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Beschenkt Wie das Grundeinkommen unser Leben verändert Eingenebelt von Monsanto: Was Pestizide bei Bauern in Argentinien anrichten

Südafrikas «Lieder der Befreiung»: Wieso politische Gesänge auch der Seele gut tun

Nr. 375 | 20. Mai bis 2. Juni 2016 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


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Titelbild: Anita Affentranger. Aus der Stapferhaus-Ausstellung «GELD. Jenseits von Gut und Böse» im Zeughaus Lenzburg, noch bis 25. Juni.

Nun haben wir schon wieder Geld auf dem Cover. Und noch einmal geht es um das Grundeinkommen, das so viele unbekannte Variablen beinhaltet, dass man endlos darüber diskutieren könnte. Aber man kann fast keine Prognosen darüber machen, wie sich ein Grundeinkommen auswirken würde, denn es steckt eine äusserst schwierige Frage drin: Wie funktioniert der Mensch? Antworten darauf bekommt man nur, wenn man es erprobt. Das haben gewisse Leute in Kanada und Deutschland bereits getan, und mein Redaktionskollege Beat Camenzind hat mit ihnen gesprochen. Was das Gratis-Geld für sie verändert hat, ist aufschlussreich, aber auch unterhaltsam zu lesen. Und was sich der achtjährige Robin aus Deutschland mit seinem Grundeinkommen auf Zeit geleistet hat, rührt schlichtweg zu Tränen. Gewonnen hat er das Geld ähnlich wie in jeder herkömm- DIANA FREI lichen Lotterie. Aber einen entscheidenden Unterschied gab’s: das Wissen darum, REDAKTORIN dass den Betrag andere Leute gemeinsam gespendet haben, um einem Einzelnen ein Grundeinkommen auf Zeit zu ermöglichen. Seine Mutter findet: Diese Tatsache bringt eine Verantwortung mit sich, das Geld auch sinnvoll einzusetzen. Und genau diese Überzeugung ist es, die sie ihrem Sohn in seinem Jahr mit Grundeinkommen mit auf den Weg gab. Ab Seite 10. «Ich bin ziemlich sicher, dass mein Sohn wegen der Chemikalien eine Hirnschädigung hat», sagt eine ganz andere Mutter in Argentinien. Sie wohnt neben einem Sojafeld, das mit Monsanto-Pestiziden behandelt wurde, und dann sagt sie noch etwas: «Beweise habe ich keine.» In einem anderen Text würde dieser Satz vielleicht für die Belanglosigkeit, für die Vagheit der Aussage stehen. Hier illustriert er die Ohnmacht der lokalen Bevölkerung, denn nicht erst seit dem im April erschienenen «Schwarzbuch Syngenta» ist klar, dass gewisse Pestizide der Agrarmultis stark gesundheitsschädigend sind. Die Reportage aus Argentinien ist bereits vier Jahre alt, wir drucken sie trotzdem ab: nicht nur, weil sich die Zustände seither kaum geändert haben. Sondern weil der Journalist Romano Paganini einer der wenigen ist, der sich die Situation vor Ort angesehen und sich die Sorgen der Leute angehört hat. Weil er sich seine eigene Probe der Wirklichkeit geholt hat. Ab Seite 14. Und: Mit politischen afrikanischen Liedern die Seele befreien? Redaktionskollegin Sara Winter Sayilir nimmt Sie ab Seite 19 mit auf eine Chorprobe. Herzlich Diana Frei

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 oder vereinsurprise.ch/spenden-surprise Ihre Meinung! Wir sind gespannt auf Ihre Kritik, Ihr Lob oder Ihre Anmerkungen. Schreiben Sie uns! Auf leserbriefe@strassenmagazin.ch oder an Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, 4051 Basel. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion trifft eine Auswahl und behält sich vor, Briefe zu kürzen. Oder diskutieren Sie mit uns auf www.facebook.com/ vereinsurprise SURPRISE 375/ 16

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BILD: ZVG

Editorial Erprobt


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10 Grundeinkommen Sie haben es ausprobiert Das Grundeinkommen wird zurzeit vor allem als abstrakter Gedanke diskutiert. Dabei wurde die Idee bereits konkret ausprobiert: in den Siebzigerjahren in Dauphin, Kanada, und online auf spielerische Art in Deutschland. Menschen, die schon einmal ein Grundeinkommen hatten, erzählen.

BILD: ZVG

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Inhalt Editorial Getestet Basteln für eine bessere Welt Machen Sie Kohle Aufgelesen Bremen wird Kifferparadies Vor Gericht Verzwitschert 2.0 Leserbriefe Stadtführer-Film Starverkäuferin Nebyat Isaic Porträt Ein Junger, der Alte mag Wörter von Pörtner Aus dem Verkehr ziehen Bildrausch Nicht mehr ganz Neuer Deutscher Film Kultur Aus Kindersicht Ausgehtipps Hip Hop mit Hijab Verkäuferporträt International Siesta für den Italiener Projekt SurPlus Eine Chance für alle In eigener Sache Impressum INSP Mehr als ein Magazin Fussballsaison gestartet

14 Agrarkonzerne Vergiftet neben dem Sojafeld BILD: MARILINA CALOS

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Der Verein Multiwatch hat im April das «Schwarzbuch Syngenta« herausgegeben, in dem er die Praktiken des Agrarmultis unter die Lupe nimmt. Die Parallelen zur Situation in Argentinien, wo Monsanto – der andere grosse Weltkonzern auf dem Gebiet – die Landwirtschaft dominiert, sind frappant. Die Reportage.

BILD: ROLAND SCHMID

19 Chor Die Politik der eingängigen Melodie

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Harald Winter war in den Achtzigerjahren beim Deutschen Gewerkschaftsbund als Chorleiter angestellt und half mit, die afrikanischen Lieder der Anti-Apart heidsbewegung in unseren Breitengraden unter die Leute zu bringen. Heute unterrichtet er in Deutschland afrikanischen Gesang. Dabei zeigt sich: Eingängige Lieder können die politische Freiheit befeuern. Und sie können auch die Seele befreien.

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ILLUSTRATION: WOMM

Basteln für eine bessere Welt Bringen Sie Ihr Geld unter die Leute Sollten Sie in Zukunft kein Gratis-Geld bekommen, können Sie es immer noch selbst basteln. Das kann nicht so schwer sein, die Nationalbank hat’s mit ihrer Fünfzigernote eben erst vorgemacht. Wichtig ist einfach, den Schein der Bevölkerung auch auf sympathische Art bekannt zu machen.

Franken Zwanzig ncs Ventg Fra

Zwanzig Franken Ventg Francs

ALBAN AT I O N CHE N IZERIS VIZR A SCHWE NALA S NA ZIU BANCA

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1. Sie denken sich die nötigen grafischen Elemente mit grosser Symbolkraft aus. Die Grundlagen der Gestaltung für die neue Banknotenserie hat die Schweizerische Nationalbank bereits definiert: Eine typische Seite weitere grafische Elemente illustriert». Wählen Sie etwas, was Ihnen vertraut scheint. Der tägliche Abwasch vielleicht?

S C H W E I Z E R I S C H E N AT I O N A L B A N K BANCA NA ZIUNAL A SVIZR A

Zwanzig Franken Ventg Francs

der Schweiz wird «durch eine Handlung, einen Ort in der Schweiz und

2. Und jetzt: Starten Sie Ihre Kampagne für den neuen 20er-Schein. Organisieren Sie eine Pressekonferenz. Ziehen Sie dafür Ihren besten Anzug, Ihr schickstes Deux-Pièce an.

3. Rufen Sie Ihren Mittelsmann bei 20 Minuten an und stecken Sie ihm, dass demnächst eine neue 20er-Note lanciert werde. Er wird eine Bildstrecke aufgleisen. Helfen Sie ihm dabei und senden Sie ihm Bilder. Dafür drücken Sie Ihrem Metzger vor seiner Metzgerei eine frische 20er-Note in die Hand. Dazu die Bildlegende: «Mario Metzger hat für Rindfleisch gehackt sein erstes neues 20er-Nötli erhalten.»

4. Schalten Sie eine nüchterne Meldung auf Facebook und schreiben Sie +++ BREAKING +++ BREAKING darüber. Lassen Sie sie von Ihren Freunden teilen. 5. Machen Sie den Reality Check und gehen Sie mit Ihrem Schein zu einem anderen Metzger Cervelats kaufen. SURPRISE 375/ 16

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Aufgelesen News aus den 115 Strassenzeitungen und -magazinen in 35 Ländern, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Verboten Linz. Wer in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz bettelt, darf keine Minderjährigen dabei haben. Es ist genauso verboten wie aggressives, organisiertes und gewerbliches Betteln. Neu hat der Gemeinderat ein generelles Bettelverbot in der Innenstadt verhängt. Nach drei Brandanschlägen gegen Unterkünfte von Bettlern und der Räumung eines Zeltlagers regt sich Widerstand. Die Bettellobby ficht konsequent jede Strafverfügung wegen Bettelns an. Es soll die Bürokratie derart belasten, dass die Strafen verjähren.

Verhaftet Essen. Mitte April verübten islamistische Terroristen einen Anschlag in Essen. Er galt indischstämmigen Sikhs an einem ihrer Anlässe. Durch reinen Zufall verletzte der Sprengsatz nur drei Menschen, einen davon allerdings schwer. Die Polizei konnte die beiden Täter dank eines Überwachungsvideos fassen. Sie sind 16 Jahre alt, stammen aus Essen und Gelsenkirchen und haben Kontakte in die Salafisten-Szene. Einer davon soll Korane verteilt haben im Rahmen der «Lies!»Kampagne. Diese gilt als Radikalisierungsmaschine.

Bekifft Bremen. Die Bremer Landesregierung will die legale Abgabe von Haschisch und Marihuana an Erwachsene einführen. Der Anbau für private Zwecke in geringen Mengen soll straffrei werden. Der Handel bleibt verboten. Geplant ist, die Droge im Übrigen dem Alkohol gleichzustellen, gesetzt den Fall das Bremer Parlament stimmt zu. Im benachbarten Niedersachsen wartet man erst mal ab und will die Erfahrungen in Bremen beobachten.

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Vor Gericht Wer ist Dölf? Die Welt der digitalen Medien kann in Strafsachen ganz schön kompliziert werden. «Wir betreten juristisches Neuland», sagt der zuständige Richter am Einzelrichteramt Zürich zum Auftakt seiner Urteilsverkündigung. Er hatte zu entscheiden, ob WoZ-Journalist Carlos Hanimann den Thurgauer SVP-Kantonsrat und Anwalt Hermann Lei verleumdet hat, als er einen Tweet weiterverbreitete, in dem dieser als «Hermann ‹Dölf› Lei» bezeichnet wird. Mit dem Einschub «Dölf», so die Anklage, werde suggeriert, Lei sympathisiere mit nationalsozialistischem Gedankengut. Der Verfasser des ursprünglichen Tweets twittert unter einem Pseudonym, seine Identität ist unbekannt. Hanimann ist damit der Erste, der sich wegen eines Retweets vor einem Schweizer Gericht verantworten muss. Jemanden in die Nazi-Ecke zu stellen, sei «kein harmloses Geschwätz, sondern eine schwere Anschuldigung», wettert Lei. Weshalb er pro Follower, der die Mitteilung erhalten hatte, einen Franken Genugtuung will, total 1500. Der Tweet, so Lei weiter, war «der Höhepunkt einer Kampagne, ihn zu diskreditieren». Das weist der Journalist zurück: «Ich habe nie behauptet, Herr Lei sei ein Nazi.» Die Bezeichnung «Dölf» habe er stets als Anspielung auf die Webseite www.adolf-hitler.ch verstanden, die er in zwei Artikeln thematisiert habe. Es sei nun mal so, fügt die Verteidigerin an, dass Lei als einziger Zeichnungsberechtigter der Firma Schlagwort AG bei der Internetfirma Switch als Kontaktperson für die Domain registriert gewesen sei. Das Strafverfahren, sagt sie, sei umgekehrt eine Kampagne gegen den Jour-

nalisten. Lei habe mit spezialisierter Software nach alten Tweets von Hanimann gesucht. Als er fündig wurde, schrieb er einem Kollegen, notabene dem «Kristallnacht-Twitterer»: «Jetzt habe ich Hanimann am Wickel.» So einfach ist es nicht, meint der Richter. «Wer nichts von den Artikeln weiss, denkt nicht an die Nazis. Der fragt sich: Was hat das mit Ogi zu tun?» Aber so einfach ist es auch umgekehrt nicht. Denn für alle anderen sei der Anfangsverdacht, der Politiker sei ein verkappter Neonazi, gegeben gewesen. Dass der Journalist der Sache nachgegangen sei, war richtig und die Artikel differenziert. Aber: «Die Verkürzung im Tweet zu Hermann ‹Dölf› Lei suggeriert eine Schlussfolgerung, welche der Artikel nicht zugelassen hatte.» Doch diese stamme ja nicht von Hanimann, zu bestrafen wäre der anonyme Originalautor. So kommt ein kurioses Urteil zustande: Der Journalist wird freigesprochen, obwohl der Tatbestand bejaht wird. Bestraft wird der Angeklagte nicht, aber verpflichtet, folgenden Tweet abzusetzen: «Retweet von Hermann ‹Dölf› Lei nicht strafbar, aber persönlichkeitsverletzend.» Das Urteil sei der Versuch, eine «vernünftige Balance zwischen Medienfreiheit und legitimem Anspruch auf einen guten Ruf» zu finden. Damit betritt der Richter das besagte «Neuland». Früher, sagt er, bezog sich das Strafrecht auf «die Mittel der Druckerpatrone». Aus «Druckerpatrone» wurde irgendwann ganz allgemein: «Medien». «Und da sitze ich jetzt», seufzt der Richter. Yvonne Kunz ist seit 2008 als akkreditierte Gerichtsberichterstatterin wöchentlich an den Gerichten des Kantons Zürich unterwegs. Priska Wenger ist freie Illustratorin in Biel und New York. SURPRISE 375/ 16


Leserbriefe Asyl und Korruption Zum neuen Stadtführer in Basel, Heiko Schmitz

«Nicht verpflichtet» Da Europa keine Verantwortung trägt für das Schlamassel andernorts, wäre es auch nicht verpflichtet, Flüchtlinge aufzunehmen. Dass man trotzdem Hunderttausenden Asyl gewährt, ist eine Tatsache. Christian Scherler, Renan

In Szene gesetzt Dank der Redaktion in Basel haben wir den angehenden Stadtführer Heiko kennengelernt und durften seine Geschichte verfilmen. Wir hatten eine spannende Zeit mit Heiko und möchten uns für Eure Unterstützung bedanken. Leslie Iseli, Tim Glatthard und Rebecca Gangl, Basel

Ausgabe 373, Artikel zum Asylverfahren «In einer Woche über drei Jahre gealtert»

Link zum Film: https:/ / vimeo.com/ 164081061 BILD: ZVG

Ausgabe 372, Kommentar «Wo Europa beginnt»

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer! Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Sie an dieser Stelle sehen möchten: Verein Surprise, Redaktion Spalentorweg 20, 4051 Basel F +41 (0)61 564 90 99 redaktion@vereinsurprise.ch

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BILD: ZVG

«Dringend neue Schuhe» Aufgrund der Röntgen-Aufnahme der Hand lässt sich das Alter einer Person nicht gut erkennen. Und aufgrund eines afghanischen Ausweises? Gesetzt den Fall, ich würde in einer afghanischen Behörde arbeiten und meine Kinder bräuchten dringend neue Schuhe. Und es käme eine erwachsene Person und sagte: «Ich brauche unbedingt den Ausweis eines Jugendlichen.» Ich weiss nicht, wie ich reagieren würde. Farina Hiroshige, Basel

Starverkäuferin Nebyat Isaic Irene Zimmermann aus Basel schreibt: «Zu Beginn ihrer Verkaufszeit in Birsfelden wirkte Neb yat Isaic schüchtern und zurückhaltend. Nun ist sie sehr präsent und offen, wechselt mit vielen Einkaufenden ein paar Worte. Auch wenn wir kaum etwas voneinander wissen, freuen wir uns über jedes kurze Wiedersehen. Und wenn wir uns die Hand geben, wärmen ihre Hände meine vom Velofahren kalten Finger. Ihre Präsenz ist wohltuend.»

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Porträt Rosen und Rheumabandagen Er ist 21 Jahre jung und will das Image der Alten verbessern. Der Maturand Elias Rüegsegger lancierte ein Projekt, das die Generationen in neuer Form in einen Dialog bringt. VON DOMINIK GALLIKER ( TEXT) UND DANIELLE LINIGER ( BILD)

erzählt er. Der Begriff ist negativ konnotiert – und das nicht grundlos, schliesslich ist man nach dem Alter tot. «Allerdings: Genau diese Konnotation kritisieren wir ja.» Woher kommt sein Interesse für das Alter? «Ich weiss es selber nicht genau», sagt Rüegsegger. Er habe ein gutes Verhältnis zu seinen Gross eltern, ja. Aber das könne nicht der Grund sein. «Vielleicht ist es einfach Zufall.» Als Jugendlicher verfasste er regelmässig das sogenannte Rüegsegger-Leichtnahm-Blatt «take it easy», eine Familienzeitung von sechs A4-Seiten Umfang. 40 Ausgaben gab es davon. Zudem schrieb er für den «Pfeffer», für die Jugendseiten des Thuner Tagblattes. Als Maturaarbeit wollte er dann ein Magazin herausgeben, recherchiert, redigiert, gestaltet von Elias Rüegsegger. Nur einen Fokus hatte er nicht. «Ein Be kannter schlug das Thema Jung und Alt vor», erzählt Rüegsegger. So entstand das erste «und». «Damals wollte ich einfach selber etwas gestalten. Schlussendlich ging es mir dabei auch darum, wertgeschätzt zu werden.» Und nein, ein Einzelgänger sei er nicht gewesen. «Aber es ist schon so: Wenn alle das Gleiche tun, dann muss ich das ja nicht auch noch so machen. Vielleicht ist da etwas Narzissmus dabei.» Elias Rüegsegger studiert evangelisch-reformierte Theologie an der Universität Bern. Vielleicht, sagt er, werde aus ihm ein Pfarrer. Viel-

Elias Rüegsegger ist 21 Jahre alt und Student. Es ist Samstagmorgen und Rüegsegger steht inmitten von Stützstrümpfen, Hörtests und Rheumabändern. Bestatter zünden Rechaudkerzchen an und Krawattenheinis werben mit sagenhaften zwei Prozent Zinsen aufs Anlagevermögen. Hier verbringt Rüegsegger sein Wochenende: an der Seniorenmesse Spiez. «I bi asprechbar» steht auf seinem T-Shirt, er verteilt Rosen und Komplimente. «Mir gefallen deine Augen», steht etwa auf den Kärtchen. «Du bist schön.» Dazu gibt’s ein Schokoherz. Elias Rüegsegger ist der Initiator des Projekts «‹und› das Generationentandem», das Jung und Alt einander näherbringen will. Das Projekt ist als Verein organisiert und zählt 100 Mitglieder, davon arbeiten 40 aktiv mit. Rüegsegger leitet die Redaktion des Magazins, das der Verein viermal pro Jahr herausgibt. Unterdessen sind 15 Ausgaben von «und» erschienen. Auf der Messe im Gemeindezentrum Spiez ist ein Teil seiner Leserschaft präsent. Es ist ein Werbeanlass. «Wir rocken die Seniorenmesse», steht auf der Website von «und». Sogar ein Hashtag gibt’s: #seme16. Darauf angesprochen, grinst Elias Rüegsegger: «Manchmal kommen Banken und Versicherungsgesellschaften hierher, um den Alten zu sagen, wie krank sie Es nervt ihn, dass das Alter bei vielen nur als der Zeitabschnitt «zwischen sind. Wir setzen halt etwas andere Akzente.» Vollinvalidität und Urne» verstanden wird. Die nächste Ausgabe des «und» erscheint im Juli und behandelt das Thema Schönheit. Darum die Komplimente. Die jüngste Autorin des Magazins ist 16, die älleicht auch nicht. Die grossen Fragen interessieren ihn jedenfalls, auch teste 85 Jahre alt. Zu zweit bilden sie jeweils Generationentandems, wenn es auf diese keine Antworten gibt. Über mögliche Antworten zu philosophieren über Themen wie das Duzen und das Siezen oder gehen sinnieren, sei spannend genug. Die Diskussionen in seiner Wohngezusammen in den Ausgang, feiern gemeinsam bis morgens um ein Uhr meinschaft oder an der Uni würden sich oft über Stunden hinziehen, in der Berner Reitschule. Verschriftlicht landet alles im Heft und auf der sagt Rüegsegger. Website. 350 Abonnenten hat das Magazin bisher, vor allem im Raum Und so steht er dann manchmal am Wochenende an SeniorenmesThun. Ab 500 liesse sich wenigstens der Druck finanzieren, so Rüegsen, erklärt, was ein Newsletter ist, und nervt sich nicht selten, dass das segger. Alter bei vielen nur als der Zeitabschnitt «zwischen Vollinvalidität und Wachstum ist sein Ziel: «Wir möchten das Projekt schweizweit beUrne» verstanden wird. Das, sagt er, könne er nur schwer nachvollziekannt machen und zu einer massgeblichen Stimme des Generationenhen. Wie er es denn sieht, das Alter? Jede Antwort auf diese Frage, sagt dialogs werden.» Ein solcher Dialog, sagt Rüegsegger, finde heute Rüegsegger, wäre eine enorme Verallgemeinerung. «Eine Haupterkenntschlicht nicht statt. Nicht dass es schlecht wäre, einmal pro Jahr mit nis meiner Arbeit ist: Viel grösser als die Unterschiede zwischen den Gedem Grosi unter dem Weihnachtsbaum zu reden. Aber ein wirklicher nerationen sind die Unterschiede zwischen den Menschen.» Und: So Austausch sei das noch lange nicht. «Innerhalb der Familie gibt es häuweit seien sie gar nicht auseinander, die Jungen und die Alten, Smartfig zu klare Hierarchien, als dass eine richtige Diskussion stattfinden phones und Snapchat hin oder her. Denn eine grosse Gemeinsamkeit gekönnte», meint Rüegsegger. «Wir sind ein Versuchslabor. Bei uns könbe es: «Beide stehen in ihrem Leben vor grossen Veränderungen. Beide nen Junge und Alte zusammen etwas machen.» Ja, auch bei ihnen würstellen sich Fragen wie: Wer bin ich? Was will ich?» Mitten im Leben, den Alte manchmal zu viel reden. Aber dann würden sie von den Junmit Kindern und Karriere, fehle die Zeit und die Notwendigkeit, sich gen gestoppt. über solche Themen Gedanken zu machen. Im Alter und in der Jugend Elias Rüegsegger spricht nie von «Senioren». Auch nicht von «älteren dagegen könne und müsse man sein Leben gestalten. «So gesehen gibt Menschen» oder gar von «Silver Agern». Er sagt ganz einfach «Alte». «Es es tatsächlich eine Verbindung zwischen Alt und Jung: Beide Generagab am Anfang Diskussionen, ob wir Alte tatsächlich so nennen sollen», tionen sind in einer extrem privilegierten Situation.» ■

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BILD: ANITA AFFENTRANGER

Im Zeughaus Lenzburg werden die Besucher in der aktuellen Ausstellung «GELD. Jenseits von Gut und Böse» mit Geld überhäuft.

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Grundeinkommen Als die Utopie einmal Wirklichkeit wurde Über das bedingungslose Grundeinkommen wird viel spekuliert, eine Reihe von Fragen sind offen. Einige Antworten können Menschen geben, die bereits ein Grundeinkommen erhielten. Es gibt sie: in Kanada und Deutschland.

VON BEAT CAMENZIND

schlussbericht eingestellt. Bis dahin hatte Mincome 17 Millionen kanadische Dollar verschlungen. Immerhin: Die wichtigste Frage des Projekts wurde geklärt: Kündigen alle, die ein Grundeinkommen erhalten, ihre Stelle? Die Resultate sprechen eine deutliche Sprache: Nur ein Prozent der Männer, drei Prozent der Ehefrauen und fünf Prozent der unverheirateten Frauen reduzierten ihr Arbeitspensum. 30 Jahre später untersuchte die Gesundheitsökonomin Evelyn Forget von der Universität Manitoba die Auswirkungen des Experiments auf die Gesundheit der Bewohner von Dauphin. In ihrer Studie aus dem Jahr 2011 mit dem Namen «The Town with No Poverty» zog sie folgende Schlüsse: Während der vier Jahre wurden weniger Bewohner von Dauphin hospitalisiert. Es gab vor allem weniger Spitaleintritte aufgrund von Verletzungen, häuslicher Gewalt, Auto- und Arbeitsunfällen und psychischen Leiden. Offenbar hatten die Menschen weniger Stress. Auch die Anzahl von Arztbesuchen sank. Zudem fand Forget heraus, dass mehr Jugendliche die Schule abschlossen. Auch bei früheren Versuchen mit dem Grundeinkommen in den USA stellten die Forscher einen Rückgang der Arbeitspensen bei den teilnehmenden Familien fest. Allerdings lagen die Leute nicht auf der faulen

Die Idee ist nicht totzukriegen. Seit mindestens 500 Jahren geistert der Gedanke eines bedingungslosen Grundeinkommens durch die Köpfe. Der englische Staatsmann Thomas Morus befasste sich in seinem Roman «Utopia» schon 1516 damit. Und die Diskussionen darüber sind endlos: Auch nach der Abstimmung am 5. Juni wird das Thema die Menschen bewegen. In Finnland, Kanada, den USA, Holland, Namibia, Brasilien und Deutschland laufen oder liefen Projekte. Allerdings: Bisher weiss niemand genau, was die Umsetzung des bedingungslosen Grundeinkommens bewirkt. Werden alle faul, wenn sie einen monatlichen Betrag einfach so erhalten, und geht das Land dann bankrott, wie das Gegner in der Schweiz befürchten? Oder arbeiten die Menschen weiter, wie die Befürworter meinen, und nehmen das Leben lockerer, weil Existenzängste wegfallen? In Kanada gab es ein gross angelegtes Experiment, das die Provinz Manitoba zusammen mit der kanadischen Regierung von 1974 bis 1978 im 10 000-Seelen-Dorf Dauphin durchführte. Wer keine Arbeit hatte oder trotz Arbeit unter dem Existenzminimum blieb, erhielt jeden Monat im Rahmen des Projekts «Mincome» finanzielle Unterstützung. Diese variierte je nach Anzahl Die wichtigste Frage des Projekts wurde geklärt: Kündigen alle, die ein Familienmitglieder. Eine vierköpfige Familie Grundeinkommen erhalten, ihre Stelle? etwa bekam laut dem Wochenmagazin Lethbridge Herald 3800 Dollar Unterstützung pro Haut: Die Mütter verbrachten mehr Zeit mit den Kindern, die Teenager Jahr (heute rund 26 800 Franken). Sobald jemand eine Arbeit fand, regingen länger zur Schule und mussten nicht zum Einkommen der Faduzierte sich die Unterstützung um die Hälfte des Einkommens. Vermilie beitragen. Bei einer Studie in Indiana wurde eine Zunahme des Gediente die Familie zum Beispiel 3000 Dollar pro Jahr, erhielt sie noch burtsgewichts von Säuglingen gemessen. Offenbar waren Mütter und 2300 Dollar Unterstützung, das Einkommen stieg so auf 5300 Dollar Kinder bei der Geburt gesünder. pro Jahr. Die Familie erhielt so lange Unterstützung, bis sie 7600 Dollar Das Experiment in Dauphin war das umfassendste. Alle profitierten verdiente. von Mincome: Working Poor, Senioren, junge Männer – also Menschen, Mit dem Experiment wollten die Forscher unter anderem den Einfluss die sonst keine Sozialhilfe erhielten. So bezog ein Drittel der Bevölkedes Grundeinkommens auf den Arbeitswillen der Teilnehmer untersurung während der vier Jahre für eine gewisse Zeit Unterstützung. Die chen. Wer damals in Kanada von der Sozialhilfe lebte, hatte keinen AnMenschen waren froh darum, weil viele von der Landwirtschaft abhänreiz zu arbeiten. Jeder dazuverdiente Dollar wurde von der Sozialhilfe gig waren. Sie hatten nun Sicherheit. Ernteausfälle, Krankheit oder Uneingezogen. Eine Steuer von 100 Prozent quasi. Mincome sollte Argufälle stürzten sie nicht mehr in finanzielle Not. Und nicht nur die Leute, mente für eine «grosszügigere» Sozialhilfe liefern. Doch das Projekt fand die Unterstützung durch Mincome erhielten, profitierten davon. Die ein vorzeitiges Ende: Der politische Wind hatte sich gedreht, die ÖlkriMenschen hatten mehr Geld, sie kauften mehr Produkte, was die lokase hatte das Land fest im Griff und die neue konservative Regierung kein le Wirtschaft ankurbelte. Interesse mehr an Mincome. Das Projekt wurde ohne vollständigen AbSURPRISE 375/ 16

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BILD: ZVG

Mincome hiess das Grundeinkommen in den Siebzigerjahren in Dauphin, Kanada: Eric Richardson (links) und Clarke Wallace (Mitte) bekamen damals finanzielle Unterstützung.

Jahre täglich im Einsatz. Auch heute braucht Clarke Wallace ihn noch «5th Avenue Beauty Chalet» ab und zu. Eric Richardson war 12 Jahre alt, als seine Eltern 1977 vom MincoLange Zeit wusste Clarke nicht, dass seine Eltern damals staatliche me-Projekt Unterstützung erhielten. Er war der Jüngste von sechs KinUnterstützung erhielten. Man redete nicht darüber, schämte sich ein wedern. «Wir mussten nicht hungern, hatten aber wenig Geld, konnten nig. Anfänglich wollte niemand zugeben, dass er vom Staat abhängig uns keinen Luxus leisten.» Die Richardsons lebten mitten in Dauphin. ist. Mincome wurde als Almosen angesehen. Es galt: Wer hart genug arSie zogen ihr Gemüse selber in ihrem Garten, wie die Nachbarn auch. beitet, braucht keine Unterstützung. Clarke Wallace sieht das anders, er Viele Menschen in Dauphin lebten von der Landwirtschaft. Die Rihat keine Mühe, darüber zu reden. Als die holländische TV-Station Vpro chardsons nicht. Vater Gordon war Schreiner, nach einem Herzinfarkt konnte er nur noch Teilzeit arbeiten. Erics Mutter Amy betrieb zu Hause einen CoiffeurDer Gewinner von mein-grundeinkommen.de erhält ein Jahr lang jeden salon, das «5th Avenue Beauty Chalet». Damit Monat 1000 Euro und kann damit tun, was er will. hielt sie die Familie über Wasser. Für einen Haarschnitt verlangte sie damals 1,50 Dollar. bei ihm anklopfte, führte er die Medien-Leute zum Transporter. Das Je nach Anzahl Kunden variierte das Einkommen der Familie stark. Auto wurde zum Symbol für Mincome: Für sinnvoll investierte staatliDurchschnittlich verdienten die Richardsons etwa 400 Dollar pro Monat. che Unterstützung. Der GMC machte als «Mincome-Truck» eine MedienMincome fügte dem noch rund 200 Dollar dazu. «Meine Mutter war die karriere. ganze Zeit daran, Haare zu schneiden. Ihre Kunden sassen bei uns in der Für Clarke Wallace ist klar, dass es immer Menschen geben wird, die Stube. Vater scherzte jeweils: Bei uns hat es immer Haare in der Suppe.» zu wenig Geld zum Leben haben. Und er vertraut darauf, dass sie die Mit dem Geld leistete sich die Familie unter anderem neue Möbel. Unterstützungsgelder nicht einfach verprassen. «Die Leute haben das «Ein Tisch, den wir damals kauften, steht heute noch im Haus.» Und Geld gespart, um die Kinder an die Uni zu schicken oder neue Reifen für Eric konnte dank Mincome zum Zahnarzt: «Auch meine Zähne habe ich das Auto zu kaufen», erklärt er. So profitierte auch der Reifenhändler heute noch», scherzt der Lehrer. Er ist überzeugt vom Projekt: «Die Leuvon Mincome. Dann wird die Telefonverbindung immer schlechter. Er te konnten selber entscheiden, wofür sie das Geld ausgaben. Es gab keiist auf dem Weg zur Arbeit auf dem Feld in der kanadischen Provinz, wo ne Auflagen.» Viel Geld floss so zurück in die lokale Wirtschaft. «Das die Funkwellen nicht mehr hinreichen. Programm verteilte das Geld also auch unter Menschen, die gar nicht an Mincome teilnahmen. Das half allen», sagt Richardson. Die Leute konnDeutschland sucht den Glücklichen ten sich etwas mehr leisten. Das kam auch seiner Mutter zugute. Die Ein ganz anderes Projekt läuft derzeit auf der deutschen Website Coiffeuse machte so mehr Umsatz. www.mein-grundeinkommen.de: Die Initianten um Michael Bohmeyer sammeln mit der Crowdfunding-Plattform Spenden. Sobald 12 000 Euro Der «Mincome-Truck» beisammen sind, verlosen sie den Betrag an die Bewerber: Der GewinClarke Wallace war 14 Jahre alt, als Mincome 1974 startete. Seine Elner erhält ein Jahr lang jeden Monat 1000 Euro und kann damit tun, was tern arbeiteten ihr Leben lang hart. Sie betrieben eine Viehfarm ausserer will. Bis Ende April 2016 haben über 42 000 Spender damit schon 39 halb von Dauphin. «Wir waren immer arm, Working Poor. Mincome beGlücklichen für ein Jahr ein bedingungsloses Grundeinkommen finanzahlte nicht Unsummen, zwischen 80 und 120 Dollar pro Monat, zwei ziert. Laut Betreibern kann auch gewinnen, wer nicht gespendet hat. Jahre lang», sagt er am Telefon. Rund zwei Drittel des Geldes legte die Rein rechtlich ist die Plattform ein Gewinnspiel. Das bringt deutsche Familie Wallace zur Seite. Sie brauchten dringend einen neuen TransSozialhilfe-Empfänger (Hartz IV) in die Zwickmühle, sollten sie gewinporter. «Wir hatten zwei Trucks, aber die waren altersschwach. Dank nen: Die Behörden rechnen Spielgewinne zum Einkommen und senken dem Geld von Mincome mussten meine Eltern kein Vieh verkaufen, um die Unterstützung. Die Betreiber von mein-grundeinkommen.de erhofeinen neuen Truck anzuschaffen.» Der neue Wagen war die nächsten 25

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BILD: ZVG BILD: ANA-MARIJA BILANDZIJA

Meike hat mit dem Geld auch Zeit für Abschied und Trauer geschenkt bekommen.

Olga und Robin haben ihr Grundeinkommen sinnvoll eingesetzt.

fen sich trotzdem viele Teilnehmer, die Hartz IV erhalten. Denn: «Das Grundeinkommen ist zwar nicht besonders hoch, aber es ist bedingungslos, und kein Jobcenter kann dir mit Sanktionen drohen.» Initiant Michael Bohmeyer liefert mit dem Projekt keine wissenschaftlich fundierten Daten. «Stattdessen möchten wir Beispiele schaffen», schreibt er auf der Homepage. Ausbildung zur Mikrofonsprecherin Meike aus Berlin hat durch eine Freundin von der Verlosung für ein Grundeinkommen erfahren. Sie meldete sich auf mein-grundeinkommen.de an und beschloss, den Verein mit einer monatlichen Spende zu unterstützen. «Ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte die Arbeitswelt auf eine positive Art revolutionieren», sagt Meike. Und: Die Sängerin und Musikpädagogin wusste 2015 nicht so recht, wie es mit ihrer Arbeit weitergehen soll. 1000 Euro pro Monat für ein Jahr würden ihr SURPRISE 375/ 16

ein wenig Luft verschaffen, um herauszufinden, was und wie sie arbeiten will. Als sie im Februar von ihrem Gewinn erfuhr, kullerte die eine oder andere Freudenträne die Wange herunter. Sie lud Freunde zum Essen ein, um den Gewinn zu feiern. «Ich bin schon ein bisschen spendabler geworden», sagt die 35-Jährige. Sie überlegt sich, ob sie sich einen kleinen Garten mieten oder kaufen soll, um Gemüse anzupflanzen. Und sie wird sich zur Mikrofonsprecherin ausbilden lassen. «Ich will das Geld nachhaltig investieren», sagt sie. Den Rest legt Meike vorerst zur Seite. Das Grundeinkommen sorgt auch für ein wenig finanzielle Sicherheit. Von ihrer Teilzeitstelle könnte die Musikpädagogin nicht leben. Sie ist auf Engagements als freie Musikpädagogin, Sängerin und Sprecherin angewiesen. Das ist ein Auf und Ab. «Viele Kulturschaffende leben wohl im Prekariat», sagt die Berlinerin. Aber sie liebt ihren Beruf: «Musik für und mit Menschen zu machen, ist ein grosses Geschenk.» Dank den 1000 Euro kann sie sich es nun leisten, sich mehr Zeit für ihre Gesangsschülerinnen und eigene künstlerische Projekte zu nehmen. Auch muss sie nicht mehr jeder Anfrage nachrennen. Sie prüft diese nun kritischer. 2015 konnte sie sich das nicht leisten. Sie musste funktionieren. Auch als ein ihr sehr wichtiger Mensch krank wurde und wenige Monate später verstarb. Der Tod trat schnell und heftig in ihr Leben. Begreifen konnte sie das nicht. Zeit für Abschied und Trauer hat sie erst jetzt. Und das tut sie bewusst: Sie will sich in Ruhe mit Verlust, Sterben, Tod, Vermissen und Gedenken befassen. Meike sagt, sie sei gelassener und offener für die Menschen um sich herum geworden. Sie achtet eher darauf, was ihr gut tut, und ist lockerer bei dem, was sie tut. Das ist für sie Luxus. Aber hätte ein Lottogewinn nicht dieselbe Wirkung? «Die Leute haben Geld gespendet, weil sie Menschen ein bedingungsloses Grundeinkommen ermöglichen wollen. Für mich bedeutet das, dass ich das Geld bewusst einsetze», sagt sie. Ein Buch jeden Monat Im November 2014 gewann der achtjährige Robin Z. aus Biberach bei der Verlosung auf mein-grundeinkommen.de ein bedingungsloses Grundeinkommen. Von Dezember 2014 bis Dezember 2015 erhielt er jeden Monat 1000 Euro. Auf der Plattform angemeldet hatte ihn seine Mutter Olga: «Als Erstes fragte Robin: Bin ich nun reich? Bekomm ich jetzt jeden Monat ein Buch? Und dann lud er uns spontan zum Essen ein und erklärte uns, dass das Geld für die ganze Familie sei.» Olga Z. sieht das Geld nicht als Losgewinn. Viele Menschen hatten gespendet, damit sie das Grundeinkommen testen konnte. «Das erzeugt einen Druck, das Geld sinnvoll einzusetzen», sagt sie. Das wollte sie auch Robin beibringen. Keine einfache Aufgabe. Für Robin war nicht klar, was Wohlstand und finanzielle Sicherheit bedeuten. Olga Z. musste ihm erklären, dass die Familie mehr als 1000 Euro zum Leben braucht. Und sie staunte, wie stark sich Robin der Leistungsgedanke schon eingeprägt hatte. Er dachte, Menschen, die nicht arbeiten, seien faul. Sie erklärte ihm, dass nicht alle Menschen mit dem Leistungsgedanken zurechtkommen und dass die Gesellschaft diese trotzdem mittragen soll und das auch kann. Familie Z. hat einen Teil des Betrages gespendet. Und: «Wir haben Ausflüge in der Gegend unternommen und uns kurze Ferien geleistet. Wir sind durch Höhlen geklettert und haben Museen besichtigt. Mir war wichtig, das als Familie zu tun», sagt Olga Z. Familie Z. hat das Geld dazu benutzt, ein wenig zu verschnaufen. «Wir gingen lockerer durchs Leben.» «Existenzielle Probleme haben wir nicht», sagt Olga Z. «Wir leben am unteren Rand der Mittelschicht.» Allerdings: «Es braucht wenig, und wir kämen in finanzielle Nöte.» Ein Jobverlust, ein Unfall, eine Krankheit. «Wir strengen uns jeden Tag an, unseren Status zu halten.» Olga Z. arbeitet 25 Prozent als Krankenschwester, ihr Mann leistet Überstunden bei seiner Stelle. «Ich würde gerne mehr arbeiten», sagt sie. Das gehe aber mit den zwei kleinen Kindern nicht. Zudem betreut sie ihre Eltern und unterstützt die betagten Schwiegereltern. ■

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Mit diesen Flugzeugen werden Gensoja- und Genmais-Felder besprĂźht (Provinz Santiago del Estero).

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Agrarchemikalien gefährden das Wohl von Menschen, Tieren und Pflanzen. Stimmt nicht, sagen Produktionsfirmen wie Syngenta oder Monsanto. Welche Folgen Pestizide tatsächlich haben, zeigt ein Besuch in den Gensoja-Feldern Argentiniens.

Agrarkonzerne Gewinn vor Gesundheit VON ROMANO PAGANINI ( TEXT) UND MARILINA CALOS ( BILDER)

scheid weiss. Auch deshalb starten die Betroffenen der Gruppe Pueblo Fumigado («Eingenebeltes Volk») an diesem Vormittag ihre Informationskampagne. Auf den stillgelegten Bahnsteig sind 25 Bewohner gekommen, darunter Luciana Algrain. Es herrscht trotz Kälte angeregte Stimmung. In den Gesprächspausen macht selbstgemachte Pizza die Runde – und immer wieder die Frage: Was tun? «Wichtig ist, dass ihr euch zusammenschliesst», sagt Fernando Albrecht von Pueblo Fumigado. «Nur so könnt ihr etwas erreichen.»

Die junge Frau sitzt am Bahnsteig des stillgelegten Dorfbahnhofs und wartet. Zwei Studenten, die ich begleite, bringen ihre Kamera in Position. Es fällt ein fieser Regen an diesem Sonntagvormittag, und Ibarlucea, ein kleines Dorf, eingeklemmt zwischen Sojafeldern und den Vorstadtslums von Rosario, bietet eine triste Kulisse. Doch Luciana Algrain ist ja auch nicht des Wetters wegen gekommen, sondern wegen ihres fünfjährigen Sohns. «Ich lebe seit sechs Jahren neben einem Sojafeld Es geht nicht um Soja, sondern um Demokratie und wusste, dass die dort eingesetzten Chemikalien schädlich für die Fernando Albrecht fordert, was ein Grossteil von Pueblo Fumigado Umwelt sind», beginnt die 35-Jährige. «Aber es war mir nicht klar, welseit Jahren fordert: bei der Bewirtschaftung von Agrarflächen keine Cheche Folgen sie für die Menschen haben können.» Mitte 2007 brachte sie mikalien einzusetzen. Die Bevölkerung sei schliesslich nie gefragt worJuani zur Welt, der wegen einer Hirnschädigung im Rollstuhl sitzt. Der den, ob sie das wolle. «Das war», sagt Albrecht, «kein demokratischer, Arzt könne ihr keine genauen Gründe dafür sagen. «Eine Erbkrankheit sondern ein autoritärer Entscheid.» Auf dem stillgelegten Bahnsteig von schloss er definitiv aus», sagt die Frau. Erst durch die Gespräche mit Ibarlucea geht es nicht nur um eine Plattform für die Betroffenen, sonNachbarn erfuhren die Algrains, dass Juani nicht der Einzige im Dorf ist, der gesundheitliche Probleme hat. «Es meldeten sich Frauen, die keine Kinder bekommen «Ich bin ziemlich sicher», sagt die Hochschullehrerin Luciana Algrain, können, Nachbarn mit Krebs oder das zwölf«dass Juani wegen der Chemikalien eine Hirnschädigung hat. Beweise jährige Mädchen, das an Leukämie erkrankt habe ich aber keine.» war. Wir informierten uns, diskutierten und kamen zum Schluss, dass dies alles kein Zufall dern auch um Grundrechte in einer Demokratie. «Die Bürger sollen wiesein kann.» Schliesslich klopften die Nachbarn bei der Gemeinde an und der Selbstvertrauen entwickeln und ihre Meinung äussern», sagt Alverlangten einen Mindestabstand von 100 Metern zwischen Sojafeldern brecht. Er weiss, dass es bei Gensoja um mehr geht als Chemikalien und und Wohngebiet. Seit einem Jahr wird dies nun eingehalten. «Ich bin Zusatzstoffe. ziemlich sicher», sagt die Hochschullehrerin Luciana Algrain, «dass JuGensoja ist in Argentinien, was Kupfer in Chile oder Erdöl in Nigeria ani wegen der Chemikalien eine Hirnschädigung hat. Beweise habe ich sind: ein riesiges Geschäft. 2011 wurden rund 11,6 Milliarden Dollar mit aber keine.» dem Verkauf der Hülsenfrucht erzielt – so viel wie noch nie. Ein Gross Die beiden Studenten drehen eine Dokumentation über die Folgen teil der jährlich inzwischen 60 Millionen Tonnen Soja von argentinides Sojabooms in ihrer Provinz Santa Fe, dem Zentrum des argentinischen Äckern landet in den Futtertrögen chinesischer und europäischer schen Sojaanbaus. Es sind Folgen, über die die Öffentlichkeit kaum BeSURPRISE 375/ 16

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«Gefahr – Pestizidrückstände» steht auf diesem Schild aus Selva. Aufbereitet wird das Wasser nicht. Es verdunstet einfach (Provinz Santiago del Estero).

Wegen der Verharmlosung des Herbizids Glyphosat benutzten es die Mastbetriebe – auch in Deutschland. Gensoja war in Argentinien, dem Bauern wie Wasser – und gerieten dabei in einen Teufelskreis. Denn das weltweit drittgrössten Sojaproduzenten, von Anfang an kein NahrungsUnkraut wurde im Laufe der Jahre immer resistenter gegen Round up. Es mittel. Es war Kapital – Kapital, das heute über die Hälfte des fruchtbaentstanden sogenannte «supermalesas», Super-Unkräuter – worauf die ren Bodens des Landes besetzt. Bauern entweder die Dosis erhöhten oder das Glyphosat mit anderen, Dabei spielte Soja bis vor 15 Jahren kaum eine Rolle. Angebaut wurnoch stärkeren Agrarchemikalien mischten. Die giftigsten dieser Cheden Weizen, Mais und Sonnenblumen. Erst ab 1996, also im gleichen Jahr, in dem gentechnisch verändertes Soja auch in den USA auf den Markt kam, beganGensoja war in Argentinien von Anfang an kein Nahrungsmittel. Es war nen sich argentinische Bauern für diese NutzKapital – Kapital, das heute über die Hälfte des fruchtbaren Bodens des pflanze zu interessieren. Auslöser war wie in Landes besetzt. Nordamerika der US-Chemiekonzern Monsanto. Er brachte nicht nur gentechnisch veränmie-Cocktails setzen sich zusammen aus Glyphosat, Paraquat oder der derte Organismen (GVO) an den Río de la Plata, sondern reiste gleich Essigsäure 2,4-D. Letztere wird nicht nur gegen Unkraut verwendet, mit einer ganzen Ideologie an. Sein Gensoja verkaufte er nur zusammen sondern auch zur schnelleren Trocknung der Ernte. mit dem Glyphosat der Marke Roundup – einem seit Mitte der SiebziDabei hat 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure, wie die Chemikalie mit gerjahre eingesetzten Herbizid zur Unkrautbekämpfung; es wird heute ganzem Namen heisst, eine dunkle Vergangenheit. Sie war in leicht moin Millionen von Gärten weltweit verwendet. difizierter Form Bestandteil des Entlaubungsgifts Agent Orange, das die US-Armee während des Vietnamkriegs über dem Dschungel versprühte. Wie im Vietnamkrieg So sahen die Scharfschützen besser, wo sich ihre Gegner versteckten. Gleichzeitig kamen neue Technologien auf den Markt, mit denen Notabene: Monsanto war eine der Herstellerfirmen von Agent Orange. noch schneller mehr gesät, geerntet und letztlich verdient werden sollDer Krieg in Vietnam ist offiziell seit knapp 40 Jahren zu Ende. Doch die te. Monsanto ging sowohl zu den Produzenten als auch zu den AgrarFolgen von Agent Orange sind geblieben: verseuchte Böden, erhöhte studenten des Landes. Diesen wurde in eigenfinanzierten Laboratorien Krebsraten und Kinder, die mit Missbildungen zur Welt kommen. Es und Studien beigebracht, dass Glyphosat keinerlei negative Folgen hasind die gleichen Merkmale, die heute bei Menschen beobachtet werbe. Im Gegenteil: Es erhöhe die Ernte. Schliesslich war die von den Cheden, die in der Nähe von Agrarflächen mit GVO wohnen. mikern in St. Louis entworfene Gensojabohne resistent gegen das GlyViviana Peralta in San Jorge gehört zu diesen Menschen. Sie ist wie phosat. Und so machte Monsanto aus der einstigen Getreidekammer der Luciana Algrain Nachbarin eines Sojabauern, 200 Kilometer nördlich von Welt ein Versuchslabor für Gensoja. Die Konsequenzen dieses ProdukIbarlucea. Die Reise dorthin führt durch endlose Soja- und Maisplantationsmodells werden 16 Jahre danach langsam sichtbar.

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Alle machen ihren Job: Ein Sprühpilot in der Provinz Santiago del Estero.

gen, vorbei an Lagerhallen und Fabriken und an Werbeschildern mit Aufschriften wie «AgrosSoluciones» oder «Turboalimento». San Jorge ist ein Städtchen mit 25 000 Einwohnern, unzähligen Silos und Lagerhallen und grossen Fuhrparks. Ohne diese würde das Soja nicht aufs Schiff und damit nicht in die Welt gelangen. Lähmungen, wenn das Flugzeug kommt Viviana Peralta bietet ihren Gästen Matetee an und deutet auf die andere Strassenseite. Zehn Meter von ihrem Haus entfernt hatte der Nachbar während Jahren seine Herbizide ausgebracht – mit Sprühmaschinen oder Flugzeugen. Vivianas Lippen lähmten sich und sie konnte kaum sprechen, als das Gift in der Luft lag. Sie schloss jeweils Fenster und Türen und hoffte, dass das komische Gefühl wegging. Ailen konnte das nicht. Die jüngste Tochter von Viviana Peralta hatte schon bald Atemprobleme und immer wieder Hustenanfälle. Ein Immunologe aus Rosario bestätigte ihr, dass die Probleme mit den Chemikalien ihres Nachbarn zu tun haben; dieser sprühte nur wenige Meter von dort, wo Ailen spielte und schlief. Der Bürgermeister von San Jorge, an den sich Viviana Peralta wandte, soll nur mit den Schultern gezuckt und ihr dann ein Haus in der Stadt angeboten haben. Der Familie Peralta wurden auch Autos, Hotelaufenthalte und Medikamente offeriert – ein beliebtes Mittel in der Region, um Nachbarn mundtot zu machen. Über Pueblo Fumigado gelangte Viviana Peralta schliesslich an eine junge Anwältin, die 2009 einen Gerichtsentscheid erwirkte, der landesweit für Aufsehen sorgte. Der Bauer darf seine Chemikalien nur noch bis zu einer gewissen Distanz zur Nachbarschaft ausbringen, konkret: 800 Meter, wenn er mit der Maschine sprüht, 1500 Meter, wenn die Applikation aus dem Flugzeug erfolgt. Es war das erste Mal, dass in Argentinien eine staatliche Instanz ein ReSURPRISE 375/ 16

Viviana Peralta mit Tochter: Ailen hatte immer wieder Atemprobleme.

glement dazu aufstellte. Seither kam es in verschiedenen Dörfern und Städten zu ähnlichen Urteilen. Zudem veröffentlichte das Gesundheitsministerium der Provinz Santa Fe Ende Mai 2012 eine Untersuchung, wonach die Arztbesuche seit dem neuen Reglement um 16 Prozent zurückgegangen sind. Viviana Peralta hingegen, die jahrelang den Chemikalien ausgesetzt war, wurde von der Ärztin geraten, keine Kinder mehr zu bekommen. Das Glyphosat habe sich schon zu sehr in ihrer Gebärmutter abgelagert. Nahe dem Zentrum von San Jorge, diesem Genpflanzenmeer, und mitten in einem Wohnquartier werden Traktoranhänger mit Soja gefüllt. Ein älterer Mann stempelt Lieferscheine und blickt erstaunt auf, als er hört, dass ein Journalist aus Europa da sei. Er kommt aus dem Büro und flüstert, als er die Tür der Lagerhalle neben den Silos aufstösst: «Aber nur für ein paar Minuten.» Der Mann weiss, dass er dies nicht tun dürfte, scheint jedoch hin- und hergerissen zwischen den Interessen seines Brötchengebers und jenen seiner kranken Nachbarn. Kritiker werden bedroht «Normalerweise ist der Schuppen voll mit Samen und Chemikalien», sagt er und deutet auf die leere Fläche in der Mitte. Zwei Strassenhunde sind in die Halle geschlichen und verrichten ihr Geschäft an einem Wulst aus leeren Säcken, Plastikplanen und Staub. Es riecht wie früher im Chemiezimmer, wenn der Lehrer in der Pause lüftete. Am Eingang stapeln sich leere Kanister mit verschiedenen Markierungen, auch solche mit der Aufschrift 2,4D. Auf deren Etikette steht die empfohlene Dosis pro Hektar – nebst Soja und Weizen auch für Kartoffeln, Reis und Zuckerrohr. Welche Schäden verursachen diese Chemikalien? Der Mann zögert zunächst und antwortet dann: «Der Produzent sagt, sie richten keine

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Schäden an.» Die Kanister seien mit roten, gelWegen der Verharmlosung des Herbizids Glyphosat benutzten es die ben und grünen Streifen gekennzeichnet, soBauern wie Wasser – und gerieten dabei in einen Teufelskreis. Denn das dass man immer genau wisse, welche ProdukUnkraut wurde im Laufe der Jahre immer resistenter. te gefährlich seien und welche weniger. Es waren diese Kennzeichnungen, die den werdenden Kopfschmerzen und Muskelkrämpfen während der Arbeit Agraringenieur Claudio Lowy in einen mehrtägigen Hungerstreik vor keine Bedeutung. Als er aber immer weniger ass, sich im Spiegel nicht dem Landwirtschaftsministerium in Buenos Aires treten liessen. Er mehr wiedererkannte und eines Tages nicht mehr gehen konnte, begab warnte, dass die enthaltenen Produkte wesentlich giftiger seien, als auf er sich in ärztliche Behandlung. Er musste sich an Speiseröhre und Nieder Etikette behauptet werde. «Hier im Dorf», sagt der Mann und schiebt re operien lassen, zudem wurde ihm die Galle entfernt. «Was ich genau die Tür der Lagerhalle wieder zu, wisse man schon, dass die Chemikahabe, können die Ärzte nicht sagen.» Was sie Roberto aber sagten ist, lien schädlich seien. «Aber wenn du zwischen einem Job wählen dass er keinen Kontakt mehr mit Agrarchemikalien haben dürfe. kannst, der dir monatlich 2500 Pesos bringt, oder einem mit Chemika■ lien, bei dem sie dir das Doppelte zahlen – welchen wählst du?» Fernando Albrecht von Pueblo Fumigado hatte in Ibarlucea gesagt, Dieser Text ist vor vier Jahren entstanden und erschien erstmals in der Tagesdass sich in Argentinien ein Produktionssystem etabliert habe, bei dem Woche. An den gängigen Praktiken vor Ort hat sich seither nicht viel verändert alle irgendwie mitverdienen – und dadurch abhängig geworden seien. (siehe Kasten). Er nannte es auch die Diktatur des Marktes. Erst kürzlich wurde dem Direktor eines lokalen Radiosenders per Telefon mit Prügeln gedroht, wenn er die kritische Berichterstattung zu den gentechnisch veränderten Organismen – kurz GVOs – nicht einstelle. Mitglieder von Pueblo Das Geschäft mit dem Soja Fumigado erhielten Morddrohungen, anderen wurde das Auto ange«Argentinien ist der weltweit wichtigste Exporteur von Sojaöl und zündet oder Scheiben eingeschlagen. Hinzu kam, dass die Behörden Sojamehl sowie der drittwichtigste Exporteur von Sojabohnen.» Auf einzelner Provinzen, darunter Santa Fe, Schulmaterial zurückbehielten, dem Weg dahin wurden andere Nutzpflanzen wie Baumwolle, Weidas die GVOs infrage stellt. «Und um diese GVOs geht es letztlich», sagt zen, Reis und Mais sowie Viehzucht verdrängt und Wälder gerodet. Albrecht. Sie seien die Basis eines Produktionsmodells, das Monsanto «Die Pampas haben sich in öde Sojaplantagen verwandelt.» Das steht zusammen mit der neoliberalen Regierung von Carlos Menem Ende der im «Schwarzbuch Syngenta», einer vom Verein Multiwatch im April Neunzigerjahre installiert habe. «Die Chemikalien dienen lediglich da2016 herausgegebenen Anklageschrift. Der Basler Agrochemiekonzern zu, es aufrechtzuerhalten.» Syngenta verdient beim Sojaanbau in Argentinien seit 2008 mit: durch den Verkauf von Pestiziden und genverändertem Saatgut. Übernachten neben Glyphosat-Kanistern Der grösste Teil des in Lateinamerika erzeugten Sojas wächst aus Es überrascht deshalb nicht, dass Studien wie jene des EmbryonenSaatgut, das vom US-Konzern Monsanto stammt. Es ist resistent gegen forschers Andrés Carassco von der Universität Buenos Aires kaum beden Unkrautvernichter Glyphosat. Monsanto verkauft diesen unter achtet werden. Dieser hatte vor drei Jahren bestätigt, dass Glyphosat dem Namen «Roundup». Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat nur schon bei geringer Anwendung zu Missbildungen bei Embryonen 2015 Glyphosat als «möglicherweise krebserregend» eingestuft. Auch führen könne. Monsanto sagte darauf, dass ihre eigenen UntersuchunSyngenta hat mit «Touchdown» ein Glyphosat-Pestizid im Angebot, gen nicht zu diesem Schluss gekommen seien. hat dessen Verkauf aber laut Multiwatch eingeschränkt, um MischunWiderstand hat sich hingegen an der medizinischen Fakultät Rosario gen verkaufen zu können. gebildet. Studenten und Professoren arbeiten dort an einer grossangeInzwischen hat der Protest von Pueblo Fumigado und weiteren legten Studie, in der seit 2010 über 40 000 Nachbarn von Agrarflächen Gruppierungen laut Infosur.info den argentinischen Senat erreicht. Im mit GVOs zu ihrer Gesundheit befragt wurden. Erste Ergebnisse zeigen, September 2015 fand die erste Debatte über Pestizide statt. Dabei redass die Menschen in den betroffenen Gebieten vermehrt an einer ferierte Medardo Ávila Vázquez von Pueblo Fumigado über seine StuSchilddrüsenüberfunktion leiden – einer Krankheit, die im Rest des Landie im Dorf Monte Maiz in der Provinz Cordoba. Dorfbewohner, die in des keine Bedeutung hat. der Nähe von Soja-Plantagen wohnten, hatten sich an ihn gewandt. Letzte Station unserer Reise ist eine Autoraststätte, wenige Kilometer Sie hatten Krankheiten wie Asthma, Lupus, Schilddrüsenüberfunktiovor der Grenze zur Provinz Santiago del Estero. Am Fenster sitzt Robernen oder Krebs. Ávila fand heraus, dass drei Prozent der Kinder Fehlto Ríos, der gerade von einer Untersuchung im Spital zurückgekommen bildungen haben (normal sind 1,6 Prozent) und dass zehn Prozent der ist. Der 35-Jährige hat zwischen 2001 und 2009 für eine lokale AgrarfirFrauen Fehlgeburten erlitten (normal sind drei Prozent). «Das Dorf ma Chemikalien gemischt und sie auf den Feldern ausgebracht. Tag für liegt in einem der produktivsten Sojaanbaugebiete. Der Hektar hat eiTag. Mit Rucksackkanistern oder Maschinen, aber ohne Handschuhe, nen Wert von 8000 Dollar. Und die Leute sterben an Krebs», sagte ÁviAnzug oder Schutzmasken. «Uns wurde weder gesagt, dass wir uns la. Doch die Regierung von Cordoba halte diese Informationen unter schützen müssen, noch dass die Mittel gesundheitliche Schäden verurVerschluss. sachen», sagt Roberto. Federico Landgraf ist Sprecher der Casafe. Die Organisation vertritt Argentinien steckte Anfang der Nullerjahre in einer Wirtschaftskrise, die Interessen von Chemiemultis wie Bayer, BASF, Dow Chemical, Bauern und Produzenten achteten weniger auf die Dosis der ChemikaSyngenta oder Monsanto in Argentinien. Landgraf bezeichnet die im lien als vielmehr darauf, was die Ernte einbringt. «Das Ziel», erinnert sich Artikel erwähnten Studien als «unwissenschaftlich» und «tendenziös». Roberto, «war von Jahr zu Jahr das gleiche: Noch mehr Ertrag pro HekZudem habe das Gesundheitsministerium der Provinz Cordoba eine tar.» Roberto schlief zusammen mit anderen Mitarbeitern während zwei erhöhte Krebsrate dementiert. Die Pestizide seien ungefährlich für die Jahren in derselben Lagerhalle, in der er tagsüber die Cocktails mischte Bevölkerung, wenn sie mit dem nötigen Sicherheitsabstand zu Wohn– neben Kanistern mit Glyphosat, 2,4D und Endosulfan. Es habe sich gebieten ausgebracht würden. Zur Einstufung von Glyphosat als nicht gelohnt, sagt Roberto, über Nacht nach Hause zu fahren. «Und die «möglicherweise krebserregend» durch die WHO schreibt er, die EU Firma stellte uns keine andere Übernachtungsmöglichkeit zur Verfüsehe das anders. Allerdings: Im Gremium, das die Bewertung für die EU gung.» Der dreifache Vater stammt aus ärmlichen Verhältnissen und lebt vorgenommen hat, sitzen mehrheitlich industrienahe Fachleute. Gegen seit seiner Jugend von der Landwirtschaft. Er gab den immer stärker deren Urteil haben Umweltverbände Klage wegen Betrugs erhoben.(bc)

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Harald Winter gehört zu den Pionieren des südafrikanischen Chorgesangs im deutschsprachigen Raum.

Chor Musik, die einfährt Wer früher Lieder aus dem südlichen Afrika sang, hatte ein politisches Anliegen. Heute werden sie auch im Kindergarten und im Surprise Strassenchor gesungen. VON SARA W INTER SAYILIR ( TEXT) UND ROLAND SCHMID ( BILDER)

Es gehört zu den ganz frühen Erinnerungen an meine Kindheit, dass ich inmitten des Gewerkschaftschores meiner Eltern stehe und mit meinem Vater südafrikanische Lieder singe. Sei es auf einer 1.-Mai-Demo oder einer Mahnwache vor dem inzwischen stillgelegten Stader Atomkraftwerk oder auf einem deutsch-afrikanischen Freundschaftsfest. «Nkosi sikelel’ iAfrika» ist wohl der einzige Teil einer Nationalhymne, den ich ohne Umschweife mitsinge. Als Chorleiter gehört mein Vater Harald Winter zu den Pionieren des südafrikanischen Chorgesangs im deutschsprachigen Raum. Anfang der Achtzigerjahre veranstaltete der African National Congress (ANC) – die damals verbotene zentrale Organisation der Anti-Apartheidsbewegung SURPRISE 375/ 16

in Südafrika – eine Informationsreise durch Deutschland, die vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) unterstützt wurde. Zur Delegation des ANC gehörte auch der Musiker und Politaktivist James Madhlope Phillips. Zahllose Kassetten mit den Liedern der schwarzen Befreiungsbewegung hatte er im Gepäck und verteilte diese bereitwillig unter den dortigen Gewerkschaftlern. Über den Bremer Chor «Die Zeitgenossen» erreichten diese Aufnahmen eine Gruppe von interessierten Chorleitern, die sich daranmachten, die Stücke abzuhören und zu notieren, darunter auch mein Vater Harald Winter, ein ausgebildeter Jazzer mit grossem Interesse für verschiedene Bereiche der Weltmusik. Damals war er beim DGB als Chorleiter angestellt und bildete die Leitenden anderer Gewerkschaftschöre fort. Über diesen Weg sorgte er für die Verbreitung der «Lieder der Befreiung» und

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da ich keine Gelegenheit auslasse, mit meinem Vater zu singen, bin ich gab später auch ein gleichnamiges Liederbuch heraus, das heute allerauch dabei. Wir stehen nach Stimmhöhe gruppiert: Die hohen Frauen dings vergriffen ist. Die Tradition der Vokalmusik in Südafrika «ist eng bilden den Sopran, die tieferen den Alt, die Männer singen Bass. Die verknüpft mit der sozialen und politischen Situation der Menschen vor Ort», schreibt er darin. Viele Lieder seien in den politischen Auseinandersetzungen zwiAuch bei diesem Stück gibt es neben der reinen Sehnsucht nach der schen der unterdrückten schwarzen Mehrheit Mutter, die besungen wird, eine politische Deutung. und der herrschenden weissen Minderheit im Südafrika der Apartheid entstanden, erzählt er ganz tiefen Frauen bekommen eine Extra-Stimme, die auch von hohen auch heute noch jeder Gruppe, die er in südafrikanischem Chorgesang Männern, den Tenören, gesungen werden könnte. Das Lied ist dreistimunterrichtet. Die politische Dimension der Musik ist ihm ein Anliegen, mig gesetzt, Bass und Alt singen dasselbe – mit der üblichen Oktave Difer möchte neben Gesang auch ein wenig Einblick in die Lage der Menferenz zwischen Männern und Frauen. Die Harmonien klingen vertraut, schen vor Ort geben, die Umstände erklären, unter denen die Stücke kein Wunder: Der mehrstimmige Gesang ist mit den europäischen Koentstanden sind. lonisten und christlichen Missionaren ins südliche Afrika gekommen. Und doch tönen sie nicht wie der Kirchenchor von nebenan. Deutlich Ohne Noten, ohne Druck überwiegt das Südafrikanische in den Gesängen – weil ihnen trotz eu«Ti Mamasa ta ge/ keise ra mu gao/ tsuku tsuku tis ge/ nu kunisa ra ropäischer Harmonik ein eigener Klang und eine eigene Rhythmik inmi». Auf Nama-Damara, einer Sprache aus Namibia, heisst das: «Wenn newohnen. Den besonderen Zauber dieser einfachen, aber nicht simich zu meiner Mama will, muss ich die Eisenbahn nehmen», es ist der plen Kompositionen spüren die Workshop-Teilnehmenden, die ein Lied Text eines Liedes. Die Melodie ist eingängig, die wenigen Zeilen werden nach dem anderen spielerisch lernen. Sieben Stücke erarbeiten wir im in drei Abschnitten immer wiederholt, bis der swingende Groove und Ganzen, ohne Noten oder Textblätter, fast ohne Begleitung, nur durch die Klänge auch den letzten Mitsänger erfasst haben. Und auch bei dieVorsingen und Nachsingen. sem Stück gibt es neben der reinen Sehnsucht nach der Mutter, die beDie Sprachen, in denen die Lieder verfasst sind, wie Nama-Damara, sungen wird, eine politische Deutung. Vor der Unabhängigkeit NamibiisiZulu oder isiXhosa, sind für ungeübte Zungen kaum zu bewältigen, as im Jahr 1989 wurde dieses Lied häufig unter Exilierten gesungen, die da sie uns fremde Klick- und Zischlaute enthalten. Meist werden daher auf die Rückkehr in ihre Heimat warteten, die von Südafrika und der abgeflachte, leicht aussprechbare Textversionen gesungen. Wer vor dort propagierten Apartheidspolitik beherrscht wurde. Muttersprachlern versuche, es dennoch richtig auszusprechen, ernte Rund 20 Sängerinnen und Sänger rund um den Surprise Strassenchor gern mal schallendes, wenn auch wohlwollendes Gelächter, erzählt Hahaben sich an diesem Sonntag zu einem Workshop in der Musikschule rald von einer seiner Chorreisen nach Südafrika. Projekte wie den SurArchemusia in Basel eingefunden. Chorleiterin Ariane Rufino dos Sanprise Strassenchor, bei denen es vor allem um Spass und das Verbintos hat Gäste aus ihren anderen Gesangsengagements mitgebracht. Und

Winter probt mit dem Surprise Strassenchor.

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dende der Musik geht, gebe es übrigens auch dort. Zum Beispiel die Gruppe Thlokomela aus einem Township bei Windhuk in Namibia, wo Jugendliche eine Gemeinschaft finden und Musikunterricht bekommen, der ihnen aufgrund von Armut oder Herkunft nicht offensteht. Fast so fremd wie die Klick- und Zischlaute sei uns Nordeuropäern auch die fliessende Rhythmik der südafrikanischen Musik. Man singt immer leicht vor dem eigentlichen Takt. Diesen Swing begreift man leichter, wenn man sich dazu bewegt. «Aber bloss nicht marschieren!», warnt der Musiker die Lernenden und karikiert erst einen Soldaten im Stechschritt, bevor er sich wiegend im Takt durch den Raum bewegt: «Locker soll es sein.» Politisch sensibles Liedgut Ein paar Lieder aus der südafrikanischen Gesangstradition sind weltweit bekannt: «The Lion Sleeps Tonight» ist das beste Beispiel. Erstmals 1939 aufgenommen, wurde das Lied in der Version von The Weavers in den Fünfzigerjahren ein durchschlagender Erfolg. Über 100 Mal ist es seitdem gecovert worden, unter anderem von der bekannten südafrikanischen Sängerin und Bürgerrechtlerin Miriam Makeba. Kaum erwähnt Harald ihren Namen und den Welthit «Pata Pata» im Workshop mit den Surprise-Sängerinnen und -Sängern, fangen die ersten spontan an zu singen, und innerhalb weniger Minuten steht der mehrstimmige Chorsatz. Makeba, die aufgrund der Apartheid lange Zeit in den USA im Exil lebte, trug massgeblich zur internationalen Verbreitung südafrikanischer Musik bei. Auch der US-Musiker Paul Simon sorgte mit einem umstrittenen Südafrika-Projekt weltweit für Furore: 1986 ignorierte Simon den herrschenden internationalen Boykott kultureller Kontakte mit dem diktatorischen Regime und nahm sein Album «Graceland» in Südafrika auf – unter Beteiligung zahlreicher afrikanischer Musiker. Auch Miriam Makeba begleitete ihn auf der folgenden Konzerttournee und kam beim

Konzert in Simbabwes Hauptstadt Harare nach jahrzehntelangem Exil ihrer Heimat erstmals wieder nah. «Graceland» wurde mehrfach ausgezeichnet und ist das erfolgreichste Album Simons. Trotz aller politischen Kritik an seinem Vorgehen wird ihm heute zugutegehalten, dass er mit seinem Album schwarzen südafrikanischen Musikern erstmals eine internationale Plattform bot und ihnen so zum Durchbruch verhalf. Die A-Cappella-Männergesangsgruppe Ladysmith Black Mombazo ist mit ihm zum Weltstar geworden. Seitdem hat sich viel getan. 1994 kam es in Südafrika zu den ersten freien Wahlen, die Apartheid wurde nach und nach abgeschafft. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Musik wider. Manche Lieder, die ich als Kind noch aus voller Kehle gesungen habe, werden heute nicht mehr öffentlich aufgeführt. Dazu gehört das in den Achtzigern verbreitete isiZulu-Lied «Aya Ngena», dessen Text so viel bedeutet wie: «Sie fallen in unser Land ein und ziehen sich wieder zurück. Sie zittern und sind verwirrt, die Feiglinge.» Weil sich Südafrika nach dem Ende der Apartheid mit der sogenannten Wahrheitskommission für einen Weg der Versöhnung zwischen Unterdrückten und Unterdrückern entschieden hat, hält man sich heute dort mit Liedgut zurück, das der politischen Mobilmachung diente. Seitdem singt man lieber Unverfänglicheres, sagt Harald und stimmt mit dem Surprise-Chor «Sponono yekile» an, ein eingängiges Stück auf isiXhosa, einer weit verbreiteten Sprache in Südafrika. «Es ist eine Art Blues», beschreibt er den Inhalt, «da beobachtet einer seine Ehefrau mit einem anderen auf der gegenüberliegenden Strassenseite und klagt laut: ‹Meine Angetraute hat mich verlassen!›» Chorleiterin Ariane Rufino lacht und sagt: «Na, da scheint es weite Interpretationsspielräume zu geben. Ich kenne das Stück nämlich auch, aber als Beerdigungslied!» Allgemeines Schmunzeln. Und so richtig traurig klingt das Zwei-WorteStück denn auch nicht in unseren Ohren, im Gegenteil. ■

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BILD: GUIDO SÜESS

Wörter von Pörtner Idioten Der Frühling kehrt zurück und damit der Verkehrskonflikt Auto- vs. Velofahrer vs. Fussgänger. Ich glaube jedoch, dass der Konflikt ein ganz anderer ist, nämlich jener Idioten vs. Zurechnungsfähige. Idioten verhalten sich immer wie Idioten, egal ob sie mit einem Fahrzeug oder zu Fuss unterwegs sind. Das liegt an einem grundsätzlichen Missverständnis, dem die Idioten aufsitzen: Sie glauben, Verkehrsteilnehmende zu sein bedeute, dass sie berechtigt wären, nach eigenem Gutdünken den für sie schnellstmöglichen Weg zurückzulegen. Andere Verkehrsteilnehmende und Verkehrsregeln empfinden sie als Schikanen, die sie an diesem Vorhaben hindern. Entsprechend ist ihr Verhalten. Möglicherweise nehmen die Idioten das von den Marketingabteilungen der Automobilkonzerne erdachte Konzept des Individualverkehrs für bare Mün-

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ze. Natürlich ist das ein Widerspruch in sich. Verkehr ist nie individuell, sondern immer ein kollektives Unterfangen. Auf der anderen Seite wird fälschlicherweise angenommen, dass Idioten, die sich auf ein Velo setzen, durch ihr Verkehrsmittel in vernünftige Fahrer verwandelt würden, nur weil das Velo ein ökologisch vernünftiges Fahrzeug ist. Zur Teilnahme am Verkehr berechtigt allein die Verpflichtung, sich an die entsprechenden Regeln zu halten. Darum müssen die Lenkerinnen und Lenker von Motorfahrzeugen diese Regeln lernen und eine Prüfung darüber ablegen. Warum Velofahrende das nicht müssen, ist seltsam. Über das Einhalten der Regeln wacht die Polizei. Wer sich nicht an die Regeln hält, wird gebüsst oder aus dem Verkehr gezogen. So weit, so einfach. Weil die Verkehrsteilnahme jedoch das pure Gegenteil jener in der Motorfahrzeugwerbung angepriesenen Freiheit ist, wollen das die Idioten nicht wahrhaben. Sie glauben, auch ausserhalb der Autobahn gebe es eine Mindestgeschwindigkeit. Sie meinen, die Strasse oder das Trottoir gehöre ihnen. Sie denken, der Stärkere habe Vortritt. Sie glauben, selber entscheiden zu können, ob ihr Verhalten andere beeinträchtige oder nicht. Die vom Autohandel kräftig mitfinanzierte Law-and-Order-Partei sähe die Strasse am liebsten als rechtsfreien Raum. Zumindest für Motorfahrzeuge. Weil eine Abschaffung der Verkehrsregeln demokratisch nicht durchsetzbar

ist, fordern sie die Nichteinmischung der Polizei. Der Industrieclown Andreas Thiel verlangt sogar die Abschaffung der Parkbussen. Das sichert ihm den Applaus der Idioten. Dabei wäre dies die wirksamste Massnahme, den Verkehr in der Stadt zum Erliegen zu bringen. Denn wer schon einmal eine Stadt besucht hat, in der die Verkehrsregeln nicht durchgesetzt werden, kennt das: Wo immer es zwei Spuren gibt, verkommt eine zum Abstellplatz für Autos. Desgleichen Trottoirs, Plätze und Strassenborde. Weil keine Busse droht, verlängert sich die Parkzeit, und auch das Einklemmen anderer Wagen zieht keine negativen Konsequenzen nach sich. Weil alles verstellt ist, ist kein Durchkommen mehr auf den verengten Strassen, und wer vorwärtskommen will, muss sich zu Fuss zwischen all den Fahrzeugen durchschlängeln. Autofahren würde verunmöglicht. Denn es sind nicht die Verkehrsregeln, die den Verkehr mühsam machen und ins Stocken bringen. Es sind die Idioten, die sie nicht beachten.

Stephan Pörtner ist Autor und Übersetzer in Zürich und verhält sich mitunter auch wie ein Idiot. Sarah Weishaupt ist freie Illustratorin aus Basel. SURPRISE 375/ 16


Bildrausch Wilder Frühling für den Film BILD: ZVG

Das Bildrausch Filmfest Basel feiert den Film als Kunstform und zeigt Avantgardistisches und Berauschendes in Bild, Ton und Thema. Im beglückenden und manchmal etwas verstörenden Sinn. VON DIANA FREI

Im Internationalen Wettbewerb des jungen Filmfestivals sind illustre Regienamen enthalten, es werden Filme gezeigt, von denen man sonst höchstens in internationalen Filmzeitschriften liest: «Cemetery of Splendour» von Apichatpong Weerasethakul, «Homo Sapiens» von Nikolas Geyrhalter, «A Dragon Arrives» von Mani Haghighi (dem auch eine Spezialreihe gewidmet ist und der eine Masterclass abhält). Eugène Green hangelt sich mit «Le Fils de Joseph» (mit Mathieu Amalric) auf stilisierte Weise der biblischen Maria-und-Joseph-Geschichte entlang, und Brady Corbets düsterer Erstling «Childhood of a Leader», eine Geschichte aus dem Ersten Weltkrieg, brennt sich uns mit seinem Kerzenlicht aufs Eindringlichste ein. Dass viele Gäste persönlich anwesend sind, ist bereits zu einem Markenzeichen des Festivals geworden. Dazu gibt’s Spezialprogramme: «Springtime in Munich» erinnert uns daran, dass Uschi Glas mal jung war und die Aufbruchstimmung in den Sechzigern mit Händen greifbar. Zwischen 1966 und 1969 produzierte die sogenannte Neue Münchner Gruppe einen Film nach dem anderen, May Spils’ «Zur Sache, Schätzchen» oder Rudolf Thomes «Detektive» gehören dazu. In den Filmen mit den schönen Mädchen in kurzen Röcken haben die Dialoge Tempo, aber werden gleichgültig an die Wand weggesprochen, was unheimlich cool wirkt. In «Zur Sache, Schätzchen» bekommen die seltsam verkürzten Sätze der Hauptfigur Martin (Werner Enke) einen fast lyrischen Ton: Das hilft, auch den allergewöhnlichsten Alltag zur Geschichte zu erklären oder wenigstens ein bisschen ins Poetische hinaufzuhieven. Es wird gerne geflunkert und der Rest der Welt zum Narren gehalten. Man nennt sich pseudophilosophisch, bis man selbst merkt: «Man kann nicht einfach Worte aneinanderreihen, da tun einem die Worte ja leid.» Im Freien schwimmen die Gedanken gerne ins Imaginäre, wie Martin sagt, und im Schwimmbad wird die Philosophie beim Anblick der Bikinis profaner, bis Po und Poesie mit einem Mal recht wortverwandt scheinen. Dann tauchen neue grosse Lebensfragen auf, die ins scheinbar Nichtige heruntergeschnoddert werden, und im Zoo kommen Zeilen wie diese zustande: «Freiheit finde ich bedrü ckend.» – «Ich glaube, Fantasie wächst mit der Begrenzung des Raums.» Da weiss man als Zuschauer dann, mit Blick ins Tiergehege, gar nicht recht, ob man lachen oder seufzen soll. Das ist der Ton dieser Filme, und er macht sie so einzigartig. Die Münchner begannen in einer Zeit Filme zu machen, in der man in einer ganz anderen Ecke Deutschlands den Film zu erneuern versuchte. Alexander Kluge, der nicht nur Filmemacher, sondern auch Jurist ist, gehörte 1962 zu den Unterzeichnern des sogenannten Oberhausener Manifests. Ziel war, damit eine Art von Filmpolitik ins Leben zu rufen, die es bislang nicht gegeben hatte. «In Oberhausen wurde viel diskutiert, aber die explosive Wirkung der Ideen, die man sich erhoffte, blieb aus», sagt Kurator Bernd Brehmer, der am Bildrausch «Springtime SURPRISE 375/ 16

Posen üben am Set: Werner Enke, Regisseurin May Spils und Uschi Glas in «Zur Sache, Schätzchen».

in Munich» präsentiert. «Alexander Kluge erklärte, jeder müsste eine Filmkamera zur Hand nehmen und seine eigenen Geschichten erzählen. Das blieb aber eine Utopie. Was in Oberhausen diskutiert wurde, war zum Teil etwas spröde, theoretisch und letzten Endes wenig sichtbar.» Dafür gab es in München Rudolf Thome, Klaus Lemke, Werner Enke, May Spils und ein paar andere junge Leute, die die Kamera in die Hand nahmen. Sie waren beeinflusst von der französischen Nouvelle Vague, die die guten Geschichten auch an der eigenen Strassenecke fand, und sie hatten ihre Freude am amerikanischen Genre-Kino. Und so wird auch bei ihnen ab und zu mal jemand wirkungsvoll gefesselt: mit der Wäscheleine ans Bett, mit der Krawatte an die Badewannenarmaturen oder mit der Vorhangkordel ans Fauteuil. Die Münchner filmten mit wenig technischem Aufwand, aber oft schön komponierten Bildern in Schwarz-Weiss drauf los. Bis 1969, und dann war es irgendwie vorbei. «Die Bemühungen der Oberhausener wurden fruchtbar, eine Filmförderung entstand, der Neue Deutsche Film existierte nun offiziell», sagt Bernd Brehmer. «Es kamen die grossen Namen wie Rainer Werner Fassbinder, die die Münchner Gruppe auf gewisse Weise ablösten.» Die Blüte in München war kurz, aber erfrischend. Einen Hauch davon kann man jetzt nochmals erleben, im Frühling in Basel. ■ Bildrausch Filmfest Basel, 25. bis 29. Mai, Stadtkino Basel www.bildrausch-basel.ch

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Kultur

Kinderbücher bilden Lebenswelten von Kindern ab. Das sieht heute leider so aus.

Wurmlöcher entziehen sich jeglicher Logik.

Buch Heimweh und Hoffnung

Theaterfestival Welche Farbe hat 15 Uhr?

Die Autorin Kirsten Boie erzählt für Kinder nachvollziehbar eine wahre Geschichte vom Fliehen und Ankommen.

Zürcher Schulklassen zeigen am Festival Blickfelder ihre künstlerischen Arbeiten rund um das Thema Zeit.

VON CHRISTOPHER ZIMMER

VON MONIKA BETTSCHEN

Die Flüchtlingswelle bewegt Politik und Gemüter. Sie weckt Ängste und erzeugt ein Klima der Verunsicherung. Um so wichtiger, dass man vor lauter Sorge um das eigene Wohl nicht das aus den Augen verliert, was die Menschen, die fliehen müssen, erleben und erleiden. Schon für Erwachsene ist das alles andere als einfach. Wie viel schwerer muss es da für Kinder sein? Die Autorin Kirsten Boie hat sich für einen denkbar klugen Weg entschieden: Sie schildert das Unfassbare aus der Perspektive von Kindern und macht es dadurch nachvollziehbar. So wie Boie selbst es aus erster Hand erfahren hat, erzählt sie die wahre Geschichte zweier syrischer Kinder, der zehnjährigen Rahaf und ihres neunjährigen Bruders Hassan. Die klar gegliederte und von einfühlsamen Bildern begleitete Geschichte beginnt in der Stadt Homs bei den spielenden Kindern auf der Strasse, in einer scheinbar heilen Welt, die bald schon von Flugzeugen und Bomben, Trümmern und Toten beherrscht wird. Es folgt der Abschied von allem Vertrauten und die Flucht der sechsköpfigen Familie in einem viel zu kleinen Schiff, überladen mit Menschen, die von den Schleppern gnadenlos ausgeplündert werden. Acht Tage und Nächte voller Kälte, Hunger, Durst und Angst. Die Familie gehört zu den Glücklicheren. Boie versperrt den Zugang zum schweren Thema nicht durch zu grosse Schrecken. Rahafs Familie überlebt die gefährliche Überfahrt und gelangt bis nach Deutschland. Dort ist die Unterkunft notdürftig, der Einstieg in die Schule und die fremde Sprache für Rahaf und Hassan nicht einfach, und Enge und Arbeitslosigkeit für Eltern und die kleinen Geschwister schwer zu ertragen. Das offene Ende ist geprägt von Heimweh, aber auch von Hoffnung. Dieses wichtige und empfehlenswerte Büchlein ist in Deutsch und Arabisch geschrieben und bietet zudem einen kurzen Kurs in beiden Sprachen. So eignet es sich sowohl für deutschsprachige als auch für die Flüchtlingskinder selbst. Und wird so vielleicht zu einem Wegbereiter der so notwendigen gegenseitigen Annäherung. Kirsten Boie (Text), Jan Birck (Bild): Bestimmt wird alles gut. Klett Kinderbuch

Die Kommandoanlage K85 Hirschengraben, noch vor wenigen Jahren eine streng geheime Militäranlage, bohrt sich 30 Meter tief in den Bauch der Stadt hinunter. Obwohl diese Anlage atomsicher gebaut wurde und auch gegen andere Bedrohungen schützen könnte, hat auch sie der Vergänglichkeit nichts entgegensetzen. Der ideale Ort für die Klasse N2b der Kantonsschule Enge, um im Rahmen des Kunstfestivals Blickfelder das diesjährige Thema Zeit zu reflektieren. Der Vertikalschacht mutiert während des Projekts «Zeitraumtraum» zu einem Wurmloch, das seine Besucher in andere Dimensionen saugt. Auf fünf der zehn Stockwerke offenbaren sich in Film, Ton, Text, Licht und szenischen Elementen Welten, in denen sich die Zeit bunt und eigenwillig jeder Logik entzieht. «Für das Festival Blickfelder wählen wir jeweils bewusst ein offenes Thema aus, damit die Kinder und Jugendlichen gemeinsamen mit den Lehrpersonen und involvierten Kulturschaffenden eigene Projekte erarbeiten können», sagt André Grieder vom Volksschulamt des Kantons Zürich, der das Festival seit 2011 leitet. Sobald ein Thema steht, können Kunstschaffende aus allen Sparten ihre Vorschläge einreichen. Das Volksschulamt trifft die Auswahl und teilt die Projektvorschläge den Schulen mit, worauf sich interessierte Schulen und Lehrpersonen melden können. Am Projekt «Tagebuch der Zeiten» haben gleich alle rund 250 Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte der Schule Bachtobel mitgewirkt: Eine Klasse denkt darüber nach, welche Farbe die Zeit haben könnte, eine andere präsentiert dem Publikum einen getanzten Tagesablauf. Und eine der Klassen führte Gespräche in einem Altersheim – was zeigt, wie gewaltig sich der Zeitbegriff im Laufe des Lebens wandeln kann. Während eines Jahres sind in den einzelnen Klassen 20 einzelne Projekte entstanden, die am Festival erstmals als Gesamtkunstwerk gezeigt werden. «Die Arbeit an diesen Projekten hat alle zusammengeschweisst und eine spannende Dynamik freigesetzt. Die Schülerinnen und Schüler spüren, dass sie hier Teil von etwas Grossem geworden sind», sagt Noémie Blumenthal vom Theater Purpur, welche die Schule Bachtobel für dieses Projekt in kreativen Belangen begleitet.

2016. 13.90 CHF

«Blickfelder» – Künste für ein junges Publikum, 2. bis 12. Juni, diverse Spielorte, Zürich, genaue Informationen online. www.blickfelder.ch

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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, in dem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in pre kären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu be gleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Für Viv Albertine war die Bühne eine Art geschützte Werkstatt.

Punk Brüchiges Gitarrenspiel Als Mitglied der Frauenband The Slits war Viv Albertine ein Punk der ersten Stunde, danach taumelte sie in eine Identitätskrise. Jetzt erscheinen ihre Memoiren auf deutsch. VON HANSPETER KÜNZLER

Sie sei ja bloss ein scheues Mädchen aus Nordlondon gewesen, sagt Viv Albertine. Dafür verfügte sie über eine erstaunlich niedrige Hemmschwelle, wenn es darum ging, ihre Zeitgenossen zu provozieren. Es begann damit, dass sie mit den 200 Pfund, die sie von der Grossmutter geerbt hatte, eine elektrische Gitarre kaufte. Dabei war sie beseelt vom Beispiel Yoko Onos, die aller öffentlichen Häme zum Trotz konsequent ihrer eigenen künstlerischen Nase folgt. An der Seite von Sid Vicious startete Albertine ihre erste Band, noch ehe sie einen Akkord spielen konnte. In der Tat gab sich der spätere Clash-Gitarrist Mick Jones vergeblich Mühe, ihr die Rudimente des Gitarrenspiels zu vermitteln. Aber es war ihr egal – ihr gefiel, wie sie klang. Auch dann noch, als Vicious sie aus der eigenen Band geschmissen hatte. Mit der freidenkenden Frauenband The Slits folgte darauf eines der grossen Kapitel der Punkzeit. Was Albertine über jene Tage schreibt, ist oft sehr amüsant und manchmal tiefschürfend: der Einfluss von Sex-Pistols-Manager Malcolm McLaren und Design-Pionierin Vivienne Westwood zum Beispiel werden mit fairer Finesse ausgeleuchtet. Nicht weniger beeindruckend ist der skalpellhafte Stil, mit dem Albertine die zweieinhalb Dekaden verarbeitet, die darauf folgen. Das Ende der Slits stürzt sie in Selbstzweifel, sie wird zum Aerobics-Crack, heiratet, erkrankt an Krebs, bekommt eine Tochter, zieht nach Hastings, beschäftigt sich mit Keramik – und fühlt sich leer. Eines Tages kauft sie eine neue Gitarre und singt. Der Ehemann hält sie für verrückt, die Ehe bricht auseinander. 2012 erscheint das Album «The Vermillion Border», dann die Memoiren, englischer Titel: «Clothes, Music, Boys». «In den letzten Jahren», so sagt Albertine heute, «ist mir immer öfter der Gedanke gekommen, dass wir Punks allesamt an irgendeiner Art von Persönlichkeitsstörung litten. Innerhalb unserer Gruppe bekamen wir den Raum und die Toleranz, uns auszuleben und akzeptiert zu werden. Das gilt besonders auch für Frauen. Die Bühne ist der Ort, wo toleriert wird, dass Frauen wild, sexuell und lärmig sind.»

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Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

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Klinik Sonnenhalde AG, Riehen

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Frank Türen AG, Buchs

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R. Geigy-Stiftung, Basel

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Familie Iten-Carr Holding AG, Zug

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Brother (Schweiz) AG, Dättwil

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Maya-Recordings, Oberstammheim

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Velo-Oase, Erwin Bestgen, Baar

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Imbach Reisen AG, Wanderreisen, Luzern

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Institut und Praxis Colibri, Murten

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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Fischer + Partner Immobilien AG, Otelfingen

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Petra Wälti Coaching, Zürich

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Bachema AG, Schlieren

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Pro Lucce, Eschenbach SG

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Mcschindler.com GmbH, Zürich

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Burckhardt & Partner AG, Basel

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Schluep & Degen Rechtsanwälte, Bern

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AnyWeb AG, Zürich

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TYDAC AG, Bern

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InhouseControl AG, Ettingen

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Hauswirth Privat-Pflege, Oetwil am See

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Supercomputing Systems AG, Zürich

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Frank Blaser Fotograf, Zürich

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Balcart AG, Therwil

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

Viv Albertine: «A Typical Girl – ein Memoir» (Suhrkamp). Viv Albertine liest am Do, 26. Mai im Kaufleuten, Zürich. www.kaufleuten.ch/event/viv-albertine

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Ausgehtipps

Alles wandert umher.

Eingewandert Was ist schon lokal? «Dein Auto ist japanisch, deine Schrift lateinisch, deine Demokratie griechisch und dein Kaffee brasilianisch … und du forderst ‹Ausländer raus›?» Diesen altbekannten Spruch hat sich das Museum.BL zu Herzen genommen und sich auf Spurensuche scheinbar heimischer Dinge, Tiere und Pflanzen begeben. (win)

Tanz mit zwei Unbekannten.

Kunst für die Nase gibt optisch nichts her. Logisch.

Basel Mathe tanzen

Thun Schönes erschnüffeln

Wir wussten, dass man Geschichten über Beziehungen tanzen kann, über die Liebe sowieso, sogar über unsere Gesellschaft. Aber Mathematik als Tanz ist uns neu. Das versucht nun Tenguerengue, eins von drei Stücken an einem Tanzabend im Neuen Theater in Dornach. Gar nicht so abwegig, geht es doch bei Mathe durchaus auch mal um instabile Gleichgewichte und um Wechselwirkungen. Auf Menschen übersetzt: um Zerbrechlichkeit, um körperliches Hin und Her und um seelische Ausgeglichenheit – oder eben auch nicht. (dif)

Vielleicht gehören Sie schon länger zu jenen Museumsbesuchern, die heimlich und verschämt an Ölbildern schnüffeln, bis fast der Alarm losgeht, weil die Kunst Ihnen so noch mehr einfährt. Endlich müssen Sie sich für Ihre Leidenschaft nicht mehr schämen, sondern können offen schnüffeln. Denn jetzt bestätigen es Kuratoren: «Olfaktorische Erinnerungen können Bestandteil der Werkbetrachtung werden und eröffnen weitere Aspekte der Realität.» So steht’s hochoffiziell in der Medienmitteilung des Kunstmuseums Thun. Anhand von Naturdarstellungen aus der Sammlung geht man in der experimentell angelegten Schnupperschau der Frage nach, wonach Kunst riecht, und findet Antworten wie: nach blühenden Wiesen, brennendem Holz, salzigen Wellen. (dif)

«LOOP Tanz 1. Tanzabend – Eine Kooperation, 3 Stücke. 3 Choreografen», Do, 2., Di, 7. und Do, 9. Juni, je 20 Uhr; neuestheater.ch, Bahnhofstrasse 32, Dornach, ticket@neuestheater.ch www.neuestheater.ch

«Schnupperschau 2 – Unter freiem Himmel»,

Ausstellung «Eingewandert – Wie das Fremde Heimat

Di bis So 10 bis 17 Uhr, Mi 10 bis 19 Uhr,

wird», 21. Mai 2016 bis 6. August 2017, Museum.BL,

Kunstmuseum Thun, Projektraum Enter,

Zeughausplatz 28, Liestal. www.museum.bl.ch

Hofstettenstr. 14, Thun

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Sehen Sie genau hin! Hat er da nicht Ihre Schuhe in der Hand?

Zürich Kapitalismus hoch zwei Schlüpfen Sie in die Rolle eines tansanischen Strassenhändlers und verkaufen Sie Schuhe. Diese Möglichkeit bietet Ihnen das Computerspiel «Sole City», das Teil der Ausstellung «Von alten Schuhen leben» ist. Womöglich sind es dieselben Schuhe, die Sie am Morgen noch in die Altkleidersammlung gegeben haben. Denn daher beziehen die Verkaufenden im globalen Süden ihre Ware. 15 Monate haben die Ausstellungsmacher Strassenhändler in Tansanias Millionenmetropole Dar es Salaam begleitet, die vom Verkauf gebrauchter Damenschuhe leben. (win) «Von alten Schuhen leben», 27. Mai bis 25. September, Völkerkundemuseum der Universität Zürich, Pelikanstrasse 40, Di, Mi, Fr 10 bis 17 Uhr, Do 10 bis 19 Uhr,

Der Islam gehört zum Hip Hop. Und umgekehrt.

Zürich Kein rotes Tuch

Sa 14 bis 17 Uhr, So 11 bis 17 Uhr, Eintritt frei. www.musethno.uzh.ch

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Immer noch glauben Menschen, dass Frauen, die ihre Haare verhüllen, auch ihre Existenz verschleiern wollen. Poetic Pilgrimage belehrt sie eines Besseren: Die beiden Britinnen Muneera Rashida und Sukina Abdul Noor aus der Musikstadt Bristol setzen auf dicke Beats, knallig-bunte Gewänder und politisch selbstbewussten Rap. Die Konvertitinnen mit afro-jamaikanischen Wurzeln gehören zu den Vorreiterinnen der britisch-muslimischen Hip-Hop-Szene. Der Dokumentarfilm «Hip Hop Hijabis» von Mette Reitzel beleuchtet die Auseinandersetzung der beiden Hijabis (wie sich Kopftuchträgerinnen auf Englisch selbstbewusst nennen) mit der Hip-Hop-Szene, die zwar männlich dominiert ist und trotzdem ganz und gar die Welt der beiden Frauen. «Hip Hop Hijabis» thematisiert auch die Vereinbarkeit von Glaube und Popkultur. Nach dem Film stellen sich die Künstlerinnen der Diskussion mit dem Publikum, bevor sie dann musikalisch den Abend abrunden. (win) «HIP HOP HIJABIS – An Evening with Poetic Pilgrimage», Do, 26. Mai, Rote Fabrik, 19 Uhr Filmaufführung, 21 Uhr Konzert. www.rotefabrik.ch

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Verkäuferporträt International Der Luxus des Alters Seit der ersten Ausgabe vor 20 Jahren verkauft Antonio Mininni das italienische Strassenmagazin Scarp de’ tenis. Nun setzt sich der «Grossvater des Magazins» zur Ruhe. VON REDAKTION SCARP DE’ TENIS ( TEXT UND BILD)

Erst war es nur ein Gerücht, nun ist es offiziell. «Ende des Jahres trete ich in den Ruhestand», bestätigt Scarps ältester Verkäufer, Antonio Mininni, der gerade 70 geworden ist. Er ist so etwas wie der Grossvater der Scarp de’ tenis-Familie. Seit 20 Jahren öffnet er morgens um halb sieben das Büro des Magazins im Zentrum von Mailand, wo sich auch die Redaktion befindet, und verteilt dort die Hefte an die 50 Verkaufenden. Geboren in Bari, verbrachte Mininni den Grossteil seines erwachsenen Lebens in Venedig. «Mir ging es gut, eigentlich sogar grossartig», erinnert er sich. Bis eines Tages die Steuerfahnder auf ihn aufmerksam wurden und ihm alles wegnahmen. «Mein Fehler, ich habe richtigen Unsinn gemacht», sagt er. Obdachlos, ohne Geld oder Besitz ging Mininni nach Mailand in der Hoffnung, die grössere Stadt böte ihm mehr Möglichkeiten, neu anzufangen. «Stattdessen schlief ich am Bahnhof Garibaldi, hungrig und frierend. Du kannst dir einfach nicht vorstellen, wie das ist, wenn du es nicht selbst durchgemacht hast.» Jeden Morgen ging er zur Bahnhofstoilette, um sich mit eiskaltem Wasser zu waschen und zu rasieren. Eines Tages betrat er das Büro für Sozialfragen des Gewerkschaftsverbandes CISL, wo ihn jemand fragte, was er benötige. «Nachdem ich ihm meine Geschichte erzählt hatte, schickte er mich zur Cena dell’ Amicizia, der sogenannten Freundschaftstafel, einer etablierten Mailänder Organisation, die sich um Obdachlose kümmert. Dem Namen nach nahm ich an, dass sie mir was zu essen geben würden», so Mininni. Im Cena-Hauptquartier traf Mininni auf den Gründer der Organisation, Ermanno Azzali. «Er fragte mich, ob ich Verkaufstalent hätte. Caritas hätte ein neues Magazin, und er schlug vor, dass ich versuche, das zu verkaufen», erinnert Mininni sich. «Er gab mir 50 Kopien. Als ich abends wiederkam, hatte ich 49 verkauft, die 50. hatte ich für mich selbst behalten. Ich wollte lesen, was ich da den ganzen Tag verkauft hatte.» Es war die erste Ausgabe von Scarp de’ tenis. Ein paar Monate später brauchten sie jemanden, der sich um das Redaktionsbüro kümmerte, das sich zu der Zeit in einer feuchten Garage im Stadtteil Turo befand. «Zuerst traute mir irgendjemand nicht mit den Schlüsseln, aber am Ende stimmten sie zu», so der Verkaufsveteran. Seitdem befinden sich die Schlüssel zur Scarp-Redaktion, deren Adresse sich mittlerweile sechsmal geändert hat, immer in Mininnis Hosentasche. Am Anfang waren es nur vier Verkaufende, an die Mininni die Kopien verteilte und von denen er das Geld einsammelte. Unter ihnen Daniele Gazzola, der ein enger Freund Mininnis wurde. «Ich traf ihn bei Cena. Er war ein intelligenter Mann, der für den Energiekonzern ENI gearbeitet hatte, bevor er alkoholabhängig wurde. Wir haben eine Menge Zeit miteinander verbracht», entsinnt sich Antonio, und die Erinnerung stimmt ihn traurig. «Eines Tages, kurz vor Weihnachten, war er weg. Er hatte wieder angefangen zu trinken, und wir konnten ihm da nicht raushelfen. Einige Zeit später wurde er tot auf den Stufen einer Kirche aufgefunden», fügt er hinzu.

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Über die Jahre hat Antonio Mininni viele solcher Schicksale beobachtet. Vielleicht deswegen hat er bisher keine Pläne für den Ruhestand. «Ich möchte nicht reisen oder solche Sachen», sagt er mit einem Schulterzucken. «Wahrscheinlich werde ich weiter das machen, was ich die letzten Jahre gemacht habe: den Obdachlosen helfen. Ich bleibe Präsident der Scarp de’ tenis-Verkäufervereinigung und werde mich weiterhin um die Verkaufenden unserer grossen Scarp-Familie kümmern.» Nur auf eines freut Antonio Mininni sich besonders: einen täglichen Mittagschlaf. «Nach 20 Jahren früh aufstehen werde ich mir eine Stunde Ruhe nach dem Mittagessen gönnen. Diesen Luxus kann man sich nur im Alter leisten», setzt er hinzu. ■ Übersetzt aus dem Englischen von Janet Schilling.

Mit freundlicher Genehmigung von INSP News Service www.insp.com / Scarp de’ tenis SURPRISE 375/ 16


SurPlus – eine Chance für alle! Werden Sie Gotte oder Götti bei SurPlus Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten. Menschen, die kaum Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt wieder Struktur und mehr Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Das verdient Respekt und Unterstützung. Das Spezialprogramm SurPlus ist ein niederschwelliges Begleitprogramm für ausgewählte Surprise-Verkaufende, die regelmässig das Strassenmagazin

verkaufen und hauptsächlich vom Heftverkauf leben. Diese Verkaufenden erhalten nur geringe soziale Ergänzungsleistungen und werden im Programm SurPlus gezielt vom Verein Surprise unterstützt: Sie sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit, Nahverkehrsabonnement) und werden bei Problemen im oft schwierigen Alltag begleitet. Mit einer Patenschaft leisten Sie einen wesentlichen Beitrag für die soziale Absicherung der Verkaufenden und ermöglichen ihnen, sich aus eigener Kraft einen Verdienst zu erarbeiten. Vielen Dank für Ihr Engagement!

Elsa Fasil Bern

Kostana Barbul St. Gallen

Ralf Rohr Zürich

Marlis Dietiker Olten

Negasi Garahassie Winterthur

Josiane Graner Basel

Tatjana Georgievska Basel

Emsuda Loffredo-Cular Basel

Anja Uehlinger Baden

Fatma Meier Basel

Haimanot Ghebremichael Bern

Oliver Guntli Bern

Roland Weidl Basel

Daniel Stutz Zürich

Ja, ich werde Gotte/Götti und unterstütze das SurPlus-Programm von Surprise! 1 Jahr: 6000 Franken

1/2 Jahr: 3000 Franken

1/4 Jahr: 1500 Franken

Vorname, Name

Telefon

Strasse

E-Mail

PLZ, Ort

Datum, Unterschrift

1 Monat: 500 Franken

375/ 16 Talon bitte senden oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, 4051 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 375/ 16

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Surprise – mehr als ein Magazin

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.)

Hilfe zur Selbsthilfe Surprise unterstützt armutsbetroffene Menschen – beim Strassenverkauf, Strassenchor oder Strassensport, dem Sozialen Stadtrundgang oder Café Surprise: Der Verein fördert die soziale Integration der Betroffenen. Surprise gibt das vierzehntägig erscheinende Strassenmagazin heraus. Eine professionelle Redaktion produziert das Heft zusammen mit einem Netzwerk aus freien Journalisten, Fotografen und Illustratoren. Das Magazin wird auf der Strasse verkauft. Über 350 armutsbetroffene Menschen, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten über den Strassenverkauf eine Erwerbsmöglichkeit und eine Tagesstruktur. Die Hälfte des Magazinerlöses behalten die Verkaufenden. Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht sozial ausgegrenzten Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit z.B. mit dem Sozialen Stadtrundgang in Basel und Zürich. Die Surprise-Stadtführer sind Armutsbetroffene, Ausgesteuerte und Obdachlose. Sie erzählen aus ihrem Alltag in ihrer Stadt und zeigen Orte, an denen man sonst vorübergeht. Gemeinsam wollen sie Vorurteile abbauen.

Stärken. Bewegen. Integrieren. Surprise fördert die Integration mit Sport. In der Surprise-Strassenfussball-Liga spielen Teams aus der ganzen Deutschschweiz. Sie kämpfen um den Titel des Schweizermeisters und des Weltmeisters beim Homeless World Cup. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Strassenchor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Glücksmomente für Menschen, für die der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Café Surprise schenkt Menschen mit wenig Geld einen kostenlosen Kaffee in einer Bar oder einem Café. So können sie am sozialen Leben teilnehmen. Für Gäste ist es eine einfache und charmante Gelegenheit, sich sozial zu engagieren: Sie bezahlen ihren Kaffee und spendieren einen weiteren. Über Surprise Der Verein Surprise unterstützt Armutsbetroffene ohne staatliche Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle Angebote ist Surprise auf Spenden, Sponsoren und Stiftungen angewiesen. Surprise ist Mitglied des internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP), dem über 120 Magazine in über 40 Ländern angehören.

Gönner-Abo für CHF 260.–

Geschenkabonnement für: Vorname, Name

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Datum, Unterschrift 375/ 16

Bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Verein Surprise, Administration Spalentorweg 20, 4051 Basel F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch

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Impressum Herausgeber Verein Surprise, Spalentorweg 20, 4051 Basel www.vereinsurprise.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Fr T + 41 61 564 90 90, F + 41 61 564 90 99 Nicole Mathys, Thomas Oehler, info@vereinsurprise.ch Geschäftsführung Paola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) Anzeigenverkauf T + 41 61 564 90 90, M + 41 76 325 10 60 anzeigen@vereinsurprise.ch Redaktion T + 41 61 564 90 70, F + 41 61 564 90 99 Amir Ali (ami), Beat Camenzind (bc), Diana Frei (dif, Heftverantwort liche), Thomas Oehler (tom), Sara Winter Sayilir (win), redaktion@vereinsurprise.ch, leserbriefe@vereinsurprise.ch Ständige Mitarbeit Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Florian Burkhardt, Rahel Nicole Eisenring, Shpresa Jashari, Carlo Knöpfel, Melanie Kobler (Grafik), Yvonne Kunz, Stephan Pörtner, Isabella Seemann, Sarah Weishaupt, Priska Wenger, Tom Wiederkehr, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Monika Bettschen, Marilina Calos, Dominik Galliker, Hanspeter Künzler, Danielle Liniger, Romano Paganini, Roland Schmid Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 21 900, Abonnemente CHF 189, 25 Ex./ Jahr Marketing, Fundraising T + 41 61 564 90 50 Svenja von Gierke (Leitung), Zaira Esposito Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugs weise nur mit Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird jede Haftung abgelehnt.

Vertriebsbüro Basel T + 41 61 564 90 83/ 85 Thomas Ebinger, Anette Metzner, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Zürich T + 41 44 242 72 11, M + 41 79 636 46 12 Reto Bommer, Sara Huber, Kanzleistrasse 107, 8004 Zürich, zuerich@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Bern T + 41 31 332 53 93, M + 41 79 389 78 02 Barbara Kläsi, Alfred Maurer, Fabian Steinbrink Scheibenstrasse 41, 3014 Bern, bern@vereinsurprise.ch Strassenchor T + 41 61 564 90 40 Paloma Selma (Leitung), p.selma@vereinsurprise.ch Strassenfussball T + 41 61 564 90 10 Lavinia Besuchet (Leitung), l.besuchet@vereinsurprise.ch, David Möller (Sportcoach), d.moeller@vereinsurprise.ch Sozialer Stadtrundgang Basel T + 41 61 564 90 40 Sybille Roter (Leitung), s.roter@vereinsurprise.ch, Paloma Selma (Koordination), rundgang@vereinsurprise.ch Sozialer Stadtrundgang Zürich T + 41 44 242 72 14 Sybille Roter (Leitung), s.roter@vereinsurprise.ch, Carmen Berchtold (Koordination), rundgangzh@vereinsurprise.ch Vereinspräsident Beat Jans Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen. Helfen macht Freude, spenden Sie jetzt: Spendenkonto PC 12-551455-3 SURPRISE 375/ 16


Surprise – Mehr als ein Magazin

Strassenfussball Ein Abschied zum Auftakt Am 9. und 10. April fand das Auftaktwochenende der Surprise Strassenfussball-Saison 2016 im Zeichen des Fairplay statt. Am Samstag traten zwölf Mannschaften zum Benefizturnier für den Surprise Strassenfussball an. Unser grosser Dank geht an die Teams Permatrend (Fairplay-Sieger), justfootball (Turniersieger), NL-Tuning (2.), FüBi (3.), Kulturmanager, Sganafanz, Hattrick, Surprise Nati 2015, Plan B, Velogourmet, Velo Lekraj, Infinity, an Profi-Schiedsrichter Christian Zimmermann und an den Lions Club St. Alban für die köstliche Verpflegung. Den Ansporn lieferten die wunderschönen Pokale, die von der Kunstwerkstatt ArtSoph in Liestal für Surprise Strassenfussball kreiert wurden. Ein besonderer Pokal wurde Olivier Joliat bei der Siegerehrung überreicht. Olivier war seit 2008 bis 2015 Medienverantwortlicher, Materialchef, Speaker, Fotograf und «Troubleshooter» bei Surprise Strassenfussball und musste das Leitungsteam verlassen, weil das Programm mit kleinem Budget in der nächsten Phase das Geld anders investieren muss. An dieser Stelle ein riesiges Kompliment und Dankeschön an Olivier, ohne den Surprise Strassenfussball nicht wäre, was es heute ist: ein grossartiges Streetsoccer Projekt mit einem starken integrativen und selbstwertstärkenden Effekt. Es war schön, Olivier beim Team FüBi mitspielen zu sehen. Wir vermissen bereits sein Lächeln und seine Power! Der langjährige Coach vom Team Barracudas, Livio Domeniconi, gibt sein Amt ebenfalls ab, bleibt uns aber als Schiedsrichter erhalten. Livio hat das Programm auch stark mitgeprägt, war mehrmals beim Homeless

World Cup als wertvoller Begleiter dabei, und einige seiner Spieler wurden für die Surprise Nationalmannschaft nominiert. Am Sonntag kickte der Surprise Strassenfussball-Botschafter und ehemalige Schweizer Fussball-Nationalspieler Dominique Herr den Ball in die neue Saison. 14 Teams aus der ganzen Schweiz spielten in zwei Stärkeklassen um den ersten Turniersieg. Herzliche Gratulation an die Teams Olten, Azatlaf Ticino, Surprise Züri und OeSA Basel für den Fairplay-Titel, OeSA Basel (1. Platz), Dragons Basel (2.), Surprise Streetsoccer Bärn (3.), Barracudas Frenkendorf, TASCH Schaffhausen, Gassechuchi Lozärn und Surprise Züri in der Gruppe B und CSA Teamplayers Aarau (1.), Multi Basel (2.), CSA Selection Aarau (3.), Team Olten, Freekickers Basel, Surprise Basel und Azatlaf Ticino in der Gruppe A. Und ein grosses Dankeschön an alle Schiedsrichter, Coaches, Manager, Jury, Helferinnen und Helfer für einen sehr gelungenen Anlass. Lavinia Besuchet Leiterin Surprise Strassenfussball

BILD: LBE

BILD: CHRISTIAN MÜLLER

Dank der langjährigen Unterstützung von Hyundai und erdgas

Coaches und Schiedsrichter mit Sportcoach David Möller (Mitte, rotes Gilet). SURPRISE 375/ 16

Abschied Olivier Joliat. Links Sportcoach David Möller.

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surprise@manifesta: Ein Projekt von JĂźrgen Krusche (ZHdK), Surprise Strassenmagazin und Surprise-Verkaufenden.


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