normann gerz
bachelor thesis
msa | muenster school of architecture
prof. kazu blumfeld hanada aa. dipl. münster 08/24
man rettet sich (manchmal), indem man spielt…
methodik.
sequenzen. dieses tagebuch behandelt kein ausgewähltes thema, es beantwortet keine vorerst gestellte frage: vielmehr ist es die suche nach der fragestellung an den raum selbst. die folgenden seiten bilden den rahmen einer spielerischen hinterfragung des wesens der architektur in einer zeit, in der menschen das sehen verlernt haben. es ist die suche nach dem poetischen, also der verdichteten erfahrung, die uns schmerzt, erschüttert und unsere wahrnehmung erneuert. der dokumentierte arbeitsprozess widmet sich dem spiel, das konstitutiv für die entstehung des schönen ist, 1 eine gesonderte aufmerksamkeit. insbesondere im zwanglosen spiel öffnet sich das denken dem zögernden dem stillen , dem sich zurücknehmenden und nebensächlichkeiten des lebens: befreit von not- und zweckmäßigkeit offenbart das spielen die stillen erfahrungen, die sich dem unmittelbaren genuss einer konsumgesellschaft verschließen. somit dient es als methodik das scheinbar bekannte und verstandene zu hinterfragen und mit fremden augen zu erblicken. es folgt die dokumentation einer reise in die welt der miniatur zur ergründung des wesens der architektur, das ich zu lieben gelernt habe.
weiß. auf der suche nach einer neuen sensibilität für unsere umwelt umkreisen meine gedanken die erfahrung des weißen. gemeint ist nicht das weiße als modische, leicht konsumierbare farbe, sondern vielmehr die idee des nicht(farbig)seins: in der stille und leere des weißen schwingt die stimmung des noch-nicht-seins 2 die konfrontation mit dem leeren papierblatt erweckt das gefühl des noch unsichtbaren, das durch einen „schmerzhaften charme der vergänglichkeit“ 3 bestimmt ist. gleichzeitigkeiten. die reduktion der herstellung aller folgenden modelle auf ein material ist nicht allein durch die fragile und sinnliche beschaffenheit des papiers begründet, sondern durch das phänomen einer gleichzeitigkeit: die abgedruckte fotografie, der geschriebene text und das gebaute modell vermitteln in der selben materialität einen jeweils gleichwertigen inhalt. zumal es uns zur hinterfragung der natur der dinge auffordert, wird mich „das schlichte geheimnis der gleichzeitigkeit“ 4 mit dem fortschreiten der arbeit zunehmend begeistern.
prototypen. das modell als methode zur darstellung weltlicher phänomene dient zur verdichtung unserer wahrnehmung. der inhalt des modells ist niemals rein informativ, sondern der ausdruck einer verinnerlichten gedankenwelt. modelle sind sprache das betrachten des modells ist gleichwertig mit der real-körperlichen erfahrung, denn sie bilden in der form verkleinerter prototypen die reale welt ab. somit verstehe ich die tagebuchartigen sequenzen der gebauten modelle „als konzeptuelles instrument , um unseren erfahrungen struktur zu verleihen.“ 5
ausgangslage. den auftakt der ergündung einer wesentlichen fragestellung an die architektur bilden zwei fragmentarische reflexionen über die zeitwahrnehmung und flachheit unserer lebensform.
zeitbruch. die lebensform der absoluten erhältlichkeit und der digitalität verzerrt das verhältnis zwischen mensch und ressource. losgelöst von den natürlichen prozessen der herstellung und den zeitrhythmen des wetters oder der jahreszeiten verliert der mensch den maßsstablichen bezug zu seiner umgebung und ihren zeitlichen stukturen. was für ein verständnis von zeit und dauer kann eine gesellschaft haben, die ihre vergangenheit in der cloud sichert? bereits roland barthes verunsicherte der verzicht auf das steinerne denkmal als einen ort des gedenkens, der das alltägliche leben in kollektive zeitstrukturen einbettet: indem die gesellschaft der nachkriegszeit das monument zur materialisierung einer gemeinsamen vergangenheit aufgibt, wird sie unfähig die dauer fassen zu können 6 ohne kollektive vergangenheit zerbricht die erlebte zeit zu zeit-punkten ohne dauer und kontinuität, 7 sodass wir unfähig werden das unscheinbare wahrzunehmen. 8 mit dem schneller-sein der welt gewinnen wir kein vergnügen, keine erfahrung, sondern werden arm an zeit und blind für die natur. oberflächen. das leben in einer zeit der wirtschaftlichkeit, der produktivität und information ist nicht reich und welthaltig. unsere lebensform der sofortigen erhältlichkeit setzt die materielle ausbeutung der erde und erschöpfung der dinge voraus, sodass wir ihr wesen auf den konsumierbaren wert der ressource reduzieren. 9 in einem gefühl der wertlosigkeit der dinge, die wir als endlos verfügbares und ersetzbares empfinden, erhebt sich die erfahrung und das erlebnis zu einer form des seins. 10 doch die digitalisierung des erfahrenen macht auch das erlebnis erhältlich, zu einer konsumierbaren information. der einbruch der sozialen medien und digitaler treffen in das private reduziert das abgebildete gestalt auf die information seiner äußerlichen oberfläche 11 somit ist das digitale ohne tiefgang: ohne die möglichkeit „sich selbst zu tilgen“, 12 sich im privaten mit seinem individuellen wesen verbinden zu können, verhindert das digitale medium die entstehung einer eigenen innerlichkeit . in der bilderflut immergleicher oberflächen und des scheinbar bekannten erscheint die welt (super-)flach. 13 startpunkt.
fragen an die architektur. aus der komplexität der erlebten ausgangslage ergibt sich eine scheinbar unendliche ansammlung potentieller fragestellungen an den architektonischen raum: kann die architektur der erde zu ihrer ursprünglichen naturhaftigkeit verhelfen? die (unsere) natur „in sein eigenes wesen freilassen“, 14 sowie es heidegger formulierte? kann sie uns wahre erfahrung und echtes erlebnis ermöglichen? wie sieht architektur aus, die uns das bewusstsein für zeit oder ein zeitgefühl zurückgibt? kann sie die verlorene innerlichkeit wiederherstellen und unser wesen vertiefen? kann architektur, also der künstlich hergestelle raum, ohne die erschöpfung des planeten entstehen? wie lässt sich die grenze zwischen architektur und natur, oder dem künstlichen und natürlichen überhaupt bestimmen? (...) welcher frage gehe ich nach?
konstruktion
leer e f ehler
zwis chenraum
qua drat
winkel
v ersteck
rundungen
s chwellen
v erwebung
auflösung
flüchtigkeiten
vergänglichkeiten
exkurs in die pflanzenwelt
122 tage. 16 modelle. 67 papierblätter 640mm x440mm.
konstruktion über den neuanfang und die zwanziger
040424. konstruktion.
2⅔ blatt papier. ⅓ verschnitt. gefaltet und geklebt.
denn alles, was die konstruktion hindert, ist stil. in der linie hat sich eine neue weltanschauung offenbart: wesentlich zu bauen und nicht abzubilden, zu vergegenständlichen oder zu abstrahieren, die neuen funktionalen, konstruktiven bauten im leben zu errichten, jedoch nicht von ihm abgewandt oder außerhalb des lebens.« 15 alexander rodtschenko
030424 der beginn der arbeit ist geprägt von den recherechen zu dem russischen konstruktivismus der frühen zwanziger jahre. das leben in einer stimmung des umbruchs, in der das russische zarenreich zu einem kommunistischen staat umstrukturiert wurde, ermöglichte den konstruktivist*innen die hinterfragung von kunst, raum und lebensform. mit der ablehnung des dekorativen realismus und dem einbruch der privaten kunstmärkte 16 begibt sich die moskauer avantgarde in den wettstreit zwischen der kunstformen des suprematismus und konstruktivismus. 17 maßgeblich
für den versuch eines neubeginns der kunst und der beendung der malerei wird die 1921 gezeigte ausstellung 5x5=25. auf der suche nach der essenz von material und form zeigen rodtschenkos dreifarbiges triptychon und malewitsch‘ weiß auf weiß eine schmerzhafte stimmung des neuanfangs und der leere, die mich im verlauf der dokumentierten arbeit fortlaufend beschäftigen. die frühen werke des konstruktivismus stellen die frage nach der natur des materials und der abwesenheit der kunstschaffenden person. 18
über die form und die formlosigkeit
090424. leere.
3 blatt papier. kein verschnitt. gebogen und geklebt. durchnässt und geklebt.
die farben veschwinden - alles verschmilzt im schwarz. 19 alexei krutschenych
100424. das wesen der architektur kann in seiner ursprünglichkeit als die herstellung eines schutzraums vor einflüssen der witterung und gefahren aufgefasst werden. die errichtung eines isolierten, hermetischen rückzugsorts, der das innere von einem äußeren abgrenzt, erhebt das menschlich gebaute über den kontext einer bereits existierenden landschaft. somit ist der herrichtung eines baugrundstücks, sowie der handwerklichen und vor allem industriellen bearbeitung des baumaterials die rationalisierung des natürlichen inhärent. architektur konstruieren heißt
manipulieren welche bedeutung hat die herstellung des architektonischen raums in einer selbstkonstruierten welt des anthropozäns, in der keine wilde unberührte natur existiert, vor der es sich zu schützen gilt? während das konstruieren unserer lebensräume und -formen ein künstlichrationaler vorgang ist, nähert uns das ungeplanbare und absichtslose dem natürlichen an. 20 die von unserem gestaltungswillen befreite herstellung einer architektur, die allein durch die eigenschaften des eingesetzten materials bestimmt ist, entleert das gebaute von subjektiven vorlieben
und der rationalisierung des materials. eine solche archaische gestaltung ähnelt der fernöstlichen idee der leere und ungezwungenheit des herstellenden, der insbesondere durch die abwesenheit der reflexion und im selbstvergessen die natur des materials zum ausdruck bringt. 21 die reduktion des konstruierten raums auf die erfahrung der materialität setzt das bewusstsein für den eingesetzten rohstoff instand, das in der alltäglichkeit einer wohltemperierten digitalität zu verschwinden droht. die rückkehr zu einem vergangenen materialbewusstsein sensibilisiert das
menschliche denken für die zeitlichen phänomene des vergehens, der alterung und der wiederkehr: die erfahrung des materiellen ist somit stark verbunden mit der intensiven wahrnehmung der zeit, der rhythmen und jahreszeiten. während die übermäßige erhältlichkeit und produktion der dinge das sehen der feinheiten und der unscheinbarkeiten schwindet, erscheint eine auf die materialität reduzierte gestaltung welthaltig „wie jene helle kammer, die gerade aufgrund ihrer leere viel licht zu empfangen vermag.“ 22
über den zufall und das unvorhersehbare
140424. fehler.
2 blatt papier. 0 verschnitt. durchnässt.
es wird in frankfurt also eine sehr menschliche aufführung werden. es werden dinge passieren, die einfach nicht kontrollierbar sind. 23
carsten nicolai
140424. wir verstehen die arbeit der architekturschaffenden meist als kontrollierten akt, bei dem die planenden die höchstmögliche präzision bei der vorbereitung eines finalen bauobjekts anstreben. dabei sind der fehler und das ungeplante auszuschließen, denn die unvorhersehbare improvisation wird als eine niedrige kunstform verpöhnt. die angestrebte beherrschung der bausubstanz in form eines kontrollierten bauprozesses suggeriert eine ermächtigung der planenden über den erlebbaren raum. somit ist die allgemein übliche raumplanung die ausübung eines individuellen macht-
anspruchs. der beherrschte planungsprozess ist gänzlich künstlich , denn der menschliche funktionalraum widersetzt sich einer natürlichen formgebung. die differenzierung unserer aufenthaltsräume grenzt sie gänzlich von unserer natürlichen umgebung ab und verhindert durch eine kategorisierende trennung die gegenseitige durchdringung und verflechtung. junya ishigami stellt den alterungsprozess, den verlust des menschlich-kontrollierten, dem künstlichen entgegen: durch verfall des menschlichen funktionalraums zur ruine entsteht eine neue naturlandschaft 24
indem sich das rigoros geplante auf die erkenntnis früherer bautätigkeit zurück besinnt, trägt es historisierende züge in sich. die sogenannten allgemeinen regeln der technik sind insofern rückschrittlich, als dass sie sich auf die historische akkumulation von wissen beziehen und sich dem unbekannten, unsicheren des neuen verschließen. im gegensatz zum ungeplanten fehlt es dem kontrollierten planungsprozess an offenheit, um die aktuelle welt der pluralität, der ungreifbaren meinung und paralleler existenz zu verräumlichen. 25 das ungeplante und prozesshafte hingegen
weicht die künstlichkeit des kontrollierten menschlichen eingriffs auf, indem es die raumphänomenen des unklaren und des fehlers in die gestaltung miteinbezieht. durch die überlagerung des geplanten und ungeplanten oder des künstlichen und natürlichen, kann die gestaltung die dualität des künstlich-natürlichen erschöpfen. die verschmelzung des gegensätzlichen findet form in dem phänomen der kuratierten naturlandschaft, die durchdrungen ist von der merkwürdigen stimmung einer gleichzeitigkeit.
zwischenraum über träumen und die leere
210424. zwischenraum.
3 blatt papier. kein verschnitt. aufgetrennt und geklebt.
ich schreibe: ich bewohne mein blatt papier , ich statte es aus, ich durchlaufe es. ich lasse weiße stellen, zwischenräume (sprünge im sinne von unterbrechungen, durchgängen, übergängen). 26
georges perec
*notiz zum träumen: nach dem eintreten in die welt des schlafes durchdringen sich realität, traum und erinnerung gegenseitig und entziehen sich einer klaren zuordnung. dem träumenden ist die zeitliche und narrative kontinuität fern, denn die surreale welt des schlafes ist frei von dem streben unseres wachen bewusstseins. jenseits eines rationalen zeit-raum-verständnisses zerbricht die welt des schlafenden flüchtige eindrücke, zeitpunkte und den weiß bleibenden leerstellen die aus fragmenten zusammengesetzte realität des traums ist blass, unscharf und substanzlos. trotz der ungewissheit des traums ist der welt des schlafenden eine freundlichkeit inhärent, indem sie „das ganz einfache aber ganz großartige dasein zu dem im wachen die kraft fehlt, verwirklicht zeigt.“ 27
210424 in seinem werk träume von räumen vertieft georges perec den schreibprozess als eine räumliche gliederung des leerraums. das geschriebene wort schwärzt den unberührten raum, stabilisiert sich zu einer substanz und versucht sich auf dem weiß des papiers zu behaupten. 28 scheinbar erfüllt das geschriebene wort das papierblatt mit einer sinnhaftigkeit und verleiht im die ordnung von oben und unten, rechts und links, vorder- und rückseite. 29 das unbeschriebene, weiße blatt wird als das noch-nicht-sein 30 empfunden, das durch das füllen mit schriftzeichen zu seiner gestalt gelangt. das weiße blatt papier als rechteckiger, standardisierter leerraum bildet somit ein gefäß, das die linearität geschriebener information aufnehmen und abspeichern kann. während wir darin geübt sind das geschriebene in seiner gestalt und seinem ausdruck wahrzunehmen, kann die gegensätzlichkeit von weißem leerraum und schwarzem zeichen auch auf umgekehrte weise verstanden werden: so dient die schwärzung des papiers als gestaltung des zwischenraums: das weiße ist das bild, die information. 31 papier als traditionelles medium zur weitergabe
von information ist ein besonderes material. es ist bemerkenswert das der raum eines blatts papier rechteckig zugeschnitten ist und in standardisierten formaten erhältlich ist, obwohl die papierschöpfung keine rechteckige form vorgibt. aus unbekannten gründen lieben wir das viereck. 32 wie lässt sich die arbeit des dichters, der das rechteckige blatt papier durch den akt des schreibens bewohnt und durchläuft, in den physisch-körperlichen raum übertragen? wie stattet man das blatt papier aus, um die sprünge, unterbrechungen, durchgänge und übergänge erleben zu können? 33 während goerges perec das papier schwärzt, um den weißen leerraum zu fassen, schneide ich es ein, wölbe es auf und fixiere es. die bearbeitung des materials öffnet den leerraum zwischen den blättern zu einer sanft fließenden, diffusen landschaft . das geschriebene wort wird zum auftrennenden schnitt.
quadrat über die funktionale einheit
290424. quadrat.
2½ blatt papier. ½ verschnitt. gefaltet und geklebt.
my formats are square, but the grids never are absolutely square; they are rectangles, a little bit off the square, making a sort of contradiction, a dissonance, though i didn‘t set out to do it that way. when cover the square surface with rectangles, it lightens the weight of the square, destroys its power 34
290424 die rationale grundform des würfels scheint selbstreferenziell. sie wirkt mit ihrer strengen auf-sich-selbst-bezogenheit standhaft und grenzt sich in ihrer klarheit streng von dem weichen, natürlichen ab. das universalvolumen des kubus kann in verbindung mit dem künstlich-menschengemachten gebracht werden, denn es symbolisiert ein streben nach symmetrischer, berechenbarer kontrolle innerhalb einer unkontrollierbaren welt. ist ein würfel nicht gezinkt, stabilisiert er sich selbst durch seine geometrie und verdichtet sich zur substanz. „die substanz beruht auf tren-
nung und unterscheidung. diese grenzt das eine vom anderen ab, hält jenes in seiner selbigkeit gegen dieses. so ist die substanz nicht auf offenheit, sondern auf geschlossenheit hin angelegt.“ 35 die eigenschaften des zimmers ähneln denen des würfels, da es die untergebrachte nutzung kategorisiert und von den umliegenden isoliert. als klar definierte, funktionale einheit ordnet der quader den raum und schirmt seinen inhalt von einer nächsten einheit ab. unser wohnraum versteift sich auf das leitbild des funktional differenzierten zimmers, deren rechteckige grundfläche eine vorge-
sehene nutzung beinhalten soll. „ein schlafzimmer ist ein raum, in dem ein bett steht ein eßzimmer ist ein raum, in dem ein tisch und stühle und häufig ein geschirrschrankstehen[...].“ 36 trotz der strengen kategorisierung der nutzung eines zimmers „wird man also feststellen, daß zum einen wohnzimmer und schlafzimmer kaum eine größere rolle spielen als der besenschrank (in den besenschrank kommt der staubsauger; ins schlafzimmer kommen die erschöpften körper: beides verweist auf die gleichen erholungs- und pflegefunktionen).“ 37 die widersprüchlichkeit dieser
strengen begrenzung unserer seinszustände auf das rechteck wird insbesondere bei der eigentlichen inbenutzungsnahme dieser räume deutlich: die küche wird aufenthalts- und erholungsraum, das bett im schlafzimmer zum arbeitsplatz, der abstellraum zum ort der zärtlichkeit und liebe. die natur unseres wesens ist wesentlich flexibler und vielfältiger, als dass unsere seinszustände auf die einheit des zimmers reduziert werden könnten. das leben wäre monoton, wenn jegliche tätigkeit der funktionalität verhaftet sei. als ob man nur von dem reden könne, was voll, nützlich und
zweckmäßig ist. 38 doch an der vorstellung eines funktionslosen raumes scheitert perec. „wie soll man das nichts denken, ohne daß man automatisch an etwas um dieses nichts herum denkt, das aus ihm ein loch macht, in das man eiligst etwas hineintun will, eine fertigkeit, eine funktion ein schicksal, einen blick, ein bedürfnis, einen mangel, einen überschuß...?“ 39 dass der alltägliche raum konstruierter umwelt auf der grundform des rechtecks basiert, ist durchaus eigenartig. der quader bildet im dreidimensionalen raum den ausgangspunkt für die gestaltung des menschlichen lebens, obwohl das orthogonale als natürliche form nur vereinzelt aufzufinden ist. zwar nähern sich die kristalle weniger mineralgruppen an die form des würfels an, dennoch ist das viereck aufgrund seiner instabilität nur seltenst das ergebnis natürlicher prozesse. 40 selbst aus mathematischer sicht wird das orhtogonale rechteck als labile form angesehen, die zur bestimmung in zwei dreiecke unterteilt werden muss. zwischen der unzähligkeit möglicher formen ist das rechteck ein widersprüchliches phänomen, das in der absolutheit des quadrates ihren höhepunkt findet.
040524. winkel.
⅞ blatt papier. ⅛ verschnitt. gefaltet und geklebt.
kleiner friedlicher gedanke nr. 1 jeder x-beliebige katzenbesitzer wird ihnen zu recht sagen, daß katzen die häuser viel besser bewohnen als menschen. selbst in den am fürchterlichsten quadratischen räumen finden sie instinktiv die geeigneten winkel . 41 georges perec
040524. die ecke und der winkel verdienen bei der betrachtung des kategorisierten und differenzierten raums eine besondere beachtung: in seiner verjüngung zur spitze konzentriert der winkel das sein, umschließt es und forciert eine absolute präsenz. der intimitätsraum des schlupfwinkels isoliert seinen inhalt von der umgebung und begrenzt diesen auf sein minimum, sodass wir in ihm die ruhe und stille der intimität kennenlernen. auch gaston bachelard schenkt dem winkel in seiner phenomenologischen sammlung poetik des raumes eine besondere aufmerksamkeit. er betrach-
tet sie als das „gehäuse des seins.“ 42 der winkel als ort intensiver präsenz versammelt unser sein zu einer konzentrierten innerlichkeit , indem er das leben verengt und uns in unbeweglichkeit versetzt. im „keim eines zimmers, keim eines hauses“ 43 befinden wir uns in einer geometrie der intensiven einsamkeit, einem zufluchtsort des seins, in den wir uns zurückziehen können. in der geometrie, in der gaston bachelard den ursprung des wohnens ansiedelt, sieht er ebenfalls den anfang des seins: erst der kontemplative aufenthalt im schlupfwinkel verhilft uns zum sein. ferner
bilden die gegenstände der einsamkeit und erinnerung, mit der uns der schlupfwinkel konfrontiert, die grundlage des träumens. 44 in einem zustand des körperlichen „zusammenschließen-um-sichselbst“ 45 bietet der winkel dem träumenden ein „heilmittel gegen die langweile und unendlichkeit von dingen.“ 46 als ort des bei-sich-sebst-seins bildet der winkel das gegenstück zum äußerlichen, das im draußen verortet werden kann. vergleichbar zum sinnbild des christlichen kirchenraums, der durch seine ge schlossenheit und abgrenzung von der außenwelt die glaubenden in eine ver-
innerlichte anwesenheit versetzen soll, 47 verdichtet auch der spitz zulaufende raum unser wesen, indem er sich von dem äußeren abgrenzt, verschließt und zusammenzieht. in eine träumerei versunken berichtet albert-birot: „es gibt ecken aus denen man nicht mehr herauskommt.“ 48
versteck über die verhüllung und das innere
080524. versteck.
3 blatt papier. 0 verschnitt. gefaltet und gesteckt.
der schrank und seine fächer, der schreibtisch und seine schubladen, die truhe mit dem doppelten boden sind wirkliche organe des geheimen psychologischen lebens. ohne diese »objekte«, neben einigen anderen ebenso wertvollen, würden unserem inneren leben die äußeren modelle der innerlichkeit fehlen. gleich uns, durch uns, für uns haben sie eine innerlichkeit . 49 gaston bachelard
*notiz: alle folgenden modelle dienen als kritische reflexion über unseren umgang mit reststücken eines standardisierten materials. der industriellen herstellung eines materialstandards, etwa des din-papierformats, ist die ausbeutung der erde und rohdung des waldes vorausgesetzt. die erhebung des menschen über natürliche prozesse der erde mündet in der künstlichkeit des menschlichen alltags. wurzellos, losgelöst von ihren zeit- und ortsstrukturen haben wir die wertschätzung des materials verlernt, das wir als unendlich verfügbares, in einer standardgröße erhältliches verstehen. anstatt zu versuchen unsere umwelt zu begreifen und ihre ressourcen zu ergreifen , sollten wir lernen ihre stärke zu sehen und ihre schönheit zu schonen. die erde ist ein organismus und wir sind ein teil davon.
neben einer ausgewählten textreferenz als grundlage für den inhalt, thematisieren die folgenden modelle die ganzheitliche verwendung eines papiers. restteile und verschnitte werden nicht von der geplanten kubatur entfernt, sondern als formgebendes element in den gestaltungsprozess integriert. somit wird das überbleibsel als geometrisches störelement zum ironischen hinweis auf die künstlichkeit des industriestandards.
080524 bei der erforschung der idee der isolierung ist auch die beachtung der uns umgebenden dinge lehrreich, in denen wir alltägliche modelle der innerlichkeit finden können. möbelstücke wie die schublade, die truhe oder der schrank, die als zweckmäßiges instrument ihren inhalt sortieren und von der unordnung des hauses abgrenzen, 50 sind wesen von besonderer tiefe abgeschlossen von der außenwelt existiert in ihrem inneren ein „intimitätsraum“, 51 der den stillen tumult der erinnerungen und gegenstände aufnimmt und sicher aufbewahrt. im inneren des schrankes herrscht die
stimmung einer auf-sich-selbstbezogenheit und intesiven präsenz. diese innenwelt bildet jedoch nicht, wie das schwarze zum weißen, einen einheitlichen kontrast zur äußeren unordnung, sondern kann als abstufungen „innere(r) schatten“ 52 aufgefasst werden: das verschließen eines möbels taucht seinen inhalt ins rätselhafte und verschwommene . in dem versuch diese innenwelt zu ergründen und zu ent-decken, erleben wir die tiefe des schrankes als eine stille reise durch die schichten unserer erinnerung und vergangenheit: während der inhalt der obersten fächer eines
möbelstücks uns wegen seiner nähe zur alltäglichen nutzung noch vage bekannt vorkommt, entzieht sich der inhalt der tieferen fächer unserem bewusstsein. seine tiefe ist unergründlich und ohne boden, denn jede innerlichkeit verbirgt sich 53 die herstellung eines behältnisses als hülle zum schutz vor äußeren einflüssen erhebt seinen inhalt aus der alltäglichen gleichwertigkeit zu etwas schützenswerten und besonderen. die phänomenologische stärke der truhen, schränke und schubladen liegt somit nicht allein in dem inhalt des möbelstücks, sondern in den raum-zeitlichen
strategien des verhüllens und verdeckens. 54 in den momenten des versteckens, verriegelns und abschließens wird das behältnis wesentlicher als der verhüllte gegenstand: „schön ist der gegenstand in seiner hülle, in seiner verhüllung, in seinem versteck.“ 55
rundungen über die krümmung und ihre konstruktion
130524. rundungen.
2½ blatt papier. ½ restmaterial. papierstreifen gewoben.
du, wie kein andrer überall hingewandt, vielleicht ein apostelwandrer, dem noch nicht bekannt,
von wo ihm gott wird kund -: nun streckt er ihm zum preise die arme rings im kreise und macht sein dasein rund.
baum, der vielleicht im inneren denkt. baum, der sich selbst errichtet und sich langsam beschenkt mit der form, die vernichtet, was den launen des windes gleicht. 56
130524. die absolute form der runden kugel ähnelt in mancher sicht der des würfels. 57 in ihrer allseitigkeit ist die rationale grundform des kreises universell und verhält sich zu jeder seite gleichwertig. während ich der form des quadrats und dem volumen des würfels mit der künstlichkeit des menschlichen verbinde, besitzt das runde „merkmale einer ursprünglichkeit“, 58 die wir auch im naturwissenschaftlichen vorfinden: zwar ist der umfang des kreises schwer zu begreifen und doch kann er mithilfe der merkwürdigen zahl π exakt bestimmt werden. durch die symbolische konnota-
tion des unendlichen scheint auch der kreis selbstreferenziell zu sein. das bild der vollen rundung verhilft uns dazu, uns um uns selbst zu versammeln und unser dasein innerlich zu bestätigen. somit ist das dasein selbst rund 59 in seiner abgeschlossenheit isoliert sich das innere des kreises von seiner umgebung und konzentriert sich zu einer individuellen einheit 60 „die innerlichkeit ist eine form der rückwendung zu sich. sie ist gekrümmt. so bewohnt sie bevorzugt kurven und windungen.“ 61 indem das runde sein inneres von allen seiten gleichmäßig behütet, es umarmt, ver-
leiht sie im eine besondere bedeutung. so rufe alles, was rund ist, bekanntlich nach unserer liebkosung 62 die architektur der vergangenen jahrhunderte bediente sich so häufig der symbolischen form der kugel: etwa boullée‘s kenotaph für isaac newton, scarpas fensteröffnungen auf dem friedhof in brion, die aus zwei sich überschneidenden kreisen zusammengesetzt ist, sowie melnikovs eigenes wohnhaus, das ich im übrigen sehr liebe. trotz meines interesses für das räumliche phänomen des runden, verstehe ich die metaphysische aufladung des kreises nicht im geringsten,
sodass das gezeigte modell allein die räumlich-konstruktive qualitäten des gewölbten raums untersucht: das experiment referenziert eine architektur der formfindung nach dem vorbild frei ottos, heinz islers und iannis xenakis. das aus papier konstruierte gewölbe ergibt sich aus studien der statischen kräfteverläufe mithilfe umgedrehter hängemodelle, vergleichbar mit den kettenmodellen der sagrada familia. somit bildet die konstruierte form - entleert von einer subjektiven formgebung - die materiellen und statischen eigenschaften des papiers in ihrer natürlichkeit ab.
schwellen über übergänge und verläufe
always had a growing feeling that a connection was necessary between the interior and the exterior, but not in such an immediate and total way as was the case in the origins, the ambitions and practice of the modern movement architecture. The desire for absolute continuity encounters, or should encounter, motives for rescaling, for instance on the grounds of comfort and the control of thermal insulation. mediation, in the form of a transition , is always necessary in the passage between the interior and exterior. 63
alvaro siza
190524. schwellen.
4 blatt papier. 0 verschnitt. ganze papierblätter gefaltet.
*notiz zum aufgelösten: gänzlich widersprüchlich zur begrifflichkeit des kategorisch differenzierten und seiner räumlichen übersetzung in die geschlossene form erscheint der begriff des aufgelösten. anstatt sich zur definierbaren einheit, zur substanz zu konsolidieren und sich von dem umgebenden zu verschließen, 64 schwebt das diffuse in einer weitläufigen offenheit. ihm fehlt das eindeutige, innerliche zentrum des differenzierten, sodass es nicht als ein ganzes, sondern ohne linearität und richtung, also verstreut existieren kann. während die substanz sich durch die abgrenzung von außen selbst stabilisiert, lässt das diffuse innen und außen nebelhaft verschmelzen. aufgrund seiner indifferenz weist es die fähigkeit auf, die umgebung aufzunehmen und verhüllen. gerade wegen seiner offenheit ist der aufgelöste raum ein ort der gegenseitigen durchdringung, der relation und der gleichzeitigkeit der dinge.
190524 . die bisherigen untersuchungen behandeln vorwiegend den in sich geschlossenen innenraum, der sich von seiner äußerlichen umgebung abgrenzt. der dokumentierte arbeitsprozess dient als reflexion über das isolierte volumen und seiner phänomenologischen wirkung, deren stärke ich in der konzentration unseres seins empfinde. in einer völligen scharfstellung auf das einzelne, den geschlossenen körper ohne die betrachtung des äußeren wäre die erforschung des architekonischen raums formal und einseitig. somit verlassen die folgenden sequenzen die abge-
grenzte, innerliche einheit und widmen sich dem unscharfen raum des übergangs. es steht nicht mehr das gebaute selbst im vordergrund, sondern die „schwellen, die das dort vom hier, das unsichtbare vom sichtbaren, das unbekannte vom bekannten, das fremde vom vertrauten trennen.“ 65 interessant ist, dass die schwelle aufgrund ihres transitorischen moments auch in unseren alltagsbräuchen wie etwa dem abnehmen der kopfbedeckung vor dem eintreten, das tragen der geliebten person über die türschwelle, oder das vermeiden des handschlags im türbe-
reich, besonders zelebriert werden. in der öffnung der geschlossenen einheit trifft das gewohnte auf das außergewöhnliche: die schwelle als raum der vermittlung zwischen dem innen und außen weicht die grenze zweier seinszustände auf und wird zum moment der verknüpfung und überschneidung . auch siza widmet in den notizen über seine kindheitsjahre der schwelle eine besondere aufmerksamkeit. während eines monatelangen aufenthalts in vila nova de famalicão empfindet er den übergang seines krankenzimmers zur draußen liegenden stadt, als zu unmittel-
bar, zu schwellenlos, sodass er sich die tiefe der traditionellen, arabischen bauten herbeiwünscht. 66 in ihnen erkennt er den kontinuierlichen verlauf zwischen der heißen stadtlandschaft bis hin zur dunklen intimität des inneren. 67 so stellt die schwelle keinen definierten zustand dar, sondern einen verlauf und übergang: die verbindung isolierter einheiten setzt ihren inhalt in relation und verkettet sie zu einer zeit-räumlichen kontinuität. nicht die isolierung und abgrenzung stabilisieren das menschliche sein, sondern die narrative geschichte stiftet sinn.
verwebung über zusammenhänge und die unschärfe
300524. verwebung.
7½ blatt papier. ½ verschnitt. ganze papierblätter gefaltet.
this notion of space has nothing to do with that of space as an enclosure within certain limits [...]. It is a space that recognizes only points and directions, not the void and that which surrounds it, a space that does not know of limits but relations . 68
beatriz colomina
300524. die wahrnehmung des raum, der zeit und unserer umwelt wird bestimmt durch politische und technologische geschehnisse. die industrielle revolution löst den menschen aus dem geworfensein einer religiös-terranen ordnung, und „entfernt uns nur von natur und handwerk.“ 69 aus den möglichkeiten beschleunigter herstellung der dinge und individueller mobilität folgt die befreiung des menschlichen alltags aus den gesetzmäßigkeiten der erde die eine epoche geschlossener fragen, fester plätze und des dinges als solches beendet. 70 in einem zeitalter der relation verlieren
raum und zeit ihre absolute allgemeingültigkeit, sodass die dinge nur in bezug auf ein anderes sinn stiften können. die auflösung des ortes verändert auch die idee des eingegrenzten raumes zu einer vorstellung des raumes, der nicht durch die abgrenzung, sondern durch die beziehung der dinge zueinander bestimmt werden kann. 71 auf die unbekannte dualität des innen und außen reagieren die architekt:innen der wiener secession mit der isolation des privaten lebens von der erschreckenden indifferenz des äußeren: die verlorene identität könne nur im inneren, im privaten
wiederhergestellt werden. 72 in der heutigen zeit, in der die erfahrung vor den besitz rückt, führt der rückzug in das private eigenheim in eine weltlose sackgasse , denn nur das verhältnis, die verbindung und die verknüpfung mit dem äußeren können das sein stabilisieren. auch der heutige kommunikations- und informationsrausch bringt die dinge und orte zum verschwinden, 73 sodass gewohnte zeit- und raumstrukturen ausgehebelt werden. wegen der reduzierung unseres lebens auf seinen informationsgehalt „werden wir blind gegenüber stillen, unscheinbaren dingen, ja
gewöhnlichkeiten, nebensächlichkeiten oder üblichkeiten, denen der reiz fehlt, die uns aber im sein verankern.“ 74 der additive und zählbare gehalt einer information steht dem narrativen zusammenhang gegenüber. dieser könnte durch die kontinuität einer geschichte eine identität herstellen und das sein in einen zeitlich-räum-lichen maßstab einbetten. 75 während der isolierte raum unser wesen von der äußeren welt abgrenzt und die erlebte fragmentierung verschärft, besitzt die schwache, aufgelöste form die eigenschaft, unser wesen in einen narrativen kontext zu verbinden.
die auflösung der trennenden grenze verwandelt geschlossene einheiten zu einem fließenden schwellenraum . dieser raum der verbindung, verkettung und verwebung ermöglicht die unscharfen zustände des halboffenen, halbdurchsichtigen und halbaußenliegenden, indem er sich unterscheidende raumerfahrungen zu einem zusammenhängenden volumen verknüpft und in ein neues verhältnis setzt.
über die struktur und die landschaft
060624. auflösung.
3⅓ blatt papier. ⅔ verschnitt. papier gefaltet und geklebt.
verstecken heißt: spuren hinterlassen. aber unsichtbare . es ist die kunst der leichten hand. rastelli konnte sachen in der luft verstecken. je luftiger ein versteck, desto geistreicher. je freier es dem blick nach allen seiten preisgegeben, desto besser. also beileibe nichts in schubladen, schränke, unter die betten oder ins klavier stecken. 76 walter benjamin
*notiz zum nebelhaften: ähnlich zu den wolken, deren schönheit in ihrer schwebenden flüchtigkeit und kurzlebigkeit liegt, sensibilisiert uns das naturphänomen des nebels für die schmerzhafte vergänglichkeit des seins. der zeitpunkt der entstehung und der verflüchtigung des nebels entziehen sich unserem verständnis, sodass der nebel die uns bekannte umwelt unbemerkt in einen traumhaft-undurchsichtigen schleier verhüllt. das diffuse etwas des nebels - vielmehr ein flüchtiges etwas - tauchen das gewohnte umfeld in eine weiße leere, lassen es zurückweichen und entgrenzen die unterscheidung zwischen sein und nicht-sein. so unerwartet der nebel die gekannte landschaft absorbiert und in das abwesende verwandelt, löst er sich ebenso spurlos mit dem fortschreiten des vormittags auf. die erscheinung des nebels ist dem phänomen des traumes nicht unähnlich.
060624 „grenzen-los ist die landschaft deshalb, weil sie fließt.“ 77 die sich schwellenlos entfaltende landschaft entzieht sich einer endgültigen eingrenzung. so ist der landschaftliche raum als solcher ent-grenzend. allein das erschöpfende betrachten einer landschaft, das versenken unseres blickes in den fließenden raum, lässt den betrachtenden mit der landschaft verschmelzen. 78 bereits der paradoxe begriff der land-schaft oder des land-schaffens erscheint mit dem versuch, das unberührte land mit der menschlichen arbeit zu verbinden, unscharf da ihm eine korrelation der kultur mit der natur innewohnend ist, beinhaltet er die widersprüchlichkeit der menschlich kuratierten naturlandschaft. ferner bedingen sich der landschaftliche raum und die ziellose, menschliche bewegung gegenseitig. auch bei der beschreibung des spazierens durch berlin erkennt walter benjamin einen zusammenhang zwischen der absichtlosen bewegung des flaneurs und dem landschaftlichen: „landschaft - das wird sie (die stadt) in der tat dem flanierenden. oder genauer: ihm tritt die stadt in ihre dialektischen pole auseinander. sie eröffnet sich ihm als landschaft, sie
umschließt ihn als stube.“ 79 zu unrecht ist der begriff der landschaft mit der vorstellung des unberührten naturraums konnotiert. die landschaft ist vieles mehr, denn sie ist all das, was uns umgibt. 80 obwohl sich das verhältnis der architektur zu ihrer umgebung in einem stetigen wandel befindet, wird der konstruierte raum meist auf seine ursprüngliche schutzfunktion reduziert. die vorstellung des gebauten raums als sichere festung innerhalb einer feindlichen landschaft, die ihre innenräume isoliert und von der außenwelt abschirmt, folgt einem veralteten architekturbegriff. für
diesen gibt es in einer welt der pluralität, der relation und des wandels keine anwendung. in einem zeitalter, in dem der mensch die erde auf globaler ebene entscheidend verändert, existiert keine unberührte wilde natur, vor der es sich zu schützen gilt. jenseits der dialektik des drinnen- und draußenseins kann die idee der architektur als schutzfunktion infragegestellt und die differenzierung des menschlich konstruierten raums und seiner umgebung aufgehoben werden. in einer gleichwertigen betrachtung des gebauten raums und seiner umwelt wird die starke, isolierte
form abgelöst durch die schwache und delikate formlosigkeit der struktur . anstatt eine künstliche grenze zwischen dem drinnen und draußen zu konstruieren, interessieren mich die grenzen der konstruktion als solche: eine transparente struktur von minimaler dimensionierung, beinahe ohne stärke , „ein reizendes nichts“. 81 eine fragile konstruktion, deren grenzen unscharf mit dem äußeren verschwimmen, verleiht dem leeren raum eine tiefe, 82 indem sie die leere gliedert und sich gleichzeitig beinahe gänzlich zurücknimmt. so gewinnen die dinge in einer gegenseitigen durchdringung und überblendung an reichhaltiger weite. diese stimmung einer diffusen überlagerung des leeren raums mit einer sich zurücknehmenden konstruktion erneuert auf phänomenologischer ebene unsere sensibilität für das verhältnis von struktur und raum, sowie des menschen zur natürlichen umwelt.
über das schwebende und den rückbau
150624. flüchtigkeiten.
7⅓ blatt papier. ⅔ verschnitt. papier gefaltet & geklebt.
kunst = nachahmung der natur nach maßgabe ihrer eigenen vorgehensweise. 83 john cage
*notiz zur zeit: die recherchen der letzten woche zum thema der erlebten zeitarmut führten zu einer hinterfragung der dokumentierten denk- und arbeitsstruktur: die sich nähernden fristen und abgabetermine üben zeitdruck auf die experimentelle denkmethode aus und verformen sie zu einem funktionalen, lineraren arbeitsprozess. ungleich zu maschinellen fertigungsprozessen lässt sich das denken nicht im sinne einer effizienzsteigerung beschleunigen. unter zunehmendem zeitdruck reproduziert das denken nur noch das gleiche. 84 es wird unzugänglich für „das ambivalente, das ununterscheidbare, das unscheinbare, das unentscheidbare, das schwebende, das komplexe“. 85 für die letzten wochen der bearbeitung erlaube ich mir das zögern, den schritt zurück und das innehalten, um in der herstellung der modelle und texte nicht blind für die unscheinbaren flüchtigkeiten und feinheiten der gestaltung zu werden. mich interessiert nicht nur die auflösung des menschlichen raums, sondern auch die auflösung gewohnter text- und denkstrukturen, die sich zu verfestigen drohen. manchmal muss komplexität ausgehalten werden.
150624 die rückbaubarkeit des gebauten raums wird meist im sinne einer bauwende thematisiert und aus einer energetisch-funktionalen sicht betrachtet. die phänomenologische kraft des temporären raums rückt in der heutig erlebten klimakrise in der hintergrund. doch wie verändert sich unsere gebaute umwelt, wenn sie nicht für die beständigkeit oder persistenz bestimmt ist, sondern nur die flüchtigkeit eines zeitpunkts überbrückt? die temporäre konstruktion ist durchstimmt von einer vergänglichkeit oder einer schmerzhaften gelassenheit zum eigenen vergehen. die gestaltung des rückbaubaren verlässt die traditionell-europäische vorstellung des schönen, das wir im anblick der dauer oder der festen baulichen substanz empfinden, und öffnet sich den subtilen phänomenen des fragilen, des sich zurücknehmenden und des schwebenden der für den rückbau vorgesehene, konstruierte raum strebt nicht nach dauer und beständigkeit, sodass in ihm ein eindruck der leere inhärent ist, die mich bereits seit beginn der dokumentierten fesselt und beschäftigt. während meiner überlegungen zur auflösung des menschlichen raums kommt der
konstruktion eine besondere bedeutung zu: obwohl der begriff der konstruktion in der architektur als die fügung der tragenden, wesentlichen elemente verstanden wird, beschreibt er im weiteren sinne die strukturierung, ordnung und abfolge des alltäglichen menschlichen lebens. so empfinde ich die konstruktion, die maßgeblich für die gestaltung von raum und zeit ist, in erster linie als rational-menschlichen eingriff in unsere umgebung. auf der suche nach einem neuen naturbegriff, einer angestrebten koexistenz von mensch und umfeld stellt sich die frage nach der grenze
zwischen dem konstruierten und dem natürlichen. das koexistieren setzt ein mit , ein zusammen voraus, indem das menschsein nur ein winziger bestandteil einer gesamten einheit, eines auf abhängigkeiten und prozessen beruhenden systems betrachtet werden sollte. wie kann der konstruierte raum gleichwertig mit der umgebung werden und sich in die dynamik der erde einbetten? eine auf das wesentliche reduzierte konstruktion folgt primär statischen parametern, sodass eine minimale, essenzielle struktur die kräfteverläufe und systematischen abhägigkeiten des raums
materialisiert. die absolute reduktion des materials zur herstellung eines größtmöglichen raums entzieht sich einem subjektiven gestaltungswillen, denn der statische raum wird nicht als objekt entworfen, sondern folgt den materialeigenschaften der konstruktion. die auf das notwendigste heruntergebrochene konstruktion wird gestaltlos sodass die grenze zwischen menschlicher konstruktion und umgebung verschwimmt . obwohl die gezeigte konstruktion ein geschlossenes kräftesystem abbildet, reagiert sie auf die einflüsse der umgebung, wenn das papier des modells
sachte im wind wiegt und die stützen zaghaft zittern. insbesondere diese flüchtigen momente einer gleichwertigkeit, in denen das gebaute und seine umgebung in kommunikation treten und sich gegenseitig beeinflussen, reizen und beschäftigen mich zunehmend. an der grenze menschlicher konstruktivität beginnt das vernünftige zu kippeln. zehn dreieckige stützen aus papier, vier standardisierte papierblätter sind in einem rationalen raster angeordnet, doch verlieren ihre starke form.
vergänglichkeiten über die konstruktion, die instabilität und das zwischen
220624. vergänglichkeiten.
2⅓ blatt papier. ⅔ verschnitt. papierstreifen geklebt.
in diesem sommer errichtete fuller seinen ersten kugelbau, der sofort einstürzte. er war entzückt. was ich tun muß, lerne ich nur, wenn es nicht klappt.86
220624. die letzten beiträge dieses buches ähneln sich thematisch. in ihnen versuche ich mich einer architektur anzunähern, deren wesen nicht klar definierbar, nicht eindeutlich zu umreißen ist. im grenzbereich des künstlich-konstruierten raumes, dem übergang zwischen stabilität und instabilität findet der gebaute raum zugang zum undefinierten, „wenn er auch geometrisch exakt bestimmt ist.“ 87 dieses wesen der architektur an der grenze einer rationalität verlässt den rahmen des eindeutig geplanten und voraussehbaren und öffnet sich den räumlichen phänomenen des ungeplanten, des zufalls und des fehlers. wegen seiner kurzlebigkeit und flüchtigkeit nähert sich die raumerfahrung dieser (in-)stabilen konstruktion dem erlebnis des natürlichen an: nach dem erreichen einer maximalen höhe und kurz vor seinem einsturz beginnt der gebaute turm sachte zu pendeln, wie das laub der bäume oder wiegen des grases im wind. in dem grenzbereich seiner statik erreicht der gebaute raum den zustand einer konstruierten natürlichkeit 88 in dem die struktur ihre innere festigkeit aufgibt und in ihrem wesen der wandelbarkeit und veränderlichkeit des
wetters ähnelt. der gebaute (zwischen-)raum erhebt sich nicht als absolute und universelle architektur über die prozesshaftigkeit der erde, sondern bettet sich in ihre systematischen zusammenhänge ein. die erfahrung der erschöpfung der konstruktivität und des bauens eines turms bis zu seinem einsturz ist eine merkwürdige, leere handlung: „man tut etwas, aber zu nichts.“ 89 jedoch ist es insbesondere diese leere, von der das phänomen einer künstlichen natürlichkeit durchstimmt ist: kurz vor seinem einsturz, zwischen stabilität und instabilität, befreit sich die konstruktion aus
ihrer s tarren rationalität und rückt in eine intensive, in sich ruhende gegenwart . in einem zustand der ephemeren existenz gleicht der konstruierte turm den toten blumen des ikebanas, die durch das abtrennen der lebenswurzel aus dem langsamen verwelken erhoben werden und eine tiefe, zeitlose lebendigkeit ausstrahlen. 90 der dokumentierte arbeitsprozess stockt bei der idee einer fragilen architektur, die trotz extremer konstruktivität und rationaler gestaltung der flüchtigkeit einer wolke 91 gleicht. wie sähe ein solches undefinierbares, flüchtiges haus aus?
reflexion rück- und ausblicke
zwischenstopp. der vorherige beitrag zum thema der vergänglichkeit des gebauten raums bildet vorerst den abschluss der dokumentierten erkundung der architektur. die folgenden textpassagen reflektieren die erkenntnisse der vergangenen wochen und umreißen die vorstellung eines fragilen, und vergänglichen formates des gebauten raums, die in einem letzten beitrag vertieft werden soll. die folgenden text- und bildelemente begleiten die auseinandersetzung mit den grenzen des wesens der architektur. anti-persistenz. während meiner suche nach der stillen erfahrung der architektur, die sich dem unmittelbaren konsum entzieht und das wesen des raums vertieft, empfinde ich wenig interesse an einer architektur der persistenz. trotz der phänomenologischen stärke des introvertierten zimmers, des schlupfwinkels oder der truhe 92 suggeriert der isolierte raum das sich-verschließen vor dem neuen und unbekannten. als platz der innerlichkeit und des privaten bei-sich-seins wird der intimraum ein ort der ausschließung des anderen. in ihm herrscht eine parallele zu dem erlebten wandel des privaten und dem darauf folgenden rückzug der gesellschaft in das sichere eigenheim. das isolierte haus für die vierköpfige familie ist „wie ein raumschiff, das seine insassen von einer lebensfeindlichen außenwelt abschirmt, nach innen.“ 93 das unerträgliche zurückweichen in die privaten vier wände und ausblenden der äußeren umstände konterkarriert die europäische vision einer willkommenskultur der freundlichkeit, gastfreundschaft und inklusion. reflexionen der suche. mit der abwendung von dem isolierten raum beginnt die erkundung der auflösung des künstlichen, menschengemachten schutzraums. sie ist der startpunkt einer reise des hinterfragens des klassischen hauses, die durchstimmt ist von dem bedürfnis nach einer materiellen reduktion, räumlichen verknüpfungen, und einer zarten form der architektur. in der gedanklichen umkreisung der grenze des gebauten raums eröffnet das spiel im maßsstab der miniatur die frage nach dem zwischenraum der weder dem außen noch innen zuzuordnen ist. in dem versuch die konstruktion, die ich als die essenz der raumbildenden struktur begreife, der äußeren natur anzugleichen und sie auf eine minimum an zerbrechlicher struktur zu reduzieren, stoße ich zum ersten mal auf das „schlichte geheimnis der gleichzeitigkeit“. 94 reflexion.
unwirkliche tatsächlichkeiten. in der konfrontation mit dem phänomen der gleichzeitigkeit stockt meine suche nach dem poetischen im wesen des gebauten raums. die stechende erfahrung des gleichzeitigen ist durchdrungen von einer „art schwindel“ 95 , in der das scheinbar verstandene aus der gewißheit in eine wolkige unklarheit rückt. insbesondere die betrachtung der japanischen trockengärten und des ikebana erweckt eine merkwürdige stimmung dieser widernatürlichkeit die uns zum zögern und zur hinterfragung unserer wahrnehmung auffordert: die japanischen kunstform des blumenssteckens ikebana, oder wörtlich belebung der blume, erhebt das leben der blume aus dem natürlichen, langsamen verwelken durch das abtrennen ihrer lebensquelle - der wurzel. 96 so strahlt die pflanze zum zeitpunkt einer radikalen vergänglichkeit eine besondere lebendigkeit aus und verzerrt das dichotome verständnis von leben und tod. 97 vergleichbar mit dem phänomen der zeitlichen verzerrung des blumensteckens ist die ausstrahlung des fernöstlichen trockengartens. entleert von jeglicher lebendigen natur, als weißes, künstliches rechteck inmitten einer organischen natur, 98 bringt der fernöstliche steingarten die künstlichkeit des menschlichen seins zum ausdruck. trotz seiner radikalen künstlichkeit scheint er aufgrund der bewegung des kiesbodens in einer besonderen lebhaftigkeit zu strahlen. bei seinem anblick verspüre ich eine seltsame verschränkung des künstlichen und natürlichen, die mein denken erschüttert und es in eine stille hinterfragung des bekannten versetzt. die gegenseitige durchdringung der dinge setzt sie in eine unbekannte relation zueinander und verhüllt sie in eine traumhafte unschärfe . die erfahrung des blumenssteckens und trockengartens ist das einer unwirklichen tatsächlichkeit.
barthes‘ gleichzeitgkeit. besonders dankbar bin ich für roland barthes‘ frühen überlegungen zur fotografie. sie dokumentieren eine trauerarbeit nach dem tod der eigenen mutter und eine suche nach ihrem wesen in den fotografien ihrer vergangenheit. es ist sein unvermögen die fotografie klar zu umreißen, „die seltsame stauung, inbegriff eines stillstands“ 99 , die mich an seinen gedanken fasziniert. seine erforschung der natur der fotografie umkreist die erfahrung der gleichzeitigkeit des vergangengenen und wirklichen. in der erkenntnis einer „ko-präsenz“, 100 etwa das vergessen und die gewissheit oder das verschwundene und das existierende zugleich, entdeckt barthes
ein neues wesen, das er als „ etwas wirkliches, das man nicht mehr berühren kann “ 101 begreift. seine gedanken zur fotografie stocken bei der schmerzhaften erfahrung einer ohnmächtigkeit und vergänglichkeit, die eine merkwürdige parallele zu der phänomenologie des japanischen blumensteckens und trockengartens aufweist. der letzte beitrag der suche nach einer fragestellung an die architektur widmet sich diesem phänomen einer unwirklichen tatsächlichkeit: eine architektur als etwas unwirkliches, das man berühren kann?
raumunschärfe. welchen einfluss kann die architektur auf unsere verarmte lebensform der sofortigen erhältlichkeit und der information ausüben? wie sieht architektur aus, die gewohnte wirklichkeit in eine unschärfe verhüllt , um unsere wahrnehmung für den wandel unserer umgebung zu sensibilisieren? kann die stimmung des japanischen blumensteckens, des trockengarten oder barthes‘ beobachtung der fotografie, in der die kraft zu hinterfragung des gewohnten liegt, auf die architektur übertragen werden? das gebaute und geliebte vorbild des koga park cafés in ibiraki verfremdet den begriff des architektonischen schutzraums, der sich von dem äußeren abgrenzt, zu einem zwischenraum der indifferenz. es ist der grenzbereich zwischen dem künstlichen und dem natürlichen, der die dichotome auffassung des drinnen und draußen verlässt. es wäre traumhaft in einem haus zu wohnen, das wie ein garten funktioniert. formlosigkeiten. das bild einer grenzenlosen architektur ist das einer hierarchielosigkeit: sie erzeugt einen homogenen raum der radikalen gleichwertigkeit aller baulichen elemente, in dem die umgebung, die fassade, die konstruktion, die möbel und die bepflanzung (etc.) gleichbedeutend den raum definieren. es ist der wunsch einer raumerfahrung, die trotz radikaler künstlichkeit den eindruck einer natürlichkeit erweckt. ebenso ist es der wunsch nach einer überhöhten natürlichkeit in der unsere künstlichkeit zum vorschein kommt. angestrebt ist keine formale, naturalistische nachahmung der natürlichen form, sondern die abstrakte anordnung und erscheinung der elemente zur programmierung einer architektur, als wäre sie teil einer naturerfahrung: das passieren einer stützenformation, als wäre sie die ansammlung der bäume eines hains. das anschalten des künstlichen led-lichts, als erhellten die sterne den himmel.
uns umgebende zimmerpflanzen, als wären sie wartende personen, die auf unsere beachtung hoffen. das schwingen des zarten tragwerks, als wäre es das laubwerk im wind. eine anhäufung fragiler stühle, als wären sie die übrig gebliebenen sträucher eines feldes. die empfindung einer solchen wolkigen, verhüllten erfahrung ist durchstimmt von einem weder-noch und einem zugleich : architektur, die trotz objektiver rationalität und künstlichkeit das bild des nebelhaften, instabilen und beweglichen erzeugt. 102
zeitschatten. die hauptfunktion des menschlichen schutzraums ist die herstellung einer wohltemperierten hülle, also dem schutz vor kälte, hitze und einflüssen der witterung. das leben im garten ist nur im sommer traumhaft. während die klimatischen bedingungen des innenraums unserer häuser ganzjährig konstant sind, also persistieren, ist der außenraum der natürlichen prozesshaftigkeit des klimas, der jahreszeiten, des wetters ausgesetzt. vermutlich hat sich aus den klimatischen bedingungen des europäischen kontinents diese strenge differenzierung der gegensätzlichkeiten des drinnen und draußen ergeben, die ihren höhepunkt in den hermetisch verschlossenen einfamilienhäusern der vororte erreicht. warum entziehen wir uns den unendlichen erfahrungen der zwischenstufen von temperatur und wetter und reduzieren unsere vorstellung auf die extremzustände des drinnen- oder draußen seins? die gegensätzliche durchdringung von temperatur(zwischen-)zonen öffnet unsere erfahrung der ko-existenz der dinge. in der gleichzeitigen wahrnehmung von temperaturzonen liegt eine formlose schönheit , die - wie das ikebana - von einer stimmung der widernatürlichkeit geprägt ist: die zeitgleiche erscheinung der kahlen bäume im garten, dem herbstlich-gefärbten laub der bepflanzungen des wintergartens und den immergrünen, zarten pflanzen des innenraums erschüttern uns. sanfte verschiebungen oder überlagerungen von temperaturzonen verzerren die menschliche wahrnehmung der zeit und erwecken den eindruck von zeitschatten . die verzögerung gewohnter zeitstrukturen sensibilisiert das menschliche bewusstsein der zeit, sodass die verschiedenheit der zustände der bepflanzung oder der bekleidung der mitmenschen einen maßstab der zeit wiederherstellen kann.
exkurs in die pflanzenwelt über die dialektik des künstlichen und natürlichen
060724. künstliche natürlichkeiten. 14 blumenarchitekturen. papier gefaltet und geklebt.
künstliche natürlichkeiten ein exkurs in die pflanzenwelt
schale aufzug
stütze
heizung
küche
seil membran
stromkasten
treppe
esstisch
bett
podest
ventilator wassertank
dusche
beleuchtung
lampe kissen vorhang liege wc
belüftungsanlage rampe aussteifung stab traverse unterzug decke wand boden
wildblumen im juni. moschus malve
gewöhnliches ferkelkraut
geruchslose kamille
kleinköpfiger pippau
echtes johanneskraut
unbekanntes grasgewächs
gemeine wegwarte
gewöhnlicher natternkopf
papierprototypen.
papier malve
papier ferkelkraut
papier kamille
papier pippau
papier johanneskraut
papier grasgewächs
papier wegwarte
papier natternkopf
im garten bin ich zuhause denn mein haus ist ein garten doch ist nichts grün um mich nichts blühend nur stahl stein und struktur alles scheinbar ohne regel ohne ordnung verhüllte erscheinungen wie im schlaf im haus indem die dinge sich gegenseitig druchdringend sich übereinanderlegend zu etwas traumhaft unklarem verschwimmen dort bin ich draußen
110724. natürliche künstlichkeiten. 100 sonnenbumen. 100 glasvasen. anordnung im orthogonalen raster.
natürliche künstlichkeiten ein exkurs in die pflanzenwelt
vorfrühling
frühherbst hochsommer
spätherbst meere seen tümpel ozeane mündungen bäche quellen
einhundert sonnenblumen stehen in der sonne blühend behutsam gezüchtet und gesetzt ins reich der kühlfeuchten erde
dem nährenden boden fern schweben die stiele wurzellos abgetrennt und ins wasser getunkt in einhundert gläsernen vasen
sequenzen über die grenzen des rationalen
my paintings have neither object nor space nor line nor anything - no forms . they are light, lightness, about merging, about formlessness, breaking down form. you wouldn‘t think of form by the ocean. you can go in if you don‘t encounter anything. a world without objects, without interruption, making a work without interruption or obstacle. It is to accept the necessity of the simple direct going into a field of vision as you would cross an empty beach to look at the ocean. 102
agnes martin
010824. die letzten seiten des tagebuches dokumentieren die vorbereitung eines abschließenden indexmodells im real-körperlichen maßstab. eine anzahl von prototypen im maßstab 1:2 erforschen die maximalen statischen eigenschaften des papiers, um die spannweiten und tragfähigkeiten des materials einschätzen zu können. die planungen sind geprägt von den erfahrungen der zwei exkurse in die pflanzenwelt und verarbeiten die persönlichen erkenntnisse des vergangenen frühjahrs in eine kleinstarchitektur aus papier. bei der konstruktion der prototypen umkreist mein
denken die grenze der konstruktivität und rationalität zur formlosigkeit: sechszehn volumen der selben größe von minimaler stärke, beweglich und instabil tragen eine großformatige, konstruierte platte. bei der entwicklung dieser möglichst schwachen strukturen stellt sich die frage nach dem zusammenhang und dem verhältnis der volumen. wie ist die überlagerung rationaler einheiten auf phänomenologischer ebene zu bewerten?
(unsichtbar) fotografien
1:50
vorschlag der positionierung des volumens in einem der ausstellungsräume der kunstakademie münster. die konstruktion wird begleitet von der ausstellung einiger fotografien aus dem vergangenen frühjahr.
spiegel (unsichtbar) fotografien
die maximale spannweite der platte liegt bei 37cm.
1:50
1. vorschlag und statische anpassungen.
typ 2. vorschlag und statische anpassungen.
typ 3. vorschlag und statische anpassungen.
typ 4. vorschlag und statische anpassungen.
typ 5. vorschlag und statische anpassungen.
typ 6. vorschlag und statische anpassungen.
typ 7. vorschlag und statische anpassungen.
frontalansicht einer überlagerung bei orthogonaler anordnung. für das modell im originalen maßstab werden die sechzehn tragenden volumen der größe 12,5cm x 18,5cm x 67cm fragiler und essenzieller, sodass sie auf ein minimum an konstruktion reduziert werden.
close-up: überlagerung rationaler volumen.
vorschlag einer papierkonstruktion der platten, sowie dem unteren abschluss des volumens. welchen einfluss hat das anheben der struktur auf den inhalt des modells?
070824. ein buch wie eine reise durch fotografierte und geschriebene hinterlassenschaften. noch sichtbar sind flüchtige spuren , vielmehr ein durch- und nebeneinander an formen. sechzehn einträge folgen ohne hierarchie und schwerpunkt aufeinander, angeordnet durch den immer voranschreitenden rhythmus der zeit. es ging niemals um die herstellung eines objekts, sondern um den übrig gebliebenen abdruck eines prozesses frei von einem streben nach beständigkeit. die seiten dieses tagebuches markieren den auftakt einer weiteren erforschung des unsichtbaren und den phänomenen der leichtigkeit, schwerelosigkeit, beweglichkeit und fragilität die erkundung einer rationalen struktur an der grenze der formlosigkeit. welche bedeutung hat die schwelle der erkennbarkeit zur unsichtbarkeit für die architektur?
am ende der bearbeitungszeit empfinde ich besondere dankbarkeit für die intensive betreuung durch prof. kazu blumfeld hanada und die unterstützung durch tim, julian, caroline und pauline!
literatur. 1/2
vgl. han, byung-chul, die errettung des schönen fischer verlag gmbh, frankfurt am main, 2015, s. 72 hara, kenya, weiß lars müller publishers zürich, 2012, s. 2 byung-chul han, abwesen merve verlag berlin, 2007, s. 57 vgl. barthes, roland, die helle kammer, bemerkungen zur photographie, 19. auflage, suhrkamp verlag ag berlin, 2024, s. 93
ungers, oswald mathias, morphologie city metaphors verlag der buchhandlung walther könig, köln, 1976 vgl. barthes, roland, die helle kammer, s. 104 vgl. han, byung-chul, duft der zeit, ein philosophischer essay zur kunst des verweilens transcript verlag bielefeld, 12. auflage, 2015, s. 24 vgl. ebd. s. 79 vgl. rau, thomas/ oberhuber, sabine/ wilhelm, ira, material matters, econ berlin, 2021, s. 13 vgl. han, byung-chul, undinge, umbrüche der lebenswelt, ullstein buchverlage gmbh berlin, dritte auflage, 2021, s. 21
vgl. barthes, roland, die helle kammer, s. 109 ebd. s. 109
v gl. murakami, takashi, superflat madora shuppan, 2000, s. 50 heidegger, martin, zitiert nach han, byung-chul, lob der erde ullstein buchverlage gmbh, berlin, 2018, s. 27f.
vgl. gaßner, hubertus, alexander rodschenko konstruktion 1920 fischer taschenbuch verlag gmbh, frankfurt am main, 1984, s. 69
vgl. westheider, ortrud, ende oder anfang der malerei?, in: ortrud westheider und michael philipp, rodtschenko. eine neue zeit hirmer verlag münchen, 2013, s. 70 vgl. wakar, irina, rodtschenko und malewitsch , in: ortrud westheider und michael philipp, rodtschenko. eine neue zeit hirmer verlag münchen, 2013, s. 35 vgl. gaßner, hubertus, alexander rodschenko konstruktion 1920 s. 62 krutschenych, alexei, zitiert nach gaßner, hubertus, alexander rodschenko konstruktion 1920 s. 50 vgl. knott, marie luise/ zimmermann, walter, john cage empty mind suhrkam verlag berlin, 2012, s. 215 vgl. byung-chul han, byung-chul, abwesen s. 88 ebd. s.89
nicolai, carsten: ein gespräch mit carsten nicolai, in: ensemble modern magazin nr. 53 2021/1 https:// www.ensemble-modern.com/de/medien/interviews/2020-12-10/es-wird-eine-sehr-menschliche-auffuehrung-werden-ein-gespraech-mit-carsten-nicolai (130624)
ishigami, junya: junya ishigami, from the first work in: a+u architecture and urbanism no.636, 11/23, s. 104 ebd. s. 6
perec, georges, träume von räumen, diaphanes verlag zürich-berlin, zweite auflage, 2016, s. 21 benjamin, walter, erfahrungsarmut in: burkhardt lindner, träume suhrkamp verlag frankfurt am main, 2008, s. 114
vgl. perec, georges, träume von räumen, s. 19 vgl. ebd. s. 20 hara, kenya, weiß s. 2
vgl. ebd. s. 14
vgl. ebd. s. 30
vgl. perec, goerges, träume von räumen, s. 21 martin, agnes, answer ton an inquiry, in: dieter schwarz, schriften, hatje cantz verlag, 1998, s. 29 han, byung-chul, philosophie des zen-buddhismus , philipp reclam jun. gmbh & co. kg stuttgart, 2002, s. 43f.
vgl. perec, goerges, träume von räumen, s. 49
ebd. s. 54
ebd. s.57
ebd. s.58
hara, kenya, weiß s. 28
vgl. perec, goerges, träume von räumen, s.43 bachelard, gaston, poetik des raumes, fischer taschenbuch verlag gmbh, frankfurt am main, 13. auflage, 2020, s. 145
ebd. s. 144
ebd. s. 145
ebd. s. 144
ebd. s. 148
vgl. byung-chul han, abwesen , s. 45f.
albert-birot, pierre, zitiert nach bachelard, gaston, poetik des raumes, s. 152 bachelard, gaston, poetik des raumes, s. 94
vgl. ebd. s. 95
ebd. s. 94
ebd. s. 97
ebd. s. 102
vgl. han, byung-chul, die errettung des schönen , s. 38
vgl. ebd. s. 40
rilke, rainer maria, zitiert nach bachelard, gaston, poetik des raumes, s. 236
vgl. s. 42-51
vgl. bachelard, gaston, poetik des raumes, s. 230
ebd. s. 231
vgl. han, byung-chul, philosophie des zen-buddhismus s. 57
han, byung-chul, abwesen s. 52
vgl. bachelard, gaston, poetik des raumes, s. 233
siza, alvaro, imagining the evident monade verlag, lissabon, zweite auflage, 2022, s. 42
vgl. han, byung-chul, philosophie des zen-buddhismus s. 43f.
han, byung-chul, duft der zeit s. 43
vgl. siza, alvaro, imagining the evident s. 42
vgl. ebd., s. 43
colomina, beatriz, on adolf loos and josef hoffman in: risselda, max, raumplan versus plan libre delft university press, 1988, s. 70
han, byung-chul, undinge, s. 10
vgl. colomina, beatriz, raumplan versus plan libre s. 65
vgl. ebd. s.65
vgl. ebd. s.67
han, byung-chul, undinge , s. 6
ebd. s. 7
ebd. s. 12f.
benjamin, walter, denkbilder suhrkamp verlag ag, berlin, vierte auflage, 2022, s. 98
han, byung-chul, philosophie des zen-buddhismus s. 74
literatur. 2/2
vgl. ebd. s. 74
benjamin, walter, die wiederkehr des flaneurs in: burkhardt lindner, träume suhrkamp verlag frankfurt am main, 2008, s. 84
nose, yoko, connecting landscape and architecture , in: junya ishigami another scale of architecture seigensha art publishing, dritte auflage, 2013, s. 231 han, byung-chul, lob der erde s. 33 vgl. ishigami, junya, another scale of architecture s. 211 cage, john, zitiert nach knott, marie luise/ zimmermann, walter, empty mind , s. 216 vgl. han, byung-chul, duft der zeit s. 106 ebd. s. 107
cage, john, knott, marie luise/ zimmermann, walter, john cage empty mind , s. 14 deleuze, gilles, erschöpft in: beckett, samual, quadrat stücke für das fernsehen, suhrkamp verlag, frankfurt am main, 1996, s. 69 ishigami, junya, another scale of architecture , s. 9 deleuze, gilles, erschöpft , s. 53
vgl. han, byung-chul, philosophie des zen-buddhismus , s. 68f. vgl. krauss, rosalind, the grid, the /cloud/, and the detail in: mertins, detlef the presence of mies , princeton architectural press, 1994, s. 136 siehe seiten 42-77. auch wenn ich den isolierten raum im rahmen dieser arbeit nicht weiter behandeln werde, erstaunen mich gaston bachelard‘s träumereien der ecken und winkel immer wieder aufs neue. sie scheinen die körperliche erfahrung der innerlichkeit, der verbindung mit dem wesentlichen an uns zu erkunden. außerdem wäre ich gerne naumann‘s in performance corridor gegangen. maak, niklas, wohnkomplex , carl hanser verlag münchen, 2014, s. 95 barthes, roland, die helle kammer s. 93 ebd. s. 96
vgl. han, byung-chul, abwesen s. 72f.
vgl. ebd. s. 73
vgl. hara, kenya, weiß s.80 barthes, roland, die helle kammer s. 101 ebd. s. 95 ebd. s. 97
vgl. krauss, rosalind, the grid, the /cloud/, and the detail s. 142 martin, agnes, zitiert nach schwarz, dieter, schriften, s. 7
abbildungen.
alle fotografien und abbildungen sind eigenhändig erstellt worden.
quellen.
bachelard, gaston: poetik des raumes, frankfurt am main: fischer taschenbuch verlag gmbh, 13. auflage, 2020. barthes, roland: die helle kammer. bemerkungen zur photographie, 19. auflage, berlin: suhrkamp verlag ag, 2024.
benjamin, walter: denkbilder, berlin: suhrkamp verlag ag, vierte auflage, 2022.
benjamin, walter: erfahrungsarmut, in: burkhardt lindner (hg.), träume, frankfurt am main: suhrkamp verlag, 2008.
benjamin, walter: die wiederkehr des flaneurs, in: burkhardt lindner (hg.), träume, frankfurt am main: suhrkamp verlag, 2008.
colomina, beatriz: on adolf loos and josef hoffmann, in: max risselda (hg.), raumplan versus plan libre, delft: delft university press, 1988.
deleuze, gilles: erschöpft, in: samuel beckett, quadrat stücke für das fernsehen, frankfurt am main: suhrkamp verlag, 1996.
gaßner, hubertus: alexander rodschenko konstruktion 1920, frankfurt am main: fischer taschenbuch verlag gmbh, 1984.
han, byung-chul: die errettung des schönen, frankfurt am main: fischer verlag gmbh, 2015. han, byung-chul: abwesen, berlin: merve verlag, 2007.
han, byung-chul: duft der zeit. ein philosophischer essay zur kunst des verweilens, 12. auflage, bielefeld: transcript verlag, 2015. han, byung-chul: undinge. umbrüche der lebenswelt, dritte auflage, berlin: ullstein buchverlage gmbh, 2021. han, byung-chul: philosophie des zen-buddhismus, stuttgart: philipp reclam jun. gmbh & co. kg, 2002. han, byung-chul: lob der erde, berlin: ullstein buchverlage gmbh, 2018.
hara, kenya: weiß, zürich: lars müller publishers, 2012.
ishigami, junya: junya ishigami, from the first work, in: a+u architecture and urbanism no. 636, 11/23. knott, marie luise/ zimmermann, walter: john cage empty mind, berlin: suhrkamp verlag, 2012. maak, niklas: wohnkomplex, münchen: carl hanser verlag, 2014.
martin, agnes: answer to an inquiry, in: dieter schwarz (hg.), schriften, hatje cantz verlag, 1998. murakami, takashi: superflat, madora shuppan, 2000.
nicolai, carsten: ein gespräch mit carsten nicolai, in: ensemble modern magazin nr. 53, 2021/1, online (zuletzt abgerufen am 13.06.24).
nose, yoko: connecting landscape and architecture, in: junya ishigami, another scale of architecture, dritte auflage, seigensha art publishing, 2013. perec, georges: träume von räumen, zweite auflage, zürich-berlin: diaphanes verlag, 2016. rau, thomas/ oberhuber, sabine/ wilhelm, ira: material matters, berlin: econ, 2021. siza, alvaro: imagining the evident, zweite auflage, lissabon: monade verlag, 2022. ungers, oswald mathias: morphologie. city metaphors, köln: verlag der buchhandlung walther könig, 1976. wakar, irina: rodtschenko und malewitsch, in: ortrud westheider und michael philipp (hg.), rodtschenko. eine neue zeit, münchen: hirmer verlag, 2013. westheider, ortrud: ende oder anfang der malerei?, in: ortrud westheider und michael philipp (hg.), rodtschenko. eine neue zeit, münchen: hirmer verlag, 2013.
krauss, rosalind: the grid, the /cloud/, and the detail, in: detlef mertins (hg.), the presence of mies, princeton architectural press, 1994.
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