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Frischer Wind

Das Grußwort von Volksgruppensprecher Bernd Posselt an die Bundesfrauentagung.

Mich freut, daß bei Eurer Begegnung auf dem Heiligenhof wieder einmal neue Wege der landsmannschaftlichen Arbeit erdacht, erprobt und gegangen werden. Unsere Frauen waren schon während des Krieges, während der Vertreibung und beim Aufbau der Landsmannschaft führend tätig und das Rückgrat nicht nur ihrer Familien, sondern unserer ganzen Volksgruppe.

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Heute schlägt sich dies in dem Mut nieder, für das sudetendeutsche Kulturerbe und den landsmannschaftlichen Gedanken Ideen zu entwikkeln, die generationenübergreifend in die Zukunft führen. Dazu gratuliere ich und si- chere unseren Frauen jede mir mögliche Unterstützung zu, denn ich weiß, dieses Engagement ist nicht immer einfach. Besonders beeindruckt bin ich von dem Novum, daß sich jetzt auf dem Heiligenhof erstmalig Frauen aus den verschiedenen ehrenamtlichen Bereichen und aus verschiedenen Generationen treffen und sich austauschen. Das ist frischer Wind für alle Gemeinschaften und Einrichtungen unserer vielfältigen Volksgruppe! stes Hochfest Ostern gefeiert wird, hatte sie sich für Ostereierbasteleien entschieden und alles dafür mitgebracht. Perlen auffädeln und damit ein Ei schmücken, ist eine Geduldsarbeit, das Ergebnis wunderschön. Wenn man allerdings den Stundenlohn berechnen würde, könnte sich wohl kaum jemand solche beperlten Eier leisten. So nahmen die Frauen nicht nur die Erinnerung an diese Tagung, sondern auch noch ein hübsches Osterei mit nach Hause.

Dir, liebe Gerda, und Deinen Mitstreiterinnen und Gästen darf ich von Herzen viel Erfolg und Freude auf dem Heiligenhof und bei der anschließenden gemeinsamen Arbeit wünschen, die für uns alle von nachhaltiger Bedeutung ist.

Der dritte Seminartag begann mit dem Impuls von Birgit Unfug aus dem Johannes-Evangelium. In den Gedanken zum Tag lautete die Kernbotschaft: „Bevor wir etwas tun können und aktiv werden, werden wir von Gott beschenkt.“ Da Bräuche ein Thema der Tagung waren, regte Birgit Unfug an, als neuen Brauch das Morgenlied zu singen, das am Tag zuvor gemeinsam gesungen wurde. Das stieß auf große Zustimmung.

Gerda Ott begrüßte anschließend den Kirchenhistoriker Rudolf Grulich, der über „Große sudetendeutsche Frauen“ sprach. Seit vielen Jahren forscht und publiziert er darüber, um die bedeutenden und vergessenen sudetendeutschen Frauenpersönlichkeiten den Landsleuten nahezubringen. Er zitierte aus Josef Mühlbergers Buch „Geschichte der deutschen Literatur in Böhmen 1900 bis 1939“: „Noch lebte vorweg vom Slawischen her das Matriarchalische weiter. Nicht zu unterschätzen für das Ansehen der Frau und Gattin ist der Einfluß der katholischen Marienverehrung. Daher war die Stellung der Frau in der Familie in den zumeist katholischen Ländern der böhmischen Krone anders als in protestantischen Gegenden.“

Für die Teilnehmerinnen hatte Grulich ein wertvolles Geschenk im Gepäck: „Mitteilungen des Hauses Königstein, Sonderheft 2023. Große sudetendeutsche Frauen“, dessen Vorwort er Bundesfrauenreferentin Gerda Ott gewidmet hatte, der er für ihre Bitte, bedeutende sudetendeutsche Frauen in einem Buch vorzustellen, dankte. Der voraussichtliche Erscheinungstermin ist das erste Quartal 2023.

Als einen Vorgeschmack auf das Buch versammelte Grulich im Sonderheft Aufsätze aus seiner und der Feder von Helmuth Gehrmann sowie von Hildegard Schiebe, der Vorsitzenden des Vereins Jüdisches Museum in Nidda. Schiebe war mit Grulich zur Frauentagung gekommen.

Folgende Frauen werden in dem Heft portraitiert: Evangelische Liederdichterinnen der

Brüdergemeine; Barbara Krafft (1764–1825), eine Portraitmalerin aus Iglau; Theresia Dichtl (1809–1891), eine heiligmäßige Ordensfrau aus dem Böhmerwald; Fanny Neuda (1819–1894), die mährische Verfasserin des ersten jüdischen Gebetbuchs für Frauen; Mitsuko Gräfin Coudenhove-Kalergi (1874–1941), die japanische Schloßherrin in Ronsperg; Hildegard Burjan (1883–1933), Gründerin der Schwesterngemeinschaft Caritas socialis; Ida Ehre (1900–1981), Schauspielerin, Regisseurin und Theaterleiterin; Ida Friederike Görres/Coudenhove-Kalergi (1901–1971), Schriftstellerin und katholische Intellektuelle; Ilse Weber (1903–1944), Kinderbuchautorin, Lyrikerin, Hörfunkautorin und Musikerin; Helga Gräfin Haller von Hallerstein (1927–2017), Politikerin; Schwester Paschalis Blandina Schlömer (* 1943), Trappistin, Pharmazeutin, Ikonographin und Ikonenschreiberin; Maria Christine Freiin von Reibnitz, verheiratete Princess Michael of Kent (* 1945), Mitglied der britischen Königsfamilie; Gertrud Steinl (1922–2020) und Ruth Zielinski († 1991), Gerechte unter den Völkern; so- wie die Nobelpreisträgerinnen Bertha von Suttner (1843–1914) und Gerty Theresa Cori (1896–1957).

Grulich berichtete, daß er nach der Vertreibung fünf Jahre lang in einer Baracke mit Mutter, Großmutter und Urgroßmutter gelebt habe, und daß ihn die Achtung dafür, was die Frauen damals für ihre Kinder und ältere Familienmitglieder geleistet hätten, nachhaltig geprägt und sein Leben gefestigt habe. Er rief auch dazu auf, die verdienten sudetendeutschen Frauen der Gegenwart stärker zu würdigen und mit Auszeichnungen zu ehren.

Da Urd Rothe-Seeliger, die zweite Stellvertretende Bundesfrauenreferentin, am 22. Dezember 2021 gestorben war, wurde eine neue Stellvertreterin der Bundesfrauenreferentin gewählt. Die einstimmige Wahl fiel auf Birgit Unfug. Sie arbeitet seit vielen Jahren in zahlreichen SLGremien, unter anderem in der Bundesversammlung. Da ihre Vorfahren aus Braunau und Saaz stammen, wurde sie ebenfalls einstimmig als Frauenreferentin für die Landschaft ErzgebirgeSaazerland gewählt.

Bei der Auswertung der Tagung erhielt Bundesfrauenreferentin Gerda Ott viel Lob für das neue Tagungskonzept und die Tagungsleitung. Die Zusammenarbeit mit der SdJ hatten die Frauenreferentinnen als inhaltliche Bereicherung empfunden. Die SdJ-Vertreterinnen waren dankbar für den Austausch mit den Zeitzeuginnen und freuten sich über das Zusammenwirken und die Vernetzung in einer Altersspanne von 25 bis 85 Jahren. Neben den theoretischen Vorträgen kam die praktische Ausübung der Bräuche gut an. Alle wünschten, den generationsübergreifenden Dialog fortzusetzen. Mit dieser Tagung war Neues erfolgreich ausprobiert worden. Die Frauen sind immer wieder für Überraschungen und andere Wege gut. tg/th/at/ar

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