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Tour de Suisse
Pörtner in Basel
Surprise-Standorte: Coop Gundeli Tellplatz Einwohner*innen: 200 408 Sozialhilfequote in Prozent: 6,7 Anteil ausländische Bevölkerung in Prozent: 37,7 Anzahl Spielplätze: 56
Die Feuerwehr wirbt auf einem Plakat für den Berufswechsel bei vollem Lohn, daneben steht, etwas unmotiviert, eine schmutzig-weisse bemalte und beklebte Kugel. In grossen schwarzen Töpfen spriessen liebevoll arrangierte Frühlingsblumen. Eine rotblaurote Fahne, befestigt auf einem ausgedienten Weinfass, weht im sanften Lüftchen. Das Fass stammt aus Spanien, die Fahne ist wohl eine Kombination der spanischen und der FCB-Farben. Tauben gurren, Kinder kreischen, Bremsen quietschen. Der Fahrer des Strassenreinigungsfahrzeugs erkennt einen Bekannten, die beiden rufen sich ein paar Worte zu. Auf den Bänken sitzen die Leute ganz am Rand, mit Hund, mit Computer, mit Kopfhörer oder Bierdose. Lunchpause vom Homeoffice.
Beliebt sind hier Transport-Velos, die im grünalternativen Milieu den PKW ersetzen. Gleich drei solcher Fahrzeuge, alle etwas anderer Bauart, kreuzen sich, dazu ein Velo mit Anhänger, die ältere und weniger hippe Version des emissionsfreien Kinder- und Warentransportes. Sogar ein mit mehreren Kisten beladenes, einen langen Anhänger mitführendes Exemplar fährt vorbei, ein veritabler Kleintransporter, dem zwei junge Männer interessiert nachschauen. Es ist anzunehmen, dass das Einstellen dieser praktischen, aber doch sperrigen Lastvelos zu Unmut und beim Eingang angebrachten Beschwerdeschreiben in den Veloräumen genossenschaftlicher Wohnsiedlungen führt. Möglich auch, dass sie auf nicht mehr genutzten Parkplätzen in Tiefgaragen abgestellt werden.
Ein anderes beliebtes Fahrzeug ist der Roller. Gefahren werden sie ausschliesslich von älteren, mürrisch blickenden Männern, die dringend irgendwohin müssen. Das am Platz liegende Casino Gundeli ist kein Spielcasino, sondern beherbergt eine geschlossene Pizzeria und ein ebenso geschlossenes Fitnesscenter. Geöffnet sind die Bibliothek und ein Laden, in dem Elektronikgeräte zu Bargeld gemacht werden können und umgekehrt.
Ein Plakat wirbt für die Ausstellung der Plakate Picassos. Dort lässt sich herausfinden, ob Picasso auch Plakate für Plakatausstellungen entworfen hat.
Einem Mann entgleitet die Einkaufstasche, es gibt Scherben, die zusammengekratzt und in der nur noch einhenkeligen Tasche der sachgerechten Entsorgung zugeführt werden. Die Zoohandlung weist sich als Spezialistin für alles rund um das Meerschweinchen aus.
Es gibt noch eine Buchhandlung, und sie bedankt sich im Schaufenster bei ihrer Kundschaft für ebendiesen Umstand. Die Papeterie nebenan bietet Papierkörbe zum Aktionspreis an. Gut möglich, dass die Papierkorbhersteller*innen zu den Gewinner*innen der Krise gehören, weil beim Einrichten des Homeoffice neue oder zusätzliche Papierkörbe nötig wurden. Wo genau Papierkorbfabriken angesiedelt sind, ist unbekannt. Einen wichtigen Industriezweig bilden sie kaum. Gehören doch Papierkörbe zu den langlebigsten und selten ausgetauschten Einrichtungsgegenständen. Wie um die Liste der sperrigen Velos vollzählig zu machen, fährt ein Mann auf einem Liegevelo vorbei. Eine Designidee, die nicht im Papierkorb gelandet ist, seither ein hartnäckiges Nischendasein fristet und den Platz in Veloräumen verknappt.
STEPHAN PÖRTNER
Der Zürcher Schriftsteller Stephan Pörtner besucht Surprise-Verkaufsorte und erzählt, wie es dort so ist.