – und da kam Hana“, schildert Stroheker die erste Begegnung mit der Dolmetscherin der Tagung. Eine Freundschaft zwischen den beiden Literaturbegeisterten begann, die freilich ein vorzeitiges Ende fand, als Hana im Oktober 2019 an Krebs starb. „In ihrem letzten Jahr war ich sehr oft bei ihr“, sagt Stroheker schlicht, die
auch dem Begräbnis beiwohnte. Nach Hanas Tod wurde Tina Stroheker von der Familie gebeten, aus einer Anzahl in einem Pappkarton aufbewahrter Fotos eine Auswahl zusammenzustellen, um dadurch das Leben der Verstorbenen nochmal bewußt werden zu lassen. „Man holte dafür einige Kisten mit Fotos vom Speicher, und ich begann gleich
Die Fischerbaude bei Oberhackelsdorf/Hořejší Herlíkovice ist ein beliebtes Ausflugsziel der Freundinnen Hana Jüptnerová und Tina Stroheker. Ab 2012 wird sie dank der Initiative Freunde von Herlíkovice renoviert. Bild: Hana Jüptnerova Am Dienstag, 15. November um 16.15 Uhr ist Christa Olbrich zu Gast im Bayerischen Fernsehen. In der Sendung „Wir in Bayern“ berichtet die Landsmännin aus Nordmähren über ihren Lebensweg. Ihre Autobiographie „Von der Kuhmagd zur Professorin“ stellte sie schon bei einer Veranstaltung der Sudetendeutschen Heimatpflege vor (Ý SdZ 6/2020).
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hrista Olbrich ging immer konsequent ihren Weg, auf dem sie recht viele Hürden zu überwinden hatte. Offenherzig und mit viel Humor berichtet sie über ihr Leben in ihrer Biographie, die Mut macht und zeigt, daß sie – wie viele andere Kinder von Vertriebenen und Flüchtlingen – ihre Träume verwirklichen konnte. Zur Welt gekommen war sie 1945 in Mährisch Schönberg. 1946 wurde die Familie vertrieben und landete in Haundorf nördlich von Nürnberg. Einquartiert wurde sie in einem engen Dachbodenzimmer oberhalb der Gaststube des einzigen Wirtshauses. Drei Jahre später wurde ihr Bruder geboren. Die Gemeinde des Dorfes stellte ihnen später das Gemein-
dehaus zur Verfügung, das � Christa Olbrich im Bayerischen ihr Vater etwas renovierte. Als einmal die Nachbarin, eine kluge Bäuerin, ihre Mutter gefragt habe: „Wos soll denn des Madla amol wern?“, habe die Mutter geantwortet: „Die soll einmal eine Kuhmagd werden.“ Der Kuhstall und der gro- te sie sich gegen viele Schwierigße Bauernhof seien bis zu ihrem keiten durchsetzen, da sie immer 14. Lebensjahr ihre Welt gewe- wieder versuchte, dem Pflegesen, erinnert sich Olbrich. beruf eine bessere und teilweiAls Volksschulabsolventin se akademische Basis zu vermachte sie zunächst eine Ausbil- schaffen. Wie in allen ihren Ledung zu Krankenhaushelferin, Krankenschwester und Unterrichtsschwester. Sie machte über das Telekolleg die Mittlere Reife nach, absolvierte das Begabtenabitur und wollte studieren. Nach einiger Wartezeit wegen des Numerus Clausus wurde sie zum Medizinstudium zugelassen und sattelte nach zwei Semestern auf Diplompädagogik um. Den Studiengang Pflegemanagement und Pflegepädagogik schloß sie mit der Promotion ab. Höhepunkt ihrer beruflichen Laufbahn war schließlich eine Professur in Rheinland-Pfalz. Dennoch muß- Professor Christa Olbrich.
in der Nacht nach der Beerdigung, Bilder durchzusehen und zu sortieren.“ Für das daraus später entstehende Buch suchte Stroheker 67 Fotos aus den 67 Jahren von Hanas Leben aus, zu denen sie jeweils eine Episode erzählt. Aus diesen Kapiteln wählte die Autorin eine ganze Reihe aus, die sie vorliest, und zwar sehr lebendig und einfühlsam. Sie geht dabei – wie auch in ihrem Buch – chronologisch vor, beginnt also mit Fotos aus Hanas Kindheit und Jugend. Im Kapitel „Mädelchen“ geht es um die Prognosen für die unsichere Zukunft der kleinen Hana, die auf dem dazugehörigen Foto in Hackelsdorf/Herlíkovice im Kreis Hohenelbe im Riesengebirge noch freudig in die Zukunft blickt. Wenn Hana 27 ist, wird ihre ganze Familie einem Hausbrand zum Opfer fallen, was das „Mädelchen“ nicht ahnt. Die folgenden Kapitel und Bilder, die Stroheker beim Vortrag auch auf die Leinwand projiziert, zeigen Hana beim Studium in Brünn und Greifswald und bald danach mit ihren beiden Söhnchen wieder in Böhmen. Das entsprechende Kapitel heißt „Gebunden“ und ist genauso assoziativ und so wenig strikt biographisch wie alle anderen auch. Stroheker reflektiert nur die Fotos mit ihrem – geringen – Wissen, spekuliert, kreist um die Ansichten und kehrt immer wieder zu den Bildern zurück. In diesem „Album“ – so der Untertitel des Buches – voll Erinnerungsfotos geht es weiter mit dem politischen En-
Fernsehen
Keine Kuhmagd bensphasen hatte sich auch hier oft mit Herausforderungen und Schwierigkeiten zu kämpfen, und errang am Ende doch berufliche Erfolg: Als Professorin und Dekanin an einer Hochschule war Olbrich maßgeblich an der modernen Konzeption von Bachelor- und Masterstudiengängen für Pflegeberufe beteiligt, die bald alle deutschen Bundesländer übernahmen. An mehreren Universitäten hatte die „Pionierin der Pflege“ Lehraufträge inne und war Supervisorin und Dozentin. Ihr Buch „Pflegekompetenz“ wie auch ihr Sammelband „Modelle der Pflegedidaktik“ erschienen inzwischen in mehreren, erweiterten Auflagen. Das Geheimnis ihres Erfolges sei immer das Annehmen des Schicksals gewesen, sowie die Fä-
gagement Hanas, das mit ihrer Rede bei der Beerdigung des Regimekritikers Pavel Wonka, der 1988 im Gefängnis starb, seinen Anfang nimmt. „Laut sprechen“ steht doppeldeutig über dem Kapitel. Laut gesprochen habe Hana selbst immer, so Stroheker. Für die Gymnasiallehrerin Hana war die Folge ein Berufsverbot in der kommunistischen ČSSR, und ab 1988 bis zur Wende muß sie in einer Süßwarenfabrik arbeiten. Der politische Kampf nahm 1989 sein Ende. Im Kapitel „Festtag“ freut sich Hana über den Besuch des neuen Staatspräsidenten Václav Havel 1990 in Trautenau, bei dem sie zum Empfangskomittee im Rathaus gehört. „Havel hatte ein Ferienhaus genau zwischen Hohenelbe und Trautenau, und er kam oft dorthin“, so Stroheker. Das Foto von Hana und Havel ist auch das Titelbild. Hanas Themen nach der Samtenen Revolution seien beispielsweise die Sehnsucht nach mehr Familie mit der Adoption von drei Roma-Mädchen gewesen, was bezeichnenderweise im Kapitel „Abenteuer“ behandelt wird. Stärker sei es nun auch um die Versöhnung zwischen Vertriebenen und Tschechen gegangen sowie um die Suche nach der deutschen Vergangenheit der Region. So wird Hohenelbe im Kapitel „Städtchen“ mit einem Foto von Hana mit Fahrrad näher beschrieben. Besonders im Kapitel „Kde domov můj?“ geht es um Hanas Auseinandersetzung mit der böhmischen Heimat. Auch Hanas neu entdeckter, christlicher Glaube spielt eine große Rolle, nachdem sie sich 1992 in Hackelsdorf taufen ließ. So spricht Hana auch halb scherzhaft einen „Segen“ über ein gemeinsames Frühstück aus und macht nach ihrer letzten großen Operation ihren Frieden mit Gott. Nach ihrer Lesung gibt Tina Stroheker bereitwillig Auskunft zu ihrem „Album“. Anna Knechtel resümiert: „Mit ihrem Buch hat Tina Stroheker ein Denkmal für Hana Jüptnerová errichtet.“ Susanne Habel
Tina Stroheker „Hana oder Das böhmische Geschenk“. Kröner-Verlag, Stuttgart 2021; 160 Seiten, 24 Euro. (ISBN 978-3-52075901-6)
higkeit, Zurückweisungen als Chance der Entwicklung zu sehen und einfach weiterzumachen, denn „in seiner Seele kann man nicht verletzt werden, so wird alles leicht“, betonte Olbrich. In ihrer Autobiographie schildert Olbrich auch ihr Privatleben, zum Beispiel, daß sie ein ziemlich traumatisiertes Patenkind bis zu dessen Erwachsenwerden betreut habe. Auch im sozialen Dienst war sie jahrelang aktiv, etwa bei telefonischer Beratung von Verzweifelten oder der Betreuung von Flüchtlingen, von denen sie mit einem sogar eine Scheinehe einging, um seine Abschiebung zu verhindern. Christa Olbrich fuhr auch in die mährische Heimat ihrer Eltern und flog als wissenschaftliche Dozentin zu Pflege-Vorlesungen nach Peking. Privat ist die Autorin, die auch den Sammelband „Modelle der Pflegedidaktik“ herausgab, als Imkerin und Kreisvorsitzende aktiv und engagiert sich für den Umweltschutz auch im heimischen Oberpfälzer Idyll in Berg-Unterölsbach im Kreis Neumarkt, wo sie mit Tieren und Bienenstöcken lebt. Seit vielen Jahren lebt sie selbstbestimmt
und orientiert sich an Wegen der Achtsamkeit mit Yoga und Zen. Aktiv ist sie auch in den sozialen Medien und erzählt beispielsweise in Video-Clips auf Instagram aus ihrem Leben. Man darf gespannt sein, auf welche Themen dieses Lebens Sandra Bouscarrut, die Moderatorin von „Wir in Bayern“, am 15. November eingehen wird. Susanne Habel
Christa Olbrich: „Von der Kuhmagd zur Professorin“. Novum-Verlag, München/Berlin 2019; 288 Seiten, 22,90 Euro. ISBN (978-3-958-409750)
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VERBANDSNACHRICHTEN
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� Ackermann-Gemeinde
Lebendiges weiterführen Der neue Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde (AG), Albert-Peter Rethmann, stellte sich beim November-Themenzoom den Fragen der Verbandsmitglieder.
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m Abend des Allerheiligentages stand der neue AGBundesvorsitzende Albert-Peter Rethmann beim monatlichen Themenzoom der AckermannGemeinde Rede und Antwort über die künftigen Schwerpunkte der Verbandsarbeit. Daß daran ein reges Interesse bestand, zeigten rund 100 Deutsche und Tschechen an 62 zugeschalteten Bildschirmen. Die schnelle Vernetzung mittels des inzwischen etablierten Themen- oder Kulturzooms betonte Moderator Rainer Karlitschek in seiner Begrüßung, in der er Rethmann auch kurz vorstellte. Er sei eine Persönlichkeit mit langer Erfahrung im deutsch-tschechischen Feld. Er sei Theologieprofessor an der Prager Karls-Universität gewesen und sei jetzt Mitglied der Geschäftsführung der BBT-Gruppe (Barmherzige Brüder Trier gGmbH). Als Schwerpunkte habe er die Friedensarbeit und die Stärkung der Demokratie in Europa in Zeiten des Krieges angekündigt. Karlitschek verwies auf zwei weitere Aspekte. Erstmals gehöre kein Mitglied des Bundesvorstand der Erlebnisgeneration an. Und zum ersten Mal habe ein Bundesvorsitzender zuvor bereits ein anderes Leitungsamt, nämlich des Geistlichen Beirats, ausgeübt. Zunächst dankte Rethmann dem bisherigen Bundesvorstand mit dem langjährigen Bundesvorsitzenden Martin Kastler an der Spitze. Für ihn, so Rethmann, sei künftig das „Wir“ der zentrale Aspekt, das Gespräch miteinander. Natürlich gelte es, an die Tradition der AG anzuknüpfen, die ihre Identität durch die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und das Engagement von Menschen im Zeichen der Versöhnung erhalten habe – vor allem beim Verhältnis zwischen Deutschen und Tschechen oder Slo-
waken. „Diese Tradition ist von weiterzuführen, was lebendig ist, Menschen geprägt, vom tiefen aber auch Neues zu denken – christlichen Geist der Versöh- und nicht viele Ichs, sondern ein nung über die Grenzen hinweg.“ Wir“, schloß Rethmann. Rethmann machte auch klar, daß Bevor er auf die Fragen und natürlich immer noch Mitglieder Anregungen der Zuhörer einaus der Erlebnisgeneration aktiv ging, erklärte er, daß es drei seien und das Miteinander und Möglichkeiten der Fortsetzung die Versöhnung mitgestalteten. der Arbeit gebe: ein „Weiter „Wir stehen im Heute und so“, Veränderungen an der eiwollen die Zukunft gestalten.“ nen oder anderen Stelle oder eiMit diesem Satz leitete er auf die nen Transformationsprozeß. VorAspekte und Gedanken über, standsmitglied Manfred Heerdedie seiner Meinung nach die Ar- gen meinte, daß vor allem Leute beit der AG künftig ausmachen mit Interesse an der Tschechisollten: die christlichen Werte schen Republik für den Verband als Verwurzelung, nach denen interessant sein könnten, da auch das Leben und das Miteinander durch den Rückgang der Erlebgestaltet werden sollten. Diese nisgeneration die Erinnerung Werte dienten zudem als Orien- an die schlimme Zeit schwinde. tierung für Angebote im kultu- Hinsichtlich oft extremer Halrellen Bereich bezietungen und Positiohungsweise für ein nen sprach sich RethHineinwirken in Kirmann für bestimmche, Politik und Gete Tabus aus. „Ich sellschaft. Bereits möchte die Geselletablierte Veranstalschaft und die Kirtungen und Formate che nicht Menschen wie Plasto Fantasto, überlassen, die diese das Symposium in kaputt machen“, beBrünn oder der Rohtonte er. Bei einigen rer Sommer und das auch bekannten FraRohrer Forum seigen und Themen seien bewährte und eren neue Wege nötig. folgreiche Beispie- Dr. Albert-Peter RethNach der Zukunft le. „Ich bin sehr stolz mann. der RegionalverbänBild: Markus Bauer de fragte Jean Ritzauf die Ackermann- Gemeinde“, lobte er ke-Rutherford vom die Angebotsvielfalt. Und ange- Diözesanverband Regensburg, sichts des schon viele Monate bei dem zwar die Vorstandschaft laufenden Krieges in der Ukrai- mit jungen Leuten besetzt ist, ein ne mahnte er, „nicht in Stereo- guter Teil der Mitglieder aber type von gut und böse zu ver- der älteren Generation angehört. fallen“. Gerade die Erlebnisge- „Wenn die Strukturen zur Last neration habe in Bezug auf das werden und nicht mehr das EnVerhältnis zu Tschechen und Slo- gagement fördern, muß man sie waken das gemeinsame Wir im gegebenenfalls ändern“, sagte Blick gehabt. Rethmann über diesen ThemenWichtig sei ihm auch, daß die komplex. „Wir wollen uns für anAG Menschen, die sonst in der dere Menschen öffnen. Wenn die Kirche keinen Raum mehr fän- AG zum Stammtisch oder zu eiden, einen Raum kirchlichen Le- nem gewöhnlichen Verein wird, bens biete. In diesem Zusam- dann wird es schwierig. Wichtig menhang sei er dankbar, daß die ist und bleibt, das Engagement Junge Aktion bis heute junge zu fördern und zu ermöglichen“, Menschen anspreche und gewin- stellte er klar. Birgit Nauheimer ne – auch mit der Aufgabe, Eu- vom Diözesanverband Freiburg ropa mitzugestalten. Aber nicht verwies auf Kooperationen mit nur in der jungen Generation, anderen Gruppen, Vereinen und auch darüber hinaus seien Leute Verbänden, wodurch Interessenzu gewinnen, die sich aktiv ein- ten und Neumitglieder gewonbrächten. Es gelte also, „vieles nen werden könnten.
Mit Otfrid Pustejovsky – AGMitglied seit 1951 – meldete sich schließlich auch ein Urgestein und Angehöriger der Erlebnisgeneration zu Wort. Er habe alle Entwicklungen seither mitbekommen, auch die Vielfalt an Positionen und Meinungen, die sich unter anderem in der Schriftenreihe „Der Neue Ackermann“ ausgedrückt habe. Pustejovsky plädierte dafür, wieder mehr in die Gesellschaft hineinzuwirken und direkte Kontakte zu den führenden Medien zu pflegen, um über den engen Kreis hinaus zu wirken. Er verwies auf das erste Symposium nach der Wende in Iglau, an dem die tschechoslowakische Staatsregierung als Mitorganisator beteiligt gewesen sei. Rethmann unterstrich dies: „Wir müssen auch weiterhin unbequem sein – im Sinne einer Meinungsvielfalt um Themen ringen und nicht zu angepaßt sein.“ Auf die unmittelbare Arbeit der Ackermann-Gemeinde bezogen bedeute dies, in die Kirche und Gesellschaft aus dem Geist der Verbundenheit mit den Tschechen und Slowaken hineinzuwirken. Nach den Ansichten des Bundesvorsitzenden über die kirchliche Ausrichtung oder das Hineinwirken in die Kirche fragte Oliver Engelhardt. „Ich erlebe, daß wir mit einer großen Selbstverständlichkeit gesellschaftliches Engagement mit Gebet, Gesang und Gottesdienst verbinden. Das sind Momente der Begegnung, wo das Geistliche etwas ist, das mich berührt. Das Fromme, Geistliche und das Gesellschaftspolitische gehören zusammen“, erläuterte Rethmann diesen Aspekt. Da seiner Ansicht nach viele Menschen nicht mehr in einer evangelischen oder katholischen Kirchengemeinde eine Heimat fänden, könne die Ackermann-Gemeinde mit ihrem spezifischen Ansatz und ihren Veranstaltungen zur Beheimatung dieser Leute beitragen – im Sinne von miteinander christliches Leben gestalten. Dabei könne durchaus ein eigener, neuer Weg entwickelt werden. Markus Bauer
� SL-Kreisgruppe und BdV-Kreisverband Groß-Gerau/Hessen
Wesentlicher Teil der Geschichte nister Peter Beuth. In ihrer Festansprache erinnerte die Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler an den ersten Vertriebenentransport nach Hessen am 4. Februar 1946. Je 30 Personen seien in den 40 Viehwaggons untergebracht gewesen. Die Vertreibung, die Millionen Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg erlitten hätten, stehe in der Reihe der dramatischen, menschenverachtenden Ereignisse der heutigen Tage, „dem brutalen und völkerrechtswidrigen Vernichtungskrieg Rußlands gegen die Ukraine“. Für Hessen nannte Ziegler-Raschdorf rund 400 000 aus ihrer Heimat im Sudetenland Vertriebene, die damit in Hessen die größte Gruppe unter den Heimatvertriebenen sei. „Bis 1954 nahm Hessen
mehr als 1,2 Millionen Vertriebene aus den früheren deutschen Ostgebieten auf.“ Diese Menschen seien mit kläglichem Hab und Gut gekommen. Doch sie ir erlebten gerade eine Zeit hätten ihr Schicksal auf sich gemit Pandemie, Klimakanommen und von Anfang an antastrophe, Kriegen und davon gepackt, das Land mit aufgebaut. ausgelösten Vertreibungen und „Das ist ein wesentlicher Teil unFluchtbewegungen von Millioserer hessischen Geschichte.“ nen von Menschen. Aber ganz Margarete Ziegler-Raschdorf hautnah erlebten wir den Anbeklagte, daß Flucht, Vertreigriffskrieg eines Despoten in der bung und Deportation zunehUkraine. So schilderte Helmut mend unter Migration zusamBrandl, SL-Kreisobmann und mengefaßt würden. „Das lehne BdV-Ko-Kreisvorsitzender, die ich entschieden ab!“ Flucht und globalen Rahmenbedingungen Vertreibung seien keine Form für die Jubiläen von SL und BdV. der Migration. Vielmehr habe Besonders der russische ÜberMigration immer ein Moment fall auf die Ukraine erinnere Heider Eigeninitiative und der Freimatvertriebene und Spätaussiedwilligkeit im Gegensatz zu Flucht ler an ihr eigenes Schicksal mit und Vertreibung, Schrecken und Tod bei Flucht Erster Kreisbeigeordneter und Vertreibung, so Brandl. „Die Adil Oyan vertrat Landrat Thoeigenen Erlebnisse simas Will als Schirmherr. chern den ukrainischen 21,7 Prozent habe der AnFlüchtlingen besonders teil der Vertriebenen 1960 von den Verbänden der unter der Bevölkerung deutschen Heimatvertrieausgemacht, sagte er in benen und Spätaussiedler seinem Grußwort, zu deHilfe und ein reiches Maß nen auch sein Schwiegeran Empathie.“ vater mit seinen Eltern geBeim Festakt im Gehört habe. Was Fjodor Doorg-Büchner-Saal des stojewski 1867 formuliert Landratsamtes Groß-Gehabe, gelte noch immer: rau überbrachte Margare„Ohne Heimat sein, heißt te Ziegler-Raschdorf Grüleiden.“ Das Motto der ße von Ministerpräsident Kreisbeigeordneter Adil Oyan vertritt Landrat Tho- Festveranstaltung, „GeBild: Harald von Haza-Radlitz flüchtet, vertrieben, aufBoris Rhein und Innenmi- mas Will.
Ende Oktober feierten die hessische SL-Kreisgruppe GroßGerau 70. und der dortige BdVKreisverband 75. Geburtstag.
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genommen“, sei inzwischen gelebte Realität. „Die Heimatvertriebenen, ihre Kinder und Enkel, sind integriert, mehr noch: In den vielen Jahrzehnten sind sie unverzichtbar für unser Gemeinwesen im Kreis Groß-Gerau geworden.“ Die zahlreichen Ehrengäste aus den Kommunen des Kreises, Landtagsabgeordnete von CDU und Grünen sowie Vertreter verschiedener Landsmannschaften hörten Texte aus der Geschichte des BdV. Hans-Josef Becker und Birgit Weinmann lasen aus der Chronik „Von der Interessengemeinschaft der Heimatvertriebenen zum Bund der Vertriebenen“. Zudem ließen sie später mit Friedrich Nietzsche oder Dietmar Scholz Autoren zur Vertreibung zu Wort kommen. Der äthiopische Kriegsflüchtling Adamu Mamo Kebede trug sein Gedicht „Was ist Heimat?“ vor. Eine Sentenz lautet: „Meine Heimat fragt mich: Wer bist du? Wo kommst du her? Wie heißt du? Wer warst du? Und wer bist du jetzt? Ich war ich, aber ich bin nicht mehr ich.“ Die musikalische Gestaltung oblag der Kulturpreisträgerin Carolin Grün (Violine) und Xiaomeng Wang (Klavier). Dieses „Duo Danza“ lieferte nicht nur mit dem furios gespielten „Czardas“ von Vittorio Monti einen Glanzpunkt.
Sieben der Geehrten mit Obfrau Dr. Sigrid Ullwer-Paul. Bild: Werner Artmann
� SL-Ortsgruppe Burglengenfeld/Oberpfalz
Elf Geehrte und ein Rückblick Trotz Corona zog die ober pfälzische SL-Kreisgruppe Burglengenfeld-Städtedreieck in ihrer Jahreshauptversammlung in den Heuserstuben eine positive Bilanz.
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unächst blickte Kreisobfrau Sigrid Ullwer-Paul auf das vergangene Vereinsjahr zurück. Das erste Treffen nach dem Corona-Lockdown habe im Juli 2021 stattgefunden. Im September 2021 habe man 70 Jahre Kreisgruppe mit Gottesdienst für die verstorbenen Mitglieder und mit Festakt im historischen Rat haussaal Burglengenfeld gefeiert. Dort habe sie, so Ullwer-Paul, zahlreiche Prominente begrüßen können. Im November habe die Jahreshauptversammlung 2020/2021 im Pfarrheim Sankt Vitus unter strengen CoronaRegeln stattgefunden. An jenem Tag habe man mit der Vereinsfahne am Volkstrauertag teilgenommen. Das erste heurige Treffen Ende April habe das Thema „Frühling,“ musikalisch gestaltet von der jungen Familie Paul, gehabt. Im Mai habe Vizeobmann Bernhard Krebs die Vereins-Homepage vorgestellt und im Juni der Sudetendeutsche Tag in Hof stattgefunden. Ende Juli habe Pfarrer Georg Hartl der Kreisgruppe sein Friedhofs-Projekt vorgestellt. Mit seiner Truppe aus Waidhaus, jungen Tschechen und dem tschechischen Verein säubere er grenznahe tschechische Friedhöfe. Im
September habe Klaus Mohr einen Videovortrag über das neue Sudetendeutsche Museum gehalten. Der Jahresausflug im Oktober habe nach Kappl, Waldsassen, Konnersreuth und Falkenberg geführt. Kommende Termine seien am 4. Dezember ein adventlicher Nachmittag in den Heuserstuben und am 25. Januar ein Besuch der Krippenausstellung von Bischof Rudolf Voderholzer in Regensburg. Die Landesfrauentagung finde am 11. Februar in Regensburg mit Heimatpflegerin Christina Meinusch und VizeBezirksfrauenreferentin Helga Olbrich über Fasching und Mundart statt. Anschließend gedachten die rund 30 Teilnehmer der fünf 2021 und der sieben 2022 verstorbenen Mitglieder. Kreisobfrau Sigrid Ullwer-Paul ehrte dann elf treue SL-Mitglieder: Erich Heller für zehn, Heinz Meinelt für 15, Cornelia Feldmeier und Richard Nausch für 20, Bernhard Paul, Josef Paul und Wernfried Schreib für 25, Erika Widder für 35, Peter Traub für 50 sowie Marianne Fend und Horst Kwapil für 65 Jahre. Am Ende zeigte Josef Paul einen Film über den Herbstausflug in die nördliche Oberpfalz, und Kreisobfrau UllwerPaul dankte für die zahlreiche Teilnahme und die musikalische Umrahmung. Schließlich wurden die Mitglieder mit Kaffee und Kuchen bewirtet.
Pater Goli Madhusudhan Rao und Josef Plahl.
� BdV-Kreisverband Weilburg/Hessen
Gedenken mit Pfarrei Anfang November gedachte der hessische BdV-Ortsverband der Toten.
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it dem Lied „Wohin soll ich mich wenden, wenn Gram und Schmerz mich drücken“ aus der Deutschen Messe von Franz Schubert wurde das gemeinsame Totengedenken zu Allerheiligen und Allerseelen der Heilig-Kreuz-Pfarrei und des BdV-Ortsverbandes Weilburg eröffnet. Seit Jahrzehnten findet das Gedenken unter dem Kreuz der Heimatvertriebenen
auf dem Weilburger Friedhof statt. Pater Goli Madhusudhan Rao, Kooperator der Heilig-KreuzPfarrei, hatte die geistliche Leitung, sprach für die Verstorbenen Gebete und segnete nach der Andacht die Gräber. Zum Gedenken der Toten von Flucht, Vertreibung und Deportation sowie der vom Krieg und Leid heimgesuchten Menschen in der Ukraine und anderswo auf der Erde legte BdV-Kreisvorsitzender Josef Plahl einen Kranz nieder. fl
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Dux
Ladowitz
Klostergrab
Ossegg
für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau
Bilin
Teplitz-Schönau
Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. Heimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Telefon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard.spacek@gmx.de Redaktionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Lexa Wessel, eMail heimatruf@ sudeten.de
Briesen/Kreis Bilin
Niklasberg
Blick auf Boreslaus mit der Sankt-Katharina-Kirche in der Mitte und dem Millischauer im Hintergrund.
Hans Meyer 80 Twente Enschede, unter anderem mit einer UEFA-Cup-Beteiligung, also europäischer Spielbeteiligung. n Briesen bei Bilin stand seine Danach war er auch im Westen Wiege. Am 3. November feierte Deutschlands ein gesuchter Traider in Ost und West erfolgreiche ner, vor allem wenn es um AbFußballtrainer in seiner Wahlhei- oder Aufstieg ging. In eineinmat Nürnberg mit seinen zehn halb Jahren in Nürnberg gelang Enkeln und vielen anihm sogar der Gewinn deren Gästen seinen des DFB-Pokals 2006. 80. Geburtstag. Dadurch wurde er zum Im Jahr 1945 wureinzigen Trainer, der de er mit seiner Famimit seiner Mannschaft lie nach Roßleben in den „DDR“-Pokal und Thüringen in der Nähe den gesamtdeutschen, des Kyffhäusers vertrievormals westdeutschen, ben. Er wuchs in DietPokal gewinnen konnte. las in der Rhön auf und Seine Verbundenbegann dort Fußball zu heit mit Borussia Mönspielen. Eine Lehre als Maschi- chengladbach, wo er zweimal nenschlosser brachte ihn nach Trainer war, führte 2011 zum Suhl, wo er bei Motor Suhl weiter Sprung ins Präsidium, wo er noch Fußball spielte. heute aktiv ist. Nebenbei schrieb Im Jahr 1963 ging er nach Je- er eine regelmäßige und meina und spielte als Verteidiger. Ab nungsstarke Kolumne im Fuß1968 spielte er auch in der Ersten ball-Magazin „11 Freunde“. Er Mannschaft des FC Carl-Zeiss äußerte sich auch darüber hinaus Jena in der „DDR“-Oberliga mit zum Fußball in der interessierten 30 Einsätzen und einem Tor. Er Öffentlichkeit. studierte in Jena Sport und GeSeine Geburtsstadt Briesen schichte auf Lehramt, machte nahm nach der Vertreibung der ein Trainerstudium an der Deut- Deutschen ein vielfach geteiltes schen Hochschule für Körperkul- Schicksal. Der Braunkohleabbau tur (DHfK) Leipzig und wurde um die Stadt Bilin führte zur „Ab1970 Trainerassistent bei Georg siedelung“ bis 1970. Zwei JahBuschner, dem späteren langjäh- re später wurde der Ort „devarigen „DDR“-Nationaltrainer. stiert“, also verwüstet. Meyer hat Im Jahr seine Heimat 1971 übersomit zweinahm er als mal verloren. jüngster TraiIn den Ort ner der höchseiner Geburt sten Spielkann er schon klasse in der lange nicht „DDR“ den mehr fahren. FC Carl-Zeiss Dennoch Jena und begibt es vieltreute dabei leicht noch viele Spieuntergrünler, die älter dige Bande waren als er. zu seiner alMit ihm ge- Moderatorin Petra Vieten mit Hans ten Heimat. wann Jena Meyer bei der DFB-Pokalfeier im Mai Beim Ersten dreimal den 2011 im Hotel Maritim in Berlin. Po- FC Nürnberg kalsieger ist FC Schalke 04. Das letz- lernte Mey„DDR“-Pokal. 1981 zog te Spiel gewinnt Schalke haushoch mit er den tscheJena ins Fi- 5 : 0 gegen MSV Duisburg. chischen NaBild: Wolfgang Vieten tionalspieler nale des Europacups der Tomáš GaláPokalsieger nach einem atem- sek kennen. Sie freundeten sich beraubenden Qualifikationsren- so sehr an, daß Meyer ihn, trotz nen mit Siegen gegen AS Rom, Weggang aus Nürnberg, ein Jahr FC Valencia, der Waliser Mann- später nach Mönchengladbach schaft AFC Newport County und holte. Galásek, geboren 1973 in Benfica Lissabon. Jedoch verlor Friedeck-Mistek, eiferte Meyer Jena damals das Spiel in Düssel- nach und wurde Trainer. Im Modorf gegen FC Dinamo Tiflis. ment ist er Co-Trainer der tscheNach weiteren Trainerstatio- chischen Nationalmannschaft. nen in Erfurt, Chemnitz, wieder Meyer prägte viele im Fußin Jena sowie einer kurzen Epi- ball. Und viele der Weggefährsode beim FC Union Berlin ging ten gratulierten ihm zum 80. GeMeyer in die Niederlande. Dort burtstag, auch der Mährer Galábetreute er Ende der 1990er Jah- sek meldete sich im Fernsehen re fast vier Jahre lang den FC zu Wort, ein Landsmann?
Graupen
Der Fußballtrainer Hans Meyer wurde am 3. November 80 Jahre alt. Ulrich Miksch berichtet.
I
Blick auf Briesen in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts.
Tage der Architektur – Teil II und Ende
Sankt-Katharina-Kirche in Boreslau N
icht nur viele Schlösser Die neue Katharinenkirwurden viele Jahre lang che wurde am Palmsonntag im den Vandalen überlassen, sonJahr 1717 unter der Teilnahme dern auch zahlreiche Kirchen von Gästen aus der ganzen Rewaren für immer geschlossen gion in Boreslau eingeweiht. und dämmerten vor sich hin. Graf Clary und Aldringen hatDazu gehört auch die der heite für eine glanzvolle Ausligen Katharina geweihte Kirstattung der Kirche gesorgt. che in Boreslau. Gemälde aus der Werkstatt Im Jahr 2012 wurde an der des Barockmalers Peter JoKirche eine Gedenktafel enthann Brandl (1668–1735) hüllt. Diese erinnert an Pfarrer schmückten den Altar und den Franz Sitte, welcher dort seit Kirchenraum. Skulpturen der 1922 diente. Auf Wunsch der Heiligen Katharina und der böhmischen KirchengemeinHeiligen Barbara schmückten de wurde er nach 1945 nicht die Fassade der Kirche. vertrieben. Aber dann verBei mehreren Einbrüchen starb er in den 1960er Jahren verschwanden viele der wertauf ungeklärte Weise im komvollen Ausstattungsstücke. munistischen Gefängnis. Ihm Die beiden Glocken, die noch verdanken wir die liebevolaus der alten Kirche stammle Beschreibung der hiesigen ten, fielen dem Ersten WeltLandschaft „Auf der Sonnenkrieg zum Opfer. seite des Milleschauers“. NorNach dem unfreiwilligen bert Krutský aus Teplitz veröf- Der Marienaltar und das alte Altarbild der gotischen Kirche aus dem 14. Jahrhun- Tod Pfarrer Sittes übernahm fentlichte im Jahr 2012 die Be- dert. Pater Milan Vlček im Jahr schreibung in einem Büchlein, 1968 die Sorge um die Pfarrwomit er Pfarrer Sitte ein ewiges rere Veranstaltungen auf den lau. Zum einen Paul Anton Wei- kirche. 1970/1971 erfolgte die Denkmal setzte. Zustand der Kirche aufmerksam gel, seit 1686 hiesiger Pfarrer, letzte Renovierung. Seit dem Tod Nun wurde die Kirche an den machen und dann versuchen, welcher den Friedhof erweitern des Pfarrers 1988 blieb die Kirche Tagen der Architektur Anfang Abhilfe zu schaffen. und von einer heute noch existie- ihrem Schicksal überlassen. Oktober geöffnet, und trotz ReSankt Katharina in Boreslau ist renden Mauer umgeben ließ. Er Die Sankt-Katharina-Kirche, genwetter strömten viele Besu- in besonderer Weise mit Teplitz trug auch einen großen Anteil an sowohl die gotische als auch die cher aus der Umgebung zum verbunden. Bereits im Jahr 1352 den organisatorischen Arbeiten, barocke Variante, war für die Bewurde die Kir- die mit dem Neubau der Kirche wohner von Boreslau und der che in einem verbunden waren. Umgebung zehn Generationen Verzeichnis Sein Einverständnis mußte lang ein Ort des religiösen, kulerwähnt, das der Besitzer der Herrschaft Te- turellen und gesellschaftlichen der Papst in plitz und Patron der Kirche, Graf Lebens. Die Kirchenglocken beRom erhielt. Franz Wenzel von Clary und gleiteten die Menschen dort bei Zu dieser Zeit Aldringen, geben. Er war im Jahr ihrer religiösen, aber auch bei war die Kir- 1758 zum Kaiserlichen Oberstjä- ihrer landwirtschaftlichen Täche bis zu den germeister gewählt worden und tigkeit. In der Kirche erklangen Hussitischen hielt sich viel in Wien auf. Ihm festliche Lieder, und es gab traKriegen im oblag die Ausstattung des Kir- ditionelle Veranstaltungen zum Besitz des chenneubaus. Passions- und Erntedankfest. Klosters der Und die dritte der beteiligten Das nahegelegene Pfarrhaus war BenediktinePersonen war der in Eichwald ein Ort, an welchem die meiDas Bild des Hauptaltars mit der heiligen Katharina. rinnen in Te- geborene Baumeister Christian sten der hiesigen Mädchen bis plitz und ging Lagler (1668–1741), welcher das zur Mitte des 18. Jahrhunderts Gottesdienst. Von außen bie- dann in den Besitz der Teplitzer Projekt errichtete. In Teplitz ist das Lesen und Schreiben lerntet die Kirche den gleichen trau- Herrschaft über. er als barocker Baumeister unter ten. rigen Anblick wie viele weitere Vor allem drei Personen haben anderem des Garten- und BallWir wollen hoffen, daß diese Kirchen in Nordböhmen. Verdienste um die Entstehung ei- hauses und der heutigen Seume- Kirche auch in Zukunft erhalten Heuer im Frühjahr kamen ei- nes Neubaus der Kirche in Bores- Kapelle in Teplitz bekannt. bleibt. Jutta Benešová nige Freunde aus Boreslau zu der Erkenntnis, daß sie nicht mehr tatenlos dem allmählichen Verfall ihrer Katharinenkirche zusehen wollten. Dort finden schon lange keine Gottesdienste mehr statt. Einige Male wurde die Kirche ausgeraubt, und es regnet hinein. Dabei handelt es sich um ein wunderschönes Gebäude, sowohl architektonisch als auch hinsichtlich seiner Lage in der Landschaft. Sie gründeten den Verein zur Rettung der Sankt-Katharinen-Kirche in Boreslau. Zu- Das ehemalige Pfarrhaus und das Innere der renovierungsbedürftigen Kirche der heiligen Katharina mit Wasserschänächst wollen sie durch meh- den an der Empore.
HEIMATBOTE
Sudetendeutsche Zeitung Folge 45 | 11. 11. 2022
Bischofteinitz
Ronsperg
FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ
11 Hostau
Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de
Taus
Altes Bergwerk lockt Besucher arbeit über dieses Bergwerk mit seiner großen Geschichte begonnen. Auch die Professoren Marian Marschalko und Petr Skupien seien bereits in Taus gewesen, um den Stollen zu erkunden.
die auf großes Interesse stießen. Dvořaks Dank richtete sich insbesondere an die Feuerwehren aus Taus und Vollmau, die rund zwei Wochen vor der Eröff-
Dekan Miroslaw Gierga segnete dann eine Statue der heiligen Barbara, Patronin der Bergleute, die der emeritierte Generalvikar Emil Soukup in den Händen hielt. Diese Statue stellte Gierga dann in eine Nische am Eingang des Bergwerks. Gekommen waren auch Vertreter des Bergbauvereins Mies mit Karel Neuberger und Jiří Milt an der Spitze. Neuberger ist dafür verort wurde in den Jahantwortlich, daß dieser ren 1943 bis 1945 einStollen betrieben wermalig im ganzen Land in den kann. Laut Jaroserster Linie hochwertilav Dvořak ist Neuberger Glimmer abgebaut, ger eine Art Kontrolleur, der damals von der deutden es für jede Mine geschen Kriegsindustrie beben muß und der dafür nötigt wurde. Aber auch eine Verordnung verfaßt Quarz und Feldspat wurhat. Neuberger gab einen den dort gewonnen. Der Einblick in die GeschichHauptstollen hat eine te dieses Bergwerks Länge von 330 Metern und überreichte Alemit Seitengängen und xej Petrašovský eine alzum Teil sechs Meter ho- Karel Neuberger, Jiří Milt, Miroslaw Gierga, Radek Čáni und Radek Wiesner durchschnei- te Grubenlampe und eine hen Kammern. Das Berg- den ein am Eingang gespanntes Band in den tschechischen Nationalfarben. Bergbau-Keilhaue. Zum Bilder: Karl Reitmeier Abschluß der feierlichen werk kann nun nach Anmeldung besichtigt werEröffnung spielte der Saden. Nächstes Ziel ist jetzt ein Wiesner kündigte an, daß er als nung für die Reinigung des Stol- xophonist Ed Palata vor dem Einnationaler Geopark. neuer Bürgermeister die Zusam- lens gesorgt hätten. Dabei sei die gang des Bergwerks auf. Zur Eröffnungsfeier hatten menarbeit mit den Vereinen der imposante Menge von 65 000 LiAnschließend wurden die ersich zahlreiche Besucher einge- Stadt verbessern wolle. tern Wasser verbraucht worden. sten Führungen angeboten, wofunden. Eine der ersten AmtsJaroslav Dvořak, der Spre- Durch die Reinigungsarbeiten von reichlich Gebrauch gemacht handlungen des neuen Bürger- cher des Tauser Geschichtsver- seien alle Gesteins-Adern, Kri- wurde. In einer Garage war für meisters Radek Wiesner war, die eins, zeigte sich erfreut darüber, stalle und Formationen, die man das leibliche Wohl der Besucher Gäste bei diegesorgt. Ferser Gelegenner konnten heit herzlich gegen einen willkommen zu freiwilligen heißen. Er wies Obolus Gedarauf hin, daß steinsbrocken die Eröffnung aus dem Bergmit dem growerk mit nach ßen Einsatz Hause genomdes Vereins men werden. Domažlický Ab sofort dějepis verkönnen nun bunden geweauch Führunsen sei, wogen für deutbei er Jaroslav sche Besucher Dvořák, Radek Alexej Petrašovský mit einer alten Dekan Miroslaw Gierga segnet die Dekan Miroslaw Gierga stellt die angeboten Čáni und Ale- Grubenlampe und der Nachbildung Statue der heiligen Barbara, Patro- Barbara-Statue in die vorgesehene werden. Der Nische. nin der Bergleute. xej Petrašovský einer Bergbau-Keilhaue. Eintritt beträgt als die drei ak150 Kronen pro tivsten Mitglieder bezeichnete. daß es der Verein geschafft ha- vorher nicht gesehen habe, zum Person. Eine Gruppe muß mindeDank dieses Vereins bestehe nun be, den Stollen wieder zugäng- Vorschein gekommen. Nicht un- stens aus zehn Personen bestesogar die Möglichkeit, einen na- lich gemacht zu haben und nun erwähnt ließ Dvořak die Leute, hen. Eine Führung in deutscher tionalen Geopark mit großem der Öffentlichkeit zeigen zu kön- „die heute nicht mehr unter uns Sprache dauert eine Stunde. Für Potential zu schaffen. Wiesner nen, was es in diesem alles zu se- sind“. Dabei erinnerte er an al- Rückfragen von deutscher Seistellte insbesondere die Zusam- hen gebe. Er kündigte an, daß le einstigen Bergbauarbeiter, die te steht Jaroslav Dvořak, Telefon menarbeit mit der Bergbauhoch- der Verein die Idee zur Grün- mit ihrer Arbeit diesen Stollen (0 04 20) 7 21 71 17 25 zur Verfüschule in Mährisch Ostrau her- dung eines nationalen Geoparks geschaffen hätten. Ein besonde- gung, da er als Einziger des Tauaus, was große Möglichkeiten mit dem Namen Domažlické rer Applaus der Besucher galt so- ser Geschichtsvereins Deutsch biete. Barbora Navrathová, eine Krystalinikum aufgreifen werde. wohl den heutigen Feuerwehr- spricht. TerminvereinbarunStudentin dieser Hochschule, ha- In der Tschechischen Republik leuten als auch den ehemaligen gen sind nur per eMail möglich: be sogar schon mit einer Diplom- gebe es bereits solche Geoparks, Bergleuten. info@domdej.cz
Der 29. Oktober war nicht nur ein Freudentag für den Verein Domažlický dějepis/Geschichte von Taus, sondern letztlich auch für Taus selbst, die Partnerstadt von Furth im Wald, da mit der feierlichen Eröffnung des einzigartigen Bergwerks Na Kole am Rande der Stadt eine weitere Touristen-Attraktion im Chodenland geschaffen worden war. Karl Reitmeier berichtet.
D
Hostaus Dechanteikirche ist dem Apostel Jakobus dem Älteren geweiht.
Hostaus Pfarrer – Teil VI
Pfarrer Augustin Zettl Stefan Stippler, Ortsbetreuer von Hostau, schildert die Geschichte Hostaus anhand des zweiten Memorabilienbuches der Hostauer Dechantei für die Jahre 1836 bis 1938. Hier der zweite Teil seiner Arbeit über Pfarrer Augustin Zettl (1805– 1878).
D
as schwierige Unternehmen beginnt am 22. Mai 1865 mit kleineren Sprengungen, um tiefer in das felsige Erdreich einzudringen. Die Arbeit wird 39 Tage lang fortgesetzt, bis der Brunnen die gewünschte Tiefe erreicht hat. Aber leider findet sich keine ausgiebige Wasserquelle. Die Arbeiten werden eingestellt, da sie ohnehin schon 102 Gulden und 39 Kreuzer verursacht haben. Gegen alle Erwartung versorgt der neue Brunnen die Dechantei dann doch mit ausreichend Wasser. Um aber bei einem heißen und trockenen Sommer die Wasserversorgung sicherzustellen und auch das alte Bezugsrecht mit Wasser aus dem Meierhof nicht aufzugeben, beantragt Dechant Zettl beim Patronatsamt in Bischofteinitz die Wiederherstellung der Wasserleitung mehrere Male, allerdings vergeblich. Schließlich wendet sich Zettl am 25. Juli 1868 direkt an den Patronatsherrn Karl Fürst von Trauttmansdorff (1845–1921) mit dem Ansuchen, das Bezugsrecht des Wassers aus dem Mei-
erhof, das in der Pfarrfassion aus dem Jahr 1798 bestätigt worden ist, wieder sicherzustellen. Fürst Trauttmansdorff stimmt der Herstellung der Wasserleitung zu, die aber erst im Juni 1869 realisiert wird. Einem Formular für die Schuldirektoren und Vorstände der Kirchengemeinden zufolge besuchen 1865 aus Hostau und den eingepfarrten Ortschaften Mirkowitz, Zwirschen und Horouschen die katholische Schule in Hostau 114 Knaben und 115 Mädchen im Alter von sechs bis zwölf Jahren und 93 Knaben und 58 Mädchen im Alter von 12 bis 15 Jahren. Festzuhalten ist, daß es 1869 bis 1885 im Memorabilienbuch keine Aufzeichnungen mehr gibt. Dechant Steinbach, der 1885 nach Hostau berufen wird, hat die ihm als wichtig erschienenen Ereignisse des ganzen Landes und Hostaus rückwirkend subjektiv gefärbt eingefügt. So werden 1867 für Österreich Gesetze erlassen, die nach Steinbachs Ansicht auf Betreiben der liberalen Kräfte im Land die Rechte der katholischen Kirche hinsichtlich Schule und kirchlichem Leben beschneiden, da sie explizit sowohl die staatliche Geltung des kirchlichen Eherechts und der kirchlichen Ehegerichtsbarkeit als auch die Aufsicht der Kirche über das Schulwesen beseitigen. Fortsetzung folgt
Ronsperg
Jessass na Elisabeth Bauer, die Witwe des ehemaligen Ronsperger Ortsbetreuers Franz Bauer, berichtet über einen Fund.
J
Die zahlreichen Besucher bei der Eröffnung des Bergwerks Na Kole.
essass na, s‘ is d‘ Wawa g‘schdorm. / Kreing ma n‘ Almer Schlißl, / Is a Schlegl Butter drin / In da groussn Schißl: Ein Kinderreim, Lied möchte ich dies gerade nicht nennen. Manch einer erkennt es sicher trotz der mangelhaften Schreibweise und ohne Übersetzung ins Hochdeutsche. Ich fand es als Notiz bei Schreibsachen von Franz und erinnerte mich an Diskussionen mit ihm, denn es steckt einiges Interessantes darin, was über einen bloßen Kinderreim hinausgeht. Wem sagt die „Almer“ noch etwas? Das ist ein altes Lehnwort, das über das mittellateinische al-
maria auf das lateinische armarium zurückgeht und Schrank bedeutet. Und damit haben wir den Vorratsschrank oder den Kasten, der meist im kühlen Gang stand und verschlossen war, der wichtigen Vorräte wegen, wie es zum Beispiel der wohl frisch aus dem Butterfaß geborgene Schlegel – ein länglich geformtes Stück Butter – war. Und noch etwas verblüfft uns in der heutigen Zeit der vorwiegend kleinen Familien: Die Stellung der Wawa. Ist dies auch ein kindliches Lallwort wie Oma, so hat die Großmutter doch noch eine besondere rechtliche Stellung mit der Schlüsselgewalt über die Vorräte. Wer hat beim Trällern dieses Kinderreimes wohl gedacht, daß eine Portion Latein und Rechtsbewußtsein drinstekken?
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 45 | 11. 11. 2022
Heimatbote für den Kreis Ta<au
Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de
Geschichten über Orte im ehemaligen Kreis Tachau
Blick vom Turm nach Osten re ehemalige Heimat zu blikken. Das Buch des Autors Rainer Christoph, Leiter der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Paulusbrunn im Verein Via Carolina – Goldene Straße, bietet einen Weitblick auf all die ehemaligen Walddörfer und Siedlungen, die nach Paulusbrunn in Richtung Tachau lagen. Viele hatten stets Verbindungen zu Paulusbrunn. Dazu gibt es Geschichten aus den Or-
ten Goldbach/Zlatý Potok, Galtenhof/Branka, Ringelberg/ Horní Výšina, Thiergarten/Obora, Hals/ Halže, Heiligen/Světce mit der Fürstenallee bis zur Husmann-Mühle in Tachau/Tachov, Frauenreith/Svobodka, Brand/ Miliře. Das neue Werk ist ein Nachfolgeband des Buches über in neues Buch über PaulusPaulusbrunn aus dem Jahr 2000. brunn ist erschienen. AusEs beginnt mit einem histogehend vom „Sehnsuchtsort“ rischen Überblick: „100 Jahder ehemaligen Bewohner des re Tschechoslowakei bis TscheTachauer Landkreises ist auf chische Republik von 1919 dem Buchtitel das Fenster des bis 2019“. Dazu gibt es weiteGrenzlandturms zu sehen. Aure Neuigkeiten über Paulustor Rainer Christoph konnte brunn. Beschrieben werden Alfred Wolf, dem Vorsitzenvielfältige Persönlichkeiten, den des Vereins Via Carolina die aus manchen der erwähn– Goldene Straße, das erste ten Orten stammten oder dort Exemplar seines Werks „Blick wirkten. vom Turm nach Osten“ überSo wird die Geschichte eireichen. nes Mannes aus Hals erzählt, Über viele Jahrzehnte beder als wahres Multitalent gilt. suchten ehemalige SudetenSein Vater war in Hals Bürgerdeutsche beim Bergfest im meister. Heute ist die Archioberpfälzischen Bärnau den Rainer Christoph und Alfred Wolf stellen tektur des Mannes in StuttGrenzlandturm, um in ih- das neue Buch vor. gart zu sehen, zudem war er in
Vom Grenzlandturm bei Bärnau blickten vertriebene Sudetendeutsche lange sehnsuchtsvoll in ihre Heimat. In seinem neuen Buch beschreibt Autor Rainer Christoph Geschichten von Personen aus Paulusbrunn, die das Heute und Gestern prägten.
E
den Bereichen Musikgeschichte und Literatur tätig. Eine andere Geschichte berichtet, wie ein ehemaliger „Unter-Lehrer“ aus Frauenreith in Wien zu großen Ehren kam. Zwei Kapitel werden der adeligen Familie „derer zu WindischGraetz“ gewidmet. Dazu gehört auch der kaum bekannte italienische Zweig. Das Buch klingt aus mit Winterbildern und dem Appell „Vergessen ist ein Übel“. Bald wird es wieder heißen: „Kumm weder a weng aa Baalasbrunn, grod schöi is dou drum. Liegt fei dou und douat scho a Schnöi.“ awo Das gebundene Buch im Din-A4-Format hat 170 Seiten und kostet 21 Euro. Erhältlich ist es in der Buchhandlung Rhode in Tirschenreuth, im Geschichtspark Bärnau oder kann zuzüglich 1,95 Euro Versandkosten per eMail bei agpaulusbrunn@gmx.de bestellt werden.
Frauenreith
Das erste Dorf hinter Heiligen Frauenreith ist das erste Dorf an der Straße von Tachau nach Bärnau hinter Heiligen.
B
eim unteren Dorfeingang zweigt die Halser Straße nach Planer Brand ab, die 1889 vollendet wurde. Die südliche Grenze ist die Miesa, im Osten verläuft die Grenze beim Halser Steig. Im Nordwesten ist wieder der Gemeindebach eine natürliche Grenze gegen Ringelberg. Zwischen Ort und Miesa steht der 592 Meter hohe Hofackerberg, im Nordwesten der 618 Meter hohe Stromaberg. Von den drei abliegenden Ortsteilen stehen die nahe Spirkenmühle und weiter aufwärts die Haubnermühle am Halser Bach, der dort Mühlbach heißt. Das Krohawerk wurde südlich vom Ort am linken Ufer der Miesa erbaut. Erst die Nennung von Frawnreuth im Tachauer Stadturbar von 1552 läßt keinen Zweifel mehr zu, daß es sich tatsächlich um das heutige Frauenreith handelt. Als Stadtdorf führte Frauenreith 1555 und 1587 nur 17 Hennen als Anerkennungszins an das Tachauer Schloß ab. 1605 waren es 15 Anwesen, die der Stadt Tachau zinsten. 1623 kamen die Frauenreither wie alle Stadtuntertanen unter die Husmannsche Herrschaft. Im Dreißigjährigen Krieg hatte Frauenreith unter elf Herrschaftsdörfern die größten finanziellen Kriegsschäden. Die Zahl der steuerfähigen Untertanen war 1640 auf fünf gesunken. 1654 zählte der Ort elf Chalupner und zwei Gärtner, wohl Anwesen mit etwas Grund um das Haus, dazu ein abgebranntes und ein verödetes Anwesen. 1788 standen hier 29 Nummern, 1838 30. Die alten Häuser in der geschlossenen Ortschaft zogen sich in zwei Reihen an der Bärnauer Straße hin. Die Numerierung zählte zuerst die Nordseite aufwärts 1 bis 10, dann die Südseite gegenüber abwärts 11 bis
22. Weitere Häuser wurden beim meisten Kleinlandwirte fanden Ortseingang an der Straße nach Arbeit in Tachau, im Krohawerk Hals und in der Mühlgasse so- oder im Wald. wie am Westausgang des Ortes Von den Landwirten besaßen errichtet. 1945 war 63 die höchste Hans Kroha Nr. 13 und 21, Josef Hausnummer, Nr. 19 fehlte. Güntner Nr. 11 und der Haub1930 betrug die Einwohner- nerhof Nr. 18 20 und mehr Hektzahl 302, 1939 333, alle katho- ar, 14 hatten fünf bis 20, 19 zwei lisch und deutsch. Die einst zu- bis fünf und sieben unter zwei ständige Herrschaft Tachau hatte Hektar. Von den beiden Gasthäuauf dem Gemeindegebiet keinen sern gehörte das Obere Nr. 8 bis Grund; die 15 Hektar des Halser etwa 1925 dem Franz Bachmaier. Gutes waren ein späterer Zukauf. Sein Schwiegersohn Hans KramDie Gemeinde besaß die Schu- mer erbaute daneben ein neues le Nr. 45 und das Gemeindehaus Gasthaus. Das Untere Wirtshaus Nr. 23. Ihr gehörten 70 Hektar, darunter das Gemeindeholz. Als Gemeinderichter ist durch das Grüne Urbar von 1607 ein Georg Böhm überliefert. Die letzten Vorsteher waren Georg Schnabl Nr. 20 im Ersten Weltkrieg, dann Georg Güntner Nr. 12 und Michl Günt- Frauenreith in deutscher Zeit. ner Nr. 4 bis 1923. Ihnen folgten Andreas Haubner Nr. 33 führte Josef Krommer, seiNr. 6 und Franz Josef Herrmann ne Frau daneben bis etwa 1935 Nr. 22 bis 1938, dann Johann eine Greißlerei; um diese Zeit erWeigl Nr. 36, Anton Himmel öffnete auch Johann Singer eiNr. 25 und Josef Burdack Nr. 7. nen Laden. Kirchlich gehörte Frauenreith Die beiden Mühlen waren bis nach Tachau, doch war es nach zuletzt in Betrieb. Die SpirkenHals zum Gottesdienst nur halb mühle Nr. 25 des Anton Himmel so weit. Die Schule war immer erscheint bereits im Grünen Ureinklassig und hatte seit 1900 ein bar von 1607 als „Simon Sperkh eigenes Schulgebäude, 1838 wird Müllner“. Die Haubnermühle hier eine Privatschule erwähnt. Nr. 34 des Wilhelm Hochmuth Schulleiter waren 1890 bis 1896 war durch mehrere Jahre an W. Johann Nachbauer aus Vorarl- und A. Fleißner aus Sorghof als berg, 1896 bis 1906 Josef Marsch Mahlmühle und Holzdrechslerei aus Schatzlar, 1907 Emil Brun- verpachtet; sie ist wohl mit „Niner, 1908 bis 1924 Karl Kroha aus clas Mülner hubner von der Mul“ Brand, 1943 bis 1945 Ludwig For- im Stadturbar von 1552 gemeint. ster aus Paulusbrunn und WiliEin interessantes Unternehbald Schuster aus Schönwehr. men war das Krohawerk Nr. 31. Die wirtschaftlichen Verhält- Früher diente das Gebäude der nisse ähnelten denen anderer Firma Fleischner und Adalbert stadtnaher Orte. Zuletzt lebte als Glasschleifwerk. Um 1906 nur noch ein Drittel der Einwoh- kaufte es Hans Kroha aus Sorgner von der Landwirtschaft. Die hof und baute es zu einer Schuh-
leistenfabrik und Holzdrechslerei aus. Der Ziegelofen bei Nr. 36 ist längst aufgelassen. Frauenreith hatte im Ersten Weltkrieg sechs Tote zu beklagen, deren Namen auf dem Tachauer Gefallenendenkmal stehen. Der Zweite Weltkrieg forderte 17 Opfer. In den letzten Kriegstagen 1945 war 300 Meter westlich vom Dorf deutsche Artillerie in Stellung gegangen, die am 1. Mai Schüsse auf die Amerikaner in Brand abgab. Daraufhin beschossen die Amerikaner bis zum 4. Mai den Ort, wobei die Treffer zunächst die nahen Waldteile verwüsteten. Nachdem man am 2. Mai bei Nr. 1 einen Sender aufgestellt hatte, fielen am 4. Mai Granaten und Brandbomben und äscherten Scheune und Schupfen des Anwesens und das Nachbarhaus Nr. 33 ein. Vor Mitternacht vernichteten Bomben Nr. 22. Ohne die Feuerwehr hätten beide Dorfreihen abbrennen können. Am Morgen des 5. Mai zogen die Amerikaner kampflos in den Ort ein, nachdem die Deutschen sich von hier zurückgezogen hatten. Ein schlesischer Flüchtlingsjunge mußte in der Nähe eines deutschen Geschützes sein Leben lassen, als die Amerikaner einige Granaten darauf abfeuerten. Im Oktober wurde die Spirkenmühle beschlagnahmt, 20 weitere Höfe kamen im nächsten Sommer an die Reihe. Bei der Vertreibung kamen die meisten nach Großkrotzenburg bei Hanau. Die einzige deutsche Familie, die 1946 zurückblieb, floh später. Die letzten Nachrichten besagen, daß die Hofreihe von Nr. 13 bis 20 niedergebrannt sei.
Ausstellung in Mühldorf am Inn
Wie Eger von Bayern nach Böhmen kam Die Region um das oberbayerische Mühldorf am Inn hat sich jahrelang auf das 700jährige Jubiläum der Schlacht beim nahen Ampfing – bekannt als Schlacht bei Mühldorf – vorbereitet. Diese Schlacht entschied die Zukunft Bayerns, Egers und des Egerlandes.
A
m 28. September 1322 standen sich in der Schlacht bei Mühldorf der Wittelsbacher Ludwig IV., auch genannt der Bayer, Herzog von Oberbayern, und der Habsburger Friedrich der Schöne, Herzog von Österreich, gegenüber. Die seit 1314 anhaltenden Streitigkeiten um die Nachfolge des verstorbenen Heinrich VII. im Amt des römisch-deutschen Königs fanden hier ihr militärisches Ende. In einer Doppelwahl waren sowohl Ludwig als auch Friedrich als König gewählt worden. Ludwig gewann die Schlacht bei
Mühldorf – nicht zuletzt mit Hilfe des böhmischen Königs Johann – und konnte sich somit als alleiniger König durchsetzen, war aber pleite. Am 4. Oktober 1322 verpfändete Ludwig der Bayer die Stadt mit deren Zustimmung für 20 000 Mark Silber an den böhmischen König Johann. Die Schlacht gilt als die letzte große Ritterschlacht auf deutschem Boden. Die große Sonderausstellung „1322 – Ritter, Schlacht und Königswürde“ informiert über die Hintergründe und den Verlauf der Schlacht. Im ersten Obergeschoß des Mühldorfer Kulturzentrums Haberkasten präsentieren das Geschichtszentrum und das Museum Mühldorf am Inn bis zum 16. April Einblicke in den Alltag der Kämpfer, deren Bewaffnung und was eine Ritterschlacht ausmacht. Wolf-Dieter Hamperl
WIR GRATULIEREN Wir gratulieren folgendem treuen Abonnenten des Tachauer Heimatboten zum Geburtstag im November von ganzem Herzen und wünschen alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen. Ringelberg. Am 25. Josef Gleißner (Krawaschn), 95 Jahre.
Manfred Kaßeckert Ortsbetreuer
Ortsbetreuerecke H
erzlich gratulieren wir im November Josef Magerl, Ortsbetreuer von Schossenreith, am 14. zum 94. Geburtstag und Manfred Klemm, Ortsbetreuer von Tirna, am 20. zum 84. Geburtstag. Wir wünschen alles Gute, Gesundheit sowie Gottes Segen und danken für alle Arbeit für unsere Heimat. Sieglinde Wolf