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Silvan Nideröst

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Das Feuer brennt

Das Feuer brennt

Silvan Nideröst: Der mit den Eiskristallen im Blut

Er liebt die Berge, die Natur, den Schnee sowieso. Er ist wissensbegierig und leistungsorientiert. Seit elf Jahren arbeitet Silvan Nideröst in leitender Funktion beim Ski - pro duzenten Atomic. Er kommt viel in der Welt herum, kehrt aber immer gerne wieder in seine Heimat in der Urschweiz zurück. Wer am Morgen gerne aufsteht, macht ganz viel richtig im Leben, ist sein Lebensmotto – seit seiner frühsten Kindheit.

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Wenn Silvan Nideröst vom Stoos spricht, glänzen seine Augen, wie der sich in der Sonne kristallisierende Schnee. Keine Frage: Wir treffen uns auf dem Stoos zu einem nicht ganz alltäglichen Gipfelgespräch. Zehn Autominuten trennen ihn von «seinem» Berg. Diese Zeit braucht er, um vom Wohnort Brunnen zur Talstation der Stoos-Bahn zu gelangen. Von da an geht es mit der steilsten Standseilbahn auf der Welt hoch hinaus – auf 1300 Meter über Meer; mit einem Gefälle von bis zu 110 Prozent, werden Erinnerungen wach an die Fahrten auf der Achterbahn im Freizeitparkt Rust. «Und?», fragen zwei strahlende Augen, «ist das nicht schön?»

«Mein Kraftort»

Es wird noch schöner. Zwei Sessellifte trennen uns noch vor dem Gipfel des Fronalpstocks auf knapp 2000 Metern über Meer. «Die Rundsicht da oben ist einzigartig.» Fürwahr, zwei Sessellifte später eröffnet sich uns der Blick auf den Urnersee, die Mythen und was sich uns sonst noch an Bergwelt präsentiert. Silvan Nideröst klopft sich wie zur Bestätigung seiner Aussage auf die Brust: «Das ist mein Kraftort.» Er schmunzelt: «Das Kaiserwetter, der unter den Füssen knirschende Schnee und Sonne pur kommt uns natürlich entgegen.» Gleichzeitig verwischt er die Gedanken an einen eingeschränkten Blick mit einer mit Wolken verhangenen Berg- und Seenlandschaft gleich wieder weg: «Hier oben ist es immer schön, auch wenn es mal weniger schön ist.»

Der offene Schwyzer

So viel zum Enthusiasmus eines Mannes, der sich als offener Schwyzer bezeichnet. Der Urkanton kann sich keinen besseren Botschafter wünschen. Der 48-Jährige verkauft nicht nur seine Heimat in eindrücklicher Manier, die gleiche Leidenschaft entwickelt er im Beruf. Er lernte Kaufmann, studierte später Betriebswirtschaft. Er absolvierte das letzte Schuljahr in einem Institut in der Westschweiz und absolvierte eine Sprachschule in Amerika. Deshalb spricht er fliessend Französisch, ebenso auch Englisch. In seiner heutigen Tätigkeit setzt er beide Sprachen täglich ein. Zuletzt, vor seinem Sprung in die Skiindustrie, war er in einem Konzern tätig, der sich schon früh mit digitaler Visualisierung beschäftigte. Das sollte ihm später zugute kommen.

Er hätte gerne Eishockey gespielt

Hätte aus dem Schwyzer auch ein Sportsmann werden können? Ein Skirennfahrer wie einige aus seiner Region? Er sei Rennen gefahren, mal besser, mal weniger gut. Er spielte dagegen in der zweiten Liga Fussball und stand zwischen den Pfosten – und gewann eine wichtige Erkenntnis für sein späteres Leben: «Als Torhüter kannst du nur verlieren oder gewinnen.» Das sei im Beruf nicht anders. Am liebsten hätte er aber Eishockey gespielt, was aber keine Option war. Schon deshalb nicht, weil sein Vater auf

SILVAN NIDERÖST GANZ PERSÖNLICH

Geboren

28.09.1972

Zivilstand

verheiratet mit Isabella (Kinder Sira 12 Jahre und Nico 14 Jahre)

Ausbildung

Eidg. Dipl. Verkaufsleiter HF / eidg. Dipl. Verkaufs leiter HF, Eidg. Dipl. Schneesportlehrer

Heutige Funktion

Market Manager Schweiz/England

Hobbys

Familie, Outdoor-Aktivitäten, Reisen

dem Stoos einen Skiliftbetrieb aufzog und von daher klar war, wo man die Wochenenden im Winter verbringen würde. Sicher nicht auf dem Eisfeld. «Ich habe nichts falsch gemacht», sagt er. Selbst im Sommer zieht es ihn auf diesen Berg, von dem er schwärmt, als gäbe es kein anderes Ziel. Er wandert an einem schönen Sommermorgen auf den Fronalpstock. Start ist vor sieben Uhr und die Sonne blinzelt ihm entgegen und führt ihn hinauf den Berg. Die Frage muss kommen: «Was gibt es Schöneres?»

Grosse Leidenschaft

Vielleicht die Arbeit in der Skiindustrie? Noch bevor er den Gedanken hatte, einmal in dieser Branche Fuss zu fassen, packte ihn der Skivirus auch noch auf eine andere Weise. Nach dem Studium war er für zwei Wintersaisons als Skilehrer in Arosa tätig. «Als Giggi von Arosa», schmunzelt er. Ins Schanfigg zieht es in mit seiner Familie noch heute – in die eigene Ferienwohnung. Arosa? Also doch. Es gibt noch andere schöne Skigebiete auf dieser Welt. Da lässt er keine Zweifel offen. Besonders seit er ein Teil der Skiindustrie geworden ist. Das war 2002. Er folgte keinem Ruf, aber einem Tipp des damaligen Stöckli-Produktentwicklers Ruedi Arnet. Der sagte ihm, er solle doch beim Schweizer Produzenten anklopfen, der einen Leiter Kommunikation suche. Da traf er auf einen gewissen Sepp Odermatt, seinen Vorgesetzten. Er lernte, ihn ebenso zu schätzen wie den damaligen Firmenchef Beni Stöckli. «Er hat Grosses geleistet. Ich bin ihm für vieles dankbar.» Die sieben Jahre bei Stöckli in Wolhusen behält er in sehr guter Erinnerung. Er sah die Firma in dieser Zeit wachsen, massiv wachsen. Dank dem grossen Enthusiasmus, den er in dieser Skifamilie gespürt habe. Diese Leidenschaft brauche es, um einen guten Job zu machen.

Ein anderer Doyen aus der Branche

Diesen Enthusiasmus spürt er heute bei Atomic – dem traditionellen österreichischen Skihersteller, Teil der internationalen AMER Group. Auch wenn alles viel grösser ist. «Auch eine Firma in dieser Dimension macht der grosse Spirit den Unterschied aus», findet er. Vor elf Jahren erhielt er die Möglichkeit, bei Atomic Schweiz ins Produktmanagement einzusteigen. Dazu motiviert hat ihn ein anderer Doyen aus der Branche: Hanspeter Streule. Er spricht ehrfurchtsvoll von diesem Mann, der selbst Teil eines Schweizer Skiproduzenten war. «Er kannte mich schon aus meiner frühesten Kindheit.» Daraus entstanden ist eine ganz besondere Beziehung und Freundschaft, die bis heute hält.» Wer Teil ist eines internationalen Konzerns erlebt auch Umstrukturierungen. Wer diese überlebt, macht seinen Job nicht schlecht. Silvan Nideröst stieg 2009 als Produktmanager ein. Während vier Jahren in einer zentralen Funktion für die Region Zentraleuropa tätig. «Ich habe so die Eigenheiten der verschiedenen Märkte von Grund auf kennengelernt. Es war gleichzeitig meine bisher intensivste Zeit in meinem beruflichen Leben.» Heute verantwortet er den Markt Schweiz und England. Die Freude am Skisport ist ihm nie vergangen; er hält sich wohl an das Zitat von Friedrich Nitzsche: «Was mich nicht umbringt, macht mich stärker.» Das war so, als er nach der Geburt des Sohnes vor 14 Jahren für das Master in Marketing und Bachelor in Verkauf einige Zeit regelmässig am Freitag und Samstag die Schulbank drückte und selbst während der ISPO in München, im Hotelzimmer Hausaufgaben büffelte, statt mit den Kollegen ein Feierabendbier zu trinken.

Kein Mann für den Badestrand

Bei diesem Mann muss immer etwas laufen. Er bestreitet das keine Sekunde. Eine gewisse Ruhelosigkeit ist spürbar an ihm, in seinen Worten. Das war schon so, als er als mit dem Sohn um acht Uhr die erste Bahn auf den Stoos nahm, um früh auf der Piste zu sein – vor allem aber auch, um den erwachenden Morgen erleben zu können. Darum ist er auch kein Mensch, den es im Sommer an den Meeresstrand zieht. Im Gegensatz zu seiner Frau und den beiden Kindern. Für den Vater gibt es einen Kompromiss. Ohne Berge geht nichts.

Aber Frau und Kinder verreisen mit den Eltern jeweils im Herbst nach Gran Canaria. Und er? «Undenkbar, dass ich im Herbst Ferien nehmen kann», feixt er. Er kann damit leben. Seine Familie auch. Wenn der Berg ruft, hält Silvan Nideröst nichts mehr. Wenn Schnee liegt, erst recht nicht. Er zeigt in östliche Richtung auf eine Anhöhe mit Berghöfen. Da sei Franz Heinzer aufgewachsen – sein grosses Idol aus der Jugend. Heute spielt er mit ihm ab und zu eine Golfrunde im Sommer. «Er ist einer von hier. Wie die Gebrüder Toni und Thomas Bürgler.» Urschweizer, Schwyzer eben. Er vermutet, dass sie ebenso wie er gerne in der Weltgeschichte herumgereist, aber noch lieber immer gerne wieder nach Hause zurückgekehrt sind. Er vermutet, mit einem Schmunzeln im Gesicht, dass sie wohl wie er Eiskristalle im Blut haben müssen.

Spirit ungebrochen spürbar

Er blickt während unseres Gesprächs immer wieder versonnen in die Bergwelt. «Einfach wunderbar.» Da könnte man glatt vergessen, dass unser Leben nach wie vor eingeschränkt ist. «Wenigstens sind die Skigebiete offen.» Dabei denkt er nicht nur an das eigene Skifahren, sondern in erster Linie an die ohnehin schon gebeutelte Skiindustrie. Die Luft sei noch dünner geworden. Sporthändler in anderen Ländern würden massive Umsatzeinbussen beklagen. «Da sind wir in der Schweiz in einer noch einigermassen guten Situation.» Er ist aber keiner, der die Probleme von gestern wälzen will, sondern immer nach Lösungen sucht. Er glaubt an das Morgen des Wintersports. «Wir haben gelernt, uns der Zukunft anzupassen», und meint damit auch den spürbar zunehmenden Trend beim Skitourensport. Atomic habe vor einigen Jahren diesen Trend aufgenommen und stark in die Produkte investiert. Tourenski hatten wir schon lange im Angebot, aber erst 2015 dann den ersten Tourenschuh und 2016 die erste Tourenbindung. Dafür brauchts Mut und eine gute Nase. Lag der Anteil des Skitourenbereichs bei Atomic vor Kurzem noch bei 15 Prozent, wird er nach diesem Winter um das Doppelte steigen. «Das unterstreicht die grosse Innovationskraft des Unternehmens», sagt Nideröst. Atomic verkauft weltweit am meisten Alpinski, und teilt sich die Vorherrschaft in der Schweiz mit Head. Und auch wenn Atomic nicht mehr eigenständig ist, so sei der grosse Spirit im Mutterhaus in Altenmarkt ungebrochen spürbar. Und er schätzt es auch, dass sein Wort in Österreich etwas zähle. Was wäre ein Porträt eines Mannes, der jeden freien Moment auf dem Berg verbringen will, mit einem schönen Bild zu dokumentieren? Das findet auch er und sagt zu Fotograf Erik Vogelsang: «So, jetzt ist es höchste Zeit, dass wir diese Zauberwelt hier auf dem Bild festhalten.» Das ist eine gut Idee, finden wir alle gemeinsam. Schliesslich ist es auch auf dem Fronalpstock nicht alle Tage so schön. JOSEPH WEIBEL

DOSSIER ATOMIC SCHWEIZ

Gründung

1955

Anzahl Mitarbeitende

8 Mitarbeiter Sales/Marketing (50 Mitarbeiter AMER Schweiz)

Produkte/Marken

Atomic/Volant

Sponsoring im Rennsport

Selbstverständlich. Atomic stellt in den letzten 20 Jahren 19 Mal den Gesamtweltcupsieger bei den Herren. Aktuell fahren unter anderem Mauro Caviezel, Niels Hintermann, Semyel Bissig, Joana Hählen, Stephanie Jenal und Juliana Suter die Marke Atomic.

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