100. Geburtstag: Dr. Tilman Spreckelsen über Otfried Preußler (S. 3)
Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung HEIMATBOTE
Jahrgang 75 | Folge 42 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 20. Oktober 2023
Sudetendeutsche Zeitung
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Polen vor einem Wechsel In Berlin, Prag, Brüssel und Straßburg hält man sich zwar mit offiziellen Kommentaren zurück, aber das Aufatmen in der Europäischen Union ist auch so deutlich wahrnehmbar. Nach den Wahlen deutet sich in Polen ein Machtwechsel an.
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war bleibt die nationalkonservative PiS-Partei auch nach den Parlamentswahlen stärkste politische Kraft in Polen, aber die Zeichen stehen trotzdem auf einen Regierungswechsel. Die drei Oppositionsparteien – allen voran die Bürgerplattform des ehemaligen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk – kommen zusammen auf deutlich mehr als 50 Prozent der Sitze. Ein Streitpunkt ist, daß die PiS unter ihrem Vorsitzenden Jarosław Kaczyński eine Justizreform vorantreibt, um deren Unabhängigkeit abzuschaffen. Die EU hat daraufhin Haushaltsgelder von über 100 Milliarden Euro auf Eis gelegt. Wann es allerdings in Warschau zu einem Machtwechsel kommt, ist noch unklar. Politische Beobachter erwarten, daß Polens Präsident Andrzej Duda zunächst seine PiS -Partei mit der Regierungsbildung beauftragen wird, die es ohne eigene Mehrheit aber schwer haben wird, einen Koalitionspartner zu finden. Auch die Koalitionsverhandlungen zwischen den drei Oppositionsparteien, die in ihren Positionen oft sehr weit auseinanderliegen, dürften dann alles andere als leicht werden. Insbesondere in Tschechien wird die Regierungsbildung mit größtem Interesse verfolgt, da beide Länder zu den VisegrádStaaten gehören. In diesem inoffiziellen Bündnis der Mitteleuropäer ist es in den vergangenen Monaten zu heftigen Auseinandersetzungen hinter verschlossenen Türen gekommen. Ein Streitthema ist dabei die Migrationspolitik der EU.
Weltweit wurde über die Ermordung von Jina Semiatiz berichtet, die fälschlicherweise mit der Holocaust-Überlebenden Gina Smiatich, geborene Regina Grünstein, verwechselt wurde. Foto: Kibbuz Kissufim
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Jina Semiatiz mit Holocaust-Überlebender verwechselt
Hamas-Terroristen töten 90jährige Großmutter Sie schlitzen schwangere Frauen auf, schneiden Kindern die Köpfe ab, erschießen Frauen und Alte: Unter den mehr als 1300 zivilen Opfern des widerwärtigen Massakers der Hamas ist auch Jina Semiatiz. Die 90jährige Großmutter wurde von den Palästinensern mit einem Kopfschuß im Kibbuz Kissufim hingerichtet.
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Mitteilungsblatt für den früheren Gerichtsbezirk Zuckmantel im Altvatergebirge
Aufatmen in der EU
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eltweit wurde mit Berufung auf die KZ-Gedenkstätte Theresienstadt berichtet, bei diesem Opfer handle es sich um die Holocaust-Überlebende Gina Smiatich, die als Regina Grünstein am 11. Mai 1933 in Hennersdorf, einem heutigen Stadtteil von Ostrau, geboren wurde und am 11. Januar 1945 zunächst in das Arbeits- und Konzentrationslager Sereth und anschließend in das Ghetto Theresienstadt verschleppt worden ist. Diese Meldung ist falsch, wie Dr. Martin Korčok, der Direk-
tor der Holocaust-Gedenkstätte in Sereth jetzt veröffentlicht hat: „Sowohl Gina Smiatich als auch Jina Semiatiz sind beide 90 Jahre alt und werden im Hebräischen genau gleich geschrieben“, erklärt Korčok die Verwechselung und sagt. „Ich habe mich direkt an das Kibbuz Kissufim gewandt. Man teilte mir mit, daß die Frau auf dem Foto Jina Semiatiz heißt und nicht in der Tschechoslowakei geboren wurde.“ Die Kollegen von der Gedenkstätte Theresienstadt treffe aber keine Schuld an der Verwechselung, so Korčok, schließlich hätten sie nur bestätigt, daß unter den Holocaust-Überlebenden auch Gina Smiatich gewesen ist. Die Verwechselung ändert selbstständlich nichts an der Grausamkeit des Massakers. Ihr Enkel berichtete, die Hamas-Terroristen hätten seine geliebte Großmutter aus einem Versteck ins Wohnzimmer gezerrt und ihr dann in den Kopf geschossen.
Volksgruppen-Sprecher Bernd Posselt sichert Israel und den Juden in aller Welt die absolute Solidarität der Sudetendeutschen Volksgruppe zu
Charlotte Knobloch: „Ein neuer Abgrund der Unmenschlichkeit“ Der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, hat den widerwärtigen Terrorangriff der Hamas gegen Israel schärfstens verurteilt und betont, dessen Ziel sei nichts anderes als Völkermord. Posselt versicherte Israel und die Juden in aller Welt der absoluten Solidarität der Sudetendeutschen Volksgruppe. An die Trägerin des Europäischen Karls-Preises der Sudetendeutschen, Charlotte Knobloch, gewandt, betonte Posselt, die Sudetendeutschen würden mit allen ihnen möglichen Mitteln gegen Antisemitismus, wie ihn Sympathisanten der Hamas in Europa und in Deutschland gezeigt hätten, kämpfen.
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mpört zeigte sich der langjährige Europaabgeordnete über den ehemaligen tschechischen Staatspräsidenten Miloš Zeman, der Israel aufgerufen hatte, sich beim Kampf gegen die Hamas die „erfolgreiche Vertreibung der Sudetendeutschen“ nach dem Zweiten Weltkrieg zum Beispiel zu nehmen. In einer solchen ernsten Stunde verbiete es sich, so Posselt, nationalistische Phantasien in einem winzigen Teil des politischen Spektrums in der Tschechischen Republik zu befriedigen, statt europäische Solidarität mit Israel und den Juden zu üben, die ehrlich ist. Die Sudetendeutschen seien dem heutigen Präsidenten der Tschechischen Republik, Petr Pavel, und der tschechischen Regierung von Petr Fiala „äußerst dankbar, daß sie europäisch und humanistisch denken, das heißt, gemeinsam mit den Sudetendeutschen und allen Europäern eindeutig und gemeinsam gegen die Verbrechen der Hamas Stellung nehmen“.
Am Odeonsplatz: Charlotte Knobloch mit Melanie Huml, Staatsministerin für Europa und Internationales.
Vor der Ohel-Jakob-Synagoge in München (von links): CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek, Sozialministerin Ulrike Scharf, Israels Generalkonsulin Talya Lador-Fresher, Oberbürgermeister Dieter Reiter, Justizminister Georg Eisenreich, Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, mit Ministerpräsident Markus Söder, Landtagspräsidentin Ilse Aigner und Kultusminister Michael Piazolo. Fotos: Mediaservice Novotny
„Kein Wort kann die Verachtung für menschliches Leben fassen, die sich in solchen Taten ausdrückt. Das ist ein neuer Abgrund der Unmenschlichkeit“, sagte tiefbewegt Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern, auf einer Solidaritätskundgebung in der Landeshauptstadt. Kein Verständnis habe sie für jene, die auch nach diesen unvorstellbaren Massakern an Kindern, Frauen und Alten „Phrasen von einer Gewaltspirale dreschen“. Diese Menschen hätten „überhaupt nichts verstanden“, so Knobloch: „Wer angesichts der aktuellen Lage nicht klar Position beziehen kann, wer heute noch nicht eindeutig und unmißverständlich an der Seite Israels steht, dem kann man nur sagen: Er soll heute und in Zukunft einfach nur den Mund halten.“ Es mache sie zudem unglaublich wütend, so Knobloch auf der Kundgebung am Münchner Odeonsplatz, daß zeitgleich nur ein paar hundert Meter entfernt auf dem Marienplatz eine Demonstration gegen Israel stattfinde. Es brauche neue Gesetze, die auch verhindern, daß auf Berlins Straßen sogar Freudenfeiern über die Juden-Morde stattfinden können. „Israel führt einen Kampf gegen die Unmenschlichkeit. Alles, was wir in Europa tun können, um den Menschen in Israel in diesem Alptraum beizustehen, müssen wir auch tun“, sagte Knobloch und hatte eine klare Botschaft an die Feinde: „Israel muß diesen Kampf gewinnen. Und Israel wird diesen Kampf gewinnen. Und darin stehen wir alle Israel bei. Am Israel Chai – Israel soll leben.“ Pavel Novotny/Torsten Fricke
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AKTUELL · MEINUNG
Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20.10.2023
AUS UNSEREM PRAGER BÜRO
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er Leiter des Prager Sudetendeutschen Büros, Peter Barton, hat sich mit dem früheren Präsidenten der Sudetendeutschen Bundesversammlung, Dr. Werner Nowak, in dessen Wohnort Plochingen getroffen. Mit seinem Besuch wollte Barton an die damalige enge Zusammenarbeit zwischen der Sudetendeutschen Botschaft des guten Willens und Nowak erinnern. Das Prager SL-Büro existiert nunmehr seit 20 Jahren, und gerade während der sehr schwierigen Anfangsphase dieser Einrichtung in der Hauptstadt Tschechiens konnte sich Barton auf die Hilfe des damaligen Präsiden-
ten der Bundesversammlung verlassen, was auch notwendig war. In der schönen historischen Gemeinde, unweit der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart, bedankte sich Barton für Dr. Nowaks Unterstützung während all der Jahre. Immer, wenn damals ein Problem auftauchte, war Nowak derjenige, der sofort versuchte zu helfen oder wenigstens zu vermitteln. Gemeinsam mit den anderen Stützen der sudetendeutschen Verständigungsarbeit in Tschechien, nämlich dem Kulturverband der Deutschen, der Föderation der jüdischen Gemeinde in der ČR, dem Verband der Roma und der tsche-
PRAGER SPITZEN Weihnachtsbaum aus Reichenberg
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chischen Paneuropa-Union, konnte das Prager SL-Büro 2003 damit beginnen, die Ziele der Sudetendeutschen in diesem Land zu verwirklichen. Da war auch der Prager
Deutsche Werner Nowak immer dabei. Bis heute erinnert er sich gerne an seine Kindheit in der goldenen Stadt an der Moldau.
Bundesversammlung in Bad Alexandersbad
Rita Hagl-Kehl und Ulrich Miksch im Präsidium der Seliger-Gemeinde Auf der Bundesversammlung der Seliger-Gemeinde, die im Rahmen des Jahresseminars am 14. Oktober im Evangelischen Bildungszentrum in Bad Alexandersbad stattgefunden hat, haben die Delegierten die Bundestagsabgeordnete Rita HaglKehl und Ulrich Miksch als neue Mitglieder ins Präsidium der Seliger-Gemeinde gewählt.
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agl-Kehl und Miksch ersetzen die ausscheidenden Präsidumsmitglieder Dr. Helmut Eikam und Albrecht Schläger. Dem Präsidium gehören außerdem Dr. Thomas Oellermann, Helena Päßler und Christa Naaß weiter an. Das Präsidium bestätigte anschließend Päßler und Naaß für zwei weitere Jahre als Vorsitzende der SG. Naaß ist außerdem Präsidentin der Sudetendeutschen Bundesversammlung und Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates. Eikam und Schläger bleiben neben Dr. Peter Becher als ehemalige Vorsitzende der SeligerGemeinde im Bundesvorstand aktiv.
„Ein klarer Standpunkt ist nötig“ Auf der Mitgliederversammlung des Bezirks Oberbayern wird sich Dr. Marc Stegherr um das Amt des Bezirksobmanns der SL-Oberbayern bewerben. In einem persönlichen Artikel stellt Stegherr sich und seine Ziele vor. Die Mitgliederversammlung findet am Samstag, 4. November, um 13.00 Uhr im Sudetendeutschen Haus in München, Hochstraße 8, statt. Eingeladen sind alle Mitglieder aus Oberbayern. Von Dr. Marc Stegherr
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ir leben heute in einer Welt, die wir uns vor zwanzig Jahren nicht hätten vorstellen können. Um die Jahrtausendwende herrschte die Überzeugung, Krieg und Vertreibung gehörten endgültig der Vergangenheit an, zumindest in jenem Teil der Welt, der als europäisch, zivilisiert und kultiviert gilt, der sich im Verhältnis der Nationen untereinander auf klare Normen geeinigt hat. Diese Überzeugung liegt in Scherben. Der Ukrainekrieg, den ein neo-imperialistisches Rußland ausgelöst hat, zerstörte die Ordnung der Zeit nach dem Fall der Mauer und dem Ende des tyrannischen Kommunismus. Der Ukrainekrieg machte Tausende Ukrainer heimatlos, zwang viele, Zuflucht im sicheren westeuropäischen Ausland zu suchen. Flucht und Vertreibung als Folge der brutalen Kriegspolitik des Kreml waren wieder auf der Tagesordnung, wie fürchterliche Wiedergänger der Jahre 1944/45, als Mord an Zivilisten, an Unschuldigen und Wehrlosen bewußt gesteuert und politisch gewollt war, um ehemals deutsche Gebiete ethnisch zu säubern. So sehr die Existenz ei-
eutschland hat am Montag mit sofortiger Wirkung stationäre Grenzkontrollen zu Tschechien, Polen und der Schweiz eingeführt. Die Kontrollen seien zunächst auf zehn Tage befristet, hat Innenministerin Nancy Faeser gegenüber der Europäischen Union erklärt. Ziel der Maßnahme sei „ein effektiver Kampf gegen Schleuser“.
Botschafter warnt vor schlechter Laune
Pavel warnt weiter vor Desinformation
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er tschechische Botschafter in Berlin, Tomáš Kafka, warnt Deutschland und andere europäische Länder vor dem Massenphänomen schlechte Laune. In einem Gastbeitrag für die Berliner Zeitung betonte Kafka, daß Tschechien damit bereits unheilvolle Erfahrungen habe. Mit dem Begriff der schlechten Laune bezieht sich Kafka auf den ehemaligen tschechischen Präsidenten Václav Havel. Dieser nutzte die tschechische Form „blbá nálada“ 1997, um die bedrückte Stimmung zu beschreiben, die viele Tschechen nach der Euphorie zu Beginn der 1990er Jahre während der Transformation überkam. Kafka riet, als Gegenmaßnahmen seien ein wenig Selbstreflexion, mehr Ausgewogenheit und eventuell psychologischer Zuspruch notwendig.
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Dr. Marc Stegherr bewirbt sich um das Amt des Bezirksobmannes der SL-Oberbayern
ner deutschen Minderheit den sich seit dem Fall des Eisernen Machtpolitikern von damals ein Vorhangs um ihre Anerkennung Dorn im Auge war, so sehr ist es als Volk mit eigener Sprache, Geheute die Existenz einer unab- schichte und Kultur bemühen. hängigen, eigenständigen ukraiDie sogenannten Sprachminnischen Nation und Identität. derheiten in Osteuropa sind mir Mit dieser Identität, die sich wissenschaftlich wie politisch in Sprache und Geschichte ma- seit langem ein Anliegen. Das nifestiert, habe ich mich als Sla- liegt auch daran, daß ich selbst wist seit dem Abschluß meines aus einer Familie stamme, die väStudiums an terlicherseits der Münchfest in Bayner Universiern verwurzelt tät befaßt, woist, mütterlibei mich Stucherseits aber dienund aus dem KuhForschungsländchen, aus aufenthalNeutitschein te auch nach stammt. Die Prag, Novi gewaltsame Sad, nach BelVertreibung grad, Sankt Pewar, seit ich tersburg und politisch dennach Klausken kann, Theburg/Cluj im ma in den Gerumänischen sprächen der Siebenbürgen Familie, wobei geführt haben. mir das ganze Wie kleinschreckliche teilig und viel- Dr. Marc Stegherr. Ausmaß erst fältig das alte durch vertiefte Europa war und in seinen abge- Lektüre und Gespräche mit Zeitlegenen Ecken noch ist, erfuhr zeugen klar wurde, was schließich, als ich in der Vojvodina, in lich auch dazu führte, daß ich beder Ostslowakei und in der West- gann, mich in der Landsmannukraine Sprache und Kultur der schaft zu engagieren. Mir ist klar, Karpato-Russinen studierte, die daß es heute, in einem Europa,
das sich wieder stärker nationalisiert, nicht einfach ist, die Rechte der deutschen Minderheit (wie auch anderer ethnischer Minderheiten) zu verteidigen. Ein klarer Standpunkt ist daher nötig, aber auch die Bereitschaft, sich auf andere Standpunkte einzulassen, das Gespräch zu jenen auf tschechischer Seite zu suchen, die offen sind für die Anliegen der Sudetendeutschen, die sich mit der eigenen Geschichte offen und unvoreingenommen, auch gegen starke Gegenstimmen befassen. Die Landsmannschaft ist eine starke Stimme für die Vertriebenen, für ihr Recht und ihre Kultur, für die Vielfalt in einem Europa, das reich ist an angestammten Ethnien und Kulturen. Sie ist eine starke Stimme für Identität einerseits und Aussöhnung andererseits. Diese Aussöhnung verlangt Anstrengungen von beiden Seiten, sie verlangt guten Willen auf beiden Seiten. Andernfalls wird das passieren, was niemand wollen kann: daß neue, vielleicht bleibende Gräben entstehen zwischen West und Ost. Daß das nicht geschieht, dafür möchte ich mich einsetzen, sollte ich zum neuen Bezirksobmann von Oberbayern gewählt werden.
Grenzkontrollen auch zu Tschechien
ie Weihnachtsmärkte in Prag sind weltberühmt. Strahlender Mittelpunkt ist jedes Jahr der Weihnachtsbaum. In diesem Jahr haben sich die Veranstalter des Weihnachtsmarktes am Altstädter Ring aus 40 Vorschlägen, die die Bürger eingereicht haben, für eine Fichte aus Reichenberg entschieden. Spätestens am 2. Dezember muß der Weihnachtsbaum perfekt geschmückt sein, wenn der Weihnachtsmarkt seine Pforten öffnet.
Prager kaufen Munitonssparte
Das neue Präsidium der Seliger-Gemeinde präsentiert sich in Bad Alexandersbad (von links): Dr. Thomas Oellermann, die Vorsitzenden Helena Päßler und Christa Naaß sowie Ulrich Miksch. Nicht im Bild: MdB Rita Hagl-Kehl, die wegen anderer Verpflichtungen verhindert war.
men betreibt vier Produktionsfirmen mit etwa 4000 Mitarbeitern.
er in Prag ansässige Konzern Czechoslovak Group hat mit „Sporting Products“ die Munitionssparte des US-amerikanischen Unternehmens Vista Outdoor für 1,91 Milliarden US-Dollar (1,8 Milliarden Euro) gekauft, teilte das Unternehmen am Montag mit. Das Geschäft muß noch von den Aktionären von Vista Outdoor sowie von den Kartellämtern beider Länder bestätigt werden. Vista Outdoor gehört zu den weltweit größten Produzenten von Kleinkalibermunition und ist in den USA der wichtigste Lieferant für den zivilen Markt sowie für Polizei- und Sicherheitskräfte. Das Unterneh-
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ie aktuellen Erfahrungen mit Desinformationen und hybrider Kriegsführung zeigen, daß die Demokratie verletzlich ist und nicht für selbstverständlich genommen werden darf, hat Tschechiens Präsident Petr Pavel am Montag bei der Eröffnung der Plenarsitzung des Forums 2000 in Prag gesagt und damit noch einmal seine Mahnung wiederholt, die er vor dem Europaparlament geäußert hatte (Sudetendeutsche Zeitung berichtete). Pavel verwies zudem darauf, daß die hiesige Regierung verstärkt mit Ländern zusammenarbeite, die einen Transformationsprozeß durchmachten, wie Tschechien in den 1990er Jahren. Diese Parallelen hob auch die moldawische Präsidentin Maia Sandu in ihrem Redebeitrag hervor. Sie habe keine Zweifel, daß ihr Land im Kampf um die Demokratie erfolgreich sein werde, äußerte Sandu und dankte den Regierungen in Mittelund Osteuropa für die Unterstützung bezüglich eines möglichen EU-Beitritts Moldawiens.
Werk von Emil Filla versteigert
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ür 11,4 Millionen Kronen (460 000 Euro) ist am Sonntag in Prag das Gemälde „Tablett mit Obst und Mandoline“ von Emil Filla versteigert worden. Damit brachte das kubistische Werk von 1930 bei der Versteigerung am Sonntag das meiste Geld ein. Insgesamt wurden knapp 200 Gegenstände für eine Summe von 66,5 Millionen Kronen (2,7 Millionen Euro) verkauft.
Sudetendeutsche Zeitung ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2023 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief oder einer der Regionalblöcke (Block 1 – Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote; Block 2 – Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung/Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung; Block 3 – Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimat, Zuckmantler Heimatbrief; Block 4 – Riesengebirgsheimat) (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2023 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20.10.2023
Am 20. Oktober 1923, also heute vor einhundert Jahren, wurde Otfried Preußler in Reichenberg geboren. Mit der Sonderausstellung „Ein bißchen Magier bin ich schon … Otfried Preußlers Erzählwelten“ sowie einem umfangreichen Begleitprogramm (siehe Seite 4) würdigt das Sudetendeutsche Museum den weltberühmten Kinderbuchautoren. Zum 100jährigen Geburtstag ist auch die erste umfassende Otfried-Preußler-Biographie erschienen, die der renommierte Kulturjournalist und Autor Dr. Tilman Spreckelsen verfaßt hat. Im Sudetendeutschen Gespräch spricht Spreckelsen über Preußlers Jugend in Reichenberg, die schwere Zeit in Krieg und Gefangenschaft sowie über die litarische Bedeutung von Preußlers Gesamtwerk.
SUDETENDEUTSCHE GESPRÄCHE
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Dr. Tilman Spreckelsen hat eine umfassende Biographie zum 100. Geburtstag des weltberühmten Reichenberger vorgelegt
Otfried Preußler und der innere Kompaß der Kleinen Hexe
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err Dr. Spreckelsen, was fasziniert Sie an Otfried Preußler? Dr. Tilman Spreckelsen: Ich bin Preußler-Leser seit meiner Kindheit, „Krabat“ war immer eines meiner Lieblingsbücher. Durch die Arbeit an meiner Otfried-Preußler-Biographie habe ich erfahren, was für ein spannendes Leben der Autor geführt hat. Als Autor von „Die kleine Hexe“, „Räuber Hotzenplotz“ und vielen weiteren Kinderbüchern ist Otfried Preußler immer noch weltberühmt. Kaum bekannt ist dagegen seine Kindheit in Reichenberg sowie seine Zeit als Wehrmachtssoldat und in russischer Kriegsgefangenschaft. Sie haben mit Ihrem zum 100. Geburtstag erschienenen Buch „Otfried Preußler – Ein Leben in Geschichten“ eine vollständige Biographie vorgelegt. In welchem Umfeld ist Otfried Preußler in Reichenberg aufgewachsen und was waren die prägenden Personen? Spreckelsen: Preußlers Eltern waren beide Lehrer, der Vater gab zudem die Kinderzeitschrift Deutsche Jugend heraus – beides hat ihn geprägt, als Autor und in der Berufswahl. Auch das Aufwachsen in einer überwiegend deutschsprachigen Stadt in der ersten tschechoslowakischen Republik war für seinen Lebensweg von Einfluß. Durch die Vertreibung seiner Familie aus Reichenberg ging ihm ein Stück Heimat verloren, die er sich – und seiner Familie – dann in Bayern neu aufgebaut hat. Wie wurde aus dem jungen Reichenberger, der sich für Literatur interessierte, ein Offizier der Wehrmacht? Spreckelsen: Preußler wurde unmittelbar nach dem Abitur Soldat. Er kämpfte an der Ostfront, unterbrochen von einem Offizierslehrgang, den er in
Zur Person: Dr. Tilman Spreckelsen Dr. Tilman Spreckelsen hat mit „Otfried Preußler – Ein Leben in Geschichten“ die erste umfassende Biographie des weltberühmten Kinderbuchautoren vorgelegt. Das Werk ist im Verlag Thienemann erschienen. Foto: Stefan Gelberg Dresden absolvierte. Im Herbst 1944 geriet er im heutigen Rumänien in Kriegsgefangenschaft. Gerade aus der letzten Zeit vor der Gefangennahme und den Ereignissen danach kennen wir viele Details aus eigenen, überwiegend unveröffentlichten Berichten Otfried Preußlers. Wie hat Otfried Preußler die fünf Jahre im Kriegsgefangenenlager überlebt? Spreckelsen: Er hatte das Glück, in schwerer Krankheit durch eine Ärztin gerettet zu werden. Später half ihm unter anderem sein Talent als bildender Künstler, zeitweilig unter leichteren Bedingungen inhaftiert zu sein. Noch im Krieg hatte sich Preußler mit seiner Jugendliebe Annelies Kind verlobt. Wie fand das Paar nach dem Krieg wieder zueinander?
Spreckelsen: Der Versuch, Kontakt mit Annelies Kind aufzunehmen, ging zuerst ins Leere. Doch eine – mit den Reichenberger Kinds nicht verwandte – Leipziger Frau Kind half dabei, daß ein Suchaufruf Otfried Preußlers im Radio gesendet wurde. Den hörten die „richtigen“ Kinds. Und nahmen Kontakt mit dem inhaftierten Preußler auf. 1956 hat Otfried Preußler mit „Der kleine Wassermann“ sein erstes Kinderbuch veröffentlicht, das auch lange als sein Erstlingswerk galt. 2015, zwei Jahre nach Preußlers Tod am 18. Februar 2013, enthüllte der Literaturhistoriker Dr. Peter Becher in der Zeitschrift Sudetendenland, daß Preußler in der NS-Zeit das 1944 veröffentlichte Buch „Erntelager Geyer“ geschrieben hatte. Sie schreiben, der Au-
Geboren 1967 in Kronberg im Taunus. Nach Abitur und Zivildienst Studium der Germanistik und
Geschichte in Freiburg. 1998 Promotion mit einer Arbeit zu Androiden im Werk Karl Immermanns. Anfang 2001 Hospitanz im Feuilleton der F.A.Z., von Mai 2001 bis März 2003 Redakteur im Literaturblatt, danach bis Januar 2016 Redakteur im Wissenschaftsressort der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Seither wieder Redakteur im Literaturblatt. 2012 erhielt er den „Volkacher Taler“ der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur. 2014 wurde sein Roman „Das Nordseegrab“ mit dem Theodor-Storm-Preis der Stadt Husum ausgezeichnet. 2016 war Spreckelsen erster Träger der Grimm-Bürgerdozentur der Goethe-Universität Frankfurt am Main und der Stadt Hanau. Im Herbst 2018 erhielt er den georgischen „Saba“-Literaturpreis. 2021 schrieb Spreckelsen für die Jubiläumsausgabe von Otfried Preußlers „Krabat“ das Nachwort. tor Franz Fühmann, ein Schulkamerad von Preußler, habe das Werk als „ein ganz böses Buch“ bezeichnet. Handelt es sich bei „Erntelager Geyer“ um eine Propagierung der NS-Ideologie? Inwiefern relativiert dieses Werk die Gesamtwürdigung von Preuß-
lers Schaffen? Warum hat Preußler später über dieses Buch nie gesprochen? Spreckelsen: Als Otfried Preußler, der sich den Forschungen Carsten Gansels zufolge für die Aufnahme in der NSDAP bewarb, „Erntelager
Geyer“ schrieb, ging er noch zur Schule. Das Jugendwerk erzählt von einem HJ-Ernteeinsatz. Im Buch wird Adolf Hitler gepriesen, zugleich werden Juden und Tschechen diffamiert. Insofern unterstützt es die NS-Ideologie. Warum Preußler sich nach dem Krieg – von einer Ausnahme abgesehen – nicht zu dem Werk bekannte, weiß ich nicht. Wichtig finde ich in diesem Zusammenhang, daß er in späteren Werken, etwa in der „Kleinen Hexe“, nicht mehr die Unterordnung des Einzelnen unter das Kollektiv fordert, sondern das schiere Gegenteil: Die Kleine Hexe stellt sich in der Beurteilung ethischer Fragen gegen die gesamte Hexenschaft und beruft sich dabei auf ihren inneren Kompaß. 1971 veröffentlichte Preußler das Buch „Krabat“, an dem der Reichenberger zehn Jahre geschrieben hatte. Inwiefern ist dieses Werk autobiographisch? Und welche Rolle spielt „Krabat“ für das Verständnis der Person Otfried Preußler? Spreckelsen: Das Buch erzählt von einer Mühle im siebzehnten Jahrhundert, da ist es schwer, im Inhalt direkt Autobiographisches zu entdecken. Aber Preußler hat betont, das Buch erzähle trotzdem die Geschichte seiner Generation – und die von der Verführung durch eine dunkle Macht. Ich glaube, daß er erst im Verlauf des Schreibens selbst gemerkt hat, wieviel der Sagenstoff mit seiner eigenen Geschichte zu tun hat. Aber das ist natürlich Spekulation. Sie sind 1967 geboren und dürften, wie die meisten Angehörigen dieser Generation, mit den Büchern von Otfried Preußler aufgewachsen sein. Können Sie sich noch an Ihr erstes Preußler-Buch erinnern? Wie haben Sie darauf reagiert? Spreckelsen: Meine Mutter kaufte mir eine Schallplatte der „Kleinen Hexe“, da muß ich etwa sechs Jahre alt gewesen sein. Ich war gebannt angesichts dieser erzählten Welt. Später wurden mir die anderen Kinderbücher vorgelesen. Und der „Krabat“ war ein absolut faszinierendes Lese-Erlebnis. Was zeichnet Otfried Preußlers Werk aus? Spreckelsen: Seine gediegene Sprache, die aus dem Mündlichen kommt und vorgelesen wunderbar klingt. Und seine widerständigen Protagonisten, die sich die Welt erobern. Welches Buch von Otfried Preußler würden Sie Erwachsenen zum Lesen empfehlen? Spreckelsen: „Krabat“, natürlich. Und die herrliche „Flucht nach Ägypten“. Torsten Fricke
Zum dritten Mal hat das Sudetendeutsches Museum an der traditionellen Kulturveranstaltung der Münchner Museen teilgenommen
Die lange Nacht zu Otfried Preußlers 100. Geburtstag „Die Resonanz war großartig. Bei der Langen Nacht der Münchner Museen haben Hunderte von Besuchern erlebt, daß das Sudetendeutsche Museum ein lebendiger Ort mit einer großen Anzahl an Objekten ist, wovon jedes einzelne eine emotionale Geschichte erzählt“, hat Museumsdirektor Dr. Stefan Planker nach der dritten Teilnahme an der traditionellen Kulturveranstaltung Bilanz gezogen.
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Der Sand-Art-Workshop in der Museumspädagogik begeisterte die kleinen Besucher des Sudetendeutschen Museums. Fotos: Daniel Mielcarek/SDM
in Anziehungspunkt war in diesem Jahr die Alfred-Kubin-Galerie, in der noch bis zum 12. November die Sonderausstellung „Ein bißchen Magier bin ich schon...“ zum 100. Geburtstag von Otfried Preußler zu sehen ist. In mehreren Führungen ließen Ausstellungskuratorin Eva Haupt und Museumspädagogin Ricarda Wolf die kleinen und großen Besucher in die Erlebniswelten Otfried Preußlers eintauchen, erläuterten Wissenswer-
„Das kleine Gespenst“ von Otfried Preußler war Thema der Sand-Art-Show der Künstlerin Nadia Ischia. tes zu Preußlers Lebensstationen und lasen aus den Büchern „Die kleine Hexe“, „Der Räuber Hotzenplotz“ und „Krabat“ vor. Ein Höhepunkt war wieder die Sand-Art-Show von Nadia Ischia, die anläßlich des Preußler-Geburtstages im vollbesetzten Adalbert-Stifter-Saal die Geschichte „Das kleine Gespenst“ nachzeichnete. Ausgebucht wa-
Museumspädagogin Ricarda Wolf begeisterte die kleinen Besucher für die Geschichten von Otfried Preußler.
ren auch die beiden Sand-ArtWorkshops in der Museumspädagogik. Abends stand eine Live-Erzählung mit Body Art und Illustration auf dem Programm. In Deutsch, Tschechisch und Englisch wurde die Geschichte der Sudetendeutschen dargestellt, um das Nachdenken über die immer noch aktuellen Themen Hei-
mat, Flucht und Vertreibung anzuregen. Die deutsche Erzählung trug der Schauspieler Florian Lange vor, die tschechische Version bot die Studentin Annika Vojtíšek dar und die englische Version, die im Mai im Rahmen des Europäischen Museumspreises ihre Premiere hatte, präsentierte der Presse-Referent des Museums, Daniel Mielcarek.
4 Bis Sonntag, 29. Oktober: Sonderausstellung mit Werken des Johannes-von-Tepl-Preisträgers Roland Helmer. Egerland-Museum, Fikentscherstraße 24, Marktredwitz. Bis Sonntag, 12. November, Sudetendeutsches Museum, Sonderausstellung: „Ein bißchen Magier bin ich schon … Otfried Preußlers Erzählwelten“. Geöffnet dienstags bis sonntags, 10.00 bis 18.00 Uhr. Sudetendeutsches Haus, Alfred-KubinGalerie, Hochstraße 8, München. Freitag, 20. Oktober, 19.00 Uhr, Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste: Festveranstaltung/Vortrag von Prof. Dr. Stefan Samerski. Freier Eintritt mit anschließendem Empfang. Anmeldung per eMail an sudak@ mailbox.org oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 48. Sudetendeutsches Haus, Adalbert-StifterSaal, Hochstraße 8, München. Freitag, 20. bis Sonntag, 22. Oktober, Sudetendeutsche Landsmannschaft Bundesverband, Sudetendeutsch-Tschechischer Zukunftskongreß. Programm siehe Sudetendeutsche Zeitung, Ausgabe 39. Clarion Congress Hotel, 14, Pražská tř. 2306, Budweis. Samstag, 21. bis Sonntag, 22. Oktober, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Oma kommt aus Schlesien – Die Erinnerungen der Nachfahren“. Ein Seminar für die Kinder und Enkel der Vertriebenen und alle Interessierten. Anmeldung unter Telefon (0 22 44) 88 62 31 oder per eMail an kultur@ hausschlesien.de Haus Schlesien, Dollendorfer Straße 412, Königswinter-Heisterbacherrott. Samstag, 21. Oktober, 10.00 bis 17.00 Uhr, SL-Bezirk Mittelfranken. Tagesseminar. Dr. Ortfried Kotzian referiert über die deutsche Besiedlung im Sudetenland, die der deutschen Ostgebiete und die der deutschen Sprachinseln in Südosteuropa. Haus der Heimat, Imbuschstraße 1, Nürnberg. Samstag, 21. Oktober, 14.00 Uhr, Deutscher Böhmerwaldbund. Feierstunde zum 34. Jahrestag der Errichtung des Adalbert-Stifter-Denkmals. Böhmerwaldplatz, München. Samstag, 21. Oktober, 14.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Zwischen Anpassung und Ausreisewunsch – Deutschstämmige im kommunistischen Rumänien“. Vortrag von Dr. Paul Cristian Bagiu mit Diskussion. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 21. Oktober, 15.00 bis 22.00 Uhr: Kulturreferat für die böhmischen Länder im Adalbert Stifter Verein: Geburtstagsfest für Otfried Preußler (20. Oktober 1923 – 18. Februar 2013). 15.00 Uhr: Figurentheater „Die Kleine Hexe“. 16.00 Uhr: Familienprogramm. 18.00 Uhr: Figurentheater „Der Räuber Hotzenplotz“. Sonderöffnung der Ausstellung bis 22.00 Uhr. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Sonntag, 22. Oktober, 14.15 Uhr, Heimatverband der Brünner in der Bundesrepublik Deutschland: Bruna-Heimatnachmittag. Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München. Montag, 23. bis Freitag 27. Oktober, Sudetendeutsche Heimatpflegerin: Kulturfahrt „Bekanntes und Unbekanntes in Böhmen und Mähren“. Programm und Anmeldung unter www.sudetendeutscheheimatpflege.de Montag, 23. Oktober, 16.15 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Jochen Klepper und die NS-Diktatur“. Vortrag von Prof. Dr. Winfrid Halder im Rahmen der Kulturtagung der Landsmannschaft Schlesien Hessen. Wilhelm-Kempf-Haus, Wilhelm-Kempf-Haus 1, Wiesbaden. Donnerstag, 26. Oktober, 9.30 bis 19.30 Uhr, Kultur-
TERMINE VERANSTALTUNGSKALENDER stiftung der deutschen Vertriebenen: Tagung „Estland und Lettland – Geschichte und Architektur vom Mittelalter bis zur Gegenwart“. Weitere Informationen und Anmeldung per eMail an ebh.akademie@ bistum-mainz.de oder unter Telefon (0 61 31) 25 75 23. Erbacher Hof, Grebenstraße 24–26, Mainz. Donnerstag, 26. Oktober, 19.00 Uhr: Adalbert Stifter Verein: Filmvorführung „Krabat“ und „Das Märchen von Hans und Marie“ in Tschechisch mit deutschen Untertiteln im Rahmen der Otfried-Preußler-Ausstellung. Filmmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, München. Freitag, 26. Oktober, 19.00 Uhr, Institutum Bohemicum: Deutsch-Tschechisches Doppel-Konzert mit dem Chor der mährischen Lehrerinnen aus Brünn und dem Maxchor aus München. Kirche St. Maximilian Deutingerstraße 4, München. Samstag, 28. bis Sonntag, 29. Oktober, Bund der Eghalanda Gmoin: Bundeskulturtagung. Egerland-Kulturhaus, Fikentscherstraße 24, Marktredwitz. Samstag, 28. Oktober, 10.30 Uhr, BdV-Kreisgruppe Bayreuth: Tag der Heimat. Die Festrede hält Hartmut Koschyk, Finanzstaatssekretär und MdB a. D. Gasthof Specht, Fichtelberger Straße 41, Fichtelberg. Samstag, 28. Oktober, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Monatsnachmittag mit dem Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, MdEP Rainer Wieland. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart. Anmeldung bei Waltraud Illner unter Telefon (07 11) 86 32 58 oder per eMail an illner@sudeten-bw.de Samstag, 28. Oktober, 14.30 Uhr, Ackermann-Gemeinde Bad Kötzting: Buchpräsentation „Mein Weg zu unseren Deutschen“. Hotel Post, Herrenstraße 10, Bad Kötzting. Samstag, 28. Oktober, 15.00 bis 16.30 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Kinderführung durch die Otfried-Preußler-Ausstellung zu Halloween“. Sudetendeutsches Haus, Alfred-KubinGalerie, Hochstraße 8, München. Mittwoch, 1. bis Freitag, 3. November, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: Studienfahrt „Zwischen Alexanderplatz und Dorotheenstädtischem Friedhof: Historische und literarische Orte in Berlin“. Anmeldung und weitere Informationen unter www.g-h-h.de/exkursion-berlin Samstag, 4. November, 13.00 Uhr, SL-Oberbayern: Mitgliederversammlung undWahlversammlung der SL-Oberbayern. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Montag, 6. November, 19.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „1000 Jahre Nachbarschaft. Österreicher, Tschechen und Sudetendeutsche“. Buchvorstellung mit Prof. Dr. Arnold Suppan. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Dienstag, 7. November, 18.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „Paul Zech und Wuppertal“. Vortrag und Lesung mit Alfred Hübner im Rahmen des Lesefestivals LangLese 2023. Gemeindehaus der Evangelischen Kirchengemeinde Langerfeld, Inselstraße 19, Wuppertal. Mittwoch, 8. November, 16.00 und 19.00 Uhr, Adalbert Stifter Verein: „Literatur im Café – Otfried Preußler zum 100. Geburtstag“. Sudetendeutsches Museum, Museumsbistro, Hochstraße 10, München. Donnerstag, 9. November, 18.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „Fern der Heimat. Das Trauma Stalingrad in Texten“. Vortrag und Lesung mit Prof. Dr. Winfrid Halder und Dr. Katja Schlenker im Rahmen des Lesefestivals LangLese 2023.
Gemeindehaus der Evangelischen Kirchengemeinde Langerfeld, Inselstraße 19, Wuppertal. Freitag, 10. November, 19.30 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: Konzert „Resistance – Die Wiederbelebung ,entarteter Musik‘“. Sinfonietta VivazzA mit Werken von van Gilse, Kauffmann, Krása und Karel. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 11. November, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: Film „Trautenau und das Riesengebirgsvorland – Begegnungen mit Deutschen und Tschechen“. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen. Sonntag, 12. November, 13.30 bis 17.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: Finissage der Otfried-Preußler-Sonderausstellung. 13.30 Uhr: Kuratorenführung mit Eva Haupt und Anna Knechtel. 15.00 Uhr: Kindertheater „Der Räuber Hotzenplotz“. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Sonntag, 12. November, 17.00 Uhr, Sudetendeutsches Musikinstitut (Träger: Bezirk Oberpfalz): Konzert des EyblerTrios mit Miryam Yong-Mi Nothelfer (Violine), Wolfrun BrandtHackl (Viola) und Georg Ongert (Violoncello). Weinschenkvilla, Hoppestraße 6, Regensburg. Tikkets unter www.okticket.de und an der Abendkasse zu 15 Euro. Dienstag, 14. bis Freitag, 17. November, Sudetendeutsche Landsmannschaft Bundesverband: Multiplikatorenseminar auf dem Heiligenhof. Bildungsstätte Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen. Mittwoch, 15. November, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe RothSchwabach: Erzählcafé der Stadt Roth. Auf dem Programm stehen „50 Jahre Zusammenschluß der Kreisgruppen Schwabach und Hilpoltstein“ sowie die Eröffnung der Ausstellung „Gerettete Denkmale in der Tschechischen Republik“ mit der Sudetendeutschen Heimatpflegerin Christina Meinusch. Schloß Ratibor, Ratsstuben, Hauptstraße 1, Roth. Donnerstag, 16. November, 19.00 Uhr, Sudetendeutsches Musikinstitut (Träger: Bezirk Oberpfalz) in Kooperation mit der Heinrich-Simbriger-Stiftung und der KünstlerGilde e. V. Esslingen: „Heinrich Simbriger als Komponist und Musiktheoretiker“. Vortrag von Dr. Dominik Šedivý (Garmisch-Partenkirchen). Umrahmung mit Cellostücken von Heinrich Simbriger (1903–1976), gespielt von Tomasz Skweres. Weinschenkvilla, Hoppestraße 6, Regensburg. Freitag, 17. bis Samstag, 18. November: Sudetendeutscher Heimatrat: Jahrestagung. Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen. Samstag, 18. November, 19.00 Uhr, Egerländer Gmoi Nürnberg: „Tango trifft Polka“. Kathreintanz mit dem Tanzorchester Entensee. Haus der Heimat, Imbuschstraße 1, Nürnberg. Sonntag, 19. November, 10.00 Uhr, Egerländer Gmoi Nürnberg: Gedenkgottesdienst zum Volkstrauertag. Evangelische Kirche St. Paul, Ebermayerstraße 15, Nürnberg. Montag, 20. November, 19.00 Uhr: Vortragsreihe „Böhmische Schlösser – Teil 4: Melnik“ von Prof. Dr. Stefan Samerski. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Samstag, 25. November, 9.30 bis 17.00 Uhr, AckermannGemeinde Augsburg: „Sudetenland heute“. Film und Vortrag von Veronika Kupkova. Anmeldung unter Telefon (08 21) 31 66 85 50 oder per eMail an ackermanngemeinde@bistumaugsburg.de Haus St. Ulrich, Kappelberg 1, Augsburg. Sonntag, 26. November, 17.00 Uhr, Sudetendeutsches Musikinstitut (Träger: Bezirk Oberpfalz): Liederrecital,
„Winterreise“ von Franz Schubert (1797–1828). Lukas Ennoch Lemcke (Baß) und Ada Sophie Heinke (Klavier). Festsaal des Bezirks Oberpfalz, Ludwig-Thoma-Straße 14, Regensburg. Tikkets unter www.okticket.de und an der Abendkasse zu 15 Euro. ■ Dienstag, 28. November, 19.00 Uhr, Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste: Ringveranstaltung/Vortrag von Prof. Dr. Kurt Franz. Freier Eintritt mit anschließendem Empfang. Anmeldung per eMail an sudak@ mailbox.org oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 48. Sudetendeutsches Haus, Adalbert-StifterSaal, Hochstraße 8, München. ■ Donnerstag, 30. November bis Sonntag, 3. Dezember, Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk: 60. Heiligenhofer Adventssingen mit Chorsingen, Volkstanz und Instrumentalmusik. Leitung: Astrid Jeßler-Wernz, Karlshuld. Weitere Informationen unter www.heiligenhof.de Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen. Samstag, 2. Dezember, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Stuttgart und Böhmerwald Heimatgruppe Stuttgart: Jahresabschluß- und Weihnachtsfeier. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart. Anmeldung bei Waltraud Illner unter Telefon (07 11) 86 32 58 oder per eMail an illner@sudeten-bw.de Samstag, 2. Dezember, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Roth: Adventlicher Nachmittag. Restaurant Waldblick, Ostring 28, Roth. Samstag, 9. Dezember, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Advent- und Weihnachtsfeier. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart. Samstag, 9. Dezember, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde Erlangen: Vorweihnachtliche Feier mit Ehrungen. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen. Sonntag, 10. Dezember, 16.00 Uhr, SL-Kreisgruppe und SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf: 51. Stuttgarter Adventssingen. Liederhalle, Berliner Platz 1–3, Stuttgart. Anmeldung bei Waltraud Illner unter Telefon (07 11) 86 32 58 oder per eMail an illner@sudeten-bw.de Freitag, 5. bis Samstag 6. Januar 2024, Schwabenakademie Irsee: „Das Mütterchen mit Krallen. Die Pragerdeutsche Literatur im Umkreis Franz Kafkas.“ Anmeldung unter www. schwabenakademie.de Schwabenakademie, Klosterring 4, Irsee. Sonntag, 15. Januar 2024, 15.00 Uhr, Sudetendeutsche Landsmannschaft – Bundesverband: Verleihung der Kulturellen Förderpreise. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Montag, 22. April, 19.00 Uhr: Vortragsreihe „Böhmen als Ort der Begegnung – Teil 1: Europäische Wegbereiter“ von Prof. Dr. Stefan Samerski. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Freitag, 17. bis Pfingstsonntag, 19. Mai 2024: 74. Sudetendeutscher Tag in Augsburg. Zu den festen Programmpunkten zählen wieder die Kulturpreisverleihung am Freitagabend, die Verleihung des Europäischen Karls-Preises der Sudetendeutschen Landsmannschaft und der HEIMAT!abend am Samstag sowie die Hauptkundgebung mit den Festreden des Sprechers der Sudetendeutschen Volksgruppe und des Bayerischen Ministerpräsidenten am Pfingstsonntag. Ausführliches Programm folgt. Montag, 17. Juni, 19.00 Uhr: Vortragsreihe „Böhmen als Ort der Begegnung – Teil 2: Der Frieden kommt aus Böhmen“ von Prof. Dr. Stefan Samerski. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.
Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20.10.2023
Stadt- und Kulturgeschichte von Reschitza
Freitag, 10. bis Sonntag, 12. November: Wochenendseminar „Stadtund Kulturgeschichte von Reschitza“ in Kooperation mit dem Demokratischen Forum der Banater Berglanddeutschen und unter Förderung durch das Kulturwerk Banater Schwaben e. V. Die Veranstaltung gehört zu einer Reihe von Portraits über Städte und Regionen im östlichen Europa, die einst von Deutschen gegründet oder wesentlich im wirtschaftlichen und kulturellen Bereich von Deutschen geprägt worden sind. Es wurden in dieser Reihe bisher unter anderem Welterbestätten und europäische Kulturhauptstädte vorgestellt. Diesmal soll die Geschichte von Reschitza im Banater Bergland, heute zu Rumänien, bis 1918 zu Österreich-Ungarn zugehörig, vorgestellt werden. Reschitza (Foto: Wikipedia, CC BY-SA 3.0) ist eine von früher Industrialisierung durch Kohle und Stahl geprägte Stadt. Die Veranstaltung zielt darauf ab, verschiedene Facetten der Siedlungs-, Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte dieser wichtigen Banater Industriestadt zu behandeln wie sich auch mit dem gegenwärtigen deutschen Vereins- und Kulturleben von Stadt und Region vertraut zu machen. Als Referenten aus Rumänien und Deutschland wirken mit: Dr. HansHeinrich Rieser, „Das industrielle Herz Südosteuropas. Naturräumliche Hintergründe“; Prof. Dr. Rudolf Gräf, „Was blieb von der ÖsterreichischUngarischen Staatseisenbahngesellschaft?“; Prof. Dr. Hermann Scheuringer, „Sprache und Dialekte im Banater Bergland“; Marionela Wolf, „Auswandererbriefe aus dem Bergland“; Josef Wolf, „Das Banater Bergland als Migrationsraum“; Prof. Dr. Anton Sterbling, „Soziologische und literarische Impressionen des Banater Berglandes“; Erwin Josef Ţigla/Günther Friedmann, „Das deutsche Vereins- und Kulturleben“; Dr. Christian Paul Chioncel, „Das Hochschulwesen in Reschitza“; Lucian Duca/Werner Kremm, „Reschitza im Wandel“; Luise Frank, „In Ferdinandsberg geboren...“ sowie Prof Dr. Anton Sterbling und Werner Kremm, „Erinnerungen an Rolf Bossert“. Der Tagungsbeitrag beträgt 80,00 Euro plus 3,90 Euro Kurtaxe pro Person (inklusive Programm und Verpflegung sowie Unterbringung im Doppelzimmer für zwei Tage) beziehungsweise 100,00 Euro plus 3,90 Euro Kurtaxe im Einzelzimmer. Die Reisekosten sind von den Teilnehmern selbst zu tragen. Anmeldungen zu dem Seminar sind ab sofort möglich und werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Sie sind zu richten an: Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, 97688 Bad Kissingen, Telefax: (09 71) 71 47 47 oder per eMail an hoertler@heiligenhof.de Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de
Podiumsdiskussion mit Experten
Erhalt der Kultur der Siebenbürger Sachsen Freitag, 27. Oktober, 19.00 Uhr, Podiumsdiskussion „Wie kann das kulturelle Gedächtnis der Siebenbürger Sachsen erhalten und gesichert werden?“. Teilnehmer: Dr. Ralf Thomas Göllner (Regensburg), Dr. Konrad Gündisch (München), Dr. Ingrid Schiel (Gundelsheim) und Dr. Johann Schmidt (Nürnberg). Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München. Das Siebenbürgen-Institut an der Universität Heidelberg auf Schloß Horneck in Gundelsheim am Neckar ist mit seinem Kernstück, der Siebenbürgischen Bibliothek mit Archiv, die wichtigste Forschungseinrichtung der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Es dient der Erhaltung und Sicherung von Büchern, Dokumenten, Fotografien, Film- und Tonaufnahmen sowie der Erforschung der Kultur und Geschichte Siebenbürgens und der Siebenbürger Sachsen. Ein entscheidender Förderer dieser Einrichtung ist die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek, die es sich zur
Aufgabe gemacht hat, die Existenz des Siebenbürgen-Instituts als Kultureinrichtung sicherzustellen. Dafür wirbt die Stiftung intensiv um Spenden und Beiträge. Ziel der Informationsveranstaltung im Haus des Deutschen Ostens ist es, diese beiden eng miteinander verknüpften Einrichtungen vorzustellen und zu erörtern, wie das Siebenbürgen-Institut als Speicher des kulturellen Gedächtnisses der Siebenbürger Sachsen langfristig gesichert werden kann. Vorgesehen sind folgende Themen: Dr. Konrad Gündisch, „Die Bedeutung des Siebenbürgen-Instituts für die siebenbürgisch-sächsische Kulturarbeit und die internationale Forschung“, Dr. Ralf Thomas Göllner, „Die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek und ihre Arbeit“, Dr. Ingrid Schiel, „Die Siebenbürgische Bibliothek mit Archiv und deren Bestände“ und Rechtsanwalt Dr. Johann Schmidt, „Anforderungen an ein rechtssicheres Testament“.
Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20.10.2023
AKTUELL · KOLUMNE
60. Andechser Europatag stand unter dem Motto „Medien – Mittel zur Freiheit?“
„Grundsätzlich sind Journalisten Mitarbeiter der Wahrheit“
Von Moskau und Peking orchestrierte Desinformationskampagnen im Vorfeld der Europa- und der US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen bedrohen in existentieller Weise unsere westlichen Demokratien, warnt Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und langjähriger Abgeordneter des Europaparlaments. Anlaß war der 60. Andechser Europatag der Paneuropa-Union Deutschland, deren Präsident Posselt ist, und an dem am vergangenen Wochenende wieder hochrangige Persönlichkeiten aus Politik, Kirche und Gesellschaft teilgenommen haben.
Mut tut gut
Ohne Mission keine Kirche
A
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or dem Hintergrund dieser gezielten Desinformationskampagnen sei es „brandgefährlich, daß immer mehr Menschen unsere hochwertige Medienlandschaft in Frage stellen, aber jeden Unsinn glauben, den sie irgendwo im Netz finden“, sagte Bernd Posselt und schloß daraus, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk und der traditionelle Qualitätsjournalismus nicht verschwinden, sondern gestärkt werden müßten. Posselt wandte sich jedoch gegen aktuelle Zentralisierungstendenzen in der ARD und plädierte im Gegensatz dazu für mehr Medien-Föderalismus. Wasserköpfe seien ab-, Länderanstalten hingegen in gesundem Wettbewerb zueinander auszubauen. Die demokratischen Parteien dürften weder Putin noch den Extremisten von der AfD die Lufthoheit in den Social-Media-Kanälen überlassen. Gleichzeitig müßten sie aber die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen, inmitten einer immer hektischeren Nachrichtenflut klassischen Medien, die grundsätzliche Orientierung geben, eine tragfähige Zukunft zu sichern. Kardinal Reinhard Marx bezeichnete die „christliche Idee, daß alle Menschen gleich an Würde sind und zu einer Familie gehören“, als Grundlage unserer europäischen Zivilisation. Deshalb hätte ein Verschwinden des christlichen Glaubens tiefgreifende Folgen für die Demokratie. Der Münchner Erzbischof nannte die Tendenz extremistischer Kreise, „das Christentum als Identitätsfloskel zu mißbrauchen, erschreckend“. Nationalismus sei unchristlich: „Daß wir eine einzige Menschheitsfamilie sind, ist ein Glaubenssatz, ein Dogma der Kirche. Wir sind alle Brüder und Schwestern, die einen gemeinsamen Vater im Himmel haben.“ Es sei die Aufgabe aller Religionen, sich gemeinsam gegen Krieg und Gewalt zu wenden. Unter Verweis auf die explosive Lage im Nahen Osten betonte er: „Frauen und Kinder massakrieren und dazu ‚Gott ist groß’, rufen ist Blasphemie.“ Europa lebe in einer Zeit des Umbruchs wie im 16. Jahrhundert. Deshalb gelte es neu die befreiende universalistische Kraft des Evangeliums zu entdecken, „die auch mich nach vielen Jahrzehnten immer wieder überrascht“. Nicht nur die Zehn Gebote und die Bergpredigt seien wesentliche Grundlagen der europäischen Kultur, sondern auch die Schöpfungsgeschichte. Der Kardinal wandte sich gegen Materialismus und Kapitalismus und sprach sich für eine Erneuerung Europas auf der Grundlage einer ökologischen und sozialen Marktwirtschaft im Sinne der Katholischen Soziallehre aus. Sebastian Sasse, leitender Redakteur für Politik und Wirtschaft der katholischen Zeitung Die Tagespost, stellte sich im Lichte der modernen Mediengesellschaft der Pilatusfrage „Was ist Wahrheit?“ Pontius Pilatus sei der Archetyp eines überforderten Entscheidungsträgers. Die berühmte Frage habe einerseits eine relativierende Dimension; in ihr stecke aber auch ein Hilferuf, die Sehnsucht nach einer überzeugenden Antwort, was die Wahrheit sein kann. Bei der Wahrheitssuche falle den Medien die Rolle eines Navigationssystems zu. Journalisten und Redaktionen müßten ehrlich sein, was ihre Grundhaltung angehe, die sie nicht verschleiern dürften, sowie objektiv und handwerklich gut, was das Recherchieren von Fakten betreffe. Sasse warnte vor einem „politischen Tribalismus“, in dem jeder
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Links: Gastgeber Bernd Posselt im Gespräch mit Kardinal Reinhard Marx. Oben: Das Podiumsgespräch mit (von links) Andreas Bönte, Ludmila Rakušanová, Christian Hoferer, Bischof Franjo Komarica, Stephen A. Sikder und Steffen Hörtler. Fotos: Johannes Kijas
nur zur Kenntnis nehme, was seiner jeweils speziellen Auffassung entspreche, sich also überhaupt nicht mehr mit anderen Ansichten und weltanschaulichen Milieus auseinandersetze. Paneuropa-Vizepräsident Dirk Hermann Voß als erfahrener Medienanwalt und Verfassungsrechtler skizzierte die rechtlichen Grundlagen sowohl der Pressefreiheit als auch des Persönlichkeitsschutzes, die miteinander sehr häufig in einem Spannungsverhältnis stünden. Die EU-Grundrechtecharta etwa gehe von der unantastbaren Würde des Menschen, von der Freiheit des Einzelnen, von der Achtung der Privatsphäre und des Familienlebens, vom Datenschutz sowie von der Meinungs- und Informationsfreiheit aus. Der langjährige ZDF-Korrespondent in Bonn, Brüssel, Wien und New York, Klaus Prömpers, bejahte die Frage, ob Social Media ein digitales Schlachtfeld sei. Dort verbreitete Behauptungen und Bilder trügen zur Radikalisierung der Politik sowie zur Verschärfung kriegerischer Auseinandersetzungen bei, wenn sie sich nicht innerhalb eines vernünftigen ethischen und gesetzlichen Rahmens bewegten. Er lobte die vorhandene Gesetzgebung der EU sowie die intensiven Bemühungen, sie weiter zu entwikkeln. Demokratische und rechtstaatliche Institutionen in Europa dürften sich nicht durch willkürliche Beschlüsse von US-Monopolisten aushebeln lassen. Ulrich Bobinger, lange Zeit als Reporter in Kriegs- und Krisengebieten unterwegs, ist heute Pressesprecher und Medienverantwortlicher des Bistums Augsburg. Er stellte energisch in Abrede, daß Medien und Kirchen einander unversöhnlich gegenüberstünden. Vor allem die lokale und regionale Presse, die die große Masse der Medienkonsumenten erreiche, sei ausgesprochen interessiert an kirchlichen Aktivitäten und berichte objektiv darüber. Seiner Ansicht nach gebe es nur sehr wenige Journalisten und Medien, die eine bestimmte ideologische oder politische Agenda verfolgten. Die meisten seien bestrebt, ihr Handwerk gut zu machen, und übten eine wichtige gesellschaftliche Kontrollfunktion auch gegenüber den Kirchen aus: „Wir irren uns manchmal, es gibt auch schwarze Schafe, aber grundsätzlich sind Journalisten Mitarbeiter der Wahrheit.“ Das abschließende Podium „Überlebt unser demokratisches Europa die Mediengesellschaft?“ moderierte Christian Hoferer, der Bundesvorsitzender der Paneuropa-Jugend. Er erinnerte an die „freien, aber nicht fairen“ Wahlen in Po-
len, die Spaltung der Öffentlichkeit der Vereinigten Staaten „auf dem Schlachtfeld der sozialen Medien“, die sogar den Wahrheitsbegriff in Frage stellen, und die russische Propaganda, die sich anschicke, massiven Einfluß auf die anstehenden Europawahlen zu nehmen. „In unserer Zeit, die man als Medienzeitalter bezeichnen kann, verändern sich das Menschenbild und das menschliche Fühlen und Denken. Das hat natürlich Auswirkungen auf unsere Demokratie.“ Bischof Franjo Komarica erklärte, Medien sollten sich objektiv in den Dienst an der Wahrheit und der Gerechtigkeit stellen und aufbauend wirken. Er unterstrich dies mit seinen Erfahrungen aus dem kommunistischen Jugoslawien, wo er erlebt habe, „was Medien anrichten können, wenn sie in den Händen skrupelloser Machthaber sind“. Besonders im Krieg habe man sie „wie Waffen ausprobiert, wie weit sie schießen und welche Zerstörung sie bewirken können“. Man habe Stimmungen erzeugt, die „für uns zu Fragen von Leben oder Tod oder Vertreibung“ wurden. Die tschechische Starjournalistin Ludmila Rakušanová befand, daß in der Tschechischen Republik, im Gegensatz zu Polen und Ungarn, „die öffentlichrechtlichen Medien wirklich eine gute Figur machen“. Nach ihrer früheren Zeit als Redakteurin von Radio Free Europe befragt, antwortete sie: „Das war eine völlig andere Zeit.“ Angesichts der totalitären kommunistischen Sowjetherrschaft „konnte man nicht verwirrt sein: Es war klar, was schlecht und was gut ist.“ Von den Entwicklungen im freien Teil Europas schätze sie in Deutschland besonders die Soziale Marktwirtschaft, weil sie versucht habe, „die Schere zwischen Reich und Arm zu schließen“. Diese würde sich zur Zeit wieder weiter öffnen, und die Soziale Marktwirtschaft schwinde seit dem Anfang der 1990er Jahre dahin und sei schon fast verschwunden. Andreas Bönte, stellvertretender Programmdirektor Kultur beim Bayerischen Fernsehen/ARD-Alpha, arbeitete als zentrale Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Medien heraus, „Menschen die Möglichkeit zu geben, sich in einer Gesellschaft zu orientieren“, und für das „Ausleuchten von Hintergründen“ zu sorgen. Dies sei notwendig, damit „die Menschen wieder Lust an der Demokratie bekommen“. Die gegenwärtige Gesellschaft sei nämlich hoch kompliziert, und viele „springen auf Parolen sofort auf, weil sie die Zusammenhänge nicht kennen“. Die Streichung von Ausgaben für Politische Bildung durch die Bundes-
regierung bezeichnete er als „Katastrophe“. Schon heute wüßten 65 Prozent der Menschen in Bayern nicht, was der Landtag ist. Den Vorwurf der Einseitigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien beantwortete er mit dem Hinweis, man könne es nicht allen recht machen. Leider melde sich das Publikum meist nur, wenn „etwas nicht gefällt“, sodaß wieder für die Kritisierten ein einseitiges, durchaus psychisch belastendes Bild entstehe. Für eine bestimmte Sendung mit eher konservativer Ausrichtung habe er „waschkorbweise Kritik“ geerntet. Die Rundfunkgebühren verteidigte er damit, daß die Alternative ein mit Steuermitteln finanzierter Staatsfunk sei: „Es gibt Länder, wo der Intendant vom Parlament gewählt wird.“ Auch Steffen Hörtler, stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft, fand „die Form des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland besonders gut, weil er frei ist von politischer Einflußnahme. Wir müssen aufpassen, daß er die Akzeptanz behält.“ Er schilderte seine Arbeit als Mitglied des ZDF-Fernsehrats, eines Gremiums von 60 Personen mitten aus der Gesellschaft, etwa von Kirchen und Verbänden. Er selbst vertrete dort den Bund der Vertriebenen. Der Fernsehrat habe die Aufgabe, die Einhaltung der Richtlinien in Bezug auf das Programm zu überwachen und Fragen zu stellen wie „Warum hat man das so gebracht?“ und „Warum hat man den Schwerpunkt dort und nicht hier gesetzt?“. Dazu gehöre auch die Bearbeitung von Programmbeschwerden. Er finde sich mit seiner konservativeren Meinung zwar nicht immer wieder, aber was man sage, werde doch aufgenommen, etwa wenn er eine stärkere Beachtung Mittel-Osteuropas anmahne. Die Gebühren befand er ein „gutes System“ – in anderen Ländern Europas werde der Rundfunk aus der Staatskasse finanziert, was Abhängigkeit bewirke und eine solide Planung erschwere. Außerdem entspreche der Gebührenanteil, der auf das ZDF entfalle, „einer halben Kinokarte“ – was nicht viel sei für einen Monat Fernsehen. Stephen A. Sikder, Schauspieler und Casting-Director in der Kino- und Fernsehfilmproduktion, hob die Wichtigkeit der Unterscheidung hervor: „Wir werden zugeballert mit Informationen, zu kurz kommt die Wissensvermittlung und die Animation der jungen Generation, sich auseinanderzusetzen und Meinungen zu bilden.“ Er sei stolz und gerührt gewesen, als sein Sohn mit dem Kommentar „Ich ertrag’s nicht“ Tiktok von seinem Handy gelöscht habe. „Wir brauchen Stabilität. Die Medien haben die Aufgabe, Anker zu sein für Pluralismus, Demokratie, Wissen und Wahrheit.“ Darum hätten sich die Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg bemüht. Für ihn seien Fernsehen und andere Medien, „die wir als Bewegtbild aufnehmen“, ein Lebensmittel. Wie Essen und Trinken solle auch das, „was wir intellektuell, kulturell, religiös zu uns nehmen“, „nicht krank machen und keine Gifte enthalten“.
m vorletzten Sonntag im Oktober begeht die katholische Kirche den Weltmissionssonntag. Damit wird an ein Thema erinnert, welches zur DNA des christlichen Glaubens und der Kirche gehört. In den Evangelien wird mehrfach berichtet, daß Jesus seine Jünger aussandte, um in seinem Namen die frohe Botschaft zu verkünden. Am eindrücklichsten findet sich dieser Auftrag am Schluß des Matthäusevangeliums. Dort sagt der auferstandene Herr zu den Aposteln: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ Wir wären heute auf unserem Kontinent keine Christen, und unsere Kultur wäre nicht christlich geprägt, hätten sich nicht die Apostel und danach viele ihrer Nachfolger an diesen Auftrag gehalten. Außerdem hätte das Christentum nicht seit zwei Jahrtausenden Bestand, wären nicht immer wieder unzählige Christen bereit gewesen, dem Auftrag Jesu zu entsprechen. Mission ist also eine Grundvoraussetzung für die Ausbreitung und Weitergabe des Glaubens. Oder anders formuliert: Wer sich um die Ausbreitung und Weitergabe des Glaubens bemüht, der betreibt Mission, ist ein Missionar. Mir fallen dabei nicht nur jene Menschen ein, die sich mit dieser Aufgabe professionell beschäftigen wie Bischöfe, Priester, Diakone, Ordensleute, Katecheten oder Religionslehrer. Es steht zu hoffen, daß all diese offiziellen Kirchenvertreter sich wirklich als Missionare verstehen. Aber zugleich weiß ich um die noch viel wichtigere Bedeutung der vielen Missionare an der Basis, das heißt in den Familien, in den Wohnvierteln und Nachbarschaften, an den Arbeitsplätzen und Freizeitstätten. Faszinierend ist zu erleben, wie sich oft mitten in profanen Bereichen Gespräche über Gott und die Welt ergeben. Das ist schon Mission. Mission heißt im Grunde genommen, die Freude des Glaubens mit jemandem anderen zu teilen, mitzuteilen, was mir selbst wertvoll ist, es nicht für mich alleine zu behalten. Mit dieser Gesinnung sind in früheren Jahrhunderten viele Missionare aus Europa in die weite Welt gezogen. Sicher waren manche Etappen der Missionsgeschichte unheilvoll, weil die christliche Botschaft nicht einladend verkündet wurde, sondern mit Macht und Gewalt. Doch dort, wo sich Mission mit christlicher Liebe verband, bewirkte sie viel Positives. Heute ist Europa selbst zum Missionsland geworden. Wir brauchen Missionare aus anderen Kontinenten bei uns. Mittlerweile wirken viele Priester und Ordensleute aus Indien, Indonesien, dem Vietnam oder den Philippinen und aus verschiedenen afrikanischen Ländern in Europa. Sie sind bereit, großherzig mit uns zu teilen, was hierzulande oftmals lahm geworden ist: begeisterte Freude am Glauben und hingebungsvolle Liebe zu Gott und den Menschen. Auch daran möchte der Weltmissionssonntag erinnern. Dr. Martin Leitgöb CSsR Provinzial der Redemptoristen Wien-München
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FORUM
Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20. 10. 2023
Unser Angebot Sudetendeutsche Zeitung mit Aussiger Bote · Der Egerländer · Egerer Zeitung · Elbogener Heimatbrief · Falkenauer Heimatbrief · Heimatbote · Heimatruf · Isergebirgs-Rundschau · Karlsbader Badeblatt · Karlsbader Zeitung · Leitmeritzer Heimatbote · Luditzer Heimatbrief · Neudeker Heimatbrief · Nordböhmische Umschau · Reichenberger Zeitung · Riesengebirgsheimat · Sternberger Heimat-Post · Zuckmantler Heimatbrief
Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
wöchentlich (125,00 EUR im Jahr) mit folgendem Zahlungszeitraum:
Schüler der Grundschule der deutsch-tschechischen Verständigung in Prag, ein Mini-Måla und drei Mäderl aus dem Schönhengstgau.
jährlich durch Lastschrift halbjährlich durch Lastschrift vierteljährlich durch Lastschrift Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Zeitung, Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimat-Post, Zuckmantler Heimatbrief 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Neudeker Heimatbrief für die Heimatfreunde aus Stadt und Landkreis Neudek 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr)
Schönhengster Volkstanzgruppe aus Mährisch Trübau, die Målas aus dem Egerland und die Sorbische Volkstanzgruppe aus der sächsischen Lausitz.
Reichenberger Zeitung, Nordböhmische Umschau 24 Ausgaben (62,50 EUR im Jahr) Riesengebirgsheimat 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Diese Preise gelten bei Erteilung eines Bankeinzugsauftrags (SEPA-Lastschriftmandat) und Lieferung innerhalb Deutschlands. Preise für Auslandsabonnements auf Anfrage! Adresse: Name, Vorname
Radek Novák, Vorsitzender des Kulturverbandes, und Dr. Jana Gombárová vom Tschechischen Kulturministerium.
Katrin Bock von der Deutschen Botschaft und Jlja Zeider, Pawliks persönlicher Referent und Nachfahre von Deutschen in Petersburg, Martin Dzingel, Präsident der Landesversammlung, und Natalie Pawlik MdB, Bundesbeauftragte für Spätaussiedler und nationale Minderheiten.
Straße, Hausnummer
� Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik
Erhebender Heimatnachmittag und animierender Tanzabend
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Ich/Wir ermächtige/n die Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH (SVG), Hochstraße 8, 81669 München, Gläubiger-Identifikationsnummer DE04SVG00000003583, Zahlungen von meinem/unserem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein/weisen wir unser Kreditinstitut an, die von der SVG auf mein/unser Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Ich kann/Wir können innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Dabei gelten die mit meinem/unserem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen. Wenn sich meine Kontodaten ändern, teile ich dies der SVG unverzüglich mit.
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le Kulturelle Großveranstaltung bereits die 27. sei, und Novák berichtete, daß er in diesem Saal bereits als Schüler Veranstaltungen besucht habe.
be, „Die kleine Hexe“ des aus Reichenberg vertriebenen Otfried Preußler gewesen sei. Die Deutsche Botschaft hatte Katrin Bock und das Tschechische Kulturministerium Jana Gombárová zum Grüßen entsandt. Hans Knapek, Vorlles, was schon laufen standsvorsitzender der konnte und irgendetStiftung Sudetendeutwas mit Deutsch zu tun sches Sozial- und Bilhatte, war in das Kulturdungswerk sowie leidenzentrum Novodorská geschaftlicher Sänger, Tänkommen. Ganz viele in zer und Trachtenträger, Tracht. Trachtlos waren überbrachte die Grüße allerdings die Moderatodes Volksgruppenspreren Maximilian Schmidt, chers. Und HeimatpfleChefredakteur des „Langerin Christina Meinusch desechos“, und Jiřinka packte ihr Grußwort in Cvrkalová aus Mährisch die Heimattasse der SL, Trübau im historischen Die Wischauerinnen Rosina Reim und Christine Leg- auf der steht „Heimat – Schönhengstgau. Nach ner gewähren einen Blick in ihr Familienalbum und Gemeinsame Identität ein paar schmissigen auf erzählen auf Hochdeutsch und Wischauerisch in ih- pflegen“, die sie mitgeDeutsch und Tschechisch ren alten wertvollen Trachten augenzwinkernd von bracht hatte. gesungenen 1930er- der guten alten Zeit vor der Vertreibung. Den Auftakt machJahre-Chansons von ten die Sorben aus der Světlana Nálepková begann der Natalie Pawlik, Bundesbeauf- benachbarten sächsischen LauBegrüßungsreigen. Diesen er- tragte für Aussiedler und natio- sitz mit choreographisch ausgeöffneten Martin Dzingel, Präsi- nale Minderheiten und selber feilten Tänzen. Die Schönhengdent der Landesversammlung, rußlanddeutsche Spätaussiedle- ster Tanzgruppe aus Mährisch und Radek Novák, Vorsitzender rin, erzählte, daß ihr erstes deut- Trübau vertrat den Verband der des Kulturverbandes. Dzingel sches Buch, das sie vom Deut- Deutschen in der Tschechischen wies darauf hin, daß die aktuel- schen Roten Kreuz erhalten ha- Republik, und das Egerländer Der zweite Tag des von der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik veranstalteten Großen Treffens in Prag erhob die Herzen aller Heimatverbliebener, ihrer Nachkommen und ihrer Freunde.
Duo „Målaboum“ und die Egerländer Tanzgruppe die Målas vertraten den Bund der Deutschen in Böhmen. Großen Schwung brachten die Kinder der Gemeinschaft schlesisch-deutscher Freunde im Hultschiner Ländchen auf die Bühne. Bei ihren Kinderliedern sang der ganze Saal mit. Die Kinder der Grundschule der deutsch-tschechischen Verständigung vertraten mit unglaublichem Charme die Landesversammlung. Nicht weniger charmant war der Auftritt der Kinder des Begegnungszentrums in Trautenau. Sie demonstrierten, wie man unter Rübezahls Aufsicht Deutsch lernt. Nach dem gemeinsam gesungenen „Kein schöner Land“ bezog das Hradschiner Orchester Josef Kocůrek die Bühne. Es spielte Musik des deutschen Prag der 1930er Jahre. Damit war Sitzfleisch passé, das Tanzbein wollte geschwungen werden. Und nun zog es auch Hans Knapek mit aller Macht auf das gewienerte Parkett. Nadira Hurnaus n Nächste Woche berichten wir über die Sonntagsmesse.
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Eva und Miroslav Hanzelka von der Volkstanzgruppe Javorník in Neutitschein sind auch Mitglieder der Kuhländler Volkstanzgruppe in München. Sonja Šimánková vom Kulturverband Graslitz, Lotte Proházková vom BGZ in Brünn, Erika Vosáhlo, Leiterin des BGZ in Mährisch Schönberg, ihr Bruder Heinz Cäsar und ihr Mann Mirek, Christina Meinusch, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, und Roman Klinger, Träger des Förderpreises für Volkstumspflege der Sudetendeutschen Landsmannschaft 2019 aus Nixdorf im Schluckenauer Zipfel. Bilder: Nadira Hurnaus
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KULTUR
Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20. 10. 2023
Das Schloß Troja gilt als eines der schönsten Barockdenkmale Böhmens und wurde im 17. Jahrhundert auf dem Gelände eines ehemaligen Weingutes zwischen den Weinbergen und der Moldau errichtet.
Foto: Czech Tourism .
Vortrag von Prof. Dr. Stefan Samerski im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Böhmische Schlösser“
Das Schloß Troja in Prag Vortragsreihe „Böhmische Schlösser“
Teil 4: Schloß Melnik Im vierten Teil der Vortragsserie „Böhmische Schlösser“ stellt Prof. Dr. Stefan Samerski am Montag, 20. November, im Sudetendeutsche Haus das Schloß Melnik vor. Der Eintritt ist frei, Beginn ist um 19.00 Uhr. Das Schloß, das am Zusammenfluß von Elbe und Moldau majestätisch auf einem Hügel über der Stadt Melnik thront, ist von Mythen und Sagen umrankt. Seit dem 18. Jahrhundert ist es im Besitz der Familie Lobkowicz, die es nach der politischen Wende zurückerhalten und wiederhergestellt hat. Professor Dr. Stefan Samerski hat Theologie, Geschichte und Kunstgeschichte studiert und ist Professor für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit. Der Vortrag ist eine gemeinsame Veranstaltung der Sudetendeutschen Landsmannschaft - Bundesverband e. V., der Sudetendeutschen Heimatpflege, der Ackermann-Gemeinde in der Erzdiözese München und Freising und der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste und wird gefördert durch die Sudetendeutsche Stiftung. Foto: Wikipedia
„Das Schloß Troja liegt zwischen den Weinbergen und der Moldau und gilt nicht nur als eines der schönsten Barockdenkmale in Prag, sondern von ganz Böhmen“, hat Prof. Dr. Stefan Samerski gleich zu Beginn seines Vortrages festgestellt. Die Geschichte rund um das Prager Lustschloß bildete am Montag im Sudetendeutschen Haus den dritten Teil der Vortragsserie „Böhmische Schlösser“.
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as von prächtigen italienischen Villen inspirierte Gebäude wurde im 17. Jahrhundert erbaut und gilt wegen der monumentalen Fresken und der Skulpturendekoration seiner großen Säle als einzigartiges Bauwerk. „Das gesamte Schloß ist von einem bis ins Detail konzipierten französischen Park umgeben. Der Bauherr war Wenzel Adalbert Graf von Sternberg und sein Baumeister Jean Baptiste Mathey. Für den Großteil der Kunstwerke war das Vater-SohnGespann Francesco und Giovanni Marchetti verantwortlich. Das Schmuckstück des Hauses, eine Trompe-l’oeil-Darstellung
Prof. Dr. Stefan Samerski referierte über das Schloß Troja. Foto: Torsten Fricke der Apotheose der Habsburger war jedoch das Werk von Abraham und Izaak Godjin, zwei Brüdern aus Antwerpen. Das Schloß besteht aus mehreren Gebäuden, darunter der Haupttrakt mit den Seitenflügeln und Orangerien. Es liegt auf einer aufgeschüt-
Ausschreibung gestartet
Signal-Festival beeindruckt mit Lichtinstallationen, digitaler Kunst und KI
Stadtschreiber in Dorpat
Historisches neu beleuchtet
Dorpat, das estländische Tartu, ist im nächsten Jahr Kulturhauptstadt Europas. In diesem Zusammenhang schreibt das Deutsche Kulturforum östliches Europa ein StadtschreiberStipendium aus. Bewerbungsschluß ist 30. November.
Mit aufwendigen Lichtinstallationen, digitaler Kunst und Künstlicher Intelligenz beeindruckt das Signal-Festival seit über einem Jahrzehnt jedes Jahr die Kunstszene neu. Ziel der Organisatoren ist es, die historische Kulisse Prags mit diesen neuesten Technologien und aktuellen gesellschaftlichen Themen zu verbinden.
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er Stadtschreiber soll von Frühjahr bis Herbst vier Monate lang am kulturellen Leben der Stadt Dorpat teilnehmen und Themen der gemeinsamen Kultur und Geschichte unter anderem über einen Internet-Blog anschaulich vermitteln. Das Stipendium beträgt 1 200 Euro pro Monat. Außerdem werden eine kostenfreie Wohnmöglichkeit zur Verfügung gestellt und Reisekosten erstattet. Die Bewerbungsunterlagen sind abrufbar unter: www.stadtschreiber. kulturforum.info
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ie 11. Ausgabe des SignalFestivals, das vom vergangenen Donnerstag bis Sonntag stattfand, hatte sich dem Thema „Ökosysteme und ihre Erforschung“ verschrieben. Erstmals gab es in diesem Jahr zwei Besucherrouten. Die erste ging durch den Stadtteil Karolinenthal. Dort war unter anderem eine Installation des kanadisch-mexikanischen Künstlers Rafael Lozano-Hemmer aufge-
baut. Die zweite Strecke führte durch das Prager Zentrum. In der Salvatorkirche war dabei eine Installation der tschechischen Künstler Michal Rataj und Jan Trojan zu sehen. Sie trägt den Titel „Immersed by the Sound” und ist anläßlich des 100jährigen Jubiläums des Tschechischen Rundfunks entstanden. „Wir wollen möglichst großflächig den öffentlichen Raum in Prag bespielen. Eine unserer Visionen ist dabei, in die Peripherie zu gehen, etwa in die Plattenbausiedlungen. Aber auch zentralere Viertel könnten in Frage kommen, etwa der sechste oder der zehnte Prager Stadtbezirk“, erklärt Mario Kunovský, der Programmdirektor des Signal-Festivals. Mit jeweils über 500 000 Besuchern ist das Signal-Festival die meistbesuchte Kulturveranstal-
tung des Landes. Dabei war der Anlaß für die Gründung des Festivals ein Zufall. Anläßlich des 600jährigen Bestehens der Prager Rathausuhr im Jahr 2010 hatte die Produktionsfirma Fresh Films von Martin Pošta gemeinsam mit der Künstlergruppe The Macula ein Videomapping realisiert und Videos von der Projektion über YouTube, Vimeo und andere Social-Media-Kanäle veröffentlicht. Die Videos wurden innerhalb kurzer Zeit millionenfach angeklickt. Diese positive Resonanz bewog Pošta dazu, dieser in Tschechien unterrepräsentierten Kunstform ein eigenes, mehrtägiges Festival zu widmen. Übrigens: Der Energiebedarf des Festivals beträgt etwa 10 000 Kilowattstunden, was dem Jahresverbrauch von zwei bis drei Haushalten entspricht. NF
teten Terrasse und ist von einem barocken Schloßgarten mit einer zentralen Brunnenanlage und einem Obstgarten umgeben“, erklärte Samerski seinen Zuhörern und rät zu einer ungewöhnlichen Anreise: Statt mit dem ÖPNV kann man das Areal von April bis
September auch mit dem Dampfschiff ansteuern. Abfahrt ist am Rašín-Ufer. Mitglieder des Hauses Sternberg bewohnten das Schloß bis Anfang das 20. Jahrhunderts. 1922 erwarb dann der Staat das Anwesen. Über die Jahrhunderte hat das Schloß Troja bis heute nichts an seiner Attraktivität verloren. So werden die Schloßsäle für Konzerte und Ausstellungen genutzt. „Seinen Namen verdankt das Schloß Troja übrigens dem beeindruckenden Treppenhaus. Die dort aufgestellten Skulpturen stellen den Kampf der Titanen mit antiken Göttern sowie Allegorien auf den Tag, die Nacht und die Kontinente dar“, erklärt Professor Samerski. Weltweit auch Nicht-Barock-Kennern bekannt wurde das Treppenhaus des Schlosses, als das ehemalige Spice Girl Geri Halliwell 1999 das Ambiente (und viele weitere Orte in Prag) für den Videoclip ihres Hits „Look at me“ nutzte, der allein bei YouTube bislang drei Millionen Mal aufgerufen wurde. Nicola Fricke
Die Kirche St. Ludmilla am Friedensplatz diente beim Signal-Festival als Kulisse für eine beeindruckende Lichtinstallation. Foto: Signal-Festival
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KULTUR
Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20. 10. 2023
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Links: Karel Teige (Typografie), Karel Paspa (Fotografie), Vítězslav Nezval (Gedichte), Milča Mayerová (Tanz), Buchstabe E aus dem „Abeceda“, 1926, Museum der tschechischen Literatur, Prag. Oben: Karel Teige, Collage No. 142, 1940, Museum der tschechischen Literatur, Prag. Rechts: Metallmöbelfabrik Robert Slezák, Werkentwurf um 1930, Bröhan-Museum. Fotos: Bröhan-Museum
Bröhan-Museum zeigt bis zum 3. März 2024 über 300 Kunst- und Design-Objekte aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Tschechische Avantgarde in Berlin „Hej rup! – Auf geht‘s!“, unter diesem Titel ist am vergangenen Donnerstag im Bröhan-Museum in Berlin eine Ausstellung über die tschechische Avantgarde eröffnet worden, die noch bis zum 3. März 2024 zu sehen ist. Ausgehend vom Kubismus und dem Surrealismus über Architektur, Möbeldesign und Fotografie wird die lebendige tschechische Kunst- und Designgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vermittelt.
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in Alleinstellungsmerkmal der tschechischen Avantgarde sei, daß die unterschiedlichen Disziplinen sehr eng zusammengearbeitet haben, erklärt Dr. Tobias Hoffmann, der Direktor des Berliner Landesmuseums für Jugendstil, Art Deco und Funktionalismus, das nach dem Kunstsammler Karl H. Bröhan benannt ist. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit werde laut Hoffmann an einem Beispiel ganz besonders deutlich: dem Buch „Abeceda“ aus den 1920er Jahren: „Im Kern geht es bei dieser Publikation um das Alphabet. Eine Tänzerin hat damals die einzelnen Buchstaben verkörpert. Fotos dieser Aufführung verbindet Karel Teige dann mit typographischen Elementen. Der Literat Vítězslav Nezval wiederum schrieb zu jedem Buchstaben ein Gedicht. Diese wunderbare Mischung zeigt sich in der Publikation par excellence. Fotogra-
František Janoušek, Pilger, 1935, Kunsthalle Prag.
Josef Místecký, Teppich aus der Villa Místecký in Politschen, 1931.
Ladislav Sutnar, Teeservice, 1928, Ausführung: EPIAG Elbogen.
Das Wohninterieur mit Stühlen, Sitzbänken und Leuchten im Haus Kroha in Brünn von Jiří Kroha aus dem Jahr 1931, Arkudes Foundation.
fie, Tanz, Typographie und Literatur verschmelzen miteinander. Aufgeführt worden ist die Performance im Befreiten Theater in Prag, diese Ebene kommt also auch noch dazu. Später ist dann ein Film darüber entstanden. Das zeigt, wie die tschechische Avantgarde geradezu explodierte und wie eng die einzelnen Charaktere damals zusammengearbeitet haben.“ Auf die Idee, den Ausruf „Hej rup“ als Titel zu wählen, sei man im Zuge der Recherchen gekommen, erklärt Hoffmann, der die Ausstellung gemeinsam mit Julia Meyer-Brehm kuratiert hat. Es war ursprünglich der Titel eines Films des Befreiten Theaters aus den 1930er Jahren, in dem unter anderem die beiden Protagonisten der Gruppierung, Jan Werich und Jiří Voskovec, auftraten: „Diesen Schwung, die Dynamik und den Zukunftsoptimismus, der in der tschechischen Avantgarde steckt, bringt der Titel sehr schön zum Ausdruck.“ Das Bröhan-Museum – Landesmuseum für Jugendstil, Art Deco und Funktionalismus befindet sich in der Schloßstraße 1a direkt am Schloß Charlottenburg und ist dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. An jedem ersten Sonntag im Monat ist der Eintritt frei. Mit der Ausstellung wird auch ein umfangreiches Begleitprogramm angeboten. Mehr unter: www.broehan-museum.de Nicola Fricke
Der Frage „77 Jahre nach der Vertreibung, wie geht es weiter?“ stellte sich Altsprecher Johann Böhm bei der Jahreshauptversammlung der SL-Bezirksgruppe Niederbayern-Oberpfalz am letzten Samstag im Hotel Bischofshof in Regensburg.
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ie Situation ist nicht mehr so wie vor 50 Jahren. Wir müssen uns an die Gegebenheiten anpassen“, sagte Bezirksobmann Christian Weber in seiner Begrüßung. Ratschläge für den Umgang mit diesen Veränderungen sollte Johann Böhm geben. Er war 1937 in Daßnitz im Kreis Falkenau im Egerland geboren, 2000 bis 2008 Volksgruppensprecher, 2007 bis 2011 Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung und mit seiner Frau Elke gekommen. Böhm wies auf die Vielfalt in Volksgruppe und Landsmannschaft, auf das nach dem Ersten Weltkrieg verweigerte Selbstbestimmungsrecht in der ČSR sowie auf die Vertreibung am Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg hin. Mit der Vertreibung hätten die Deutschen in Böhmen, Mähren und Sudeten-Schlesien die Heimat, den Lebensraum, das Eigentum und die Lebensgrundlagen verloren. „Sie waren nun Opfer und eine feste Schicksalsgemeinschaft mit der SL als Dachorganisation, die sich besonders um die kulturellen, sozialen, finanziellen und wirtschaftlichen Aspekte kümmerte.“ Besonders ging er auf die 2015 vollzogene Satzungsänderung ein, womit einige bisher festgeschriebene Rechtsansprüche aufgegeben worden seien. „Für Ministerpräsident Horst Seehofer war die Satzungsänderung willkommen. Er konnte den Umgang mit den Tschechen nun lockerer und spannungsfreier angehen. Und auch für die Vertreter der Landsmannschaft war es vorteilhaft. Aus Sicht der Tschechen waren sie nun friedfertiger und hatten nur noch die Aufhebung der Beneš-Dekrete als Ziel, was auf tschechischer Seite nicht passieren wird. Der Sprecher war jetzt ein offizieller Vertreter, ein Brückenbauer.“ Bei normalen Sudetendeutschen hätten aber Verunsicherung, Enttäuschung und Resignation vorgeherrscht. Durch die Aufgabe von Eigentum und Heimat sei die SL nun zu einer Art Kulturverein geworden. Mit Presseberichten aus seiner Zeit als Volksgruppensprecher und Präsident des Bayerischen Landtags, mit Schilderungen konkreter Begegnungen wie 2005 in Lidice, Theresienstadt und Aussig oder des Besuchs von Premier Miloš Zeman bei ihm als Landtagspräsident skizzierte Böhm seine Aktivitäten. Eine Veränderung habe es bei der Bedeutung des Eigentums von ei-
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VERBANDSNACHRICHTEN
Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20. 10. 2023
� SL-Bezirksgruppe Niederbayern-Oberpfalz
Wie geht es weiter? ner materiellen zu einer moralischen Komponente gegeben. Und: „Die sudetendeutschen Gebiete werden nie mehr geschlossenes Siedlungsgebiet von Sudetendeutschen werden.“ Schon früh habe er zum Beispiel die Einführung zweisprachiger Ortsschilder – auch als Zeichen für das Eingeständnis vergangenen Tuns – vorgeschlagen. Solche Maßnahmen zeigten außerdem, „daß die Tschechen uns die Türen öffnen“. Er verwies auf das dem tschechischen Volk widerfahrene Unrecht, aber auch auf Entschädigungen und Rehabilitierungen nach dem Zweiten Weltkrieg, während die Sudetendeutschen beim direkten Ausgleich eher schlecht dastünden.
kehrte, die SL sei heute eher eine Art Kulturverein. „Es wird immer schwerer. Einige Grundlagen, die geholfen hätten, haben wir selbst beseitigt“, schloß er mit einem nochmaligen Hinweis auf die Satzungsänderung von 2015. Dennoch sei ihm wichtig, daß die sudetendeutsche Sache weitergehe, zumal er viel in sie investiert habe. Einige Aussagen Böhms konnte Landesobmann Steffen Hörtler nicht auf sich sitzen lassen. „Wir haben wichtige Aufgaben und werden als Volksgruppe wahrgenommen. Von Anfang an war klar, daß es schwierig wird, die Nachkommen zur Volksgruppe zu bringen. Wo sind Ihre Kinder, Ihre Enkel?“, erwiderte der Ob-
beit komme. Ein guter und intensiver Austausch bestehe mit Staatspräsident Petr Pavel, während kürzlich beim Gartenfest des Bundespräsidenten anläßlich 25 Jahre Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds nur Libor Rouček auf die Sudetendeutschen hingewiesen habe. Für sein zu späterer Stunde gesprochenes Grußwort habe er unglaublichen Applaus erhalten. „Wichtig ist, daß wir da sind, sonst würde nicht über uns gesprochen. Es geht immer in erster Linie um die Sache“, schloß Hörtler und versprach, daß die SL Bayern als größter Landesverband bei den Anliegen der Zukunft stark mitarbeiten werde. „An den politischen Zielen werden wir natürlich weiterarbei-
das Wolfgangsjahr mit dem emeritierten Prager Erzbischof Dominik Kardinal Duka OP, dem emeritierten Pilsener Bischof František Radkovský und dem amtierenden Pilsener Bischof Tomáš Holub eröffnen. Die Verbindung im Bereich des Glaubens zwischen Deutschen und Tschechen werde damit deutlich sichtbar, stellte Voderholzer fest. Das Totengedenken galt namentlich Erna Lorenz sowie den Opfern des 4. März 1919, der Weltkriege, der Vertreibung, den in Internierungs- und Konzentrationslagern Ermordeten, den Opfern von Diktaturen, Terror und Gewalt, Corona und der Kriege heute – vor allem in der Ukraine und im Nahen Osten. „Als Chri-
Landesobmann Steffen Hörtler, Bezirksobmann Dr. Christian Weber, Stellvertretender Bezirksobmann Bernhard Moder, Landesfrauenreferentin Dr. Sigrid Ullwer-Paul, Altsprecher Johann Böhm und Bischof Professor Dr. Rudolf Voderholzer. Bilder: Markus Bauer „Müßten da nicht eher die Tschechen die Brückenbauer sein?“ Damit kam er zu der Frage: „Wie geht es weiter mit den Sudetendeutschen und der SL?“ Zunächst konstatierte er die deutlich sinkende Zahl der Sudetendeutschen sowie ihrer Organisationen und Einrichtungen. „Die Sudetendeutschen gehen biologisch in den Deutschen auf“, sagte er knallhart, da Sprache, Konfession, Kultur, Namen und so weiter gleich oder ähnlich seien. Kritisch sei die parlamentsähnliche Struktur der Führung mit der Bundesversammlung, dabei sei er sich als Sprecher manchmal etwas abgeschnitten vorgekommen. Beim Übergang von der Erlebnis- zur Bekenntnisgeneration seien vor allem Leute gefragt, „die sich mit uns solidarisieren“. Auf politischen und gesellschaftlichen Feldern stelle er zunehmend fest, daß Sudetendeutsche nicht mehr sonderlich gefragt seien – womit er zu seiner anfänglichen Feststellung zurück-
mann kritisch ins Auditorium fragend. „Wir haben die Aufgabe, in den bayerisch-deutsch-tschechischen Beziehungen eine Rolle zu spielen. Und das tun wir!“ Er verwies auf den erfolgreichen Sudetendeutschen Tag in Regensburg mit dem tschechischen Minister Mikuláš Bek, auf die Teilnahme des neuen tschechischen Präsidenten Petr Pavel eine Woche später an den bayerisch-tschechischen Freundschaftswochen in Selb, die gemeinsame bayerisch-tschechische Kabinettssitzung in Regensburg zur bayerischen Landesausstellung und die Teilnahme von deutschen Teilnehmern in drei Bussen am Versöhnungsmarsch in Brünn. „Es bewegt sich was, auch hinsichtlich der jungen Menschen. Andere Landsmannschaften sind nicht so erfolgreich und spielen keine so große Rolle im Heimatland“, stellte Hörtler fest. Er verhehlte nicht, daß eher wenig Unterstützung aus Berlin, dafür um so mehr parteiübergreifend aus München für die SL-Ar-
ten“, konterte er den Vorwurf, die SL sei nur ein Kulturverein. Zwischen der Weihe von zwei ständigen Diakonen am Vormittag im Dom und einer Krippenführung für die Ministranten der Pfarreien Hölsbrunn und Bodenkirchen am Nachmittag im Bischöflichen Ordinariat war der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer gekommen. Hinsichtlich seiner WeihnachtskrippenFührungen merkte er an, daß er inzwischen auch die völkerverbindende Weihnachtskrippe von Otfried Preußler sowie Bausteine aus Hans Watzliks Werk, der 1948 in Tremmelhausen im Landkreis Regensburg gestorben sei, aufgenommen habe. Der Bischof erwähnte seine aus Kladrau stammende Mutter und bekannte sich zu seiner sudetendeutschen Herkunft. Da der heiligen Wolfgang, ein Patron des Bistums Regensburg, der auch in Böhmen missioniert habe, nächstes Jahr am 31. Oktober 1100. Geburtstag hätte, werde er am heurigen 31. Oktober
sten haben wir die Hoffnung auf Versöhnung, auf ein friedvolles Zusammenleben der Völker“, appellierte Weber. Über die Ereignissen in Israel sagte er: „Dort geschieht Grauenvolles. Wo so viel Haß zusammenkommt, entlädt er sich. Die Sudetendeutschen haben nach dem Krieg nicht den Weg der Rache, sondern der Versöhnung eingeschlagen. Wenn es zunächst auch nur einseitig war, es war der richtige Weg.“ In seinem Rechenschaftsbericht drückte Weber die Hoffnung aus, daß Corona zu Ende sein möge – auch weil die damit verbundenen Online-Veranstaltungen kein Ersatz für reguläre Veranstaltungen seien. „Die Rückkehr zum Alltag ist nicht einfach, die Rahmenbedingungen sind schwieriger.“ Das liege an der wirtschaftlichen Lage, an Fake News, am Klimawandel, an militärischen Konfrontationen und an unzähligen Menschen auf der Flucht, von denen viele dabei ihr Leben ließen. „Aufgrund der Erfahrung von Flucht
und Vertreibung wissen wir, was diese Menschen durchmachen“, spannte er den Bogen zur SL. Damit war er bei den aktuellen Problemen und Herausforderungen wie Überalterung und damit weniger Aktive, die in mehreren Gruppen und Vereinen tätig seien, Rückgang ehrenamtlicher Tätigkeit, Nachwuchsprobleme, wenig Bereitschaft zur Übernahme eines Vorstandspostens, Auflösung von Ortsgruppen. „Manchmal wurde es versäumt, rechtzeitig die Verantwortung in jüngere Hände zu übergeben.“ In anderen Fällen mangle es an der Kommunikation selbst zwischen benachbarten Gruppen, wo jede das eigene Süppchen so lange wie möglich kochen wolle. Er plädiere daher für ein gedeihliches Miteinander. Gemeinsame Veranstaltungen mehrerer Ortsgruppen seien künftig ebenso sinnvoll wie solche in kleinerem Rahmen. Und weiter von größter Bedeutung sei die Öffentlichkeitsarbeit, die Präsenz nach außen. Abschließend listete Weber die wichtigsten internen und öffentlichen Veranstaltungen im zurückliegenden Jahr auf und dankte den Ehrenamtlichen auf den unterschiedlichen Ebenen für ihr Engagement. Vor allem auf die im Februar ebenfalls in Regensburg stattgefundene Landesfrauentagung blickte Landesfrauenreferentin Sigrid Ullwer-Paul zurück. Geordnete Finanzen und einen passablen Kontostand meldete Vermögensverwalter Roland Scheuf ler, dem Kassenprüfer Arnulf Illing eine sorgfältige Kassenführung bescheinigte. Daraufhin wurde der Vorstand einstimmig entlastet. Daß es auch positive Entwicklungen gebe, berichtete für die Kreisgruppe Straubing Roland Scheufler. Die Kreisgruppe habe mehr als ein Dutzend neue Mitglieder gewonnen, außerdem pflege sie Kommunikation und Zusammenarbeit mit den benachbarten Gruppen Viechtach und Cham. „Wichtig ist, wie man die Dinge anspricht. Auch unter den Tschechen gibt es sehr viele kluge Menschen, die wie wir denken, mit denen wir uns gut verständigen können“, sagte die Bad Kötztinger SL-Obfrau Elke Pecher. Gefordert wurde auch die Verbesserung der Kommunikation mit der SL-Bundesgeschäftsstelle in München und daß Gespräche stets auf Augenhöhe geführt werden sollten. Die Versammlung stimmte einstimmig der Kooptierung des neuen Chamer SL-Kreisobmanns Dominik Götz in den Bezirksvorstand zu. Das „Böhmische Trio“ aus Hannelore Götz, Marianne Fuchs und Rosa Mehringer hatte die Versammlung musikalisch umrahmt mit Liedern wie „I bin a Eghalandla“. Markus Bauer
� SL-Ortsgruppe Rückersdorf/Mittelfranken
Schlachtschüsselessen Anfang Oktober veranstaltete die mittelfränkische SL-Ortsgruppe Rückersdorf ihr heuriges Schlachtschüsselessen auf dem Schmidtbauernhof.
Die Mittelfranken vor dem Haus der Bayerischen Geschichte.
� SL-Kreisgruppe Erlangen/Mittelfranken
Zu Besuch in Regensburg Die Bayerisch-Tschechische Landesausstellung „Barock! Bayern und Böhmen“ war Anlaß für eine Fahrt nach Regensburg, zu der Christoph Lippert, Obmann der mittelfränkischen SLKreisgruppe Erlangen und Geschäftsführer der AckermannGemeinde (AG) der Diözese Bamberg, eingeladen hatte.
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ünftige Blasmusik begrüßte die Mittelfranken im Foyer des Hauses der Bayerischen Geschichte in Regensburg. Florian Würsch und Manfred Sarnezki von der Regensburger AG be-
gleiteten die Gäste durch einen erlebnisreichen Tag. Neben der hochkarätigen Landesausstellung, die die enge Verflechtung von Bayern und Böhmen über die Jahrhunderte hinweg deutlich machte, war auch die Dauerausstellung über die bayerische Geschichte seit 1818 aufschlußreich. Besonders faszinierte die Darstellung der Integration der Vertriebenen am Beispiel der Instrumentenbauer in Bubenreuth, die das Erlanger SL-Mitglied Christian Hoyer gestaltet hatte. Florian Würsch hatte bisher nur Stadtführungen für tschechi-
sche Besucher durchgeführt. Für seine mittelfränkischen Besucher machte er jetzt seine erste Stadtführung auf Deutsch. Die Gäste waren nicht nur von den Sehenswürdigkeiten, sondern auch von Würschs Kompetenz begeistert. Der Besuch der sudetendeutschen Konditorei Pernsteiner war auch nach einem Rat der Regensburger AG vereinbart worden. Ihr gebührt ein herzliches Dankeschön für die tatkräftige Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der erlebnisreichen Tagesfahrt.
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ferteam hatte zuvor die Tische festlich gedeckt und herbstlich geschmückt. Obfrau Bärbel Anclam begrüßte die Zweite Bürgermeisterin Claudia Amm sowie die Gemeinderätin Inge Thron. Edith Würth und Rüdiger Hein aus Lauf vertraten Altlandrat und Kreisobmann Helmut Reich. Amm sagte in ihrem Grußwort, daß sie der Idee des gemeinsamen Essens und Feierns voll zustimme. Und dann brachte die
as letzte Schlachtschüssel essen war 2020. Das SL-Traditionsessen währt allerdings schon 15 Jahre. Dem damaligen Bürgermeister Peter Wiesner verdanken wir, daß bei der Weihnachtsfeier keine Geschenke mehr verteilt werden, sondern jeder Seniorenverband einen Gutschein bekommt. Erika Hanik, die einstige Ortsobfrau, bekam für ihre Idee, die finanzielle Zuwendung der Gemeinde für ein Schlachtschüsselessen zu verwenden, großen Zuspruch. Viele Mitglieder und Gäste waren wieder zum Schlachtschüsselessen gekommen. Das kreative Hel- Schlachtschüsselessen 2023.
Metzgerei Walter aus Ottensoos die schweinerne fränkische Köstlichkeit. Blut-, Leber- und Krautwürste sowie gekochtes Fleisch von unterschiedlichen Teilen des Schweins und als Beilagen Sauerkraut, Kartoffelpüree und frisches Brot standen zur Auswahl. Nach diesem rustikal-kulinarischen Leckerbissen durfte natürlich ein Verdauungsschnaps nicht fehlen. Für empfindlichere Mägen gab es Gemüseauflauf. Rita Ludwig bot mit ihrem Akkordeon den musikalischen Rahmen. Zum Ausklang gab es Kaffee oder Tee und gespendeten selbst gebackenen Kuchen sowie verschiedene Gebäckspezialitäten. Diese Veranstaltung belebte wieder einmal das gesellige Miteinander und stärkte die Gemeinschaft der Ortsgruppe. Den Spendern sei herzlich gedankt. Bild: Judith Will Judith Will
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VERBANDSNACHRICHTEN
Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20. 10. 2023
� SL-Kreisgruppe Burglengenfeld-Städtedreieck/Oberpfalz
Herbstfahrt nach Westböhmen 53 Reiselustige besuchten Ende September mit der ober pfälzischen SL-Kreisgruppe Burglengenfeld-Städtedreieck bei einer Tagesfahrt mit Kreis obfrau Sigrid Ullwer-Paul an der Spitze die böhmische Heimat.
Die geehrten Landsleute SL-Ortsobmann Hermann Leutgäb, Irene Monami und Leonhard Knauer. Bilder: Susanne Marb/BdV
� SL-Ortsgruppe Friedberg-Derching/Schwaben
Liebe zur Heimat. Freude zur Heimat punkten im Vereinsleben gehört. Höhepunkt war der Fest vortrag des BdV-Landesvor sitzenden und Altlandrates Christian Knauer, der in sehr persönlichen Worten an die abei stand SL-Ortsob Sudetendeutschen appellier mann Hermann Leutgäb te, den Nachgeborenen die die Freude über die positive einstigen Stätten ihrer Vorfah Resonanz auf seine Einladung ren zu zeigen. „Wenn unsere ins Gesicht geschrieben. So Kinder und Enkelkinder nie hatten sich neben den Mitglie unmittelbare Begegnungen dern des Jubelvereins Vertre mit deren einstigen Heimator ter nahezu sämtlicher ansässi ten bekommen, brauchen wir ger Vereine in der Gaststätte uns nicht zu wundern, wenn Waldesruh eingefunden, um das Wissen über das jahrhun die gelungene Integration der dertelange kulturelle und Heimatvertriebenen und den wirtschaftliche Wirken durch heute anzutreffenden Zusam die deutsche Bevölkerung im menhalt in Derching zu unter Osten verlorengeht.“ streichen. „Es ist gut, daß wir Sichtlich beeindruckt zeig uns doch an die Durchführung ten sich die Besucher von ei unserer Jubiläumsfeier heran nem BdV-Film, in dem der gewagt haben“, zog Leutgäb Bogen von der Vertreibung schließlich sein, von über das Ankom Beifall begleitetes, men bis hin zur ge Resümee. lungenen Integra Begeistert vom In tion gespannt wird. halt des zügig abge Heute gehe es der wickelten Festpro Sudetendeutschen gramms zeigten sich Landsmannschaft auch Altstadtrat Pe um eine echte Ver ter Gürtler, die Vor ständigung und die sitzende des Fried Bildung eines wer berger Heimatver Franz Böse tegebundenen Euro eins, Regine Nägele, pas, so Knauer. und als besonderer Ehrengast Zum Schluß zeichnete SLder SL-Kreisobmann aus Dil Kreisobmann Franz Böse Her lingen an der Donau, Josef mann Leutgäb für seine lang Endres. Aichach-Friedbergs jährige Vorstandstätigkeit mit Kreisobmann Franz Böse be dem Ehrenzeichen der Lands scheinigte der Orts mannschaft und des gruppe „das Fortbe sen Stellvertreterin stehen des Pionier Irene Monami mit geistes von 1953“ der Ehrennadel für und dankte allen 40jährige Mitglied Landsleuten, die in schaft aus. Aus den der Vergangenheit Händen von Chri in verschiedensten stian Knauer er Funktionen Verant hielt der Vorsitzen wortung getragen de des Heimatkun Christian Knauer hätten. devereins Derching, Der Stellvertre Leonhard Knau tenden SL-Ortsobfrau Ire er, die silberne Ehrennadel ne Monami war es vorbehal des Bundes der Vertriebenten, auf die reichhaltige Ge en. schichte ihrer Ortsgruppe In seiner Laudatio würdige zurückzublicken. Dabei stell der BdV-Landesvorsitzende te sie fest, daß es sich die am dessen Initiative zur Heraus 30. August 1953 zusammen gabe des Jahrbuchs 2015/2016 gekommenen 28 Gründungs mit dem Schwerpunkt „An mitglieder kaum hätten vor kommen und Eingliederung stellen können, bis heute „in der Heimatvertriebenen in einer Phase des Friedens und Derching“. Daß eine Vielzahl des Wohlstandes zu leben“. von Erinnerungsstücken der Dabei erinnerte sie an Grün Vertriebenen in der Derchin dungsvorsitzenden Adolf Doß, ger Heimatstube heute zu be dem bis heute in der Funk wundern und die bestehen tion des Obmanns weitere de Gedenkstätte in den „Be 17 Landsleute gefolgt seien. sinnungsweg“ aufgenommen In den Folgejahren hätten Fa worden sei, sei Knauers Ver schingsbälle, Ausflüge, Wall dienst. Als Einheimischer ha fahrten nach Altötting, der Be be er sich mehr um die Bewah such der Sudetendeutschen rung des sudetendeutschen Tage und die Errichtung des Kulturgutes verdient gemacht Gedenksteins zu den Höhe als mancher Betroffene.
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eiseleiterin war Ingrid Leser aus Bärnau, deren Wurzeln im Altvaterland und im Egerland liegen. Sie hat die gute Kontakte nach drüben, also ins Nachbar land Tschechische Republik. Ihr Motto lautet: „Prag und Karlsbad kennt fast jeder, aber im west böhmischen Grenzland kann man noch viele weniger bekann te Perlen entdecken.“ So war das erste Reiseziel, die Altstadt von Bischofteinitz mit dem Renaissance-Schloß, sehr beeindruckend. Bei einer Füh rung konnten viele reich aus gestattete Prunkräume wie der Tanzsaal oder die Bibliothek des
Grafengeschlechts der Trautt mansdorff besichtigt werden. Nach dem Mittagessen in einem Altstadtlokal ging es nach Haid zu dem Wallfahrtsheiligtum Ma ria Loreto mit der Santa Casa. Diese Kirchenanlage wurde erst nach der Wende dank des uner müdlichen Einsatzes des Haider Stadtpfarrers Monsignore Vla dimír Born (1938–2016) wie der saniert, so daß man sogar die deutschsprachigen Inschriften in den Deckengemälden des Um gangs lesen kann. Letztes Besichtigungsziel war Schweißing/Svojšín am Mit tellauf der Miesa nördlich von Mies/Stříbro. Hier führte der tschechische Bürgermeister Ka rel Petráň die Besucher persön lich durch die wieder restaurier ten Schloßräume, unter anderem durch eine große Bildergalerie. Es war ihm offenbar ein be sonderes Anliegen, seine Wert
schätzung für die mit dem Schloß Schweißing persönlich verbun dene Schriftstellerin Barbara von Wulffen zu zeigen. Sie verbrachte ihre ersten Lebensjahre von 1936 bis 1945 als Tochter der Grafen familie Podewils im Schloß und schrieb darüber 1989 das Erinne rungsbuch „Urnen voll Honig“. Die 2021 verstorbene Autorin wurde seinerzeit sogar mit der Ehrenbürgerwürde von Schweiß ing ausgezeichnet. Bei der an schließenden Führung durch die benachbarte Kirche Sankt Peter und Paul erinnerten sich kundige Leser an Einzelheiten wie feier liche Gottesdienste, die im Buch geschildert werden. Den Abschluß bildete eine Busfahrt entlang vieler Sehens würdigkeiten bis zum Marktplatz von Mies. Dieser ist für die Sgraf fiti-Fassade am Rathaus und die schön gestalteten Bürgerhäuser bekannt. Josef Paul
Unter dem Motto „Liebe zur Heimat. Freude zur Heimat“ feierte Mitte Oktober die bayerisch-schwäbische SL-Ortsgruppe Friedberg-Derching ihr 70jähriges Bestehen.
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Die Reisegruppe vor Schloß Schweißing.
Bild: PN
Heinrich Honal tanzt mit Enkelin Alexandra einen Geburtstags-Wiener-Walzer. Bild: Werner Honal
� Honositz/Kreis Mies
Heinrich Honal 100 Der Egerländer Heinrich Honal feierte am 7. Oktober im mittelfränkischen Oberasbach 100. Geburtstag. Sein Cousin Werner Honal berichtet.
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einrich Honal kam in Hono sitz/Honezovice im ehemali gen Kreis Mies zur Welt. Zu sei nem 100. Geburtstag hatte er vor allem die Kinder und Partner seiner vier bereits verstorbenen auch in Honositz geborenen Ge schwister und seine eigene Groß familie eingeladen. Seine drei Ratschläge, um fit ins hohe Alter zu kommen, lauten l ehrenamtlich in Kontakt bleiben, um anderen zu helfen; l alle 14 Tage tanzen gehen; l dazwischen regelmäßig zur Wassergymnastik gehen. Heinrich wollte zu seinem 100. Geburtstag kein Geschenk, hatte aber doch einen Wunsch an mich: In einer persönlichen, auf sein Sehvermögen abge stimmten Führung erleben, wie das neue Sudetendeutsche Mu seum die Vertreibung der Sude tendeutschen darstellt. Das wer de ich gerne tun.
� SL-Kreisgruppe Krefeld/Nordrhein-Westfalen
Welthöchster Kaltwassergeysir Ende August unternahm die Frauengruppe der nordrheinwestfälischen SL-Kreisgruppe Krefeld ihren Jahresausflug. Landesfrauenreferentin Gertraud Rakewitz berichtet.
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euriges Ziel war Andernach am Rhein, eine Stadt der Hi storie und des Essens. Planung und Organisation hatten Kreis obfrau Gerda Nilges und ich übernommen. Bei unseren Re cherchen fanden wir heraus, daß Andernach und Trier miteinan der rivalisieren, welche Stadt wohl die ältere ist. So ganz genau kann man es nicht belegen. An dernachs erste schriftliche Nach weise gehen in die Zeit 4000 vor Christus zurück. Aus der römi schen Zeit gibt es dank Ausgra bungen viele Funde und Gebäu dereste. Die Hochkultur erreich te Andernach im Mittelalter als Hafenstadt mit der Lizenz zum Geldprägen. Genaueres erfährt man im Stadtmuseum. In Andernach empfing ich, die aus der Eifel gekommen war, die Krefelder. Durch das GeysirMuseum führte uns Jupp Schnei der. Im Filmraum erläuterte er die Besonderheiten des Geysirs. Bereits 1903 hatte man bei Boh rungen auf der Suche nach Koh lenstoffdioxid für Mineralwas ser den Geysir entdeckt. Er ge riet in Vergessenheit. Erst 2001 entdeckte man ihn bei erneuten Bohrungen auf der Halbinsel Na medyer Werth wieder. Man bau te das Gelände aus und machte es für Touristen zugänglich. Seit dem steigt die Fontaine des Gey sirs alle zwei Stunden in die Hö
he. Durch das Zusammenwirken von Gas und Wasser entstehen ein Überdruck und eine Fontäne, die an die 60 Meter hoch werden kann. Schneider zeigte uns noch einen Film über den Geysir, den höchsten Kaltwassergeysir der Welt, der aus einer Tiefe von 350 Metern emporsteigt. So erhielten wir eine Vorstellung von dem Ereignis, welches auf uns zukommen sollte. Via Schiff fuhren wir zum Namedyer Werth und wanderten über einen Steg und durch ein Natur schutzgebiet zum Schau platz. Kurz nachdem wir uns in ausreichendem Ab stand versammelt hatten, stieg das Wasser spru delnd in die Höhe. Es war gigantisch, wie die Fon täne immer höher wur de. Das waren bestimmt 60 Meter. Schade, daß das Schauspiel bereits nach einer Viertelstunde vor bei war und die Fontäne versiegte, um zwei Stun den später wieder aufzu steigen. Wir waren beein druckt von der Kraft des Wassers. Schneider füllte an der Quelle zwei Becher mit dem Wasser und schütte te jedem eine Kostprobe in die Hand. Es schmeckte ein wenig salzig, ähnlich wie Sprudelwasser. Toll. Seit 2008 steht der An dernacher Geysir als welt höchster Kaltwassergeysir im Guinness-Buch der Re korde.
Zurück auf dem Schiff, gab es Kaffee und Kuchen. Anschlie ßend führte uns Walter Fett durch die Stadt. Nach einer klei nen Runde mit dem Bus ging es zu Fuß weiter, weil im Zentrum viele Baustellen sind und Straßen erneuert werden. Wir besichtig ten den Runden Turm, das Wahr
zeichen von Andernach, den spätromanischen Mariendom – die Mariä-Himmelfahrts-Kirche – mit seinen vier eindrucksvol len Türmen, das Stadttor und das Denkmal der Bäckerjungen, die einmal die Stadt vor einem Über fall bewahrt haben sollen. Zum Schluß gingen wir durch den Hi storischen oder Skulptu ren-Garten. Beide wurden nach Ende der Ausgra bungen auf Resten einer römischen Anlage aufge baut. Skulpturen-Garten und eßbarer Garten ge hen fließend ineinander über. Seit etwa 15 Jahren wird rund um die Stadt mauer und auch in dem hier gezeigten Modellgar ten, der öffentlich zugäng lich ist, Gemüse angebaut. Jeder kann hier pflanzen und ernten, muß aber den Platz auch pflegen. Unter dem alten Rat haus ist eine Mikwe aus dem 13. Jahrhundert, die sich zwölf Meter unter der Erde befindet, weil es nur dort klares, fließen des Wasser gibt. Im Stadt museum läuft gerade eine Ausstellung über Flucht und Vertreibung, mit Dif ferenzierung von Vertrei bung und Flucht. Zusam mengestellt wurde sie von Bürgern der Stadt, Ver triebenen und Flüchtlin gen. Leider ist sie im er sten Stock und nur über eine schmale historische Wendeltreppe erreichbar.
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VERBANDSNACHRICHTEN
Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20. 10. 2023
SL-Landesgruppe Baden-Württemberg
Deutsches Leben in Brünn Das Herbstgespräch der SL-Landesgruppe Baden-Württemberg im Haus der Heimat in Stuttgart stand heuer ganz im Zeichen der südmährischen Metropole Brünn und der Arbeit der dortigen deutschen Minderheit. Referentin war Hanna Zakhari.
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altraud Illner, Stellvertretende SL-Landesobfrau, hieß die Gäste willkommen und leitete durch das Programm. Mit dem Namen Brünn verbinden die Sudetendeutschen unweigerlich den Brünner Todesmarsch am 31. Mai 1945 und 6. Juni 1945, bei dem Tausende aus ihren Häusern vertrieben wurden und auf dem Weg zur österreichischen Grenze den Tod fanden. Seit 1989 pflegt die Landeshauptstadt Stuttgart eine Städtepartnerschaft, die seit ihrem Bestehen auf vielfältige Weise das deutsch-mährische Zusammenleben thematisiert und damit einen wichtigen Baustein für die heutige Gesellschaft liefert. Hanna Zakhari, Vorsitzende des Kulturvereins Region Brünn
und Leiterin des Brünner Begeg- und der Gesellschaft, Institutionungszentrums (BGZ) 2008 bis nen und Einzelpersonen in der 2022, berichtete über das breite Bundesrepublik Deutschland soArbeitsprogramm der deutschen wie in den deutschsprachigen Minderheit. Regelmäßige Tref- Regionen Europas zu vermitteln. fen der deutschen Minderheit Hierbei setze der Kulturvergehörten ebenso dazu wie kultu- ein auf eine enge Zusammenrelle Veranstaltungen, arbeit mit der Landesdie allen Bevölkerungsversammlung der deutgruppen offenstünden schen Vereine in der und ein Ort der BegegTschechischen Repunung seien. Das BGZ sei blik unter Martin Dzinauch ein Ort der Spragel. Auch das Auswärche. Denn insbesondere tige Amt arbeite mit junge Menschen kämen dem BGZ zusammen zusammen, um Deutsch und unterstütze bei zu lernen. So würden der Sprachvermittlung Studierende und Schü- Hanna Zakhari oder einzelnen Projekler beim Erlernen der ten. Hervorzuheben sei deutschen Sprache ebenso un- hier das kürzliche Internationaterstützt wie Erwachsene. Ak- le literarische Symposium Untiv werde die deutsche Minder- gar-Kafka als Teil des Jahresheit auch, wenn Projekte im Rah- programms des Festivals „Meemen der Städtepartnerschaft mit ting Brno“ im Brünner Rathaus. Stuttgart umgesetzt würden. Deutlich zeige sich die gewachDas Programm spiegele deut- sene Verbindung zwischen Heilich das Verständnis des BGZ, matvertriebenen, Heimatverbliezwischen Brünner Gesellschaft, benen und den heute in Brünn Brünner Institutionen und allge- lebenden Menschen. „Meeting mein kulturell interessierten Ein- Brno“ greife den Brünner Todeszelpersonen der Region Brünn marsch von 1945 auf und veran-
stalte seit 2005 den Brünner Friedensmarsch, um auf das damalige Unrecht hinzuweisen und sich für den Verständigungs- und Versöhnungsprozeß zwischen Sudetendeutschen und Tschechen einzusetzen. Hanna Zakhari zitierte mit Verweis auf die herausragende Arbeit des BGZ das Bundesinnenministerium: „Heute bietet die jeweilige deutsche Minderheit als bikulturelles Bindeglied eigener Prägung besondere Chancen zur Entwicklung kultureller Brücken und Netzwerke innerhalb der EU.“ Diese Brücken und Netzwerke bauten der Kulturverein Region Brünn sowie das BGZ seit ihrer Entstehung. Ein sichtbares Zeichen der Wertschätzung habe der Stellvertretende BGZ-Leiter Zděnek Mareček 2020 mit der Verleihung des Verdienstkreuzes am Bande der Bundesrepublik Deutschland erfahren. Waltraud Illner dankte Hanna Zakhari für den ausführlichen Vortrag und wünschte den Verantwortlichen alles Gute für die Zukunft.
Zweiter Bürgermeister Maximilian Wellner, SL-Kreisobmann und BdVKreisvorsitzender Kurt Aue, Dr. Volker Ullrich MdB und die ehemalige Schirmherrschaftsministerin Carolina Trautner MdL schauen Volksgruppensprecher Bernd Posselt beim Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Königbrunn zu. Bilder: Benedikt Bergmann
SL-Kreisgruppe Augsburg Land
Europa zwischen Krieg und Frieden Besonders willkommen hieß Aue den Zweiten Königsbrunner Bürgermeister Maximilian Wellner. Nach dem Grußwort des Bürgermeisters trug sich Bernd Posselt in das Goldene Buch der Stadt ein. Bezüglich Europa zwischen Krieg und Frieden führte Bernd Posselt aus, daß der Angriff Rußlands it Bernd Posselt hieß auf die Ukraine in WirklichKurt Aue, BdV-Kreis- keit ein Angriff auf Europa sei. vorsitzender, SL-Kreis- und Posselt erzählte, daß er schon -Ortsobmann soin seiner Jugendwie Mitglied des zeit gegen den Vorstands der damaligen KGBSL-LandesgrupMann Wladimir pe, einen der verPutin demonsiertesten Eurostriert habe. Darpapolitiker in der aufhin habe Putin Brunnenstadt Köein Einreisevernigsbrunn, wo bot über ihn verKönig Ludwig hängt. Brunnen graben Bernd Posselt ließ, willkommen. zog die Zuhörer Unter den Gästen Annemarie Probst … in seinen Bann, im vollbesetzten als er von seinen Saal des Trachvielseitigen Getenheimes waren sprächen mit Poder Bundestagslitikern aus ganz abgeordnete VolEuropa erzählte. ker Ullrich, die Er gab auch eiehemalige Staatsnen Einblick in ministerin für Soseine ehrenamtziales, Carolina lichen TätigkeiTrautner MdL, ten bei der PanBezirksrätin Aneuropa-Union nemarie Probst, und der SudetenHella Gerber, deutschen LandsVorsitzende des mannschaft. Pos… und Thomas Bie- selt sprach sich BdV-Kreisverbandes Augs- lo, Mitglied der SL-Orts- gegen eine Kolburg Stadt und gruppe Königsbrunn mit lektivschuld alStadträtin, Gisela Wehringen und der SL- ler Deutschen Thiel, Obfrau der Kreisgruppe Augsburger aus. Zugleich Land. SL-Kreisgruppe verabscheue er Augsburg Stadt, die GrausamkeiMarianne Scholz, Geschäfts- ten des Diktators Adolf Hitführerin der Ackermann-Ge- lers. Posselt sagte, daß er bei meinde in der Diözese Augs- der Öffnung des Eisernen Vorburg, Altlandrat Karl Voge- hangs am 11. September 1989 le MdL a. D., Leo Schön aus in Ungarn gewesen sei. Gersthofen, Mitglied des VorEr erinnerte auch an die standes der SL-Bezirksgrup- Vertreibung von mehr als pe Schwaben, Christa Eich- drei Millionen Sudetendeutler vom Vorstand des BdV- schen, sprach sich aber für Bezirksverbandes Schwaben, mehr menschliche BeziehunNorberta Steingruber, Obfrau gen mit allen Menschen in der SL-Ortsgruppe Bobingen, Europa aus. Nachzulesen ist Hannelore Herrmann, Obfrau das alles in dem Buch „Bernd der SL-Ortsgruppe Gerstho- Posselt erzählt Europa. Gefen, ihr Stellvertreter Anton schichte und Personen, BauSchön und das Stadtratsehe- plan und Visionen“, das 2020 paar Hildegard und Ludwig im Friedrich-Pustet-Verlag erFröhlich aus Königsbrunn. schien. te Für Anfang Oktober hatten die bayerisch-schwäbische SL-Kreisgruppe und der BdVKreisverband Augsburg Land zur Kundgebung „Europa zwischen Krieg und Frieden“ mit Volksgruppensprecher Bernd Posselt ins Trachtenheim in Königsbrunn eingeladen.
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Der Chor „Stimme der Hoffnung“ der Deutschen aus Rußland. Anfang Oktober fand der Tag der Heimat des hessischen BdV-Kreisverbandes Wetzlar in der dortigen Stadthalle unter dem Leitwort „Krieg und Vertreibung – Geißeln der Menschheit“ statt.
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Bilder: Franz Ewert
Volkstanzgruppe der Siebenbürger Sachsen.
BdV-Kreisverband Wetzlar/Hessen
lichkeit mit unveränderter Gültigkeit als Richtschnur aller Vertriebenenverbände bis in die Gegenwart. Auch Matthias Büger MdL und der Kreisbeigeordnete Stefan Aurand betonten in ihren Grußworten das Unverständnis über die aktuelle Krisensituation in Europa und die nach wie vor wichtige Arbeit der Vertriebenenverbände als gesellschaftliche Säule in Hessen. Das Leitwort „Krieg und Vertreibung – Geißeln der Menschheit“ treffe leider die aktuelle Wirklichkeit, so Büger. „Kriege werden dann geführt, wenn jemand glaubt, daraus Vorteile erzielen zu können.“ Und wenn sich ein Krieg „lohne“, würden andere Autokraten desgleichen tun. „Wir wollen und müssen für den Frieden arbeiten“, pflichtete Stefan Aurand bei. Er sagte, 4000 Ukrainer hätten derzeit im LahnDill-Kreis eine vorübergehende Bleibe gefunden. 1700 seien privat untergebracht. Und schließlich wies die vor anderthalb Jahren aus Rußland nach Deutschland gekommene Olga Martens als Vertreterin der Landsmannschaft der Deutschen aus Rußland auf die „Bitterkeit und Verzweiflung“ Hunderttausender Deutscher hin, die heute noch in Rußland leben müssen. Zugleich dankte Martens für die Aufnahme der Rußlanddeutschen und für ihr persönliches Willkommen in Deutschland. „Der BdV vermittelt Heimatgefühl“, lobte sie den Verband. Dabei sei es völlig gleichgültig, ob es um Rußlanddeutsche, Karpatendeutsche, Ungarndeutsche, Sudetendeutsche oder andere Deutsche gehe: „Wir sind alle Deutsche.“
Wir sind alle Deutsche
hrengast war Margarete Ziegler-Raschdorf, scheidende Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler. Das Leitwort beschreibe den von Rußland völkerrechtswidrig vom Zaun gebrochenen Krieg gegen das Nachbarland Ukraine, sagte sie. Michael Hundertmark, VizeVorsitzender des BdV-Kreis- und -Ortsverbandes Wetzlar, begrüßte namens des Kreisvorsitzenden Manfred Hüber die Ehrengäste und Teilnehmer des Festes, die Blaskapelle „Egerländer Maderln & Freunde“ unter Heike Schlicht, den Männerchor des Gesangvereins „Harmonie“ Dutenhofen unter Jörg Rainer Bekker, die Volkstanzgruppe der Siebenbürger Sachsen unter Regina Homm und die Gesangsgruppe „Stimme der Hoffnung“ der Deutschen aus Rußland unter Lilli Mohrland. Organisator war Kuno Kutz, Vorsitzender des BdVOrtsverbands Wetzlar und der Kreisgruppe Wetzlar der Landsmannschaft Ost- und Westpreußen. Tage der Heimat seien, so Ziegler-Raschdorf, nicht mehr selbstverständlich. Sie danke den Orts- und Kreisverbänden der Vertriebenen in Hessen, die diese Tradition weiterführten. Gerade Wetzlar, seit Jahrzehnten Pate des ostdeutschen Liedes, sei eine Besonderheit. Tage der Heimat seien keine verstaubten Relikte, sondern notwendig, um das bittere Schick-
sal der Flüchtlinge und Vertriebenen damals wie heute immer wieder vor Augen zu führen. „Geschichte verjährt nicht, die Traumatisierung der Betroffenen auch nicht.“ Und: „Flucht und Vertreibung sind ein besonderer
Die Vertriebenen hätten einen großen Anteil am Wiederaufbau nach dem Krieg gehabt. Dazu gehöre ihre Erfahrung, beim Neuanfang, dem sie sich fern ihrer Heimat hätten stellen müssen und wollen, selten mit offenen
Vorne Kuno Kutz, Manfred Hüber, Margarete Ziegler-Raschdorf und Michael Hundertmark. Teil der deutschen Geschichte, deshalb müssen sie Teil des Geschichtsunterrichts sein.“ Es gelte, an das Schicksal der Heimatvertriebenen und Spätaussiedler zu erinnern und deren Kulturgut zu erhalten. Hessen habe vor zehn Jahren als erstes Bundesland und noch vor dem Bund einen Tag zur Erinnerung an Flucht und Vertreibung am dritten Sonntag im September festgelegt. Hessen stelle wie kein anderes Bundesland umfangreiche Mittel für die kulturelle sowie die vertriebenenpolitische Arbeit der Verbände auf allen Ebenen zur Verfügung.
Armen begrüßt worden zu sein. Denn auch viele Menschen im westlichen Nachkriegsdeutschland seien vor dem Nichts gestanden. Rund ein Viertel aller Hessen seien Vertriebene und Flüchtlinge oder deren Nachkömmlinge. So habe sich nur die Einwohnerschaft der Stadt Wetzlar dank Flüchtlingen in den ersten Jahren nach dem Krieg auf 30 000 verdoppelt. In Übereinstimmung mit Michael Hundertmark verwies Ziegler-Raschdorf auf die „Charta der Heimatvertriebenen“ als Dokument der Zeitgeschichte, Manifest und Bekenntnis zur Mensch-
Auch Leo Schön und Dr. Karl Vogele sowie Dr. Hella Gerber und Gisela Thiel beteiligen sich rege an der lebhaften Diskussion.
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VERBANDSNACHRICHTEN . HEIMAT
Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20. 10. 2023
� Friesetal/Heimatlandschaft Adlergebirge
Herbert Schreiber † schließend unterrichtete er an Gymnasien in Frankfurt und Hadamar. Bereits in den 1960er Jahren baute er als Mann der ersten Stunde einen schulpsychologischen Dienst für Gymnasien auf und war lange Jahre Leiter dieses Dienstes im Staatlichen Schulamt. erbert Schreiber kam am Lange Jahre wirkte er in Ful18. Mai 1925 in Schönau zu da am Freiherr-vom-Stein-GymWelt. Dort konnte der Jubilar ei- nasium und wurde 1964 als erne glückliche Kindheit und Ju- ster in das verantwortungsvolgendzeit verbringen. Nach der le Amt des Schulpsychologen Schulzeit in Schönau und Roth- berufen. In den einschlägigen wasser besuchte er das Gym- Fachzeitschriften finnasium in Hohenstadt. Als jun- det man eine Vielzahl ger Mann wurde Schreiber in von Beiträgen von ihm. die Wehrmacht eingezogen und Als Psychologieoberlernte die Härten des Krieges rat wechselte er in den kennen. Auch seine Familie ereil- wohlverdienten Ruhete das Schicksal der Vertreibung. stand. Mit vielen Friesetaler SchicksalsAus der Ehe von Hergefährten strandete sie im hessi- bert Schreiber mit seischen Fulda, wo sie einen neuen ner Frau Gudrun waren Anfang wagte. ein Sohn und eine TochNach Kriegsdienst und Ge- ter hervor gegangen. fangenschaft studierte SchreiUnser verstorbener Landsber in Frankfurt am Main und in mann übte eine Vielzahl von EhMainz. Sein Studium für das Hö- renämtern aus, die viel Zeit in here Lehramt schloß er mit der Anspruch nahmen. So bekleidePromotion zum Dr. phil. ab. An- te er das Amt des Heimatkreisbetreuers vom Friesetal seit 1987, war seit 1991 Kulturreferent des Vereins der Adlergebirgler sowie von 1991 bis 2005 Landeskulturreferent der SL-Landesgruppe Hessen. Von 1988 bis 2016 war er Mitglied der Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft, in der er in den letzten Jahren seiner Mitgliedschaft die Sitzungsperioden als Alterspräsident eröffnete. Sein umfassendes Wissen über unsere Heimat vermitMariä-Himmelfahrts-Kirche in Schönau. telte unser Heimatfreund reAm 25. September starb Herbert Schreiber, langjähriger Heimatkreisbetreuer des Friesetales, Mitglied der Sudetendeutschen Bundesversammlung und deren Alterspräsident, im gesegneten Alter von 98 Jahren im hessischen Fulda
Hermann Folberth, Marianne Folberth, Helga Heller, Peter Pontz, Dr. Gerhard Waschler MdL, Bernd Posselt und Tomáš Cidlina.
� SL-Ortsgruppe Passau/Niederbayern
Böhmisch Leipaer geehrt Beim Monatstreffen der niederbayerischen SL-Ortsgruppe Passau Anfang Oktober im Gasthaus Aschenbrenner verlieh Volksgruppensprecher Bernd Posselt dem Böhmisch Leipaer Historiker Tomáš Cidlina die Adalbert-StifterMedaille.
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ieder in Passau zu sein, diese schöne Stadt wiederzusehen, das sei ein Fest für ihn, schwärmte Volksgruppensprecher Bernd Posselt. Er assoziiere die Stadt mit böhmischer Kultur, die sie einst auch geprägt habe. Über diese Worte freuten sich die Landsleute aus Stadt und Region. Ortsobfrau Helga Heller, mit 96 Jahren immer noch mit ungeheurem Engagement Motor der Ortsgruppe, sagte, sie habe noch nie so viele Ehrengäste willkommen geheißen. Zu diesen gehörten Monsignore Klaus Hoheisl, als Geistlicher zuständig für Vertriebene, und Gerhard Waschler MdL mit sudetendeutschen Wurzeln und SL-Mitglied. Waschler hatte angesichts der Verleihung der Adalbert-Stifter-Medaille das bedeutende Adalbert-Stifter-Werk „Die Mappe meines Urgroßvaters“ ausgestellt. In seinem Grußwort sprach er über den Umgang und das Auskommen mit sowie die Integration von Minderheiten vor dem Hintergrund des christlichen Menschenbildes. Hermann Folberth, Vorsitzender des BdV-Kreisverbandes Passau Stadt und Land, warb für die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Studie der Universität Passau, die Erfahrungen sudetendeutscher Zeitzeugen sammele und aufarbeite. Gekommen war auch das Ehepaar Ingeborg und Gotfrid Buchner aus Wien, die den „Leipaer Heimatbrief“ herausgeben und gerade Diamanthochzeit feierten Am glücklichsten über die Anwesenheit des 41jährigen Tomáš Cidlina war jedoch Helga Heller. Cidlina arbeitete als Historiker im Museum von Böhmisch Leipa, der Heimatstadt Helga Hellers. Nach der Vertreibung wurde sie mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann in Passau ansässig. Tomáš Cidlina genießt Hellers ganz besonderen Respekt und auch den der übrigen Versammlung. Schließlich schrieb er das auch ins Deutsche übersetzte Buch „Leipsche“ (Ý SdZ 9/2023). Außerdem setzt er sich seit Jahren bei der Bevölkerung von Böhmisch Leipa für die Verständigung zwischen Tschechen und Deutschen ein. Dabei bezieht Cidlina insbesondere die Sudetendeutschen, deren Vergangenheit und deren Gedankenwelt in seine Versöhnungsarbeit ein. Er möchte, daß das
Früher und das Jetzt die Menschen weniger politisch belaste als befreie, daß Böhmen, Mähren und Deutsche einander offen begegneten, einander zu verstehen lernten. Deshalb zeichnete Posselt Cidlina nun mit der Adalbert-StifterMedaille aus. Posselt, der im späteren Verlauf der Veranstaltung hochinformativ über „Nationale Konflikte in Mitteleuropa von 1848 bis heute“ sprechen sollte, betonte bei der Verleihung der Medaille die Aktualität des Franz-Grillparzer-Satzes „Von der Humanität über Nationalität zur Bestialität“. Posselt widmete sich auch dem Wort Kultur, das viele falsch- und als bloße Zierat mißverstünden. Vielmehr sei Kultur im Geiste Adalbert Stifters die Summe der Lebensbeziehungen, die den Menschen vom Tier unterschieden: Liebe, Wille, Würde und Freiheit. So brauche die Politik dringend Kultur als Basis und Lebensmittel. Im Zentrum von Posselts Rede stand dessen Erkenntnis, daß Versöhnungsleistungen und völkerverbindende Initiativen nur durch harte Arbeit zu erreichen seien. Das sei Handwerk, auch ein Arbeiten im Weinberg des Herrn. Nicht Zwietracht säen, sondern die Menschen zusammenführen, das habe immer auch Adalbert Stifter bis zu seinem Tod bewegt. „Bis der unselige Zeitgeist des Nationalismus aufkam, hat Adalbert Stifter sein Leben für diese seine Ideale verwendet“, sagte Posselt. Tomáš Cidlina fand dann in deutscher Sprache so einfache wie bewegende Worte, mit denen er seine Versöhnungsarbeit schilderte. Nicht immer gestalteten sich seine Bemühungen einfach, gestand der Historiker, der Bräuche, die Stadt Böhmisch Leipa, die sie umgebende Landschaft als untrennbar miteinander und mit den dort lebenden Menschen verwoben sieht. Besonders die jungen Leute sollten die alten Bräuche der Sudetendeutschen kennenlernen, um sich in dieser schönen Landschaft neu zu verwurzeln. Er selber, so Cidlina, sei nicht in Böhmisch Leipa zur Welt gekommen. Warum er so viel für die Sudetendeutschen tue, werde er bisweilen von Tschechen gefragt. Er antworte dann, so bekundete der böhmische Historiker und Vater kleiner Kinder, den in der Sache mitunter nicht immer verständnisvollen, weniger offenen unter seinen Landsleuten: „Ich mache das für uns selbst, denn auch unsere Kinder müssen mit der Wahrheit aufwachsen, in Freundschaft mit anderen und in gegenseitigem Vertrauen.“ Marita Pletter
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gelmäßig durch Berichte in dem Jahrbuch des Vereins der Adlergebirgler „Trostbärnla“ und in unserem Heimatblatt „Mei Heemt“. Unter dem Titel „Die grafschaftlich-schlesische Siedlungsgemeinschaft“ schuf Schreiber 1997 eine mehr als 400seitige Dokumentation über die politische, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung des Adlergebirges, der Grafschaft Glatz, des Grulicher Ländchens und der mährisch-schlesischen Grenzgebiete. Diese Arbeit wurde mehrfach als außerordentliche kulturpolitische Leistung gewürdigt. Für seine Verdienste für unsere Heimatgemeinschaft und für die sudetendeutsche Volksgruppe wurde Schreiber vom Verein der Adlergebirgler mit dessen Ehrenbrief und dessen Goldener Ehrennadel sowie von der SL mit deren Großem Ehrenzeichen sowie mit der Rudolf-Lodgman-Medaille ausgezeichnet. Das Requiem fand Mitte Oktober in der Kirche Sankt Paulus im Fuldaer Stadtteil ZiehersNord statt. Anschließend wurde die Urne auf dem Fuldaer Zentralfriedhof beigesetzt. Stellvertretend für die Gemeinschaft der Adlergebirgler erwies Johannes Urner aus Neuhof bei Fulda Herbert Schreiber die letzte Ehre und legte ein Blumengebinde an seinem Grab nieder. Mit Helmut Schreiber geht ein Urgestein der Friesetaler Heimatgemeinschaft von uns. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Günther Wytopil
� Taschendorf/Heimatlandschaft Kuhländchen
Karl Pesch † So konnte eine würdige Gedenkstätte aller deutschen Grabmale an der Friedhofsmauer errichtet werden. Zur Renovierung der Kirche Sankt Martin übernahm Karl 2003 die Partnerschaft arl Pesch kam am 24. Januar beim Deutsch-Tschechischen Zu1939 in Taschendorf im Kuh- kunftsfonds. 2007 schrieb er das ländchen zur Welt. Er wuchs mit Buch „Taschendorf im Kuhländseinen Geschwistern in seinem chen – Vergangenheit und Gegeliebten Heimatdorf auf, in der genwart“. Dem folgte 2010 sein Nähe der einzigartigen Jugend- zweites Buch „Taschendorf – stilkirche Sankt Martin, wo sich Ansichten eines Dorauch die Schmiede seines Va- fes“, das auch ins Tscheters befand. Nach dem Ende des chische übersetzt wurZweiten Weltkrieges wurden de. Karls Eltern mit den Kindern am Mitten in den Vorbe8. August 1946 aus ihrer Heimat reitungen zur 100jähvertrieben und kamen über Furth rigen Jubiläumsfeier im Wald in den besetzten Westen 2016 brach in der SakriDeutschlands. stei der Sankt-MartinsKeine 20 Jahre später orga- Kirche ein Brand aus, nisierte Karl mit seinen Eltern der großen Schaden anund seinem Bruder das erste Ta- richtete. Aufgrund Karls Initiatischendorf-Werdenberger Hei- ve beteiligten sich die ehemalimattreffen, dem noch weitere 16 gen Taschendorfer finanziell an als Ortsbetreuer folgten. Bereits der Restaurierung. 1995 entwickelten sich freundJan Jakubik hatte beschlosschaftliche Beziehungen zwi- sen, zum Kirchenjubiläum zwei schen Karl und dem Ortsvorste- neue Glocken gießen zu lasher Jan Jakubik in Taschendorf. sen. Sie sollten die 1944 von der deutschen Wehrmacht für Rüstungszwecke beschlagnahmten Glocken ersetzen. Da erinnerte sich Karl an seine glückliche Kindheit, in der er jeden Tag das Läuten der Kirchenglocken gehört hatte. So war es für ihn selbstverständlich, sofort zu helfen und um Unterstützung bei seinen Landsleuten zu bitten. Nun rufen seit der feierlichen Einweihung im November 2016 beide Glocken die tschechischen Gläubigen wieder in die Sankt-Martins-Kirche. Dank Karls Mitinitiative tragen sie jeweils ein Relief der versöhnenden berührenden Hände sowie die Inschrift „Glocke der VersöhSankt-Martins-Kirche in Taschendorf. nung“, bei der größeren Gloc-
Am 11. September starb Karl Pesch, ein verdienter Ortsbetreuer, mit 84 Jahren überraschend im bayerisch-schwäbischen Dillingen.
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ke in tschechischer und bei der kleineren in deutscher Sprache. Karls abschließende Worte bei der Glockenweihe waren: „Mögen die Versöhnungsglocken immer in einer friedlichen Zeit erklingen.“ Einen weiteren Herzenswunsch konnte Karl noch realisieren. Mit der gesamten Familie besuchte er heuer das Kuhländchen und Taschendorf, um ihr seine verlorene Heimat zu zeigen und um für sie mit der jüngeren tschechischen Generation auch Kontakte aufzubauen, mit deren Eltern er das so wichtige Kulturerbe der Ahnen bewahrt hatte. Karl Pesch war Mitglied des Vereins heimattreuer Kuhländler sowie der SL-Ortsgruppe DillingenHöchstedt, wo er zuverlässig und ideenreich als Redakteur für deren Mitteilungsblatt arbeitete. Seine bedeutsame, nachhaltige Heimatarbeit festigte und intensivierte die Verständigung und die Aussöhnung zwischen den ehemaligen und den heutigen Bewohnern von Taschendorf/Tošovice, ja sogar für das ganze Kuhländchen. Er baute Brücken für eine gemeinsame Zukunft unserer Völker im Geiste eines geeinten und friedlichen Europas. Im Bewußstsein, daß Karl Pesch eine schmerzliche Lücke hinterläßt, nahmen viel Taschendorfer, Landsleute und Dillinger bei der Beerdigung Ende September in ehrendem Gedenken Abschied von ihm. Er war wegen seiner Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft überall beliebt, sowohl in der alten als auch in der neuen Heimat. Ulf Broßmann
Mit Monsignore Herbert Hautmann vor dem Heidebrünnel.
� Vertriebenenseelsorge
Andacht im Heidebrünnel Monsignore Herbert Hautmann, Vertriebenenseelsorger in der Diözese Bamberg, hielt eine feierliche Andacht im Heidebrünnel, in der Maria-Hilf-Kapelle im oberfränkischen Weilersbach.
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m Rande des Auerberges oberhalb von Weilersbach hatte der 2011 verstorbene Vertriebenenseelsorger Monsignore Adolf Schrenk die Maria-HilfKapelle bauen lassen, die auch Heidebrünnel heißt. Ihr Vorbild war Schrenks Heimatkapelle im Altvatergebirge, die ein Blitz 1946 zerstört hatte. Für Schrenk war diese originalgetreu nachgebaute Kapelle ein Brückenschlag zur Heimat. Monsignore Herbert Hautmann, als Vertriebenenseelsorger Nachfolger von Schrenk, hatte für Anfang Oktober, den Rosenkranzmonat, zu einer Andacht in die wunderschöne Kapelle eingeladen und freute sich über den Besuch einiger Landsleute. Der aus Eger stammende Geistliche hielt eine feierliche Marienandacht mit heimatlichen Liedern wie „Über die Berge schallt“ und „Es blüht der Martin Ott beglei- Blumen eitet die Andacht ne“. Er hob musikalisch. in seiner Ansprache die Rosenkranzkönigin hervor, deren Fest gerade auf diesen Tag fiel. Hautmann freute sich, daß Pfarrer Adolf Schrenks Neffe Martin Ott mit Akkordeonklängen und Heimatliedern, die sein Onkel getextet hatte, die Herzen der Zuhörer rührte. Herbert Hautmann dankte Mesnerin Barbara Stähr, die sich ehrenamtlich und mit großer Liebe um die Kapelle kümmert, die ein Anziehungspunkt für viele Wallfahrer ist. Anschließend besuchte die sudetendeutsche Gruppe das Grab von Adolf Schrenk auf dem Weilersbacher Friedhof, wo Monsig nore Herbert Hautmann im Gebet seines Vorgängers gedachte, der hier das jüngste Marienheiligtum im Erzbistum Bamberg hatte errichten lassen. Anschließend setzte man sich zu einer Monsignore Herbert Hautmann gemütlichen Runde in ei- im Heidebrünnel. nem Lokal zusammen und tauschte bei Kaffee und Kuchen heimatliche Gedanken aus. Monsignore Herbert Hautmann und seine Landsleute waren sich einig, daß man so einen schönen heimatlichen Nachmittag jährlich begehen sollte. Bernhard Kuhn
Reicenberger Zeitung
Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20. 10. 2023
Stadt und Kreis Reichenberg
Nordböhmi[e Um[au
Kreis Deutsch Gabel
Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail rz@sudeten.de
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Kreis Friedland
Kreis Gablonz
� Haindorf/Kreis Friedland
Margit Kučerová † Am 21. September starb die heimatverbliebene Haindorferin Margit Kučerová, unsere Hammer-Margit, mit 92 Jahren im Krankenhaus in Friedland. In liebevoller Erinnerung bleibt uns das Lächeln in ihrem alten Gesicht.
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Abgeordneter Petr Beitl, Oberbürgermeister Miloš Vele und Kulturminister Martin Baxa.
� Gablonz
Kulturminister lobt sensible Erneuerung Der tschechische Kulturminister Martin Baxa besuchte Anfang Oktober Gablonz.
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usammen mit dem Parlamentsabgeordneten Petr Beitl, der den Minister begleitete, wurde er vom Bürgermeister Miloš Vele in dessen Büro empfangen. „Das war ein sehr angenehmer und fruchtbarer Besuch, ich habe dem Minister die renovierten Räume im Rathaus von Gablonz gezeigt, das in diesem Jahr sein 90jähriges Bestehen feiert. Für unsere sensible Rathaus erneuerung wurden wir gelobt“, sagte Oberbürgermeister Miloš Vele. Annschließend führte Vele
mit dem Minister in seinem Büro ein Gespräch unter vier Augen. Vom Rathaus ging Martin Baxa weiter zum Glas- und Schmuckmuseum, einer Einrichtung des Kulturministeriums, dem einzigen seiner Art in der Tschechischen Republik und in der Welt. Von hier ist er auf Einladung des Bürgermeisters zum Mittagessen in das Restaurant Petřín gefahren. Dort bewunderte der Kulturminister die Aussicht auf Gablonz und das Isergebirge. Das Hotel und Restaurant Petřín, das früher unter dem Namen Zur Nickelkoppe bekannt war, hatte der Bergwirt Richard
Fellinghauer gebaut und im Jahr 1906 feierlich eingeweiht. In dem Restaurant befand sich damals ein großes neues Orchestrion. Ein Orchestrion ist ein mechanischer Musikautomat, der ein ganzes Orchester imitiert. Ein attraktiver Teil des Hotels mit dem Restaurant ist der 20 Meter hohe Aussichtsturm mit 100 Stufen, der damals auf dem Nickelkoppe genannten Hügel errichtet wurde. Das ganze Areal wurde am 2. Dezember 1906 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und zählt zu den beliebtesten und bekanntesten Ausflugszielen im Isergebirge. Stanislav Beran
erfuhren etwas über die Vergangenheit, das heißt über die Vorund Nachkriegszeit, aber ebenso Aktuelles aus der Haindorfer Gegenwart und dem Geschehen rundherum. Nicht nur als wir sie mit unseren Enkelkindern Natascha, Jonas und Kersten immer in den Herbstferien besuchten, waren wir gern gesehene Gäste, sondern auch in den vergangenen drei Jahren mit unseren Urenkeln Emil, Ferdinand und Teodor. Sicherlich hätte sie unseren vierten Urenkel Milan ger-
ne kennengelernt. Aber als dieser im August in Raspenau zur Welt kam, lag sie schon einige Wochen in Friedland im Krankenhaus und war nicht mehr ansprechbar. Wir werden nicht nur ihre wunderbaren Pflaumenknödel in guter Erinnerung behalten, sondern auch ihr Lachen, ihre Fröhlichkeit, ihren großen Mut und ganz besonders ihre uneingeschränkte Hilfsbereitschaft. Möge ihr die Erde leicht werden. Monika und Franz Hanika mit Enkeln und Urenkeln
argit wohnte bis kurz vor ihrem Tod in der Steinstadt Nr. 418 in Haindorf. In der Zeit unserer Aufenthalte in Haindorf und Umgebung war sie uns als deutsche Verbliebene eine treue Wegbegleiterin und wissende Zeitzeugin. Als wichtige Zeitzeugin wurde Margit 2021 auch von der tschechischen Organisation Paměť národa oder Memory of Nations interviewt (Ý unten). Ohne sie wären für uns wichtige Kontakte mit den verschiedenen Haindorfer Bürgermeistern wie Stanislav Smutný (†), Jiří Horák und Jaroslav Demčák nicht zustande gekommen. Als Dolmetscherin stand sie uns immer zur Seite, auch während der deutschtschechischen Seminararbeit „Kraft aus den Wurzeln. Síla z kořenů“ im Hain dorfer Kloster sowie bei Peter und Doris Wöllner in der Villa Klinger in Neustadt an der Tafelfichte. Bei ihr in ihrem kleinen Häuschen waren wir immer willkommen. Bei Kaffee, Kuchen und kleinen Schnittchen ging uns der Franz Hanika an der Kaffeetafel von Margit Kučerová im September vor einem Gesprächsstoff nie aus. Wir Jahr.
� Memory of Nations – Zeitzeugengespräch mit der Haindorferin Margit Kučerová (1931–2023) – Teil I
In Haindorf lebten wir ein ordentliches Leben Die Reichenberger Zeitung dokumentiert das Zeitzeugengespräch, das das tschechische Projekt Paměť národa/Memory of Nations mit Margit Kučerová 2021 führte, in mehreren Folgen.
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elbst 76 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg zögerte sie, über das zu sprechen, was nach dem Krieg in Haindorf geschah. „Ich weiß nicht, warum gerade wir so ein Pech hatten, daß genau die Skutečáci zu uns kamen“, sagt die 91jährige Margit Kučerová. Ende Mai 1945 kam eine Einheit der Revolutionären Garden, die sich Kampfgruppe Skuteč nannte, nach Haindorf. Hier und im benachbarten Raspenau und Weißbach exekutierten sie mehr als 200 deutsche Männer und Frauen. Damals rettete der Ruf ihres Vaters, der 1944 gestorben und ein bekannter Antifaschist gewesen war, die 14jährige Margita und ihre Mutter vor grausamen Mißhandlungen. Nach der Annexion des Grenzgebiets hatte der Vater die Familie ins Binnenland gebracht, weil er nicht im hitlerischen Deutschland leben wollte. „Beneš versprach, daß hier Platz für alle sei, und dann wollte er uns nicht“, erinnert sich Margita Kučerová an die Wanderung der Familie im Oktober 1938 durch mehrere tschechische Städte, die mit der Rückkehr nach Haindorf endete, weil ihnen als Deutsche nirgends Zuflucht gewährt wurde. Nach dem Krieg interessierten sich die Tschechen, die in die
Grenzgebiete kamen, nicht daBeim Erzählen ihres ganzen für, wie sich die Deutschen vor Lebens ist sie schüchtern, denn oder während des Krieges ver- sie ist nicht gewohnt, daß sich jehalten hatten. Für die Sünden mand dafür interessiert, wie sie des hitlerischen Deutschlands als Deutsche die Veränderunsollten alle ohne Unterschied bü- gen in den Grenzgebieten wahrßen. Das bedeutete, daß sie ihre nahm. Häuser und all ihr Eigentum mit Margita Kučerová kam am 24. Ausnahme von 30 Kilogramm Mai 1931 in Haindorf als Kind der nachkriegstschechoslowaki- von Franz und Hedwig Hamschen Republik überlassen mußten. Die Zeitzeugin konnte bleiben, weil ihre Mutter zu den Spezial Geboren am 24. Mai 1931 in listen gehörte, die für die Haindorf in eine deutsche Familie. Sicherstellung der indul Ihr Vater, Franz Hammer, arbeistriellen Produktion benötete als Busfahrer, ihre Mutter Hedtigt wurden. Sie arbeitete wig war in der Porzellanmalerei der in der Haindorfer PorzelHaindorfer Porzellanfabrik beschäflanmalerei. Als Deutsche tigt. mußte sie 20 Prozent ihl Anfang Oktober 1938 verließ res Gehalts für Kriegsredie Familie Haindorf, weil sie nicht parationen abgeben und im faschistischen Deutschland leben hatte keinen Anspruch wollten. auf Urlaub. Außer Marl Nach einigen Tagen mußten gita Kučerová, ihrer Mutdie Hammers nach Haindorf zurückter und Urgroßtante wurkehren, da sie im Inland keinen Zuden alle Mitglieder ihrer fluchtsort gefunden hatten. Familie einschließlich der l Ihr Vater hatte als Kommunist fast 70jährigen Großmutund Antifaschist während des Krieter vertrieben. ges Probleme. Die Zeitzeugin beobl Während des Krieges besuchte achtete dann in Haindorf, sie die Grundschule in Haindorf und wie sich die Neuankömmlinge verhielten, die die vertriebenen Deutschen ersetzten. „Sie spielten die Her- mer zur Welt. „Meine Eltern waren, taten nichts, plünderten die ren Deutsche, das war das erste Felder, auch die Wälder, die Hö- Problem schon in der alten Refe verfielen, sie starben, und Ru- publik“, sagt die Zeitzeugin, die he kehrte ein“, sagt die Zeitzeu- sich an Haindorf in einer Zeit ergin, die ihr ganzes Leben in Ha- innert, als dort hauptsächlich indorf verbrachte. Sie erzählte Deutsche lebten. ihre Geschichte in fehlerfreiem Die Deutschen in Haindorf soTschechisch, obwohl sie bis zu ih- wie auch anderswo in den Grenzrem 14. Lebensjahr nur Deutsch gebieten litten unter der Entstesprach. hung der Tschechoslowakischen
Republik, denn sie fühlten sich als Bürger zweiter Klasse. Ohne Kenntnis der tschechischen Sprache konnten sie nicht mehr in staatlichen Ämtern arbeiten. Deutschsprachige Postboten, Bahnbeamte und Polizisten wurden daher von Tschechen ersetzt. „Aber diese tschechischen Polizisten hatten nicht viel Arbeit mit
rei.“ Daß die Gemeinde damals wirtschaftlich und kulturell bedeutend war, zeigt auch, daß sie im Juli 1917 vom letzten Kaiser der österreichischen Monarchie, Karl I., zur Stadt erhoben worden war. In der Ersten Republik gab es in Haindorf mehrere Fabriken: eine Weberei, eine Druckerei, Holzverarbeitung und drei Porzellanfabriken. In der bekanntesten, gegründet von Adolf und Josaß im Unterricht neben Prinzessin sef Kratzer, die weltweit Clotilde von Auersperg, der Enkelin für handbemaltes Porzelvon Franz Clam-Gallas. lan berühmt wurde, arbeil Ihr Bruder fiel 1943 an der Osttete die Mutter der Zeitfront, ihr Vater starb im Dezember zeugin, Hedwig Hammer 1944 an Lungenkrebs. (*1904). In der Malereil Nach dem Krieg wurden sie Abteilung am Fluß Wittig, und ihre Mutter nicht vertrieben, deren Gebäude als einziweil die Mutter in der Porzellanmages der Kratzer-Porzellanlerei der Haindorfer Porzellanfabrik fabrik bis heute erhalten unentbehrlich war. ist, bemalte sie Service aus l Sie arbeitete 42 Jahre lang in Tafelporzellan und andere der Verwaltung der staatlichen TesProdukte. la-Elektro-Fabrik. Zum Arbeiten zog die l 1954 heiratete sie den TscheGroßmutter der Zeitchen Josef Kučera, und sie zogen eizeugin, Paulina Krause nen Sohn und eine Tochter auf. (*1877), aus dem nahegel Ab 1972 engagierte sie sich im legenen Hegewald nach Verband der Deutschen. Haindorf. Sie mußte all Bis 2023 lebte sie in Haindorf. leine zwei Töchter und einen Sohn versorgen. In der Hain dorfer Weberei uns. Wir lebten ordentlich“, sagt Fritsch & Co. fand sie Arbeit und die Zeitzeugin mit einem leich- Unterkunft in den sogenannten ten Lächeln. Fritsch-Häuschen. Drei Häuser Die Zeit vor dem Krieg be- für ihre Angestellten ließ die Firschreibt sie als idyllisch. „Wir ma in Ferdinandstal bauen. „In lebten wunderbar, die Stadt war einem waren sechs Parteien, also autark, wir hatten hier jede Art insgesamt lebten dort 18 Familivon Geschäft, jedes Handwerk. en. Heute bewohnen zwei FamiliWir brauchten weder Friedland en ein Häuschen“, sagt sie. noch Reichenberg. Wir hatten Die Arbeitsmöglichkeiten hier alles, sogar eine Drucke- lockten auch die Familie ihres
Diese Minivita ist Vorspann des Gesprächs
Vaters nach Haindorf, die aus Rothau in der Karlsbader Region nach Friedland kam. Franz Hammer (*1899) war gelernter Automechaniker und arbeitete als Fahrer. Wie viele deutsche Böhmen in der Region Reichenberg wurde er Anhänger und Mitglied der kommunistischen Partei. Die linke Ausrichtung dieser Region rührte daher, daß hier viele Menschen in den örtlichen Fabriken arbeiteten: in Textilfabriken, Porzellanfabriken, Sägewerken, Glasfabriken oder Papierfabriken. „Von Weißbach über Haindorf bis nach Friedland gab es an der Wittig 36 Turbinen, die die Fabriken mit Strom versorgten“, sagt die Zeitzeugin. Die erste kommunistische Organisation auf dem Gebiet der Tschechoslowakei wurde im März 1921 in Reichenberg gegründet, also noch zwei Monate bevor die Partei in Prag gegründet wurde. Mit ihren Eltern und ihrem zehn Jahre älteren Bruder Franz lebte sie in einer Wohnung in der Luhová-Straße. Dort fuhr die Adelsfamilie Clam-Gallas aus dem Schloß Friedland zur majestätischen Kirche der Heimsuchung Mariens in Haindorf. Diese hatten einstige Besitzer der Herrschaft Friedland zusammen mit einem Kloster an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert errichten lassen, als bis zu 80 000 Pilger jährlich nach Haindorf kamen, um die ungewöhnlich lächelnde Statue der Madonna, genannt Haindorfer Madonna oder auch Mater Formosa, zu sehen. Fortsetzung folgt
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Dux
Ladowitz
Klostergrab
Ossegg
für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau
Bilin
Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. H eimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Telefon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard. spacek@gmx.de Redaktionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
Teplitz-Schönau
Graupen
Niklasberg
Buntes Treiben am Bahnhof in Wiesa.
Ende September fanden sich am historischen Bahnhof Wiesa/ Louka bei Oberleutensdorf zahlreiche Besucher ein. Im denkmalgeschützten Bahnhofsgebäude, das nach dem Ausbau der neuen Bahnstation nicht mehr seinem ursprünglichen Zweck dient, feierten sie den 130. Jahrestag der Eröffnung des Bahnhofs.
� Wiesa
ge Bahnstrecke Österreich-Ungarns, konkret aus Wiesa nach Lemberg. So ließen sich die Gäste zu Mittag echten Borschtsch und andere Spezialitäten schmecken, auch weitere Stände mit Bier aus der Region der Moldau–FreiDer Bahnhof wurde in erster Li- lungen historischer Technik berger Eisenbahn, Cocktails nie gebaut, um den Transport und gleichzeitig als Begegfür Kinder und Erwachsene von Kohle sowohl innerhalb des nungs- und Bildungszentrum und erzgebirgische Bratwürste böhmischen Inlandes als auch in mit Schwerpunkt Technik einsowie Kaffee und leckere TorRichtung Sachsen zu gewährlei- richten möchte. „Ich freue ten sorgten für die hungrigen m die Entstehung der Bahn- sten. mich sehr über die ErweiteGäste. station, an der sich die MolDie Veranstaltung unter dem rung unseres Museums“, äuDen fleißigen Organisatodauer Bahn – ursprünglich be- Motto „Die Moldauer Bahn lebt!“ ßerte sich Michal Soukup, der ren gilt ein besonderer Dank. trieben von der k. k. privilegierte fand unter der Schirmherrschaft als Direktor des Museums geDas waren der Stiftungsfonds Prag–Duxer Eisenbahn meinsam mit seinen Moldauer Bahn/Teplitzer – und die sogenannKollegen diese PläSemmeringbahn, der Georte Ziegenbahn – urne durchgesetzt hatgendorfer Verein, der Verein sprünglich die k. k. prite. Die BezirksverwalIG Preßnitztalbahn und das vilegierte Dux–Botung hofft, dieses GeRegionalmuseum mit Galedenbacher Eisenbahn bäude kostenlos von rie in Most. Unterstützt wur– kreuzen, hatte sich der Eisenbahnverwalde dieses gelungene Fest vom Freiherr Alois Czedik tung zu erhalten. Deutsch-Tschechischen Zuvon Bründelsberg und „Wir haben alkunftsfonds und vielen AnlieEysenberg verdient gele den gleichen gervereinen, denen eine Bemacht, dessen FamiWunsch, daß dielebung des Erzgebirges mit lie aus Oberleutensdorf ser Bahnhof erhalseinen Regionalbahnen am Bilder: Jutta Benešová ten wird und zu neu- Bedřich Bednář war Fahrdienstlei- Jiří Řehák im Gespräch mit Vlasta Mládko- Herzen liegt. Hoffen wir, daß stammte. Er war zwi- Historische Bahntechnik. vá von der „Erzgebirgs-Zeitung“. schen 1882 und 1884 em Leben erwacht“, ter in Oberleutensdorf. die bisherigen Bemühungen Generaldirektor der Österreichi- des Regionalmuseums in Most/ sagte bei der Feierlichkeit der Menschen beiderseits der schen Staatseisenbahnen, hat- Brüx statt, das dieses histori- der Stellvertretende Bezirks bewerbe für Kinder und eine Ein Stand mit transkarpatiGrenze um eine Erfüllung diete zonale Beförderungstarife ein- sche Gebäude aus der Ära Öster- hauptmann und Kulturbeauf- Großprojektionsleinwand mit In- schen Spezialitäten, für die unse- ser Projekte zu einem glückligeführt und die Verstaatlichung reich-Ungarns renovieren und tragte Jiří Řehák, der die Schirm- formationen über tschechische re ukrainischen Frauen gesorgt chen Ende führen. privater Bahnlinien gefördert. als Außenstelle für die Samm- herrschaft dieser Veranstaltung und sächsische Regionalbahnen, hatten, symbolisierte die einsti Jutta Benešová übernommen hatte. Zur Ju- speziell eine Chronik der Bebiläumsfeier waren natürlich mühungen von tschechischer auch Gäste aus Sachsen einge- und deutscher Seite, die Bahnladen, die sich hier im Rahmen strecke zwischen Moldau und des fünften offiziellen sym- Freiberg wieder zu verbinbolischen Lückenschlusses den. Für technisch Interessierder Freiberger und Moldau- te gab es im Bahnhofsgebäuer Bahn und gleichzeitig im de alte Sicherheitstechnik der Rahmen des zweiten deutsch- Bahnstation zu sehen. Mit ihtschechischen Treffens der Ei- rer Teilnahme bereicherten senbahnvereine und Eisen- auch die Freiwillige Feuerbahnfreunde aus dem Erz- wehr Litvínov/Oberleutensgebirge und Böhmischen dorf, der Klub für ArmeegeMittelgebirge mit ihren tsche- schichte Osada-Litvínov, die chischen Freunden trafen. Für Radioamateure der Teplitzer sie gab es im Bahnhofsgebäu- Burg Daubersberg diese Verde alte Technik zu sehen. anstaltung. Für Philatelisten Das reiche Begleitpro- gab es den Sonderstempel der gramm enthielt Konzerte, Tschechischen Post „Moldau Ukrainerinnen bieten transkarpatische Spezialitäten. Via Moldaubahn nach Wiesa: die Gäste aus Sachsen. Theatervorführungen, Wett- – Die Moldaubahn lebt!“.
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Die Moldauer Bahn lebt
HEIMATBOTE
Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20. 10. 2023
Bischofteinitz
Ronsperg
FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ
15 Hostau
Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
Die Renovierung der Kirche macht sehr gute Fortschritte und soll zu einem guten Ende geführt werden.
Tschernahora
Flugzeugabsturz 1940
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Schüttwa
Ortsbetreuer zu Tränen gerührt degang des Projekts Schüttwa reicht. Dieser bedankte sich vortrug. Duka wollte vor allem und verabschiedete sich von alwissen, warum dieses Projekt ins len einschließlich Metschl perLeben gerufen worden sei. Der sönlich. Metschl: „Dieser SamsHauptgrund, so Dubský, sei Jo- tagnachmittag war ein weiterer ranz Metschl, Ortsbetreu- hannes von Schüttwa gewesen. Höhepunkt für Schüttwa und für er von Schüttwa, ist trotz sei- Ein weiterer sei die historische mich. Es ist schon eigenartig, was ner 84 Jahre noch immer voller Nikolauskirche gewesen. Ob- sich in Schüttwa so ereignet.“ Elan. Mit großer Freude verfolgt wohl diese und der Kirchturm Schließlich sprach Metschl mit er die Renovierung der Kirche bereits eine Ruine gewesen sei- Dubský noch über eine mögliche und die vielen anderen Aktivitä- en, habe man Unterstützung ten in dem Ort, in dem um 1350 auch das Kirdurch die SuJohannes von Schüttwa zur Welt chenareal mit detendeutsche kam. Sein „Ackermann aus Böh- Friedhof in das Stiftung. Damen“ oder „Der Ackermann und Projekt aufgebei versprach der Tod“ ist eine der wichtigsten nommen, was Metschl, daß deutschsprachigen Prosadich- der Deutscher und Thotungen des späten Mittelalters. Tschechische mas Ludwig, Die vielen positiven Verän- Zukunftsfonds der Bürgerderungen in Schüttwa, mittler- (DTZF) finanzimeister von weile ein Ortsteil von Ronsperg, ell unterstütze Seckach, wo nennt Metschl das „Wunder von und begleitete. Franz Metschl und Bundespräsi- viele vertriebeSchüttwa“. Metschl war mit sei- Auch die ehe- dent Frank-Walter Steinmeier im ne Schüttwaer ner Frau Gretl 45 Jahre lang als maligen Bür- Park von Schloß Bellevue. eine neues Zudas Gesangsduo „Gretl & Franz“ ger von Schütthause gefunbei vielen Veranstaltungen der wa unterstützten diese Vorhaben den hatten, einen Antrag an die Heimatvertriebenen im In -und immer wieder mit Spenden. Das Stiftung schreiben würden. Seit Ausland aufgetreten. Er bemerkt, schien dem Kardinal zu imponie- 1988 ist Seckach die Patenstadt daß er auch im Sinne seiner schon ren, denn er richtete seinen Blick der vertriebenen Schüttwaer und verstorbenen Gretl immer für die auf Metschl. deren Nachkommen. Heimat eintreten werde. An der neuen, vom BildhauAnfang September waren Der kleine Ort wird immer at- er Jaroslav Šindelář geschaffe- Franz Metschl und Ivo Dubský traktiver. Zu verdanken ist dies nen Nikolausstatue, die nun über Gäste des Bürgerfestes des Bunin erster Linie dem Verein Ni- Schüttwa wacht, wurde noch ein despräsidenten Frank-Walter kolaus/Spolek Mikuláš mit sei- Gruppenbild zur Erinnerung ge- Steinmeier im Park von Schloß nem rührigen Vorsitzenden Ivo macht. Den Kardinal zog es dann Bellevue in Berlin, bei dem auch Dubský. Das nun nicht mehr ganz zu den zwei neuen Sitzbänken. das 25jährige Jubiläum des DTZF Dort fühlte er sich so gefeiert wurde. Diese Gelegenrichtig wohl und scherz- heit hatte Metschl genutzt, um te mit den Besuchern. beim DTZF weiter um UnterstütLadislav Boček pflegt zung für das Projekt in Schüttden kleinen Park und wa zu werben. Dabei bat er den den Friedhof ganz vor- DTZF-Geschäftsführer aus Prag, züglich. Tomáš Jelínek, die Renovierung Anschließend ging der Kirche in Schüttwa weiter es in die renovierte Sa- zu unterstützen. Metschls grokristei und den Altar- ßer Wunsch ist, daß auch das Kirraum. Auch hier über- chenschiff ein Dach erhält. nahm Ivo Dubský die Nach dem Treffen schickte Franz Metschl und Dominik Kardinal Duka Führung. Durch ein klei- Jelínek folgende eMail an Metbeten in der Sakristei ein Vaterunser für die nes Fenster sah Duka in schl: „Es war für uns eine große Verstorbenen und Vertriebenen von Schütt- den noch sehr reparatur- Freude, gemeinsam mit Ihnen in wa. Bilder: Eva Dubský (2), Karl Reitmeier (1) bedürftigen Innenraum Berlin zu feiern: den langen Weg, des Kirchenschiffes. Be- den Deutsche und Tschechen geunbedeutende Böhmerwalddorf vor er den Altarraum verließ, sag- meinsam in den letzten 25 Jahren hatte kürzlich Dominik Kardi- te er zu Metschl: „Ich möchte mit Unterstützung des Fonds zunal Duka aus Prag besucht. Bür- nun für die Schüttwaer Verstor- rückgelegt haben, denn Sie hagermeister Martin Kopecký, Ivo benen und Vertriebenen beten.“ ben, Herr Metschl, dazu sehr viel Dubský und dessen Frau Eva, Se- Er ging zum neuen Altar und be- beigetragen, und dafür gebühnator Vladislav Vilímec, Ladislav tete das Vaterunser in deutscher ren Ihnen große Anerkennung Boček, Zweiter Vorsitzender des Sprache. Metschl war zu Tränen und Dank! Über unsere MöglichNikolausvereins, und Franz Met- gerührt. Er dankte Duka mit ei- keiten in Bezug auf die Kirche in schl empfingen den Kardinal. nem aus tiefstem Herzen kom- Schüttwa werden wir uns beraten Dubský stellte Metschl als den menden Vergelt‘s Gott und sag- und melden uns bei Ihnen und Ortsbetreuer der ehemaligen Be- te, er werde diesen besonderen Herrn Dubský.“ Und jetzt hoffen wohner von Schüttwa vor. Moment niemals vergessen. alle, daß die Kirchenrenovierung Der Kardinal hörte aufmerkAnschließend wurden dem in Schüttwa ein gutes Ende finsam zu, als Ivo Dubský den Wer- Kardinal noch Geschenke über- det. Karl Reitmeier
Dominik Kardinal Duka, emeritierter Erzbischof von Prag, besuchte das „Wunder von Schüttwa“.
F
offizier der kaiserlichen Armee, am 3. Januar 1915 in Cochem geboren. Zu seinem Tod vermerkt das Sterbebuch „gefallen am 24. Juni 1940, Tschernahora, Kreis Bischofteinitz; durch Flugzeugunfall“. Die endgültige Klärung des Falles brachten die Dokumente, die der Historiker Sven Carlsen im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg aufgespürt hatte. Sie enthalten die Verletzenberichte, die Luftgau XIII regelmäßig an die Leitung der Luftflotte 3 in Charleville in Frankreich schickte. Das erste Dokument ist eine Liste von sechs Flugzeugunfällen, die sich am 24. Juni 1940 im Bereich des Luftgaus XIII ereigneten. Das Dokument ging am 26. Juni in Charleville ein. Der Eintrag enthält als letzten Punkt: „6.) Stu-
en Daimler-Benz-Motor DB 601 wurde eine klassische Version der Bf 109E gebaut, und alle älteren Bf 109D wurden ausgemustert und zu Schuleinheiten abgestellt. Der Absturz am 24. Juni 1940 bei Tschernahora ist jedoch der einzige Beleg für den Einsatz der Bf 109 an der Sturzkampffliegerschule Otrokowitz, die auf ur zufällig stieß ich 2017 auf die Ausbildung mit dem Sturzdiesen Fall, als ich nach eikampfflugzeug Junkers Ju 87 nem anderen Flugzeugabsturz Stuka spezialisiert war. suchte. In den Sterbeurkunden Der Prototyp Ju 87 Stuka wurentdeckte ich einen handschriftde im September 1935 geflogen, lichen Vermerk, der besagt, daß und Ende 1937 trafen die ersten am 24. Juni 1940 ein Mitglied der Serienmaschinen bei der deutStuka-Schule Otrokowitz, Unschen Luftwaffe ein. Die Erproteroffizier Wilhelm Bowe, durch bung der neuen Taktik und die Schädelbruch durch Absturz, Ausbildung fanden zunächst nur Waldrand Tschernohora ums Lebei der Erprobungseinheit IV. ben gekommen sei. (Stuka) Gruppe LehrgeschwaNatürlich suchte ich unter den der 1 oder direkt bei den neu Ortsnamen rund um gebildeten Sturzdas mährische Otrokampfgeschwadern kowitz nach seinem statt, doch zeigte Todesort Tschersich schnell der Benahora/Černá hora. darf an einer speDer Unfall ereignezialisierten Fliete sich vor der Ein- Der Bericht von Luftgau XIII erwähnt den Absturz einer Bf 109 am gerschule, und so führung des zentra- 24. Juni 1940 31 Kilometer südlich von Marienbad. wurde erst im April len Verlustmelde1939 die ursprüngsystems, so daß es schwierig war, ka-Schule II Otrokowitz, 31 Kilo- liche IV. (Stuka) Gruppe zur Studen Fall unter den verstreuten meter südlich Marienbad, Ursa- ka-Schule in Kitzingen umgeDokumenten zu finden. Die De- che unbekannt, BF 109D Wkn. wandelt. Im Sommer 1939 wurde tails wurden erst 2021 entdeckt, 534, 100%, 1 Uffz. (Flgzgf.) tot.“ zunächst der Flugplatz in Marials der französische Forscher Die Daten werden im zwei- enbad gewählt, aber im DezemRémi Tracanelli „bei dem Dorf ten Dokument, der von Luftgau ber 1939 wurde die neue SturzTschernahora, nordöstlich von XIII erstellten Übersichtstabelle kampffliegerschule im mähriWeißensulz“ hinzufügte. „Meldung bis Luftgau oder Luft- schen Otrokowitz gegründet. Jetzt war mir klar, daß es sich flotte bei (Flugzeugunfällen und Der Flughafen in Otrokowitz bei der Siedlung um Černá Hora Flugzeugverlusten)“ wiederholt. war ursprünglich der Zivilflugbei Weißensulz in Westböhmen Unter Punkt 158 meldet Meister hafen der Schuhfabrik Baťa und handelte. Unteroffizier Wilhelm Lubosch von der Fliegerleitung der Werksflughafen der Firma Bowe, ein erfahrener Fluglehrer, Fürth: „BF 109D Wk. 534, 100%, in Zlin. Nach dem 15. März 1939 überführte ein Kampfflugzeug 9+N, 1 Uffz.(Flgzgf.) tot, 4 km übernahm die deutsche Luftvon Kitzingen nach Otrokowitz. nördlich Weißensulz, 35 km süd- waffe den Flughafen mit seiner Das Datum war jedoch nicht ein- lich Marienbad.“ hochwertigen Ausstattung und deutig, Tracanelli fand zwei verDie Einträge bestätigen den die angrenzende Fabrik in Zlín. schiedene Daten, den 4. und den Absturz bei Weißensulz und fü- Sie richtete auf dem Flugplatz 26. Juni 1940. Unabhängig von gen Informationen über den die Fliegerhorst-Kommandanmeiner eigenen Recherche ent- Flugzeugtyp hinzu. Es ist eine tur Otrokowitz ein und begann deckte Markus Gruber aus Wald- Messerschmitt Bf 109D Werk- im Werk Zlín mit der Produktion münchen im Sterbebuch des nummer 534 mit der taktischen von Schulflugzeugen des Typs Standesamtes in Weißensulz un- Bezeichnung „9+N“. Der Scha- Klemm Kl 35. ter der Nummer 6 einen Eintrag den an dem Flugzeug wurde mit Die Sturzkampffliegerschuüber den Tod von Wilhelm Bowe 100 Prozent angegeben. Die Ab- le Otrokowitz ergänzte die einziam 24. Juni 1940 um 17.30 Uhr. sturzstelle wurde offenbar von ge Sturzkampffliegerschule KitDie Leiche wurde von Siegfried einem Bergungskommando des zingen. Um die beiden Einheiten Kaudel, einem Arzt aus Weißen- Flugplatzes Marienbad gesi- zu unterscheiden, erfolgte im Jasulz, untersucht, und als Todes- chert, wie in anderen Fällen, die nuar 1940 eine Umbenennung in ursache wird ein „Schädelbasis- sich in dieser Gegend ereigne- Sturzkampffliegerschule 1 in Kitbruch infolge eines Aufpralls bei ten. zingen und Sturzkampffliegereinem Flugunfall“ angegeben. Das Jagdflugzeug Messer- schule 2 in Otrokowitz. Die EinBowe wurde nach Marienbad schmitt Bf 109 war das Symbol heit bestand nur aus dem Stab überführt und am 27. Juni 1940 der deutschen Luftwaffe. Es flog und der I. Gruppe, verfügte aber auf dem städtischen Friedhof in erstmals 1935. Es wurde während über bis zu 100 Ju 87 Stuka, was Ehrengrab Nr. 1 in der Helden- des gesamten Krieges von der ungewöhnlich war. Sie war nur abteilung beigesetzt. Als die Ab- Bayerischen Flugzeugwerke AG bis Juli 1940 in Otrokowitz stateilung des Städtischen Fried- Augsburg in Zusammenarbeit tioniert und zog dann nach Werthofs dort 1991 zur Kriegsgräber- mit einer Reihe von Zulieferern heim um, später nach Graz. Im stätte Marienbad umgewandelt hergestellt, und es wurden etwa Herbst 1943, bereits umbenannt wurde, wurden seine sterblichen 34 000 Stück gebaut. Eine Vari- in Schlachtgeschwader 102, wurÜberreste in Grab 19, Reihe 7, ante der Bf 109D mit dem Motor de die Einheit in Deutschbrod Abteilung A beigesetzt. Jumo 210 wurde erst 1938 herge- stationiert. Der Stadtarchivar von Co- stellt. Insgesamt wurden 647 ExMeine Bitte an vielleicht noch chem, Wolfgang Hock, recher- emplare gebaut, wobei der größ- lebende Zeitzeugen: Erinnert chierte auf meine Bitte im Stadt- te Teil der Produktion vom Er- sich jemand an den genauen Ort familienbuch. Demnach wurde la Maschinenwerk Leipzig mit des Absturzes? Als Archäologe der Flieger, mit vollem Namen 168 Exemplaren, den Werknum- wäre ich interessiert, einen solFriedrich Wilhelm Bowe, zwei mern 417–539 und 618–665, al- chen Ort zu erforschen. AuskünfMonate nach dem Tod seines Va- so auch der Bf 109D WNr. 534, te bitte an eMail jan-vladar@ ters Wilhelm Bowe, einem Unter- erbracht wurde. Mit dem neu- volny.cz 1940 stürzte bei einem Überführungsflug von Kitzingen nach Otrokowitz in Mähren, der nichts mit dem Flugverkehr in der Region zu tun hatte, ein deutsches Kampfflugzeug in der Nähe der Ortschaft Tschernahora, heute ein Stadtteil von Weißensulz, ab. Der Archäologe Jan Vladař berichtet.
Die Messerschmitt Bf 109D war 1938 bis 1939 die Hauptstütze der deutschen Luftwaffe. Rechts: Mehrere Abstürze von Übungsflugzeug Ju 87 Stuka bei Otrokowitz sind in den Untersuchungsakten der deutschen Luftwaffe fotografisch dokumentiert. Die meisten Dokumente gingen jedoch in den Kriegswirren verloren.
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20. 10. 2023
Heimatbote für den Kreis Ta<au
Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
Erster Ausstellungsraum
Tachauerin baute Museum in Karlsfeld auf
Flüchtlinge und Vertriebene im Münchener Osten drei Kinder auf, einen Sohn und au, die Entwicklung zur heutigen Den ersten Stock dominiezwei Töchter. In der Schule konn- Gemeinde mit 22 000 Einwoh- ren die Exponate der Ansiedte sie vieles unterrichten, neben nern, die Entstehung des großen ler aus Osteuropa, der Flüchtlinden Hauptschulfächern Religion, Baggersees, den Bau der ersten ge. Die Tracht einer Ostpreußin Musik, Werken, Steno und Eng- Kirche Sankt Anna, die Wirts- erinnert an die Auflösung ihlisch. Großes Gerer Landsmannschick hatte sie schaft, daneben bei der Integraein Schrank voltion von griechiler Trachtenschen, italieniröcke, Mieder, schen und vor alSchürzen und lem türkischen LeinenunterwäKindern, weil sie sche, die bei besich mit deren sonderen AnläsSprache beschäfsen noch getratigte. gen werden. Auf Im Jahr 2002 dem Boden liegt eboren wurde Ilsa Oberbau- erhielt sie den der Läufer aus er/Lanzendörfer am 9. De- Auftrag, die Tachau, der auf zember 1938 in Tachau als fünftes Chronik „200 einem HandwaKind des Großkaufmanns Willi- Jahre Karlsfeld“ gerl von Tachbald Lanzendörfer. Der Vater fiel zu verfassen. Der 2019: Karlsfelds Zweiter Bürgermeister Stefan Handl, Dachaus Landrat au nach Paulus1941. Die Mutter ging 1945 bei Erste Bürgermei- Stefan Löwl und Bernhard Seidenath MdL überreichen Ilsa Oberbauer brunn gerettet Paulusbrunn über die Grenze, ster Fritz Nuste- das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten. wurde. In einem wo sie in Bärnau zufällig ihren de bedankt sich Schrank aus Bruder traf. Von Bärnau ging die im Vorwort ganz herzlich für die häuser des Ortes und die Nach- Maribor findet sich rumäniOdyssee nach Illertissen zu einer viele Arbeit, die Ilsa Oberbau- lässe der Pfarrer sowie ein Schul- sches Porzellan, aus dem Banat Tante Ilsas, dann in die Lager in er zum Gelingen des Buches bei- zimmer mit den verschiedenen und der Batschka. An der Wand Buchloe, Augsburg, München, getrug. Auf Grund dieser Kennt- Schulbänken und Lernmateri- hängt Zaumzeug, das RumäniMiesbach und schließlich im Ja- nisse bot es sich an, daß sie auch alien, Kochgeschirr und Porzel- endeutsche mitbrachten, weil sie nuar 1946 nach Tegernsee. Dort beim Aufbau des Heimatmuse- lan. ihre Pferde auf der Flucht vertrat Ilsa im Februums 2003 involviert Da sich in Karlsfeld auch vie- kaufen mußten. Wir sehen Foar in die erste Volkswurde. le Vertriebene angesiedelt hat- tos von einem Häuschen, dessen schulklasse ein. Ab Sie wurde in ten, vertrauten natürlich auch Inneres ein Eisenbahnwaggon 1949 besuchte sie den Museumsver- diese ihre Exponate Ilsa Ober- ist. das Gymnasium in ein aufgenommen bauer an. So sind besonders von Auf das Egerland weisen zwei Tegernsee und anund sammelte fort- den Batschka-Deutschen vie- Rundgemälde hin, sie stellen Elschließend die Pädan alles, was ihr die le Gebrauchsgegenstände und bogen und Schlaggenwald dar. agogische HochKarlsfelder anver- Kleider zu sehen. An einer Wand Eine schöne Egerländer Tracht schule in Münchentrauten. 2010 wur- hängt ein gerahmter Kastenal- aus Alt Rohlau ist zu bewundern, Pasing, wo sie ihren de das alte Rathaus ter mit Kreuz und der Inschrift die Hildegard Ullmann spendeTraumberuf erlerndem Museum zur „Es ist vollbracht“ aus Marien- te. Nicht weit davon der Nachte. 1962 bewarb sie Verfügung gestellt. bad um 1900. Stifterin war Anna laß von Irenäus Hoschka, der sich an die VolksIm Erdgeschoß wur- Heller, die, wie sich herausstell- aus dem östlichen Sudetenland schule in Karlsfeld, de eine Ausstel- te, wiederum über die Sodawas- stammte und in Karlsfeld noch wo sie bis zur Penlung über die tägli- serproduktion Wager in Tachau sein Schneiderhandwerk betriesionierung blieb. Ihr che Arbeit gezeigt. mit Ilsa Oberbauer weitschichtig ben hatte. Zwei ineinander stekMann, den sie in TeIn den anderen Räu- verwandt war. Im Lauf der Jah- kende Hüte rettete er bei der gernsee geheiratet men findet sich al- re sammelte sich viel an, das lie- Vertreibung. Ilsa Oberbauer bauhatte, war Kämmeles über Karlsfeld, bevoll ausgestellt wird: Porzellan te gemeinsam mit ihren Helferer der Gemeinde den Torfabbau, die aus Teplitz-Schönau, Hinterglas- rinnen und Helfern liebevoll ein Karlsfeld. Neben iherste planmäßige bilder von Helmut Bradatsch aus schönes und sehenswertes Heirer Tätigkeit als Leh- Egerländer Tracht aus Ansiedlung an der Teplitz und Bilder von Kupferste- matmuseum in Karlsfeld auf. Darerin zog sie noch Alt Rohlau von 1930. Straße nach Dach- cher Wolfgang Niesner. zu gratulieren wir herzlich. Das Haus des Deutschen Ostens zeigte über die Jahreswende 2022/23 die Ausstellung „Flüchtlinge und Vertriebene im Münchner Norden“. Dabei wurde das Heimatmuseum in Karlsfeld, einer Gemeinde im Landkreis Dachau im Nordwesten von München, vorgestellt, das die Tachauerin Ilsa Oberbauer maßgebend aufgebaut hatte. Anfang Juli besuchte Heimatkreisbetreuer Wolf-Dieter Hamperl Oberbauer in ihrem Heimatmuseum in Karlsfeld. Er berichtet.
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WIR BETRAUERN Pfraumberg. Am 26. September starb die am 17. April 1932 geborene Anna Schöneck/ Hüttl mit 91 Jahren im mittelfränkischen Gunzenhausen. Nach einem Schlaganfall war sie ins Krankenhaus eingeliefert worden. Dort kam eine Lungenentzündung dazu, der sie erlag. Auf ihrer Parte lesen wir „Auferstehung ist unser Glaube, Wiedersehen unsere Hoffnung, Gedenken unsere Liebe.“ sowie folgenden Satz von Joseph von Eichendorff: „Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus, flog durch die stillen Lande, als flöge sie nach Haus.“ Der Heimatkreis trauert mit ihrem Bruder Josef Hüttl und dessen Familien. Und er wünscht Anna Schöneck den Frieden in der ewigen Heimat bei Gott. Wolf-Dieter Hamperl Heimatkreisbetreuer Altzedlisch. Am 13. September starb unser Landsmann Josef „Jupp“ Kraus im Alter von 87 Jahren. Er kam am 5. Mai 1936 zur Welt und war der älteste Sohn vom Bäckermeister Edmund Kraus (Sochaboda) aus Altzedlisch Nr. 210 und dessen Ehefrau Maria, geborene Himmel, aus der Dorfmühle in Zummern. Mit seinen Geschwistern Anna und Günther verbrachte er eine unbeschwerte Kindheit in Altzedlisch. Im Frühjahr 1946 wurde die Familie aus der Heimat vertrieben. Der Transport mit Familie Kraus verließ Tachau am 20. April 1946. Ziel war Bad Vilbel in Hessen. Nach drei Wochen in einem Zwischenlager kamen sie nach Nieder-Erlenbach – heute ein Stadtteil von Frankfurt – wo sie auch seßhaft wurden. Nur Jupp wollte dann hinaus in die Welt und begab sich mit 14 Jahren nach Friedberg, wo er das Bäckerhandwerk erlernte. Danach ging es in die Schweiz zu einer Konditorlehre. Anschließend wollte er eigentlich auf einem Schiff arbeiten, aber es kam ganz anders. Denn bei einem Ball der Bäckerinnung in Bad Nauheim lernte er Gertrud kennen, die er 1959 heiratete. Er übernahm mit ihr die Bäckerei seiner Schwiegermutter in Rockenberg im Kreis Friedberg, und so wurde dieser Ort sein Lebensmittelpunkt. Vier Kinder wurden geboren: Bernd, Christof, Sybille und Regine. Es gab im Beruf und für die Familie immer viel zu tun, und seine große Leidenschaft war das Ferti-
Die dem heiligen Johannes von Nepomuk geweihte Pfarrkirche von Altzedlisch.
gen von Torten jeglicher Art, vor allem Geburtstags- und Hochzeitstorten. Doch in der Freizeit stand stets der Sport im Vordergrund. Seit seiner Zeit in der Schweiz, wo er sich für sein erstes erarbeitetes Geld ein Paar Skier gekauft hatte, war das Skilaufen das Größte für Jupp. Weitere Hobbies waren Leichtathletik, Fahrradfahren und sogar Paragliding. Außerdem war er Mitglied im Gesangsverein, war förderndes Mitglied bei vielen Vereinen und nahm aktiv am Gemeindeleben teil. Nach der Übergabe der Bäkkerei an den Sohn Bernd im Jahr 1995 konnten Jupp und Gertrud gemeinsame Urlaube verbringen, oft auf der spanischen Insel Teneriffa oder im niederbayerischen Bad Füssing. Bei der Familie war immer etwas los, denn es gibt elf Enkelkinder und drei Urenkel. 2019 konnte das Ehepaar Kraus die Diamantene Hochzeit feiern. Im Februar 2022 starb Gertrud Kraus. Für Jupp war das ein großer Wendepunkt: Das Leben wurde immer beschwerlicher, das Alleinsein im Alltag und zunehmende gesundheitliche Beschwerden waren eine Last. Nach einem längeren Krankenhausaufenthalt ab Mitte Juli kam er noch in ein Seniorenheim, wo er am 13. September friedlich einschlief. Mit seiner Heimat Altzedlisch blieb er immer sehr verbunden. Er war engagiertes Mitglied im Kirchenrenovierungsverein, besuchte viele Treffen und nahm bis 2019 regelmäßig an unseren Heimatgottesdiensten teil. Am 20. September wurde der Verstorbene in Rockenberg beigesetzt, und die Glocken seiner Tauf- und Pfarrkirche in Altzedlisch wurden zu dieser Zeit geläutet. So schloß sich der Kreis seines Lebens, der von der früheren Heimat im Egerland über den Lebensmittelpunkt Rockenberg in die ewige Heimat führte. Die Worte „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“ aus dem Evangelium im Requiem treffen auf Jupp voll und ganz zu. Den Angehörigen unseres lieben Verstorbenen gilt unser tiefes Mitgefühl. Sie werden ihn, genauso wie auch die Landsleute, sehr vermissen. Wir Altzedlischer danken unserem Jupp für seine Treue zu Altzedlisch. Er wird immer einen Platz in unseren Herzen haben. Sieglinde Wolf Marktbetreuerin
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20. 10. 2023
Heimatkundliches Mitteilungsblatt für die Vertriebenen aus dem Isergebirge/Organ des Gablonzer Heimatkreises e.V. Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail isergebirge@sudeten.de
WIR GRATULIEREN Albrechtsdorf. Im November feiern Geburtstag: 69. am 7. Werner Gruss in Neugablonz; 83. am 7. Herta Pokorny/Pospischil in Albrechtsdorf. Antoniwald. Zum 84. Geburtstag am 12. November gratulieren wir Sigrid Müller/Umann. Friedrichswald. Im November feiern Geburtstag: 93. am 4. Irma Eckerl/Lange , am 21. Lieselotte Itzelsberger/Simon und am 6. Margit Dubetz/ Neumann. Karlsberg. Im November gratulieren wir zum 85. Geburstag am 15. Christa Prestele/Kubitschek.
Polauns Ortsbetreuer wanderte in der Heimat
Eine Reise zu unseren Wurzeln
83. am 21. Horst Hausner in Kreuth; 83. am 14. Heinz Dieter Köhler in Korbach; 81. am 15. Jürgen Köhler in Korbach; 80. am 8. Herbert Zacke in Kiel. Kukan. Im November feiern
Geburtstag: 82. am 19. Annemarie Friedrich/Nimser; 79. am 28. Barbara Hofrichter; 90. am 18. Christa Tomasch/ Drescher in Ravensburg.
Maxdorf. Im November gratulieren wir zum 87. am 28. Otti Neumann/Ullmann (Brothäuser) in Oberursel; 80. am 16. Renate Roscher/ Zenkner in Neugablonz.
Gablonz. Im November gratulieren wir zum 90. am 26. Brigitta Görlach/ Bergmann (Reichenberger Straße) in Neugablonz; 89. am 11. Kurt Kohl (Augasse 61) in Schwäbisch-Gmünd; 87. am 30. Heinz Koch (Kettelgasse 11) in Neugablonz; 85. am 21. Gunter König (Berggasse 6) in Mauerstetten; 85. am 5. Ingrid Lischka/Ehmig (Hauptstraße 4) in Enns/ Österreich; 83. am 1. Klaus Dieter Reckziegel in Halberstadt; 82. am Gerda Püschel/Plichta (Mozartgasse 15) in AnnabergBuchholz; 82. am 27. Brigitte Sommermeier/Broutschek (Ackerstraße) in Hötensleben; 81. am 28. Harald Schmidt in Buchloe; 80. am 13. Walter Roscher (Gebirgsstraße 124a) in Neugablonz; 79. am 12. Elke Bergmann/Mikolasch in Neugablonz; 71. am 22. Friedrich Fiedler (Kreuzgasse 7) in Rödermark.
Polaun. Wir gratulieren allen Polaunern, die im November geboren sind, auf das Allerherzlichste zum Geburtstag. Hans Pfeifer Schwabenstraße 11 87668 Rieden Telefon (08346) 98 23 69
Johannesberg. Im November feiern Geburtstag: 79. am 19. Karin Ehrlich/ Schöler in Lindau; 84. am 19. Donald Gärtner in Tabarz;
Marschowitz. Die Ortsgemeinschaft gratuliert zum 90. Geburtstag am 30. November Margit Eisner/Ullmann in Ampfing. Hans Theileis Ortsbetreuer
Siebenhäuser.
Das frühere Wohnhaus von Hans Pfeifer auf dem Krauseberg.
Wasserfall der Schwarzen Desse.
Labau-Pintschei. Die Orts-
gemeinschaft gratuliert im November zum 92. am 8. Helga Reicher/Fischer in Esslingen; 88. am 26. Alwin Strinzel in Kaufbeuren-Neugablonz; 83. am 11. November Gertrud Gaiser/Faltis in Stuttgart; 80. am 19. Erwin Theileis in Nagold; 79. am 15. Manfred Lindner in Kokonin N.N. 76. am 2. Hans-Joachim Jakel in Tambach-Dietharz; 72. am 22. Heinz Ullmann in Kaufbeuren; 70. am 12. Traudl Theileis/ Ostenried in Pforzen. Hans Theileis Ortsbetreuer
Höllensteine.
Bilder: Hans Pfeifer
I
m September haben meine Geschwister und ich unser ehemaliges Zuhause besucht. Bei schönem spätsommerlichen Wetter besuchten wir einige uns bekannte Plätze. Ausgangspunkt für unsere Unternehmungen war in Dessendorf das Hotel u Můstků bei den Skischanzen. Unsere Wanderung am nächsten Tag führte uns auf den Krauseberg, wo wir früher gewohnt haben. Von dort aus führte uns unser Weg über die Siebenhäuser Richtung Höllensteine und weiter an der Schwarzen Desse mit ihren schönen Wasserfällen entlang bis zur Darre-Talsperre. Zurück nahmen wir den Verlobungsweg an den Buchhäusern vorbei zum Kreuz. Danach ging es bergab wieder zum Ausgangspunkt auf dem Krauseberg. Hans Pfeifer
Liebe Landsleute, bitte teilen Sie Todesfälle Todesfälle,, aber auch Geburtstage und andere Jubiläen Ihren Ortsbetreuern mit. Nur dann können Sie hier aktuelle Familiennachrichten lesen.
WIR BETRAUERN Johannesberg. Am 23. Au-
gust verstarb in Neugablonz Ingeborg Kalbas, Witwe von Lothar Kalbas, Gastwirt von der Königshöhe, im Alter von 92 Jahren. Kukan. In München starb Gisbert Hoffmann im Alter von 85 Jahren. Er wurde im Familiengrab Richard Hoffmann in Neugablonz beigesetzt. Radl. In Neugablonz ver-
starb Fritz Hartig im Alter von 92 Jahren. Er war der Bruder der früheren Ortsbetreuerin Martl Jung und wohnte bis 1965 in Radl, wo er den Organistendienst in der Kirche versah. Um ihn trauert seine Gattin Renate mit Familie. Morchenstern. Am 24. August starb in Kaufbeuren Hannelore Oßwald-Tratberger/
Ikrath (Ikrath-Tischler) im Alter von 88 Jahren, betrauert von ihren Kindern. Am 1. September starb in Neugablonz Erich Hollmann, Glasdrucker, im Alter von 93 Jahren. Um ihn trauert seine aus Ober-Maxdorf stammende Gattin Eva/Dostraschil mit Familie. Thomas Schönhoff Gablonz. Im Alter von 94 Jahren starb in Kaufbeuren Hannelore Singer/Löw aus der Schulgasse (Löw-Villa). Thomas Schönhoff Schumburg-Gistei-Unterschwarzbrunn. Wally Kateschka/Wünsch, geboren am 13. August 1928, starb am 25. April im Schindelackerweg 21, 73525 Schwäbisch-Gmünd, im Alter von 94 Jahren. Hans Theileis
Darre-Talsperre.
A bissl was zun lachn
Blick vom Krauseberg zum Spitzberg.
TERMINE
Bis Mittwoch, 15. November, Iserge- tag bis Sonntag ab 12.30 Uhr) (0 83 41) Vu Koffej und Assn birgs-Museum Neugablonz: „Franz Wur- 96 50 18, eMail verwaltung@isergebirgstinger 1916–2004. Ein bewegtes Leben in museum.de
F
rau Stumpe hout ihre Koffejkranzlschwastrn eigelodn. Se sitzn schunt olle bann Tische, de Stumpn kimmt mir dr Koffejkonne und während se eischüttn tutt, kuckt se su zunn Fanstr und soht: „Nej, iech wejß gor ne, s sitt nouch Rahn aus…“ Druf mejnt de Feixn: „Nej, nej, s is schunt Koffej…“
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ei Reckziegln sitztn se grode bann Mittschassn, dou kimmt dr Brieftrajgr und hout a Telegramm drbeine. De Reckziegln macht s uf und soht: „Nej je, de Selma-Tante is gestorbn!“ Druf kuckt dr klejne Willi vu senn Tallr uf und soht: „Mama, müß mr dou itze glei flenn odr kenn mr orscht noch fertsch assn?“ Thomas Schönhoff
einer bewegten Zeit. Ausstellung über Leben und künstlerisches Schaffen von Franz Wurtinger. Geprägt von ästhetischer Erfahrung und Erleben des Krieges, Vertreibung und Entwurzelung und neuer Verwurzelung, ist es ein Leben voller Umbrüche. Seine Kunstwerke lassen Geschichte unmittelbar erlebbar werden. Große Galerie, Bürgerplatz 1, Neugablonz. Dienstag bis Sonntag 13.00–17.00 Uhr. Freitag, 3. November, 10.00–11.30 Uhr, Isergebirgs-Museum Neugablonz: Kreativ-Werkstatt für Kinder. Passend zur Jahreszeit wird gebastelt. 3 Euro Materialkosten. Anmeldung: Telefon (Diens-
Samstag, 18. November, 20.00 Uhr, Mauke – Die Band: „Ohne Untertitel“. Uraufführung des neuen Programms des Gablonzer Mundartkabaretts in Blonhofen, Stadltheater im Gasthaus Zitt, Ortsstraße 33, 87662 Kaltental. Einlaß ab 18.30 Uhr. Kartenvorverkauf bei Optik Cordella in Neugablonz, Neubaugasse 2. Sonntag, 19. November, 18.00 Uhr, Mauke – Die Band: „Ohne Untertitel“. Gablonzer Mundartkabarett in Blonhofen, Stadltheater im Gasthaus Zitt, Ortsstraße 33, 87662 Kaltental. Einlaß ab 16.30 Uhr. Kartenvorverkauf bei Optik Cordella in Neugablonz, Neubaugasse 2.
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 20. 10. 2023
Heimatblatt für den Kreis Sternberg in Mähren (einschl. Neustädter Ländchen) Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail sternberg@sudeten.de
Der Mährisch Neustädter Stadtpark im Sommer.
Jenseits des Stadtpark-Sees erkennt man die Zuckerfabrik.
Spaziergang durch den Stadtpark von Mährisch Neustadt
Heute mit Lehrpfad und Spielplätzen Heute sind die Gedanken von Herbert Bartusch zu lesen, wie sie ihm bei einem Spaziergang durch den Stadtpark in den Sinn kamen. Wir geben sie gekürzt weiter, sicher wecken sie liebe Erinnerungen.
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Schießstätte angefangen bis zur Zelchowitzer Brücke. Die beiden Flutbrücken, über die die Sternberger Straße hinwegging, die Pirniker Brücke und die bei der Ledermühle, führten aus der Stadt. An Wochentagen diente die Wiese hinter der Ledermühle als Bleichanger. Auf dem linken Ufer walteten Frau Winter, auf dem rechten Ufer Frau Klestil ihres Aufsichtsamtes. Die Wäsche wurde am frühen Morgen von den Dienstmädchen in Buckelbutten hieher getragen. Sie wurde auf den kurzen Rasen ausgebreitet. Die beiden Frauen begossen sie während des Tages, und am Abend wurde sie wieder abgeholt, nachdem sie zuvor in dem kühlen Wasser der Oskawa ausgeschweift worden war. Zu diesem Zwecke war auch ein kleines Holzhaus in den
iel eines Sonntagnachmittags-Spazierganges war oft der Stadtpark, angelegt wie ein kleines Wäldchen mit einer Hauptallee, mit gepflegten Wegen, lauschigen Plätzen, grünen Rasenflächen und Blumenbeeten am rechten Ufer der Oskawa. Schöne Bänke luden ein zur Rast. Die Prangersäule, umgestaltet zum Denkmal für Kaiser Franz I. mit vergoldeter Kugel, war umgeben von Bänken zwischen grünem Gesträuch — ein Ruheplatz für Invaliden und Rentner, die sich gegenseitig ihre Erlebnisse erzählten. Bei Festlichkeiten standen auf der Wiese neben der Hauptallee Luftschaukeln, Ringelspiele, Schießbuden, manchmal ein Zirkus. Hier wurden auch bei Turnerfesten die Wettkämpfe ausgetragen und Schauturnen abgehalten. Während des Sommers krachten die Gewehrschüsse und donnerten die Böller des Bürgerlichen Schützenvereins. Zum Schutze gegen die alljährlich zur Zeit der Schneeschmelze wiederkehrenden Hochwasser waren entlang der Oskawa DämDie umgestaltete Prangersäule mit me angelegt. Diese wagoldener Kugel. ren ein gern benützter Spazierweg von der
Bach gebaut. Während der heißen Sommerszeit tummelte sich die männliche Jugend in dem vor der Lederrnühle durch ein Wehr gestauten Wasser. Es ist übrigens sehr reizvoll, dem Flußlaufe etwa von der Waldmühle, der späteren Genossenschaftsmühle und Bäckerei,
zu folgen. Bei der Vogteimühle mündete der Pirotbach, doch sofort teilte sich der Bach wieder und zweigte einen Mühlgraben ab, der dann noch die Ziegelmühle trieb und in die Zuckerfabrik und in die Kattundruckerei Jerzabek floß. Bei der Parkbrücke flossen die Abwässer der Druk-
kerei wieder in den Mühlgraben, und der dunkelblaue oder rote Farbstoff färbte sein Wasser bis zu seiner Einmündung in die Oskawa hinter dem Pavillon des Schießstättengartens und weiter. An der Ledermühle trennte sich abermals ein Mühlgraben vom Hauptbette. Die Ledermühle, die beiden Gerbereien Kretschmer und Keßler und die Weißgerberei Maxant brauchten sein Wasser. Bei der Zelchowitzer Brücke flossen die Geschwister wieder zusammen. Beim „Fluder“ wurde ebenfalls das Wasser gestaut und neuerdings ein Graben abgezweigt, der die Schwimmschule speiste und in den Mühlgraben zur Zuckerfabrik mündete. Aus der Zuckerfabrik kam ein kleines, zuerst kanalisiertes Wässerlein, unterquerte die Schönberger Straße und floß dann in westli-
cher Richtung hinter den Gärten der Stadt träge dahin, bildete den „Hundsteich“ an der Müglitzer Straße, wendete sich nach Süden und Osten, unterquerte die Littauer Straße, floß entlang der Krankenhausstraße, speiste den Fischteich und mündete in den Mühlgraben. Dieses Wässerlein wurde „Feuergraben“ genannt, und an verschiedenen Stellen übte sich die männliche Jugend im Überspringen des Grabens, plumpste mitunter auch in das Wasser, zerschnitt sich an Glasscherben die Füße und verfolgte die in das Wasser gesetzten Papierschiffchen. Ein gerne besuchter Feldweg führte entlang dieses Wässerleins, an der Littauer Gasse beginnend, quer durch die Felder, mündete später in die Feldgasse und setzte sich als Fahrweg beim Hundsteich weiter fort. Dann überschritt er die Eisenbahn und verlief sich auf den Wiesen zwischen der Stadt und Deutschlosen. An der Straße zum Galgenberg stand der „Rote Frack“, ein beliebtes Gast- und Einkehrhaus mit Garten, wo sich an Sonntagen viele Spaziergänger trafen, an Wochentagen aber die zwischen Mährisch Neustädt, Meedl, Mährisch Aussee und Müglitz verkehrenden Fuhrwerke hielten.
Im Park erinnert ein Denkmal an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges.
Brücke über den Mühlgraben, dahinter die Zuckerfabrik. Der Fluder.
Der Freundschaftstempel.
In der nächsten Ausgabe verlassen wir Mährisch Neustadt und erkunden die Umgebung.
STERNBERGER HEIMAT-POST
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Wie es zur Eröffnung des tschechischen Volkshauses kam
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WIR GRATULIEREN
Schuldentilgung
as Ehepaar Franz und Stefanie Mücke entschloß sich 1923, sein Haus in der Herrengasse, das einen Wert von 80 000 Kronen hatte, zu verkaufen. Sie hatten Schulden, und es war für sie eine gute Lösung, das Haus für 90 000 Kronen einschließlich Inventar und Garten den Tschechen zu überlassen. Diese beauftragten einen Olmützer Architekten mit dem Umbau, und der machte aus dem Gebäude ein repräsentatives Volkshaus mit Restauration, Lesesaal und einem Saal mit einer Bühne. Bis Kriegsbeginn war das Haus tschechisches Volkshaus, wurde dann zum „Horst-Wessel-Haus“ und nach dem Krieg als Turnhalle genutzt. Die letzten Jahre residierte darin die Stadtbücherei.
Feste und Feiern im Jahreslauf
Politische Kundgebungen, Kirchweih und Hochzeitsfeiern Josef Grohmann erzählt von diversen Festlichkeiten im Jahreslauf.
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m Verlauf des Jahres stand eine ganze Reihe von Festen und Feiern an. Da marschierten die sozialdemokratischen Parteigänger auf dem Marktplatz auf. Das eigentliche Frühlingsfest war stets der erste Maientag. Immer gab es eine Kundgebung, die Männer trugen im Knopfloch eine rote Nelke und zogen nach langen Reden durch die Stadt hinaus zur Schießstätte in unserem Park. Dort vergnügten sie sich im Wirtschaftsgarten bis zum Abend. Es war aber auch der Brauch, am ersten Maientag auf den Bradelstein zu wandern. Man fuhr bis nach Markersdorf mit der Bahn. Dort kehrte man in der Bahnhofsrestauration ein. Der Wirt hatte dafür schon den großen Garten bestuhlt und Tische und Bänke aufgebaut. Danach bestieg man den besagten Felsen. Der Bradelstein ist der südlichste Ausläufer des mährischen Gesenkes. Es war ein Felsklotz, auf dem ein Pentagonpunkt der Landesvermessung errichtet war. Von seiner oberen Plattform hatte man bei klarem Wetter einen herrlichen Weitblick ins fruchtbare nordmährische Tiefland hinein. Die ganze Heimat lag hier ausgebreitet da und erstrahlte in frühlingshafter Schönheit. Andere Feste zu anderen Zeiten waren die Kirchweihen. Jeder Ort hatte da seine eigene. Obzwar es schon lange keine Donaumonarchie mehr gab, sprach man bei manchen privilegierten Orten immer noch von einer „Kaiserkirmes“. Die jungen Leute besuchten auch Orte, wo sie dem Tanzvergnügen nachgehen konnten. So fuhr man nach Neuschloß zum Freundschaftstempel und in den Langendorfer Grund. Zu Markersdorf traf man sich zum Laurenzi-Fest. Man unternahm auch Touren in heimatliche Gebirge, auf den Altvater, den Roten Berg, Köpernik, zum Heidebrünnel, der Schäferei, zu den Fuhrmannsteinen oder ins wilde Teßtal. Die katholische Bevölkerung fand sich zusammen und unternahm Wallfahrten. Der Kult der Marienverehrung war noch ungebrochen, und in der näheren und weiteren Umgebung gab es Andachtsorte. Man fuhr auf den Heiligenberg bei Olmütz oder nach Grulich. Beides waren Klosteranlagen mit entsprechenden Einrichtungen. Selbstverständlich hatte jeder Wallfahrtsort ein
besonderes wundertätiges Gnadenbild mit entsprechender Legende. Einmal fuhr die Kirchengemeinde sogar hinüber ins Schlesische nach Albendorf. Nicht so weit und viel bequemer zu erreichen waren andere Orte der Umgebung. Man wanderte zum Heiligen Brünnle und zum Rochus-Kirchle. An jene idyllischen Orte kamen stets auch Händler, und es entstand
auch noch die nationalen Belange im Volkstumskampfe zu erfüllen. Alljährlich veranstaltete der Schützenverein sein Preisschießen und ermittelte so den Schützenkönig. Anschließend gab es das Schützenfest mit großem Umzug. Das Lokal der Schießstätte draußen im Park war der Ort des Geschehens. Nun muß ich auch noch von privaten Feierlichkeiten erzäh-
Der Bradelstein ist mit 601 Metern ein beliebtes Touristenziel. Auf dem Gipfel befindet sich eine Quarzit-Felsformation, die besonders für Kletterer interessant ist. Auf dem obersten Felsen gibt es einen gesicherten Aussichtspunkt mit Geländer, der einen weiten Ausblick bietet. Viele Ansichtskarten zeigen ihn, so auch die Karte aus der Sammlung Heidi und Frank Gaitzsch, Leipzig; heute in der Sammlung des Leibniz-Instituts für Länderkunde, Leipzig (IfL). Bild: commons.wikimedia.org
Der Heiligenberg in Olmütz. Die Basilika Mariä Heimsuchung zählt zu den schönsten Barockbauten des Landes. Von dort aus eröffnet sich ein weiter Ausblick auf Olmütz und Umgebung. ein lustiges, lebhaftes, marktähnliches Treiben. Man fuhr auch gerne nach Olmütz, der Metropole von Nordmähren. Dort gab es sogar einen Lunapark, also einen Rummelplatz, der täglich besucht werden konnte. Von anderer Art waren die sportlichen Veranstaltungen. Die deutsche Turnerschaft hatte außer der Leibesertüchtigung
len, zum Beispiel von Heirat und Hochzeiten. Das fing schon beim öffentlichen Aufgebot an. Wenn nach der Sonntagspredigt die beiden Ehewilligen genannt, also von dem Herrn Pfarrer „von der Kanzel herabgeworfen“ wurden, da begannen die alten und jungen Klatschbasen beiderlei Geschlechtes zu tratschen. Die mit dem da und der mit dieser.
Sie schlichen um das schwarze Anschlagebrett, um es nochmals genau zu lesen und die Geburtsdaten miteinander zu vergleichen. Auch über die angeführte Berufsbezeichnung wurde viel spekuliert. Da gab es noch den Hochzeitsbitter, der die Gäste zum Feste lud. Das ging nicht ohne althergebrachte Sprüche ab. Am Hochzeitstage selbst gab es noch das Kuchenverteilen an alle Bekannten, die nicht zum Feste geladen waren oder sonst nicht kommen konnten. Der Kuchenausträger bekam von jedem Empfänger stets ein stattliches Trinkgeld. Sein Posten war sehr begehrt. Es war noch üblich, daß man mit Kutsche zur Kirche fuhr. Dort vor dem Portal wurden das Brautpaar und der ganze Zug „gehemmt“. Man spannte ein Seil als Sperre quer über den Weg, und der Bräutigam mußte zur Aufhebung derselben eben den Brautzoll entrichten und den Weg sich freikaufen. Der kirchlichen Trauzeremonie schloß sich zumeist noch eine Messe, das Brautamt, an. Danach, aber noch vor den Tafelfreuden, ging man zum Fotografen. Bei der Tafel kam es vor, daß man der Braut den linken Schuh entriß. Diesen mußte der Bräutigam auslösen. Der Preis war mindestens der von drei Flaschen guten Weines. In früheren Zeiten, so sagt man, wurde dieser Brauttrunk aus dem Schuh getätigt. Natürlich gab es vielerlei Scherze, Späße und Foppereien um das Brautpaar. Vom scherzhaften An- und Aussingen, dem Kranzabsingen, Störungen der Abend- und Nachtzeit bis hin zum Brautraub konnte alles vorkommen. Ursprünglich hatten die zu Marktplätzen erhobenen Städte, unter ihnen Mährisch Neustadt, das Recht auf einen acht Tage währenden Markt im Anschluß an ein großes Kirchenfest. Diese Markttage wurden von der Bevölkerung sehr gut angenommen und brachten den Landesfürsten Maut und viele Abgaben ein. Das gefiel ihnen, und schnell erteilten sie den Städten das Recht, mehrere Märkte innerhalb eines Jahres abzuhalten. So entstanden Getreide-, Vieh- und Flachsmärkte. Aber der Fortschritt war da und machte auch bei den Verkehrsmitteln nicht Halt. Ein ungehinderter Warenbezug war jetzt möglich und machte die Daseinsberechtigung von Märkten überflüssig. In der nächsten Ausgabe stellen wir Ihnen den Bradelstein genauer vor.
Mährisch Neustadt. Zum Geburtstag im November ratulieren wir am 1. Erwin Kammler (Bahnhofstraße) zum 86. Geburtstag in Rüsselsheim und Peter Schuster (Müglitzer Gasse) zum 79. Geburtstag in Rosenheim; 3. Dr. Klaus-Dieter Parsch (Goeblgasse) zum 84. Geburtstag in Stuttgart, Heinz Steigel (Siedlung) zum 81. Geburtstag in Aarbergen und Herbert Vogt (Olmützer Gasse) zum 80. Geburtstag in Bad Schwalbach; 4. Margit Ullmann/Kauer (Herrengasse) zum 85. Geburtstag in Groß-Gerau, Marianne Bechtle/Drtil (Sternberger Gasse) zum 84. Geburtstag in Schwaikheim, Hannelore Hafner/Nikl (Müglitzer Gasse) zum 83. Geburtstag in Waldenhofen und Gernot Swoboda (Feldgasse) zum 80. Geburtstag in Nittendorf; 5. Ilse Petsch/Duschek (Euglgasse) zum 100. Geburtstag in Wiesbaden; 6. Horst Kober (Wallgasse) zum 85. Geburtstag in Idstein; 7. Udo Nawratil (Schönberger Gasse) zum 80. Geburtstag in Bornheim und Franz Skoumal (Sternberger Gasse) zum 78. Geburtstag in Roßdorf bei Darmstadt; 8. Marlies Harrouche/Pollak (Sternberger Gasse) zum 84. Geburtstag in Sun Lakes (Arizona/ USA); 9. Horst Raschendorfer (Klementgasse) zum 88. Geburtstag in Groß Umstadt und Olga Stürner/Rotter (Sternberger Gasse) zum 88. Geburtstag in Stuttgart; 10. Edmund Maly (Müglitzer Gasse) zum 89. Geburtstag in Ustersbach und Elisabeth Schöll-
hammer/Müksch (Wallgasse) zum 85. Geburtstag in Weißenhorn; 11. Udo Nimmerrichter (Euglgasse) zum 93. Geburtstag in Friedrichshafen und Maria Thomalla/Kany (Herrengasse) zum 87. Geburtstag in Hünstetten; 13. Helmtraut Kollatschny/ Jokl (Lange Gasse) zum 92. Geburtstag in München; 14. Elisabeth Ernst/Dolak (Herrengasse) zum 88. Geburtstag in Niedernhausen; 17. Ingrid Weißhaupt/Fischer zum 85. Geburtstag in Kempten und Marlies Linhart/Röttel (Feldgasse) zum 83. Geburtstag in Wöllstadt; 21. Christine Vogt/Weigel (Herrengasse) zum 94. Geburtstag in Kassel; 22. Helga Schütze/Elgner (Goeblgasse) zum 91. Geburtstag in Kassel; 23. Heinz Nikl (Müglitzer Gasse) zum 82. Geburtstag in Memmingen; 24. Hanni Prokop/Reichel (Müglitzer Gasse) zum 83. Geburtstag in Darmstadt; 26. Christine Flitsch/Kresa (Sternberger Gasse) zum 83. Geburtstag in Elchingen; 27. Martha Kotschi/Knirsch (Schönberger Gasse) zum 86. Geburtstag in München und Sigrid Gerlich (Untere Alleegasse) zum 79. Geburtstag in Frankfurt; 28. Ursula Schipler/Gans (Sternberger Gasse) zum 85. Geburtstag in Witzenhausen und Dietmar Kögler (Olmützer Gasse) zum 79. Geburtstag in Idstein; 29. Elisabeth Carter/Bochorak (Bahnhofstraße) zum 89. Geburtstag in Finchburg (Massachusetts/USA). Sigrid Lichtenthäler
Jahrgänge 1949–2021
Für Liebhaber D
urch die Auflösung eines Haushaltes bin ich unter anderem an eine Sammlung der Sternberger Heimat-Post (Jahrgang 1949–2021) gekommen. Bevor ich diese dem Altpapier übergeben muß, möchte ich sie einem (eventuell jüngeren) Heimatfreund zum Studium überlassen. Lediglich der Transport muß übernommen werden. Interessenten wenden sich an: G. Herbig, Heimatkreisbetreuer Friedland i. B. Telefon (0 66 72) 86 95 30
Das Martha-Haus muß renoviert werden
Bröckelnde Veilchen
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rst entdeckte man bei einem der städtischen Ämter am Stadtplatz, dem Martha-Haus, eine Einzäunung. Sie war eine vorbeugende Maßnahme zum Schutz der Passanten vor herabfallenden Bruchstücken. Jetzt wurde der Holzzaun durch ein Gerüst ersetzt, und es begannen Reparaturarbeiten von beschädigten Elementen. Bei dem
verzierten Haus entdeckte man nämlich einige Problemstellen. Der sich kreuzende Strauß oben an der neugotischen Fassade zeigte sichtbare Risse und an einigen Stellen lockere bis abfallende Teile. Es fehlten auch mittlere Spitzenelemente, zum Beispiel Knospen. Schlimmer dran sind die Veilchen auf dem Seitengiebel. Die stützenden Pfeiler unter dem rechten Veilchen sind rissig bis zum Ziegel-Mauerwerk, einzelne Veilchen nur Bruchstükke. Die Veilchen auf der linken Seite und ihre Stützen sind relativ stabil. Nach Beseitigung des Putzes und Feststellung des tatsächlichen Schadens entscheidet sich, ob die Restaurierung in der Werkstatt oder am Ort durchgeführt wird. Aus dem Mährisch Neustädter Berichterstatter, August 2023, übersetzt und leicht gekürzt von Sigrid Lichtenthäler.
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Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail zuckmantel@sudeten.de
Pfarrkirche St. Martin in Endersdorf
Hilfe erbeten D
ie Gemeinde Waldenburg sucht die Ortsbetreuer oder ehemalige Bewohner der Dörfer Endersdorf (Stadt Zuckmantel) und Breitenfurth (Gemeinde Niklasdorf) im Altvatergebirge. Das Bistum Ostrau-Troppau (Diecéze ostravsko-opavská) bereitet Kirchenrenovierungen in beiden Orten vor und sucht dafür Projektpartner für die Antragstellung beim Deutschtschechischen Zukunftsfonds. Projektpartner kann jeder ehemalige Bewohner oder seine Nachkommen sein, die Beziehungen zum Ort haben und die Renovierung der Kirche unterstützen wollen. Wenn Sie helfen können, wenden Sie sich bitte an: Kamila Sikorová Gemeindebibliothek und Touristikinformation Adolfovice 41, CZ-790 01 Bela pod Pradedem Telefon: (00420) 584452834, Mobil: (00420) 720209920 eMail: mic@bela.cz
Der Wandel Es gilt für die Zeiten kein menschlicher Handel, das Leben im Leben ist einzig der Wandel. Verfälscht und vernichtet, im Streben geirrt, geklärt und gerichtet, der Wandel entwirrt. Wie viele versuchten für ewig zu bauen, sie sanken dahin und es sank das Vertrauen. Es gilt für das Streben ein ehernes Muß: Es wandelt die Welt sich in ständigem Fluß. Und hören wir draußen die Stürme auch sausen, wir warten geduldig und lassen es brausen. Es bricht sich am Felsen der stärkste Orkan, es bricht an der Zeit sich der menschliche Wahn. Du hüte vor allem, was Gott dir gegeben, das Pflänzlein der Hoffnung, denn Hoffnung ist Leben. Mag vieles versinken, das Schönste verweh‘n, unwandelbar sei dir, es wird wieder geh‘n. Albert Rotter
Zuckmantler Brauch
ofs Rändla gehn kerchen, aber auch dem Kartenspiel wurde gehuldigt und meist tarockiert und dabei das „Bojazzla“, das ist der Skies, enn die Weber und ihseckiert! Aber auch das „Mare Familien in der Sturiaschen mit hundert und der be fleißig waren, ob mit Spusiebene“ war gebräuchlich, da len, Scheren, Andrehen und kamen oft der kleine Krause Weben, freute man und der lange Grittsich schon, am Sonnner, der buckliche tag, im Sommer bei Barfuß, Schönwälgünstigem Wetter der, dar de a „Solmin den Wald zu geseffla“ gehäßen worhen und an einem de, Treimer Naz, passenden Platz, Pohl Hannes und am Rand einer WieGesirich Tones zuse ein bißchen mit sammen, StanmetAussicht, ein paar ze und Schleifer wie Stunden mit Freunandere Arbter, Brattden und Nachbarn schneider ond a poor zu verbringen. SolSchuster und Schneiche Plätze waren bei der fonden sich ein. der Fichte oder bei Do gings dann mitn der Schwedenquelle Dischkerieren und a auf der Bischofskopmitn Politisieren on, pe, im Rösnerbrand, ober gehandelt wurbei der Eduardquelde selten, denn die le (Thammbesitz), Rändlaobersten, dos im Philipp oder im worn die StoammClemensbusch. Mitgäst vo dann Platzgenommen wurla, doldeten dos nie! den Brot, Butter und Fungs werklich oan Quark, gebackesehr kritisch zu warnes Kliesla, Streuden, stemmten a poselkuchen oder vom ar ä altes Volkslied Kunertbäcker die oan, und bald worn Hörnla. Die Mändie hetzigen Gemüner versorgten sich ter besänftigt ond dar mit Kornschnops Friede hargestellt. im „Starsäckla“, eiLieder ond Weisen, ner flachen patendie schon ganz verten Flasche, die man gassen sein. Etwas leicht in die Seitentaho ich mir noch geSpaziergänge im Wald sind wohltuend und erlesche des Rocks stekmerkt ond niederben gerade als Waldbaden ein Revival. ken konnte. Oft wurgeschrieben, damet Bilder (2): Kathrin Hoffmann de der Branntwein sich moncher noch mit Himbeersaft vererennern koann.
Über den Brauch der Zeckmäntler Sonntichs „ofs Rändla zu gehn“, einige Zeilen.
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bessert, der dann im Volksmund Wolkenbruch hieß. Das Getränk wurde in der nahen Quelle eingefrischt. Die Kinder tollten gern im Wald herum, die Frauen tauschten ihre Erlebnisse, Sorgen und Rezepte aus, Männer machten ein Nik-
Dir Religionsstonde „Lieber Herrgott eim Himmel, asu bata die Leite, enser tägliche Brut, doas gib ens heite! Und oalle sein dankboar, doas kennter verstiehn, denn hätt ber kä Brut, na, wie mecht‘s ens do giehn? Wie kemmt doas, überlegt doch, es bitta die Leite ems tägliche Brut. Und warum bloß fir heite? Warum nich fir morne, fir die Woche drzu?“ Asu freet Hochwürden: „Na, Paul, woas määnst du?“ Und Paul überlegt ärscht: „Fir die Woche a Brut? Doas wärd jo zu treige. Na, doas wär nie gut. Doas koann känner assa, meine Grußla gewiß. Wie soll sie doas beißa mit‘m foalscha Gebiß!“ Adolf Sohmen
Ruine Edelstein bei Zuckmantel
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Wunderbarer Rundblick
ine uralte Stätte menschlicher Tätigkeit war der 972 Meter hohe Althackelsberg, oder, wie er auch bezeichnet wird, der Querberg, an den Ausläufern der Sudeten in der Nähe von Zuckmantel gelegen. Aus dem Querberge wurden große Schätze zu Tage gefördert, auch soll dort eine Bergwerksansiedelung „Erlitz“ bestanden haben. Heute sind nur zerstreut liegende Steine, tiefe Gruben und Schächte die Überreste jener Tage des Schaffens. Am Fuße des Querberges liegt der Schloßberg mit Ruine „Edelstein“ auf einem schroffen felsigen Abhang, welcher dem Touristen und Naturfreund eine herrliche Aussicht auf die bewaldete bergige Umgebung und auf Zuckmantel bietet und eine entzückende Fernsicht in die von Städten und Dörfern besäte Ebene gewährt. Reste von Mauern mit verschiedenen Öffnungen, welche auf die damalige Unsicherheit hinweisen und auch zur Verteidigung gegen etwaige Angriffe von außen gedient haben mochten, sind sichtbar. Von einem Graben eingeschlossen und innerhalb desselben befindet sich eine große Wiese, welche schon oft als Ausflugs- und Belustigungsort gedient hat. Der ganze Teil, welcher vom Wallgraben umgeben ist, und die große Ausdehnung der einstigen Burg sind frei von jedem Baumwuchs. In nördlicher Richtung liegen vor unseren Augen am Waldessaum recht malerisch das Sanatorium und die Wasserheilanstalt, nordöstlich am Fuße des Rochusberges und der Bischofskoppe die Stadt Zuckmantel. Vom Schloßberg durch romantische, bewaldete Täler getrennt, liegen westlich der Kahlenberg (660 Meter hoch) und östlich der Zitterhügel (730 Meter hoch), welche wegen ihrer prächtigen und auf jedem Punkt Abwechslung bietenden Aussicht gern erstiegen werden. Der Schloßberg mit Ruine „Edelstein“ liegt von Zuckmantel etwa eine Stunde entfernt; es führen auf denselben mehrere Waldwege, doch ist nur der bequemste Weg, die „Annastraße“, markiert. Wird letztere benützt, so verfolgt man
von Zuckmantel aus die nach Hermannstadt führende Straße bis in die Nähe des Waldes, wo sich kurz vor dem nach Mariahilf führenden Wege die Annastraße rechts abzweigt. Die Markierungen und eine Erklärungstafel lassen den Besucher nicht irre gehen. Die Straße ist zuerst in gerader Linie und sodann in Serpentinen angelegt. Obwohl dieselbe in der Nähe der Ruine „Edelstein“ vorüberführt und uns letztere erblicken läßt, so ist an jener Stelle kein Weg vorhanden; der direkte Aufstieg ist der Gefährlichkeit wegen nicht ratsam und wird auch von Seite des Forstpersonales nicht gestattet.
Kurz vor der Waldkapelle St. Anna, zu welcher wir gelangen, beginnt neben der Straße westlich ein ebener Fußweg, welcher über den Wallgraben auf den Schloßberg führt. Unser Bild ist von jener Stelle aufgenommen und zeigt im Hintergrund die Bischofskoppe, den Zitterhügel und auf der sogenannten Bettellehne den Urfelsen. Beim Gang von St. Anna nach Mariahilf achte man auf die Markierung. Auf den Schloßberg gelangt man auch auf dem Wege von der Wasserheilanstalt aus sowie bei dem schon ziemlich tief im Wald romantisch gelegenen „schwarzen Teiche“ vorbei. Von St. Anna aus bietet reiche Abwechslung in der Szenerie einerseits der Weg östlich nach Mariahilf, andererseits
westlich der Weg nach Niedergrund: Beide Orte sind in 30 bis 40 Minuten zu erreichen. Nach Niedergrund ist nicht die kurze Waldstraße, sondern der Weg unterhalb der Kapelle zu benützen. Einen herrlichen Anblick gewähren die Berge und das ganze Gebiet von Zuckmantel vom Rochusberg aus und das Gasthaus „zum Golf von Florenz“. Daselbst sieht man in gerader Linie Zuckmantel, dahinter den Rochusberg mit seinem schmucken Kirchlein und die 800 Meter hohe Bischofskoppe mit der weithin sichtbaren Aussichtspyramide; südlich befinden sich die Felder des „Vorwitz“ von Hermannstadt, von wo aus sich westlich der Althackelsberg hinzieht, dessen Ausläufer Zitterhügel, Schloßberg mit Ruine Edelstein und Kahlenberg bilden. Die Burg Edelstein soll im 9. Jahrhundert von einem Breslauer Bischof erbaut worden sein. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts befand sich dieselbe im Besitz des Bischofs Thomas von Breslau, welchem die Burg von dem Ritter Otto von Linau und seinen Brüdern entrissen wurde; letztere hausten auf derselben schrecklich und unternahmen häufig Raubzüge in das bischöfliche Gebiet. Über Bitten des Bischofs zog der Herzog Nicolaus I. von Troppau zum Sturme gegen die Burg aus und übergab am 6. September 1281 die eingenommene Burg nebst Zuckmantel als Entschädigung für die durch die Linauer erlittenen Verluste dem Bischof Thomas zum Eigentum. Im Jahre 1377 ging Schloß „Edelstein“ mit Zuckmantel und den Bergwerken an Nikolaus III. über, und im Jahre 1485 erneuerte Herzog Bolko die auf „Edelstein“ verbrannten Privilegien den Einwohnern von Zuckmantel. In den blutigen Fehden zwischen Georg von Podiebrad und dem Bischof von Breslau gelangte „Edelstein“ wieder in die Gewalt des ersteren, wurde jedoch infolge der fortwährenden Einfälle in das Neißer Gebiet am 13. Juli 1467 durch Bischof Jodokus dem Schloßhauptmann Jan von Zierotin entrissen und geschleift, womit die Raubzüge endlich ihr Ende erreichten.