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WUFF!
WENN DER DARM CHRONISCH ENTZÜNDET IST – IST ES IMMER EINE IBD?
TEXT: DR. ROMINA PANKOW
Bei genannter Symptomatik gilt es, zunächst andere Erkrankungen, die sich ebenfalls mit den genannten Symptomen präsentieren können, auszuschließen. Hat man den Kreis der Verdächtigen dann eingegrenzt auf den Magen-DarmTrakt, beginnt die eigentliche Detektivarbeit: Die Ursachen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen stellen eine diagnostische Herausforderung dar. Neben Infektionen mit Parasiten, Einzellern (Protozoen, wie zum Beispiel Giardien), Bakterien oder den eher seltenen Infektionen mit Pilzen sehen wir in der Praxis auch immer häufiger chronische Darmentzündungen aufgrund von Futtermittelunverträglichkeiten bzw. Überempfindlichkeiten gegenüber bestimmten Futtermitteln.
Gerade in den letzten Jahren wurde mit dem Begriff IBD (aus dem Englischen von Inflammatory Bowel Disease) vielleicht etwas zu großzügig umgegangen und mehr oder weniger jede chronische Darmentzündung, bei der ein Minimum an Diagnostik betrieben wurde, damit bezeichnet. Streng genommen ist der Goldstandard zur Diagnose einer IBD, bei der es sich per Definition um eine idiopathische (ohne feststellbare Ursache) chronische Darmentzündung handelt, allerdings eine histopathologische Untersuchung von Darmbiopsien. Dies ist aber nun einmal eine recht
Nicht wenige Hunde leiden an chronischen oder immer wiederkehrenden Magen-DarmSymptomen wie Durchfall und Erbrechen, Inappetenz, lauten Darmgeräuschen, „Bauchschmerzen“ und Flatulenzen. Auch Gewichtsverlust bei erhaltenem Appetit kann ein Hinweis auf eine Darmerkrankung sein. Eine chronische Magen-Darm-Symptomatik schränkt die Lebensqualität des Patienten massiv ein und auch der Hundehalter leidet mit.
aufwendige und invasive Methode und stellt zu Recht eher eines der letzten auszuschöpfenden diagnostischen Mittel dar. Korrekterweise spricht man also von einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, solange die Diagnose nicht mittels eines histopathologischen Befundes gesichert ist. Auch wenn die Verwendung des Akronyms IBD nur allzu verlockend erscheint. Und wenn der verbreiteten Verwendung durchaus etwas zugutegehalten werden muss: Der Begriff einer „idiopathischen“ Darmentzündung im Falle der IBD bedeutet, dass man nach Ausschöpfung aller diagnostischen Möglichkeiten lediglich eine entzündliche Veränderung der Darmschleimhaut feststellen kann, die Ursache aber unbekannt bleibt. Was man aber schon weiß, ist, dass beispielsweise Unverträglichkeiten bestimmter Futtermittel (oder ihrer Inhaltsstoffe) oder eine Infektion mit Parasiten Auslöser einer IBD sein können. Und was dann letztendlich Huhn oder Ei war, lässt sich im Nachhinein oftmals gar nicht mehr so bestimmen.
Bevor wir uns also im Wald der Begrifflichkeiten verlieren, wenden wir uns dem zu, was unseren armen Hunden die Symptome beschert – der Tatsache, dass die Darmschleimhaut chronisch entzündet ist. Für eine solche chronische Entzündung des Magen-Darm-Trakts gibt es eben grundsätzlich verschiedene Ursachen, die sich in vier große Gruppen einteilen lassen: Die Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts ist die größte Fläche des Körpers, die – obwohl sie sich im Inneren des Körpers befindet – über die Nahrung ständig mit der Umwelt in Kontakt steht. Hier ist ein riesiger Teil des Immunsystems lokalisiert, denn der Magen-Darm-Trakt hat die wichtige Aufgabe, zwischen harmlosen und potenziell gefährdenden Substanzen zu unterscheiden. Eine Beeinträchtigung dieses Mechanismus (also zum Beispiel eine nicht intakte Schleimhautbarriere oder eine fehlerhafte Immunantwort) kann dazu führen, dass sich eine Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Futterbestandteilen
1. DIE FUTTERMITTELUNVERTRÄGLICHKEITSREAKTIONEN
Hierzu zählen sowohl eine Futtermittelintoleranz als auch eine wirkliche Futtermittelallergie. Aufgrund der Symptome kann man nicht zwischen diesen beiden Untergruppen unterscheiden und auch sprechen sie auf die gleiche Therapie an: Durch eine Futterumstellung wird der Futterbestandteil, welcher die Symptome auslöst, vermieden. Etwa ein Drittel aller Hunde mit chronischer Magen-DarmSymptomatik leidet unter einer Futtermittelunverträglichkeit.
2. DER ANTIBIOTIKARESPONSIVE DURCHFALL
Die diagnostische Grundlage hierfür bildet das gute Ansprechen auf eine Therapie mit Antibiotika neben dem Ausschluss sonstiger möglicher Ursachen.
3. DER STEROIDRESPONSIVE DURCHFALL
Dies ist sozusagen der „modernere“ Begriff für die chronisch entzündliche, idiopathische Darmentzündung, die IBD. Da diese – wie zuvor bereits erwähnt – erst als diagnostiziert gilt, wenn entsprechende Darmbiopsien vorliegen, man dieses recht invasive Vorgehen in der Praxis dem Patienten jedoch recht gerne erspart, ist nun also der Begriff „steroidresponsiver“ Durchfall der korrekte Terminus für eine chronische Entzündung des Magen-Darm-Trakts, die gut auf die Gabe von Steroiden (Kortison) anspricht. 4. DAS GASTROINTESTINALE LYMPHOM
Hierbei handelt es sich um einen Tumor des lymphatischen Systems. Ausgehend von den Lymphozyten (Zellen der Immunabwehr) kann dieser in lymphatische Organe infiltrieren, wie die Lymphknoten, die Milz, die Leber oder eben den Magen-Darm-Trakt.
entwickelt. Man vermutet, dass Infektionen mit Parasiten, eine gestörte bakterielle Darmflora (beispielsweise durch wiederholte AntibiotikaGaben) oder Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse prädisponierend für solche Störungen sein können. Ebenso wie das unveränderte Füttern eines Hundes, der an einem akuten Durchfall leidet (durch die entzündete Darmschleimhaut ist die Schleimhautbarriere nicht mehr intakt). Darum sollte ein Hund bei Durchfall immer zunächst einmal 24 bis 48 Stunden nichts zu fressen bekommen, damit sich die Darmschleimhaut regenerieren kann. Hat man bei einem Patienten mit chronischen Magen-Darm-Symptomen eine Infektion mit Parasiten (und andere Erkrankungen, die sich ähnlich präsentieren können) ausgeschlossen, so ist der Goldstandard zur Diagnostik einer Futtermittelunverträglichkeit eine Eliminationsdiät mit nur einer Protein- und Kohlenhydratquelle, die der Patient optimalerweise zuvor noch nicht gefressen hat. Diese Ausschlussdiät mit dem Ziel, den Krankheitsauslöser zu vermeiden, muss mindestens für acht Wochen durchgehalten werden, in denen der Patient nichts anderes als das Diätfutter und Wasser bekommen darf (Leckerli können zum Beispiel durch Fleischwürfel der ausgewählten Fleischsorte ersetzt werden oder durch Abfüllen des pürierten Nassfutters in Belohnungstuben). Bestehen die Symptome nach acht Wochen einer wirklich konsequenten Diät (hier liegt bei Nichtansprechen oft „der Hund begraben“!) weiter, so scheint eine Futtermittelunverträglichkeit als Ursache der Symptome als recht unwahrscheinlich. Und die Suche nach der Ursache geht weiter …
Das Ansprechen auf eine antibiotische Therapie (hier kommen häufig sogenannte immunmodulatorisch wirkende Antibiotika zum Einsatz) und das Wiederauftreten der Symptome nach dem Absetzen führen zur Diagnose des antibiotikaresponsiven Durchfalls. Die ursächlichen Mechanismen sind noch nicht bis ins Letzte verstanden und würden den Umfang dieses Artikels bei weitem sprengen.
Denn wir möchten uns ja auch noch der vielzitierten IBD bzw. dem steroidresponsiven Durchfall widmen, der weder auf die Futterumstellung noch auf die Gabe von Antibiotika anspricht. Wie bereits angesprochen scheint diese Form der chronischen Magen-Darm-Entzündung eine multifaktorielle Erkrankung zu sein, die selten auf nur eine Ursache zurückgeführt werden kann. Das Immunsystem spielt eine große Rolle bei der Entstehung einer IBD. So können Unverträglichkeiten gegenüber bestimmten Futtermitteln bzw. gegenüber Inhaltsstoffen eine chronisch entzündliche Reaktion auslösen. Ebenso wie eine parasitäre Belastung oder auch eine Überreaktion auf die Antigene der natürlichen Darmbakterien. Stress wird bei unseren Hunden ähnlich wie bei uns Menschen wegen einer dauerhaften Aktivierung von Stresshormonen (Stichwort Neuropsychoimmunologie – ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, das sich mit der Wechselwirkung der Psyche, des Nervensystems und des Immunsystems beschäftigt) ebenfalls ursächlich bzw. als Auslöser in Betracht gezogen. Zur Therapie werden (wie in der Humanmedizin auch) in erster Linie Steroide, also Kortison, eingesetzt. Nach positivem Ansprechen darauf versucht man durch langsames und schrittweises Reduzieren der Dosis die minimale wirksame Dosis zu finden. Unterstützt werden kann die Therapie gut durch Akupunktur und/oder osteopathische Behandlungen, da es sich wie gesagt um eine multifaktorielle Erkrankung handelt. Ebenso sollte eine gut verträgliche Diät gefüttert werden. Die regelmäßige Verabreichung von Vitamin B12 hat sich als sehr positiv erwiesen, da dieses Vitamin als wichtiges Koenzym bei zahlreichen wichtigen Stoffwechselvorgängen fungiert.
Die letzte Gruppe der chronisch entzündlichen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts bildet das gastrointestinale Lymphom. Das Lymphom ist der häufigste Tumor beim Hund. Es präsentiert sich in der Regel einhergehend mit einem deutlichen Gewichtsverlust und sich progressiv verschlechterndem Allgemeinbefinden. Gesichert wird ein Verdacht durch Biopsien oder Untersuchungen von punktierten Zellen (bei Befall der Lymphknoten können diese beispielsweise punktiert werden). Therapeutisch ist je nach Befund eine Chemotherapie das Mittel der Wahl. Grundsätzlich ist dies allerdings glücklicherweise eine sehr seltene Ursache für chronische Magen-Darm-Erkrankungen. Man sollte sich also nicht von Dr. Google verrückt machen lassen, sondern gemeinsam mit dem Tierarzt des Vertrauens die wesentlich wahrscheinlicheren Ursachen angehen.
Alles in allem stellen chronische Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts also eine diagnostische Herausforderung dar, die detektivisches Gespür des Tierarztes und eine gute Mitarbeit des Hundehalters erfordert. Denn nur so kann die Ursache bestimmt werden und dem von scheußlichen Symptomen geplagten Patienten langfristig gut geholfen werden.
DR. ROMINA PANKOW hat international anerkannte Spezialisierungen in Chiropraktik, TCVM, Akupunktur und Ernährungstherapie und behandelt in ihrer mobilen Praxis für Chiropraktik und Akupunktur Kleintiere und Pferde.
LET’S TALK
© Janista, Greeek / gettyimages
ABOUT POOP
Jeder kennt die Problematik: Ein gesunder Hund sollte einen gesunden Kot haben – aber wie soll der überhaupt aussehen, und was kann uns der Kot über die Gesundheit unseres Hundes sagen? Sogar relativ viel …
TEXT: DR. YVONNE KOSANKE
KONSISTENZ Ein wichtiger Punkt ist zum einen die Konsistenz des Kotes, also die Festigkeit. Um diese zu beschreiben, gibt es zum Beispiel den Bristol Stool Chart, der sieben Einheiten vorsieht. Ideal ist ein gut geformter Kot in Wurstform, der weich genug ist, um gut abgesetzt zu werden, aber fest genug, um seine Form zu behalten, und eine schokoladenbraune Farbe aufweist.
Score 1: sehr harter Kot, der in einzelnen Kügelchen ausgeschieden wird, der Kotabsatz ist anstrengend und u. U. schmerzhaft, die Köttel können gut vom Boden aufgehoben werden Score 2: fester Kot, aber nicht hart, eine segmentierte Wurstform, die sich leicht einsammeln lässt Score 3: weich mit feuchter Oberfläche, keine Segmentierung, baumstammförmig, lässt sich nicht gut vom Boden aufheben Score 4: sehr weich und feucht, dabei immer noch baumstammförmig, aber nicht gut vom Boden aufzuheben Score 5: sehr feucht, aber noch geformt, von der Form her ein Häufchen, lässt sich nicht gut aufheben Score 6: kleine Häufchen oder Kotfleckchen, die abgesetzt werden, sehr weich Score 7: wässrig, Kotpfütze
VOLUMEN Ein gesunder Hund hat bei Fütterung seines gewohnten Futters in der Regel immer ein ähnliches Kotvolumen. Nach einem Futterwechsel kann es (vorübergehend) zu einer Änderung kommen. Die Absatzmenge ist auch zum Beispiel bei Unverträglichkeiten, Bauchspeicheldrüsenproblemen oder Dünndarmdurchfällen erhöht. FREQUENZ Normalerweise hat jeder Hund eine für ihn typische Kotfrequenz. Diese kann durch Futterwechsel, Stress oder Krankheit beeinflusst werden. Eine erhöhte Frequenz wird typischerweise bei Unverträglichkeiten und Dickdarmerkrankungen beobachtet. FARBE Eine Farbe abweichend vom Schokoladenbraun kann Hinweis auf eine Störung im Verdauungstrakt sein; die meisten dieser Farben können aber auch durch Aufnahme von Futter/Nichtfutterbestandteilen beeinflusst werden, daher ist es wichtig, dabei im Hinterkopf zu haben, was gerade auf dem Speiseplan gestanden hat.
SCHWARZ
Verdautes Blut (z. B. Magengeschwür)
GRAU/WEISS & FETTIG
Exokrine Pankreasinsuffizienz
GRÜN
Übermäßige Aufnahme von Gras
HELLGELB, ORANGE, LEHMFARBEN
Probleme mit Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse
ROT
Frische Blutung aus dem Darm, aber auch durch im Übermaß aufgenommene rotgefärbte Nahrungsmittel wie z. B. Rote Bete möglich
SCHLEIMIG
Eine Schleimhaube um den Kot oder eine Schleimmütze am Ende des Kothäufchens kann ein Hinweis auf eine Darmentzündung sein.
BROMBEERFARBEN
Hämorrhagische Gastroenteritis (blutige Entzündung)
OCKERGELB
Gastroenteritis, Entzündungen
WEISS GESPRENKELT
Weiße Körnchen im Kot können Bandwurmproglottiden sein. Auch unverdaute Nahrungspartikel wie z. B. Reiskörner, Hirsekörner, Karottenstücke oder kleine Fremdkörperbestandteile wie z. B. kleine Plastikteilchen oder Ähnliches können im Kot zu sehen sein. Aus diesem Grund ist es wichtig, den Kot „im Auge zu behalten“.