Sudetendeutsche Zeitung 17. November 2023 Ausgabe 46

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Große Trauer um Fürst Karl von Schwarzenberg (Seite 3)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung HEIMATBOTE

Jahrgang 75 | Folge 46 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 17. November 2023

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Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

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Mitteilungsblatt für den früheren Gerichtsbezirk Zuckmantel im Altvatergebirge

In der Münchner Residenz hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (Mitte) am Mittwoch vergangener Woche seinen Ministern und Staatssekretären die Ernennungsurkunden überreicht. Von links: Georg Eisenreich (Staatsminister der Justiz, CSU), Christian Bernreiter (Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr, CSU), Eric Beißwenger (Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales, CSU), Joachim Herrmann (Staatsminister des Innern, für Sport und Integration, CSU), Finanz-Staatssekretär Martin Schöffel (CSU), Florian Herrmann (Leiter der Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien, CSU), Thorsten Glauber (Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, FW), Ulrike Scharf (Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales sowie 2. stellvertretende Ministerpräsidentin, CSU), Judith Gerlach (Staatsministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention, CSU), Markus Blume (Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, CSU), Anna Stolz (Staatsministerin für Unterricht und Kultus, FW), Fabian Mehring (Staatsminister für Digitales, FW), Michaela Kaniber (Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus, CSU), Wirtschafts-Staatssekretär Tobias Gotthardt (FW), Innen-Staatssekretär Sandro Kirchner (CSU), Hubert Aiwanger (Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und stellvertretender Ministerpräsident, FW) und Albert Füracker (Staatsminister der Finanzen und für Heimat, CSU). Fotos: Torsten Fricke

Einen Monat nach der bayerischen Landtagswahl hat Ministerpräsident Markus Söder sein neues Kabinett vorgestellt

Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf Sudetendeutsches Museum steigt zur 2. Vize-Ministerpräsidentin auf Preußler-

Großes Finale mit „Der Räuber Hotzenplotz“. Foto: SDM/Mielcarek

Ausstellung endet mit Rekord

Auch zehn Jahre nach seinem Tod üben seine Bücher weltweit eine magische Anziehungskraft aus: Mit einem neuen Besucherrekord von über 10 000 großen und kleinen Gästen ist am Wochenende die große Sonderausstellung „Ein bißchen Magier bin ich schon .... Otfried Preußlers Erzählwelten“ des Sudetendeutschen Museums zu Ende gegangen.

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as ganze Museumsteam sei überglücklich über das große Interesse, sagte Museumsdirektor Dr. Stefan Planker. „Viele Besucher haben die Sonderausstellung sowie die vielen Veranstaltungen des Begleitprogramms auch dazu genutzt, um sich die Dauerausstellung des Sudetendeutschen Museums anzusehen. Ein großer Erfolg war dabei auch die Lange Nacht der Münchner Museen, an der wir uns zum dritten Mal beteiligt haben.“ Aktueller Anlaß für die Sonderausstellung, die am 20. Juli eröffnet wurde, war der 100. Geburtstag von Otfried Preußler. Der weltberühmte Autor war am 20. Oktober 1923 in Reichenberg zur Welt bekommen und verstarb am 18. Februar 2013 in Prien am Chiemsee. Mit dem Ende der PreußlerAusstellung haben die Vorbereitungen für die nächste Sonderausstellung begonnen. Am 7. Dezember findet die Vernissage zu „So ein Theater! Marionetten aus Böhmen und Mähren“ statt.

„Es ist mein Lieblingsressort, und ich freue mich sehr, das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales weiterhin führen zu dürfen“, hat Ulrike Scharf gegenüber der Sudetendeutschen Zeitung ihre erneute Berufung in das Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder kommentiert.

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ie alte und neue Ministerin ist damit als Schirmherrschaftsministerin auch für die Sudetendeutsche Volksgruppe als vierten Stamm Bayerns zuständig und wird Pfingsten wieder an der Seite von Schirmherr Markus Söder am Sudetendeutschen Tag teilnehmen. Neben der Berufung von Ulrike Scharf sind drei weitere Personalentscheidungen maßgeblich für das sudetendeutsch-bayerisch-tschechische Verhältnis. Als Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales zieht MdL Eric Beißwenger in die Staatskanzlei ein. Der 51jährige Bankkaufmann und Biobauer ist im Oberallgäu daheim, gehört dem Landtag seit 2013 an und ist seit 2022 Präsident der Arbeitsgemeinschaft Bayerische Bergbauern. In der vergangenen Legislatur war Beißwenger stellvertretender Vorsitzender des Landtagsausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz, Mitglied des Fraktionsvorstands sowie Mitglied der Internationalen Parlamentarischen Bodensee-Konferenz. Beißwenger wurde in Mannheim geboren, ist verheiratet und Vater zweier Söhne. Er folgt auf Melanie Huml, die nicht mehr in das Kabinett berufen wurde. Zur Begründung sagte Söder, es gehe ihm „wie einem Fußballtrainer: Ich muß meine Mann-

Als Bayerns Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales ist Ulrike Scharf auch weiterhin die Schirmherrschaftsministerin der Sudetendeutschen. Außerdem stieg die Erdingerin zur 2. stellvertretenden Ministerpräsidentin auf.

Finanz-Staatssekretär Martin Schöffel: Koordinator für die bayerischtschechische Zusammenarbeit.

MdL Dr. Petra Loibl: Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene.

MdL Eric Beißwenger: Staatsminister für Europaangelegheiten und Internationales.

schaft den Anforderungen der Zukunft entsprechend aufstellen“. Im Vorfeld der Europawahl, die im Sommer 2024 stattfindet,

sei eine große Skepsis der Bürger gegenüber der EU und ihren Institutionen spürbar, sagte Söder. „Deswegen braucht es eine kantigere und griffigere Europapoli-

tik. Und einen Politiker, der sich mit der überbordenden Bürokratie in der Umwelt- und Landwirtschaftspolitik auf europäischer Ebene auskennt.“

Als neue Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene berief Söder die Niederbayerin Dr. Petra Loibl, die auf Sylvia Stierstorfer folgt, die nach zwanzig Jahren als Abgeordnete nicht mehr bei der Landtagswahl angetreten war. Sie habe selbst zwar keinen Vertriebenenhintergrund, verriet die neue Beauftragte der Sudetendeutschen Zeitung, habe aber als Mitglied der Landtags-Arbeitsgruppe Vertriebene, Aussiedler und Partnerschaftsbeziehungen ihr großes Interesse an dem Thema entdeckt. Die promovierte Tierärztin und Bio-Landwirtin aus Eichendorf im Landkreis DingolfingLandau war 2018 als Direktkandidatin zum ersten Mal in den Landtag eingezogen. Eine Extraaufgabe bekam Martin Schöffel. Der Staatssekretär beim Staatsminister der Finanzen und für Heimat wird innerhalb der Staatsregierung die vielfältigen Beziehungen zu Tschechien koordinieren. Als langjähriger Stadtrat und aktueller Kreisrat von Wunsiedel kennt der 46jährige das Thema auch aus der Lokalpolitik, schließlich ist seine Heimatstadt nur 30 Kilometer von der bayerisch-böhmischen Grenze entfernt. Eine weitere wichtige Personalentscheidung mit sudetendeutschem Bezug hatte Söder bereits vor der Kabinettsbildung einleitet. Klaus Holetschek, dessen Vater aus Böhmisch-Eisenstein und dessen Mutter aus Marienbad stammte, stieg vom Staatsminister für Gesundheit und Pflege zum einflußreichen Vorsitzenden der CSU-Landtagsfraktion auf (Sudetendeutsche Zeitung berichtete). Torsten Fricke


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17.11.2023

AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

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or 21 Jahren hat Peter Barton im Auftrag der Sudetendeutschen Landsmannschaft das Verbindungsbüro in Prag aufgebaut. Bereits in den Jahren zuvor war er für die Sudetendeutsche Landsmannschaft aktiv, obwohl er ab 1990 damals noch im Dienste der CSU-nahen Hanns-SeidelStiftung stand. In diesem Sinne unternahm er in den 1990er Jahren einige Reisen in die Tschechische Republik, und zwar im Auftrag des damaligen Präsidenten des Bundes der Vertriebenen und Landsmannes Fritz Wittmann, dem die alte Reichsstadt Eger ganz besonders am Herzen lag. Dazu konnten Wittmann und Barton auf das Verständnis und die Unterstützung des ersten Vorsitzenden der Hanns-Seidel-Stiftung und Sozialministers Fritz Pirkl bauen, der ein ausgesprochener Freund der Sudetendeutschen war. Das Hotel im Zentrum der altehrwürdigen Stadt Eger, wo Barton und Wittmann übernachteten, existiert heute nicht mehr.

Neulich besuchte Barton die Orte der Stadt, die an Wittmanns damalige Bemühungen erinnern. Der Heimatverbliebene Wilhelm Simeon vom Kulturverband der Deutschen wurde in Eger geboren, kann sich jedoch nicht an diese Zeit erinnern, da er zu der jüngeren Generation gehört. Er wußte aber, wo sich das damalige Balthasar-NeumannHotel in Eger befand und führte Barton hin. Später half Barton Wittmann noch mehrere Jahre bei seiner landsmannschaftlichen Arbeit, weil die Hanns-Seidel-Stiftung immer Verständnis für die Aufgaben der Vertriebenen hatte und seine Mitarbeiter für dieses Brückenbauerengagement auslieh. Bei seinem Besuch in Eger erinnerte sich der am 21. März 1933 in Plan geborene Wittmann an die Mahnung seines Vaters, in der Nähe der tschechischen Grenze zu bleiben, da man vielleicht bald nach Tschechien zurückkehren dürfte. Seine Eltern konnten es sich damals nicht vorstellen, daß sie nie wieder in die alte Heimat zurück-

PRAGER SPITZEN Piratenpartei tritt ohne Stan an

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kehren würden. Später, als Barton Leiter des SL-Verbindungsbüros in Prag wurde, sprach Wittmann oft darüber, daß es in Prag zwei „Prager Jesuleins“ gäbe, eines davon sei Barton.

Kurz vor seinem Tod wollte Wittmann Barton in der Hauptstadt Böhmens besuchen, dazu kam es aber leider nicht mehr. Fritz Wittmann verstarb am 17. Oktober 2018 in München.

ie Piratenpartei wird im Herbst 2025 bei den Parlamentswahlen das Bündnis mit der Bürgermeisterpartei Stan nicht erneuern und eigenständig antreten, hat Parteichef Ivan Bartoš in einem Interview für das Nachrichtenportal Novinky. cz angekündigt. Der Stan-Vorsitzende Vít Rakušan bestätigte gegenüber der Presseagentur ČTK, daß es auf keiner Seite Pläne für einen gemeinsamen Wahlkampf auf nationaler Ebene gebe. Dies schließe aber nicht die Fortsetzung der derzeit guten Zusammenarbeit im Regierungskabinett aus, so Rakušan. Piraten und Stan sind der Juniorpartner der tschechischen Regierung mit der Wahlkoalition Spolu (Gemeinsam), die wiederum aus Bürgerdemokraten, Christdemokraten und Top 09 besteht. Auch zu den Europawahlen im Mai 2024 werden Piraten und Stan getrennt voneinander antreten.

Weniger Entlastung als in Deutschland

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Der neue UdVF-Landesvorstand (von links): Christoph Kapteina, Vinzenz Sliwka (halb verdeckt), Theodor Lazar, Peter Benz, Reinhold Frank, Klaus Hoffmann, Sabine Mezger, Dr. Karin Eckert, der neue UdVF-Landesvorsitzende Christoph Zalder, die UdVF-Ehrenvorsitzende, Stadträtin a.D. Iris Ripsam, Manfred Martin (verdeckt), Waltraud Illner, Konrad Epple MdL (CDU), Anne Ripsam, Fabian Ripsam und Helmut Heisig. Nicht im Bild: MdB a. D. Margarete Horb, MdL Raimund Haser (CDU) und MdL a. D. Franz Longin. Foto: Robert Märsch

Mitgliederversammlung der UdVF Baden-Württemberg

schechien sei nicht in der Lage, die eigene Wirtschaft wegen der hohen Energiepreise im gleichen Umfang zu entlasten wie Deutschland, hat Finanzminister Zbyněk Stanjura (ODS) erklärt und fügte an, tschechischen Unternehmen stünden andere Möglichkeiten der Unterstützung zur Verfügung, als eine pauschale Entschädigung für steigende Energiepreise. Die deutsche Regierung hatte in der vergangenen Woche angekündigt, daß die heimische Industrie mit 12 Milliarden Euro für die hohen Energiepreise entschädigt werde.

Führungswechsel in Stuttgart D

Die Rede des stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU und Vorsitzenden der CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg, MdB Andreas Jung, und die Wahl des neuen Landesvorstandes der UdVF Baden-Württemberg waren die Hauptpunkte der Mitgliederversammlung der Union der Vertriebenen und Flüchtlinge Baden-Württemberg (UdVF) in Stuttgart.

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ung würdigte in seiner Rede zunächst die Verdienste der scheidenden UdVF-Landesvorsitzenden Iris Ripsam. Die ehemalige CDU-Stadträtin hatte aus gesundheitlichen Gründen auf eine erneute Kandidatur verzichtet und wurde zur Ehrenvorsitzenden ernannt. Sie stand seit 2006 als Landesvorsitzende der Union der Vertriebenen und Flüchtlinge Baden-Württemberg vor und ist auch Initatorin der „Stuttgarter Gespräche“ am Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung sowie der Feierstunde am Jahrestag der Verkündigung der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ auf dem Stuttgarter Schloßplatz. Die Christdemokratin gehörte von 1999 bis 2023 dem Stuttgarter Gemeinderat an und saß von Juni 2016 bis November 2017 auch im Deutschen Bundestag. Iris Ripsam, deren Eltern aus dem Sudetenland stammen, ist auch stellvertretende Kreisobfrau der Sudetendeutschen Landsmannschaft Stuttgart. Jung unterstrich, wie wichtig die Arbeit der UdVF und auch der Vertriebenenverbände sei. So sei das Thema Flucht und Vertreibung durch die zahlreichen Konflikte in der Welt aktueller denn je, habe doch die Menschheit noch immer nicht die Lehren aus der Geschichte gezogen. Der CDU-Politiker lobte das En-

MdB Andreas Jung mit der UdVF-Ehrenvorsitzenden Iris Ripsam und dem neuem UdVF-Landesvorsitzende Christoph Zalder. Foto: Helmut Heisig

gagement der Heimatvertriebenen als Brückenbauer zu den Deutschen im Osten, das vor allem auch nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ sehr hilfreich gewesen sei. Der Bundestagsabgeordnete, der auf der Insel Reichenau am Bodensee zu Hause ist, würdigte aber auch die Leistung der Flüchtlinge und Vertriebenen in Baden-Württemberg, die in prägender Weise am Aufbau des Südweststaates mitgearbeitet hätten. Das Recht auf Heimat, ein grundlegendes Anliegen der Heimatvertriebenen, möchte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende mit einem klaren Bekenntnis zur Heimat auch im neuen CDU-Grundsatzprogramm wiederfinden, hat doch die CDU in den Anliegen der Vertriebenen und Flüchtlinge immer eine klare Haltung vertreten. Jung sprach in seiner Rede

auch die aktuellen Pläne der Ampel-Regierung zur Kürzung der Mittel für die Kulturförderung des Bundes und des Härtefallfonds in der Rentenüberleitung für Spätaussiedler und jüdische Zuwanderer an, denen die CDUBundestagsfraktion entschieden entgegentrete. Auch zur Flüchtlingspolitik nahm er Stellung und betonte, daß man den Schutz auf die Menschen konzentrieren müsse, die tatsächlich Schutz benötigen, da ansonsten die Kommunen mit der Unterbringung von Flüchtlingen überfordert würden. Christoph Zalder legte stellvertretend für die Landesvorsitzende Iris Ripsam den Rechenschaftsbericht über die Arbeit der UdVF in Baden-Württemberg vor und blickte auf die zahlreichen Veranstaltungen und Termine des Verbandes zurück. Dabei hob er den wichtigen Aus-

tausch mit dem Bund der Vertriebenen und der Landsmannschaften hervor und sah im verstärkten Auftreten der UdVF in den sozialen Medien und der Werbung neuer Mitglieder wichtige Zukunftsaufgaben. Bei der Wahl des neuen Landesvorstandes der Union der Vertriebenen und Flüchtlinge, kam es bei der Position des Landesvorsitzenden dann zu einem Zweikampf zwischen dem stellvertretenden Landesvorsitzenden Christoph Zalder und dem bisherigen Internetbeauftragten, Norbert Strohmaier. Unter der Wahlleitung des ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten Franz Longin wurde schließlich Christoph Zalder zum neuen Landesvorsitzenden der UdVF Baden-Württemberg gewählt. Zu seinen Stellvertretern wurden Dr. Karin Eckert, Sabine Mezger und Klaus Hoffmann bestimmt. Zur Schatzmeisterin und Mitgliederbeauftragten wurde Waltraud Illner gewählt. In ihren Ämtern bestätigt wurden Christoph Kapteina als Schriftführer und Helmut Heisig als Pressereferent. Zum neuen Internetreferenten bestimmte die Versammlung Peter Benz. Zu Beisitzern des UdVFLandesvorstandes wurden Konrad Epple MdL (CDU), Margarete Horb MdB a. D., Franz Longin MdL a. D., Raimund Haser MdL (CDU), Reinhold Frank, Theodor Lazar, Fabian Ripsam, Anne Ripsam, Manfred Martin und Vinzenz Sliwka bestimmt. Unter den Ehrengästen waren der Bundesvorsitzende der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung (OMV), Egon Primas, der CDU-MdL Konrad Epple, die ehemalige Stuttgarter CDUMdB Erika Reinhardt und der Vorsitzende des CDU-Arbeitskreises Polizei der CDU-BadenWürttemberg, Rainer Staib. GI

90. Baum für Olga Havlová

er tschechische Staatspräsident Petr Pavel und seine Frau Eva haben am vergangenen Freitag bei einer feierlichen Zusammenkunft im sogenannten Hirschgraben der Prager Burg einen Baum für Olga Havlová gepflanzt. Es ist der letzte von insgesamt 90 Bäumen, die in verschiedenen Städten und Gemeinden Tschechiens gepflanzt wurden. Die Aktion dauerte bis

zu diesem Jahr, in dem Olga Havlová 90 Jahre alt geworden wäre. Pavel würdigte die Ehefrau seines Amtsvorgängers Václav Havel als Initiatorin von Aktivitäten, die Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen helfen sollten. Die Leiterin der Olga-Havlová-Stiftung, Monika Granja, resümierte zudem, daß der erste Baum in jenem Prager Stadtteil gepflanzt wurde, in dem Havlová geboren wurde. Der letzte Baum auf der Prager Burg symbolisiere jenen Ort, an dem die ehemalige First Lady ihre letzte Lebensaufgabe ausübte, so Granja.

Tschechen haben Digitalkompetenz

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und 60 Prozent der Tschechen, sechs Prozent über dem EU-Durchschnitt, verfügen über grundlegende digitale Kompetenzen, hat der stellvertretende Regierungsvorsitzende für Digitalisierung, Ivan Bartoš (Piraten), mitgeteilt. Führend in Europa sind Finnland, Schweden und Dänemark. Tschechien habe sich verpflichtet, die digitale Kompetenz der Bevölkerung bis 2030 auf 80 Prozent auszuweiten, informierte Bartoš, da dann über 90 Prozent aller Arbeitsplätze digitale Grundkenntnisse erfordern würden.

Trauer um Eishockey-Legende

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m Alter von 52 Jahren ist am Sonntag der ehemalige Eishokkeytorwart Roman Čechmánek, gestorben. Bei den Olympischen Spielen 1998 in Nagano hatte Čechmánek mit der Nationalmannschaft die Goldmedaille gewonnen. Dieser 22. Februar 1998 gilt noch heute als einer der größten Tage des tschechischen Eishockeys. Neben dem Olympia-Gold von 1998 holte der Eishockeytorwart drei Weltmeistertitel und zwei WM-Bronzemedaillen. Er spielte vier Jahre lang in der NHL, wo er bei den Philadelphia Flyers und den Los Angeles Kings unter Vertrag war. 2003 gewann er die William M. Jennings Trophy. 2005 wechselte Čechmánek vom tschechischen Extraligisten HC Energie Karlsbad in die DEL zu den Hamburg Freezers. 2009 beendete er seine Sportkarriere.

Sudetendeutsche Zeitung ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2023 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief oder einer der Regionalblöcke (Block 1 – Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote; Block 2 – Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung/Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung; Block 3 – Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimat, Zuckmantler Heimatbrief; Block 4 – Riesengebirgsheimat) (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2023 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.


AKTUELL

Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17.11.2023

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Volksgruppensprecher Bernd Posselt würdigt den am Sonntag verstorbenen Fürst Karl von Schwarzenberg

Karl Johannes Nepomuk Norbert Friedrich Antonius Wratislaw Mena Fürst zu Schwarzenberg wurde am 10. Dezember 1937 in Prag geboren und verstarb am 12. November 2023 in Wien. Im Sudetendeutschen Haus, Hochstraße 8 in München, liegt ein Kondolenzbuch aus, ebenso in den Tschechischen Botschaften in Berlin und Wien sowie in den Tschechischen Generalkonsulaten in München, Düsseldorf und Dresden. Foto: Top 09

Einer der bedeutendsten Gestalter des Europas von morgen“ Der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Präsident der Paneuropa-Union Deutschland, Bernd Posselt, hat den am Sonntag verstorbenen ehemaligen tschechi-

schen Außenminister Fürst Karl von Schwarzenberg als „einen der bedeutendsten Gestalter des Europas von morgen“ gewürdigt. Schwarzenberg habe außerdem in besonders sympathischer Weise „die guten Seiten des alten Mitteleuropa“ verkörpert.

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osselt, der jahrzehntelang eng mit Schwarzenberg zusammengearbeitet hat, hob hervor: „Dieser herausragende Staatsmann hat bewiesen, daß europäischer Patriotismus und böhmi-

Eine von zahlreichen Begegnungen: 2009 trafen sich der Europaabgeordnete Bernd Posselt und der tschechische Außenminister Fürst Karl von Schwarzenberg im Europaparlament in Straßburg zum Auftakt der ersten EU-Ratspräsidentschaft der Tschechischen Republik. Foto: Lasse Böhm)

scher Landespatriotismus keine Gegensätze, sondern zwei Seiten ein und derselben Medaille sind.“ Der Verstorbene habe nicht nur die tschechisch-sudetendeutsche Aussöhnung mit großem Mut vorangetrieben, sondern auch entscheidende Weichen für die europäische Einigung gestellt. Posselt: „Ich erinnere mich besonders an seinen Einsatz für die Menschenrechte als Präsident der Helsinki-Fö-

deration, der uns schon in den 1970er Jahren zusammenführte, und unsere enge Kooperation, als es im ersten Jahr seiner Außenministerzeit um die Unterstützung der Ukraine, die EUMitgliedschaft Kroatiens und die völkerrechtliche Anerkennung des Kosovo ging. Außerdem war er ein ungemein kultivierter Mensch und Gastgeber, der Brücken zwischen den Völkern schlug und dem ich gerne und oft bei der Lösung schwierigster Fragen begegnete.“

Fürst Karl von Schwarzenberg war der Kanzler des ersten freigewählten Staatspräsidenten

„Ich habe mich immer als Diener von Václav Havel betrachtet“ Wahre Größe zeigt sich im Moment der Niederlage. Die Schwarzenbergs hatten gegen die Nazis gekämpft und verloren unter den Kommunisten trotzdem Heimat und Besitz. Als die Familie im Dezember 1948 nach Österreich emigrieren mußte, war Karl von Schwarzenberg gerade elf Jahre alt.

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ls junger Erwachsener war Schwarzberg ein respektierter Gesprächspartner und einflußreicher Berater der ÖVP, die dann bei der Nationalratswahl 1966 erstmals die absolute Mehrheit erzielte. Doch ein Amt als Dank wollte man dem adligen Ausländer nicht geben. Erst ein Sozialdemokrat, Bundeskanzler Bruno Kreisky, dessen Mutter aus Znaim in Mähren stammte, unterstützte Schwarzenberg und machte ihn zum Präsidenten der Internationalen HelsinkiFöderation für Menschenrechte. Schwarzenbergs mutiges Engagement wurde international gesehen. So erhielt er 1989 gemeinsam mit Lech Wałęsa den Menschenrechtspreis des Europarates. Ein paar Tage nach der Samtenen Revolution hob der neue Staatspräsident Václav Havel das Einreiseverbot für Schwarzenberg auf. Der Fürst reiste postwendend in seine Geburtsstadt Prag und wurde von Havel zum Kanzler berufen. Als Leiter der Präsidentenkanzlei zog Schwarzenberg für Havel die Strippen. Es sei die schönste Zeit in seinem Leben gewesen, sagte Schwarzenberg in der TV-Dokumentation seiner Tochter: „Ich habe mich immer als Diener von Václav Havel gesehen.“ Als Kandidat der tschechischen Grünen wurde Schwarzenberg 2007 zum ersten Mal als Außenminister vereidigt. Dieses

„Wir waren fast gleich alt und haben uns hervorragend verstanden“, sagte Karl von Schwarzenberg über Václav Havel. Foto: Sabotage Films & Neulandfilm

Amt hatte er bis 2009 inne, als die Koalition von einer Übergangsregierung abgelöst wurde. Schwarzenberg schloß sich daraufhin der neuen Partei Top 09 an und wurde zu deren Vorsitzendem gewählt. Bei den Parlamentswahlen 2010 schaffte Schwarzenberg den Einzug ins Abgeordnetenhaus, legte daraufhin sein Amt als Senator nie-

der und wurde in der neuen Regierung unter Petr Nečas bis zu dessen Rücktritt 2013 erneut Außenminister. Im selben Jahr fanden auch die Präsidentschaftswahlen statt. Obwohl Schwarzenberg verlor, zeigte sich hier seine Größe, wie David Baum in einem Nachruf im Stern beschreibt: „Wenn er scheiterte, dann stets mit Stolz.

Im Jahr 2013 kandidierte er gegen Miloš Zeman für das Amt des Präsidenten. Überraschend hatte er im ersten Wahlkampf den zweiten Platz erobert, obwohl Zeman ihn als Ausländer und reichen abgehobenen Aristokraten zu diskreditieren versuchte. Schließlich brachte sein Gegner anlaßlos die Beneš-Dekrete in die Diskussion, jene Gesetze aus dem Jahr 1946, die deutsche Bevölkerungsgruppen pauschal zu Staatsfeinden erklärte. Dies sei ,ein großes Menschenrechtsverbrechen gewesen‘, sagte Schwarzenberg ungerührt und ungeachtet dessen, daß er damit seinen Wahlsieg gefährden würde. Die Verantwortlichen hätten sich heute vor dem Haager Kriegsverbrechertribunal zu verantworten. Daß er trotzdem 45,19 Prozent erzielte, gilt bis heute als Wunder, daß Schwarzenberg mutig seine Meinung vertrat, hingegen nicht.“ Torsten Fricke

Erzbischof Jan BGraubner zelebriert am 9. Dezember die offizielle Trauerfeier

Trauerfeier im Veitsdom Die offizielle Trauerfeier für Fürst Karl von Schwarzenberg findet am Samstag, 9. Dezember, im Veitsdom auf der Prager Burg statt. Die Messe wird vom Prager Erzbischof Jan Graubner zelebriert, die Predigt hält Priester Tomáš Halík.

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ie die Familie bekanntgegeben hat, wird der Verstorbene vom 6. bis 8. Dezember in der Kirche des Malteserordens in Prag aufgebahrt, damit die Bürger Abschied nehmen können. Nach unbestätigten Medienberichten sollen die sterblichen Überreste des Verstorbenen nach der Trauerfeier in der Familien-

gruft auf Schloß Orlík beigesetzt werden. Am Dienstag gedachte das tschechische Parlament mit einer Schweigeminute des ehemaligen Ministers, Abgeordneten und Senators. Bereits am Sonntag hatte Staatspräsident Petr Pavel den Verstorbenen auf der Nachrichtenplattform X (früher Twitter) als „großartigen Mann“ gewürdigt: „Es war eine große Ehre, ihn persönlich kennenzulernen. Ich werde seinen Adel, seine Weisheit, seinen freundlichen Humor und seine europäische Reichweite vermissen.“ Tschechiens Premierminister

Petr Fiala schrieb ebenfalls auf X: „Schwarzenberg war eine wichtige Persönlichkeit des tschechischen Exils und der tschechischen Politik der letzten Jahrzehnte, er verhalf uns zu Respekt und einem guten Namen im Ausland.“ Österreichs Staatspräsident Alexander van der Bellen erklärte, mit Schwarzenbergs Tod sei Europa ärmer geworden: „Sein Leben und Wirken waren von Verantwortung und Klarsicht geprägt. Liberal, konservativ, weltoffen und patriotisch, so widersprüchlich diese Begriffe wirken, in Karel Schwarzenberg fanden sie zueinander.“

Die Familie beim Dreh der TV-Dokumentation „Mein Vater, der Fürst“, die in der 3sat-Mediathek abrufbar ist. Foto: Sabotage Films & Neulandfilm

Tochter Lila drehte TV-Dokumentation über ihren Vater

„Ich habe kein Talent als Ehemann“ In der berührenden TV-Dokumentation „Mein Vater, der Fürst“, die Tochter Anna Carolina, kurz Lila, gedreht hat, hat Fürst Karl von Schwarzenberg offen über sein nicht immer unkompliziertes Privatleben gesprochen.

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chwarzenberg heiratete 1967 die Ärztin Therese, eine geborene Gräfin zu Hardegg. Als Wohnsitz wählte das Paar Schloß Obermurau in der Steiermark aus. Im selben Jahr kam Sohn Johannes Nepomucenus zur Welt, ein Jahr später Tochter Anna Carolina und 1979 Karl Philipp. Als sie herausgefunden hatte, daß ihr kleiner Bruder nicht der leibliche Sohn ihres Vaters war, habe sie dies ein Jahr lang verschwiegen, erzählt Lila Schwarzenberg in ihrer TVDokumentation. Später wurde öffentlich, daß der leibliche Vater Thomas Prinzhorn war, ein reicher Industrieller und Politiker, der seinen Sohn 1987 adoptierte. Daß auch er Affären hatte, räumte Schwarzenberg in dem Interview mit seiner Tochter ein. Und in einem Zeitungsportrait hatte der Fürst einmal vieldeutig gesagt: „Ich habe kein Talent als Ehemann.“ 1988 ließ sich das Paar zivilrechtlich scheiden,

was Schwarzenberg aus religiösen Gründen aber nicht ernst genommen habe, wie er seiner Tochter verriet. Während Schwarzenberg nach der Samtenen Revolution in Prag weilte, lebte die Fürstin weiter in Österreich. Beim Skifahren auf der Turracher Höhe passierte dann am 28. Dezember 1992 ein folgenschweres Unglück. Bei einem Sturz brach sich die Ärztin den fünften Halswirbel und war querschnittsgelähmt. Über zwei Jahre kämpfte sich die Frau trotz Schmerzen und Depressionen zurück ins Leben. 2008 heirate das Paar erneut. Wenn sie ihren Mann mit einem Tier vergleichen müßte, so verriet die Fürstin in einem Interview, dann „wäre er ein Bär, ganz kuschelig, an den man sich anlehnen kann und der zu hundert Prozent zu uns steht“.

Schloß Obermurau.

Foto: Wikipedia


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17.11.2023

Der langjährige Europaabgeordnete Bernd Posselt reiste mit einer Delegation der Paneuropa-Union nach Ungarn

Freundschaftsakt in Europas Kulturhauptstadt Veszprém

Der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und langjährige Münchner Europaabgeordnete Bernd Posselt hat mit einer Delegation der von ihm geleiteten Paneuropa-Union Deutschland das westungarische Veszprém besucht, das derzeit Kulturhauptstadt Europas ist. Die von Franken gegründete Siedlung wurde vom ersten Herrscher des Königreiches Ungarn, Stephan I., zur „Stadt der Königinnen“ erklärt, weil er sie seiner Gattin, der bayerischen Prinzessin Gisela, zueignete. Diesen Titel behielt die Stadt bis 1945.

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ei einer kleinen Feierstunde vor dem Stephan und Gisela gewidmeten Monument neben dem Dom von Veszprém wies Posselt darauf hin, daß die bayerisch-ungarische Freundschaft vor mehr als tausend Jahren mit dem Gründungsakt Ungarns begonnen habe und daher auch durch aktuelle politische Entwicklungen nicht gefährdet werden dürfe. Gerade wegen der Fehlentwicklungen in der ungarischen Politik gelte es den Kontakt auf der Ebene der Zivilgesellschaft zu intensivieren. Die überparteiliche Paneuropa-Union als 1922 gegründete älteste europäische Eini Freitag, 17. bis Samstag, 18. November: Sudetendeutscher Heimatrat: Jahrestagung. Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen. Samstag, 18. November, 19.00 Uhr, Egerländer Gmoi Nürnberg: „Tango trifft Polka“. Kathreintanz mit dem Tanzorchester Entensee. Haus der Heimat, Imbuschstraße 1, Nürnberg. Sonntag, 19. November, 10.00 Uhr, Egerländer Gmoi Nürnberg: Gedenkgottesdienst zum Volkstrauertag. Evangelische Kirche St. Paul, Ebermayerstraße 15, Nürnberg. Montag, 20. November, 17.00 Uhr: BdV Baden-Württemberg: „D‘ Gloose-Fritz vun Bulkes“. Lesung mit Autor Friedrich Glas über die zeitgeschichtlichen Erlebnisse eines deutschen Jungen aus der Batschka. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart. Montag, 20. November, 19.00 Uhr: Vortragsreihe „Böhmische Schlösser – Teil 4: Melnik“ von Prof. Dr. Stefan Samerski. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Samstag, 25. November, 9.30 bis 17.00 Uhr, AckermannGemeinde Augsburg: „Sudetenland heute“. Film und Vortrag von Veronika Kupkova. Anmeldung unter Telefon (08 21) 31 66 85 50 oder per eMail an ackermanngemeinde@bistumaugsburg.de Haus St. Ulrich, Kappelberg 1, Augsburg. Sonntag, 26. November, 17.00 Uhr, Sudetendeutsches Musikinstitut (Träger: Bezirk Oberpfalz): Liederrecital, „Winterreise“ von Franz Schubert (1797–1828). Lukas Ennoch Lemcke (Baß) und Ada Sophie Heinke (Klavier). Festsaal des Bezirks Oberpfalz, Ludwig-Thoma-Straße 14, Regensburg. Tikkets unter www.okticket.de und an der Abendkasse zu 15 Euro. Montag, 27. November, 19.00 Uhr: „Lebensscherben – Hoffnungsspuren. Eine Familie aus Schlesien in den Stürmen des 20. Jahrhunderts“. Buchvorstellung und Vortrag mit Prof. Dr. Bernhard Kroener. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. ■ Dienstag, 28. November, 19.00 Uhr, Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste: Ringver-

Vor dem Stephan-und-Gisela-Denkmal von Veszprém: v.r.n.l. Paneuropa-Präsident Bernd Posselt, Pressereferentin Stephanie Waldburg und Bundesgeschäftsführer Johannes Kijas. gungsbewegung sei entschlossen, darauf einen Schwerpunkt ihrer Arbeit zu legen. Passau, wo die Selige Gisela begraben sei, und die europäische Kulturhauptstadt Veszprém stünden für ein uraltes und gefestigtes Europäertum in beiden Ländern. Das von der Paneuropa-Union am 19. August 1989 unter der Schirm-

herrschaft des bayerischen Europapolitikers und ungarischen Königssohns Otto von Habsburg gemeinsam mit ungarischen Partnern organisierte Paneuropa-Picknick habe erstmals den Eisernen Vorhang geöffnet und als Auslöser für die deutsche und gesamteuropäische Vereinigung gedient.

VERANSTALTUNGSKALENDER anstaltung/Vortrag von Prof. Dr. Kurt Franz. Freier Eintritt mit anschließendem Empfang. Anmeldung per eMail an sudak@ mailbox.org oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 48. Sudetendeutsches Haus, Adalbert-StifterSaal, Hochstraße 8, München. ■ Donnerstag, 30. November bis Sonntag, 3. Dezember, Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk: 60. Heiligenhofer Adventssingen mit Chorsingen, Volkstanz und Instrumentalmusik. Leitung: Astrid Jeßler-Wernz, Karlshuld. Weitere Informationen unter www.heiligenhof.de Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen. Freitag, 1. bis Sonntag, 3. Dezember, Der Heiligenhof: Wochenendseminar „800 Jahre Goldener Freibrief. Das mittelalterliche Ungarn und die Siebenbürger Sachsen“. Weitere Informationen unter www.heiligenhof. de Bildungs- und Begegnungsstätte Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen. Freitag, 1. bis Sonntag, 3. Dezember, Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland: Sächsisch-Böhmische Weihnachtsfahrt. Freitag, 9.00 Uhr: Abfahrt in Bayreuth nach Bautzen und Besuch des Weihnachtsmarkts. Samstag: Bautzen Stadtbesichtigung; Schirgiswalde Krippenausstellung; Schlukkenau Musikalisch-literarische Weihnachtslesung. Sonntag: Fahrt nach Dresden mit Besuch der Stadt und des Weihnachtsmarkts. Anschließend Rückfahrt nach Bayreuth. Teilnehmerbeitrag ab 235 Euro pro Person. Anmeldung und weitere Informationen unter eMail info@stiftungverbundenheit.de oder per Telefon unter (09 21) 1 51 08 24 25. Freitag, 1. Dezember, 14.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: BöhmischMährisch-Schlesischer Adventsmarkt. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Samstag, 2. Dezember, 11.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Esel, Schaf und Weihnachtsstern: Interaktive Führung mit kreativem Gestalten zur Adventszeit.“ Anmeldung erforderlich bis zum 28. November per eMail an anmeldung@

sudetendeutsches-museum.de Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München. Samstag, 2. Dezember, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Stuttgart und Böhmerwald Heimatgruppe Stuttgart: Jahresabschluß- und Weihnachtsfeier. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart. Anmeldung bei Waltraud Illner unter Telefon (07 11) 86 32 58 oder per eMail an illner@sudeten-bw.de Samstag, 2. Dezember, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Roth: Adventlicher Nachmittag. Restaurant Waldblick, Ostring 28, Roth. Montag, 4. Dezember, 19.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: Offenes Adventssingen mit Dr. Erich Sepp. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Donnerstag, 7. Dezember, Sudetendeutsches Museum: Eröffnung der Ausstellung „So ein Theater! Marionetten aus Böhmen und Mähren". Zu sehen bis 13. Februar 2024. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München. Samstag, 9. Dezember, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Advent- und Weihnachtsfeier. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart. Samstag, 9. Dezember, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde Erlangen: Vorweihnachtliche Feier mit Ehrungen. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen. Sonntag, 10. Dezember, 16.00 Uhr, SL-Kreisgruppe und SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf: 51. Stuttgarter Adventssingen. Liederhalle, Berliner Platz 1–3, Stuttgart. Anmeldung bei Waltraud Illner unter Telefon (07 11) 86 32 58 oder per eMail an illner@sudeten-bw.de Dienstag, 12. Dezember, 16.30 Uhr: Kuratorenführung zur Ausstellung „So ein Theater! Marionetten aus Böhmen und Mähren“. Treffpunkt Museumskasse. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München. Samstag, 16. Dezember: „Let it snow … Schneekugel-Workshop für kinderreiche Familien“. Anmeldung

Posselt sprach anläßlich seines Ungarn-Besuches auch bei einer öffentlichen Veranstaltung an der Budapester Verwaltungsuniversität Ludovika zum 250. Jahrestag der Geburt des habsburgischen Staatskanzlers Clemens von Metternich, der 1815 als Lenker des Wiener Kongresses der wohl bedeutendste eurobis 7. Dezember unter www. kolping-grossfamilienservice. de/termine-veranstaltungen/ sonderveranstaltungen Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München. Dienstag, 19. Dezember, 16.30 Uhr: Kuratorenführung zur Ausstellung „So ein Theater! Marionetten aus Böhmen und Mähren“. Treffpunkt Museumskasse. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München. Freitag, 5. bis Samstag, 6. Januar 2024, Schwabenakademie Irsee: „Das Mütterchen mit Krallen. Die Pragerdeutsche Literatur im Umkreis Franz Kafkas.“ Anmeldung unter www. schwabenakademie.de Schwabenakademie, Klosterring 4, Irsee. Sonntag, 14. Januar 2024, 15.00 Uhr, Sudetendeutsche Landsmannschaft – Bundesverband: Verleihung der Kulturellen Förderpreise. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Montag, 22. April, 19.00 Uhr: Vortragsreihe „Böhmen als Ort der Begegnung – Teil 1: Europäische Wegbereiter“ von Prof. Dr. Stefan Samerski. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Freitag, 17. bis Pfingstsonntag, 19. Mai 2024: 74. Sudetendeutscher Tag in Augsburg. Feste Programmpunkte sind die Kulturpreisverleihung am Freitagabend, die Verleihung des Europäischen Karls-Preises der SL und der HEIMAT!abend am Samstag sowie die Hauptkundgebung mit den Festreden des Sprechers der Sudetendeutschen Volksgruppe und des Bayerischen Ministerpräsidenten am Pfingstsonntag. Detailliertes Programm folgt. Montag, 17. Juni, 19.00 Uhr: Vortragsreihe „Böhmen als Ort der Begegnung – Teil 2: Der Frieden kommt aus Böhmen“ von Prof. Dr. Stefan Samerski. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Freitag, 21. bis Sonntag, 30. Juni, „Meeting Brno“ in Brünn mit dem Brünner Versöhnungsmarsch am Samstag, 22. Juni. Die SL-Landesgruppen Bayern und Baden-Württemberg organsieren wieder Busfahrten nach Brünn. Ausschreibung und Programm folgen.

Herta Müller 70 – Hommage an eine politische Schriftstellerin Freitag, 8. bis Sonntag, 10. Dezember: Wochenendseminar „Herta Müller 70 – Hommage an eine politische Schriftstellerin“ in der Bildungs- und Begegnungsstätte Der Heiligenhof in Bad Kissingen. Herta Müller (Foto Wikipedia, CC BY-SA 4.0) wurde am 13. August 1953 in Nitzkydorf im schwäbischen Banat in Rumänien geboren. Sie besuchte in Temeswar das Lenau-Lyzeum und studierte an der dortigen Universität Rumänistik und Germanistik. Danach arbeitete sie drei Jahre bis zu ihrer Entlassung 1979 als Übersetzerin in einem Industriebetrieb. Bereits dort wurde vergeblich versucht, sie als Mitarbeiterin des rumänischen Geheimdienstes anzuwerben. Anschließend arbeitete sie als Lehrerin und gab Nachhilfestunden. 1982 erschien in Rumänien ihr erster Erzählband „Niederungen“. In ihren ersten literarischen Werken kritisierte sie die schuldhaften Verstrickungen der Rumäniendeutschen im Nationalsozialismus, aber auch die Unterdrückung der Frauen in der bäuerlich-schwäbischen Gesellschaft. Es folgen kritische literarische Werke über den real existierenden Sozialismus, die zu Veröffentlichungsverboten, Belästigungen und Bedrohungen führen und sie zur Ausreise als Aussiedlerin bewegt haben. Der Unterdrückungsapparat und die -mechanismen in Rumänien waren fortan in zahlreichen Werken ihr nahezu allein bestimmendes Thema. Mit Akribie schilderte sie die Mechanismen der totalitären Diktaturen, das Zerstören der Persönlichkeit. Sie wies gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann, Richard Wagner, permanent auf die Despotie und Menschenrechtsverletzungen in Rumänien hin und fand auch in der bundesdeutschen Gesellschaft damit Gehör. Für den Debütband „Niederungen“ erhielt sie bereits Preise, so nach Veröffentlichung auch in der Bundesrepublik den AspekteLiteraturpreis. 1988 verließ sie Rumänien und führte in Berlin (West) eine Existenz als freie Schriftstellerin. Sie erhielt zahlreiche Literaturpreise. Mit dem Roman „Atemschaukel“, der die Deportation der Rumäniendeutschen in die Sowjetunion thematisiert, bekam sie nur wenige Wochen nach dessen Erscheinen 2009 zunächst den Franz-Werfel-Menschenrechtspreis und als Krönung den Literaturnobelpreis, der zuvor erst an zwölf deutschsprachige Autoren vergeben worden war. Als Referenten haben ihre Teilnahme zugesagt: Peter Miroschnikoff , der seinen 1988 gedrehten Dokumentarfilm über Herta Müller „Die Frau, die aus der Kälte kam“ zeigt; Prof. Dr. Anton Sterbling, „Die Erfahrungen der Diktatur in Herta Müllers literarischen Arbeiten“; Dr. Orsolya Tamássy-Lénárt, „De- und Rekonstruktion des Raumes bei Herta Müller“; Dr. Eszter János, „Überlebensstrategien in der Deportation und Diktatur bei Herta Müller“; Dr. Szabolcs János, „Herta Müllers ungarische Rezeption zwischen Politik und Ästhetik“; Dr. Marion Acker, „Dynamiken von Zugehörigkeit und Nicht-Zugehörigkeit im Werk der Autorin“; Katharina Kilzer, „Der Nobelpreis 2009 für Herta Müller im Spiegel der deutschen Presse“; Dr. Markus Bauer, „Die Images der Herta Müller – Gesellschaftliche Einflüsse auf die Rezeption einer südosteuropäischen Autorin“. Der Tagungsbeitrag beträgt 80,00 Euro pro Person (inklusive Programm und Verpflegung sowie Unterbringung im Doppelzimmer für zwei Tage) beziehungsweise 100,00 Euro im Einzelzimmer plus 3,90 Euro ermäßigte Kurtaxe. Die Anmeldungen werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Die Anmeldungen sind zu richten an: Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, 97688 Bad Kissingen, Telefax: (09 71) 71 47 47 oder per eMail an hoertler@heiligenhof.de. Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

Ausstellung zu Flucht, Vertreibung und Integration

Teil 2: „Ungehört – die Geschichte der Frauen“ Donnerstag, 23. November 2023 bis Freitag, 12. April 2024, zweiter Teil der Ausstellung „Ungehört – die Geschichte der Frauen. Flucht. Vertreibung und Integration“. Veranstaltungsort: Haus des Deutschen Ostens, Am Die HDO-Ausstellung thematisiert das VerLilienberg 5, Mün- treibungsschicksal der Frauen. chen. Öffnungszeiten: montags bis nicht darüber geredet, andere freitags von 10.00 bis 20.00 hätten es gerne, aber es wurde Uhr. ihnen nicht zugehört“, hatte Die Ausstellung, die das Sylvia Stierstorfer, Beauftragte Team Dr. Lilia Antipow der Bayerischen Staatsregie(HDO), Patricia Erkenberg rung für Aussiedler und VerM.A. (HDO), Prof. Dr. Danie- triebene, im Sommer erklärt, la Neri-Ultsch (Leibniz-Insti- als die Ausstellung bereits für tut für Ost- und Südosteuropa- ein paar Wochen im HDO zu forschung Universität Regens- sehen war. Jetzt, im zweiten burg) und Prof. Dr. Andreas Teil der Ausstellung, werden Otto Weber (Direktor des die Biografien der ZeitzeuginHDO) kreiert hat, wird nach nen in einen größeren historidem Erfolg im Sommer erneu- schen Kontext eingeordnet. te gezeigt. Führungen durch die Aus„Die Geschichte der Frau- stellung finden am Dienstag, en muß einfach erzählt wer- 28. November, 14.00 Uhr soden. Bis heute ist sie zu oft un- wie am Donnerstag, 14. Degehört geblieben. Viele haben zember, 17.00 Uhr statt.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17.11.2023

AKTUELL · KOLUMNE

Zum 100. Jahrestag der Niederschlagung des Hitler-Putsches gedenkt der Freistaat Bayern der Opfer

Klare Kante für die Demokratie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, Landtagspräsidentin Ilse Aigner und Innenminister Joachim Herrmann haben am vergangenen Freitag an der Gedenktafel der Münchner Residenz zum 100. Jahrestag der während des Putschversuchs der Nationalsozialisten am 9. November 1923 ums Leben gekommenen Polizeibeamten gedacht und ihnen zu Ehren einen Kranz niedergelegt.

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde und Karls-Preisträgerin, mit CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek.

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inisterpräsident Markus Söder sagte, die Erinnerung an die Vergangenheit sei eine Mahnung für die Zukunft: „Der Putschversuch am 9. November 1923 war einer der Vorboten für das schlimmste Kapitel der deutschen Geschichte. Landespolizisten haben damals den Rechtsstaat mit ihrem Leben verteidigt – aber leider war die Demokratie auf Dauer nicht stark genug. Auch heute ist unsere Demokratie wieder gefährdet. Es gibt eine neue Welle an Antisemitismus, Extremismus und Haß. Wir

müssen uns mit Mut, Entschlossenheit und Wehrhaftigkeit dagegenstellen und für die Demokratie zusammenstehen. Wir dürfen vom ‚Nie wieder‘ nicht nur sprechen, sondern müssen es auch immer wieder zeigen. Klar ist: Ein Angriff auf jüdisches Leben und die Freiheit des Glaubens ist ein Angriff auf uns alle. Wir geben in Bayern ein Schutzversprechen und sagen in aller Deutlichkeit Nein zu jeder Form von Antisemitismus und Antizionismus.“ Landtagspräsidentin Aigner sagte in ihrer Rede, der Putschversuch sei damals ein Warnschuß gewesen, der nicht gehört wurde, und forderte die Bürger auf, heute wachsamer zu sein: „Wir alle müssen uns für die freiheitliche Demokratie einsetzen und gegenüber den Feinden der Demokratie klare Kante zeigen. Das lehrt uns der Blick zurück!“ Innenminister Herrmann, der zu dem Erinnerungsakt eingeladen und vor zehn Jahren die Gedenktafel enthüllt hatte, erinnerte in seiner Rede an die Opfer: „Die vier Polizisten haben durch ihr mutiges Einschreiten ehrenhaft die Demokratie verteidigt. Demokratie und Freiheit sind die höchsten Güter einer Gesellschaft und müssen jeden Tag aufs Neue verteidigt werden.“ An der Gedenkveranstaltung nahmen hochrangige Vertreter von Politik, Kirche, Religionsgemeinschaften, Polizei und Justiz sowie Angehörige der getöteten Polizeibeamten teil. Begleitet wurde die Kranzniederlegung von einer Ehrenwache und einer Fahnenabordnung der Bayerischen Polizei sowie von einem Trommler und einem Bläserensemble des Polizeiorchesters Bayern. Adolf Hitler hatte bereits am Abend

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner und Ministerpräsident Markus Söder vor der Gedenktafel an die Opfer des Hitler-Putsches in der unmittelFotos: Mediaservice Novotny baren Nähe der Feldherrnhalle.

des 8. November 1923 versucht, durch einen bewaffneten Aufstand die Regierungen in München und Berlin abzusetzen und selbst durch einen Putsch die Macht zu ergreifen. Er verbündete sich mit rechtsradikalen Kräften und wollte gleichzeitig rechtskonservative Kreise in der damaligen bayerischen Regierung und Verwaltung auf seine Seite ziehen. Am Folgetag, dem 9. November 1923, fand der berüchtigte Marsch zur Feldherrnhalle von Hitler und anderen Nationalsozialisten statt, der durch die

Landespolizei gestoppt werden konnte. Hitlers Vorhaben scheiterte, jedoch wurden bei diesen Auseinandersetzungen 20 Personen getötet, darunter auch vier Polizisten: Polizei-Oberwachtmeister Friedrich Fink, 36 Jahre, aus Eschenau in Mittelfranken, Polizei-Unterwachtmeister Nikolaus Hollweg, 26 Jahre, aus Kulmbach, Polizei-Hilfswachtmeister Max Schoberth, 20 Jahre, aus der Oberpfalz, und Polizei-Hauptmann Rudolf Schraut, 37 Jahre, Hundertschaftsführer der eingesetzten Polizei-Einheit.

Nationalismus führt immer in die Katastrophe

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hristian Schmidt, Ko-Vorsitzender des Gesprächsforums, erinnerte an das erste Treffen 1998 in Dresden vor 25 Jahren, bei dem die beiden Präsidenten Roman Herzog und Václav Havel sich zu Taufpaten des Gesprächsforums erklärt hatten. Der tschechische Außenminister Jan Lipavský sendete eine Videobotschaft, da er zeitgleich in Vilnius war, und erinnerte an die aktuellen Herausforderungen, insbesondere an den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und den Massenmord der Hamas an jüdischen Zivilisten in Israel. Es gelte, so Lipavský, „den Angriff auf unsere Werte, unser Zusammenleben abzuwehren“. Außerdem meldete sich per Video die Staatsministerin im Auswärtigen Amt für Europa und Klima, Anna Lührmann, zu Wort. Sie hob die gemeinsamen Stellungnahmen der letzten Zeit hervor und kündigte die bald stattfindende deutsch-tschechische Regionalkonferenz in Chemnitz an, die die grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördern solle. Eine erste Gesprächsrunde widmete sich unter der Diskussionsführung der Warschau-Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung, Viktoria Großmann, der mitteleuropäischen Zusammenarbeit in den Zeiten vieler Krisen. Mit Reinhard Bütikofer, grüner EUParlamentarier, Jan Marian, stellvertretender Außenminister der Tschechischen Republik und Mitglied der StanPartei, Kai-Olaf Lang, Senior Fellow der Stiftung Wissenschaft und Politik, und Julie Vosyková, der Vorsitzenden des Deutsch-Tschechischen Jugendforums, war eine interessante Mischung aus Politik, Wissenschaft und jungem Engagement auf dem Podium. Bütikofer formulierte drei Wahrnehmungen: Die Zeitenwende, die eigentlich schon früher zu spüren war, sei noch nicht bei uns wirklich angekommen. Wir hätten uns in wichtigen Konflikten in der Welt auf Nicht-Lösungen ausgeruht,

die nunmehr an die Oberfläche drängen. Und in der Außenpolitik sowie in Europa ginge es jetzt um eine aktivere Politik gegenüber diktatorischen Staaten. Sind wir Partner für Afrika, Lateinamerika und andere? Der Vizeaußenminister Marian lobte den Gleichklang von Deutschland und Tschechien in der gegenwärtigen Außenpolitik. Derzeit seien viele Initiativen nach Osteuropa, auch eine wünschbare Annäherung von Armenien und die Verbesserung des Sanktionsregimes gegenüber Rußland, auf dem Weg. Langfristig seien für ihn auch die Förderung der Zivilgesellschaft, der Menschenrechte und die Zusammenarbeit der Think Tanks wichtig. Er nannte das Tetragon-Format mit Deutschland, Frankreich, Polen und Tschechien ein interessantes Gesprächsformat für die Zusammenarbeit. Er betonte die Wichtigkeit der Stärkung der Institutionen und der demokratischen Prozesse, die der Angriffskrieg Rußlands bewußt gemacht habe. Für seine Partei, die Bürgermeister-Bewegung, zitierte er seinen Vorgänger im Amt, der jetzt Europaminister im Kabinett sei, daß er jetzt der „Haupteurostreber“ in Tschechien sein werde, also Werbung für die EU machen wolle. Man habe in Bezug auf die Wahrnehmung der EU noch eine Riesenschuld abzutragen. „Wir sind doch Brüssel, nicht irgendwer ist da in Brüssel. Wir sollten mehr Tschechen in den Institutionen haben, damit wir bei allen Diskussionen von Anfang an dabei sind. Wir sollen nicht ständig sagen, was wir nicht wollen, wir sollen auch sagen, was wir wollen.“ Es sei nicht nur die Aufgabe der Stan, sondern aller demokratischer Kräfte zu sagen, wie wichtig die EU- und Nato-Mitgliedschaft sei. Kai-Olaf Lang sprach in Bezug auf die Polykrisen, in denen man gegenwärtig lebte: In den 1990er Jahren sprach man von der Friedensdividende, heute sei man durchaus für eine Versicherungsprämie, die Frage sei nur, wie hoch die sein dürfe. Krisen würden in der Welt nicht gelöst, sondern seien einfach vorbei, könnten aber auch zurückkommen. Krisen können Beschleunigungseffekte auslösen. Was heißt das für die europäische Politik? Krisen seien immer auch Zeiten der nationalen Exekutive, wie man es bei der Pandemie exemplarisch vorgeführt bekam. Nationalisierung al-

Mut tut gut

Die Seelen der Gerechten W

Jahreskonferenz des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums stand unter dem Motto „Verstehen wir uns wirklich?“

„Verstehen wir uns wirklich? Die Polykrise und ihre Lösung“ lautete das Motto der Jahreskonferenz des DeutschTschechischen Gesprächsforums. Im Dům Radost/Haus „Freude“, dem ehemaligen Haus der Gewerkschaften, wurde das Thema am vergangenen Samstag in mehreren Podien erörtert.

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so, aber auch Europäisierung sei eine mögliche Antwort. Zu sehen beispielsweise im Energiebereich, wo Deutschland und Tschechien relativ erfolgreich diversifiziert hätten. Interessant dabei sicher die Lithium-Region im Erzgebirge, wo etwa fünf Prozent der weltweiten Lithium-Vorkommen existieren und wo bald zwischen Sachsen und Nordböhmen zusammengearbeitet werden wird. Nach dieser ersten Podiumsdiskussion schlossen sich parallele Diskussionsgruppen zur Energiepolitik, zu Fragen und Auswirkungen des Angriffskrieges gegen die Ukraine, zu den Themen Migration und Pandemie sowie zur grenzübergreifenden Zusammenarbeit an. Am späten Nachmittag fand man sich dann wieder im großen Plenum zusammen, um unter der Leitung des tschechischen Journalisten Martin Ehl von der Hospodářské noviny über die Gretchenfrage auch der deutsch-tschechischen Beziehungen: „Wie kann man besser kommunizieren und effektive Lösungen für die Zukunft finden?“ zu diskutieren. Dazu hatte das Gesprächsforum Michaela Marksová, ehemalige tschechische Ministerin für Arbeit und Soziales, Hans-Peter Hinrichsen, Referatsleiter für die Bilateralen Beziehungen zu den mittel- und osteuropäischen EULändern im Auswärtigen Amt, Kristýna Bulvasová vom Deutsch-Tschechischen Jugendforum und Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und langjähriger Europaabgeordneter, eingeladen. Bernd Posselt, der als Veteran der deutsch-tschechischen Beziehungen von Ehl angesprochen wurde, hatte zwei wichtige Bemerkungen dazu anzubringen. „In dem Moment, wo es Probleme gibt, werden die Menschen plötzlich wieder egoistisch und instrumentalisierbar durch die schlimmste Pest, die es gibt, nämlich den Nationalismus. Nationalismus ist nichts anderes als historisch verbrämter Egoismus. Und Egoismus ist etwas sehr Gefährliches. Er schadet am Schluß am meisten dem Egoisten selbst. Das haben wir alles in unserer Geschichte lernen müssen. Der Nationalismus führt gerade den Nationalisten und das Volk, das er zu vertreten vorgibt, in die Katastrophe. Und deshalb ist eine gute Kommunikation wichtig, aber auch ein solides Wissen über den anderen. Und

da fehlt wahnsinnig viel. Beispielsweise in der Pandemie sagte ein Politiker: Die Viren kommen aus dem Ausland, und sie kommen mit dem Auto. So hat man plötzlich geredet. Das schönste Erlebnis war für mich dagegen, als an den plötzlich geschlossenen Grenzen Deutsche, Sudetendeutsche und Tschechen Plakate hochgehalten haben, auf denen stand: ,Wir brauchen Euch!‘ Für die Zukunft müssen wir unsere Strukturen krisenfester machen, aber wir müssen auch die Kommunikation krisenfester machen. Deshalb brauchen wir so viele Verbindungen wie möglich. Es werden im nächsten Jahr mit Wahlen in Europa und Amerika Fake-News, Propaganda und Desinformationskampagnen auf uns hereinströmen, und dagegen hilft nur eines: Man muß sich kennen, und man muß viel voneinander wissen. Und da fehlt noch vieles.“ Als zweiten Punkt sagte Posselt: „Man sollte in Tschechien viel stolzer auf das Erreichte während der beiden EU-Ratspräsidentschaften Tschechiens sein. Sie gehören zu den besten der insgesamt 88 Ratspräsidentschaften. In der EU ist man nicht dann mächtig, wenn man groß ist, in der EU ist man dann mächtig, wenn man konstruktiv mitarbeitet, und das hat Tschechien zweimal gezeigt. So hatte Polen in der Zeit von Tusk viel Einfluß in der EU. Tusk war Ratspräsident, Buzek war Parlamentspräsident. Jetzt, während der zwei Legislaturen unter einer nationalistischen Regierung, hatte Polen überhaupt keinen Einfluß, weil man mit Warschau nicht mehr über Europa reden konnte. Jedes EU-Mitglied muß mitarbeiten, jedes EU-Land braucht Persönlichkeiten, die sich in den Institutionen engagieren. Die Tschechische Republik hat bewiesen, daß man mit einer qualitativen Mitarbeit in Europa viel bewegen kann.“ Libor Rouček, der tschechische KoVorsitzende des Gesprächsforums und quasi Gastgeber in seiner Heimatstadt Prag, schloß die erfolgreiche Konferenz ab und erinnerte daran, daß sich im Anschluß ein deutsch-tschechisches Parlamentariertreffen konstituieren werde, das die Durststrecke parlamentarischer Zusammenarbeit durch den AfD-Vorsitz in diesem Gremium des Bundestages überwinden helfen werde. Ulrich Miksch

enn ich Nachricht vom Tod eines Menschen erhalte, achte ich meist auf das Sterbedatum. Oft habe ich die Erfahrung gemacht, daß das jeweilige Datum eine besondere Botschaft über einen Verstorbenen enthält. Immer wieder hilft mir diese Erfahrung, dessen Leben besser zu verstehen, und spendet mir Trost, wenn ich wegen eines Todes traurig bin. Wie aussagekräftig Sterbetage sein können, spürte ich in letzter Zeit zweimal. Es geht um den Tod zweier Menschen, welche für mich sehr unterschiedlich in meiner Prager Zeit eine Bedeutung hatten. Der eine ist natürlich Fürst Karl von Schwarzenberg, dessen Ableben auch mich berührt hat. Bevor ich über ihn und seinen Sterbetag spreche, möchte ich einen anderen Menschen vor den Vorhang der Erinnerung holen. Bevor ich 2012 die deutschsprachige katholische Gemeinde in Prag übernahm, war ich an der Kirche Sankt Kajetan in der NerudaGasse Priester. Die Kirche gehörte den tschechischen Redemptoristen, ohne daß diese selbst einen Konvent vor Ort hatten. Entsprechend fand nur einmal wöchentlich ein Gottesdienst statt, den meist ich hielt. So bin ich dem alten Mesner von Sankt Kajetan begegnet. Jiří Horský hieß er, damals schon über 80 Jahre alt. Er war ein Bilderbuchmesner: tief fromm, gutmütig, herzensrein und treu. Ein Freund informierte mich vor wenigen Tagen, daß Jiří nun gestorben sei. „Wann?“, fragte ich. „Am 31. Oktober.“ Mein spontaner Gedanke: Da konnte Jiří das Allerheiligen-Fest schon im Himmel feiern. Für mich unterstreicht das besondere Sterbedatum dieses Mannes, was ich mir immer schon dachte, nämlich, daß er besonders heiligmäßig war. Heiligmäßig übrigens auch im Leiden. Nicht nur weil er sich zum Mesnerdienst schleppte, bis er irgendwann nicht mehr konnte, sondern auch wegen seiner Geradlinigkeit vor 1989, welche ihm seinen Beruf als Lehrer gekostet hatte. Prominent war Jiří nie. Ich vermute, daß sein Name mit dieser Kolumne zum ersten Mal in einer Zeitung steht. Wie oft der Name von Karl von Schwarzenberg in Zeitungen stand, kann man gar nicht nachzählen. Mit ihm ist ein wirklich Prominenter von der Bühne dieser Welt abgetreten. Aber er war eben auch nur ein Mensch, und viele haben ganz menschliche Erinnerungen an ihn. Auch ich. Interessant finde ich wiederum das Sterbedatum: 11. November. Ich denke dabei an den Patron dieses Tages, den heiligen Martin, der seinen Mantel mit einem Bettler teilte. Vielleicht gehört dies ja auch zur Botschaft über den verstorbenen Aristokraten und Politiker. In übertragener Weise hat er vielfach seinen Mantel geteilt: den Mantel seines Wohlstandes, seiner Zeit, seiner Weitsicht oder seines Humors. Auch deswegen bewegt sein Tod so viele. Ob prominent oder nicht, am Ende zählt das Bemühen, der gute Wille, die Werke der Liebe. Mir fällt zu Jiří Horský und Karl von Schwarzenberg ein, was im alttestamentlichen Buch der Weisheit steht: „Die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand!“ Dr. Martin Leitgöb CSsR Provinzial der Redemptoristen Wien-München


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FORUM

Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

Unser Angebot Sudetendeutsche Zeitung mit Aussiger Bote · Der Egerländer · Egerer Zeitung · Elbogener Heimatbrief · Falkenauer Heimatbrief · Heimatbote · Heimatruf · Isergebirgs-Rundschau · Karlsbader Badeblatt · Karlsbader Zeitung · Leitmeritzer Heimatbote · Luditzer Heimatbrief · Neudeker Heimatbrief · Nordböhmische Umschau · Reichenberger Zeitung · Riesengebirgsheimat · Sternberger Heimat-Post · Zuckmantler Heimatbrief

Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

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Tanns Bürgermeister Mario Dänner, Bayerns Landesobmann Steffen Hörtler und die Künstlerin Tatiana Oana.

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Steffen Hörtler, Stellvertretender SL-Bundesvorsitzender und Obmann der SL-Landesgruppe Bayern, besuchte die Sonderausstellung „Herbst-Rhapsodie“ der siebenbürgischen beziehungsweise transsylvanischen Künstlerin Tatiana Oana im Naturmuseum im ost­hessischen Tann in der Rhön.

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ihrer aktuellen Ausstellung ,Herbst-Rhapsodie‘ begrüßen wir eine Ausnahmekünstlerin, die seit vielen Jahren mit ihrer Familie in Tann in der Rhön heimisch ist. Die Vielfalt ihres künstlerischen Wirkens ist ebenso groß wie die landschaftliche Abwechs-

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m Ausstellungsraum des Tanner Naturmuseums erwarteten Steffen Hörtler bereits Tatiana Oana und Mario Dänner, seit zehn Jahren Bürgermeister des staatlich anerkannten Luftkurortes im Biosphärenreservat Rhön. Hörtler war sehr angetan von Oana und ihren Werken. 1996 verließ die freischaffende Künstlerin Hermannstadt/Sibiu und lebt und arbeitet seitdem in Deutschland. Sie beschäftigte sich bereits sehr früh in der Heimat „Hommage“ an Oskar Schindler. mit Zeichnen und Malerei und erhielt privaten Kunstunterricht. tiana Oana: „Das Malen sehe ich 1996 intensivierte sie ihre Tätig- nicht nur vom inhaltlichen Auskeit auf dem Gebiet der Mixed- gangspunkt, sondern eher als Media-Malerei, also der Verwen- Resultat eines Werkprozesses, in dung unterschiedlicher Medien dem die Methoden des Malens, oder Techniken. die bildnerischen Mittel und die Seit 2013 ist sie von Öl- und Wirkung der Farbsetzungen im Pigmentfarbe fasziniert. Ihre Mittelpunkt stehen.“ Lieblings-Kunstrichtungen sind Das Naturmuseum warb folRenaissance und Barock, Klassi- gendermaßen für die Ausstelzismus, Fantastischer Realismus lung: „Mit Tatiana Oana und

Diese Preise gelten bei Erteilung eines Bankeinzugsauftrags (SEPA-Lastschriftmandat) und Lieferung innerhalb Deutschlands. Preise für Auslandsabonnements auf Anfrage! Adresse: Name, Vorname

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Postleitzahl, Ort

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Geburtsdatum, Heimatkreis

„Portrait“ von Sigmund Freud. lung und die Biodiversität in der Rhön. Sie reicht von fantasiegeladener Kunst bis hin zu Werken, die man dem Surrealismus zuordnen kann, sie reicht von Werken, die ihre Begeisterung zu Dalí zum Ausdruck bringen bis hin zu modernen Gemälden und Kunst­installationen. Dabei ist sie immer hochkreativ. Man merkt den Kunstwerken

an, daß sie von einer Künstlerin mit viel Leidenschaft und Liebe zum Detail geschaffen wurden. Bereits im Jahr 2019 konnten wir in der Ausstellung ,Fantasie in Farbe‘ in unserem Naturmuseum einen ersten Eindruck des breiten künstlerischen Wirkens von Tatiana Oana gewinnen.“ Unter Oanas Werken fielen Hörtler zwei besonders auf. Das eine ist Oanas Portrait von Sigmund Freud (* 1856 in Freiberg, † 1939 in London), dem aus Mähren stammenden Begründer der Psychoanalyse. Das andere ist eine „Hommage“ an Oskar Schindler. Der Unternehmer Oskar Schindler kam am 28. April 1908 im ebenfalls mährischen Zwittau zur Welt. Während des Zweiten Weltkrieges bewahrte er mit seiner Frau Emilie etwa 1200 bei ihm angestellte jüdische Zwangsarbeiter vor der Ermordung in den Vernichtungslagern des NS-Staates. Er starb am 9. Oktober 1974 im niedersächsischen Hildesheim. Das jährt sich kommendes Jahr zum 50. Mal, weshalb die Sudetendeutsche Landsmannschaft eine Schindler-Ausstellung plant. Ob dann wohl auch Tatiana Oanas „Hommage“ im Sudetendeutschen Haus zu sehen sein wird? Nadira Hurnaus

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� Karls-Preisträger und ehemaliger Schirmherr der Sudetendeutschen Volksgruppe

Ich/Wir ermächtige/n die Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH (SVG), Hochstraße 8, 81669 München, Gläubiger-Identifikationsnummer DE04SVG00000003583, Zahlungen von meinem/unserem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein/weisen wir unser Kreditinstitut an, die von der SVG auf mein/unser Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Ich kann/Wir können innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Dabei gelten die mit meinem/unserem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen. Wenn sich meine Kontodaten ändern, teile ich dies der SVG unverzüglich mit.

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46/2023

Günther Beckstein 80 Am 23. November wird Günther Beckstein, einst Bayerischer Ministerpräsident und Schirmherr der Sudetendeutschen sowie Karls-Preisträger, 80 Jahre alt.

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r war zwar nur 54 Wochen lang Bayerischer Ministerpräsident, aber bei den Sudetendeutschen beliebt. Schon davor hatte er die Zeit des Nichtredens mit dem tschechischen Nachbarn beendet und die Ära der Versöhnung eingeläutet. 2009, damals war er nicht mehr Ministerpräsident, zeichnete ihn die SL mit ihrem Europäischen Karls-Preis aus, weil er als Ministerpräsident geradlinig und ehrlich die Anliegen der Sudetendeutschen ohne Rücksicht auf Kritik vertrat. Neben dem damaligen Premier Mirek Topolánek stehend, forderte er in Prag die Beseitigung der Beneš-Dekrete. Der seit 50 Jahren mit Marga Weber verheiratete Vater von drei Kindern studierte Jura in Erlangen und München. Von 1971 bis 1988 betrieb er eine Rechtsanwaltskanzlei. 1975 promovierte er über „Der Gewissens­täter im Strafrecht und Strafprozeßrecht“. Lange bevor er in die Politik ging, engagierte er sich in der Evangelischen Kirche und in der Jugendarbeit. Seit 1996 war er berufenes Mitglied der Landessy­node der Evangelischen

Kirche in Bayern und Vizepräses im Bund. 1974 kam der in Hersbruck geborene Franke in den Landtag. Zunächst war er Stellvertretender Vorsitzender, ab 1991 Vorsitzender des CSU-Bezirksverbandes Nürnberg-Fürth-Schwabach und Mitglied im CSU-Landesvorstand, von 1980 bis 1992 Landesvorsitzender des CSU-Arbeitskreises Polizei, seitdem dessen Ehrenvorsitzender. 1978 bis 1988 war er Vorsitzender des Sicherheitsausschusses im Landtag. Dann wurde er Staatssekretär im Innenministerium, 1993 Innenminister. Seit 2001 war er Stellvertreter des Ministerpräsidenten, von 2007 bis 2008 Ministerpräsident. Beckstein ist außerdem Kuratoriumsmitglied von ProChrist, Mehr Demokratie, der Deutschen Stiftung Querschnittlähmung, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, des Konfuzius-Instituts Nürnberg-Erlangen und des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände Nürnberg. Er vertrat die Bayerische Staatsregierung im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks. Seit dem 13. März 2020 ist er Mitglied des Nationalen Begleitgremiums, wel-

ches die staatliche Suche nach einem Standort für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle begleitet. Volksgruppensprecher Bernd Posselt gratuliert dem Freund und Weggefährten von Herzen: „Günther Beckstein hat schon als junger Nürnberger Abgeordneter und Staatssekretär eine enge Verbindung zu uns Sudetendeutschen unterhalten. Geprägt haben ihn dabei unter anderen sein Geschichtslehrer, der Pommer Sieghard Rost, und unser Landsmann Roman Müller, der als Chef der weithin berühmten sudetendeutschen Faschingsgesellschaft in Nürnberg, der Eibanesen, uns beiden deren höchste Auszeichnung, die Eibanesenperle, verliehen hat. Dies zeigt: Günther Beckstein ist nicht nur ein herausragender Politiker und ein international bestens vernetzter Europäer, sondern auch ein Mensch, der das Leben zu genießen weiß. Als geradezu legendärer Innenminister Bayerns verfocht er eine konsequente, aber auch von tiefer Menschlichkeit geprägte Linie. In seiner langen Ministerzeit fand auch einmal eine Bundesversammlung der SL in Nürnberg statt, bei der die Wogen

sehr hoch gingen. Der Innenminister hatte zufällig einen Termin im selben Hotel, kam spontan herein und glättete das Ganze. In der Übergangszeit zwischen der Rücktrittsankündigung von Edmund Stoiber und dessen tatsächlichem Amtsende fuhr Günther Beckstein in Vorbereitung seiner späteren Ministerpräsidentschaft mit mir nach Prag – damals ein großes Wagnis, aber ein gelungener Test. Leider war dann aber seine Zeit als Schirmherr zu kurz bemessen, um der Generalprobe das tatsächliche Stück folgen zu lassen, was dann die Aufgabe seines Nachfolgers Horst Seehofer war. Es gibt wenige Politiker außerhalb des Vertriebenenbereichs, die sich um uns, also den Vierten bayerischen Stamm, sowie die anderen Landsmannschaften so große Verdienste erworben haben wie dieses Musterbild eines alteingesessenen Franken. Ich ehre in ihm einen herausragenden Vorkämpfer unserer Anliegen sowie einen wahren Freund, der weiterhin ungebrochen aktiv ist und dem ich Gott sei Dank nach wie vor regelmäßig begegnen darf. Günther Beckstein ist uns weiterhin durch dick und dünn verbunden. Ich wünsche ihm zu seinem Geburtstag von Herzen Glück, Gesundheit und Gottes reichen Segen.“ Nadira Hurnaus


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KULTUR

Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

Das Haus des Deutschen Ostens in München (HDO) bietet derzeit die aktuelle Programmreihe „AOW revisited – Zehn Jahre HDO-Direktor Professor Dr. Andreas Otto Weber“. Bei seinem jüngsten Vortrag in der Reihe schilderte Weber die Protestantenvertreibungen im Erzstift Salzburg und im Salzkammergut.

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on1732 bis 1774 wurden das Fürsterzbistum Salzburg und das benachbarte zu Österreich gehörende Salzkammergut zum Schauplatz massenhafter Protes­ tantenvertreibungen. Aus dem Salzburger Land mußten mehr als 20 000 Protestanten ihre Hei­ mat für immer verlassen, etwa 16 000 davon wurden in Ostpreu­ ßen angesiedelt. Aus dem Salz­ kammergut wurden etwa 4500 Menschen nach Siebenbürgen deportiert, die dort als „Landler“ eine eigene Bevölkerungsgrup­ pe bildeten, die in kleinen Resten bis heute existiert. Webers Bildvortrag im HDO beleuchtete die Hintergründe und die Ereignisgeschichte die­ ses damals europaweit aufse­ henerregenden Geschehens. Da­ bei betrachtete der Historiker die Entstehungs- und Verfolgungs­ geschichte des Protestantismus im Erzstift Salzburg und im Salz­ kammergut sowie die bis heu­ te sichtbaren Erinnerungsorte in den beiden Regionen. Einer dieser wichtigen Er­ innerungsorte sei für ihn auch das Dorf Gold­egg im Salzburger Pongau, wie Weber eingangs er­ läuterte. Dort stehe „über dem Goldegger See in wunderschö­ ner Gebirgsumgebung“ das be­ deutende Alpenschloß Gold­egg. „Dort fand 1981 die historische Landesausstellung ,Reformation Emigration, Protestanten in Salz­ burg‘ statt, die mich als 16jähri­ gen, an der Geschichte interes­ sierten Jugendlichen sehr be­ eindruckte.“ Dies sei für ihn der

Die Karte zeigt die Route des Trecks der Salzburger Protestanten über Regensburg, Passau, Nürnberg und Jena nach Berlin nach Stettin und weiter. Rechts: Einzug der Emigranten in Magdeburg (Kupferstich von Johann Benjamin Brühl).

� Vortrag von HDO-Direktor Andreas Otto Weber in München

Transmigration der Protestanten Auftakt zu einer nun schon fast vier Jahrzehnte andauernden Beschäftigung mit dem Thema geworden, da er im Salzburger Pinzgau seit seiner Kindheit sei­ nen zweiten Wohnsitz habe, der ihm zur zweiten Heimat gewor­ den sei. Zunächst ging es um die größte Salzburger Protestanten­ vertreibung um 1731/1732 aus dem damaligen Erzstift Salzburg, später um die Transmigration – oder eher Deportation – von et­ wa 7000 Protestanten aus dem Erzherzogtum Oberösterreich, vor allem aus dem Salzkammer­ gut. Beispielhaft schilderte Weber den erzwungenen Exodus der Familie Hillgruber, die ein Lein­ tuch mitnahm, das jahrhunder­

Zehn Jahre HDO-Direktor: Professor Dr. Andreas Otto Weber.

Das Leintuch der Familie Hillgruber. Bild: Lilia Antipow (1), HDO

telang zum Hausstand gehören sollte. „Ein aus zwei Bahnen fei­ nen Leinens zusammengenäh­ tes Tuch mit einer rot-weiß-ro­

Katalog der Ausstellung 1981 in Schloß Goldegg. Rechts: Protestanten aus Werfen im Pongau beim Verlassen ihrer Heimat am 18. Dezember 1731 (Kupferstich von Elias Bäck). Das verdienstvolle Verlegerpaar aus Leipzig, Jürgen Tschirner und seine Frau Kateřina Kosová, brachten eine neue historische Dokumentation heraus. In „Was geschah am 18. und 19. Juni 1945 auf den Schwedenschanzen bei Prerau?“ geht es um ein unvorstellbar grausames Massaker in Mähren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

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eim Massaker von Prerau wurden am 18./19. Juni 1945 bei Prerau/Přerov 265 Insassen eines Flüchtlingszuges am Ran­ gierbahnhof Prerau von einer tschechoslowakischen Einheit verschleppt und an der Schwe­ denschanze/Švédské šance bei Ober Moschtienitz/Horní Moštěnice getötet. Die meisten der 267 Karpatendeutschen, Slo­ waken und Ungarn, die sich am 18. Juni 1945 im Zug auf dem Prerauer Rangierbahnhof in Lo­ wieschitz/Lověšice befanden, stammten aus den slowakischen Regionen ­Ober- und Unterzips.

ten Webborte, kombiniert mit ei­ ner einfachen Klöppelborte mit Fransen, den sogenannten Salz­ burger Schlingen.“ Die spannen­ de Geschichte des Leintuchs war wie ein Thriller: „Solche Tücher wurden im Salzburgischen vor allem in der Zeit zwischen 1650 und 1750 hergestellt.“ Es habe – erkennbar an den Initialen J und H – dem Eigentümer eines Ho­ fes, Johann Hillgruber, gehört, der 1689 in Sankt Johann im Pon­ gau getauft worden sei. 1707 ha­ be er geheiratet, und das Tuch habe wohl als Schmuck auf dem Ehebett gedient. In den Jahren vor 1730 habe der Salzburger Erzbischof Leo­ pold Anton von Firmian mehr und mehr Druck auf Protestanten ausgeübt, zu denen auch die Fa­ milie Hillgruber gehört habe, die schließlich mit etwa 20 000 Glau­ bensgenossen nach dem Emigra­ tionspatent ihre Heimat hätten aufgeben müssen und als Salz­ burger Exulanten auf Einladung des preußischen Königs Fried­ rich Wilhelm I. meist nach Preu­ ßisch Litauen (Ostpreußen) ge­ gangen seien. „Die Hillgrubers

Sie waren kurz vor � Neue Dokumentation über das Massaker von Prerau Kriegsende nach Nordböhmen eva­ kuiert worden und wollten in ihre Hei­ mat zurückkehren. Während der Zug hielt, lief ein Mili­ tärtransport mit tschechoslowa­ sönliche Wertgegenstände ab­ nen ja die Eltern erschossen hat­ kischen Soldaten auf dem Heim­ geben und wurden dann mit Ge­ ten?“ Gegen erhebliche politi­ weg von einer Siegesfeier in Prag nickschüssen ermordet. Neben sche Widerstände setzte der Mi­ in den Bahnhof von Prerau ein. 71 Männern und 120 Frauen fie­ litärstaatsanwalt Anton Rašlas Am Nachmittag zwang der len 74 Kinder diesem Verbre­ durch, daß ein Strafverfahren ge­ Nachrichtenoffizier Karol Pa­ chen zum Opfer. Kinder mußten gen Pazúr eröffnet wurde. Nach zweijährigen Untersu­ zúr, ein ehemaliges Mitglied der zusehen, wie ihre Mütter liqui­ Hlinka-Garde, mit seinen Solda­ diert wurden, andere Kinder wie­ chungen wurde Pazúr inhaftiert ten die 267 Zivilisten, den Zug zu derum wurden vor den Augen ih­ und im Januar 1949 vom Mili­ verlassen. 30 Soldaten wurden rer Mütter ermordet. Das jüngste tärgericht in Preßburg zu sie­ abgestellt, um durch die Einwoh­ Opfer war ein acht Monate alter beneinhalb Jahren Haft verur­ ner von Lověšice an der Schwe­ Säugling, das älteste Opfer ein 80 teilt. Im Berufungsverfahren er­ höhte das Oberste Militärgericht denschanze ein Massengrab im Jahre alter Mann. Anschließend stahlen die Sol­ in Prag die Strafe auf 20 Jah­ Ausmaß von 17 mal zwei Metern und einer Tiefe von zwei Metern daten die noch im Zug befind­ re Haft, doch nach zwei Jah­ ausheben zu lassen. Am 19. Ju­ lichen Wertgegenstände der ren wurde Pazúr aufgrund einer ni kurz nach Mitternacht wur­ Heimkehrer vollständig. Gefragt, Präsidentenamnestie entlassen. den die Flüchtlinge in Viererrei­ warum er auch die Kinder hat­ Fortan wurde er als „Held des hen vom Bahnhof weggebracht. te umbringen lassen, antworte­ Widerstands“ gefeiert und aus­ Sie mußten sich bis auf die Un­ te Karol Pazúr später: „Was sollte gezeichnet. Pazúr war der ein­ terwäsche ausziehen sowie per­ ich mit ihnen anfangen, da wir ih­ zige Täter, der für seine Beteili­

folglos geblieben und es zu einer Forderung nach Gewährung frei­ er Religionsausübung gekom­ men sei, sei 1731 in allen Pfleg­ gerichten des Pongaus das Emi­ grationspatent veröffentlicht worden, das zunächst zur Ver­ treibung aller „unangesessenen Andersgläubigen über zwölf Jah­ ren, also diejenigen, die keinen eigenen Hausbesitz haben“, spä­ ter auch der „angesessenen Bür­ ger und Bauern“ mit Grundei­ gentum erzwungen habe. Letzte­ re hätten in 16 Emigrationszügen das Land verlassen. „805 vertrie­ bene Salzburger starben auf der Reise, darunter 710 Kinder.“ Ei­ ne Emigrantengruppe sei sogar in Amerika gelandet. Webers Vortrag verband mit Ostpreußen und Siebenbürgen zwei Regionen im östlichen Eu­ ropa mit den Alpen. Denn ähn­ lich sei es auch gewesen bei der späteren Transmigration der Protestanten, einer weiteren zwangsweisen Umsiedlung aus dem Salzkammergut, die unter Kaiser Karl VI. begonnen habe und von 1752 bei 1758 unter sei­ ner Nachfolgerin Maria There­ sia forciert worden sei. In dieser zweiten Phase seien rund 3000 Personen vor allem aus Kärnten und der Steiermark betroffen ge­ wesen. Es sei zur Ansiedlung vor allem in Großau und Großpold in Siebenbürgen gekommen, wo die Neusiedler schließlich zu den „Landlern“ geworden seien. Der Begriff sei erstmals 1765 in Sie­ benbürgen aufgetaucht. „Die Geschichte der Landler geht bis heute weiter.“ Nach De­ portationen in die Sowjetunion und Enteignung sowie Entrech­ tung im kommunistischen Rumä­ nien sei es bei deren Nachkom­ men in den 1980er und 1990er Jahren zu einer Ausreisewelle in die Bundesrepublik Deutschland gekommen, wo sie heute lebten, schloß Weber seinen umfassen­ den und detailreichen Vortrag. Susanne Habel

mit ihren elf Kindern im Alter von 15 Wochen bis 22 Jahren, darunter der älteste Sohn Simon, nahm eine Truhe mit, in der ne­ ben den wichtigsten Papieren und Wäsche eben auch dieses Leinentuch lag“, sagte Weber. Nach langem Treck sei die Fami­ lie in Plienen im Kreis Pilkallen in Ostpreußen an der litauischen Grenze gelandet. Dort habe sie bis 1945 gelebt und immer nur andere dortige Salzburgstämmi­ ge geheiratet. „Das Tuch fand dort keine praktische Verwen­ dung mehr, sondern wurde zum Erinnerungsstück an die Hei­ mat.“ Nach Kriegsende habe die Familie auf einen neuen, gefähr­ lichen Treck Richtung Westen gehen müssen und sei bis heu­ te in Plön in Schles­ wig-Holstein ansässig. 2007 habe die Familie das Leintuch als Leih­ gabe dem Salzburger Landesmuseum ge­ geben, seinem Her­ kunftsort. In seinem Vortrag über diese Vertrei­ bung der Protestanten beschrieb Weber den Ort des Geschehens, das Fürsterzbistum Salzburg um 1700. Dort hätten mehrere Salzburger Erzbischö­ fe seit dem 16. Jahr­ hundert Maßnah­ men gegen die Pro­ testanten im Rahmen der Gegenreformati­ on und Rekatholisie­ rung ergriffen. Nach­ dem schließlich auch die jesuitische Mis­ sion und allgemeine König Friedrich Wilhelm I. von Preußen empRekatholisierung er­ fängt Salzburger Protestanten in Ostpreußen. gung am Massaker von Prerau verur­ teilt worden war. Im Buch wer­ den auf 164 Sei­ ten und mit zahl­ reichen Abbildun­ gen akribisch die Vorgeschichte, die Umstände in der Nacht des Massakers und die Aufarbeitung sowie die heutige vorbildliche Erinnerungskultur beschrieben. Der Prager Histori­ ker Jiří Padevět schrieb das Vor­ wort. Der Verfasser František Hýbl wurde 1941 in Zittenhof, auch Zittow/Citov nahe Prerau gebo­ ren. Er studierte an der PalackýUniversität in Olmütz und un­ terrichtete später Geschichte und Tschechisch an Schulen. Ab 1969 arbeitete er als Historiker im Museum in Prerau. Von 1992 bis 2008 war Hýbl Leiter des dor­ tigen Komenský-Museums. 2017 wurde er mit dem Bundesver­ dienstkreuz ausgezeichent. Susanne Habel

Von Säugling bis Greis

František Hýbl: „Was geschah am 18. und 19. Juni 1945 auf den Schwedenschanzen bei Prerau?“. Deutsch/tschechisch, Leipzig 2023; 164 Seiten, 49,80 Euro (ISBN 978-3978-3-9825526-4-4). Bezug: Verlag Tschirner & Kosová, Zum Harfen­ acker 13, 04179 Leipzig, Telefon (0176) 20 74 99 08, eMail info@ tschirner-kosova.de.


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KULTUR

Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

Die Preußler-Ausstellung des Sudetendeutschen Museums in München ging vergangenen Sonntag zu Ende. Dabei ging es um Preußlers Leben (oben) und sein Werk (Bilder unten). Im Begleitprogramm der Ausstellung des Sudetendeutschen Museums zum 100. Geburtstag von Otfried Preußler „Ein bisschen Magier bin ich schon … Otfried Preußlers Erzählwelten“ im Sudetendeutschen Haus in München referierte Anna Knechtel über den Geschichtenerzähler aus Nordböhmen. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Adalbert-Stifter-Vereins sprach in ihrer Reihe „Literatur im Café“ über Leben und Werk des beliebten Kinderbuchautors. Die Lesung fand an diesem Novembernachmittag gleich zweimal statt und wurde nachmittags von Kaffee und Kuchen und abends von Wein begleitet. Der Schauspieler und Regisseur Florian Kreis aus Augsburg trug bei den Veranstaltungen im Adalbert-Stifter-Saal, die mit dem Sudetendeutschen Museum stattfanden, Auszüge aus Preußlers Werken vor.

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er heutige Nachmittag unserer Reihe ,Literatur im Café‘ ist einem Schriftsteller gewidmet, der keineswegs vergessen ist“, kündigte Knechtel an. Anläßlich seines 100. Geburtstages und der aktuellen Ausstellung des Sudetendeutschen Museums in München gehe es natürlich um Otfried Preußler, der wohl auch fast alle Leser mit seinen Kinderbüchern begeistert habe. Über Preußlers Leben las Anna Knechtel ihre kompakte und inhaltsreiche Zusammenfassung. Zur Orientierung bot sie zunächst Einzelheiten aus der Biographie des Jubilars. Otfried Preußler wurde am 20. Oktober 1923 als Otfried Syrowatka – die Vorfahren seines Vaters Josef waren Tschechen – in Reichenberg/Liberec geboren, wo er 1942 Abitur machte. „Der Familienname wurde von seinem Vater 1941 in Preußler geändert, in Anlehnung an Josef Syrowatkas Großmutter Agnes Praisler“, erläuterte Knechtel. Nach schriftstellerischen Anfängen in seiner Jugend – wie Gedichten für seine Tanzstundenpartnerin und spätere Ehefrau Annelies Kind – wurde Preußler 1942 zur Wehrmacht

� Neue Veranstaltung der Reihe des Adalbert-Stifter-Vereins „Literatur im Café“

Weihnachten in Nordböhmen eingezogen und geriet 1944 in sowjetische Gefangenschaft. „Auch einen Roman mit dem Titel ,Erntelager Geyer‘ schrieb er zu dieser Zeit. Der erschien 1944 als Buch“, berichtete die Referentin über das ideologisch gefärbte Frühwerk. Preußler kam erst Ende 1949 frei. Wegen der Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei konnte er nicht in seine Heimat zurück, sondern zog in das oberbayerische Rosenheim und wurde Lehrer im benachbarten Stephanskirchen. Dort lebte er mit Annelies, die 1950 seine Frau wurde und ihm drei Töchter schenkte. Preußler unterhielt die junge Familie zunächst mit verschiedenen Arbeiten. Er schrieb Reportagen für Lokalzeitungen, Theaterstücke für Laienspielgruppen und Hörspiele. „Da er so spät aus der Gefangenenschaft kam, war es dann der Kinderfunk, für den sich andere Literaten zu schade waren, bei dem er unterkam.“ Dann war er als Hilfslehrer, Lehrer, und Oberlehrer tätig, ab 1963 überdies als Schulrektor. Obwohl der Beruf des Lehrers seinen Neigungen und Interessen entsprach, trat er 1970 in den Ruhestand.

Leben als Schriftsteller „Damit begann sein Dasein als freier Schriftsteller, denn als Schriftsteller hatte er sich unterdessen bereits einen Namen gemacht“, erzählte Anna Knechtel. Sie ging dann auf einige von Preußlers literarischen Werken sein, so auf seinen ersten großen Bucherfolg. „Der kleine Wassermann“ (1956) basiere auf Sagen seiner böhmischen Heimatregion. Der kleine Kerl mit grünen Haaren sei auch mit Menschenkindern in Berührung gekommen: „,Was sagst Du?‘, fragten

Florian Kreis und Anna Knechtel. die Buben nach dem ,Blitz aus der Schachtel‘“. Denn für den kleinen Wassermann habe das Feueranmachen mit Streichhölzern so ausgesehen. 1957 folgten „Die kleine Hexe“, 1962 der von bayerischen Motiven inspirierte „Räuber Hotzenplotz“ mit zwei weiteren Teilen 1969 und 1973. 1960 erhielt Preußler den SL-Kulturpreis für Schrifttum. Eine sorbische Sage verarbeitete der Autor in seinem Buch über den Zauberlehrling „Krabat“, für das er den Deutschen Jugendbuchpreis erhielt. Weitere bekannte Bücher wurden „Die Flucht nach Ägypten. Königlich böhmischer Teil“ (1978), „Der Engel mit der Pudelmütze. Sieben Weihnachtsgeschichten“ (1985), „Zwölfe hatʼs geschlagen“ (1988), „Das Eselchen und der kleine Engel“ (1993) sowie „Mein Rübezahlbuch“ (1993). Zwischen den biographischen Blöcken las der Schauspieler und

Bild: Lenka Hošová Regisseur Florian Kreis Auszüge aus den von Knechtel geschilderten Werken. Die Gäste von „Literatur im Café“ hörten gebannt zu, bsonders als Knechtel einige Quellen für Preußlers Inspiration darstellte. Zum einen habe Otfried Preußlers Vater Josef seinem Sohn in der Jugend viel mitgegeben. „Preußlers Vater war als Lehrer an einer Sonderschule angestellt, darüber hinaus auch jahrelang Leiter des Reichenberger Heimatmuseums, Volkskundler und Heimatforscher“, erläuterte Knechtel. Auf der Suche nach authentischen Sagen und Märchen sei der Vater oft ins Isergebirge hinaufgewandert und habe von den deutschen Waldleuten gehört, was man sich untereinander so erzählte: alte Sagen, Schauermärchen und seltsame Begebenheiten, die er sich notiert habe. Dabei habe er gern seinen kleinen Sohn mitgenommen und auf den gemeinsamen Wande-

rungen mit den Schönheiten der Landschaft und gleichzeitig mit der Welt der Sagen und Märchen bekanntgemacht. „Auf sein Erzähltalent angesprochen, verwies Preußler selbst stets auf dessen Ursprung in seiner deutschböhmischen Kindheit und auf die Geschichten, die er auf den Streifzügen mit seinem Vater hörte.“ Die zweite wichtige Quelle der Inspiration für Preußlers Erzählen sei seine Großmutter väterlicherseits gewesen, die aus Jiwnia/Jivina in einer Region Nordböhmens gestammt habe. Oma Dora habe mit der Familie in einem Haushalt gelebt. „Sie war eine Geschichtenerzählerin vom alten Schlag, die ihren Erzählstoff variierte und immer wieder neu ausschmückte.“ Sie habe Preußler auch zu seinem viertem Kinderbuch „Das kleine Gespenst“ (1966) unmittelbar inspiriert, indem sie ihn mit der Sage von der Weißen Frau bekanntgemacht habe, die angeblich in einem der vielen nordböhmischen Schlösser umgegangen sei. Ein Schwerpunkt war noch „Krabat“ (1962) gewidmet. Für diesen Roman, der gleichermaßen für größere Kinder und Jugendliche und auch für Erwachsene geeignet sei, habe Preußler als Vorlage eine sorbische Sage von einem Zauberlehrling verwendet. Erste Bekanntschaft mit dem Stoff habe er bereits als Zwölfjähriger gemacht, als ihm das Buch „Sagen aus der Lausitz“ in die Hände gefallen sei. In diesem Buch habe Preußler die Verführbarkeit durch allesbeherrschende böse Mächte begreiflich machen wollen. Er habe wohl auch davor warnen wollen, habe er doch selbst gewußt, wie leicht man einer solchen Versuchung erliege. „Krabat“ sei die Geschichte seiner Generation, so Preußler, und es sei die Ge-

In der Ausstellung: Exponate und Bilder zur Preußler- Geschichte „Der Engel mit der roten Pudelmütze“ und zur fantastischen Weihnachtserzählung „Die Flucht nach Ägypten“.

Bilder: Susanne Habel schichte aller jungen Leute, „die mit der Macht und ihren Verlockungen in Berührung kommen und sich darin verstricken“. Zum Schauplatz der Weihnachtsgeschichte habe Preußler in der „Flucht nach Ägypten – Königlich böhmischer Teil“ (1978) seine nordböhmische Heimat gemacht, so Knechtel. Dafür habe er eine volkstümliche Tradition verwendet, die nicht nur für seine Heimatregion bezeichnend gewesen sei. Die Darstellung des biblischen Geschehens um die Geburt Christi sei in den Weihnachtskrippen in die jeweilige Heimatlandschaft zu verlegen, wie es in alpenländischen, neapolitanischen, provenzalischen und anderen Krippen der Fall sei. Nebeneinander seien in den Weihnachtskrippen des Isergebirges die orientalisch gestaltete Landschaft des Heiligen Landes und die Mittelgebirgslandschaft Nordböhmens zu sehen gewesen. Und Florian Kreis las einfühlsam die Szene aus einer Geschichte des Romans „Die Flucht nach Ägypten“, in der die Muttergottes für einen todkranken Jungen mitten im Winter Erdbeeren sprießen läßt.

Abschließend wies Anna Knechtel auf die aktuelle Ausgabe der Kulturzeitschrift des Adalbert-Stifter-Vereins hin: „Sudetenland“ (1–2/2023) beschäftigt sich – wie Knechtels umfassender Vortrag – mit Otfried Preußler. Susanne Habel


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VERBANDSNACHRICHTEN

Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

� Landesgruppe Bayern der Seliger-Gemeinde

Sozialdemokratische Werte im Herzen Die Landeskonferenz der Seliger-Gemeinde, der Gesinnungsgemeinschaft sudetendeutscher Sozialdemokraten, in Bayern tagte Ende Oktober im Hotel Hürner in Ansbach.

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andesvorsitzender Peter Wesselowsky begrüßte zunächst die Bundesvorsitzende Christa Naaß und als Gast Kathrin Pollack, Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Ansbach-WeißenburgGunzenhausen. Organisiert hatte das Treffen Peter Kögler, Sohn von Otto Kögler, ehemaliger Vorsitzender der Ortsgruppe Ansbach der Seliger-Gemeinde. Peter Kögler eröffnete die Zusammenkunft, indem er die Stadt Ansbach und vor allem den eindrucksvollen Gebäudekomplex mit dem Hotel Hürner vorstellte, der auf dem Areal der ehemaligen Brauerei erbaut worden war. Peter Wesselowsky lobte die Familie Kögler, die seit Jahrzehnten für die Interessen der sudetendeutschen Arbeiterbewegung und deren Sozialdemokratie wirke. Kathrin Pollak, die auch Vorsitzende des SPD-Kreisverbandes Ansbach-Stadt ist, kandidierte für den Bayerischen Landtag und verfehlte das Mandat für die Region Ansbach nur knapp. Als Personalratsvorsitzende bei der Regierung von Mittelfranken sowie als Stadträtin und Stellvertreterin des Oberbürgermeisters in Ansbach kennt sie die Anliegen der Menschen sehr gut. Pollak zeigte sich überzeugt, daß wir in Deutschland und Bayern wichtigere Probleme hätten als nur das gegenwärtig alles überlagernde Thema „Migration“. Um die vielschichtigen, vor allem sozialen Probleme zu lösen, gelte es zusammenzuhalten. Bei der Sozialdemokratie stünden die existentiellen Werte nicht nur auf

dem Papier, sondern würden im mit der Woiwodschaft Pommern Herzen getragen. Es gelte neue in Polen, hier vor allem auch Netzwerke zu knüpfen und die- während der schwierigen Zeit se Werte nach außen zu tragen der PiS-Regierung. Seit April ge– dazu sehe sie auch die Seliger- be es nun auch eine Partnerschaft Gemeinde als guten Multiplika- des Bezirkes Mittelfranken mit tor, auf den man zählen könne. der Region Südmähren. Hier hob „Nationalisten und Populisten Naaß vor allem den von der Selihaben keine Antworten auf unse- ger-Gemeinde seit Jahren unterre Probleme“, zeigte sich Pollack stützten Brünner Versöhnungsüberzeugt. Mit Blick auf die 2024 marsch hervor, der in Erinnerung anstehende Europawahl lobte sie an den Brünner Todesmarsch seit die traditionelle Europa-Idee der 2015 jedes Jahr stattfinde und ein Seliger-Gemeinde und schau- Beweis für die sich entspannente mit Hoffnung in die Zukunft, de Lage zwischen Deutschen und vor allem mit Tschechen sei. Blick auf Polen, Nach dem wo die rechtsTotengedennationalistiken folgten sche Partei PiS die Berichte voraussichtlich des Vorstands keine Regieund des Kasrung mehr bilsiers. Ein Rückden könne. blick wurde Bundesdabei auf die vorsitzende leicht positive Christa Naaß Mitgliederentverwies auf die wicklung durch schwierige Ladie Mitglie­der­ ge der SPD in werbeaktion Bayern nach SL-Bundesgeschäftsführer Andreas geworfen. Vorder Wahl, bei Miksch dekoriert Libor Rouček mit sitzender Peder überall dem Karls-Preis der SL. ter WesseBild: Nadira Hurnaus lowsky Mandate ver- hob loren worden die Teilnahseien. Sie bedauere, daß eine so me der Seliger-Gemeinde am erfahrene und tatkräftige Politi- Sudetendeutschen Tag in Rekerin wie Kathrin Pollack nicht gensburg und der dabei erfolgin den Landtag habe einziehen ten Verleihung des Europäischen können. Außerdem verwies sie Karls-Preises der Sudetendeutauf die gute inhaltliche Arbeit schen Landsmannschaft an Lider SPD im mittelfränkischen Be- bor Rouček MdEP a. D. hervor. zirkstag. „Federführend bei die- Rouček ist Mitglied der Seligerser Arbeit und vor allem bei der Gemeinde und hielt eine wegAufarbeitung der Geschichte der weisende Rede, die als Teil der Bezirkskliniken in der NS-Zeit Seliger-Schriftenreihe publiziert war die SPD“, so die bisherige wurde. Weiter würdigte WesStellvertreterin des Bezirkstags- selowsky den anwesenden ehepräsidenten. maligen Ortsvorsitzenden PeSie erinnerte an die zukunfts- ter Heidler aus Hof, der anläßweisenden Partnerschaften des lich der Bundesversammlung Bezirks mit der Region Neu- 2023 mit der Willy-Brandt-MeAquitanien in Frankreich und daille, der höchsten Auszeich-

nung der SPD, geehrt worden sei. Der Landesverband Bayern der Seliger-Gemeinde schloß sich anschließend den bei der Bundesversammlung in Bad Alexandersbad beschlossenen Resolutionen zur „Solidarität mit Israel“ und „Gegen Rechts“ einstimmig an. „Der Terrorangriff der Hamas auf Israel muß auch als solcher benannt werden, da er unter anderem die Vernichtung des jüdischen Volkes und die Zerstörung des Landes Israel zum Ziel hat. Schon aus diesem Grund müssen wir ein klares Bekenntnis zu Israel, zu seinem Volk zeigen und abgeben und nicht als schweigende Masse zusehen“, sagte Wesselowsky in seiner Antragsbegründung. In den vergangenen Jahren habe die Bedrohung durch den Rechtsextremismus auch in Deutschland zugenommen. „Besondere Sorge macht mir, daß Angriffe auf Geflüchtete stark überhandnehmen“, meinte Naaß in ihrer Antragsbegründung. „Wenn die AfD im Bayerischen Landtag sitzmäßig die stärkste Oppositionspartei ist, dann ist das brandgefährlich. Diese Partei bietet keine Lösungen, stellt aber rassistische Anfragen, liefert gegen Minderheiten ausgerichtete Redebeiträge in Landtagsdebatten und macht den Parlamentarismus verächtlich. Sie nutzt alle Freiheiten, die eine Demokratie bietet, um die Demokratie auszuhöhlen. Eine Partei, deren Großteil der Mitglieder rechtsextremen Strömungen zuzurechnen ist, ist eine Bedrohung für unsere Gesellschaft. Die Geschichte – unsere Geschichte der sudetendeutschen Sozialdemokraten – lehrt uns, daß diese Bedrohung ernst zu nehmen ist.“ Ulrich Miksch

Dr. Jan Blažek, Leiter der Delegation von „Post Bellum“, Gerhilde Benker und Fritz Gembala vom Bubenreutheum-Vorstand.

Für die Aufnahmetechnik „Eye to eye“ sitzt Gerhilde Benker in einem verdunkelten Raum. Dabei sehen sich die Interviewte und der Fragesteller über Bildschirm. Bilder: Heinz Reiß

� Bubenreutheum

Zeitzeugen geben Auskunft „Jus post bellum“, deutsch „Recht nach dem Krieg“, bezeichnet das Recht auf Friedenssicherung. Dafür schuf die mit dem Europäischen Bürgerpreis ausgezeichnete tschechische gemeinnützige Gesellschaft Post Bellum das Zeitzeugenprojekt „Paměť národa“ oder „Memory of Nations“ oder „Nationales Gedächtnis“ und sammelt Erinnerungen an die wichtigsten Ereignisse des 20. Jahrhunderts. Nun wandte sich der Verein an den mittelfränkischen Verein Bubenreutheum mit der Bitte um Zeitzeugen für sein Projekt. Diese wurden Anfang November in Bubenreuth befragt.

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Die Landesgruppe Bayern der Seliger-Gemeinde mit dem Landesvorsitzenden Peter Wesselowsky, Kathrin Pollack, Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Ansbach-Weißenburg-Gunzenhausen, und der Bundeskovorsitzenden Christa Naaß.

� SL-Kreisgruppe Hof/Unterfranken

Egerländerin feiert 95. Geburtstag Jüngst feierte die rüstige und immer gut aufgelegte Egerländerin Elfriede „Friedl“ Pfeifer im oberfränkischen Hof 95. Geburtstag.

Erste Stationen waren Bayreuth und ein Auffanglager in Selbitz, bis die Familie in Culmitz landete. Dort lernte sie einen Dres-

dener kennen, den sie 1953 in Naila heiratete. Sie wurden vom Schwarzensteiner Pfarrer Rudolf Unger getraut. Da ihr Mann bei

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u den ersten Gratulanten gehörten SL-Bezirksvizeobmann Adolf Markus und seine Frau Marianne. Sie überbrachten der Jubilarin bereits am Vormittag ihre guten Wünsche. Die SL-Kreisgruppe Hof gratulierte ihrer Landsmännin ebenfalls auf das Herzlichste. Dafür statteten Kreisobmann Adalbert Schiller mit Lebensgefährtin Brigitte Krappmann sowie sein Stellvertreter Jürgen Nowakowitz Friedl Pfeifer einen Gratulationsbesuch ab. Das Geburtstagskind war in Rittersgrün bei Karlsbad zur Welt gekommen und 1946 mit den Eltern vertrieben worden.

Urenkel Lukas, Tochter Veronika, Sohn Wolfgang, Vizekreisobmann Jürgen Nowakowitz, Elfriede Pfeifer, Brigitte Krappmann, Kreisobmann Adalbert Schiller und rechts außen Adolf Markus. Bild (1): Nadira Hurnaus

der Post angestellt wurde, zogen sie mit ihren drei Kindern nach Hof, wo Friedl nun schon seit über 60 Jahren wohnt. Seit dem Tod ihres Mannes vor einigen Jahren lebt sie allein in ihrer Wohnung im zweiten Stock. Das Treppensteigen ist für sie kein Problem. Da macht sie Jüngeren noch etwas vor. Friedl erinnert sich gerne an ihre Heimat und kann viel erzählen. Sie ist auch eine sehr gläubige Frau. Aus ihrem tiefen Glauben schöpfte sie in schweren Zeiten viel Kraft und Mut. Möge der Herr Friedl auch weiterhin bei guter Gesundheit mit seinem Segen und seiner Gnade begleiten, damit sie noch schöne Geburtstage im Kreise ihrer Lieben feiern kann. Bernhard Kuhn

ir wollen“, so Delegationsleiter Jan Blažek, „mit vom Krieg betroffenen Menschen sprechen und ihre Erinnerungen, ihre Gedanken, ihre Lebensgeschichten aufzeichnen. Lebensgeschichten sind kein Geschichtslehrbuch, sie sind ein Strom von privaten Ereignissen, und im Hintergrund der Erzählungen spiegeln sich alle Schlüsselmomente des 20. Jahrhunderts.“ Dem Aufruf, ihre Lebensgeschichte vor und nach der Vertreibung vor der Kamera zu erzählen und ein zeitgeschichtliches Zeugnis abzulegen, folgten vier Bubenreuther Zeitzeugen. Das waren die noch in Schönbach geborenen Gerhilde Benker, Ewald Hannabach, Gerhard Dotzauer und Hans Zährl. Im Namen des 2001 gegründeten Vereins Post Bellum begrüßte Blažek den Teilnehmerkreis im Sitzungssaal des Bubenreuther Rathauses. Blažek erklärte: „Wir wollen die Erinnerungen von Zeitzeugen der wichtigsten Augenblicke unserer Geschichte aufnehmen und machen sie dann zum Bildungsmaterial für Schulen und die breite Öffentlichkeit. Unser Ziel ist, durch bessere Kenntnis der Historie zu vermeiden, daß sich die tragischen Ereignisse unserer Geschichte wiederholen. Wir haben auch schon mehr als 100 Interviews mit unseren ehemaligen deutschen Mitbürgern und Opfern der Aussiedlung und Vertreibung aus der Tschechoslowakei gemacht.

Die Videointerviews führte Jan Blažek persönlich. Er schaffte mit seiner einfühlsamen und aufmerksamen Art eine überaus angenehme Gesprächsatmosphäre. Die kurzen Pausen wurden genutzt, um über die mitgebrachten Bilder und persönlichen Erinnerungsgegenstände zu sprechen und sie dokumentarisch festzuhalten. Kameramann Radim Řezníček half dabei mit Fotoapparat und Scangerät. Die Vorstandsmitglieder des Bubenreuther Vereins Bubenreutheum, Christian Hoyer und Fritz Gembala, hatten die wichtige Projektkoordination erledigt. Die Interviews wurden mit der hochwertigen Technik „Eye to eye“ – Auge in Auge – aufgenommen. Thematische Schwerpunkte waren Erinnerungen an die Vertreibung, an den Neuanfang im Nachkriegsdeutschland und an die Integration. Geschildert wurde auch die gegenwärtige Beziehung der vertriebenen Zeitzeugen zu ihrem neuen Zuhause. Mittlerweile wurden schon zahlreiche Projekte mit sudetendeutschen Vertriebenen durchführt. Über den Bubenreuther Verein konnte Post Bellum einen Schwerpunkt auf den böhmischen Musikwinkel richten. Die erste interviewte Bubenreuther Zeitzeugin war die in Schönbach geborene Gerhilde Benker/Höfner. Als ehemalige Geschäftsführerin der Musikinstrumentenbaufirma Höfner war sie ein besonders prominenter und sachkundiger Zeitzeuge. Die Zeitzeugenberichte werden dauerhaft im Zeitzeugenportal „Paměť národa“ aufbewahrt, wo bereits mehr als 4000 Berichte in Kurzform der breiten Öffentlichkeit und in Langform den namentlich registrierten Forschern zugänglich sind. Wenn die gut vier Stunden Ton- und Videomaterial geschnitten und zu einem Film zusammengesetzt sind, erhält der Verein Bubenreutheum den Link fürs Internet. Blažek erklärte sich auch bereit, den Streifen in Bubenreuth vorzustellen. Schließlich war mit diesen Aufnahmen ein wichtiger Teil der Egerländer Geschichte vor dem Vergessen bewahrt worden. Heinz Reiß


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VERBANDSNACHRICHTEN

Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

� Eghalanda Gmoi z‘ Offenbach/Hessen

Tradition hat Zukunft Mitte September feierten die hessische Eghalanda Gmoi z‘ Offenbach am Main 70jähriges und die Egerland-Jugend Offenbach 65jähriges Bestehen in der Willy-Brandt-Halle in Mühlheim am Main.

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Die Landsleute aus Cham mit ihrem Kreisobmann Dominik Götz (rechts) vor der Tafel am Ronsperger Schloß, die an den dort aufgewachsenen Paneuropa-Unions-Gründer Richard Graf Coudenhove-Kalergi erinnert.

� SL-Kreisgruppe Cham/Oberpfalz

Ausflug ins Nachbarland Nach einer langen Pause trafen sich die Mitglieder der oberpfälzischen SL-Kreisgruppe mit ihrem Obmann Dominik Götz Mitte Oktober zu einem Ausflug ins Nachbarland.

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iele waren die einst deut­ schen grenznahen Städte Ronsperg/Poběžovice, Bischof­ teinitz/Horšovský Týn und Taus/ Domažlice. Erster Treffpunkt war die Stadt Cham. Von dort wurde mit Privatautos die Grenze über­ quert und als erstes die Stadt Ronsperg angesteuert. Bekannt ist diese tschechische Kleinstadt vor allem durch das momentan sehr baufällige Schloß. Dieses Schloß verbirgt viel Hi­ storisches, vor allem im Blick auf die Europäische Union. Hier wuchs nämlich Richard Graf Coudenhove-Kalergi (* 16. No­ vember 1894 in Tokio, † 27. Juli 1972 in Schruns) auf. Er war Sohn eines Österreichers und einer Ja­ panerin, Visionär des geeinten Europas und Autor von „Pan-Eu­ ropa, der Jugend Europas gewid­ met“ (1923). Mit einem kurzen

Spaziergang wurde das Schloß mit dem angrenzenden japani­ schen Park besichtigt. Weiter ging es zur tschechi­ schen Kleinstadt Bischofteinitz. Hier wurde das direkt am Schloß befindliche tschechische Re­ staurant aufgesucht. Mit typisch tschechischen Spezialitäten und einem im Haus selbstgebrauten Bier wurde die Mittagspause ge­ nossen. Dabei kamen viele The­ men von früher auf, und man un­ terhielt sich gut. Der Wirt führte schließlich durch seine Brauerei. Mit einem ausgiebigen Spa­ ziergang wurde die Kleinstadt erkundet, und eine Teilnehmerin zeigte der Gruppe die Villa, wo ihre Schwiegereltern vor der Ver­ treibung lebten. Mit den ganzen Eindrücken ging es dann noch weiter in die chodische Klein­ stadt Taus. Mit Kaffee, Eis und Palatschinken wurde dieser wun­ derschöne Tag abgerundet. Die Teilnehmer waren sich alle einig, daß es ein sehr schöner Tag gewesen sei und daß es öfter eine Fahrt in die Tschechische Repu­ blik geben sollte.

� Walhaft

Auf den Spuren der Ahnen Der Samstag stand ganz im Zeichen der gezielten Besuche. Die Häuser der Vorfahren wur­ den zum Teil mit Andrš Hilfe ge­ sucht und gefunden. Es ging zur Kleinsei­ te und in die Lim­ nitz, nach Eiben­ berg, Kösteldorf und Voigts­ grün. Man sah ie knapp die Gaststätten 20 Teil­ Kuckuck und nehmer von Schöne Aus­ Oberzell im sicht, aber auch Osten bis Grün­ den Bahnhof, dau im Westen von wo aus 1946 freuten sich die Vertrei­ Das Taufbecken in der auf ein inter­ bung begann. Sankt-Martins-Dekanalkirche. essantes Wo­ Und wenn man chenende. schon den Bus Auf dem Hinweg besuchte man bemühte, ging es noch weiter das Bechermuseum in Karlsbad. bis zum Keilberg und nach Got­ In Neudek erwartete die Rei­ tesgab, wo am Grab Anton Gün­ segruppe, zu der Nachgebore­ thers das Feierabendlied ange­ ne ebenso zählten wie tatsäch­ stimmt wurde. Der Rückweg am Sonntag lich im Raum Neudek Geborene, der Stadtschreiber und Histori­ führte die Gruppe nach Mari­ ker Pavel Andrš. Er präsentierte enbad. Anschließend ging es die wesentlichen Stationen der wieder in den Sinntaler und Innenstadt, so auch den Anfang Schlüchterner Raum zurück. Ei­ des Kreuzwegs und die dem hei­ ne rundum gelungene Fahrt, wie ligen Martin geweihte barocke die Teilnehmer feststellten, eine Dekanalkirche. Über dem origi­ Mischung aus Seminar, persön­ nalen Taufbecken waren einige lichem Anliegen und natürlich der Teilnehmer seinerzeit noch auch etwas Tourismus. Markus Harzer gehalten worden.

Vergangenes Jahr fand in Schlüchtern erstmalig ein kleines Neudeker Treffen statt. Dabei entstand die Idee, die Heimat zu besuchen. Nun begleitete die hessische SL-Altkreisgruppe Schlüchtern als Pate die Fahrt.

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it den Klängen des Eger­ länder Marsches, gespielt von den Egerland-Musikanten Zellhausen, zogen die Trach­ tenträger mit Fahnen in die mit Wappen, Landkarte und schö­ nen Blumen geschmückte Wil­ ly-Brandt-Halle ein. Eine impo­ sante und farbenfrohe Kulisse war zu bestaunen, rund 90 kleine und große Trachtenträger waren vertreten. Vüarstäihare Gertraud Hirsch begrüßte die Gäste in der bis auf den letzten Platz gefüllten Halle aufs Herzlichste zu den Ju­ biläen. Seit 1953 pflegen die Egerlän­ der aus Offenbach das Brauch­ tum aus dem Sudetenland mit der Weitergabe von Volkstanz, Gesang, Mundart und Trach­ ten. Die Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg war schmerz­ haft. Dennoch gelang den stol­ zen Egerländern, sich trotz der damals herrschenden Not hier etwas Neues aufzubauen.

Der Offenbacher Oberbür­ germeister Felix Schwenke hat­ te die Schirmherrschaft für die­ se Jubiläen inne. Trotz des aktu­ ellen Wahlgeschehens nahm er sich die Zeit und richtete Gruß­ worte an das Publikum. Auch der Mühlheimer Bürgermeister Alex­

Zahlreiche Vertreter der Gmoin aus Bischofsheim, Braun­ fels, Bruchköbel, Herborn, Hun­ gen, Kelsterbach, Limburg und Dillenburg waren gekommen. Auch Vertreter des Bundes der Vertriebenen, der Sudetendeut­ schen Landsmannschaften und

Egerer Schwertertanz. ander Krey überbrachte Glück­ wünsche. Gerlinde Kegel, Hes­ sens BdEG-Landesvüarstäihare und Stellvertretende BdEG-Bun­ desvüarstäihare, Bundesjugend­ führer Alexander Stegmeier und Bundestrachtenwartin Christina Diederichs waren voll des Lobes für die ehrenamtliche Arbeit, die die Offenbacher leisten.

der DJO waren zu Gast. Es gab eine Ausstellung mit Fotos der Vereinsgeschichte. Außerdem wurden wertvolle Egerländer Trachtenhauben und alter Trach­ tenschmuck ausgestellt. Durch das kulturelle Pro­ gramm des Nachmittags führ­ ten Annette Loferer und Edith Zaschka-Domes. Die Aktiven der

Egerländer Gmoi z‘ Offenbach, die Kinder-, Schüler- und Ju­ gendgruppe sowie der Sing- und Tanzkreis begeisterten das Publi­ kum mit Liedern in Mundart und schwungvollen Tänzen. Auch der Volkstanzkreis Mittelhessen und die Siebenbürger Tanzgruppe aus Pfungstadt präsentierten ihr Können. Die Gäste konnten zu den Klängen der Egerländer Blaska­ pelle aus Zellhausen fleißig das Tanzbein schwingen. Ein wei­ terer Höhepunkt war die Auf­ führung des Schwertertanzes zu Eger, welcher im 15. Jahrhun­ dert seinen historischen Hinter­ grund hat. Die Darbietung der Tänzer mit geschwärzten Gesich­ tern, die gespielten Kampfsze­ nen, das Trommel- und Flöten­ spiel erzeugten eine gespannte Atmosphäre und zogen alle in ih­ ren Bann. Mit der Bundesehrennadel wurden die engagierten und treuen Mitglieder Walter Bart­ helmes, Peter und Claudia For­ ster sowie Sven Lehmann ausge­ zeichnet. Die Jubiläumsfeier war eine energiegeladene und leben­ dige Veranstaltung mit Herzblut, die beweist, daß es sich lohnt, Traditionen zu bewahren und zu­ gleich nach vorne zu blicken.

Die Offenbacher Egerländer feiern Jubiläum.

� SL-Ortsgruppe Naila/Oberfranken

Fortschritte bei Aufarbeitung Anfang November traf sich die oberfränkische SL-Ortsgruppe Naila zur Jahreshauptversammlung.

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inen umfassenden Überblick über ein vielseitiges Ver­ anstaltungsjahr der Ortsgrup­ pe gab Orts- und Bezirksvizeob­ mann Adolf Markus bei der Jah­ reshauptversammlung. Dabei konnte er auf große Fortschritte in der sudetendeutsch-tschechi­ schen Zusammenarbeit, begün­ stigt durch die neue aufgeschlos­ sene tschechische Regierung un­ ter Staatspräsident Petr Pavel und Premierminister Petr Fiala, hinweisen. Bei der Totenehrung gedachte der Obmann im Besonderen der fünf im vergangenen Verbands­ jahr verstorbenen treuen Orts­ gruppenmitglieder. Dann freute er sich über die zwei neuen Mit­ glieder Heidrun Zenk und Uwe Mildner. Er erwähnte die Betreu­ ung und Besuche bei Krankheit und Jubiläen, durch Kontaktge­ spräche und Info-Schriften. In seinem Rückblick be­ leuchtete Markus einige wichti­ ge Veranstaltungen. Am jährlichen Weltvertriebenen-Gedenk­ tag sei es für die Sudetendeut­ sche Volksgruppe verpflichtend, neben den Verbrechen des Ho­ locausts durch die Hitler-Na­ zis auch auf die millionenfachen Verbrechen durch Josef Stalin und Edvard Beneš, auf Leid und Traumatisierung der 15 Millio­ nen deutschen Vertriebenen hin­ zuweisen und ihrer zu gedenken. Angesichts des Putin-Ruß­ land-Krieges gegen das ukrai­ nische Volk und des vom radi­ kalen Islamismus gefährdeten

Existenzrechts Israels sei das jährliche 4.-März-Gedenken für das Selbstbestimmungsrecht der Sudetendeutschen immer wieder mahnend aktuell. Die SL-Veranstaltungen be­ hinderten keinesfalls die Dialogund Versöhnungsarbeit. Zuneh­ mende eindrucksvolle Gesten des tschechischen Respekts vor den sudetendeutschen Opfern und des beiderseitigen Leids sei­ en förderlich. Der Sudetendeut­ sche Tag 2023 mit erstmals offizi­ ellen tschechischen Regierungs­ vertretern, der jährliche Brünner Lebens- und Friedensmarsch und gemeinsame Gedenken an Massaker-Gedenkstätten zeug­ ten von gegenseitiger Vergan­ genheitsbewältigung deutscher und tschechischer dunkler Ge­ schichtsphasen. Den gesellschaftlichen, poli­ tischen und kulturellen Zusam­ menhalt der demokratischen

Länder zu stärken, sei lebens­ notwendig geworden. Das Mot­ to des Sudetendeutschen Tages „Schicksalsgemeinschaft Euro­ pa“ bestätige das Wirken der Su­ detendeutschen für Völkerver­ ständigung um des Friedens wil­ len. Mit der eigenen Geschichte ins Reine zu kommen, die Gesell­ schaft zusammenzuhalten, erfor­ dere auch, der eigenen Opfer zu gedenken und gegen Vergessen und Geschichtsverfälschungen einzutreten, konstatierte Mar­ kus. Er wies auf die intensive, er­ folgreiche Arbeit der SL-Füh­ rungskräfte bis hin zu den Ver­ bandsgliederungen und dankte allen Mitarbeitern. Dank sude­ tendeutsch-tschechischer Kon­ gresse, diplomatischer Vertre­ tungen und Dialoge, Museen und Partnerschaften sei die Su­ detendeutsche Volksgruppe hei­ matpolitisch und kulturell nach­

Oben Michael Quecke, Obmann Adolf Markus und Bürgermeister Frank Stumpf, unten Jürgen Nowakowitz, Kriemhild Zeh und Robert Markus.

haltig gesellschaftlich einge­ bunden, schloß Obmann Adolf Markus seinen Bericht. Bürgermeister Frank Stumpf griff in seinem Grußwort den Ge­ danken „Vergessen nein – Ver­ söhnen ja“ auf. Er erinnerte an die großen Volkstumsnachmitta­ ge der Sudetendeutschen in Nai­ la, bei denen hochrangige Politi­ ker wie Bernd Posselt, Günther Beckstein, Barbara Stamm oder die thüringische Ministerpräsi­ dentin Christine Lieberknecht Bekenntnisse zu Leid und Trau­ ma durch Heimatvertreibungen abgegeben hätten. Informatio­ nen und beiderseitige Aufarbei­ tung seien heute notwendiger denn je angesichts der gefähr­ deten Sicherheitslage bei uns und weltweit. Gerade der jun­ gen Generation müßten die Zu­ sammenhänge und notwendigen gesellschaftlichen Verhaltens­ weisen für die Stabilisierung der Demokratien vermittelt werden. Stumpf bestärkte die SL-Mit­ glieder in ihrer wichtigen gesell­ schaftspolitischen Arbeit. Nach Kassenbericht und Ent­ lastung des SL-Vorstands disku­ tierten die Mitglieder Flucht und Vertreibung 1945/46 aus den deutschen Ostgebieten im Ver­ gleich zu heutigen Fluchtbewe­ gungen. Die Nachwahl für den verstorbenen Kassier Andreas Schiller fiel auf Simone Buckreus als neue SL-Kassiererin. Monsignore Herbert Haut­ mann wurde für 55, Kriemhild Zeh für 45, Robert Markus und Michael Quecke für 35 Jahre so­ wie Jürgen Nowakowitz für zehn Jahre Treue zur Sudetendeut­ schen Landsmannschaft in Nai­ la geehrt.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

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VERBANDSNACHRICHTEN . AUS DER HEIMAT

� Sudetendeutscher Volkstanzkreis Lauf-Eckental/Mittelfranken

Wir geben das Feuer weiter Alle Grußredner würdigten die Bedeutung des Volkstanzkreises für das kulturelle Leben in der Region. Bürgermeister Lang, der Schirmherr der Veranstaltung, erwähnte dabei besonders die Beteiligung am Fest der Nationen, vor allem aber am Ku-

Volkstanzkreis erst kürzlich Bewohnern des Seniorenheimes in ­Forth viel Freude mit einem Auftritt bereitet habe. Er verwies darauf, daß viele Eckenhaider Familien Wurzeln in Vertreibungsgebieten hätten. SL-Bezirksobmann Eberhard Heiser hob hervor, daß es in der Region kaum noch vergleichbare Gruppen gäbe, die mit Tänzen und Trachten das kulturelle Erbe von Böhmen, Mähren und Schlesien pflegten und sich so öffentlichkeitswirksam präsentierten. Einig waren sich alle Redner, daß Verständigung und Kommuniie Vorsitzende Bürgermeister Thomas Lang, Landrat Armin Kroder, kation in der heutigen Christl Hanisch- Christa Naaß, Präsidentin der Sudetendeutschen Bundes- Zeit besonders wichGerstner begrüßte un- versammlung und Generalsekretärin des Sudetendeut- tig seien, gerade angeter den Ehrengästen schen Rates, und Eberhard Heiser, Obmann der SL-Be- sichts des AngriffskrieLaufs Ersten Bürger- zirksgruppe Mittelfranken. Bilder: Sebastian Günther ges Rußlands auf die meister Thomas Lang, Ukraine und des TerZweite Bürgermeisterin Nina Be- nigundenfest, und ging auch auf roranschlags der Hamas auf Iszold, Eckentals Dritten Bürger- die Geschichte der Sudetendeut- rael. „So geht Verständigung“ ist meister Felix Zosel und Landrat schen ein. auch der Titel der Ausstellung Armin Kroder. Zu den EhrengäLandrat Armin Kroder beton- des Sudetendeutschen Rates, die sten gehörten auch Laufs Ehren- te, daß die heutige Generati- mit der Ausstellung „50 Jahre Subürger und Altbürgermeister Rü- on sich glücklich schätzen kön- detendeutscher Volkstanzkreis“ diger Pompl, ebenso viele Amts- ne, Vertreibung und Krieg nicht in der Herrenstube der Wenzelinhaber der SL, vor allem Christa am eigenen Leib erlebt haben burg bis Mitte Januar der ÖffentNaaß, Präsidentin der Sudeten- zu müssen. Er sei dankbar, hier lichkeit präsentiert wird. deutschen Bundesversammlung, und heute in Deutschland leben Christa Naaß führte als GeneEberhard Heiser, Obmann der zu können, einem Land mit frei- ralsekretärin des SudetendeutSL-Bezirksgruppe Mittelfranken en Entfaltungsmöglichkeiten für schen Rates in die dreisprachisowie Altlandrat und SL-Kreis­ jeden Einzelnen, sofern Grund- ge Ausstellung ein, die das jahrobmann Helmut Reich sowie rechte respektiert würden. hundertelange Zusammenleben Claudia Beikircher und Dorothea Felix Zosel, der die Ecken- von Tschechen und Deutschen Hägele vom SdJ-Bundesvor- taler Bürgermeisterin Ilse Döl- beschreibt, auch die schwieristand. le vertrat, erwähnte, daß der gen Teile der Geschichte nicht „Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche.“ Dem Zitat von Jean Jaurès gemäß feierte der Sudetendeutsche Volkstanzkreis Lauf-Eckental mit vielen Gästen Anfang November sein 50jähriges Jubiläum. Die Veranstaltung hätte keinen stilvolleren Rahmen finden können als den Kaisersaal der Wenzelburg im mittelfränkischen Lauf an der Pegnitz. Diese Wasserburg ist geradezu ein Symbol der Verbindung zwischen Bayern und Böhmen.

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ausspart und schließlich auf den Versöhnungsprozeß hinweist und ihm dienen soll. In diesem Zusammenhang erwähnte Naaß auch den Brünner Versöhnungsmarsch, der seit einigen Jahren alljährlich in der zweitgrößten tschechischen Stadt stattfindet. In die Jubiläumsausstellung des Volkstanzkreises führte Julia Gerstner ein und stellte die Vielfalt und Individualität der Trachten heraus. Sie betonte den Zusammenhalt von jung und alt im Verein und auch, daß nicht nur Tänzerinnen und Tänzer willkommen seien, auch keineswegs nur Menschen mit sudetendeutschen Wurzeln. Umrahmt wurde die Vernissage von schwungvollen Tänzen des Volkstanzkreises. Die Gäste erfreuten sich sehr an den farbenfrohen Trachten aus dem Egerland, aus Nordböhmen und Ostpreußen. Passend dazu trug der Laufer Künstler Rainer Turba ein Egerländer Lied vor sowie ein fränkisches Kirchweihlied als Hommage an die fränkische Heimat. Gekonnt moderiert wurde die Festveranstaltung von Tobias Bienert. Daß es nicht nur den Ehrengästen bei diesem Jubiläumsfest gefiel, zeigte sich daran, daß die meisten über den offiziellen Teil hinaus blieben, die Ausstellungen interessiert betrachteten und dem vielfältigen Buffet bei angeregten Gesprächen zusprachen. So geht Verständigung!

Allerheiligen auf dem Kinderfriedhof in Kutscherau.

� Kutscherau/Wischauer Sprachinsel

Allerheiligenkerzen auf Kindergräbern Zum Programm der Kulturfahrt der Sudetendeutschen Heimatpflege im Oktober gehörte auch ein Besuch in der ehemaligen deutschen Sprachinsel in und um Wischau. Hier besichtigte die Gruppe auch den Kinderfriedhof in Kutscherau, einem der acht Dörfer der Sprachinsel.

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utscheraus Bürgermeisterin Marie Lokajová erwartete uns bereits am Friedhof und begrüßte die Reisegruppe sehr freundlich. Sie erzählte von ihrer Arbeit im Dorf. Sie erzählte aber auch, daß ihr die Geschichte der ehemaligen Bewohner am Herzen liege. Sie war es auch, die mit dem Gemeinderat 2020 beschloß, diesen alten Kinderfriedhof wieder zum Leben zu erwecken und zu restaurieren. Wir Vertriebenen sind froh, daß hier ein Teil unserer

deutschen Geschichte überlebt. Früher wurden auf diesem Friedhof die Kinder auf einem separat ausgewiesenen Areal begraben. Seit der Vertreibung 1945/46 wurden die Gräber nicht mehr gepflegt, lediglich ein paar ehemalige Bewohner kamen bei Heimatbesuchen ab und zur vorbei, zündeten ein Licht an oder legten Blumen nieder. Wir baten nun die Bürgermeisterin, an Allerheiligen die mitgebrachten Kerzen zu entzünden, damit traditionsgemäß an den alten, neu restaurierten Gräbern Lichter leuchten. Sie versprach uns: „Die Kinder vom Kindergarten werden mitgehen, die Kerzen anzünden und dabei etwas von der deutschen Geschichte erfahren.“ Die Fotos, die Marie Lokajová uns schickte, zeigen, daß alle Lichter brannten. Wir sind glücklich. Rosina Reim

� Wischauer Informations- und Begegnungszentrum

Neue Klänge Der Sudetendeutsche Volkstanzkreis Lauf-Eckental in …

… und vor der Wenzelsburg.

� SL-Ortsgruppe Rückersdorf/Mittelfranken

Schwarzwald, Torte und Schinken Beim Monatstreffen der mittelfränkischen SL-Ortsgruppe Rückersdorf Anfang November im Schmidtbauernhof wurde ein Film über die letztjährige Reise in den Schwarzwald gezeigt.

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Theater, um nur einige der vielen Sehenswürdigkeiten zu nennen. Das Gasthaus zur Linde in Biberach war das Basisqartier. Hier wurden wir mit einer – natürlich – Schwarzwälder Kirschtorte auf das Freundlichste empfangen. Am nächsten Tag starteten wir gutgelaunt zum ersten Aus-

bfrau Bärbel Anclam begrüßte zunächst alle Gäste, insbesondere Bürgermeister Johannes Ballas, Altbürgermeister Peter Wiesner und Gemeinderätin Inge Thron. Außerdem erwähnte Bärbel Anclam nochmals unsere Adventsfahrt im Dezember zum Kloster Speinshart. Für alle, die daran nicht teilnehmen können, findet eine kleine Weihnachtsfeier statt. Passend zum Film „Reise in den Schwarzwald“ wurden zu Kaffee und Tee Schwarzwälder Kirschtorte und Brote mit Schwarzwälder Schinken gereicht. Bürgermeister Ballas hatte auch noch ein paar Riquewihr und seine Weinberge. Anmerkungen vorzubringen. Er wies die Kritik, daß der Bau- flug in den nördlichen Schwarzhof den Friedhof vernachlässige, wald. Über die Schwarzwaldentschieden zurück. Das bestä- hochstraße, eine der schönsten tigte Bärbel Anclam. Panoramastraßen Deutschlands, Dann hieß es „Film ab“. Die erreichten wir Freudenstadt, die Fahrt führte im Juli 2022 in den höchstgelegene Stadt BadenSchwarzwald. Verkehrsbedingt Württembergs mit dem größten ging es erst einmal ganz langsam Marktplatz. Er ist einem Mühlelos. Erste Station war die mondä- spiel nachempfunden und von ne Stadt Baden-Baden. Mit dem Arkadenhäusern umgeben. Nach Stadtbähnchen konnte man die der Stadtbesichtigung fuhren wir Stadt erkunden. Vorbei ging es zum Mummelsee. Der kleine See an Festspielhaus, Kurhaus und hat seinen Namen von den wei-

ßen Seerosen, die im Volksmund Mummeln genannt wurden. Am dritten Tag ging es für uns in den südlichen Schwarzwald zu den Triberger Wasserfällen und zu einer Bootsfahrt auf dem Titisee. Aber zunächst galt es, die größte Kuckucksuhr aus Holz zu besichtigen, die zwei Handwer-

ker in fünf Jahren schufen und so groß wie ein Wohnhaus ist. Nach dem Abendessen waren Musik, Tanz und Schunkeln angesagt. Am vierten Tag waren weitere Reiseziele Freiburg und der Feldberg. Zunächst wurde die Stadt Freiburg erkundet mit ihrem stattlichen Münster direkt am Marktplatz und vielen weiteren Sehenswürdigkeiten. Dann ging es zum Feldberg, dem höchsten Berg des Schwarzwaldes.

Hier konnte man mit der Seilbahn auf den Gipfel fahren. Leider verschlechterte sich das Wetter, und auf dem Gipfel fing es an zu regnen. Am letzten Tag fuhr der Bus durch die rheinische Tiefebene ins Elsaß nach Colmar. Eine zwölf Meter hohe Freiheitsstatue, der New Yorker Freiheitsstatue nachempfunden, empfängt den Besucher. Mit einem Stadtbähnchen erkundeten wir die schöne Stadt mit den wichtigsten Punkten. Anschließend war noch Zeit, das französische Flair der Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Auf der Rückfahrt legten wir im malerischen Weindorf Riquewihr einen Halt ein. Auf dem Parkplatz erwartete uns ein Storch und wollte gefüttert werden. Am nächsten Morgen hieß es Abschiednehmen. Die Koffer wurden verladen, und wir traten die Heimreise an. Ein Abstecher führte uns noch nach Heidelberg, bevor es endgültig nach Hause ging. Am Ende des Films gab es viel Applaus, und wir schwelgten noch etwas in Reiseerinnerungen. Bärbel Anclam dankte den Filmemachern Edwin Heger und Otmar Anclam mit einer Flasche Kräuterlikör vom Weingut Popp und einem Briefumschlag für ihren Einsatz beim Dreh. Gabi Waade

Jeden dritten Dienstag im Monat ist das Wischauer Informationsund Begegnungszentrum (IBZ) im badenwürttembergischen Aalen-Fachsenfeld geöffnet. Beim jüngsten Öffnungstermin im Oktober spielte die Veeh-Harfengruppe aus Fachsenfeld zum ersten Mal in unseren Räumen und begleitete unser Programm „mundartliche Beiträge über Leben und Brauchtum in der Sprachinsel“.

F

ür viele der zahlreichen Besucher waren die Veeh-Harfenklänge neu, aber die Begeisterung stieg stetig, als die vier Damen in ihrem Programm auch viele bekannte Melodien zum Mitsingen spielten. Die Volkslieder aus der guten alten Zeit werden nur noch selten gespielt, und deshalb war es für die Besucher eine gute Gelegenheit, sich in ihre Kindheit zurückzuversetzen, und die altbekannten Lieder aus voller Kehle mitzusingen. Über Bräuche, die das ganze Sprachinseljahr bestimmten, referierten Burgl Schmiedt und ich. Von diesen alten Bräuchen zu hören, bedeutet jedes Mal „dahuam“ zu sein – und die Gäste interessiert das allemal. Hilde Fink gab heimatliche Gedichte und Lieder zum Besten, und Ilona Netzel erzählte aus ihrer Ahnenforschungsarbeit kleine Anekdoten und Geschichten. Eine weitere Attraktion war die Übergabe einer echten Wischauer Puppenstube von der Künst-

lerin Regina Rettenmeier. Ihre Großeltern stammen aus dem Ort Kutscherau. Regina, die bis jetzt bereits mehr als 70 ganz besondere und vielseitige Exemplare fabrizierte, hat jedes noch so kleinste Detail für die „heimatliche Stube“ nach Originalvorlagen gefertigt. Vom hoch aufgetürmten Paradebett mit den rot gemusterten Kissen, einer bemalten Truhe, einer Wiege oder einem Kinderbett bis hin zu den Flecken und den beliebten Wischauer Knödeln auf dem Küchentisch paßt einfach alles. Dieses Juwel haben wir dankend entgegengenommen, denn es fügt sich wunderbar in unser Wischauer Domizil ein. Die Freude im IBZ ist groß. Bei Veeh-Harfenklängen und guten Gesprächen ließen sich die Besucher zu fortgeschrittener Stunde noch den Kaffee mit den vielen guten Kuchen schmecken, bevor sie mit viel Freude im Herzen wieder den Heimweg antraten. Rosina Reim

Handgemachte Wischauer Puppenstube.


Reicenberger Zeitung

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Stadt und Kreis Reichenberg

Kreis Deutsch Gabel

Nordböhmi[e Um[au

Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

Kreis Friedland

Kreis Gablonz

Särge von Kaiserin Zita von Bourbon-Parma (1892– 1989), Gemahlin von Kaiser Karl I., und von deren Sohn, Otto von Habsburg, letzter Kronprinz Österreich-Ungarns, in der Wiener Kapuzinergruft.

In der Wiener Kapuzinergruft die Grablegen von Kaiserin Elisabeth (1837–1898), Gemahlin von Kaiser Franz Joseph I., von Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916) und von seinem Sohn Kronprinz Rudolf (1858–1889).

Sarg des 2004 seliggesprochenen Kaisers Karl I. (1887– 1922) in der Kirche Nossa Senhora do Monte auf Madeira.

� Die Geschichte der nordböhmischen Stadt Deutsch Gabel – Teil XII

Kriegsende und Zwischenkriegszeit

I

n den Morgenstunden des 22. Novembers 1916 durcheilte die Stadt die Nachricht vom Tod des greisen Kaisers am Tag zuvor. Die Trauerfeierlichkeiten wurden am 1. Dezember abgehalten.

1917 Im Winter 1916/1917 stellte sich Kohlenmangel ein. In diesem Kriegsjahr mußte die Dekanalkirche auch noch ihre Sterbeglocke opfern. Ein weiterer Anschlag zur Entfernung des Kupferdaches wurde von Kaiser Karl I. nach eingebrachtem Gesuch abgelehnt. Um die Dekanalkirche vor weiteren Behelligungen zu schützen, wurde sie unter die Monumentalbauten erster Klasse wie die Karlskirche in ­Wien eingestuft. Schon Ende 1917 arbeitete man im Barackenlager an der Errichtung eines Reservelazarettes, und die ersten Verwundeten trafen bald ein. Ende Juni 1918 war die Zahl der Pfleglinge infolge der italienischen Offensive bereits auf 660 Mann angewachsen; Schwestern vom Roten Kreuz betreuten sie.

1918 Am 11. Februar 1918 wurde der Kriegszustand zwischen Österreich und Rußland für beendet erklärt, die Kriegsgefangenen durften sich frei bewegen. Die Russen kauften Lebensmittel auf und zahlten dafür hohe Preise. Als Folge trat eine noch größere Lebensmittelknappheit auf, und die Bevölkerung geriet in große Erregung. So wurden am 27. April vier Wagen mit Kartoffeln, die zum Bahnhof fuhren, überfallen und die Kartoffeln planlos verteilt. Infolge der Auflösung der Front im Süden und Südwesten ließen die Soldaten alles im Stich und kamen nach Hause. Halbverhungert, zerlumpt und seelisch niedergedrückt langten sie nach tagelangen Wanderungen und Bahnfahrten in ihrer Heimat an. Deutsch Gabel verlor in diesem Völkerringen 70 Söhne. Durch den Krieg wurde die österreichisch-ungarische Monarchie zerschlagen, und eine Reihe von Nachfolgestaaten ent-

stand. Österreich verlor Böhmen ten, nachdem diese erklärt hat- erste wurde am 25. November und Mähren an die am 28. Okto- ten, gegen die Republik nichts zu 1919 wieder abgehalten. Nach dem Zusammenbruch ber 1918 ausgerufene Tschecho- unternehmen, auf ihren Posten. slowakische Republik. Doch wer Auch die Stadtvertretung wurde der Monarchie hatte sich das zumeist von Ukrainern bewohnkonnte zu dieser Zeit ahnen, wel- im Amt belassen. che Auswirkungen die VerträDer Krieg war zu Ende, der te Ostgalizien als ein Bestandge von Versailles und Saint Ger- neue Staat hatte sich gebildet, teil der Republik Ukraine erklärt. main für uns Sudetendeutsche die Tschechen waren in unsere Dagegen erhob Polen Einspruch, haben würden? Heimatstadt einmarschiert, das und es kam im Frühjahr 1919 zum Vom 27. Oktober bis 3. No- Leben sollte sich wieder normali- polnisch-ukrainischen Krieg. Um einer drohenden Umzinvember 1918 erfolgte die Auflö- sieren. In dem Wappen der neusung des Kriegsgefangenenla- en Republik fanden wir den sehr gelung durch die Polen zu entgers, und die Gefangenen ver- sinnvollen Leitsatz: „Die Wahr- gehen, begab sich die galizischukrainische Brigade auf tscheließen nach und nach Deutsch heit siegt“. choslowakisches Gebiet, wo sie Gabel. Am 2. November 1918 bilinterniert wurde. Am 30. Mai dete sich für kurze Zeit aus den in 1919 und 1920 1919 kamen 4500 Mann und 200 der Garnison zurückgebliebenen Dies Jahre standen einerseits Offiziere nach Deutsch Gabel rund 600 Soldaten ein Soldatenrat. Am 11. November 1918 ent- noch ganz im Zeichen des Zu- und wurden in den noch stehenandererseits den Baracken untergebracht. Es fernte man von den Behörden die sammenbruchs, österreichischen Hoheitssymbo- aber unter dem Bestreben, den folgte noch ein weiterer Transneuen Staat lebensfähig zu ma- port. Insgesamt waren mehr als le, den kaiserlichen Adler. Wie überall bildete sich auch hier aus Jugendlichen, aber auch aus Soldaten, die keine Beschäftigung finden konnten, eine Bürgerwehr. Sie stand unter dem Kommando des früheren Oberleutnants Panhans, Postmeister aus Großmergthal und späterer Postmeister in Deutsch Gabel. Jedes Mitglied der Bürgerwehr erhielt neben freier Station pro Tag fünf Kronen. Ende November hatte sich ein Nationalrat gebildet, in welchem alle politischen Parteien vertreten waren. Zum Obmann wurde Vinzenz Kraus gewählt. Ende Dezember 1918 wurde dieser Rat wieder aufgelöst, nachdem bereits vorher die Aufhebung der Bürgerwehr verfügt worden war. Am 28. November erließ der ehemalige Bezirkshauptmann Hüttel einen Aufruf zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Bezirk. Am 15. Dezember wurden die Gerichtsbeamten nach Reichenberg beordert, um für die deutsch-böhmische Landesregierung vereidigt zu werden. Die Lehrerschaft des Bezirkes wurde zu dieser Eidesleistung Denkmal für die verstorbenen ukrainischen Kriegsgefangenen. nach Deutsch Gabel berufen. An diesem 15. Dezember, einem Sonntag, rückten um sie- chen. Alle Vereine, welche bisher 6000 Mann und 300 Offiziere hier ben Uhr früh von Niemes rund patriotische Zwecke verfolgt hat- interniert. Mit Recht wird man 200 tschechische Soldaten zu ten, gingen der Auflösung ent- wohl diese Zeit als eine Blütezeit für Handel und Gewerbe beFuß in Deutsch Gabel ein und gegen. Bedingt durch die kriegeri- zeichnen können. Die Soldaten nahmen im Laufe des Vormittags von den staatlichen Ämtern Be- schen Ereignisse fand seit 1914 verfügten über reiche Geldmittel sitz. Sie beließen aber die Beam- kein Jahrmarkt mehr statt. Der und hatten freien Ausgang. Die

Ukrainer waren in unserer Stadt gern gesehen, denn sie waren freundliche, friedliebende und sehr sangeslustige Menschen. Vom frühen Morgen bis in den späten Abend tönten ihre Lieder vom Lager in die Stadt. Der Religion nach waren sie zumeist griechisch-katholisch. Jeden Sonntag marschierten sie mit klingendem Spiel zur Dekanalkirche. Ihr schöner Chorgesang war des Anhörens wert. Zu Beginn des Jahres 1920 fanden die religiösen Feierlichkeiten der ukrainischen Brigade großes Aufsehen, sie begingen ihr Weihnachtsfest und das Fest der Jordanwasserweihe.

Bereits im Jahr 1922 hatte der Verein gedienter Soldaten beschlossen, den im Weltkrieg gefallenen und vermißten Heimatbrüdern ein Ehrenmal zu errichten. Der von Professor Wilhelm Schwarzbach von der Kunstakademie Breslau stammende Entwurf wurde genehmigt, und die Bearbeitung sowie Aufstellung dem Bildhauer Wilhelm Schlossar aus Warnsdorf übertragen. Ende August 1925 wurde mit der Aufstellung begonnen, und am 4. November 1925 konnte die Enthüllung feierlich vorgenommen werden.

1921 bis 1925

Am 25. März 1926 erlitt die Stadt einen schweren Schlag. Bürgermeister Vinzenz Kraus starb plötzlich, unerwartet und viel zu früh für die Seinen und viel zu früh für Deutsch Gabel. Er hinterließ für humanitäre Zwecke 80 000 Kronen, und nach dem Tod seiner Frau sollte die gleiche Summe dazukommen. Die auch von ihm mit vorbereitete Tausendjahrfeier der Stadt vom 7. bis 15. August 1926 erlebte er nicht mehr. Diese Festwoche wurde mit einem Begrüßungsabend im Schützenhaus eröffnet. Auf dem Programm standen Richard Wagners Einzugsmarsch aus der Oper „Tannhäuser“, Chorgesang des Männer- und Damengesangvereins „Eintracht“, Carl-Maria von Webers Ouvertüre des „Oberon“, Sololieder, Volkstänze der Schülerinnenabteilung des Deutschen Turnvereines, Charles Gounods, der Heimattreue Männergesangsverein, Freiübungen der Turnerinnen des Deutschen Turnvereines und „Ein Opernabend“ der Stadtkapelle. Glanzpunkt war der historische Festzug am nächsten Tag, der einem lebenden Bilderbuch der Geschichte von Deutsch Gabel glich und die wichtigsten Geschehnisse der einstmals verkehrsreichsten und ältesten Stadt Nordböhmens veranschaulichte. Ungefähr 35 000 Schaulustige hatten sich an diesem Tag eingefunden und bildeten dicht gedrängt ein Spalier von der Turnhalle bis zum Schützenhaus. Fortsetzung folgt

Im Oktober des Jahres 1921 löste sich die Brigade auf, und die Ukrainer verließen Deutsch Gabel. Um das Andenken an ihre zurückgelassenen Toten zu wahren, hatten sie im Laufe des Jahres 1921 am Eingang des Russenfriedhofes ein Denkmal aus Stein errichtet. Es trägt die Worte ihres größten Dichters Taras Schew­ tschenko: „Der Ruhm geht nicht verloren, sondern wird erzählen, was in der Welt geschah; wo Wahrheit ist und wo Unrecht und wessen Kinder wir sind.“ Im Laufe der nächsten Jahre wurden die Baracken verkauft und abgerissen. Am 27. August 1922 wurden unter starker Teilnahme der Bevölkerung die dem Krieg zum Opfer gefallenen Glocken erneuert und geweiht. Mitte der 1920er Jahre kam auf die Stadt ein großes Projekt zu. Die Kanalisierung und das Pflastern der Durchgangsstraße mit Granitwürfeln wurden geplant und ausgeführt. Gepflastert wurden auch die Hermsdorfer Pforte und die Mühlpforte sowie ein Teil der Langen Gasse. Die Reichenberger Straße erhielt einen Gehsteig auf beiden Seiten. Die Arbeiten wurden in den Jahren 1924 und 1925 durchgeführt, und zwar die Kanalisierung von der Baufirma Schneider aus Niemes und das Pflastern von der Firma Karl Suske ebenfalls aus Niemes.

1926


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REICHENBERGER ZEITUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

� Allerheiligen in Zwickau

Letztes Gedenken Wenn ich an das letzte Allerheiligen in meiner Heimatstadt Zwickau zurückdenke, erinnere ich mich an unsere Bedrücktheit und Hoffnungslosigkeit.

W

Blick vom Nußstein auf Haindorf mit seiner Wallfahrtskirche in der Mitte.

� Memory of Nations – Zeitzeugengespräch mit der Haindorferin Margit Kučerová (1931–2023) – Teil III

Nur Margit und ihre Mutter überlebten den Krieg Die Reichenberger Zeitung dokumentiert das Zeitzeugengespräch, das das tschechische Projekt Paměť národa/Memory of Nations mit Margit Kučerová 2021 führte, in mehreren Folgen.

D

as Kind, nur acht Jahre alt, spürte den Beginn des Krieges. Margit Kučerová: „Die Jungen verschwanden, und die Bauern gingen an die Front, übrig blieben nur Kinder, Frauen und ältere Männer. Die Jungen mußten zuerst zum Arbeitsdienst [Reichsarbeitsdienst], und dann nutzten sie auch uns Kinder für die Arbeit. In den Ferien mußten wir auf den Höfen arbeiten, denn es gab nirgends arbeitsfähige Männer. Nach den Ferien mußten wir dann in der Schule einen Zettel vorzeigen, auf den die Bäuerin geschrieben hatt, wie viele Stunden wir gearbeitet hatten.“ Ihr Vater mußte wegen seines schlechten Gesundheitszustands nicht einrücken. Ihr älterer Bruder leistete mit 18 Jahren zuerst Arbeitsdienst auf einem Flugplatz in Berlin. Ein Jahr später kam er zur Luftwaffe und kämpfte an der Ostfront. „Er fiel im Herbst 1943 in Weißrußland. Die Todesnachricht erhielten wir an Papas Geburtstag. Mama hat sich fast zu Tode getrauert, sie wog nur noch 38 Kilogramm.“ Im Krieg verlor auch Margit Kučerovás Onkel Franz Schober, der Ehemann der Schwester ihres Vaters, sein Leben. „Er war ein Schuster, der sich überhaupt nicht für Politik interessierte. Er kümmerte sich nur darum, seine Familie zu ernähren. Eines Tages blieb er vor einem Schaufenster stehen, in dem ein großes gelbes Plakat mit schwarzen Punkten hing, wohl ein anti-jüdisches. Und er sagte nur: ‚Wieder so ein gelbes Grauen.‘ Nicht mehr. Und

ein zehnjähriger Junge hörte es, der Sohn des größten Nazi-Kollaborateurs in Haindorf. Der rannte nach Hause und erzählte seinem Vater brühwarm, was er gehört hatte. Dieser ließ ihn sofort verhaften. Die Nationasozialisten brachten meinen Onkel nach Dresden. Und dort wurde er hingerichtet.“ Am Ende des Krieges waren nur noch Margit Kučerová und ihre Mutter am Leben. Ihr Vater war im Dezember 1944 an Lungenkrebs gestorben. „Im Krankenhaus von Friedland war ein ukrainischer Arzt in Gefangenschaft, der seinen Tod genau voraussagte.“ Margit Kučerová war 14 Jahre alt, erinnert sich aber gut an die Ankunft der sowjetischen Soldaten. Sie verhielten sich angeblich anständig. „Sie kamen zu uns, und als ihr Offizier das gerahmte Foto meines Bruders in Uniform mit einem schwarzen Band sah, fragte er, wer das sei. Meine Mutter sagte, das sei ihr Sohn, der gefallen sei. Und der sowjetische Offizier stand auf und salutierte vor dem Bild.“ Mit den Soldaten kamen ukrainische Frauen, die während des Krieges als Zwangsarbeiterinnen in den Fabriken von Hain­dorf gearbeitet hatten. Nach der Befreiung erwiderten sie die freundliche Behandlung vieler deutscher Frauen. „Meine Mutter und ihre Kolleginnen brachten ihnen Kleinigkeiten zum Essen und luden sie jeden Sonntag zum Mittagessen ein. Es war völlig normal, ihnen zu helfen.“ Nach der Roten Armee kam Ende Mai eine Einheit der Revolutionären Garde aus Ostböhmen nach Haindorf, genannt Kampfgruppe Skuteč. Ihr Anfüh-

rer Ludvík Špirk handelte nach den Richtlinien für die Kommandanten bei der Nachkriegsbesetzung der Grenzgebiete. Und die lauteten: „Um unsere Aufgaben zu bewältigen, müssen wir rücksichtslos vorgehen. Jede Rücksichtnahme, Unentschlossenheit, Nachsicht oder Schwäche soll durch Entzug des Kommandos bestraft werden.“ Und seine Untergebenen verhielten sich nach den Zehn Geboten für Soldaten in den Grenzgebieten: „Höre nie auf, die Deutschen zu hassen ... auch deutsche Frauen und die Hitlerjugend tragen Schuld an den Verbrechen der Deutschen.“ Mitglieder der Kampfgruppe Skuteč exekutierten in Haindorf und den benachbarten Dörfern Weißbach und Raspenau mehr als 200 Männer und Frauen – meist wegen unerlaubten Waffenbesitzes, rebellischen Verhaltens oder Fluchtversuchen. Zehn Deutsche begingen Selbstmord, darunter auch der Schuldirektor Eduard Hornischer. „In Fritschs Fabrik bei der Kirche von Haindorf haben sie ihn so mißhandelt, daß er lieber aus dem Fenster sprang“, sagt Margit Kučerová. Sie fügt hinzu, daß der antifaschistische Ruf ihres Vaters sie und ihre Mutter vor dem Wüten der Skuteč-Leute geschützt habe. Mitglieder der Kampfgruppe Skuteč zerstörten in Haindorf ein Denkmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges, von dem die Zeitzeugin sagt, daß es das schönste Denkmal in Nordböhmen gewesen sei. Die Steine des Denkmals mit den Namen der Gefallenen seien als Pflastersteine vor der Bürgerschule von Hain­dorf verlegt worden, die Statue der Weinenden Muttergottes sei völlig verschwunden.

Im Juni und Juli vertrieben die Skuteč-Leute in drei Transporten 823 Deutsche aus Haindorf, darunter die Familie der Clothild von Auersperg, die mit Geschwistern und Eltern in der FritschFabrik festgehalten worden war, wo die Kampfgruppe Skuteč die Führung übernommen hatte. „Für die Auerspergs setzte sich der jüngere Bruder meines Vaters ein, der auch Antifaschist war, und er mußte dafür büßen. Sie sperrten ihn ins Gefängnis in Reichenberg ein, und seine Frau, die selbst zwei Jahre in einem Konzentrationslager verbracht hatte, gab ihr Haus auf und meldete sich freiwillig zur Vertreibung, um ihn aus dem Gefängnis zu holen. Sie zogen nach Zittau um, wo mein Onkel zwei Jahre später starb“, sagt die Zeitzeugin. Die harten Praktiken der Kampfgruppe Skuteč führten im August 1945 zu ihrer Auflösung und zu anschließenden Untersuchungen. Die Nachkriegsführung von Haindorf, angeführt vom Vorsitzenden des Nationalausschusses, Miroslav Krabec, würdigte jedoch die Taten der Gruppe am 4. August 1945 durch die Vergabe von Ehrendiplomen für Verdienste. Der gefürchtete Kommandeur Špirk erhielt von den Einwohnern von Haindorf sogar eine goldene Uhr. Der Verdacht, daß die Kampfgruppe Skuteč illegal gehandelt habe, führte 1946 zur Genehmigung der Exhumierung von Massengräbern in der Umgebung von Haindorf und Weißbach. Es gelang, 52 Leichen zu exhumieren, aber es gab mindestens 150 mehr vermißte Deutsche. Die Gesamtzahl der Opfer wird daher auf mahr als 200 geschätzt. Die gerichtliche Untersuchung der Nachkriegsmorde wurde wegen des kommunistischen Putsches im Jahr 1948 eingestellt. Fortsetzung folgt

ir waren noch nicht vertrieben worden, wußten aber, daß auch uns dieses Schicksal täglich treffen konnte. Selbst mir, dem damals knapp zehnjährigen Mädchen, machte das jeden Tag aufs neue Angst. Ich hatte immer gedacht, mit dem Kriegsende würde alles besser werden. Oft genug hatten die Erwachsenen gesagt: „Wenn der Krieg aus ist, dann wird alles wieder gut.“ So hatte ich eine starke Sehnsucht entwickelt nach diesem Zeitpunkt und war enttäuscht, als danach alles ganz anders kam. Die Tschechen übernahmen die Verwaltung der Stadt. Wir Deutschen wurden zu Menschen zweiter Klasse erklärt, mußten weiße Armbinden tragen, waren nahezu rechtlos und lebten in ständiger Angst vor neuen Repressalien. Nach und nach wurden die meisten Einwohner mit wenig Gepäck zu Fuß über die Grenze in das nahe Sachsen vertrieben, in eine ungewisse und völlig ungesicherte Zukunft. Viele, die noch bleiben konnten, mußten ihr Haus verlassen, kamen in ein Lager oder mußten mit einer kleineren Unterkunft vorlieb nehmen. So war es auch uns geschehen. Zu allem Übel hatten uns dort vor kurzem noch Russen heimgesucht und fast alles bis dahin Gerettete geraubt. Kurz vor Allerheiligen hörte ich einem Gespräch von Mutter und Tante zu. Sie beschlossen, das Doppelgrab der Großeltern nicht wie üblich, sondern nur mit einem Tannenzweigstrauß und einem Licht zu schmücken. In der Mitte war der eigentliche Grabhügel, rechts und links waren in einer Steinumrahmung mit

weißem Sand bestreute Flächen. Diese hatten wir zuvor für Allerheiligen mit Tannenzweigen besteckt. Früher hatte ich dabei geholfen. Nun beschloß ich, es heimlich doch zu tun. Wir wohnten am Rande von Zwickau, und ich strolchte oft mit meinem vierjährigen Bruder in der Umgebung herum. Es würde also nicht auffallen, wenn wir eine Weile weg wären. So machte ich mich mit ihm, Tasche und Schere auf den Weg. Es war nicht weit bis zum Friedhof. Vorher bogen wir zu einem Wäldchen ab, um dort Zweige abzuschneiden. Etwas unheimlich war mir schon, und ohne meinen Bruder hätte ich die Aktion wohl nicht durchgeführt. Vorher kamen wir an einem Schuttplatz vorbei. Dort warfen die neuen Bewohner unserer Häuser alles hin, was sie nicht brauchen konnten. Vielleicht waren auch Sachen aus unserem Besitz schon hier gelandet. Wie viele Fotos oder Familienandenken mögen auf den riesigen Müllbergen verrottet sein? Auf dem Friedhof legten wir die Zweige girlandenartig innen an die Umrandung und befestigten sie mit Haarnadeln. Mit den Händen glätteten wir noch unsere Spuren im Sand und betrachteten zufrieden unser Werk. Zu Allerheiligen besuchte die Familie das Grab. Mutter und Tante wunderten sich über den Schmuck und rätselten über den Urheber. Sie vermuteten, daß es eine Freundin der Großmutter gewesen sei. Auf uns fiel kein Verdacht, und auch mein Bruder verplapperte sich nicht. Dies war das letzte Allerheiligen, an dem wir hier unserer Verstorbenen gedenken konnten. Im Jahr danach wurden wir vertrieben. Als wenige Jahre später eine Verwandte erstmals wieder die Heimat besuchte, war das Grab schon weg. Waltraud Joist-Hanisch

Der Friedhof in Zwickau heute.

� Friedland

Traurige Realität Ende Oktober besuchte Stanislav Beran den Friedländer Friedhof. Er berichtet.

B

ei dieser Gelegenheit setzte ich mit Hilfe von Gerfried Finke, der aus Deutschland zu Besuch gekommen war, die Scherben der zufällig gefundenen und zerschlagenen Platte, die auf der Gruft der Familie Altmann lag, zusammen. Vielleicht erinnert sich noch jemand an diese Familie, die auf diesem

Friedhof ihre letzte Ruhestätte fand. Was auf diesem Friedhof in den vergangenen Jahren geschah, ist unglaublich. Es scheint, als ob jemand diesen alten deutschen Friedhof systematisch zerstören will. Es ist sehr traurig, wie die deutschen Gräber und Gruften in Friedland zerstört und liquidiert werden. Dies wird wahrscheinlich das letzte Foto sein, das an die Familie Altmann erinnern wird.

Zerschlagene Platte der Gruft der Familie Altmann.

Bild: Stanislav Beran


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

Dux

Ladowitz

Ossegg

Klostergrab

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Bilin

Teplitz-Schönau

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. Heimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Telefon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard. spacek@gmx.de Redaktionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Graupen

Ende Oktober fand das 8. Internationale Klöppler-Symposium in Oberleutensdorf/Litvínov im Erzgebirge statt. Jutta Benešová berichtet.

O

bwohl die Spitzenherstellung wohl schon bis in die Antike zurückreicht, gelangte dieses Volkskunsthandwerk nachweislich im 16. Jahrhundert aus der Gegend von Venedig in Italien nach Westeuropa. Da es sich anfangs um ein sehr teures Produkt handelte, bestimmte eine Kleiderordnung Karls VI., des Tagungsort Schloß Oberleutensdorf. Vaters von Maria Theresia, daß nur der herrschende Adel Spitze tragen dürfe. Maria Theresia er- Erzgebirge weiterte dieses Gebot auf reiche Bürger und den niederen Adel. Damen ihres Hofes durften rote Gewänder mit Goldspitze tragen. Sie selbst trug als Witwe schwarze Spitze, die von der Herstellung her sehr aufwendig war. Der eigentliche Klöppelunterricht hat in Böhmen eine besondere Tradition und reicht bis ins Jahr 1767 zurück, als Maria Theresia eine Spitzenschule in Böhmen gründete. Die erste Schule dieser Art war in Prag, die auch heute noch besteht. Maria Theresia lud sogar eine Spitzenklöpplerin aus Belgien ein, die 21 Mädchen aus dem Erzgebirge ausbildete, die dann ihrerseits in die Erzgebirgsdörfer gingen und dort unterrichteten. Die ersten Orte in Böhmen, wo geklöppelt wurde, waren Gottesgab, Sankt Joachimsthal, Neudeck, Weipert und Graslitz. Für den Aufkauf der Spitze in den Erzgebirgshütten, für Material, Aufträge, Muster und den Vertrieb sorgte ein Geklöppelte Osterdekoration. sogenannter Faktor. Für die Aufträge ausgewählter Muster dien- sicherte den Frauen den Absatz. ten Musterbücher. Sie beinhal- Gleichzeitig sorgte sie auch für teten geklöppelte Vorlagen, und die Ausbildung junger Mädchen der Faktor konnte das Muster in diesem Handwerk, das zunehwählen, in dem das gewünsch- mend den erzgebirgischen Famite Produkt geklöppelt werden sollte. Nach Böhmen kam Spitze auch aus dem sächsischen Annaberg. Namentlich wird hier im 16. Jahrhundert Barbara Uthmann genannt, die nach dem Tode ihres Mannes rund 900 Klöpplerinnen einstellte, die geklöppelte Borte herstell- Ein typischer Klöppelsack. ten und an den Dresdener Hof lieferten. Bis heute ist lien vor allem in den Wintermodieser Name im gesamten Erzge- naten, wenn Bau- und Forstwirtbirge in guter Erinnerung, denn schaft ruhten, ein Einkommen sie verbreitete das Klöppeln und sicherte.

Im Schloß wird auch Klöppelbedarf angeboten.

Klöppler treffen sich im Schloß

Klöppelspitze als Modeaccessoire oder Hütchen.

Geklöppelter Weihnachtsschmuck.

Geklöppeltes aus Olbernhau.

Verschiedene Klöppelmuster.

In den 30er Jahren des 19. nem Kienspan. Es klöppelten alt widerspenstig wie heute AngelJahrhunderts konnte eine geübte und jung. schnur. Spitzenklöpplerin im Erzgebirge Die Tradition des Klöppelns Mittlerweile ist dieses alte neben der Kinderbetreuim böhmischen Erzgebir- Kunsthandwerk eine Beschäftiung und dem Haushalt ge wurde vorwiegend gung für die Freizeit. Es entsteacht Stunden tägvon den deutschen lich klöppeln und Böhmen gepflegt verdiente daund die Produkbei sechs Kreute auch als Anzer am Tag, naberger und aber ein Laib Dresdener SpitBrot kostete daze verkauft. Die mals 30 Kreuzer. Muster wurden Die Arbeitsbevon Frau zu Frau, dingungen der von Müttern ihFrauen waren ren Töchtern Barbara Uthmann bis ins 20. Jahrund Enkelinnen Ein altes Musterbuch. hundert hart, weitervererbt. denn in diesem einen Raum in Wichtige Materiale zum Klöpder Hütte wurde gekocht, ge- peln waren vor allem Leinen oder hen kleine Kunstwerke, die als waschen, gegessen, geschlafen, Seide, im armen Erzgebirge aber Schmuck getragen werden oder gearbeitet. Da es keinen elektri- besonders grobes Leinen und so- als Dekorationen für Ostern und schen Strom gab, arbeitete man gar Roßhaar, mit Stroh verziert. Weihnachten dienen. Meist ist es abends bei Kerzenlicht oder ei- Roßhaar verarbeitet sich ähnlich die ältere Generation, die diese

Dieser junge Klöppler kommt aus der Slowakei.

Das Gemälde stellt eine Erzgebirglerin beim mühsamen Klöppeln im Halbdunklen dar.

Niklasberg

alte Tradition aufrechterhält und auch unterrichtet, denn es gibt auch Freizeiteinrichtungen, wo zunehmend die Jüngeren Freude an dieser alten Volkskunst finden. Alljährlich treffen sich in Böhmen die Klöpplerinnen – und mittlerweile auch Klöppler – in Ostrau an der Eger zum Erfahrungsaustausch. Heuer trafen sie sich bereits zum 8. Internationalen Klöppler-Symposium im Erzgebirge, diesmal allerdings im Schloß in Oberleutensdorf/Litvínov. Das reichhaltige zweitägige Programm über traditionelle Klöppelspitze im modernen Gewand mit Gästen aus Deutschland und der Slowakei zeigte in den Ausstellungsräumen die vielfältigen Möglichkeiten der Anwendung dieses Kunsthandwerks. Experten und Expertinnen tauschten Muster aus, zeigten aber auch der breiten Öffentlichkeit ihre Kunstfertigkeit. Diesmal hatte die Veranstaltung den Charakter eines Volksfestes, denn es wurde gleichzeitig der 30. Jahrestag der Städtepartnerschaft zwischen Olbernhau im sächsischen und Oberleutensdorf im böhmischen Erzgebirge gefeiert. Eine kleine Modenschau stellte Klöppelspitze als Schmuck und modisches Zubehör vor. Anläßlich dieses Treffens war ein 30minütiger Film über die Geschichte des Klöppelhandwerks im Erzgebirge und die heutige Fortführung dieser alten Volkstradition gedreht worden. In deutscher Sprache kann man den Film auf www.youtube.com/@ erzgebirge-krusnohori sehen. Unterstützt wurde diese Veranstaltung vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, dem Bezirk Aussig, den Partnervereinen Oberleutensdorf und nicht zuletzt von der „Erzgebirgs-Zeitung“. Das erzgebirgische Klöppelhandwerk hat eine lange und außergewöhnliche Tradition. Hoffentlich lockt die Schönheit dieser mit eigener Hand angefertigten geklöppelten Erzeugnisse neue Menschen an, die sich für diese Art des Schaffens interessieren, ganz gleich, ob es sich um modisches Zubehör oder Objekte der Raumgestaltung handelt, und bleibt diese Tradition auch für kommende Generationen erhalten.

Maria Theresia um 1772 in Witwentracht mit schwarzer Klöppelspitze und den Insignien der Macht.


HEIMATBOTE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

Bischofteinitz

Ronsperg

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

15 Hostau

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Mit einer besonders starken Abordnung kam der Waldverein Furth im Wald zur Schließung des Böhmischen Brunnens.

Der Männergesangsverein Haltravan aus Klentsch begleitet die Brunnenzeremonie musikalisch.

Marianne Linsmeier und Petr Matjěka schließen den Brunnen symbolisch zu.

Heinz Winklmüller, Marianne Linsmeier, Rudolf Špoták, Petr Matjěka und Viktor Krutina.

Schwarzkopf

Böhmischer Brunnen ist wieder verriegelt Bei herrlichem Wanderwetter hatten sich am ersten Novembersamstag rund 250 Wanderer von beiden Seiten der Grenze auf den Weg zum Osthang des Schwarzkopfs gemacht, um dort zum 30. Mal den Böhmischen Brunnen zu schließen und damit die diesjährige Wandersaison zu beenden.

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azu eingeladen hatte der Touristikclub Taus, und vertreten war traditionsgemäß auch wieder der Waldverein Furth im Wald. Der hatte heuer mit mehr als 50 Teilnehmern eine besonders starke Abordnung – unterstützt von den Wanderfreunden aus Viechtach – gestellt und konnte zudem mit einer Besonderheit aufwarten. Neben der Vorsitzenden Marianne Linsmeier waren auch deren Vorgänger Max Christoph und Walter Spieß bei der Veranstaltung dabei, die einmal mehr ein hervorragendes Beispiel für eine gut funktionierende grenzüberschreitende Zusammenarbeit war. Prominenter Gast von der tschechischen Seite war dieses Mal Regionspräsident Rudolf Špoták.

Nachdem der Männerge- ner, der ein ständiger Gast dieser sei der Brunnen nicht zugänglich Schneeschuh-Geher diesen insangsverein Haltravan aus Treffen gewesen war und nach gewesen. Er sprach die Hoffnung spirierenden Ort besuche. Die Klentsch die Schließungszere- seinem überraschenden Tod lei- aus, daß solche Zeiten nicht mehr Veranstaltungen am Böhmischen monie eingeläutet hatte, stell- der das erste Mal fehlte. zurückkommen würden und der Brunnen seien immer etwas Beten die Wanderer fest, daß die Bürgermeister Viktor Kruti- Böhmische Brunnen immer zu- sonderes, wenn sich hier TscheQuelle nicht sprudelte, aber der na bekannte, daß er beinahe den gänglich sein werde. chen und Deutsche träfen, um Steinring noch so gut mit Was- Weg zum Böhmischen Brunnen Kulturreferent Winklmüller die Wandersaison zu beenden, ser gefüllt war, daß der als Ersatz nicht gefunden habe. Er habe im überbrachte die Grüße von Bür- beziehungsweise im Frühjahr zu vorgesehene Karlsbader Becher- Vorfeld bei „Google“ nach dem germeister Sandro Bauer, der im eröffnen. Er zeigte sich glücklich, bitter nicht herhalten mußte. daß man hier grenzüberschreiDer Vorsitzende des Touritend in Freundschaft zusamstikclubs Taus, Petr Matějka, mentreffen könne. hieß die Wanderer bei wunMarianne Linsmeier sprach derbarem Herbstwetter zur einige ihrer BegrüßungsworSchließung des Böhmischen te auch in tschechischer SpraBrunnens willkommen und che und erntete dafür viel Beibegrüßte neben Rudolf Špoták fall. Sie bedankte sich für die auch Tausens Zweiten Bürgerfreundliche Einladung und meister Viktor Krutina und eidie stets gelungene Organisanige Bürgermeister aus umtion dieser Veranstaltung. Sie liegenden tschechischen Gebemerkte, daß der Männergemeinden. Ferner galt sein sangsverein Haltravan auch Gruß dem ehemaligen Leiein Ansporn für die Wanderer ter der Städtischen Wälder, sei, um zu den VeranstaltunJan Benda, der Waldvereinsgen an den Böhmischen Brunvorsitzenden Linsmeier und nen zu kommen. Sie wünschdem Kulturreferenten Heinz Bei der Grünen Hütte kann man seine mitgebrachten Würstl grillen. te allen einen schönen AusBilder: Karl Reitmeier klang bei den nachfolgenden Winklmüller als Vertreter der Stadt Furth im Wald. In einem Zusammentreffen bei der GrüGedenken erinnerte er an Karel Böhmischen Brunnen gesucht Urlaub in Spanien weile. Der Ver- nen Hütte und im Kulturhaus in Bílek, den Begründer der Ver- und dabei erfahren, daß es die- treter der Stadt Furth im Wald Chodau. anstaltungen am Böhmischen sen seit 1901 gebe. In den Jahren ließ wissen, daß er manchmal Anschließend beugten sich Brunnen, und an Franz Thur- 1939 bis 1945 und 1950 bis 1990 auch alleine als Wanderer oder Petr Matějka und Marianne Lins-

meier über den Brunnenring und sperrten mit chodischen Keramikschlüsseln die Quelle symbolisch zu. Danach wurde mit Choden-Tassen Wasser aus der Quelle geschöpft, und Matějka, Linsmeier, Krutina und Winklmüller sowie Regionspräsident Spotak tranken davon. Der Männergesangsverein Haltravan sorgte für die weitere musikalische Umrahmung. Danach marschierten die Wanderer zunächst zur Grünen Hütte, wo für Getränke und Speisen bestens gesorgt war. Leider gab es aber dort kein Bier aus Taus, worauf sich einige Wanderer schon so gefreut hatten. Es gab jedoch andere tschechische Biere. Anschließend wurde zu Fuß in das Kulturhaus nach Chodau aufgebrochen, wo die Veranstaltung mit einem gemütlichen Beisammensein zu den Klängen einer Kapelle und den Liedern des Männergesangsvereins Haltravan ausklang. Einige schwangen dort auch noch das Tanzbein. Die Wanderer aus der Grenzstadt wurden mit dem Bus wieder nach Furth im Wald zurückgebracht. Karl Reitmeier


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

Heimatbote für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstra­ße 21, 83352 Altenmarkt, Tele­fon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl­ @online.de. In­ter­net www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

� Gedanken zum Volkstrauertag

Die Gefallenen der Vertriebenen gehörten nicht dazu Die Kriegsbilder, die wir täglich aus dem Gazastreifen oder der Ostukraine im Fernsehen sehen müssen, erinnern die Älteren an den Zweiten Weltkrieg mit seinen Millionen Gefallenen. Es gab keine Familie, die nicht Söhne und Väter zu beklagen hatte. In den Heimatkirchen wurden Trauergottesdienste abgehalten, die Kirchen waren festlich geschmückt. In einigen Orten gab es Holztafeln, auf denen die Gefallenen verzeichnet wurden.

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den Kämpfen um Budapest verwundet und in das Spital nach Freistadt verlegt worden. Dort ist

der Vertreibung Pfarrer der Diasporagemeinde Echzell in Hessen und Vertriebenenpfarrer der

Festpredigt beendete Pfarrer Anton Rawitzer mit den Worten: „Die Stiebenreither haben unsere Heimatkirche gerettet. Ich übergebe dem Tachauer Pfarrer Holešovský das Gotteshaus zur Benutzung und Betreuung. Nach Psalm 126 sind wir Stiebenreither unter Tränen ausgezogen. Gott hat unser Geschick gewendet. Aus Tränen wurden Samen zur Aussaat. Wir haben Erfolg gehabt, wir konnten von dem wiedererlangten Wohlstand unsere Fruchtgarben einbringen. Mit Jubel sind wir zu unserem Ursprung, der Heimatkirche, zurückgekehrt. Möge diese Kirche ein Haus des Gebetes und der Opferfeier werden. Mit viel Geduld werden aus unserer wiederhergestellten Kirche Glaube und Gottvertrauen auch in den leidgeprüften tschechischen Christen wachsen.“ Eine große Besonderheit für die damalige Zeit war, daß Pfarrer Vladimír Born erlaubte, daß an der rechten Chorinnenwand eine große Gedenktafel für die Kriegsopfer aus der Gemeinde Stiebenreith angebracht wird. Sie trägt den Text: „Möge diese Gedenktafel Mahnung und Hoffnung zugleich sein, daß durch Vernunft und Menschlichkeit Kriege künftig verhindert werden.“ Namentlich sind 17 Gefallene und 14 Vermißte aufgeführt. Auch zweier Frauen wird gedacht, die bei der Bombardierung von Tachau oder durch Artilleriebeschuß des Ortes zu Tode gekommen sind. Der Ort zählte 1938 368 Bewohner, verlor im Zweiten Weltkrieg also fast zehn Prozent seiner Bevölkerung. Gedenktafel oder -steine mit den Namen der Toten des Zweiten

u dieser großen Trauer um die Gefallenen und Vermißten kamen nach dem Mai 1945 die Besetzung durch die Siegermächte, die Wirkung der BenešDekrete und die Zeit der Rechtlosigkeit. Das Jahr 1946 brachte für uns die Vertreibung aus der Heimat und die Zerstreuung der Dorfgemeinschaften über die amerika- Hochaltar und Außenansicht der Herz-Jenische und russische su-Kirche in Stiebenreith. Besatzungszone. Dazu kam für unzählige Ehefrau- er in den letzten Apriltagen 1945 Diözese Mainz. Sein großes Anen und Mütter eine große Unge- seinen Verletzungen erlegen. liegen war, den Gefallenen seines wißheit. Ihre Männer und Söhne Großmutter hatte ein Bild von Heimatdorfes einen Gedenkort waren für vermißt erklärt wor- ihm in der zu geben. Er den. Küche über wählte dafür Diese langen Wochen und dem Sofa das Innere Monate des Wartens, des Hof- aufgehängt. der Stiebenfens und der Unsicherheit quäl- Sie trauerreither Dorften sie. Dann kam die Meldung, te ihr Leben kirche Herz daß Onkel Hans Bär am 20. April lang um ihn. Jesu. Sie war 1945 an der Oder gefallen sei. Messen und 1926 von ArSeine Frau konnte das Leid kaum Andachten chitekt Josef ertragen, sie war dem Selbstmord wurden ihm Schneider nahe. Der Trauergottesdienst bot gewidmet. ans Grün bei ein Holzbrett mit dem deutschen Am Volks- Herz-Jesu-Darstellung über dem Kirchen- Petschau im portal. Kreuz oben, dem Foto des Ver- trauertag neubarocstorbenen in Uniform und dar- wurde in unken Stil erunter dem Namen Hans Bär, ge- serer Pfarrkirche Sankt Johannes baut worden. Doch sie war 1990 boren am 1. Dezember 1912, ge- in Weiden in der Ober­pfalz am dringend renovierungsbedürffallen am 20. April 1945. Viele späten Nachmittag der Gefalle- tig. solche Kreuze standen in Reih nen der Gemeinde gedacht. Auf Pfarrer Rawitzer und seine und Glied an der südlichen Kir- der Kommunionbank war für je- Stiebenreither, angeführt von chenmauer der Pfarrkirche im den Gefallenen der Gemeinde Ortsbetreuer Josef Schmid, beoberpfälzischen Waidhaus, viele ein rotes Licht aufgestellt. Doch schlossen, ihre Kirche zu junge Männer, aber auch 40- und für ihren Anton gab es kein Licht. retten und zu renovieren. 50jährige waren gefallen. Die Vertriebenen waren zwar Pfarrer Rawitzer sammelte Auf den Gefallenendenkma- Mitglieder der Pfarrgemeinde, Geld, das meiste gab er aus len, die dann für „Unsere Hel- aber sie gehörten nicht dazu. Ihr seiner Privattasche dazu. den“ errichtet wurden, suchten Leid nahm sie mit ins Grab. Dann wurde das Dach mit wir vergebens nach den Namen Das wußte natürlich Pfarrer Schiefer neu eingedeckt, der Gefallenen der Vertriebenen. Anton Rawitzer. Er war in Stie- das Turmdach mit KupferDer Sohn Anton meiner Stief- benreith bei Tachau zur Welt blech erneuert, die Außengroßmutter war in gekommen, nach und Innenwände ausgebessert und getüncht. Zuvor war die Erlaubnis von Dekan Vladimír Born eingeholt worden. Am Kirchweihsamstag 1993 war das Werk vollendet, 130 Stiebenreither kamen zum Festgottesdienst. Pfarrer Anton Rawitzer war der Hauptzelebrant, assistiert wurde er von Dechant Vladimír Born, Titelseite der Festschrift zur WiedereinPfarrer der Dekanalkirche weihung der renovierten Heimatkirche. in Haid, Josef Holešovský, Skizze von Pfarrer Anton Rawitzer. Erzdechant von Tachau und Siegfried ­ Wölfl, Stadtpfar- Weltkrieges gibt es derzeit im Die Gedenktafel für die Stiebenreither Opfer des Zweiten Weltkrieges. rer von Bärnau und Dekan des Kreisgebiet nur hier und in Haid. Bilder: Anton Rawitzer und Wolf-Dieter Hamperl Dekanates Tirschenreuth. Die Wolf-Dieter Hamperl

Pater Klaus Kniffki mit Ministranten auf dem Paulusbrunner Friedhof.

� Paulusbrunn

Gräbersegnung Ein weiterer Gedenkstein gilt den jungen Burschen, die 1945 bei Kriegsende durch ein Minenunglück umgekommen waren und im Paulusbrunner Friedhof begraben wurden. Der dritte Gedenkstein ist der Grabstein der Familie Rehmann, der im letzten Jahr im ein Kilometer entferneherzte Mänten Sumpfgebiet ner nahmen sogefunden worden fort nach der Samwar. tenen Revolution Dieses Jahr 1989 den Kontakt übernahm Pazur Gemeinde Grab von vier verunglück- ter Klaus Kniffki Hals/Halže auf ten deutschen Soldaten. vom Missionshaus und baten um ErSankt Peter in Tirlaubnis, sich des alschenreuth in Verten Friedhofs anzutretung des Bärnnehmen. Nachdem auer Stadtpfarrers die Wildnis beseidie Gebete und die tigt und der Boden Segnung der Gräplaniert worden ber. Insbesondewar, sortierte man re wurden in die die auf einen HauGebete auch die fen zusammengeMenschen eingeworfenen Grabschlossen, die in steine und rettete, den gegenwärtiwas noch zu ret- Grab von Anna und Johann gen Kriegen und ten war. Man stell- Rehmann. dem Terror sinnte die Steine in eilos ihr Leben lasner Reihe auf. Das sen müssen. Hauptkreuz wurde Ferdinand Zwesaniert und in eirenz, der Kümner kleinen Anlamerer vom Friedge in der Mitte aufhof, wie er genannt gestellt. Der proviwird, begrüßte Pasorische Zaun hielt ter Kniffki und den Angriffen der dankte ihm, diewilden Tiere nicht sen Friedensdienst stand. Mit Förderzu übernehmen. geldern der EureIngrid Leser dankgio wurde ein sta- Grab eines hinterrücks er- te am Schluß allen, biler Zaun gebaut, schossenen Tschechen. die gekommen wadas Gelände jeren. Und das seidoch etwas verkleinert. en diesmal sehr viele. Sie freue Heute ist der Friedhof ein Ort sich, daß so viele Paulusbrunder Ruhe und Meditation gewor- ner Nachfahren und deren Kinden, eine Stätte des Gedenkens. der dabei seien, was zeige, daß Diese suchen inzwischen vie- die Heimat nicht vergessen sei le Tschechen und Deutsche auf. und das Andenken der Ahnen Das bezeugt das dort aufgelegte beispielhaft, im Gegensatz zum Gästebuch. heutigen Trend, aufrecht gehalEinmalig entlang der Grenze ten werde. Ebenso zeige dies, ist wohl auch, daß der Pfarrer des daß auch die Arbeit derer gedeutschen Nachbarortes Bärnau schätzt werde, die sich ständig seit der Wende an Allerheiligen um den Friedhof kümmerten. Lealljährlich über die Grenze zum ser dankte auch der Gruppe aus Paulusbrunner Friedhof geht, um Hermannsreuth, die das Mäfür die dort ruhenden Toten zu hen und alle technischen Arbeibeten und den Ort zu segnen. ten übernimmt, sowie den beiden Im vergangenen Jahr waren über 90jährigen Damen, die sich wieder drei neue Gedenkstei- mit Ferdinand Zwerenz um die ne errichtet worden. Einer dient Blumen kümmern. der Erinnerung an einen jungen Die Herbstsonne tauchte die Tschechen, der 1952 von Kame- Laubbäume in leuchtende Farraden erschossen worden war. ben und versetzte sie in eine beEr war wahrscheinlich der letz- sondere Stimmung. Diese ließ te Tote, der im Paulusbrunner viele bis zum Einbruch der DunFriedhof die letzte Ruhe fand. kelheit verweilen. dr Die „Bärnauer Paulusbrunner“ waren wohl die Ersten, die nach der Wende wagten, über die Grenze zu gehen und den Ort des heimatlichen Friedhofs, der zur Wildnis verkommen war, wieder zu roden und zu einem Ort des Gedenkens zu machen.

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Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

Heimatkundliches Mitteilungsblatt für die Vertriebenen aus dem Isergebirge/Organ des Gablonzer Heimatkreises e.V. Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail isergebirge@sudeten.de

Eine Reise zu den Wurzeln von Polauns Ortsbetreuer – Tag 2

Die Siedlung Klein Iser

Bei sonnigem Wetter beginnen wir unsere Wanderung auf dem großen Parkplatz oberhalb der Ortschaft. Wir entscheiden uns für den Weg auf den Buchberg (Bild oben). Der 1005 Meter hohe Vulkankegel ist der markanteste Berg des Gebirges und liegt an der Mündung der Kleinen Iser in die Iser. Der Basaltgipfel mit seinen spezifischen klimatischen Bedingungen ist ein Rückzugsgebiet für Vögel und seltene Pflanzen- und Insektenarten und seit 1960 als Naturreservat geschützt. Außerdem bietet er eine wunderbare Aussicht auf Klein Iser (Bild rechts).

In der Ferne sehen wir den Sieghübel und ganz rechts, verdeckt, die höchste Erhebung des Isergebirges, die 1124 Meter hohe Tafelfichte. Der auch König des Isergebirges genannte Berg liegt südlich von Neustadt an der Tafelfichte und ist dessen Hausberg. Über die Ostseite des Gipfelplateaus verläuft die Grenze zwischen Polen und Tschechien. Der Berg erhielt seinen Namen von einer einst mächtigen Fichte bei Grenzstein 111, an die Wallenstein 1628 sein Wappen (als Tafel) nageln ließ. Diese Fichte wurde im Jahr 1790 durch einen Sturm entwurzelt.

Wir steigen ab Richtung Gasthaus zur Pyramide. Durch die Übernachtungsmöglichkeiten ist das Gasthaus idealer Ausgangspunkt für Wanderungen und im Winter Skilanglauftouren auf den gespurten Loipen der Isergebirgsmagistrale . Dann werden auch der Salon mit Kamin und die Sauna sehr genossen. Berühmt ist das Gasthaus auch für seine traditionellen Spezialitäten wie Heidelbeerknödel oder Saure Riesengebirgssuppe.

Weiter geht unser Weg zur Alten Schule, die heute als Museum genutzt wird. Im Inneren befinden sich unter anderem ein Glasschmelzofen in Miniatur, typische Isergebirgshäuser und das bekannte Misthaus des Weltenbummlers Gustav Ginzel sowie alte Werkzeuge, ein Rennwolf und vieles mehr aus den Anfängen der Siedlung Klein Iser. Bilder: Hans Pfeifer

Danach gehen wir weiter Richtung Wittighaus am Misthaus vorbei, das nach dem Brand wieder neu aufgebaut wurde. Ein Bruder von Gustav Ginzel war zufällig beim Misthaus. Nach einem kurzen Gespräch setzen wir unseren Weg fort. Wir gehen bis zur Brücke, die über die Kleine Iser (Bild) führt. Unser Rückweg fürt auf dem Lehrpfad „Drei Iserine“ entlang der Kleinen Iser, in der Iserine und Saphire zu finden sind.

Weiter geht es vorbei an der ehemaligen Riedel-Glashütte und am Herrenhaus (Bild) Richtung Parkplatz. Links vom Herrenhaus sieht man im Hintergrund die Riedel-Glashütte. Diese (kleines Bild) wird heute als Sporthalle für verschiedene Sportarten genutzt. Das Herrenhaus gehörte früher zur Riedel-Glashütte.


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ISERGEBIRGS-RUNDSCHAU • STERNBERGER HEIMAT-POST

Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

WIR GRATULIEREN – STERNBERG Mährisch Neustadt. Zum

Die Bezirksvorstandschaft besucht das Isergebirgs-Museum (von rechts nach links): Edmund Schiefer (Bezirksobmann), Günther Mayer, Kriemhild Heller, Anton Schön, Hannelore Herrmann, Thomas Bielo und Dr. Thomas Jahn.

SL-Bezirksvorstand Schwaben besucht Isergebirgs-Museum

Besuch empfehlenswert Die neue Vorstandschaft der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Schwaben tagt in Neugablonz und besucht das Isergebirgs-Museum.

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or kurzem traf sich die neu gewählte Vorstandschaft der SL-Bezirksgruppe Schwaben zu ihrer konstituierenden Sitzung in Kaufbeuren-Neugablonz. Nach der Totenehrung und der Vorstellung der neu gewählten Vorstandsmitglieder der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL) präsentierte der neu gewählte Bezirksobmann Edmund Schiefer (Mindelheim) seine Ziele für Schwaben. Neben

der intensiveren Betreuung der regionalen Sudetendeutschen Verbände (Orts- und Kreisgruppen) möchte Schiefer auch einen Schwerpunkt in der Zusammenarbeit mit Schulen und Museen setzen. Der neue Bezirksobmann sieht die Notwendigkeit eines Gleichklangs zwischen der Erinnerung an die alte Heimat, an die Vertreibungsverbrechen, an die Aufbauleistung der Sudetendeutschen in Schwaben und der Fortsetzung des Versöhnungs- und Dialogprozesses mit Ansprechpartner in Tschechien. Zum Abschluß der Tagung führte das ebenfalls neu gewähl-

te SL-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Jahn seine Vorstandskollegen durch die Ausstellung des Isergebirgs-Museums in Neugablonz. Jahn ist als Vorsitzender des Heimatkreises Gablonz gleichzeitig auch Mitglied des Stiftungsrats des IsergebirgsMuseums. Die Bezirksvorstände zeigten sich beeindruckt von der Größe und der Professionalität der Ausstellungsfläche, so daß Bezirksvorstand Edmund Schiefer abschließend resümierte: „Alle, die an der Geschichte der Sudetendeutschen interessiert sind, ist unbedingt ein Besuch des Isergebirgs-Museums in Neugablonz zu empfehlen.“

Geburtstag im Dezember gratulieren wir am 1. Gerlinde Fischer/Roller (Schillerplatz) zum 92. in Freiberg und Sonnhild Reiter/Uhrner (Stadtplatz) zum 91. in Nürnberg; 2. Helga Brenner/Jakubek (Müglitzer Gasse) zum 83. in Darmstadt-Eberstadt und Ingrid Weis/Kral (Untere Alleegasse) zum 83. in Hohenstein; 3. Anni Muth/Kristen (Schwabengasse) zum 91. in Selters; 4. Anneliese Zens/Mücke (Siedlung) zum 92. in Hohenstein-Hennethal und Dieter Maly (Müglitzer Gasse) zum 83. in München; 5. Heribert Hornischer (Schillerplatz) zum 87. in Heilbronn; 8. Hildegard Stetter/Czapka (Mittelgasse) zum 93. in Pforzheim und Marie Hochwald/Husarek (Schönberger Gasse) zum 91. in Klosterlechfeld; 9. Sigrid Lichtenthäler/Petsch (Euglgasse) zum 79. in Wiesbaden; 10. Elisabeth Steidl/Metelka (Flurgasse) zum 88. in Heidenheim; 11. Edith Rabenseifner/Dobisch (Goeblgasse) zum 83. in Oberstdorf und Doris Bekker/Falz (Wallgasse) zum 82. in Griesheim und Edda Stach/ Knieknecht (Krankenhausgasse) zum 81. in Hattersheim; 12. Klaus Altrichter (Sternberger Gasse) zum 82. in Krumbach;

14. Hedda Ward/Tschampa (Fronfestgasse) zum 85. in Ilkley (Yorkshire/England); 15. Martha Tutsch/Fischer (Schwabengasse) zum 96. Bad Camberg und Ursula Sumper/ Heidenreich (Goeblgasse) zum 82. in München; 16. Hermine Maul/Falz (Wallgasse) zum 97. in Stockstadt und Adolfine Heider/Heger (Obere Alleegasse) zum 84. in Kelkheim; 17. Horst Matzek (Herrengas-

Sobals es kalt wurde und der Teich im Park zugefroren war, tummelten sich dort die Eisläufer. se) zum 84. in Taunusstein und Hannelore Guard/Sliwa (Schönberger Gasse) zum 82. in NeuIsenburg; 18. Hermann Heiger (Untere Alleegasse) zum 87. in Weinbach; Christine Rielinger/Niesner zum 81. in Garbsen und Wolfgang Bunde (Olmützer Gasse) zum 80. in Aurich;

Im Sudetendeutschen Archiv

Vertreibungskiste

WIR GRATULIEREN – ISERGEBIRGE Dessendorf. Wir gratulieren im Dezember zum 82. Geburtstag am 15. Gustav Mattauch in Michendorf. Friedrichswald. Zum Geburtstag gratulieren wir im Dezember zum 92. am 12. Hilde Löffler/Pilz; 79. am 11. Gisbert Heinrich; 84. am 31. Erika Jäger/Scholze in Kaufbeuren. Gablonz. Zum Geburtstag gratulieren wir im Dezember zum 89. am 18. Hannelore Olbrich/ Spiegler (Jägergasse 29) in Bad Honnef; 85. am 24. Christa Reichert/ Machalitzky (Mozartgasse) in Nidderau; 80. am 20. Edith Wessely/Schier in Schwäbisch Gmünd und am 9. Dr. Walter Ulbrich (Korngasse 10) in Puchheim. Josefsthal. Wir gratulieren zum Geburstag im Dezember zum 91. am 3. Christel Pichl/ Schmidt in Neugablonz und am 7. Erika Landsgesell/Posselt (Posselt-Schuster) in Neugablonz. Kukan. Im Dezember gratulieren wir herzlich zum 83. Geburtstag am 1. Lieselotte Kienbacher/Müller in Walldürn. Neudorf. Im Dezember gratulieren wir zum 89. Geburtstag am 5. Werner Erlebach in Leinatal;

84. Geburtstag am 22. Werner Zappe in Neuenburg. Lautschnei. Wir gratulieren im Dezember zum 88. am 16. Gretl Dressler/ Streckel in Kaufbauren-Neugablonz. Reichenau. Im Dezember gehen unsere herzlichsten Glückwünsche zum 94. am 24. an Erika Mang/ Schlenz in Kaufbeuren; 91. am 21. an Herbert Selbitschka in Wernigerode; 86. am 13. an Elvira Lindner/ Preissler in Kersbach. Seidenschwanz. Im Dezember gratulieren wir zum 88. am 26. Ingrid Klemm/ Sandner in Neugablonz und am 13. Christa Bihr/Kittel; 79. am 12. Christa Widmann/ Hofrichter; 83. am 5. Peter Rudel. Thomas Schönhoff Polaun. Wir gratulieren allen Polaunern, die im Dezember geboren sind, auf das Herzlichste zum Geburtstag. Hans Pfeifer Schwabenstraße 11 87668 Rieden Telefon (08346) 98 23 69 Labau-Pintschei. Die Ortsgemeinschaft gratuliert im Dezember zum 95. am 29. Inge Krause/Steckbauer in Dobel; 93. am 4. Lieselotte Seibt/Kiesewetter in Warmensteinach; 86. am 12. Christl Pazderka/

Hübner in Kaufbeuren-Neugablonz und am 19. Maria Swarovsky/Höfele in Germaringen; 85. am 24. Hermann Schrimpl in Eching; 84. am 16. Adolf Glaser in Schwäbisch Gmünd und am 19. Gerda Taylor/Theileis in Tucson (Arizona/USA); 82. am 3. Walter Theileis in Coswig; 81. am 16. Dieter Reichenbach in Köln; 79. am 31. Barbara Kastenbein/Glaser in Horn-Bad Meinberg; 77. am 3. Dr. Klaus Grünwald in Emtmannsberg und am 6. Gert Piwernetz in Strullendorf; 76. am 4. Ingrid Zasche in Kaufbeuren-Neugablonz; 72. am 27. Dr. Walter Gruber in Fridolfing; 70. am 21. Helmut Fischer in Kaufbeuren; 66. am 11. Ingrid Tomesch-Liebau in Burglauer. Hans Theileis Ortsbetreuer Dalleschitz. Wir gratulieren zum 100. am 2. Dezember Traudl Wagner/Piwernetz in Burgheim. Hans Theileis Ortsbetreuer Schumburg-Gistei, Unterschwarzbrunn. Die Ortsgemeinschaft gratuliert zum 91. am 3. Gabriele Neuwirth/ Feix in Karlsruhe; 80. am 13. Manfred Pfeifer in Hoyerswerda. Hans Theileis Ortsbetreuer

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m Sudetendeutschen Archiv befindet sich mit der Inventarnummer 645 diese Vertreibungskiste des Dr. Hans Röthel. Bis zur Vertreibung im Herbst 1945 lebte er mit seiner Frau Berta und zwei Töchtern in der Olmützer Gasse in Sternberg. Das Inventarblatt beinhaltet außerdem die Informationen, daß Hans Röthel nach der Enteignung nach Oskau beordert wurde, um dort die Bevölkerung ärztlich zu versorgen. Am 17. Oktober 1946 wurde die Familie ins Aussiedlungslager Stefanau bei Olmütz transportiert und von der im Viehwagon Nr. 20 über Prag und Furth im Wald nach Bayern. Laut Flüchtlingsausweis fand er gegen Ende November 1946 zunächst Aufenthalt in Ernsgaden im Kreis Pfaffenhofen an der Ilm. Von September 1948 bis Dezember 1957 lebte die Familie in Jetzendorf, ebenfalls im Kreis Pfaffenhofen. Dort eröffnete Dr. Röthel nach langem Kampf um eine Wohnung wieder eine Arztpraxis. Mit dem Übergang in die Rente zog die Familie nach München um, wo Hans Röthel 1961 starb. Die Kiste wurde im März 2000 dem Sudetendeutsche Archiv übergeben. KH

Labau-Pintschei. Wir trauern um unsere verstorbenen Heimatfreunde: Ingeborg Fischer/Kraus, geboren am 11. Mai 1927, starb am 7. Oktober im Blattneiweg 13, 87600 KaufbeurenNeugablonz im Alter von 96 Jahren. Josef Nosswitz, geboren am 27. September 1931, starb im Alter von vermutlich 92 Jahren, in der Waldauer Straße 43 in 73527 Schwäbisch Gmünd. Margit Wetschernik/Schubert, geboren am 26. Mai 1925, starb im Alter von 98 Jahren am 12. Oktober im

Vertreibung „Krieg verloren“, vernehmen die Ohren. Das Land ist zerstört, viele Klagen man hört. Gefangen die Krieger, es lachen die Sieger. Besetzen das Land, ich sehe den Brand. Belastet mein Herz mit stechendem Schmerz. Gewalt ließ Liebe erkalten, ein Gott ließ dies walten. Sogar Frauen weinen an jedem Ort, spüren Gewalt immerfort. Soldaten plündern von Haus zu Haus, werfen oft die Menschen raus. Sie stehlen das Pferd direkt im Stall, man hört ihre Schreie überall. Wohin soll man gehen nach diesem Geschehen? Verlassen die Häuser, einsam die Stadt – glücklich, wer noch Frieden hat. Es wird verhaftet, vertrieben, o Graus; zwingt viele zu verlassen den Stall, das Haus. Verfrachtet die Menschen in eine Bahn, dies hat der Feind mit uns getan. Nach ein paar Tagen, dies muß man sagen, kam die Grenze in Sicht, Erleichterung, ein Hoffnungslicht. Man hat uns erwartet und Hilfe gestartet, ein Lager gefunden nach traurigen Stunden. Man kann wieder schlafen nach dieser Zeit, das Böse wurde Vergangenheit. Gerhard Hampel

WIR BETRAUERN – STERNBERG

TERMINE

Einoth. Ida Lindner/Kreisel, geboren am 16. Februar 1925 in Einoth starb am 7. September im gesegneten Alter von 98 Jahren. Um sie trauert Sohn Franz, dem wir unsere herzliche Anteilnahme aussprechen.

Samstag, 18. November, 20.00 Uhr, Mauke – Die Band: „Ohne Untertitel“. Uraufführung des neuen Programms des Gablonzer Mundartkabaretts in Blonhofen, Stadltheater im Gasthaus Zitt, Ortsstraße 33, 87662 Kaltental. Einlaß ab 18.30 Uhr. Kartenvorverkauf bei Optik Cordella in Neugablonz, Neubaugasse 2. Sonntag, 19. November, 18.00 Uhr, Mauke – Die Band: „Ohne Untertitel“. Neues Programm des Gablonzer Mundartkabaretts in Blonhofen, Stadltheater im Gasthaus Zitt, Ortsstraße 33, 87662 Kaltental. Einlaß ab 16.30 Uhr. Kartenvorverkauf bei Optik Cordella in Neugablonz, Neubaugasse 2. Mittwoch, 22. und Samstag, 25. November sowie Samstag, 2. Dezember, jeweils 10.00–11.30 Uhr, Isergebirgs-Museum Neugablonz: Kreativ-Werkstatt für Kinder. Passend zur Jahreszeit wird gebastelt. 3 Euro Materialkosten. Anmeldung: Telefon (Dienstag bis Sonntag ab 12.30 Uhr) (0 83 41) 96 50 18, eMail verwaltung@isergebirgs-museum.de

WIR BETRAUERN – ISERGEBIRGE Gablonz. Nach langer Krankheit starb am 17. Oktober in Neugablonz Renate Hübner/Müller aus der Hochstraße 46 im 85. Lebensjahr. Am 19. Oktober starb in Kaufbeuren Irene Huber/Papritz aus der Bartelberggasse 23 im Alter von 87 Jahren. Herzliches Beileid ihrem aus Polaun stammenden Gatten Gerhard mit Familie. In Kaufbeuren-Neugablonz starb am 16. Oktober Alfred Brosche im Alter von 86 Jahren, betrauert von seiner Gattin Erika mit Kindern.

19. Brunhilde Walter/Frieb (Mittelgasse) zum 90. in Hünstetten; 20. Anna Wett/Skiwa (Obere Alleegasse) zum 92. in Naumburg und Walter Winkler (Untere Alleegasse) zum 85. in Braunfels; 21. Inge Weyrich/Pavlat (Wallgasse) zum 84. in Bad Camberg; 22. Otto Gall (Gartenstraße) zum 96. in Schwalbach am Taunus; 23. Miroslaw Kleibl (Wallgasse) zum 89. in Ulm; 24. Martha Geitl/Wanek (Olmützer Gasse) zum 96. in Grünberg und Hertha Meurer/Dittrich (Lange Gasse) zum 87. in Hadamar; 25. Heidi Fuhrmann (Mugrauer Gasse) zum 83. in Magdeburg, Herbert Schübl (Theoderichstraße) zum 82. in Wernigerode und Doris Chlupaty (Schönberger Gasse) zum 81. in München; 26. Maria Müller (Euglgasse) zum 89. in Wien (Österreich); 27. Ernestine Klier/Parsch (Goeblgasse) zum 85. in Ebersdorf; 28. Waltraude Petri/Michalek (Siedlung) zum 94. in Neu-Isenburg und Margarethe Brunner/ Nowak (Schönberger Gasse) zum 85. in Langenbruck; 31. Ivo Schötta (Müglitzer Gasse) zum 90. in Waldkirch und Ursula Schertler (Kirchenplatz) zum 84. in Madrid (Spanien). Sigrid Lichtenthäler Ortsbetreuerin

Riederlohweg 12, 87600 KaufbeurenNeugablonz. Hans Theileis Ortsbetreuer Unter-Schwarzbrunn. Im 99. Lebensjahr verstarb am 12. Oktober in Neugablonz Margit Wetschernik/ Schubert (Schubert-Laden), betrauert von ihrer Schwester Elvira Lang mit Familie. Thomas Schönhoff Marschowitz. Wir trauern um unsere Heimatfreundin Margit Eisner/Ullmann, geboren am 30. Novem-

ber 1933. Sie starb im Alter von 89 Jahren bereits am 16. April dieses Jahres in der Schulstraße 3 in 84539 Ampfing. Hans Theileis Ortsbetreuer Grünwald. Zu Hause in Gablonz, Gartenstraße, starb am 4. November Karel Vogt. Er stammte aus der Vogt-Bauer-Familie in Grünwald und schrieb früher oft Artikel für die Isergebirgs-Rundschau. Die Trauerfeier fand am 13. November in der Reinowitzer Kirche statt. Thomas Schönhoff


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

Heimatblatt für den Kreis Sternberg in Mähren (einschl. Neustädter Ländchen) Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail sternberg@sudeten.de

Von Mährisch Neustadt in die Umgebung

Im Kalender Unicovsko von 1999 findet man dieses Bild mit dem Ausblick vom Bradelstein.

Per Rad oder zu Fuß Heute führt uns Herbert Bartusch in die Umgebung von Mährisch Neustadt. Wir geben seine Erinnerungen gekürzt weiter, sicher wecken sie liebe Erinnerungen.

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on den Dörfern in der Umgebung wurden Pirnik und Salbnuß gerne als Endpunkte für Spaziergänge aufgesucht. Dort wie hier standen je zwei Gasthäuser zur Aufnahme der Gäste bereit: dort Gabriel und Seuchter, hier das Gasthaus des Erbgerichtes mit dem Pächter Dubowy und das Gasthaus Lang. Alle verfügten über schattige Gärten. Um in die beiden Dörfer zu gelangen, brauchte man nicht die staubige Landstraße zu benützen. Nach Pirnik führte ein schöner Fußsteig neben der Straße, von der er durch Grundwassertümpel getrennt war. Diese waren durch den Aushub der für den höher gelegenen Straßendamm notwendigen Erdmassen entstanden und wurden später durch die Entwässerungsanlage der Felder trocken gelegt. Allerlei Lebewesen hielten sich in diesen Tümpeln, und oft beobachteten die Jungen, auf dem Bauche liegend, die Schnecken. Salamander, Frösche und deren Laich und Kaulquappen, Blutegel und die über den Wasserspiegel hinweg flirrenden Wasserjungfern. Nach Salbnuß konnte man entlang der Schußallee, quer über die Rennwiese, über das Fluder bei der Schwimmschule oder bei schlechtem Wetter auf dem Gehweg entlang des Mühlgrabens zur Ziegelmühle und dann auf der Straße gelangen. Für die Männerwelt gab es in vielen Gasthäusern der Stadt, „Zum Feuerwehrmann“, „Zum Tiroler“ und „Zum goldenen Faß“ in der Müglitzer Straße, „Zum roten Frack“, „Zum goldenen Lamm“ und in den beiden Orten Kegelbahnen zur Verfügung. Die Kugeln rollten den ganzen Nachmittag. Die Kegel fielen, und die Kegeljungen riefen: „Alle Neune!“, wenn einmal ein Prachtschub gelungen war. Bis spät am Abend hörte man das Rollen der Kugeln und das Kollern der Kegel. Wohl führten die Feldwege nach Dittersdorf und nach Einoth und zum „Alten Teich“, aber für Spaziergänge waren die Orte zu weit, und der gespenstische „Alte Teich“ wurde lieber gemieden. Mitten in der Ebene, vom Walde weit entfernt, lag die Stadt, arm an Umgebung und bot doch, von welcher Seite man immer kam, einen schönen Anblick. Ersatz für mangelnde Umgebung boten die bei den meisten Häusern, selbst im Innern der Stadt, befindlichen Gärten, die mit aller Liebe und Sorgfalt gepflegt wurden. Heimatstadt, du bliebst das Landstädtchen inmitten fruchtbarer Äcker, duftender Wiesen, Mittelpunkt der Dörfer ringsum. Der nächste Wald war die Doberei, der Laubwald in den Nie-

derungen der March südlich der Stadt. Lohnende Ziele dort waren der Wald selbst, das Wächterhaus an der Strecke Olmütz— Hohenstadt—Böhmisch Trübau—Prag, Neuschloß und die Sehenswürdigkeiten in seiner Umgebung: Freundschaftstempel, Teufelsbrücke, Rittersaal, die Lautscher Tropfsteinhöhlen, das Heilige Brünnl, das Schwarze Kreuz. Der Weg dahin führte am Friedhof vorüber, auf staubiger Landstraße an der „Steinern Brücke“, die gar keine Brücke war, vorbei nach Strelitz. Über den „Hirschenhübel“ hinweg führte der Waldweg, der nicht verlassen werden durfte, zum Wächterhaus. Dort hatte der Bahnwächter Bier, Sodawasser, Olmützer Quargeln mit Butterbrot bereit, was alles nach der Wanderung vortrefflich mundete. Am Waldrand ließ man sich nieder, atmete die frische Waldesluft und ruhte sich von der Wanderung und von der Arbeit der Woche aus, um am Abend wieder den Heimweg anzutreten. Konnte man das Wächterhaus an einem Sonntagnachmittag erreichen, so mußte man nach Neuschloß schon früher aufbrechen, um auch noch Zeit zum Ausruhen und für die verschiedenen Sehenswürdigkeiten zu haben. In die Doberei gingen auch die Frauen der Taglöhner und vieler Arbeiter und sammelten dürres Holz. Hieher wanderten die Pilzsucher, um die Stein- und Butterpilze und die Rotkappen zu brechen. Da sie dabei die Wege verlassen mußten, kamen sie häufig mit dem Heger in Streit, der gar oft die Pilze mit den Füßen zertrat und den Frauen das gesammelte Holz wegnahm. War aber eine Hocke glücklich und vom Heger unbemerkt gebunden, wurde sie auf den Rükken geladen und auf stundenlangem Wege bei brennender Hitze und auf staubiger Straße nach Hause getragen. Manche Mutter schaffte auf diese Weise den Brennvorrat für den Winter heim. Auf einsamer Höhe stand westlich der Stadt mitten in den Feldern ein kleines Kirchlein. Man mußte über Meedl bis zu dem aufgelassenen Eisenbergwerk an der Straße, die nach Mährisch Aussee führte, wandern und dann nach links auf einen Feldweg abbiegen. Hier gelangte man zu der dem heiligen Rochus geweihten Kapelle. Einmal im Jahre war diese Kapelle das Ziel vieler Prozessionen und Besucher. In der Woche um den 16. August war diese Kapelle ein Wallfahrtsort, zu dem viele Andächtige von weit und breit wallten und ihre Bußandacht verrichteten. Barfuß, die Schuhe zusammengebunden und über die Schulter gehängt, um den Hals den aus gefärbtem Biskuit gebackenen Rosenkranz aus roten, gelben oder blauen Kugeln, so kamen die Pilger wieder heim. Auf den Feldern, die sich von

Mährisch Aussee aus den Hügel hinauf erstreckten, standen viele Verkaufs-, Schank- und Tanzbuden. Schiffschaukeln, Ringelspiele und Schießbuden hatten sich dazu gesellt. Viele Wanderer eilten an den beiden Sonntagen dieser Woche hierher, um dabei gewesen zu sein und vielleicht auch dem Städtchen und seinem Schloß mit dem jagd- und forstwirtschaftlichen Museum einen Besuch abzustatten. Sonst war Mährisch Aussee wohl für eine Wanderung zu weit und die Straße zu staubig. Höchstens daß sich einige Radfahrer zusammentaten, um einen Ausflug dahin zu unternehmen, dem die „Berge“, Ausläufer des Hohen Gesenkes, allerlei Schwierigkeiten bereiteten. Wenn man auf dem Feldwege, der beim Hundsteiche aus der Stadt hinausführte, über die Eisenbahn weiter wanderte, verlor sich zwar der Fahrweg auf den Wiesen, aber ein Fußpfad führte durch diese weiter nach Deutschlosen und dort hinter den Lehmmauern der Bauerngärten auf die Straße nach Treublitz. Beinahe durch das ganze Dorf mußte man gehen, bis man nach rechts

Reschner Wasserfall. auf die Straße nach Markersdorf abbiegen konnte. Nach ungefähr 500 Metern zweigte beim Treublitzer Kreuz ein Fahrweg ab, führte durch eine Eisenbahnbrücke, ging entlang der Strecke weiter und mündete bei der Haltestelle in die Strecke Markersdorf—Lepinke—Veleborz. Schon von weitem grüßte der Bradelstein (siehe rechts), das Ziel der Wanderung. Nun stand er zum Greifen nahe, aber noch immer dauerte der Aufstieg eine Stunde. Wenn man der weißen Spitze der rot-weißen Markierung folgte, konnte man nicht fehl gehen. Eine herrliche Aussicht lohnte die mehr als zweistündige Wan-

derung. Zur Heimkehr wurde dann der Zug benutzt, oder man war mit dem Rade gefahren, das man in der Restauration unweit der Haltestelle aufbewahrt hatte. Wenn am Sonntag mittags das Züglein die steile Strecke herauf gekeucht war und gehalten hatte, strömten viele Neustädter dem nahen Fichtenwalde entgegen. Sie suchten im Pfarrwalde, auf den Pfarrwiesen, in der Bastei oder sonstwo Erholung, Ruhe und frische Waldesluft. Wollte man aber wandern, dann stieg man auf den Bradelstein, wanderte nach Steine, tanzte ein wenig in Günthers Gasthaus und marschierte abends von dort nach Deutsch Liebau oder unmittelbar vom Bradelstein dorthin, von wo am Abend die Heunfahrt angetreten wurde. Die Wanderungen zum Reschner Wasserfall und in den Welschgrund, von hier nach der Eulenburg konnten in einem halben Tage nicht bewältigt werden. Zunächst war die Entfernung auch bei Benützung aller Abkürzungen nach Salbnuß und des Lindenweges nach Langedorf sehr weit, und dann gab es am Abend keine Fahrgelegenheit zurück in die Stadt. Immerhin waren es lohnende Ziele und wurden trotz ihrer Entfernung doch auch ab und zu angestrebt. Was soll ich noch von Ausflügen berichten? Zu reichhaltig das Gebirge im Osten und Norden der Stadt, um nur einen Bruchteil der Möglichkeiten anführen zu können. Die Eisenbahn führte überall in das Herz des Gebirges: von Mährisch Schönberg nach Zöptau und Winkelsdorf mit den vielen Wanderungen von jeder einzelnen der an der Strecke liegenden Haltestellen oder Stationen. Im Gastgarten von Neuschloß.

Heute stehen wir auf dem Bradelstein und schauen uns rundum die Heimat an.

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och im Nordosten erhebt sich der Zug der Hohen Haide, zu dem auch unser Bradelstein gehört. Unterbrochen vom Berggeist, jenem Passe, über den hinweg die Straße von Mährisch Schönberg nach Römerstadt führt. Er erhebt sich im Bradelstein 601 Meter, wird dann immer niedriger und fällt zur March hin steil ab. Der genaue Südpunkt ist die Pfarrkirche von Meedl, die mit ihrem stumpfen Turme weithin sichtbar ist. Aber blicken wir vom Bradelstein aus nach Norden. Da ist das Hohe Gesenke zu sehen, die Hohe Haide, der Tote Mann. Zu unseren Füßen liegt das längste Reihendorf unserer Heimat, Deutsch Liebau, das sich mit dem Nachbardorfe Böhmisch Liebau beinahe acht Kilometer im Tal hinzieht. Jetzt schweifen unsere Augen nach Nordwesten und bemerken einen Turm. Es ist der Grenzpfahl dreier Länder, der Spieglitzer Schneeberg. Auf dem Grenzstein steht: „GG – MM – KB“ = Grafschaft Glatz, Markgrafschaft Mähren, Königreich Böhmen. Dort entspringt auch der Hauptfluß unseres Heimatlandes, die March. Wenden wir uns nun gegen Westen. Hier sind die drei Gemeinden Rohle, die größte, dann Nebes und Steine. Schweift unser Blick nach Südwesten, öffnet sich das Marchbecken und hinter ihm die Berge des Böhmisch-mährischen Höhenzuges. Müglitz grüßt mit seinem Kirchturm, Mährisch Aussee mit Schloß und Kirche. Nun Nordsüd: Hier liegen die beiden tschechischen Dörfer Lepinke und Pissendorf, anschließend ist die Meedler Pfarrkirche zu sehen. Dann die Marchebene mit dem Doubrawa Walde, der „Dobrei“, wie man sie gerne nennt. Am Rande des riesigen Laubwaldes, hinter Meedl, liegt Königlosen. Und hinter dem Walde, da liegen die reichen Dörfer der Hanna mit ihren Türmen, Kirchen und Rathäusern: Olmütz, Littau und Mährisch Neustadt. Olmütz hat die beiden anderen überflügelt, sein Dom und der Juliusberg mit der Michaelskirche beherrscht das Stadtbild. Das zweite reiche Dorf ist Littau. Und vor dem Walde noch die Orte Strelitz, Einnoth, Dittersdorf. Von Markersdorf führt die Straße nach Treublitz. Und hinter Treublitz liegt das kleine Deutsch-Losen, weiter östlich Schröffelsdorf. Nun sind wir in

den Auen der Oskawa: Aichen, Salbnuß, Pirnik. Dazwischen zwei Ziegeleien, in deren Lehmlagern schon mancher vorgeschichtliche Fund gemacht wurde, der sich dann im Museum von Mährisch Neustadt befand. Dann zwei „Berge“: der SilberBerg bei Deutsch-Losen und der Pinker Berg, dessen Eisenbergwerk längst verfallen ist. Das Auge wandert weiter und sieht auf den Heiligen Berg mit seiner viel besuchten Wallfahrtskirche. Im Osten erhebt sich das Niedere Gesenke, das Tal des Trenkbaches mit dem Passeker Grund, das Straleker und Hagensteiner Tal. Im ersteren führt die Straße nach Römerstadt, im letzteren stürzt sich der Bach vom hohen Fels in die Tiefe und bildet den Reschner Wasserfall. Sternberg grüßt mit seiner Kirche und dem Kloster herüber, davor liegen Babitz, Bladowitz und Augezd, letzteres mit seinem weißen stumpfen Kirchturm. Zu beiden Seiten des Trenkbaches stehen die Häuser von Passek und das kleine Haukowitz; Unter- und Ober-Langendorf machen ihrem Namen alle Ehre. In einem Gebirgseinschnitt blinkt ein Fenster der Eulenburg; dieses Schmuckkästchen unter den Burgen gehört dem Deutschen Orden. Das Auge wandert zurück. Da liegen auf dem Abhang des Kreuzbergs Pudelsdorf, darunter Pinkaute, Schönwald und schließlich Markersdorf mit dem Dörfchen Grätz. Der Kreuzberg ist nur elf Meter niedriger als unser Bradelstein und beherrscht das Blickfeld im Osten. Beim genauen Hinsehen bemerken wir auf seinem Gipfel das hohe Steinkreuz, einen Teil des Kreuzwegs, dessen Stationen in Stein gemeißelt von der Kirche des Dorfes Deutsch Eisenberg bis auf dem Gipfel des Berges stehen. Am Fuße des Kreuzbergs liegt Trübenz, ehemals viel besucht wegen seines Wunderdoktors Frieb. Immer höher wird nun das Gebirge und geht in das Hohe Gesenke über. Es schließt sich das Oskauer Tal mit seinen Dörfern Waldheim, Oskau, Friedrichsdorf und Moskelle an, die Orte sind jedoch vom Bradelstein aus nicht zu sehen. Lediglich den Rabenstein erkennen wir. Der Rundblick vom Bradelstein ist beendet. Wir konnten uns von hier oben an der Schönheit der Heimat ergötzen. Aus dem „Neustädter Ländchen“ vom Mai 1943, Verfasser unbekannt, von Sigrid Lichtenthäler leicht gekürzt


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 46 | 17. 11. 2023

Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail zuckmantel@sudeten.de

Sanatorium und Wasserheilanstalt Zuckmantel

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Ausflug auf die Luchskoppe

Wo Kafka kurte

egründet wurde dieses Sana- Kurgäste bestimmten herrlichen torium alsKaltwasserheilan- Park. stalt von dem im Jahre 1887 verIm Kurhaus befinden sich austorbenen Dr. med. Karl Anjel im ßer den Passagier- Zimmern der Jahre 1879. Im Sommer des Jah- geräumige Speisesaal, wo mitres 1889 übernahm durch Kauf- tags gespeist wird, ein DamensaDr. Ludwig Schweinburg die An- lon, ein Billardzimmer sowie eine stalt und die ärztliche Leitung. Bibliothek. Alle diese RäumlichIn den folgenden Jahren nahm keiten sind, wie ganz besonders die Anstalt vor allem durch be- die Wohnzimmer, mit einem kannte Persönlichkeiten des öf- nichts zu wünschen übrig lassenfentlichen Lebens einen solchen den Komfort und mit gediegener Aufschwung und die Frequenz Eleganz eingerichtet. Ganz bederselben wuchs derartig, daß sonders schön und den Bewohimmer wieder neue Zubauten nern jede Bequemlichkeit bieund Umbauten vorgenommen tend, sind die Zimmer im Herwerden mußten. minenhof ausgestattet, und es ist Der bekannte Schriftsteller durchaus nicht übertrieben und Franz Kafka ist mehrfach in der gar nicht zu viel gesagt, wenn Zuckmantler Heilanstalt gewe- behauptet wird, daß der im Stile sen und hat in vielen Briefen dar- deutscher Renaissance gehalteüber berichtet. Welche Prospekte ne, zwei Stock hohe HerminenKafka im Einzelnen studierte, ist hof, besonders was dessen innere nicht überliefert, doch schließlich, im Sommer 1905, konnte er seine Familie von den Segnungen einer Wasserheilanstalt im Waldsanatorium Zuckmantel überzeugen. Zuckmantel, auch das vermutlich ein Tipp seines Onkels, Gesamtansicht des Sanatoriums mit Wasserheilanstalt. schien eine bequeme Kompromißlösung. Räumlichkeiten und Einrichtung Denn einerseits waren die hier betrifft, sich kühn mit den ersten verfügbaren therapeutischen Wiener Hotels messen kann. Maßnahmen eindeutig naturheiVor fast jedem Zimmer befinlerisch orientiert: Der Kurdirek- det sich hier eine Loggia, die es, tor Dr. Ludwig Schweinburg galt weil geschützt, selbst bei regneals Wasser-Spezialist, bot jedoch rischem Wetter gestattet, die von eine ganze Palette weiterer phy- allen Seiten zuströmende arosikalischer Heilmethoden sowie matische Waldluft in vollen Züverschiedene Diäten an. Ande- gen zu schlürfen und sich der rerseits herrschte in Zuckmantel prachtvollen Aussicht in die Redas lockere Regiment konventio- gion der Berge und Wälder zu erneller Kurorte, mit verordneten freuen. Der Komfort in den einSpaziergängen und zwei, höch- zelnen Zimmern und die eleganstens drei Anwendungen täglich, te Ausstattung derselben – edel die genügend Freiraum für ge- und einfach gehalten, ohne jesellschaftliches Leben ließen. de protzhafte und geschmackliDie Anstalt besteht aus dem che Überladung – werden selbst großen Kurhaus (mit 70 Wohn- den verwöhntesten Geschmack zimmern), dem im Mai 1894 voll- befriedigen. endeten Herminenhof (mit 35 Die Kur geschieht in rationelWohnzimmern), den Badesä- ler Weise und nach streng wislen, dem Saale für Heilgymnastik senschaftlichen Grundsätzen. und dem für die Promenaden der Der Standpunkt der rohen Em-

Winter Kaltl is drauß‘n, ‘s ies a rechtigcr Graus, ma kriegt de Hände aus‘n Toasch‘n nie raus. Ei oull‘n Gliedern tut ma‘s spier‘n, de Lelle will goar oa der Gusche gefrier‘n. Ei der Bache kracht ‘s Eis bis zende nonder, bei dar Kälde, do ies doas goar kä Wonder. Die Hunde glutz‘n aus der Hütte raus, nie amol zun Frass‘n giehn se naus. Der Wend heilt, s‘is werklich zun God derboarmen, die Vögla sein goar die Ärmsten der Oarmen, kän Pfardedreck find‘n se ond kä Körnla, käne Vogelbeer‘n ond kä Wärmla. Die Fische eim Woasser mid‘n Schwänzla zoappan, vor Kälde tun se mid‘n Zähn‘ goar kloappan. Trett ma noch asu langsam ond leise ei‘n Schnie, fängt a oan ze quietsch‘n, ‘s tut‘n halt wieh. De Kälde ies goarschtich fier Mensch ond fier Tier. Oabcr war koan‘s ändarn? Ich koan nie derfier. Fritz Bernnert

pirie hat hier keine Geltung; die primitiven Einrichtungen, die die empirische Methode aus Unkenntnis, Eigensinn oder Bequemlichkeit zum Schaden der Kranken und zum Schaden des Rufes der Wasserkuren beibehält, sind hier verlassen worden. Zu diesem Zwecke wurde ein mit allen modernen Kurbehelfen reichlich ausgestattetes Badehaus neu erbaut mit zwei großen Badesälen, einer für Herren und einer für Damen. In diesen luftigen und hellen Räumen sind nebst den Abteilungen für die Entwicklungen therapierbare fließende Wannenbäder, fließende Sitz- und Fußbäder, temperierbare Regen-, bewegliche Fächer-, aufsteigende Duschen, Dampf-, sogenannte schottische Duschen, Dampf-Kastenbad. In den Abteilungen für Einwicklungen und Halbbäder kann jede Person vollkommen isoliert werden. Das Badehaus ist mit dem Wohnbaus in so unmittelbarer Verbindung, daß man aus dem einen in das andere kommen kann, ohne ins Freie zu müssen. Nebst sonstigen Vorzügen hat die Ausführung der Kurprozeduren in eigens hierfür bestimmten Räumlichkeiten – gegen die früher in den Wohn- und Schlafzimmern geübte – noch den Vorteil, daß nur dadurch eine strenge Überwachung von Seite des Arztes stattfinden kann, die dringend notwendig erscheint, soll die Kur ihrem Zwecke entsprechen. So wie die Patienten selbst unter strenger ärztlicher Aufsicht stehen und die Anordnungen des ärztlichen Leiters, der seine ganze Zeit unausgesetzt seinen Patienten widmet, gewissenhaft befolgen müssen, so muß der Arzt auch in der Lage sein, die Ausführung der Kurprozeduren zu beaufsichtigen, insofern er sie nicht selbst vornimmt.

Reiche Szenerie

Heute führt uns Gustav Pollak auf die Luchskoppe bei Freiwaldau.

E

in wolkenloser Himmel lächelte heiter auf uns nieder, als wir, mehrere Freundinnen und Freunde, nach aufgehobener Mittagstafel, der Einladung eines herrlichen Sommertages folgend, beschlossen, einen Spaziergang zu unternehmen. Über unser Ziel waren wir gleich einig, nämlich die so schön gelegene, jedoch noch wenig gekannte Luchskoppe zu erklimmen. Frohgemut und lusterfüllt traten wir unseren Marsch an; trotz der Sonnenglut schritten wir kräftig aus; bald hatten uns die kühlschattigen ozonduftenden Hallen des großen Forstes Aufnahme gewährt. Wie prächtig und entzückend warst du, heimatlicher Wald! Entrückt dem Wogen und Hasten, Treiben und Drängen des Alltagslebens dünkte es uns, es umgäbe uns eine ganz neue Welt. Das Herz pochte mächtiger in diesem hohen, immer grünenden Dome, dem Schöpfer all der Reize innigen Dank wissend. Niedliche Vöglein trillerten rührende Liedchen aus ihrem im dichten Gezweige schwankenden Verstecke, emsige Bienen schossen geschäftig dahin, unwillig, da sie nur spärlich auf wenigen, von den befruchtenden Sonnenstrahlen getroffenen Plätzchen Blumen fanden; mannigfache, schillernde Käferlein huschten nimmermüde hervor, kärgliche Nahrung zu suchen. Nach einer Stunde Weges waren wir auf dem Kamm des Kreuzberges angelangt, wo das weiße Kirchlein, das die höchste Erhebung krönt, freundlich herüber grüßte. Nun zog sich der Steig in weitem Bogen längs eines steilen Abhanges an einigen mit sinnreichen Bezeichnungen belegten, frisch sprudelnden Quellen vorüber, zur „sächsischen Aussicht“. Hier winkte uns bereits das hoch emporragende Ziel unserer Tour entgegen. Traumverloren gingen wir nun fürbaß. Zu unserer Linken erhob die sagenumwobene Goldkoppe ihr Haupt; rechts dehnte sich eine schier endlose Blöße, von gefällten, gewaltigen Stämmen übersät, zugleich auch durch mannshohe Farne und große Felsblöcke charakterisiert. Wir suchten jetzt nicht sofort den Höhenzug zu erreichen, auf welchem ein bequemer Weg, am oberen Ende der „weißen Steine“ vorbei, zur erstrebten Koppe

führt, sondern kühn und unternehmend wählten wir die Route direkt über das zerklüftete Felsenmeer der „weißen Steine“. Kindliches Erstaunen erfaßte uns beim Anblicke dieses pittoresken, weit sich erstreckenden Steinfeldes. Wir Männer wären leicht hinüber gekommen, allein – o Verlegenheit – wie die Damen hinüberbringen? Da mußte jeder Herr seine Dame von Felsblock zu Felsblock ziehen, ja fast heben, dabei beständig ansteigend. Nach halbstündiger, in Wahrheit anstrengender Arbeit lag dieses Stück hinter uns; jetzt ging es durch üppige Waldungen und über anmutige Fluren immer näher an unser Ziel. Ein sanfter Wind spielte in den jungen, sich leicht, wiegenden Zweigen, indessen wir allgemach immer höher kamen, bis wir endlich am höchsten Punkte angelangt waren. Hier eröffnet sich uns eine schöne Rundsicht. Tief unten im Thale die lieblichen Gefilde der Haugemeinden, zur Linken das einsame Reihwiesen, in bläulich dämmeriger Ferne Zuckmantel und das Tiefland, mit dem Horizont verschwindend, etwas rechts der Moosebruch, in dessen Mitte der düstere, vielgenannte, sagenreiche Sühnteich, weiter der Brandurlich mit seinem flechtenumkränzten Scheitel, der Peterstein und riesenhafte Altvater, mehr im Vordergrund der große Keil, welcher das langgedehnte Bielatal würdig abschließt, gegen Südwest die Brünnlheide mit ihrem wundertätigen Wasser, der Kopernik und schlesische Schneeberg, dessen Schatzhaus deutlich wahrzunehmen ist, im Norden der Glatzer Kessel, das Reichensteiner Gebirge, das Hirschbad und der Hemberg. Wir alle waren hoch entzückt von dem großartigen Panorama, das sich uns hier darbot, und verweilten lange Zeit, um uns an all den Schönheiten und Wundern der Natur satt zu schauen. Die Damen hatten eine vortrefflich schmeckende Labung nicht vergessen, die wir, weil sie nicht recht ausreichen wollte, christlich teilten, und dann begaben wir uns nach kurzer Rast talwärts. Ein romantischer Abstieg! Einem munter plätschernden Bächlein entlang, schlängelt sich der Weg durch hübsche Nadelhölzer und später durch dichte Buchenbestände dahin. Inzwischen war es allmählich dunkel geworden, und nach und nach blinkten uns von Ferne zart flimmernde Lichter entgegen. Frankenhau!

Trübe Wolken hingen am Firmament, die jedoch eine leichte Brise schnell verscheuchte. Die Sonne entbot uns einen Abschiedsgruß, ehe sie als rotglühender Feuerball in dem Purpurmeer des Abendrotes versank; sie weckte noch blinkende Reflexe auf der Wasserfläche des lustig hinabspringenden Vickorbaches, der durch der Biele und Neisse Mund den fernen Vereinsgenossen des deutschen Nordens unsere Grüße brachte. Doch rasch stiegen diese Flämmchen höher und höher, es erglänzte in kurzer Zeit nur mehr das Kirchturmkreuz eines unfernen Weilers, immer weiter himmelwärts zogen sie sich zurück, bis dieselben schließlich am Gräfenberg aufleuchteten und dann zuletzt bloß die Hochschar in rotem, feurigen Glanze erstrahlen ließen. Die höchsten Gipfel unseres Gesenkes waren zauberisch vergoldet und vor Freude über den schönen Tag, den uns der gütige Wettergott geschenkt hatte, über und über errötet. Jetzt war die Sonne im Westen vollständig untergetaucht, ein schmaler, tiefgelber Streif säumte den Horizont, während der silberhelle Mond, anfangs blaß und schier mißvergnügt wegen seines matten Lichtes, emporstieg: Und je mehr der Glutschimmer, welcher noch an die geschiedene Sonne erinnerte, schwand, desto siegreicher trat der Mond hervor. Wir eilten durch Dittershof dem Ausgangspunkt unserer Wanderung zu. Die erbaulichen Klänge der in der nahen Hammerhaukapelle ertönenden Abendglocke drangen an unser Ohr, in den Erlenwipfeln sang der Wind süße, bestrickende Melodien; sie neigten sich gedankenvoll hin und her. Auf dem hinschäumenden Bache erzeugte der bescheidene Mond mit seinem milden Lichte farbenprächtige Blitze; an den zahllosen Blüten und Gräsern warfen tausend und abertausend Tauperlen schimmernden Widerschein. Den Himmel verbarg ein schwarzer Schleier, den Millionen funkelnder Gold- und Silbernägel festhielten. Der Schloßwächter blies eben die elfte Stunde, als wir in freudiger Stimmung die Buchenallee des Josefsparkes durchschritten. Wir waren befriedigt von unserer Landpartie und können allen Freunden des Gebirges den Ausflug auf die Luchskoppe ob seiner vielfältigen, abwechslungsreichen Szenerien wärmstens empfehlen.


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