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SPATIUM Bachelorarthesis über die Revitalisierung historischer Altstadtquartiere Bearbeitet von Hannes Gärke unter Betreuung von Prof. Kazu Blumfeld Hanada AA Dipl. msa | münster school of architecture


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VORWORT

Altstadt, ein Begriff der in mir unmittelbar Erinnerungen aus meiner Kindheit erweckt, von diversen Veranstaltungen und gemütlichen Restaurants, umgeben von einzigartigen Bauwerken, die einem das Gefühl verleihen einen Einblick in die Vergangenheit zu erhalten. Als ich jedoch nach mehreren Jahren wieder durch die schmalen und verwinkelten Gassen der Osnabrücker Altstadt lief, war von diesem Glanz nicht mehr viel vorzufinden. Anstelle von Menschen, die vor den Schaufenstern der kleinen Boutiquen und schlenderten, um anschließend einen geselligen Abend in einer urigen Kneipen zu verbringen, schaute ich nun in zum Teil leere Restaurants, die aufgrund der Pandemie geschlossen waren. Diesen Anblick der leer gefegten Gassen, nahm ich als Anlass um mich mit dem Thema des historischen Bestandes und seiner Bedeutung für eine nachhaltige Stadtentwicklung auseinanderzusetzen.

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INHALTSVERZEICHNIS

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EINLEITUNG RÜCKBLICK Geschichtliche Einordnung - bis zum Zweiten Weltkrieg - 50er Jahre: Wiederaufbau - 60er Jahre: Stadterweiterung - 70er Jahre: Stadterneuerung - 80er Jahre: Stadtumbau - 90er Jahren - heute: Globalisierung

6 10 12 13 14 15 16 17

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AUGENBLICK Typologien historischer Stadtkerne „Phänomen“ Altstadt Die Neue Frankfurter Altstadt Leerstand Bedeutung der Pandemie Die Fuge zwischen Alt und Neu

20 22 23 24 27 30

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AUSBLICK Potenziale Bürgerinitiativen „Leerelos“ Ingolstadt „Kunst lässt Leerstand leuchten“ Braunschweig Stadtkonzepte Tallinn „Altstadt.Raum“ Bielefeld

34 38 42 44 46 47 50


„Essbare Stadt“ Andernach Der Zwischenraum Fußgängerzone Innichen „Superblocks“ Barcelona Fazit

52 54 56 58 60

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ENTWURF Umfang Altstadt Osnabrück Heger-Tor-Viertel Dielingerstraße Städtebaulicher Kontext Städtebauliche Analyse Nutzungskonzept Konzept Wegführung Begrünungskonzept Darstellungen

66 68 70 78 83 86 89 92 96 100

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BIBLIOGRAFIE Literaturverzeichnis Abbildungsverzeichnis

114 117


EINLEITUNG

(Sandholz, Simone: Eine Zukunft für die Vergangenheit?, S.6)

(Enss, Carmen M.; Vinken, Gerhard: Produkt Altstadt, S.223)

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„Historische Innenstädte und ihr Kulturerbe können ein Motor für lokale Entwicklung sein. Sie sind Teil des kollektiven Gedächtnisses einer Stadt oder Region, das einen grundlegenden Beitrag zur Identifikation der Bewohner mit ihrer Stadt leistet.“ In der Realität hingegen ist heutzutage vielerorts ein anderes Bild vorzufinden. Die einseitige Innenstadtentwicklung der vergangenen Jahrzehnte, die sich auf die Stärkung des Einzelhandels fokussierte, hat heute bereits oft die Notwendigkeit einer „Sanierung der Sanierung“ zur Folge, die sich in leeren Schaufenstern, nicht mehr zeitgemäßen öffentlichen Freiflächen und in verbauten Hinterhöfen äußert. Dieser Umstand wurde im Zuge der Pandemie nochmals deutlicher, denn durch die Schließung des Einzelhandels und der Gastronomie wurden die Auswirkungen der einseitigen Ausrichtung unübersehbar. In den Innenstädten konnten zeitweise ganze Straßenzüge nicht wie gewohnt genutzt werden. Dadurch wurde die Bedeutung einer vielseitig ausgerichteten Stadtentwicklung in kurzer Zeit deutlich spürbar. Wie in den vergangenen Jahrhunderten müssen sich die Altstädte wieder als resiliente Orte bewähren und vor allem auf den gesellschaftlichen Wandel reagieren, damit verhindert wird, dass Städte aus letzter Not die Realisierung banaler Neubauprojekte ohne Verankerung in der lokalen Identität genehmigen.


Um dies zu ermöglichen bedarf es Konzepte, die nicht wie bisher verstärkt auf den Einzelhandel ausgerichtet sind, sondern umfangreichere Ansätze sind notwendig, die zu mehr Vielfalt in den Quartieren führen. Die Altstadt weist an vielen Stellen bereits ein hohes Potenzial für eine nachhaltige Stadtentwicklung auf. Durch die enge und kleinteilige Bebauung bietet sie die Grundlage für eine Stadt der kurzen Wege mit einer hohen Nutzungsdurchmischung. Auch der fortschreitende Wunsch nach Individualität in einer Zeit, in der die Architektur zunehmend vom Konsum geprägt ist, zeigt eine Stärke der regional errichteten Bauwerke auf. Im Rahmen meiner Arbeit soll untersucht werden, wie durch einen Eingriff in den Stadtraum, Strukturen ergänzt werden können, an denen es in vielen Altstädten mangelt. Dadurch soll das Bewusstsein für die historischen und identitätsbildenden Stadtquartiere gestärkt werden, um sie zukünftig wieder als Lebensmittelpunkte zu etablieren. Es bedarf sicherlich weitergehende Maßnahmen, ein erster Ausgangspunkt soll aber gelegt werden.

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Die vorliegende Arbeit ist chronologisch aufgebaut und gliedert sich in drei Kapitel. Zu Beginn erfolgt eine geschichtliche Einordnung, um zu verdeutlichen, wie es zu der Entstehung der heutigen historischen Altstadtquartiere kam und weshalb sie sich so stark bezüglich der Baustruktur und des Ausmaßes unterscheiden. Darüber hinaus wird erläutert, welche der heutigen Entwicklungen ihren Ursprung in der Nachkriegszeit haben und inwiefern sich die damalige Stadtentwicklungspolitik heute noch widerspiegelt. Im zweiten Kapitel wird die derzeitige Situation, in der sich viele Altstädte befinden, geschildert. Um eine genauere Betrachtung zu ermöglichen, wird zunächst eine Aufteilung in zwei verschiedene Typologien historischer Stadtkerne vorgenommen. Anschließend werden die aktuellen Missstände, darunter vor allem die Leerstandsproblematik, aufgezeigt, die unter anderem auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind. Das letzte Kapitel stellt einen Ausblick dar, wie sich historische Altstadtquartiere in dem Prozess einer nachhaltigen Stadtentwicklung positionieren können. Dabei werden zuerst Potenziale aufgezeigt, die für eine Revitalisierung richtungsweisend sein können. Im Anschluss wird anhand von Referenzprojekten verdeutlicht, weshalb es einer Initiative sowohl durch die Stadt als auch durch die Bürger bedarf, um eine Veränderung des Stadtraums zu ermöglichen. 8


Um zu prüfen, inwieweit sich die theoretischen Erkenntnisse umsetzen lassen, wird am Beispiel der Stadt Osnabrück gezeigt,ob das Bewusstsein für die Altstadt durch einen Eingriff in den Stadtraum gestärkt werden kann.

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RÜCKBLICK

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GESCHICHTLICHE EINORDNUNG

(Vgl. Klett, Stadtentwicklung in Mitteleuropa)

(Vgl. BBSR, Stadtentwicklung und Städtebau in Deutschland, S.46)

Historische Ortsansicht der Friedensstadt Osnabrück im Jahre 1633

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Die Entstehung deutscher Städte ist geprägt durch einen Prozess, der sich über viele Jahrhunderte erstreckt. Dabei fand die intensivste Phase der Städtegründung Mitteleuropas in dem Zeitraum zwischen 1100 und 1400 statt. Der Großteil dieser Städte ist monozentrisch erwachsen, weshalb sich auch bis heute oft die Struktur der historischen Stadtkerne erkennen lässt. Im Folgenden wird die Stadtentwicklung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg genauer erläutert, da dieser durch die flächendeckende Zerstörung zu der wohl stärksten Zäsur führte. Grundsätzlich muss man bei der Betrachtung der städtebaulichen Entwicklung zwischen der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) unterscheiden. Der Grund hierfür waren die verschiedenen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen, aber auch die historischen Ausgangsbedingungen der beiden Staaten.


50ER JAHRE WIEDERAUFBAU

Während in der BRD nach dem Kriegsende der von den USA ins Leben gerufene Marshallplan die Folgejahre prägte, fand in der DDR ein zentralistischer Staatsaufbau und die Einbindung in den sogenannten „Ostblock“ statt. Jedoch standen den beiden deutschen Staaten die gleiche Herausforderung bevor, denn es galt die akute Wohnungsnot nach dem Krieg in möglichst kurzer Zeit zu überwinden. Einigkeit bestand auch in der Entscheidung, dass die alten Strukturen nicht vollständig wiederaufgebaut werden dürfen, da man sich von dem Nationalsozialismus und dessen Architektur distanzieren wollte. Das führende städtebauliche Leitbild war die „gegliederte und aufgelockerte Stadt“. Zudem machte sich in den 50er Jahren die Tendenz hin zur „funktionalen Stadt“ bemerkbar, welche sich auf die Überlegungen der „Charta von Athen“ zurückführen lässt. Bezogen auf die historischen Stadtkerne entschieden die ersten Jahre nach dem Krieg maßgeblich über dessen Bestehen. In der Bundesrepublik waren diesbezüglich zwei im Wesen unterschiedliche Herangehensweisen wahrzunehmen, denn in zahlreichen westdeutschen Städten erfolgte ein Wiederaufbau der Gebäude, basierend auf den ursprünglichen Parzellen. Ein Beispiel dieser groß angelegten Rekonstruktion ist der Prinzipalmarkt in Münster. Andernorts, wie beispielsweise in der Stadt Dortmund, wurde die Kriegszerstörung für einen vollständigen Neuanfang genutzt. Dabei kam es zu einer grundsätzlichen Neustrukturierung der historischen Stadtkerne, die vor allem an den Straßenverkehr angepasst wurden.

(ebd. Vgl. S.45)

(Vgl. Schäfer, Markus, Stadtentwicklung seit der NS-Zeit)

(Vgl. BBSR, Stadtentwicklung und Städtebau in Deutschland, S.46)

(ebd. Vgl. S.45)

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60ER JAHRE STADTERWEITERUNG

(ebd. Vgl. S.47)

(ebd. Vgl. S.48)

Das Osnabrücker Kachelhaus im Jahre 1966, in direkter Umgebung befindet sich ein Teil der Osnabrücker Altstadt.

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Das sogenannte „Wirtschaftswunder“ im Westen der 60er Jahre und das Bevölkerungswachstum hatten zur Folge, dass ein weiterhin hoher Bedarf an Wohnraum bestand. Durch die zunehmende Erschließung der Siedlungsflächen am Stadtrand konnte der Bedarf gedeckt werden. Dieser, als Suburbanisierung bezeichnete Prozess und der damit einhergehenden Ausrichtung der Stadtentwicklung auf eine funktionsgetrennte und autogerechte Planung, legten unter anderem den Grundstein für die heutige Entwicklung der Innenstadtkerne. Denn diese litten im Zuge dessen unter der monofunktionalen Ausrichtung und der Distanz zu den Vororten, in denen die Großsiedlungen errichtet wurden. Dabei wurde auch nicht davor zurückgeschreckt, Großstrukturen in der Nähe der historischen Altstadtquartiere anzusiedeln. Ende der 60er wurde zunehmender Unmut in Bezug auf die Planung bemerkbar, der sich schließlich auch in Protesten äußerte.


70ER JAHRE STADTERNEUERUNG

Die 70er Jahre stellten in Westdeutschland einen bedeutenden Umbruch im Umgang mit der historischen Bausubstanz dar. Die bisherige Stadtentwicklungspolitik fokussierte sich überwiegend auf den Wohnungsneubau, wohingegen der Bestand oftmals vernachlässigt wurde. Der Titel des Manifests „Rettet unsere Städte jetzt“ von Georg Kronawitter wurde dabei zum Leitbild des Deutschen Städtebautages zu Beginn des Jahrzehnts. Durch die Einführung des Städtebauförderungsgesetzes 1971 sollte den Entwicklungen in den Kernstädten entgegengewirkt werden. Das Bewusstsein und die Wertschätzung für die historischen Altstadtquartiere wurde in der Gesellschaft wieder etabliert. Dies lag nicht zuletzt an der zum Teil großen Unzufriedenheit der Bevölkerung, die sich aus den Folgen der funktional getrennten Stadt ergab. Man erkannte die Bedeutung städtebaulicher Dichte und setzte nun auf großflächig angelegte Sanierungsmaßnahmen und Wiederherstellung der Vielfalt, um dadurch die Innenstädte wieder zum Lebensmittelpunkt erwachsen zu lassen. Auch der Denkmalschutz erfreute sich wieder zunehmender Beliebtheit, dies äußerte sich im ersten europäischen Denkmalschutzjahr 1975. Dadurch sollte ein Zeichen gegen die bislang bestehende Abrisswut historischer Bauwerke gesetzt werden. In der DDR hingegen resultierte aus der einseitigen Neubauförderung am Stadtrand eine starke Vernachlässigung der Altbauquartiere, die weiterhin von der Städtebaupolitik ungeachtet blieben.

(ebd. Vgl. S.49)

(Vgl. Wendland, Ulrike, Europäisches Denkmalschutzjahr 1975)

(Vgl. BBSR, Stadtentwicklung und Städtebau in Deutschland, S.50)

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80ER JAHRE STADTUMBAU

(ebd. Vgl. S.51)

(ebd. Vgl. S.52)

Die Gröperstraße in der Altstadt von Halberstadt zur DDR-Zeit, 1985

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Ausgehend von den Erkenntnissen der Vorjahre, wurde nun verstärkt das Augenmerk auf die Innenentwicklung der Kernstädte gelegt, denn man war sich nun zunehmend der Bedeutung von städtischer Dichte bewusst. Die Revitalisierung der Altbauquartiere sollte nicht länger durch Flächensanierungen erfolgen, stattdessen setzte man auf ein Konzept, das auf einen behutsamen Umgang mit der historischen Bausubstanz beruhte. Im Mittelpunkt stand der Erhalt und die Erneuerung des Bestandes sowie die Nachverdichtung durch das Schließen von Baulücken. Diese Entwicklung ging vielerorts mit einem zunehmenden Bürgerengagement einher. Auch zu dieser Zeit ließen sich gegenläufige Bewegungen der beiden Staaten wahrnehmen. In der Bundesrepublik erfreute sich der Altbau zunehmender Beliebtheit, wohingegen in der DDR die stetige Vernachlässigung der Altbauquartiere zur Abneigung dieser Stadtbereiche führte.


90ER JAHRE - HEUTE GLOBALISIERUNG

Zu Beginn der 90er Jahre, nach der deutsch-deutschen Vereinigung, wurde das Ausmaß der unterschiedlichen Städtebaupolitik für jeden Bürger sichtbar. Einige Westdeutsche, die sich in die neuen Bundesländer begaben, bezeichneten die vorgefundene Landschaft als ein „Historisches Freilichtmuseum“. Die verschiedenen Lebensverhältnisse, die sich aus 40 Jahren Trennung ergeben haben, galt es nun anzugleichen. Zeitgleich wurde die Globalisierung zu einem Faktor, der zunehmenden Einfluss auf die Stadtentwicklung ausübte. In den Innenstädten machte sich daraufhin eine veränderte Wirtschafts- und Sozialstruktur bemerkbar. Das Straßenbild deutscher Fußgängerzonen wurde nun vermehrt durch international aufgestellte Unternehmen geprägt. Bezieht man diese Entwicklung auf die historischen Altstadtquartiere, wird eine besondere Stärke deutlich, die städtische Identität. Während sich die Stadtzentren in ihrer Nutzung und Architektur zunehmend angleichen, verkörpert die Altstadt die Regionalität gezeugt von der Geschichte des Ortes. Ein dritter wichtiger Aspekt ist der in den vergangenen Jahrzehnten wachsende Konsens zur Nachhaltigkeit, sodass die Forderungen nach einer „ökologischen und umweltgerechten Stadt“ immer größer werden. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wird der Stadtumbau in vielen Städten gegenüber dem Neubau bevorzugt. In diesem Rahmen erfreut sich auch das Thema der Umnutzung von Brachflächen steigender Beliebtheit.

(Bodo Michael Baumunk. Zurück in die Gegenwart!, .S.24)

(Vgl. BBSR, Stadtentwicklung und Städtebau in Deutschland, S.52)

(ebd. Vgl. S.53)

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AUGENBLICK

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TYPOLOGIEN HISTORISCHER STADTKERNE

(Vgl. BBSR, Stadtentwicklung und Städtebau in Deutschland, S.47)

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Die Städte, wie wir sie heute kennen, sind das Produkt einer über Jahrhunderte durch zahlreiche Faktoren geprägten Entwicklung. Dabei weisen sie auch untereinander zum Teil große Unterschiede auf. Bezogen auf die historischen Altstadtquartiere lassen sich deutsche Großstädte jedoch grob in zwei Kategorien unterteilen. Wie bereits im geschichtlichen Rückblick erwähnt, waren die Ausmaße der Kriegsschäden ortsabhängig. Einige Städte bzw. Stadtbereiche wurden verschont, andere hingegen wurden größtenteils zerstört. Wenn letzteres der Fall war, kam es häufig zu einer Neustrukturierung der Innenstadtkerne. Für die Altstädte bedeutete dies, dass sie entweder komplett der neu geplanten, autogerechten Stadt weichen mussten, wie es zum Beispiel in Dortmund der Fall war, oder nur noch ein Teil des Altstadtquartiers erhalten geblieben ist. Anhand der Stadt Osnabrück wird dieser Umstand sehr deutlich. Lediglich im Nord-Westen der Kernstadt ist die historische Bausubstanz weiträumig erhalten geblieben. Diese Trennung von dem modernen Stadtzentrum hat zur Folge, dass es häufig einen harten Bruch zwischen dem Alt- und Neubau gibt. Eine andere Entwicklung erfolgte zum Beispiel in den Städten Lübeck und Münster, in denen es in der Nachkriegszeit zu großflächigen Sanierungen kam. Der ursprüngliche historische Stadtkern ist bis heute noch zu erkennen, auch wenn es hier ebenfalls eine Ergänzung durch Neubauten wahrzunehmen ist. Im Rahmen dieser Arbeit werden die Städte mit einer von dem städtischen Zentrum getrennten Altstadt zum Mittelpunkt der Betrachtung.


Lübeck Hansestadt 220.000 Einwohner

Münster Bischofsstadt 315.000 Einwohner

Bremen Hansestadt 570.000 Einwohner

Braunschweig Universitätsstadt 250.000 Einwohner

Osnabrück Bischofsstadt 170.000 Einwohner

Weitere deutsche Großstädte mit einem getrennten Altstadtquartier sind z.B.: Hannover Bielefeld Saarbrüclen Paderborn Kaiserslautern Augsburg Koblenz Düsseldorf

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„PHÄNOMEN“ ALTSTADT

(Vgl. Urban, Florian, Erfindung der Altstadt)

(Vgl. Rüthers, Monica, Städte im Wandel)

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Die Art und Weise wie historische Altstadtquartiere wahrgenommen werden, ist ein junges Phänomen. Diesen Umstand beschreibt auch Prof. Dr. Florian Urban in seinem Artikel über die „Erfindung der Altstadt“, denn die Tatsache das Altstädte als ein städtebauliches Konzept gesehen werden, ist eine Entwicklung, die in den 70er Jahren ihren Anfang nahm. Dabei ist es zunehmend zu einem Ideal einer Stadt geworden, einen historischen Stadtkern zu besitzen. Nicht zuletzt auch aus touristischer Sicht, denn diese stellen meist einen bedeutenden Attraktionsfaktor dar, der die Aufmerksamkeit potenzieller Besucher weckt. Aber auch das Bewusstsein für den Altbau als Lehr- und Schauprojekte und als Grundpfeiler lokaler Identität wird dadurch bei den Bürgern gestärkt, wobei die damit einhergehende Kommerzialisierung der Geschichte zu bedauern ist. Ein weiterer Aspekt, der die veränderte Wahrnehmung historischer Altstadtquartiere erklärt, ist die durch Sanierungen ermöglichte Angleichung des Komforts im Vergleich zu den Neubauten. Im Zuge dieser Entwicklung rücken die Qualitäten des Altbaus vermehrt in den Vordergrund. Gegenüber der heutzutage oft vom Konsum geprägten Architektur gewinnen Werte wie die Individualität und Identität des Ortes an Bedeutung. Ein weiteres Phänomen, welches auch über die Grenzen Deutschlands hinaus ersichtlich ist, ist die „gemachte[n] Altstadt“, welche nicht selten in direkter Verbindung zum Tourismus betrachtet werden muss.


DIE NEUE ALTSTADT FRANKFURT

Ein Beispiel einer derartigen Entwicklung stellt eines der im vergangenen Jahrzehnt wohl am meist umstrittensten Bauvorhaben in Deutschlands dar, die sogenannte neue Frankfurter Altstadt. Die Zeit betitelte diesen Ort sogar als „Hochpreisghetto im Kostüm“ und kritisierte dabei vor allem die veränderte Identität. Denn vor dem Krieg war es ein Ort für jedermann, an dem sich die Bevölkerung selbst versorgen konnte. Der Neubau hingegen ahmt zwar die historische Gestalt der Altstadt nach, doch richtet sich die Nutzung an begrenzte gesellschaftliche Schichten und auch das Handwerk kehrt nicht zurück. Zusammenfassend lässt sich, verglichen mit den vergangenen Jahrzehnten, eine positive Entwicklung bezogen auf das Bewusstsein für die historischen Stadtquartiere erkennen. Es ist allerdings zu bedauern ist, dass der Begriff Altstadt heutzutage oft auch für städtebauliche Konzepte zweckentfremdet wird.

(Maak, Niklas, Die Läden dicht, alle Fragen offen, S.5)

(Vgl. Rüthers, Monica, Städte im Wandel)

Der Hühnermarkt in der Frankfurter Altstadt, 2018

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LEERSTAND

(TU Berlin, Leerstandsmanagement in Geschäftsstraßen, S.4)

(Vgl. Bundesstiftung Baukultur (BSBK), Erbe-Bestand-Zukunft, S.42)

(Vgl. TU Berlin, Leerstandsmanagement in Geschäftsstraßen, S.6)

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„Leerstand von Ladenlokalen ist zunächst ein „natürliches“ und „gesundes“ Phänomen, das mit der Fluktuation von Geschäften einhergeht und auch ein Zeichen der Innovation und Weiterentwicklung sein kann. Leerstand wird dann ein Problem, wenn er sich verfestigt und ausdehnt, wenn Ladenlokale über einen langen Zeitraum leer stehen, Lücken nicht nur optisch in den Lauflagen, sondern auch im Angebot entstehen {…}“ Immer mehr historische Altstadtquartiere haben mit genau diesem Problem zu kämpfen. Bislang geben bereits 65% der Kommunen an, dass in der Altstadt nennenswerter Leerstand vorzufinden ist. Dies begründet sich beispielsweise durch ein verändertes Konsumverhalten, welches sich in einer Zunahme des Onlinehandels und der Errichtung von Einkaufszentren im suburbanen Raum äußert. Ein Grund dafür ist unter anderem eine seit einigen Jahrzehnten steigende Flächenexpansion Filialisierung im Einzelhandel, die nicht mit den kleinteiligen Grundrissen der Altbauten in den historischen Stadtkernen vereinbar ist. Der einstige Lebensmittelpunkt der Stadt, der vom Handel geprägt war, hat in seiner Bedeutung als Versorgungsraum einbüßen müssen. Durch den Rückgang von Gastronomie und Einzelhandel fehlt es vielen Altstädten an urbanen und sozialen Qualitäten. Die enge Bebauung in den Stadtteilen hat oftmals zur Folge, dass öffentlicher Raum ohnehin begrenzt ist und angesichts der Schließung von Lokalen und Geschäften weitere


Orte der Begegnung und Kommunikation entfallen. Die heutige Einzelhandelsproblematik in der Altstadt hat einen selbstbeschleunigenden Prozess zur Folge, auch bekannt als „Trading-Down-Effekt“. Dieser beschreibt, wie sich der fehlende Umsatz der Eigentümer auf längere Sicht im Zustand der Immobilie bemerkbar macht. Notwendige Modernisierungsmaßnahmen können finanziell nicht mehr getragen werden. Bedingt dadurch sinkt auch das Interesse potenzieller Investoren, sich in diesem Gebiet anzusiedeln. Dementsprechend entgehen der Stadt Steuereinnahmen, die für die Aufwertung des öffentlichen Raumes genutzt werden könnten. Die historischen Stadtquartiere verlieren dadurch immer mehr an Attraktivität. Zumal der Leerstand, der als das Resultat dieser Entwicklung entsteht, einen negativen Eindruck ausstrahlt und so zu weiteren Leerständen führt.

(ebd. Vgl. S.4)

79 Leerstände in der Celler Altstadt Anfang des Jahres 2020

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Strukturwandel

Umsatzrückgang Rückzug der Unternehmen sinkende Steuereinnahmen sinkende Investitionen in den öffentlichen Raum

Attraktivitätsverlust

Umsatzrückgang Geschäftsschließungen ausgedünnter Branchenmix

Leerstand

(Vgl. TU Berlin, Leerstandsmanagement in Geschäftsstraßen, S.4)

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GSEducationalVersion


BEDEUTUNG DER PANDEMIE

Die Pandemie, die seit Anfang des Jahres 2020 ein unumgängliches Thema darstellt, zeigte sich als ein Beschleuniger einer Krise, die schon längst absehbar war. Der Einzelhandel, welcher zusammen mit der Gastronomie durch die Phasen des Lockdowns stark getroffen wurden, hatte bereits seit Jahren mit dem veränderten Kaufverhalten der Menschen zu kämpfen. Der Online-Handel, der ohnehin ein sechsmal schnelleres Wachstum als der „stationäre“ Einzelhandel aufweist, wurde so noch stärker in das Bewusstsein der Menschen gerückt. Die Entwicklungen haben gezeigt, dass es an der Zeit ist Städte und damit auch deren Altstadtquartiere neu zu denken. Denn aus historischer Sicht waren dies Orte, die um den Handel und der Warenproduktion herum erwachsen sind. Auch die Städte der Nachkriegszeit waren auf die Bedürfnisse einer Konsumgesellschaft ausgerichtet und die daraus resultierenden Folgen wurden durch die Pandemie besonders deutlich. Bisherige Konzepte fokussieren sich größtenteils auf eine Umstrukturierung des Einzelhandels. Hier stellt sich jedoch die Frage, ob es sinnvoll ist, dem veränderten Kaufverhalten weiter entgegenzuwirken, oder dies als Chance für die Etablierung neuer Strukturen zu sehen, die sich bislang nicht in der Innenstadt ansiedeln konnten, wie zum Beispiel Start-Ups, kleine Werkstätten nachhaltiges Kleingewerbe. Als positives Beispiel einer solchen Entwicklung kann man die Superblocks in Barcelona nennen. Dort wurde durch die Umnutzung leer stehender Gebäude eine Stadt der kurzen Wege geschaffen.

(Vgl. Maak, Niklas, Die Läden dicht, alle Fragen offen, S.2)

(ebd. Vgl. S.2)

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Im folgenden Kapitel werden die Besonderheiten dieses Projektes genauer erläutert. Große Auswirkungen hatte die Pandemie jedoch auch bezogen auf die Arbeitswelt. Homeoffice und Coworking Spaces sind ein Teil des Alltags vieler Menschen geworden, ein Trend der sich nachhaltig etablieren könnte. Angaben zufolge können sich fast 50% der befragten Erwerbstätigen vorstellen nach der Corona-Krise weiterhin im Homeoffice zu arbeiten. Bezogen auf die Altstädte bietet dies vor allem die Chance, Räume für dezentrale Arbeit zu schaffen. Denn bislang war das begrenzte Flächenangebot durch die kleinteiligen Strukturen für den Einzelhandel nicht mehr attraktiv genug, doch heute bietet es unter anderem die Möglichkeit, kleineren Digitalunternehmen oder Coworking Spaces einen Raum zu geben.

48%

50%

39%

40% 30% 20%

18%

10% (Vgl. Hans Böckler Stiftung, Umfrage zum Homeoffice nach der Corona-Krise)

0%

Ja

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GSEducationalVersion

Nein, weniger

Nein, gar nicht


Auch im Privatleben hat die Pandemie ihre Spuren hinterlassen. Die verstärkte Ortsgebundenheit hat dafür gesorgt, dass viele Menschen ihre Umgebung noch mal neu entdeckt haben und im Zuge dessen vor allem öffentliche Freiflächen an Bedeutung gewannen. Dadurch wurde ein weiteres Problem bezogen auf die Altstädte deutlich, denn durch die enge Bebauung mangelt es häufig an attraktiven Freiraum. Die öffentlichen Begegnungsorte stehen hier oftmals in direkter Verbindung zur Gastronomie und waren damit für einen längeren Zeitraum unzugänglich. Auch die mit der Altstadt in Verbindung stehenden Marktplätze sind häufig sehr kommerziell geprägt und bieten nicht die höchste Aufenthaltsqualität, da es oft an Sitzmöglichkeiten mangelt. Durch die Pandemie wurden somit verstärkt die momentanen Probleme der historischen Altstadtquartiere ersichtlich. Aber möglicherweise wurde dadurch auch ein Weg gewidmet, sie wieder als resiliente Orte der Stadt zu entwickeln. Denn wie es die Arbeitsgemeinschaft historischer Stadt- und Ortskerne NRW ganz charmant ausdrückte, ist „[…] das Ungenutzte im historischen Kern [ist] je nach persönlicher Einstellung Möglichkeitsraum oder Schandfleck.“

(Arbeitsgemeinschaft Historische Stadtund Ortskerne NRW, Zukunftsprogramm 2030, S.15)

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DIE FUGE ZWISCHEN ALT UND NEU

(Vgl. Wirth, Uwe; Paganini, Julia, Bewegen im Zwischenraum, S.8)

(Vgl. Umwelt Bundesamt, Straßen und Plätze neu denken, S.5)

Wie es Prof. Dr. Uwe Wirth in seinem Artikel über Zwischenräumliche Bewegungspraktiken beschreibt, wird durch die Bewegung von einem Ort zum anderen der Raum als Zwischenraum thematisiert. Solche Ortsveränderungen sind auch bei Städten in den Übergangsbereichen zwischen der Altstadt und der Neustadt wahrzunehmen. Diese Zwischenräume weisen heutzutage jedoch oftmals keine besonders hohe Aufenthaltsqualität auf. Dies sind zumeist Folgen einer an den Bedürfnissen des Autoverkehrs orientierten Stadtentwicklung der vergangenen Jahrzehnte. Ein Beispiel eines derartigen Übergangs stellt in vielen deutschen Großstädten die Ringstraße dar, welche im 19. Jahrhundert häufig an der Stelle der ehemaligen Stadtmauer errichtet wurde. Diese trennte schon damals den historischen Ortskern von der Neustadt, welche im Zuge des urbanen Wachstumsprozesses entstand. Heutzutage handelt es sich meist um stark durch den Individualverkehr und dessen Lärm geprägte Straßen. Die Randbebauung ist häufig weniger attraktiv als der eigentliche Kern der Altstadt, weshalb das Potenzial des Ortes auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist. Dadurch wird deutlich, dass für die Revitalisierung der Altstadt eine Betrachtung über das eigentliche Quartier hinaus von Bedeutung ist, da die Bewegung in dem besagten Zwischenraum bereits einen Einfluss auf die Wahrnehmung der Besucher hat. Die Akzeptanz den Verkehrsraum neu zu denken und Innenstädte künftig autofrei zu planen ist bereits in der Be-

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völkerung vertreten. Nach Umfragen des Umweltbundesamtes gaben 90% der Deutschen an sich Alternativen zum Auto zu wünschen, um die Lebensqualität in den Städten zu erhöhen. Ein Beispiel, das diesen Umstand besonders deutlich zu macht, ist das Schnoorviertel, eines der ältesten Stadtviertel Bremens, welches schon seit dem 8. Jahrhundert bewohnt ist. Es blieb im Zweiten Weltkrieg weitestgehend verschont und weist daher heute noch eine einzigartige Struktur mit vielen kleinen Gebäuden und Gassen auf. Das Gebiet ist zur Ringstraße hin von einer hohen Wohnbebauung umfasst, was zum einen vor dem Verkehrslärm schützt, andererseits jedoch auch das Potenzial verdeckt.

(ebd. Vgl. S.5)

(Vgl. Der Schnoor in Bremen,Boeselager, Felicitas,)

Luftbildaufnahme Schnoorviertel, 2014

vom

Bremer

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AUSBLICK

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POTENZIALE

Die Qualitäten der Altstadt sind sehr vielseitig, weshalb im Folgenden nur auf einzelne Aspekte, wie die Bebauungsstruktur, Nachhaltigkeit, Kultur sowie Tourismus eingegangen werden soll. Dies soll verdeutlichen, dass sich die historischen Altstadtquartiere wieder als lebenswerte und interessante Orte in der Stadt etablieren können. Bebauung

(Vgl. Enss, Carmen M.; Vinken, Gerhard: Produkt Altstadt, S.226)

(Vgl. Die Altstadt und das Museumsquartier als Anker für die Digitale (Erlebnis)Welt, S.3)

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Wenn man sich fragt, was die Altstadt ausmacht, ist das Ortsbild am naheliegendsten. Denn dieses ist geprägt durch dichte Strukturen, historische Bauwerke, wie Fachwerkhäuser und schmalen Gassen, die dem Ort so eine einzigartige Identität verleihen. Zu einer Zeit, in der ein weltweiter Trend der Globalisierung sichtbare Auswirkungen auf die zeitgenössische Architektur hinterlässt, wächst vielmals die Wertschätzung für derartige städtebauliche Strukturen. Dabei definiert sich die Attraktivität der Altstadt weniger durch ihre Größe, sondern vielmehr durch ihre Vielfalt und Aneignungsfähigkeit. Die kleinteiligen Gewerbeflächen im Erdgeschoss, die für den Einzelhandel an Attraktivität verloren haben, eignen sich beispielsweise für Betriebe mit vorwiegenden Online-Handel bei gleichzeitiger physischer Präsenz, aber auch für Unternehmen aus dem Digitalsektor. Auch die Wohnnutzung mit ihrem beschränkten Flächenangebot könnte sich zunehmender Beliebtheit erfreuen, da seit Jahren das Thema des minimalen Wohnraums vermehrt diskutiert wird. So entsteht ein


stärkeres Bewusstsein für den Flächenverbrauch. Die heutige Bedeutung der Altstadt für die Gesellschaft geht jedoch über die bauliche Struktur hinaus. Die Altbauten der historischen Stadtquartiere haben einen Einfluss auf die Wahrnehmung des Menschen, denn allein wenn man sich umgeben von der Geschichte bewegt, gibt es einem das Gefühl Teil der Geschichte zu sein. Darüber hinaus lässt sich ein immer deutlich werdender Trend zur Individualisierung und zur Diversifikation der Lebensstile erkennen, welcher sich häufig in dem Wunsch nach Bezugspunkten äußert. Die Altbauten im Stadtkern bieten den Nutzern, verglichen zu heutigen Bauwerken, eine stärkere Identifikation durch ihre individuelle Gestaltung und die Geschichte, die das Gebäude erzählt.

(Vgl. Enss, Carmen M.; Vinken, Gerhard: Produkt Altstadt, S.200)

(ebd. Vgl. S.201)

Nachhaltigkeit Auch in Bezug auf eine nachhaltige Stadtplanung übernimmt die Altstadt in vielen Bereichen eine Vorbildfunktion für zeitgenössische Bauvorhaben und erfüllt Kriterien, die für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung essenziell sind. Die kleinteiligen Strukturen und die Mischnutzungen ermöglichen eine hohe Vielfalt und Vitalität. Zudem sind die Gebäude mit regionalen Materialien errichtet und ideal an die klimatischen Verhältnisse der Umgebung angepasst worden. Der Erhalt von historischer Bausubstanz leistet somit einen elementaren Beitrag zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung.

(Vgl. Sandholz, Simone: Eine Zukunft für die Vergangenheit?, S.7)

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Kunst und Kultur

(Vgl. BBSR, Europäische Stadt Wandel und Werte, S.179)

(Vgl. Stadt als Möglichkeitsraum - Experimentierfelder einer urbanen Nachhaltigkeit, S.376)

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Konzepte zur Stärkung des Einzelhandels haben sich in den vergangenen Jahren als weniger zukunftsfähig ergeben. Weitere Ansätze im Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft könnten sich als lukrativer erweisen, da diese die ideale Grundlage bilden, um verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Interessen und Haltungen zusammenzuführen. Zur Revitalisierung der historischen Stadtkerne bedarf es einer Zusammenarbeit aller Akteure. Die kommunale Ebene muss einen Rahmen schaffen, der es den Bürgern ermöglicht, sich aktiv an der Gestaltung der des Ortes zu beteiligen. Durch künstlerische und kulturelle Interventionen können Möglichkeitsräume im Stadtraum geschaffen werden. Diese haben das Potenzial bereits vorhandene Verhaltensweisen und Einstellungen zu ändern und fungieren so als Katalysatoren der Quartierentwicklung. Die Strukturen, die dies zu ermöglichen, sind in vielen deutschen Altstädten bereits vorhanden. Neben der Gastronomie findet man in den Gewerbeflächen oftmals Kunsthandwerksbetriebe und Ateliers, ebenso wie Orte für Kulturveranstaltungen. Häufig werden hier Kunstausstellungen oder Veranstaltungen mit historischem Bezug angeboten. Diese stellen für die Außendarstellung des Viertels eine bedeutende Rolle dar. Viele Menschen verbinden die Altstadt mit urigen Kneipen und gemütlichen Cafés. Umgeben von den Altbauten bietet die museale Kulisse einen Raum für eine Auszeit von einer sich immer schneller dynamisierenden Welt.


Tourismus Zuletzt werden noch die Potenziale in Bezug auf den Tourismus näher erläutert, da sich viele der gebauten Sehenswürdigkeiten einer Stadt in deren historischen Stadtkernen befinden. Sie verleihen dem Ort eine einmalige Identität und Unverwechselbarkeit und ermöglichen es den Bewohnern so, sich mit ihrem Wohnort zu identifizieren. Darüber hinaus dienen sie jedoch auch als Aushängeschilder für den Tourismus der Stadt. Das sich historische Bauwerke als sehr attraktiv für auswärtige Besucher darstellen, belegt auch eine Studie des Instituts für Handelsforschung Köln. Von 121 beteiligten Städten erhielt die Stadt Quedlinburg mit den über 2000 Fachwerkhäusern im Stadtraum die beste Bewertung in Bezug auf Ambiente und Flair. „Der Besuch kultureller oder historischer Sehenswürdigkeiten steht auf Platz eins der inländischen Reiseaktivitäten.“ Die Thematik ist heute jedoch sehr umstritten, denn der Einfluss vom Tourismus äußert sich oftmals in einer sehr kommerziellen Ausrichtung der Altstädte. Es kommt zu preissteigernden Effekten und einer Verdrängung des Wohnraums. Wirtschaftlich gesehen kann es lukrativ und auch für die Stadt durch die erhöhten Steuereinnahmen von Interesse sein, diese können wiederum für Förderungen im Stadtraum genutzt werden. Allerdings gilt es hier die Balance zu halten zwischen einem authentischen Stadtleben der Bewohner und dem touristischen Besucheraufkommen. Eine harmonische Mischung der beiden Faktoren kann für eine erfolgreiche Revitalisierung der Altstadt von großer Bedeutung sein.

(ebd. Vgl. S.55)

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BÜRGERINITIATIVEN

(Bundesstiftung Baukultur (BSBK), Erbe-Bestand-Zukunft, S.50)

(Vgl. Kaltenbrunner, Robert; Jakubowski, Peter, Die Stadt der Zukunft, S.323)

(Vgl. BBSR, Europäische Stadt Wandel und Werte, S.201)

(Vgl. TU Berlin, Leerstandsmanagement in Geschäftsstraßen, S.28)

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Bürgerschaftliches Engagement bezogen auf den Erhalt und die Pflege des baukulturellen Erbes ist in Deutschland bereits weit verbreitet. Dies spiegelt sich auch in der Anzahl der Heimatvereine wider, momentan sind 858 Vereine offiziell gemeldet, wobei die tatsächliche Zahl noch höher sein wird. „Die Stadt braucht ein Mindestmaß an sozialem Miteinander, an urbaner Solidarität, an Identifikation aller Akteure, damit die Gesellschaft mit dem schnellen Tempo der Entwicklung mithalten kann“. Um eine zukunftsfähige Quartiersentwicklung zu ermöglichen, ist es somit von essenzieller Bedeutung, dass die Stadt „mit“ und nicht nur „für“ die Bürgerinnen und Bürger gestaltet wird. Derartiges Engagement formiert sich oftmals, wenn leer stehende Altbauten vom Zerfall, oder gar vom Abriss bedroht sind. Der zunehmende Leerstand in historischen Stadtkernen hat in den vergangenen Jahren und besonders seit Beginn der Pandemie zahlreiche bürgerliche Initiativen hervorgebracht, die sich genau dieser Problematik stellen. Dabei ist ein Ansatz die „Kaschierung von Leerständen“, die durch eine optische Aufwertung der Schaufenster erreicht wird. Häufig werden in diesem Prozess Künstlerinnen und Künstler integriert, die ihre Kunstwerke dem Straßenraum gegenüber präsentieren und so einen Mehrwert für sich selbst, aber vor besonders auch für die Bürger schaffen. Ziel ist es, vor allem den Trading-Down-Prozess zu unterbinden und die negativen Folgen von Leerstand auf das Stadtbild zu mindern. Diese Eingriffe können posi-


tive Impulse setzen, die dem Ort wieder mehr Aufmerksamkeit verleihen und so das Image des Quartiers nachhaltig aufbessern. Wichtig ist jedoch, dass die Gestaltung des Schaufensters qualitativ hochwertig ist und in kürzeren Intervallen verändert wird, um ein langfristiges Interesse aufrecht zu halten. Ein positiver Nebeneffekt von derartigen Aktionen ist, dass der Dialog zwischen den Immobilieneigentümern und den Nutzern gesucht wird. Auf dieser Grundlage können dann eventuell weitere Maßnehmen erfolgen. Generell ist dabei förderlich, wenn es zwischen den beiden Parteien zu einem regelmäßigen Austausch kommt, da die größte Schwierigkeit momentan darin besteht, den Eigentümer davon zu überzeugen, die Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Dies rentiert sich häufig erst über einen längeren Zeitraum.

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(Vgl. TU Berlin, Leerstandsmanagement in Geschäftsstraßen, S.30)

(ebd. Vgl. S.17)

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Ein weiterer Ansatz ist die Etablierung von Zwischennutzungen. Diese gehen über die reine Leerstandskaschierung hinaus und haben das Potenzial ganzen Stadtteilen ein neues Image aufzuerlegen und eine Neuprofilierung des Standorts einzuleiten. Häufig fehlt es den Immobilieneigentümern und Investoren an Ideen für eine Nachnutzung, weshalb es zu jahrelangen Leerständen kommt. Vor allem seitdem sich der Einzelhandel zunehmend aus der Altstadt zurückzog, ist dieses Phänomen immer häufiger wahrzunehmen. In diesem Fall können die Zwischennutzer als sogenannte Raumpioniere fungieren und durch ihr Engagement und Kreativität ihre Ideen im Stadtraum verwirklichen. Sie fördern dadurch die Innovation und prägen so die Außenwirkung eines Ortes. Am wichtigsten ist jedoch, dass durch die Zwischennutzung der Weg für eine dauerhafte Raumnutzung bereitet wird. Allerdings ist es dafür auch wichtig, dass der Raum attraktiv ist, um temporäre Nutzer anzusprechen. Dabei spielt besonders der Mietpreis eine bedeutende Rolle. Befristete Mietpreissenkungen seitens der Eigentümer, mit der Aussicht auf steigende Einnahmen stellen für beide Parteien eine Option dar. Städte sind ein Spiegelbild ihrer Bewohner, weshalb das bürgerliche Engagement für die Revitalisierung historischer Altstädte von fundamentaler Bedeutung ist. Im Folgenden werden zwei Beispiele erläutert, die sich speziell auf die Umnutzung von leerstehenden Gebäuden beziehen.


Das Projekt „Raumbörse“ vom Kulturviertel Braunschweig ermöglicht die Zwischennutzung von Leerständen

Kulturviertel Braunschweig, Lampenauktion im Leerstand

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„LEERELOS“ INGOLSTADT

(Altstadt Theater Ingolstadt, Leerelos)

„Was fehlt uns? Kunst. Kultur. Begegnung. Bewegung. Austausch. Abwechslung. Und so viel mehr.“ Das Projekt „Leerelos“ wurde Anfang des Jahres 2021 vom Ingolstädter Altstadttheater in Zusammenarbeit mit Bürgern ins Leben gerufen. Durch eine bewusste Inszenierung des Leerstandes soll auf die Problematik aufmerksam gemacht werden. Es wird dazu aufgefordert, etwas Neues in den alten und bereits bekannten Strukturen zu entdecken. Gleichzeitig soll es aber vor allem auch unterhalten, in einer Zeit, in der durch die Pandemie das Theater diese Aufgabe nicht mehr wie gewohnt erfüllen kann. Insgesamt 32 Leerstandsgebäude wurden im Rahmen des Projektes Teil der Bildersammlung. Bürgerinnen und Bürger wurden dabei direkt aufgerufen sich zu beteiligen.

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Darüber hinaus wurde eine Podcast-Reihe veröffentlicht, die dazu einlädt, mit dem Hörspiel einen Spaziergang entlang einer vorgegebenen Route durch die Stadt zu machen und dabei mehr über die Geschichte der zwölf verschiedenen Stationen zu erfahren. Damit werden erstmals digitale Ansätze etabliert, um die Altstadt wieder zu beleben und besonders für eine jüngere Generation interessanter zu gestalten. Dadurch wird vor allem auf Auswirkungen der Pandemie eingegangen, denn durch die begrenzten Freizeitmöglichkeiten im Freien erhält das Spazierengehen eine erheblich höhere Bedeutung und viele Menschen entdeckten erst im Zuge dessen ihre Umgebung komplett neu. Das Projekt schafft somit ein wachsendes Bewusstsein für die Leerstandsproblematik, indem Defizite der Stadtentwicklung aktiv in Szene gesetzt werden. Im gleichen Moment wird aber auch die Aussicht auf Besserung gegeben, denn durch die Einbeziehung aller Bürger wird deren Identifizierung mit dem Ort gefördert und ein Zeichen gesetzt, dass sich das Quartier im Wandel befindet. 11

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(Vgl. Altstadt Theater Ingolstadt, Leerelos)

Die zwölf Stationen der Podcast-Reihe führen den Höhrer durch die Altstadt von Ingolstadt

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„KUNST LÄSST LEERSTAND LEUCHTEN“ BRAUNSCHWEIG

(Vgl. Allgemeiner Konsumverein Braunschweig, Kunst lässt Leerstand leuchten)

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Seit Ende des Jahres 2020 existiert das Projekt „Kunst lässt Leerstand leuchten“, welches als eine Zusammenarbeit des Konsumvereins und des Kulturinstitutes der Stadt Braunschweig entstand. Ziel ist es, durch die Ausstellung von Werken bereits anerkannter Künstler in leerstehenden Bauwerken ein Geschenk an die Bürgerinnen und Bürger zurückzugeben. Aber gleichermaßen auch der Kunst, die auf das Gesehenwerden angewiesen ist, einen Raum zu geben. Entwickelt hat sich der Gedanke als eine Reaktion auf die Folgen der Pandemie für den Straßenraum. Besonders erwähnenswert ist dabei der Wechsel an Ausstellungen verschiedenster Künstler. Dadurch kann das Interesse der Passanten langfristig gehalten werden und es kommt zu einem Imagewandel des Ortes. Schwierigkeiten bei der Realisierung des Projektes lagen vor allem bei der Kontaktaufnahme mit den Eigentümern bzw. den Maklerbüros, um die Ateliers errichten zu können und Raum für die Kunst zu schaffen. Zunächst muss dafür Überzeugungsarbeit geleistet werden und deutlich gemacht werden, dass der Eingriff auch für die Besitzer zukünftig profitabel sein wird.


Der Allgemeine Konsumverein belebt das leer stehende Ladenlokal am Waisenhausdamm 8-11 mit der Ausstellung „Schnitt – Strich – Stich“

„Traum-Insel / Insel-Traum“

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STADTKONZEPTE

(Vgl. Sandholz, Simone: Eine Zukunft für die Vergangenheit?, S.26)

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Die Bewahrung der historischen Altstadtquartiere geht über den reinen Erhalt der Bausubstanz hinaus und leistet einen bedeutenden Beitrag für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Stadtentwicklung. Es liegt somit nicht nur im Interesse der Anwohner und Besucher eine lebenswerte und Interessante Altstadt vorzuweisen, denn auch die öffentliche Hand profitiert von einer positiven Außendarstellung und einer steigenden Wirtschaftskraft, die sich in höheren Steuereinnahmen widerspiegelt. Bisherige Ansätze von der Kommunalebene beschränkten sich meist auf eine Stärkung des Einzelhandels und auf den Erhalt denkmalgeschützter Bauwerke. Um eine langfristige Revitalisierung der Altstadt zu ermöglichen, sind diese Ansätze jedoch nicht umfassend genug. Die Stadt muss eine unterstützende Rolle einnehmen und Bewegungen, die beispielsweise durch Bürgerinitiativen ins Leben gerufen werden, fördern. Bezogen auf die Leerstandsproblematik kann die Stadt unter anderem zwischen den Eigentümern und möglichen Zwischennutzern vermitteln, um es potenziellen Nutzern zu erleichtern, ihre Ideen umzusetzen. Darüber hinaus können auch Anreize gesetzt werden, um neue Wirtschaftszweige zu etablieren, so kann z.B. das Interesse von Start-Ups oder Unternehmen aus dem Digitalsektor durch steuerliche Vorteile oder Fördergelder geweckt werden. Die Stadt hat somit einen großen Einfluss darauf eine stärkere Nutzungsdurchmischung zu etablieren und dadurch eine Vitalisierung historischer Altstadtquartiere anstreben.


TALLINN

Die Stadt Tallin ist die Hauptstadt Estlands und zählt zu den digitalen Vorreitern Europas. Bekannt ist sie vor allem für ihren sehr gut erhaltenen Altstadtkern, auch als „Vanalinn“ bezeichnet, der größtenteils im 13. und 14. Jahrhundert errichtet wurde. Nach dem Untergang der Sowjetunion musste sich das seit 1991 unabhängige komplett neu ordnen, sodass sehr früh der Fokus auf den digitalen Sektor gerichtet wurde. Öffentliches WLAN im gesamten Straßenraum ist seit Jahren Normalität, auch die Bürokratie des Landes läuft überwiegend digitalisiert ab.

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Stadtviertelübersicht: 1. Altstadt „Vanalinn“ (ab 10.Jhr.) 2. Kalamaja (13.-16.Jhr.)

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3. Rotermann Areal (13.-16.Jhr.) 4. Kassisaba (ab 17.Jhr.)

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5. Maakri (ab 16.Jhr.) 5

6. Tonismae (15.- 16.Jhr.) 7. Tatari (ab16.Jhr.)

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historische und architektonische Monumente (Vgl. Unesco, Comprehensive Management Plan of Tallinn Old Town 2014– 2021, S.25)

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(Vgl. Laizans, Janis, Visa für 12 Monate: Estland setzt auf „Explosion“ digitaler Nomaden)

(Vgl. Unesco, Comprehensive Management Plan of Tallinn Old Town 2014– 2021, S.43)

(ebd. Vgl. S.44)

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Als erstes Land in Europa wurde im Jahre 2020 auch ein Visum für digitale Nomaden eingeführt, welches es den Menschen ermöglicht, 365 Tage zu bleiben und zu arbeiten, zusätzlich sind noch 90 Tage für Urlaub inbegriffen. Mit derartigen Anreizen schafft die öffentliche Hand einen Image-Wandel, belebt die Stadt mit steigenden Zuwanderungszahlen und ist dadurch besonders für jüngere Generationen attraktiv. Bezogen auf die Stadtentwicklung wurde auch erkannt, dass es für die Vitalität der Altstadt am wichtigsten ist, auf das Wohl der Anwohner zu achten. Dies lässt sich auch an den seit Jahren wachsenden Bewohnerzahlen der Altstadt erkennen. Das touristische Potenzial wird dabei als zweitrangig betrachtet. Da die Anzahl an Besuchern saisonal abhängig ist, versucht man diesen Sektor nicht übermäßig zu gewichten. Auch mehrere staatliche Einrichtungen sollen künftig aus dem Altstadtkern verschwinden, um dadurch mehr Platz für die Anwohner und deren tägliche Bedürfnisse zu schaffen. Außerdem wurde nach Absprache mit den Eigentümern der Zugang zu vielen Hinterhöfen ermöglicht. Besonders bedeutend ist an dem Ort jedoch auch die Kultur- und Kreativszene, in den Altbauten findet man von Kunsthandwerksbetrieben, über Architektur- und Designbüros, jegliche Art von kreativen Unternehmen und zahlreiche kulturelle Einrichtungen.


Das historische Rotermann Viertel grenzt östlich an die Altstadt an und ist ein bekanntes Szeneviertel in der Stadt, hier treffen alte Industriegebäude aus der Sowjetzeit auf moderne Architektur.

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„ALTSTADT.RAUM“ BIELEFELD

(Vgl. Stadt Bielefeld, Altstadt.Raum, Workshop-Gesamtgruppe-Ergebnisse, S.28 ) (Vgl. WDR, Autofreie Bielefelder Altstadt)

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Das Projekt „Altstadt-Raum“ wurde Anfang des Jahres 2021 von der Stadt Bielefeld ins Leben gerufen. Ziel ist die Aufwertung der Lebens- und Aufenthaltsqualität in der historischen Altstadt. Dazu wurden alle Bürger, die ansässigen Geschäftsleute und Institutionen aufgerufen, sich aktiv zu beteiligen, um so zunächst temporäre Nutzungskonzepte für den Stadtraum zu erarbeiten, die anschließend auf eine langfristige Nutzung übertragen werden. Das Konzept ist in vier unterschiedliche Nutzungen gegliedert, dem „einkaufs.raum, erlebnis.raum, begegnungs.raum und kreativ. raum“. Dadurch soll eine möglichst umfangreiche Aufwertung ermöglicht werden. Durch ausgiebige Umfragen und die Workshops, die es ermöglichen eigene Ideen einzubringen, wurde viel Wert darauf gelegt „mit“ und nicht nur „für“ die Bürger zu planen. Als Ergebnis der Umfrage ging hervor, dass Sitzgelegenheiten ohne kommerziellen Bezug, mehr Begrünung im Straßenraum, von Fußgängern getrennte Fahrradrouten sowie freies WLAN am häufigsten gewünscht sind. Ab dem 4. Juni wurde zudem die Testphase eingeleitet. In Zuge dessen wurde auch der gesamte historische Stadtkern für den Autoverkehr gesperrt. Positiv anzumerken ist, dass die Stadt mit dem Projekt auf konsequente Beteiligung der Bürger setzt und es auch wagt, einen Weg zu gehen, der auf den ersten Blick als drastisch gesehen werden kann.


Die Bielefelder Altstadt, auch als „Hufeisen“ bekannt, ist umschlossen von der Ringstraße und dessen Bebauung.

Begrünung

individuell gestaltbare Flächen

Sitzgelegenheiten

Licht- & Schattenspiel

Veloroute

offene Bühne

Kreative Straße

Pop-up Verkaufsstände

Fahrradstellplätze

Pop-Up Kino

Smart Lighting

Tischtennis & Sandkasten

erlebbare Stadtgeschichte

Packstation & Schließfächer

Flächen zur Gestaltung

Digitaler Wegweiser

(Vgl. Bürgerumfrage der Stadt Bielefeld im Rahmen des Projektes „Altstadt. Raum“, Stand 17.03.2021, S.13 )

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„ESSBARE STADT“ ANDERNACH

(Vgl. BBSR, Europäische Stadt Wandel und Werte, S.182)

(ebd. Vgl. S.183)

Begrünte historische Stadtmauer nach dem Motto „Pflücken erlaubt“

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Mit einer über 2000 Jahre alten Geschichte zählt Andernach zu einer der ältesten Städte in Deutschland und befindet sich unmittelbar am Rhein, im Bundesland Rheinland-Pfalz. Der historische Stadtkern ist bis heute noch größtenteils von der Stadtmauer umschlossen und gleichermaßen durch Touristen und Anwohner belebt. Dies begründet sich unter anderem durch das im Jahr 2010 von der Stadt ins Leben gerufene Projekte der „essbaren Stadt“, welches durch großflächige Grünraumplanung die Altstadt wieder zum Lebensmittelpunkt erwecken lies. Dabei reicht die Art der Eingriffe von temporären Beeten zur optischen Aufwertung von Baulücken, bis hin zu großen Wechselbeeten und Obstgärten. Um mehr Identifikation mit der Region zu schaffen, werden überwiegend historische und regionale Sorten angebaut, wobei jedes Jahr eine bestimmte Nutzpflanze im Fokus steht. Für die Pflege der öffentlichen Begrünung bedarf es auch hier einer kontinuierlichen Bürgerbeteiligung. Dabei werden vor allem Langzeitarbeitslose von professionellen Gärtnern angeleitet und unterstützt. Neben dem überregionalen Ansehen schafft das Projekt auch ein größeres Bewusstsein für den Umgang mit Nutzpflanzen, denn daran mangelt es in der heutigen Gesellschaft, speziell in den urbanen Gebieten häufig. In Andernach werden deshalb bereits Schulen und Kitas mit einbezogen, um die Kinder früh mit dem Thema der Kulturlandschaft zu konfrontieren.


An dem Beispiel der „Essbaren Stadt“ wird deutlich, wie bedeutend öffentliche Grünanlagen für eine nachhaltige Stadtentwicklung sind und dass dadurch auch der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt werden kann.

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DER ZWISCHENRAUM

(Wirth, Uwe; Paganini, Julia, Bewegen im Zwischenraum, S.8)

(ebd. S.9)

(Vgl. Bendiks, Stefan; Degros, Aglée, traffic space = public space, S. 22)

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„Mit der Bewegung von einem Ort zum anderen wird der Raum als Zwischenraum thematisiert, etwa im Sinne des lateinischen Ausdrucks spatium. Jede Ortsveränderung impliziert demnach eine Bewegung im Zwischenraum [...]“ Auf der Suche nach Maßnahmen einer Revitalisierung der Altstadt richtet man den Fokus meist dorthin, wo das akute Problem besteht und betrachtet überwiegend den historischen Stadtkern an sich. Die besagten Zwischenräume bleiben hier oft unbeachtet. Jedoch begibt sich ein Großteil der Besucher zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Altstadt. Der Fußgänger vollzieht dabei eine „räumliche Realisierung des Ortes“, indem es zu einem körperlichen Kontakt mit den Orten kommt. Er erfährt demnach eine bewusste Ortsveränderung, weshalb dieser Zwischenraum ein großes Potenzial hat, den Besucher auf die Wahrnehmung innerhalb der Altstadt vorzubereiten. Wie zuvor bereits erwähnt können diese Übergangsbereiche auch eine trennende Wirkung haben, heutzutage wird dieses Phänomen oft am Beispiel der Ringstraße deutlich. Als Folge der Planung autogerechter Städte in der Nachkriegszeit, nimmt der Verkehr häufig eine dominierende Rolle ein, wodurch schnell in Vergessenheit geraten kann, dass der Verkehrsraum auch ein Teil des öffentlichen Raumes ist. Diese Problematik wird besonders in Bezug auf die Altstadt deutlich, denn sie entwickelten sich unabhängig vom motorisierten Individualverkehr, welcher nicht der Identität des Ortes entspricht. Der hektische und teils unübersichtliche Straßenverkehr


steht im Kontrast zu der entschleunigenden Wirkung auf die Besucher, die von historischen Stadtkernen ausgeht. Einige Beispiele haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass man innerstädtische Verkehrsräume erfolgreich zu qualitativen Freiräumen umstrukturieren kann. Derartige Eingriffe sind essenziell notwendig, um eine nachhaltige Stadtentwicklung zu gewährleisten. Bezogen auf die Altstadtquartiere kann dadurch auch das Problem fehlender Freiflächen gelöst und zudem die Anregung gegeben werden, sich wieder gerne zur Altstadt zu begeben. Besonders bei der Planung sollte darauf zu geachtet werden, dass an erster Stelle die Schaffung von Lebensqualität steht und wirtschaftliche Aspekte von zweitrangiger Bedeutung sind. Konzepte, die lediglich eine Stärkung des Einzelhandels verfolgten, haben sich in der Vergangenheit als nicht zukunftsträchtig erwiesen. Schafft man hingegen lebenswerte und interessante Orte, kann dies ein langfristiges Wachstum anregen.

(ebd. Vgl. S.24)

Nachfolgend wird anhand von zwei Fallbeispielen erörtert, wie aus der Transformation von Verkehrsflächen in öffentliche Freiräume eine Aufwertung eines gesamten Quartiers resultieren kann.

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FUSSGÄNGERZONE INNCHEN

(Vgl. Alles Wird Gut Architekten, FUZI)

(Vgl. Bendiks, Stefan; Degros, Aglée, traffic space = public space, S. 132)

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Ein hervorragendes Beispiel wie durch den Rückbau eines Verkehrsraumes zugunsten des öffentlichen Freiraums eine Wiederbelebung des historischen Stadtkerns erfolgen kann, wird in der italienischen Stadt Innichen (San Candido) ersichtlich. Als beliebter Urlaubsort hat dieser mit starken saisonalen Schwankungen an Besuchern zu kämpfen. Außerhalb der Saison war der Stadtkern wie ausgestorben und es fehlte an Leben. Als Reaktion darauf wurde zwischen 2002 und 2007 die Fußgängerzone grundlegend verändert. Durch den Rückbau des Straßenraumes wurde wieder ein Raum zum Verweilen geschaffen. Davon profitieren neben den Besuchern vor allem auch die Bewohner der Kleinstadt. Das österreichische Büro AWG nahm bei ihrem Entwurf bewussten Bezug zu der Geschichte des Ortes auf, ohne dabei eine historisierende Haltung einzunehmen. Die Verwendung lokaler Materialien und die bewusste Akzentuierung des baukulturellen Erbes stärken die Identität des Ortes. Eine klare und einfache Ästhetik betont die bereits bestehenden Qualitäten und sorgt für eine bessere Orientierung im Zentrum. An dem Projekt ist die Gestaltung interaktiver Zonen einzigartig, die je nach Bedarf einfach umzugestalten sind. So kann nach Saisonende aus einer Veranstaltungsplattform ein Blumenbeet werden, oder alternativ können bestimmte Bereiche mit Wasser geflutet werden. Dies ermöglicht eine hohe Anpassungsfähigkeit an einen heutzutage immer schnelleren Wandel gesellschaftlicher oder ökonomischer Strukturen.


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GSEducationalVersion


„SUPERBLOCKS“ BARCELONA

(Vgl. Stadt Barcelona, Barcelona wird super dank Superblocks!)

(Vgl. Maak, Niklas, Die Läden dicht, alle Fragen offen)

(Vgl. Bendiks, Stefan; Degros, Aglée, traffic space = public space, S. 46)

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Zunehmende Debatten über eine nachhaltige und ökologische Stadtentwicklung haben in Barcelona gezeigt, dass es an öffentlichen Freiräumen und besonders an Grünflächen mangelt. Gerade einmal 6,6 Quadratmeter kommen auf einen Einwohner der Stadt. Im Vergleich bietet Amsterdam 87,5. Als Antwort darauf entstand bereits 2011 das Konzept der sogenannten „Superblocks“. Diese setzen sich aus bis zu neun Häuserblocks zusammen und ermöglichen es, aus dem bisherigen Straßenraum einen öffentlichen Raum für die Anwohner zu schaffen. Unter anderem im Stadtteil Sant Antoni entstand so im Jahr 2019, der vom Leku Studio geplante Superblock. Auch hier spiegelt sich der Grundgedanke von einer Stadt der kurzen Wege wider. Durch die Umnutzung leerstehender Kaufhäuser sollen alle für den täglichen Bedarf nötigen Einrichtungen fußläufig zu erreichen sein. Essenziell ist dabei die Differenzierung zwischen passiver (motorisierter Individualverkehr) und aktiver (Rad- und Fußgängerverkehr) Mobilität. Dabei erhält Letzteres Vorrang im Straßenraum. Der Autoverkehr wird auf Einbahnstraßen mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von maximal 10 bis 20 km/h begrenzt oder teilweise auch komplett unterbunden. Dadurch eröffnet sich ein Möglichkeitsraum, der Platz für Hochbeete, Spielplätze, oder Sitzgelegenheiten bietet. Aus der grauen Straße wird so ein erweitertes Wohnzimmer für die Anwohner der Stadt.


Nach diesem Beispiel könnten in den folgenden Jahren bis zu 503 solcher Superblocks entstehen. Das Konzept findet auch in anderen Städten Anklang und wird zum Vorbild für die Verkehrsberuhigung eines Stadtquartiers.

(Vgl. Stadt Barcelona, Barcelona wird super dank Superblocks!)

GSEducationalVersion

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FAZIT

Die Altstadt hat als besonders identitätsprägender Ort ein großes Potential einen elementaren Bestandteil zur nachhaltigen Stadtentwicklung beizutragen. Zu einer Zeit, in der es zu einem immer schnelleren gesellschaftlichen und strukturellen Wandel kommt, wächst auch die Bedeutung von Orten, die eine gewisse Ruhe ausstrahlen und einem das Gefühl verleihen, ein Teil der Geschichte zu sein. Um eine derartige Entwicklung zu ermöglichen, bedarf es schneller Maßnahmen, die die Fortschreitung des Traiding-Down-Prozesses unterbinden. Dabei bot vor allem die Pandemie den Anlass, Altstädte neu zu denken, da sich der bisherige Fokus auf den Einzelhandel und die Gastronomie als nicht zukunftsfähig erwiesen hat. Wie sich allerdings im Rahmen der Recherche herausgestellt hat, sollte ein Eingriff im historischen Altstadtquartier immer aus der Identität des Ortes hervorgehen, um das bestehende Ortsbild nicht negativ zu beeinträchtigen. In Anbetracht der Tatsache eine Lösung für möglichst viele Städte zu finden, ist es somit nicht sinnvoll, einen vergleichbaren, geschweige denn modular anwendbaren Ansatz, innerhalb der Altstädte zu entwickeln. Stattdessen haben sich besonders die Übergangsbereiche, die den historischen Stadtkern von der Neustadt trennen, als bedeutend rausgestellt. Von diesem Zwischenraum geht heutzutage aufgrund städtebaulicher Entscheidungen der vergangenen Jahrzehnte, oftmals eine trennende Wirkung aus. Dies begründet sich vor allem durch den Verkehr, der eine sehr dominante Stellung ein60


nimmt und dadurch das vorhandene Potential der Altstadt verbirgt. Verändert man jedoch den Weg zur Altstadt, verändert sich gleichermaßen auch die Wahrnehmung der Besucher. Darüber hinaus besteht für eine erfolgreiche und insbesondere langfristige Revitalisierung die Notwendigkeit einer stärker ausgeprägten Nutzungsdurchmischung. Dabei ist besonders der bestehende Leerstand von Bedeutung. Dieser kann genutzt werden, um attraktiven Wohnraum für neue Nutzungen bereitzustellen, die bislang nicht beziehungsweise kaum vertreten sind. Entsprechende Maßnahmen, die eventuell auch vorerst über Zwischennutzungen den Leerstand bekämpfen, lösen alleine noch nicht das Problem, denn in vielen Altstädten mangelt es an qualitativen öffentlichen Raum und Grünflächen, die keinen kommerziellen Charakter haben. Die Ergänzung derartiger Strukturen ist jedoch aufgrund der engen Bebauung innerhalb des Quartiers vielerorts nicht möglich. Betrachtet man stattdessen die besagten Übergangsbereiche, können an dieser Stelle die entsprechenden Nutzungen ergänzt werden, die bislang im historischen Stadtkern fehlen. Diese Erkenntnis gliedert sich damit in den zunehmenden Diskurs über autofreie Innenstädte ein. Seit der Nachkriegszeit ging zunehmend das Bewusstsein dafür verloren, dass der Verkehrsraum auch Teil des öffentlichen Raumes einer Stadt ist. Durch die Umplanung der Übergangsbereiche 61


kann zudem auch ein Zeichen für Veränderung gesetzt werden, wodurch das Interesse potenzieller Nutzer, sich im Bereich der Altstadt niederzulassen, zusätzlich erhöht wird. Für einen erfolgreichen Eingriff in den Stadtraum hat es sich als vorteilhaft erwiesen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen kommunalen Entscheidungen und bürgerschaftlichen Engagement zu schaffen. Die Stadt muss gewisse Strukturen bereitstellen, um aber gleichermaßen auch einen qualitativen Raum für die Bürger zu kreieren, müssen diese jedoch die Möglichkeit haben, Initiative zu ergreifen und sich an der Entwicklung zu beteiligen. Zu beachten sind dabei neben den Interessen der Anwohner, auch die der Besucher, die aufgrund der historischen Sehenswürdigkeiten die Altstadt besichtigen. Durch die Umgestaltung von Verkehrsräumen zu öffentlichen, begrünten Räumen kann die Altstadt an fehlenden Nutzungen ergänzt werden und sich im gesamten Stadtgefüge wieder besser eingliedern. Die Verbindung zum Innenstadt Zentrum sorgt dafür, dass die Altstadt wieder mehr ins Bewusstsein gerückt wird und ermöglicht zudem eine ungestörtere Wahrnehmung des Ortes. Die historischen Altstadtquartiere können sich so als Vorreiter der Stadt der kurzen Wege etablieren.

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SPATIUM

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UMFANG

Im Folgenden soll nun untersucht werden, inwiefern es möglich ist, die Ansätze aus dem theoretischen Teil der Arbeit umzusetzen. Dabei gilt es unter anderem Antworten auf folgende Fragestellungen zu finden: Wie kann durch die Umnutzung eines Verkehrsraumes das Bewusstsein für die historischen Altstadtquartiere gestärkt werden? Wie gestaltet man einen öffentlichen Raum, der den Besucher auf die Wahrnehmung und die Atmosphäre der Altstadt vorbereitet? Welche konkreten Maßnahmen bedarf es parallel zu der Umgestaltung des Verkehrsraumes bezogen auf den vorliegenden Leerstand? Wie lässt sich eine sinnvolle Lösung für alle Verkehrsteilnehmer finden? Wie nimmt man Bezug auf die Geschichte des Ortes, ohne eine historisierende Haltung einzunehmen? Trotz des theoretischen Konzeptes bedarf es immer noch einer Anpassung an den jeweiligen Ort. Dies gilt nicht nur für das jeweilige Altstadtquartier, sondern auch für den Zwischenraum. Individuelle Anpassungen bezüglich des Straßenverkehrs oder der Passantenbewegungen sind notwendig. Im Rahmen der Arbeit wird ein derartiger Eingriff am Beispiel der Stadt Osnabrück bearbeitet. Diese lässt sich, mit einer vom Innenstadt-Zentrum getrennten Altstadt, in die bisherige Analyse einordnen.

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Dabei handelt es sich um einen konzeptionellen Ansatz und stellt damit keinen Anspruch auf die tatsächliche Machbarkeit bezogen auf die Umplanung des Straßenverkehrs dar. Die Arbeit dient als Anstoß, die Städte in der Zukunft zunehmend autofrei zu planen und aus dem Verkehrsraum wieder einen öffentlichen Raum für die Bürger zu kreieren. Dadurch soll auch die angrenzende Altstadt an Nutzungen bereichert werden, an denen es in dem eigentlichen Quartier bislang mangelt.

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ALTSTADT OSNABRÜCK

(Vgl. Stadt Osnabrück, Einwohnerzahlen)

(Vgl. Website der Altstadt Osnabrück )

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Die Stadt Osnabrück liegt im Süden von Niedersachsen und zählt mit circa 170.000 Einwohnern zu den größten Städten des Bundeslandes. Bekannt ist sie vor allem gemeinsam mit der Stadt Münster als der Ort an dem der Westfälische Frieden unterzeichnet wurde, weshalb man bis heute von der Friedensstadt Osnabrück spricht. Bezogen auf den Städtebau erfolgte auch hier durch den Zweiten Weltkrieg die bisher größte Zäsur. Der historische Altstadtkern wurde durch zahlreiche Luftangriffe beinahe vollständig zerstört, nur ein Teilbereich wurde in der Nachkriegszeit rekonstruiert. Bis heute ist dieser Ortsteil bekannt als das Heger-Tor-Viertel. Es stellt den größten zusammengehörenden Teil historischer Bausubstanz der Stadt dar und erstreckt sich über eine Fläche von circa 5,5 Hektar. Wie in vielen anderen deutschen Großstädten wurde auch hier zu der Zeit des Wiederaufbaus ein großer Fokus auf den motorisierten Individualverkehr gelegt. Die Folgen einer derartigen Entwicklung auf das Stadtbild sind bis heute deutlich spürbar. Auf der offiziellen Internetseite der Altstadt Osnabrück wird diese als „das Dorf in der Stadt“ betitelt und als ein Quartier ausgeschrieben, das sich vor allem an Start-Ups, Freiberufler, Künstler und Studierende richtet. Zurzeit sieht dies in der Realität jedoch anders aus. Die zunehmenden Probleme des stationären Einzelhandels machen sich auch hier seit Jahren bemerkbar. Im Zuge der Pandemie kam es darüber hinaus auch noch zu einigen Ladenschließungen ansässiger Gastronomiebetriebe.


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HEGER-TOR-VIERTEL BESTANDSAUFNAHME

(Vgl. Website der Altstadt Osnabrück )

GSEducationalVersion

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Das Heger-Tor-Viertel ist bekannt für seine mittelalterliche Bebauung. Entlang der schmalen Gassen erstrecken sich zahlreiche historische Fachwerkhäuser und Steinwerke, deren Errichtung zum Teil bis in das 13. Jahrhundert zurückreicht. Benannt ist das Viertel nach dem Waterloo Tor, ein Kriegsdenkmal, welches im Volksmund als das Heger Tor bezeichnet wird und den westlichen Eingang zur Altstadt darstellt. Durch den roten Pflasterstein im gesamten Straßenbereich setzt sich das Viertel deutlich von den angrenzenden Bereichen der Innenstadt ab. Doch wie bereits erwähnt, weist die Altstadt trotz der größtenteils sehr gut erhaltenen Bauwerke, einige Missstände auf. Bereits seit einigen Jahren wird das Problem des Leerstands zunehmend spürbar. Verstärkt wurde dies vor allem


aufgrund der Pandemie, die besonders für die Gastronomie und den Einzelhandel für eine schwierige Zeit sorgte. Im Juni dieses Jahres waren in dem historischen Altstadtquartier zwölf Leerstände vorzufinden, davon befanden sich zuvor sieben in einer gastronomischen Nutzung und fünf Gewerbeflächen wurden für den Einzelhandel genutzt. Zudem wird insbesondere an den zur Ringstraße gerichteten Fassaden ein Problem mit Vandalismus in Form von Graffiti deutlich. An diesem stark vom Verkehr dominierten Teil der Altstadt befindet sich auch die einzige öffentliche Grünfläche des Quartiers, die durch kaum vorhandene Sitzgelegenheiten eine geringe Aufenthaltsqualität bietet. In dem gesamten Viertel mangelt es an öffentlichen Raum, Sitzmöglichkeiten stehen beinahe ausschließlich im Bezug zu einer kommerziellen Nutzung. Die Gastronomiebetriebe und der Einzelhandel stellen momentan die einzigen Orte der Begegnung dar, wenn diese jedoch geschlossen haben, wie es im Zuge der Pandemie der Fall war, wird die Problematik besonders deutlich. Nichtsdestotrotz ist das Potenzial der Altstadt groß. Die historische Bebauung verleiht ihr eine einzigartige Identität und durch den Leerstand können sich neue Nutzungen integrieren, wodurch eine größere Vielfalt in dem Gebiet erreicht werden kann. Dafür müssen jedoch Strukturen ergänzt werden, an denen es bisher mangelt. Diese können dann dafür sorgen, dass die Altstadt wieder zunehmend in das Bewusstsein der Menschen gerät. 71


POTENZIAL

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MISSTÄNDE

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Leerstandskartierung Datum: 13.06.2021

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DIELINGERSTRASSE BESTANDSAUFNAHME

Die Dielingerstraße begrenzt das Heger-Tor-Viertel in Richtung Süden und verbindet dabei die Ringstraße mit dem Domplatz. Im Gegensatz zur Altstadt wurde die historische Bebauung bzw. deren Überreste in der Nachkriegszeit zugunsten eines breiteren Straßenquerschnitts vollständig abgerissen. Die Folgen dieser Entwicklung, basierend auf den Prinzipien der autogerechten Stadt, sind bis heute deutlich wahrnehmbar. Der ruhende und fließende Autoverkehr nimmt eine sehr dominante Stellung an diesem Ort ein, für Fahrradfahrer gibt es hingegen keine eigenen geschützten Wege. Die Fußgängerzone der Innenstadt kreuzt die Dielingerstraße. Obwohl an dieser Stelle ein Zebrastreifen ein einfaches Überqueren der Straße ermöglicht, geht von der ihr aus Perspektive der Fußgänger eine trennende Wirkung aus. Durch den Straßenverkehr wird im Innenstadtbereich eine Grenze gezogen, die das eigentliche Potenzial der Altstadt verbirgt. Die Bebauung an der Straße zum Heger-Tor-Viertel ist wesentlich höher als in dem ursprünglichen Quartier und stammt größtenteils aus den 60er bis 80er Jahren. Nur vereinzelt sind hier historische Bauten vorzufinden. Bezogen auf die Nutzung sind in den Erdgeschossbereichen überwiegend Einzelhandel- und einige Gastronomiebetriebe angesiedelt, die oberen Stockwerke dienen beinahe ausschließlich der Wohnnutzung.

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Erste Ansätze seitens der Stadt bezüglich einer Umnutzung des Straßenraumes wurden im Juni 2021 an die Öffentlichkeit getragen, so können nun unter anderem Gastronomen beantragen Parkplätze für die Außengastronomie zu nutzen. In dem selben Zeitraum wurden von der OB-Kandidatin der Grünen Annette Niemann erste Äußerungen bezüglich der Planung einer autofreien Innenstadt bekannt, auch die Dielingerstraße wird in diesem Zusammenhang erwähnt.

(Vgl. Achenbach, Cornelia, Parkplätze vor Osnabrücker Gaststätten werden zu Biergärten)

(Vgl. Pohlmann, Heiko, OB-Wahl 2021)

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STÄDTEBAULICHER KONTEXT

Die Ringstraße begrenzt die Altstadt in Richtung Westen, östlich schließt direkt der historische Marktplatz an. Dieser ist insbesondere für das im spätgotischen Stil errichtete Rathaus und für das Ensemble der bunten Giebelhäuser bekannt. Außerdem finden hier viele große Veranstaltungen, wie Weihnachtsmärkte, die Maiwoche, Street-Food-Festivals und weitere Events statt. Daran anknüpfend befindet sich weiter östlich der Domhof, auf dem an zwei Tagen der Woche der Markt ausgetragen wird. Wie zuvor erwähnt, grenzt die Dielingerstraße das Heger-Tor-Viertel in Richtung Süden ab und trennt damit die Alt- von der Neustadt. Die Fußgängerzone, welche die Altstadt mit dem Marktplatz am Nikolaiort verbindet, kreuzt die Straße. Der Nikolaiort stellt bezogen auf das Passantenaufkommen das eigentliche Zentrum der Innenstadt dar. Darüber hinaus befindet sich in der Achse der Dielingerstraße auf der gegenüberliegenden Seite der Ringstraße das Felix-Nussbaum-Haus, ein gesellschaftspolitisches Museum, welches von dem amerikanischen Architekten Daniel Liebeskind entworfen wurde. Am Ende der Fußgängerzone in südlicher Richtung befindet sich schließlich noch das ehemalige Osnabrücker Schloss, heute beherbergt das Gebäude mehrere Fachbereiche der Universität. Betrachtet man den gesamten Kontext öffentlicher Plätze in der Stadt, wird die zentrale Lage der Dielingerstraße deutlich. Obwohl die Dielingerstraße so zentral gelegen ist, geht von ihr bislang nur eine trennende und keine verbindende Wirkung aus. 83


historischer Marktplatz

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Marktplatz am Nikolaiort

Domplatz


Schlossplatz

Heger-Tor-Viertel

Universität

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STÄDTEBAULICHE ANALYSE

Grünflächen In dem gesamten Innenstadtbereich mangelt es bislang an qualitativen Grünflächen. Am Heger-Tor-Viertel befindet sich lediglich eine Grünfläche, die jedoch keine sonderlich hohe Aufenthaltsqualität aufgrund des Verkehrs aufweist. Der einzige begrünte öffentliche Raum, der sich großer Beliebtheit erfreut, ist der Schlossplatz am anderen Ende der Innenstadt.

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Verkehrsauslastung Die Karte spiegelt die Auslastung des Autoverkehrs im Bereich der Innenstadt wider. In Bezug auf die Dielingerstraße wird deutlich, dass der Verkehr von der Ringstraße bis zur ersten Kreuzung eine größere Gewichtung erfährt, als in dem restlichen Bereich der Straße. Dies begründet sich unter anderem durch den großen Wohnkomplex und das Parkhaus am Nikolaiort. Für ein zukünftiges Mobilitätskonzept würde es somit Sinn ergeben, den Straßenabschnitt bis zur Kreuzung weiterhin für Autos befahrbar zu lassen.

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Nutzungen In Bereich der Altstadt und in den direkt angrenzenden Bereichen findet man überdurchschnittlich viele Gastronomiebetriebe (orange) sowie Einrichtungen für Kunst und Kultur (gelb). Der Einzelhandel ist ebenfalls von Bedeutung, ist jedoch verstärkt im Innenstadt-Zentrum vorzufinden. Der Altstadt mangelt es bislang an einer vielseitigen Nutzungsdurchmischung.

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Fußgängerbewegungen Die Darstellung verdeutlicht die zentrale Rolle des Marktplatzes am Nikolaiort, von diesem Drehpunkt ausgehend bewegen sich einige Passanten zum Domplatz und dem historischen Marktplatz. Die Altstadt ist hingegen deutlich weniger frequentiert. Hier ist besonders die Gasse vom Heger Tor bis zum Marktplatz zu erwähnen. Zu beachten ist jedoch, dass lediglich die Fußgängerbewegungen über den Tag dargestellt werden, aufgrund der Gastronomie ändert sich das Bild über den Abend hinweg

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Autoverkehr Die vorliegende Abbildung stellt den Straßenraum dar, in dem der Autoverkehr zugunsten des öffentlichen Raumes weichen muss. Wie dargestellt ist sowohl das gesamte Heger-Tor-Viertel, wie auch das Innenstadt-Zentrum bereits autofrei. Die trennende Wirkung die von der Dielingerstraße momentan ausgeht wird hier besonders ersichtlich. Im Rahmen der Planung bleibt die Zufahrt zum Nikolaiort weiterhin bestehen, zukünftig könnte aber auch dieser verbleibende Verkehrsraum in den öffentlichen Raum eingegliedert werden. Wie auch am Beispiel der „Superblocks“ in Barcelona zu sehen ist, wird die Geschwindigkeit für den Autoverkehr stark reduziert, damit alle Verkehrsteilnehmer aufeinander achten können: GSEducationalVersion

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NUTZUNGSKONZEPT

Der neu geplante öffentliche Raum der bisherigen Dielingerstraße gliedert sich in drei Teilbereiche, von denen jeder eine andere Nutzung aufweist. Der erste Bereich erstreckt sich vom Domplatz bis zur Kreuzung der Fußgängerzone und richtet sich aufgrund der Lage an ein breites Besucherspektrum. Hier entsteht ein innerstädtischer Erholungsort mit einer hohen Aufenthaltsqualität, der neben den neu geplanten Sitzgelegenheiten auch eine freie Nutzung auf den Rasenflächen ermöglicht. Dadurch kann sowohl ein neuer Treffpunkt für Studenten geschaffen werden, als auch Raum für Kinder zum Spielen. Da bislang im Stadtzentrum neben dem Schlossplatz keine weitere Grünfläche existiert, die Sitzgelegenheiten ohne einen kommerziellen Bezug bereitstellt, wird eine große Anzahl an potenziellen Nutzern angesprochen. Diese begeben sich zur Dielingerstraße und können von dort aus den öffentlichen Raum, oder auch die Altstadt erkunden. Der zweite Teilbereich schließt das Gebiet von der Fußgängerzone bis zu Kreuzung mit der Kampstraße ein, die zum Nikolaiort führt. An dieser Stelle entsteht ein Ort, der mit einem kulturellen und künstlerischen Charakter unmittelbaren Bezug zur Altstadt aufweist. Den kulturellen Einrichtungen der Altstadt soll hier die Möglichkeit geboten werden, Veranstaltungen in den Außenraum verlagern zu können, was sich insbesondere unter Anbetracht der Pandemie als sinnvoll erweist. Darüber hinaus sollen ansässige Kunsthandwerksbetriebe einen Raum erhalten, um 89


ausgewählte Kunstwerke und Skulpturen im Straßenraum zu präsentieren. Dies bietet zum einen Mehrwert für den öffentlichen Raum und zum anderen können die Kunstbetriebe mehr Aufmerksamkeit generieren. Dadurch werden die Passanten dazu angeregt, sich über den angrenzenden Hinterhof direkt in das Heger-Tor-Viertel zu bewegen. Der letzte Bereich erstreckt sich von der Kreuzung bis zur Ringstraße und richtet sich überwiegend an die Anwohner der Gegend. Dieser Bereich der Dielingerstraße ist weiterhin am stärksten vom Verkehr geprägt und bietet aufgrund dessen eine niedrigere Aufenthaltsqualität, weshalb hier „Community Gardens“ geplant werden. Diese ermöglichen den Bürgern wieder mehr Bezug zum Anbau von Nutzpflanzen und fördern das Bewusstsein für die Bedeutung vom Stadtgrün. Auch die umliegenden Schulen können sich beteiligen und den Kindern schon früh praxisnahes Wissen vermitteln. Das Konzept kann sich dann im Laufe der Zeit auch auf weitere Bereiche der Altstadt ausbreiten und um Strukturen wie Gewächshäusern ergänzt werden, die eine ganzjährige Nutzung der Gärten ermöglichen.

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Erholungs- und Aufenthaltsort

noisreVlanoitacudESG

Kunst- und Kulturort Feste & Veranstaltungen

noisreVlanoitacudESG

Community Gardens Anbau von Kulturpflanzen

noisreVlanoitacudESG

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KONZEPT WEGFÜHRUNG

Verglichen zu der bisherigen Verkehrssituation der Dielingerstraße erhält nun die aktive Mobilität den Vorrang. Eine zentrale Flaniermeile, umgeben von Grünflächen, erstreckt sich über die gesamte Straßenlänge und verbindet die einzelnen Teilbereiche des neuen öffentlichen Raumes. Durch die Verwendung roter Pflastersteine nimmt der Weg auch direkten Bezug zum Heger-Tor-Viertel auf und schließt an dessen Straßenzüge an. Auch die Fahrradfahrer bekommen eine eigene Straße, um dadurch einen Beitrag zu leisten, den gesamten Radverkehr in Osnabrück zukünftig attraktiver zu gestalten. Auf Grundlage der bestehenden Bürgersteige ist es weiterhin möglich alle anliegenden Gebäude wie gewohnt zu erschließen und sich auf direktem Wege fortzubewegen. Der Autoverkehr ist lediglich bis zur Kampstraße möglich, jedoch nur in stark reduzierter Geschwindigkeit, damit alle Verkehrsteilnehmer aufeinander Rücksicht nehmen können. Dadurch kann weiterhin das große Parkhaus und der Wohnkomplex erschlossen werden. Dies ist momentan für die Innenstadt noch notwendig, um Besucher aus dem Umland anzuziehen. Zukünftig könnte jedoch auch der verbleibende Straßenraum zugunsten weiterer Grünflächen umstrukturiert werden. Durch die geplante Wegführung ergeben sich dann die Bereiche, die für die Begrünung des Straßenraumes genutzt werden.

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Parzellen Der schmale und längliche Zwischenraum wird von den Fassadenfronten begrenzt. Um zwischen den beiden Straßenseiten einen Bezug herzustellen werden die Linien der Parzellen verlängert, wodurch sich ein Raster ergibt.

Abstandsflächen Die Traufhöhe der angrenzenden Gebäude ermöglicht einen weiteren Bezug zu dem umschlossenen Raum. Durch die Projektion der Fassaden auf den Straßenboden wird das Raster ergänzt.

Spline Durch die Verbindung von den Mittelpunkten der Schnittstellen der Parzellierung und der Abstandsflächen ergibt sich ein Weg der ein immer gleiches Verhältnis des Betrachters zu den umliegenden Gebäuden ermöglicht.

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BEGRÜNUNGSKONZEPT

Bewegungsflächen

Community Gardens

Naturflächen

Begrünung: Rasen

Nutzpflanzen:

intensive Begrünung

Hochbeete

heimische Pflanzenarten

Streuobstwiesen

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KULTURPFLANZEN

Clapps Liebling (Birne)

Altländer Jakobsapfel

Walderdbeere

Altländer Spitze (Kirsche)

Hauszwetschge (Pflaume)

Waldheidelbeere

Im Bereich der Community Gardens können verschiedene Nutzpflanzen angebaut werden. Um einen Bezug zur Altstadt und dessen Charakter aufzubauen soll überwiegend auf Pflanzen mit einem lokalen und historischen Bezug zurückgegriffen werden. Die beigefügten Darstellungen zeigen exemplarisch einige Kulurpflanzen auf, die in der norddeutschen Geschichte verankert sind. (Vgl. Pomologenverein Niedersachsen-Bremen, Alten Obstsorten – neu entdeckt)

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WILDPFLANZEN

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Leberblümchen

Kornblume

Gemeine Akelei

Luzerne

Klatschmohn

Waldhimbeere


Weiße Lichtnelke

Rosmarin

Goldrute

Gelbe Narzisse In den Bereichen mit einer intensiven Begrünung sollen historischen Wildpflanzen angebaut werden. Hier sollen keine kontinuierlichen Eingriffe der Nutzer erfolgen, um zu ermöglichen das ein Stück Natur zurück in die Stadt gelangt. Durch natürliche Prozesse werden über die Jahre weitere Pflanzenarten ergänzt.

Adlerfarn

Beifuß

(Vgl. Pflanzen des Norddeutschen Tieflands)

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100


0

10

20

30

40

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ducationalVersion

I. ERHOLUNGSORT

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0

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10

20

30

40


2,0

3,0

5,3

2,5

10,5

2,0

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II: KUNST & KULTURORT

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0

10

20

30

40

105


5,0

106

13,0

2,5

5,0

3,0

1,5


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III. COMMUNITY GARDENS

0

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10

20

30

40


2,0

7,5

2,5

6,5

6,5

6,0

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PUBLIC GREENHOUSE

Durch die V-förmige Dachform kann das Regenwasser in den beiden geschlossenen Kuben gesammelt und zur Bewässerung der Pflanzen genutzt werden. Der längliche Baukörper fungiert dabei als weitere grüne „Schicht“, die den Straßenraum von den Grünflächen separiert. Zudem ermöglicht das Gewächshaus eine ganzjährige Nutzung des Community Gardens.

111


112


BIBLIOGRAFIE LITERATURVERZEICHNIS ABBILDUNGSVERZEICHNIS

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