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Pandemie

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Verrückt gewartet

Freundschaft Wenn ein nahestehender Mensch psychisch abdriftet, bedeutet das für das Umfeld eine hohe Belastung. Nicht immer ist klar, ob die Verbindung das aushält oder daran zerbricht.

TEXT FATIMA MOUMOUNI

Über drei Jahre lang war eine Person, die mir nahesteht, im Auf und Ab einer schizoaffektiven Psychose. Wilde Jahre voller Brüche, verrückter Reisen, unverständlicher Aktionen und hoffnungsloser Psychiatrieaufenthalte. Die Ärzt*innen, Betreuer*innen und Therapeut*innen, die sich an ihr abarbeiteten, sahen nicht viel Hoffnung auf ein Leben zurück in die «Normalität». Doch irgendwann kam dann doch einfach das Jahr der Genesung, Aufarbeitung und Antworten. Ich erinnere mich daran, wie ich gewartet habe, bis ich nicht mehr gewartet habe.

I.

Nichts tun können Ist wie im Kühlschrank im Gemüsefach gehalten werden Ist wie geschält werden Ist wie einfach verkocht zu werden Ich fühl mich so sehr wie eine Karotte.*

Eine Zeit lang habe ich dich überall gesehen. An der Bushaltestelle hustend, an der gegenüberliegenden Strassenseite, so weit entfernt, dass ich mir lang genug überlegen konnte, wie sehr ich nicht wüsste, was tun, wenn du es tatsächlich wärst. Wie oft du vor der Tür standest und ich nicht wusste, was mit dir anfangen – und dann warst du eh wieder weg. Du hattest eine sehr freie Interpretation von Freiheit.

Es gehört zum Krankheitsbild, dass du die Krankheit nicht als eine solche anerkennen willst. Und so setzt du die Medikamente ab und beschimpfst die Pfleger*innen und brichst aus der Psychiatrie aus. Immer wieder. Ein Kinderspiel für dich. Stehst wieder vor der Tür und versuchst mich davon zu überzeugen, dass es eine Begabung, keine Krankheit sei. Ein bisschen glaube ich dir. Übermenschliche Kräfte hast du und bist flüchtig wie ein Geist. Manchmal hast du mich plötzlich gehasst. Von einer Sekunde auf die andere. Einmal habe ich es geschafft, dich dabei zum Lachen zu bringen, dann warst du plötzlich wieder normal. Ich habe es so oft wieder versucht, bis ich gemerkt habe, dass ich es nicht wirklich beeinflussen kann. Was konnten wir schon tun? Wir sind nur ein paar Möhren und du raffelst uns unbarmherzig in deine Suppe.

II.

Hoffnung haben ist wie sich selber verarschen und dann abwarten, ob man das Glück hat die Wahrheit gesagt zu haben.

Es tat mir gut, nicht mehr sauer sein zu müssen. Erleichtert, dass es einen Grund gab für dein Verhalten. Eine Krankheit, die ich nicht einmal richtig beim Namen nennen kann. Die Mischung aus all den Diagnosen, die ich gehört habe. Manisch-aggressiv gefällt mir am besten, weil ich mir denke, dass wir darüber lachen könnten, wenn alles wieder normal ist. Dann ist es ein Wortspiel, das du stolz kichernd herausposaunst. Ein paar Mal habe ich gesagt, dass ich damit leben könnte, wenn es nicht schlechter wird, sondern so bleibt. Dann hast du mir Geheimnisse erzählt, die ich nicht verstand, und wir hatten

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