Ruin Porn — Dem verfall verfallen FM4 wird 20 / Horrorserien-boom / amour fou 147 Magazin für Glamour und Diskurs
»Mir scheint, ich hab die Kontrolle über mein Leben verloren. Höre in Jogginghose Ö1.« – Herausgeber Thomas Weber
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MONATLICH. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN, P.B.B. GZ 05Z036212 M, Nº 147, November / Dezember 2014
Hypotopia. ⅝erl in Ehr’n. Kiesza. Gomorrha. Nightcrawler. Hannah Weinberger. Ori. Middle-Earth: Shadow Of Mordor. Run The Jewels. Theophilus London. Clark. Charity-Events. Bike-Design. 5 Zimmer Küche Sarg.
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z Leitartikel von Thomas Weber.
Kaltgestellt Facebook und Apple wären willens, ihren Mitarbeiterinnen das Aufs-Eis-Legen von Eizellen zu spendieren, damit diese im Konzern Karriere machen und das Kinderkriegen auf später verschieben können. Warum wir diesen Vorschlag größer denken sollten.
ch sag’s gleich, ich bin ein bisschen enttäuscht. Ich hatte mir erwartet, dass ÖBB, OMV, Kotanyi oder wenigstens die Post nachziehen und der weiblichen Belegschaft Vergleichbares anbieten würden: die Eizelle bei Käpt’n Iglo einzulagern und dafür – Hackel g‘scheit! – ordentlich Karriere machen, um dann bitteschön gefälligst endlich die Vorstandsetagen zu entern. Auch damit, dass eine dieser Frauenzeitschriften mit ein paar zugespitzten »Ja, ich will den Nachwuchs vorerst auf Eis legen!« – oder »Nicht mit mir!«-Porträts reagieren würde, hatte ich gerechnet. Gut, ich habe nicht extra danach gesucht. Aber: Nichts davon wäre mir untergekommen. Dabei kosten Kinder nicht nur so manche Karriere, sondern killen wohl auch so manches Start-up, weshalb man den Vorschlag durchaus größer und weiter denken sollte. Erhebungen und Studien sind mir zwar keine bekannt, doch mit allergrößter Wahrscheinlichkeit wird auch so manche Geschäftsidee verworfen oder liegengelassen, weil sich die Gebärfähige doch gegen eine Unternehmens- und stattdessen für eine Familiengründung entscheidet. Das ist schlecht für den Wirtschaftsstandort, lässt Chancen liegen, Potenziale ungenützt. Meinen es Departure, Impulsprogramm und Gründerservice ernst mit ihrem Auftrag – die Kreativwirtschaft stärken und Start-ups auf den Weg bringen – dann müssen sie es Facebook und Apple gleichtun. Dann müssen Stadt Wien, Wirtschaftskammer und Ministerium als
Selbstverwirklichung im Erwerbsleben abzielt. Alles andere wird genauso in die Ferne geschoben wie das Kinderkriegen. Womit einhergeht, dass diejenigen ohne Arbeitsplatz früher oder später von einer handfesten Identitätskrise gebeutelt werden. Denn wenn die Arbeit alles ist, ist der Rest nichts wert. Auch dafür steht diese allumfassende Denkart. Dass IT-Konzerne danach trachten, die letzten Barrieren zwischen Berufs- und Privatleben niederzureißen, ist verständlich und liegt in ihrem wirtschaftlichen Interesse. Politik und Gesellschaft aber haben im Gegensatz dazu einen Spagat zu schaffen: jenen zwischen der Förderung von Karrieren und Kreativität einerseits und einem sozial verträglichen Klima andererseits, das auch jene ohne bezahlten Arbeitsplatz nicht ausgrenzt, sondern als vollwertige Menschen und Mitglieder der Gesellschaft erachtet. Derzeit gibt es in Österreich bald 400.000 Arbeitslose. Das sind mehr Einwohner, als Vorarlberg hat. Der Kosten / Nutzen-Logik von Facebook und Apple folgend müsste man diese Menschen dann konsequenterweise ebenso kaltstellen, wenn für sie gerade keine Karriere möglich scheint. Bild Michael Winkelmann
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dahinterstehende Träger dafür sorgen, dass junge Entrepreneurinnen ihre besten Jahre nicht in Stillgruppen und Krabbelstuben verschwenden. Genauso wie Parteien, denen die Förderung von Frauen ein echtes Anliegen ist, diese dazu ermuntern sollten, die Reproduktion hintanzustellen, um sich voll und ganz der Idee, der Partei und dem Marsch durch die Institutionen widmen zu können. – Das ist, mit Verlaub, natürlich Bullshit! Aber erst wenn man den Vorschlag der beiden IT-Konzerne konsequent weiterdenkt und auf die eigene Lebenswelt oder andere Lebensbereiche umlegt, zeigt sich dessen volle Absurdität. Natürlich haben Konzerne, Kommunen, Ministerien und auch Parteien sich darum zu kümmern, dass Frauen endlich nicht nur auf dem Papier gleiche Chancen zustehen, sondern dass sie diese auch umsetzen können. Das Einfrieren von Eizellen (warum auch immer »Social Freezing« genannt) käme allerdings einer unzulässigen Einmischung eines Arbeitgebers in die höchst private Lebensplanung gleich. Und einer Erpressung. Denn wenn sich eine junge Frau auf diesen Deal einlässt, dann bedeutet das volle Hingabe an den Arbeitgeber jetzt – oder nie. Alles andere – »Ach, Sie wollen nicht für dieses uns so wichtige Projekt den Kinderwunsch noch etwas hintanstellen?« – wirkt dann automatisch illoyal. Ganz oder gar nicht. Natürlich ist jedes Unternehmen, jede Verwaltungseinheit, jede Stadt auf die Arbeitskraft, den Einsatz und die guten Ideen eines jeden und einer jeden Einzelnen angewiesen. Dass diese Ideen sich uneingeschränkt entfalten und zum Wohle aller entwickeln können, dafür hat vor allem die Politik zu sorgen. Trotzdem wäre ein Folgen der Logik von Facebook und Apple der falsche Weg. Weil er voll und ganz auf Beruf, Karriere, Identität und
Thomas Weber Herausgeber weber@thegap.at @th_weber
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Bilder von Ruinen In Hoch-, Pop- und Subkultur, aber vor allem im Internet grassieren gerade Fotos von Industrieruinen, Abriss und verlassenen Orten der Gegenwart. Sind Urban Explorers die neuen »Wanderer über dem Nebelmeer«, hippe Nachfolger Caspar David Friedrichs, immer auf der Suche nach dem nächsten Motiv? Und was hat das alles mit Detroit, Shabby Chic und Nostalgie zu tun? Überlegungen zu einer Ästhetik des Verfalls zwischen Porno und Romantik.
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Magazin Ruin Porn 016 —— Fotos von geilem Verfall, romantischen Ruinen und gespenstischem Abriss. Seit wann tun wir das und warum eigentlich? Golden Frame: Hannah Weinberger 022 —— Hannah Weinberger lässt Steine singen und Laptop-Künstler im Orchester musizieren. Nenn es ruhig Soundart. Horror-Serien 024 —— Ein gruseliger Streifzug durch unsere Psyche und die Serienlandschaft. Aktuelle Horror-Empfehlungen für den Serienherbst. GomorrhA 028 —— Vom Bestseller zum preisgekrönten Spielfilm zur Erfolgsshow: Italiens Serienexport zeigt die illegalen Machenschaften einer süditalienischen Mafia. Amour Fou 030 —— Jessica Hausner gilt als eine der wichtigsten österreichischen Regisseurinnen und eröffnete mit »Amour Fou« heuer die Viennale. Ein Interview. Charity-Events 032 —— Gutes Tun fällt leichter, solange es sich nur um einen Klick handelt. Warum das für Charity-Events bedeutet, lieber nicht so angesagt zu sein. 20 Jahre FM4 034 —— Zum 20. Geburtstag rekapitulieren wir die Schicksalsjahre eines Senders und analysieren den Status Quo des öffentlich-rechtlichen Jugendkulturradios.
Ori and the Blind Forest 041 —— Ein österreichischer Game-Entwickler bringt mit Ori And The Blind Forest den Geist der Spiele unserer Kindheit in die Gegenwart. Hypotopia 042 —— Protest im Beton: Hypotopia demonstriert mit einem Stadtplanungsmodell den realen Wert von Bankenrettungsgeldern. Wir haben die Macher des vielbeachteten Objekts interviewt. Design-Innovationen aus der Fahrradnische 044 —— Design-Innovationen entstehen oft in der Nische. Das beweisen das österreichische Kinderrad Woom-Bike und das faltbare Vello.
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Horror-Serien Warum brauchen wird die Lust am Blut? Horror kann Ablenkung sein, genauso wie pure Konfrontation. Die Ladung Blutrünstigkeit, die der Serienherbst für uns bereit hält, verspricht jedenfalls tiefe Einblicke in die menschliche Seele. Aktuelle Horrorserien arbeiten nationale Traumata ebenso wie schwermütigen Teenager-Weltschmerz auf. Subversiv bleiben Sie allemal, und lehren uns den Genuss am Bedrohlichen.
024 Rubriken Leitartikel 003 Inhalt 004 Editorial 006 Porträts / Impressum 006 Fondue 009 Unbezahlter Anzeiger 011 Splitter 012 Workstation: Hatschepsut Huss und Birgit Fuchs 046 Prosa: Hubert Weinheimer 050 Reviews 053 Termine 066
Bild der Ausgabe Licht. Mehr Licht. Das mag für euch nicht nach viel aussehen, aber für uns ist das eine große Sache. Denn auch wenn wir immer flexibel, immer on und immer bereit zu ein bisschen Selbstausbeutung sind, mahlen die Mühlen in einem Büro oft unglaublich langsam. Aber jetzt ist es nach über fünf Jahren da, Licht von der Decke. Und damit gibt es auch keine Ausrede mehr für Tippfehler und schiefe Optik.
Kolumnen Fabula Rasa Know-Nothing-Gesellschaft
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Ruin Media — FM4, darum beneidet uns halb Europa. So einen Satz konnte man vor zehn Jahren noch oft hören. Aber die Welt verändert sich. Ein Radiosender steht heute vor ähnlich großen Herausforderungen wie TV und Print. Natürlich sind diese Technologien durch das Internet heute nicht einfach überflüssig geworden und können in seltenen Fällen sogar noch wachsen. Aber dennoch gründet man einfach keine Magazine oder freie Radios mehr. Sondern Start-ups oder Clubs. Unseren Artikel zu zehn Jahren FM4 zehn Jahre später einfach nochmal abdrucken, weil sich eh so wenig geändert hätte, das geht aus guten Gründen doch nicht, wie Herausgeber Thomas Weber anhand von acht Thesen argumentiert (Seite 034). Auch anfangs ganz anders geplant war ein Artikel zu CharityEvents. Zu Weihnachten gäbe es ja doch viel zu viel davon und schlecht besucht sind sie auch noch. Nun ja, eigentlich nein. (Seite 032). Und wir werden uns auch kommendes Jahr immer wieder die Freiheit herausnehmen ein Thema zu behandeln, das nur so ungefähr zu dem passt, was The Gap mittlerweile im Netz macht. Wie unsere Storys zu Burger, viralem Schreiben oder Youtube Science Pop heuer. Und jetzt Ruin Porn (Seite 016). Weil Print sich genau so wie Radio verändern muss. Was wir, weil wir mindestens so schlimme Sesselkleber wie die bei FM4 sind, trotzdem laufend versuchen.
Stefan Niederwieser niederwieser@thegap.at @the_gap
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Sophie Strohmeier
Elsa Okazaki
A Dame To Kill For — Anlässlich ihres Debütromans »Küss mich, Libussa« steuerte Sophie vor einigen Ausgaben eine Geschichte für unsere Literatursektion bei, in der es unter anderem um Pussy Riot ging. Das verwundert kaum, zählt Sophie doch russische Kulturgeschichte, Katzen und Lesben auf Tumblr sowie Frauengefängnisfilme zu ihren Interessen. Neben der amerikanischen Staatsbürgerschaft und einem BA in Romanistik besitzt Sophie also auch eine unglaublich große Sammlung von »Orange is the New Black«Gifs. In Filmfragen und was Oper betrifft legt man sich lieber nicht mit der jungen Autorin, die gerade an einer Sammlung englischsprachiger Schauererzählungen arbeitet, an. Es ist nämlich wirklich gruselig, wie viele Filme und Inszenierungen sie kennt und wie wenig es sie interessiert, ob man darüber reden will. Wenn Sophie einmal in Fahrt gekommen ist, bleibt kein Klassiker unbesprochen, keine Arie unkommentiert. Diese Begeisterungsfähigkeit machten wir uns zunutze und zwangen sie, über amerikanische Horrorserien mit Genre-Mashups zu schreiben. Dass Sophie ein bisschen wie Audrey aus »Twin Peaks« aussieht, passt zu ihrer Leidenschaft für geheimnisvolle Verführerinnen nur zu gut – es würde uns nicht wundern, wenn sie selbst einmal als »Dame To Kill For« in einem Roman oder Film auftaucht.
Bildende Menschen — Man kommt ja um die Fotos, die Elsa schießt, nicht mehr herum. Stromae, Peaches, Marina Abramovic oder Christian Fennesz heißen die Menschen, die darauf zu sehen sind. Und eigentlich sind es immer Menschen, die Elsa auf eine sehr direkte und doch geschmeidige Art ablichtet. Sie schauen oft gerade in die Kamera, manchmal zentral aus der Bildmitte, kann sein, dass sie nackt sind oder allerlei Brokat, Spitze und 3D-Kleider anhaben. Elsa fotografiert nämlich neben Menschen ab und zu auch Menschen mit Mode, beides mal für Red Bulletin, Vice, Spex oder Neo2. Dass ihr dabei die richtige Atmosphäre am Set wichtig ist, sieht man ihren Bildern an. Wenn also mehr Menschen ein bisschen so wie Elsa wären, hätte die Modeszene nicht so einen bekackten Ruf. Dabei hat sie relativ spät ernsthaft mit Fotografie begonnen, 2007, als sie schon über 30 und an der Akademie für Bildende Kunst war. Einen Künstlernamen trägt sie trotzdem nicht, sondern aktuell oft ihre Zwillinge. Und die tragen jetzt ihre französisch-japanischkatalanischen Wurzeln weiter. Trotzdem schafft es Elsa derzeit, dass ihre Fotos so oft wie noch nie in Ausstellungen, Magazinen oder auf Facebook zu sehen sind – und endlich auch hier bei uns. TEXT Stefan Niederwieser BILD Elsa Okazaki
TEXT Amira Ben Saoud BILD Dessislav Pajakoff
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Für den Inhalt von Inseraten haftet ausschließlich der Inserent. Für unaufgefordert zugesandtes Bild- und Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Jegliche Reproduktion nur mit schriftlicher Genehmigung der Geschäftsführung.
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Impressum
HERAUSgeber Thomas Weber chefredaktION Martin Mühl, Stefan Niederwieser Redaktion Ranya Abd El Shafy, Niko Acherer, Benjamin Agostini, Amira Ben Saoud, Josef Berner, Sandra Bernhofer, Manuel Bovio, Ivo Brodnik, Stephan Bruckner, Johannes Busching, Ann Cotten, Lisa Dittlbacher, Juliane Fischer, Holger Fleischmann, Philipp Forthuber, Manuel Fronhofer, Miriam Frühstück, Barbara Fuchs, Carola Fuchs, Daniel Garcia, Yannick Gotthardt, Manfred Gram, Dominique Gromes, Philipp Grüll, Julia Gschmeidler, Andreas Hagenauer, Jan Hestmann, Magdalena Hiller, Christoph Hofer, Sebastian Hofer, Peter Hoffmann, Michael Huber, Reiner Kapeller, Jakob Kattner, Sophie Kattner, Markus Keuschnigg, Michael Kirchdorfer, Kristina Kirova, Stefan Kluger, Michaela Knapp, Markus Köhle, Christian Köllerer, Alexander Kords, Christoph Kranebitter, Rainer Krispel, Michael Bela Kurz, Philipp L’Heritier, Franz Lichtenegger, Artemis Linhart, Gunnar Landsgesell, David Mochida Krispel, Davi Maurer, Christiane Murer, Nuri Nurbachsch, Dominik Oswald, Ritchie Pettauer, Stefan Pichler, Johannes Piller, Stefanie Platzgummer, Christoph Prenner, Teresa Reiter, Werner Reiter, Kevin Reiterer, Martin Riedl, Tobias Riedl, Gabriel Roland, Georg Russegger, Stefan Schallert, Joachim Schätz, Peter Schernhuber, Bernhard Schmidt, Nicole Schöndorfer, Werner Schröttner, Tanja Schuster, Richard Schwarz, Katja Schwemmers, Katharina Seidler, Wolfgang Smejkal, Lisa Stadler, Cornelia Stastny, Roland Steiner, Gerald C. Stocker, Johanna Stögmüller, Sophie Strohmeier, Peter Stuiber, Werner Sturmberger, Denise Helene Sumi, Yasmin Szaraniec, Hanna Thiele, Horst Thiele, Franziska Tschinderle, Erwin Uhrmann, Jonas Vogt, Luise Wolf, Maximilian Zeller, Martin Zellhofer, Barbara Zeman PRAKTIKUM Sinah Edhofer, Thomas Nussbaumer termine Manuel Fronhofer, Stefan Niederwieser AUTOREN Georg Cracked, Michaela Knapp, Michael Lanner, Moriz Piffl-Percevic, Jürgen Wallner, Martin G. Wanko fotografie Florian Auer, Lukas Beck, Stephan Doleschal, Andreas Jakwerth, Georg Molterer, Ingo Pertramer, Kurt Prinz, Karin Wasner, Michael Winkelmann Illbilly-illustration Jakob Kirchmayr COVER Erli Grünzweil, Capar David Friedrich, ART DIRECTION Manuel Fronhofer, Thomas Wieflingseder DESIGN Elisabeth Els, Manuel Fronhofer, Erli Grünzweil, Thomas Wieflingseder Lektorat Wolfgang Smejkal, Adalbert Gratzer web Super-Fi, m-otion anzeigen Herwig Bauer, Thomas Heher, Micky Klemsch, David Kreytenberg, Martin Mühl, Thomas Weber (Leitung) Distribution Martin Mühl druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH, Pulverturmgasse 3, 1090 Wien geschäftsFÜHRung Martin Mühl PRODuktion & MedieninhabERin Monopol GmbH, Favoritenstraße 4–6 / III, 1040 Wien kontakt The Gap c/o Monopol GmbH, Favoritenstraße 4–6/III, 1040 Wien; Tel. +43 1 9076766–41; wien@thegap.at, www.thegap.at, www.monopol.at, office@thegap.at bankverbindung Monopol GmbH, easybank, IBAN AT77 14200 20010710457, BIC EASYATW1 abonnement 10 Ausgaben; Inland EUR 15, Europa EUR 35, Rest der Welt EUR 42 HEFTPREIS EUR 2 erscheinungsweise 8 Ausgaben pro Jahr; Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 1040 Wien
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Meine Güte, kann man das nicht auch etwas dezenter formulieren? Vorschlag: Kirchliche Kackscheiße.
Nicht nur die Tourismuswirtschaft, auch der kroatische Street-Humor hat massiv unter der schlechten Sommersaison 2014 gelitten.
Nicht im Bild: Lumpi † 09. 03. 2014
Nice try. »Miss Pac-Man« wäre da schon glaubwürdiger.
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LUMNE
Fabula Rasa All Hail The Captain! »For every complex problem, there is an answer, that is clear, simple, and wrong.« (H.L. Mencken) »Was passiert eigentlich, wenn man mit einem Gewehr in die Luft schießt? Ich sehe immer diese arabischen Demos, wo dann Männer mit Gewehren und Pistolen in die Luft schießen und wundere mich immer – verletzen die keinen?« Vier junge Männer sitzen im Automatenrestaurant und Marc, der immerwährende Hipsterfreund von Guido, beschwert sich, dass es in dieser Stadt keinen ordentlichen Bubble Tea mehr gibt. »Vor sechs Monaten noch, ich sag’s euch, war hier gleich die Straße runter ein kleiner Laden mit einem göttlichen Mango-Vanille Bubble Tea mit Schoko-Amarena-Bubbles. Gö-ttlich!« Er betont es wirklich so. Es ist nicht zu begreifen, warum Guido, der sonst alles und jeden verabscheut, Marc so toll findet. Sie haben sich bei einem Seminar über berufliche Stressvorbeugung mittels energetisierter Gabionen kennengelernt. Markus, der vierte in der Runde, ist der Typ, der sich nur außerhalb seiner Komfortzone wohlfühlt. Ein Angstüberwindungsjunkie, Motto Vollgas. Und während dir seine Lebenseinstellung zumindest wegen ihrer Kompromisslosigkeit Respekt abnötigt, hat Guido für Markus wieder nur Verachtung. »Hier hab ich was Extremes für dich: Wenn ein mal ein Meter ein Quadratmeter ist, dann ist ein halber mal ein halber Meter ein halber Quadratmeter, richtig?« »Wie anders bei uns zu Hause! Man wacht auf, ohne sich damit im Geringsten zu beeilen, dann ärgert man sich ein bisschen über irgendetwas. Man brummt ein bisschen, dann sammelt man so allmählich seine Gedanken. Man überlegt sich alles in Ruhe, man überhastet sich nicht.« (Leo Tolstoi) »Hier steht, dass die Angst, dass einem das Handy ins Klo fällt, jetzt einen eigenen Namen bekommen soll. Hauptsächlich betroffen sind Manager und Führungskräfte.« Wir schmunzeln. Die doofen Chefs nehmen ihr Handy noch aufs Klo mit, weil sie glauben, so wichtig zu sein, dass sie nicht mal fünf Minuten ohne sein wollen. Kennt ja jeder, der wo arbeitet. Dann sagt Erik: »Ich hab eher Angst, dass ich mein Handy fallen lasse und dann gleich noch draufsteige. Das wäre wirklich saublöd.« Geht mir auch so, pflichtet jemand bei. »Mir auch.« Dir geht es nie so, aber du traust es dich nicht zu sagen. Dann kommt es dir so vor als hättest du beiläufig genickt und du fühlst dich schlecht. »Ich hab das jetzt mal gegoogelt und jährlich sterben etwa 23 Menschen durch Patronen, die in die Luft geschossen werden und irgendwo wieder nach unten fallen. Praktisch alle davon im arabischen Raum. Ein paar in Südostasien.« Powered by Elian, Astpai
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Es gibt Dinge da draußen, die sind so gut, die sind Segnungen für die Menschheit, echte Hits der Warenwelt, für die machen wir freiwillig Werbung.
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Heiße Eier
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Der Song »Chandelier« ist das Material, aus dem Karaokebarbesitzerträume gemacht sind. Sias Stimme erreicht dabei Höhen, die für die Nachahmung durch 40-jährige Männer auf Firmenfeier nur so gemacht sind. Doch wieso singt die Olle eigentlich so befreit? Vielleicht hat sie zu tief ins Glas geschaut und das Lied ist eine versteckte Hymne an den »Beer Bottle Chandelier«. Der würde sich auch in einer Karaokebar ganz gut machen. Schwingt man dann noch mit ihm durch die Gegend, freut sich der Besitzer umso mehr. www.tabbyinc.com
Es gibt ja Leute, denen Kochen so gar keinen Spaß macht, obwohl sie sonst so leicht zu erheitern sind. Immer wenn jemand »Penis« sagt, brüllen sie los oder werden ganz wuschig, aber wenn es um die Zubereitung der Eierspeis’ geht, vergeht ihnen sowohl Humor als auch Lust. Unter dem seriösen Suchbegriff »Penisform für Spiegeleier« können diese Food-Nihilisten nun schnell auf Amazon fündig werden. Auf der Verpackung steht übrigens »Eggciting« – fast so lustig wie das Wort Penis! www.amazon.de
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»Marco Polo Wien für Wiener 2015« Welche Galerien sind gerade angesagt und in welchem Szene-Beisl treibt man sich abends so rum? Im »Marco Polo Cityguide Wien für Wiener 2015« kommen Nachtschwärmer genauso auf ihre Kosten wie Yoga-Enthusiasten. Neben Tipps für Bootsfahrten in den Donauauen werden auch die besten Shops für Mitbringsel empfohlen. Wir verlosen 10 Bücher für die aktive Freizeitgestaltung.
»Sunset Overdrive« & Xbox-One-Controller
Marc Carnal (Autor)
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selbsterfundene Emoticons
01 !-) Zwinkersmiley (Alternativ-Version) 02 :------) Lügner (wg. langer Nase) 03 :-)))))) Steffi Werger 04 [_] Fernsehsüchtiger (viereckiger Kopf) 05 <<<:-) Punk 06 :-# Geißel 07 :-)/( Launenhaftigkeit 08 :-{} Janine Schiller 09 %\ Schlaflosigkeit 10 ;O Ironisches Gähnen
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Schweizerdeutsch-Vokabeln:
01 Dröbsli (Zuckerl) 02 Gfröörli (kälteempfindlicher Mensch) 03 Abgwöhnerli (letzter Schluck) 04 Tüpflischiisser (Pedant) 05 wasgiischwashäsch (blitzschnell)
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»Sunset Overdrive« ist ein überdrehter Open-World-Titel, der exklusiv für Xbox One erscheint. Es gibt eine Apocalypse und viele außergewöhnliche Möglichkeiten, die Probleme mit den Mutanten zu lösen. Entscheidend für das Spielgefühl ist dabei das hohe Tempo, mit dem alles passiert. Wir verlosen 1 Exemplar von »Sunset Overdrive« im Paket mit einem Xbox-One-Controller.
Microsoft All-In-One Media Keyboard Smart-TVs, Konsolen und viele andere Geräte bieten heute Funktionen, die sich mit klassischen Fernbedienungen nur mühsam bedienen lassen. Das neue »Media Keyboard« von Microsoft lässt sich mit allerlei Geräten verbinden und vereinfacht die Eingabe. Angenehm intuitiv gestaltet sich außerdem die Steuerung über das große Touchpad. Wie verlosen 1 All-In-One Media Keyboard.
»Bayonetta 2« Hexe Bayonetta kehrt zurück und liefert – diesmal auf der Wii U – eine in jeder Hinsicht unterhaltsame und furiose Action. Präzise Steuerung und eine überdrehte Inszenierung machen das Spiel zu einem Highlight für Fans tendenziell harter Action, die hier mit genügend Humor aufgelockert wird. Wir verlosen 1 Stück von »Bayonetta 2« für Wii U.
»Raid 2« Gareth Evens erfüllt mit »Raid 2« alle Erwartungen: Im Nachfolger dieses ActionBlockbusters ist bis auf die Schusswechsel einfach alles mehr. Mehr Story, mehr Style und noch mehr extrem körperlich inszenierte Kämpfe. Und dann gibt es auch noch eine der besten Auto-Action-Szenen seit immer. Wir verlosen 3 Blu-rays von »Raid 2«.
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Do U T@lk Internet? Das Netz und Smartphones verändern, wie wir Reden und Schreiben. Hätte Goethe das gewollt? Das wird am 25. November bei unserem heuer letzten twenty.twenty diskutiert. Das Thema ist: Netzsprache. »Du redest wie ein Bauer, seit du Snapchat und dein neues Phone hast, Alter«, könnte man heute sagen. In der alten analogen Welt hätte man das auch so ausdrücken können: »Jedes Kommunikationsmittel hat Einfluss auf die Sprache, die für die Kommunikation verwendet wird.« Unsere Sprache verändert sich dauernd. Und während Kulturpessimisten in den vielen Anglizismen, Jargonbegriffen, Akronymen und der reduzierten Grammatik der Netzsprache den Untergang des Abendlandes heraufdämmern sehen, erkennen andere darin eine ganz normale Entwicklung, die in ähnlicher Form auch bei anderen Medien – vom Brief über das Telegramm bis zum Telefon – zu beobachten war. Sind Smileys, Emojis, Memes und Moneyboy eine Bedrohung, entwickeln wir uns zurück zu Piktogrammen, verlernen wir ganze Texttraditionen oder erweitern wir dadurch einfach nur unsere sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten? Natürlich verändern sich damit nicht nur die alltäglichen Gespräche, sondern auch Literatur und Journalismus. Das kommende twenty.twenty geht der Frage nach, wie neue technologische Entwicklungen unsere Alltagssprache beeinflussen und welche Möglichkeiten das Netz für kreative Beschäftigung mit Sprache und die Pflege von Dialekten bzw. Soziolekten bietet. Die Keynote wird Manfred Glauninger, ein sogenannter Soziolinguist, halten. Er forscht an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Institut für Corpuslinguistik und Texttechnologie) und lehrt an den Universitäten Wien und Graz. twenty.twenty »Netzsprache: Alltagskommunikation in Null und Eins« findet am 25. November 2014 ab 18.30 Uhr im Impact Hub Vienna statt.
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ÖSTERREICHS CLUBSZENE IM RADIOKULTURHAUS
© Ingo Pertramer / Klaus Mitter
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25.11.2014 > Großer Sendesaal – 20:00 Uhr – Eintritt: EUR 17,– Mit ORF RadioKulturhaus-Karte 50% Ermäßigung
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Bilder von Ruinen — Über die Ästhetik des Verfalls zwischen Porno und Romantik
Einstürzende Neubauten
Text Amira Ben Saoud Bild Kurt Prinz
Ruinen sind keine Cupcakes und dürfen sich trotzdem großer Beliebtheit im Internet erfreuen. Das hat mehrere Gründe, und Porno ist nur einer davon.
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Im Vintschgau, an der Grenze zwischen Nord- und Südtirol, ragt eine romantische Ruine hervor, die auch als Industrieruine gelten kann: Sie entstand als drei Seen zum Reschensee aufgestaut und 163 Häuser geflutet wurden. Die Packard Fabrik in Detroit ist dagegen ein Denkmal der De-Industrialisierung.
Klick: eine Liste der 40 atemberaubendsten verlassenen Plätze auf dieser Welt. Klick: die 30 gespenstischsten Fotos von heruntergekommenen Orten. Das Internet möchte gerne, dass du dir das anschaust. Irgendwo zwischen urschön und voll arg ist da sicher etwas für dich dabei. Stehst du mehr auf Natur, die sich die Stadt zurückerobert, wirst du eine Myriade von efeuumrankten, moosbewachsenen, bachdurchströmten Gebäuderesten finden. Da im Hintergrund geht die Sonne unter. Der Himmel sieht aus, als gäbe es einen Fotofilter namens William Turner. Stehst du mehr auf Realität und harte Fakten, werden dich heruntergekommene Industriestädte mit Nebel und Graffiti, in Grautönen präsentiert, interessieren. Und, keine Sorge, es gibt auch alles dazwischen. Nach lustigen Katzen und liebevoll verzierten Cupcakes könnte man glauben, das Internet hätte nun kaputte oder verlassene Gebäude entdeckt, die nur darauf gewartet haben, in Form von mit Superlativen übertitelten Fotostrecken zusammen kuratiert zu werden. Hallo Industrieromantik! Manche – Fans und Gegner gleichermaßen – nennen das, was man da sieht, zeitgemäß Ruin Porn – den Hashtag darf man sich getrost dazu denken. Auf der Fotoplattform Instagram liefert er immerhin 10.000 Ergebnisse. Das ist nicht viel, doch das, was er bezeichnet, haben wir alle schon tausend Mal gesehen. Unter allerhand Suchbegriffen – abandoned places, ruin, urbex – lassen sich Bilder von verfallenden Gebäuden in Sekundenschnelle ergooglen. Und das müssen wir nicht einmal unbedingt tun – spülen uns doch Seiten wie Distractify oder Bored Panda ohnehin Fotostrecken und Listen in die Timeline. Dass wir uns gerne von der Ästhetik des Verfalls von den alltäglichen Sorgen »ablenken« lassen, sie mitunter Pornografie – im Sinne eines Aufgeilens durch Anschauen – nennen, ist dem Zeitgeist geschuldet. Der ästhetische Genuss, den wir bei der Betrachtung von Ruinen empfinden, ist dagegen nicht neu.
Das hat doch Tradition Denn die Faszination für Verfall und Trümmer und die Beschäftigung damit ist – sorry, Foodies – wohl doch in einer kulturgeschichtlich solideren Tradition verankert als Cupcakes das je sein können
und es verwundert eigentlich nur, dass sie sich erst jetzt so stark im Internet breit macht. Denn Ruinen werden schon lange besichtigt, damit sie einem etwas über sich selbst erzählen. Sie sind das einfach gewohnt. Eine kleine Tour durch die Menschheitsgeschichte, ein bisschen Name-Dropping zeigen das ganz gut: Beginnend bei H wie Homer, dessen Ilias, einer der ersten schriftlich fixierten Texte, die wir haben, um die Zerstörung Trojas kreist, zu S wie Schliemann, der mit fast manischer Hingabe ebendieses Troja, oder was er dafür hielt, ausgrub und dokumentierte. Den man mit etwas Argumentationskunst vielleicht zum ersten Ruin Pornographer stilisieren könnte. Dann G wie Goethe auf italienischer Reise und alle, die wie er – weil das eben zum guten Ton gehörte – einen Studientrip »in die Vergangenheit« machten bis zu F wie Caspar David Friedrich, dessen »Wanderer über dem Nebelmeer« auf dem Heft-Cover so beseelt in die Weite schaut. In der Romantik galt gerade die mittelalterliche Ruine als Symbol einer großen Sehnsucht – irgendwo zwischen dem nationalistisch motivierten Versuch, in der Vergangenheit Trost zu finden und einer fast religiösen und privaten Naturerfahrung. »Anders ausgedrückt ist es der Reiz der Ruine, dass hier ein Menschenwerk ganz wie ein Naturprodukt empfunden wird«, sagte S wie Georg Simmel, der Berliner Kulturphilosoph, der mit seinem maßgeblichen Text »Die Ruine« schon 1907 zu erklären versuchte, was Trümmer in uns auslösen.
Jetzt, Gegenwart Die Faszination für das, was andere zurückgelassen oder zerstört haben, ist etwas, das Menschen seit jeher begleitet – heute auch verstärkt im Netz. Im Moment sind es vor allem Industrieruinen, also unsere Gegenwart, die hoch im Kurs stehen, während sich der Blick früher eher in die ferne Vergangenheit richtete. Ganz einfach ist es nicht, den Finger darauf zu legen, warum Bilder von modernen Ruinen jetzt so präsent sind. Aus drei Richtungen, die sich gegenseitig aufschaukeln und dadurch immer mehr Material produzieren, weht aber zumindest ein verdächtiger Wind. Da ist zuerst das gelegentlich illegale und oft durch Fotos dokumentierte Auskundschaften von urbanen Räumen, genannt Urban Exploration (kurz: Urbex), das wohl lange Zeit eher Freizeitbeschäftigung einer Subkultur war, aber zunehmend an Popu017
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larität gewinnt. Dabei geht es um Entdeckungsdrang, oft auch darum, Bilder, die es immer wieder schaffen, Menschen über Gentrifizierung etwas Verbotenes und Gefährliches auszuprobieren. Dass die Fotos, oder Immobilienblasen nachzudenken zu lassen. Noch dazu ändert die bei den Streifzügen entstehen, gut aussehen, ist zwar für Urban sich unsere Wirtschaftsweise. Trotz einer schwachen ReindustrialisieExplorers auch wichtig, im Vordergrund steht aber eher die Abenteu- rung verschwinden viele Geschäfte, Warenkreisläufe werden ins Netz erlust. Ganz im Gegensatz zur zweiten Quelle der Ruinenbegeisterung, verlagert. Ruinen von Industrie-, Kaufhaus- oder Fun Park-Komplexen die sich am Kaputten aufgeilt und den Hashtag #RuinPorn am meisten erinnern uns nicht zuletzt daran, wie sehr sich unser Alltag in den verdient hat. Neben bereits abgewetzt gekauften Jeans an den Beinen letzten 20 Jahren verändert hat. und einem Porzellanhäferl im Schrank, das wie Emaille inklusive Roststellen aussehen will, interessieren sich ihre Vertreter eben auch für Detroit, Hashima, Internet Ruinen-Fotos der Marke edgy und rough für den Pinterest-Account. Diese drei Schubladen funktionieren in der Realität natürlich nicht Shabby Chic nennen das die Interieur- bis Modedesigner deines Ver- annähernd so gut wie auf dem Papier. Und schon gar nicht funktionietrauens. Hier ist die Art des Verfalls – ob Textil oder Gebäude – relativ ren sie im Internet, wo Bilder – völlig unabhängig von ihrer Intention egal, es geht hauptsächlich um die Aura, die erzeugt wird. Abgewetzt, – in die verschiedensten Kontexte kopiert und so verbreitet werden. gebraucht, erprobt und abgewirtschaftet gilt als »echter« als perfektio- Wie schwierig es ist zu trennen, zeigt das Paradebeispiel für urbane nierte Glätte – die Grenzen zwischen künstlich hergestellten Verfalls- Ruinen, Detroit, wo man jetzt ein iPhone gegen ein Haus tauschen produkten und »natürlich« gewachsenen verschwimmen ad absurdum. kann. Die einst so glänzende Motor City wurde zu mehr als eine von Krisen und Blasen gebeutelten Stadt – sie wurde zum Symbol eines Ist das noch gut oder kann das weg? bröckelnden Amerika und damit zur Projektionsfläche für die unterDer dritte Ansatz ist ein inhaltlicher: Heuer, wo sowohl die olympi- schiedlichsten Besucher und Betrachter. Die postapokalyptischen Szeschen Winterspiele in Sarajewo 30 Jahre, die Sommerspiele in Athen nerien locken sowohl Urban Explorer als auch auf industrielle Ruinen zehn Jahre vorüber sind, Sotschi und die letzte WM in Brasilien noch spezialisierte Profifotografen an, die ästhetische oder auch alarmiefrisch in der Erinnerung liegen, machen Bilder von kaputten oder ver- rende Bildbände produzieren. Auf der einen Seite begann sich gerade lassenen olympischen Stätten, deren Bau massenhaft Geld verschlang das Hinsiechen der einstigen Industrievorzeigestadt zu verkaufen und und verschlingen wird, wieder verstärkt die Runde in den Medien. Oft junge, kreative –und nicht ganz unwesentlich – weiße Menschen – weisen die Headlines in die Zukunft und fragen zurecht: soll das so aus dem Ausland und dem Rest Amerikas anzuziehen, die eine Art weitergehen? Das Interesse an modernen Ruinen ist hier so etwas wie Sehnsuchtsort vorfanden, eine Tabula rasa mit ganz viel Aura, aus der eine Neuinterpretation oder Weiterführung des einst so wichtigen man schöpfen konnte. Moderne Caspar David Friedrichs mit Nikes an Memento mori-(Denk’ an den Tod)-Gedankens. Während der Blick in den Füßen. Dann die – nicht wenigen – Menschen, die Hochzeitsfotos die Ruinen der Vergangenheit in früheren Jahrhunderten oft die eige- in heruntergekommenen Lagerhallen in Detroit machen lassen – der ne Sterblichkeit bewusst machen wollte, weisen solche Bilder in die klassische Fall von angewandtem Shabby Chic. Porno und Romantik, Zukunft, im Angesicht von falscher Planung und Misswirtschaft kann das mischt sich in Detroit besonders pikant. auch ein Bewusstsein dafür entstehen, was heute schief läuft. Leere Flughäfen im Nirgendwo, unbewohnte Planstädte, Protzbauten ohne Popkultur Sinn entstanden gerade durch die jüngste Weltwirtschaftskrise am lauUnd natürlich üben Ruinen auch einen starken Magnetismus auf fenden Band. Dort darf man vielleicht auch eine soziale Komponente Filme, Songs, Bücher oder Zeichner aus. Wer aber glaubt, dass es in der ansiedeln – denkt man zum Beispiel an die Räumung der Mühlfeld- Fiktion einfacher ist, hat weit gefehlt. Man nehme zum Beispiel »James gasse 12, besser bekannt als Pizzeria Anarchia oder an das jahrelange Bond Skyfall«, der als nur einer von zahlreichen Filmen IndustrieruTauziehen um die Rote Flora in Hamburg sind es nicht zuletzt die inen in Szene setzt. Die japanische Insel Hashima, die bis in die 70er 018
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Jahre zum Kohleabbau genutzt und von einem Tag auf den nächsten komplett verlassen wurde, dient als Schauplatz des Treffens zwischen Bond und seinem Opponenten Silva. Für den Dreh von »Skyfall« wurde die Insel im Studio nachgebaut. Xavier Bardem (Silva) spricht in einem Interview davon, dass es sich trotzdem »echt« anfühlte; unangenehm, isoliert, trotzdem mit der Aura vieler Menschen. Die ruinöse Insel spiegelt in ihrer Imposanz dabei den größenwahnsinnigen und kaputten Charakter Silvas perfekt wieder; aber sie unterstützt auch den ganzen Film in seinem Leitthema, die Vergangenheit zu bewältigen. Auch hier: Projektionsfläche, wo das Auge hinblickt. Dass es zu der echten Insel einen Fotoband – von einem der Fotografenkollektive, das auch einen
Bildband zu Detroit herausbrachte – gibt, dass touristische Bootstouren um die verfallene Insel herum veranstaltet werden und ja, dass auch Google mit der Streetview-Cam schon dort war und Einblick in die verlassenen Gebäude gewährt, wundert da schon gar nicht mehr. Bilder von Ruinen sind deshalb so spannend, weil sich von politischem Mahnmal bis Shabby Chic, vom romantischen Sehnsuchtsort bis zum mahnenden Memento mori, von Pop bis Kultur, von Porno über Pädagogik bis Nachhaltigkeit alles aus ihnen heraus- und in sie hineinlesen lässt. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Manchmal alles gleichzeitig. Und damit sind sie perfekt geeignet für den einen großen Sehnsuchtsort unserer Generation: das Internet.
Ein kurzer Abriss … … über die ein oder andere Visualisierung von Ruinen und Verfall in der Popkultur.
Industrieromantik à la Detroit Selbstmordgedanken und Schach, Tangier und die Motor City. In »Only Lovers Left Alive« (2013), dem jüngsten Film des Kultregisseurs Jim Jarmusch, cruist das wiedervereinte Vampir-Ehepaar Adam (Tom Hiddleston) und Eve (Tilda Swinton) im edlen weißen Jaguar XJS – wohl ein Wink in Richtung US-Autoindustrie, die Detroit so dominierte – durch Detroit, das – so wie sie selbst – weder lebt noch tot ist. Musiker Adam zeigt Eve das Michigan Building, einst prunkvolles Theater, jetzt Parkgarage, und erzählt ihr wie ein Reiseführer Details zur Vergangenheit des Gebäudes. Das Interesse von Künstlerpersönlichkeiten am heruntergekommenen Detroit wird hier reflektiert, teilweise ironisch, ohne dabei aber die Faszination der Stadt ins Lächerliche zu ziehen. Beispiele: »Prisoners«, »The Wire«, »Gran Torino«, »Searching For Sugarman«, »True Detective«, »Wild Style«, »8 Mile«, »James Bond: Skyfall«, »M83 – Midnight City«, »Olympique – The Reason I Came«, »Billy Elliot«.
Am Michigan Building diskutieren die Protagonisten in »Only Lovers Left Alive« Geschichte und Verfall. Das Gebäude ist ein beliebter Schauplatz für Filme und kommt zum Beispiel auch in »8 Mile« oder »Transformers« vor.
Text Amira Ben Saoud Bild Bruno Derksen, Kurt Prinz, Andreas Bär Läsker, Die 78er – Institut für Stadterkundung Wien
Sexy Back: Von Caspar David Friedrich bis Friedrich Liechtenstein. Von Kurt Prinz nach Hollywood. Ob allein im Angesicht großer Aufgaben, anonym unterwegs, oder von Sehnsucht ergriffen – Die Rückenfigur bewährt sich seit der Romantik als große Projektionsfläche.
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Pop & Leerstand Gerade Musikvideos und Pressefotos lieben den Leerstand: die atmosphärische Lagerhalle, das heruntergekommene Haus im Wald, die Symbolik einer Wand voller Graffiti – so ein Hintergrund versorgt den Künstler mit der nötigen Coolness und Glaubwürdigkeit. Friedrich »Supergeil« Liechtenstein, bekannt durch den Edeka-Werbespot, ließ sich gleich vom heruntergekommenen Kurort Bad Gastein zu seinem gleichnamigen Konzeptalbum inspirieren. In einem Interview mit The Gap sagte er: »Ich war sofort begeistert vom morbiden Charme der Stadt, von der Esoterik, vom Leerstand, von der gescheiterten Moderne mit diesem Kongresszentrum. Bad Gastein ist wie ein riesiger Spielplatz, der bespielt werden will. [...] Am liebsten würde ich mit all meinen Freunden hinziehen und ganz viele kleine Cafés aufmachen und schöne Partys organisieren.« Shabby Chic wie aus dem Bilderbuch. Beispiele: »Grand Budapest Hotel«, »Good Bye, Lenin!«; Miley Cyrus – »Wrecking Ball«, The Others, FKA Twigs – »twache«, James Blake – »Limit To Your Love«.
Auch die Fantastischen Vier lieben den Shabby Chic und zeigen sich in einem Pressfoto zum 25. Jubiläum der Formation vor modernden Wänden.
Psychospiegel Um das Konzept von Limbo in »Inception« zu verstehen, muss man sich auf seltsamen Internetseiten zu luziden Träumen herumtreiben und scheitert dann doch. Die Psychologie dahinter ist aber relativ einfach: Die Welt, die Dom (Leonardo DiCapiro) und Mel (Marion Cotillard) als Mischung zwischen modernen Hochhäusern und Orten ihrer Erinnerung erbaut haben, bröckelt im Unbewussten Doms, der nach dem Tod seiner Frau wiederkehrt. Die Ruine ist hier vor allem Spiegel eines seelischen Zustands. Die Special Effects der Limbo-Welt orientieren sich an Gletschern, die ins Meer kalben, weniger an Sprengungen oder anderen Einsturzarten von Häusern. Beispiele: »Shutter Island«, »Stalker«, »The Return (Voz vrashchenie)«, »Shining«, »Der Siebte Kontinent«, »Homeland« 3. Staffel.
Psycho-Verfall in »Inception«. Für den Look der zerstörten Stadt nahm man Anleihen an Kriegsschauplätzen, vor allem dem Irak.
Post-Apokalypse und Zukunft Besonders Science-Fiction-Kino kann aus der Zukunft heraus in die Gegenwart zurückschauen und damit Konsequenzen sichtbar machen. Die dystopischen und postapokalyptischen Szenerien – seien sie vom Menschen verursacht, von Naturkatastrophen oder durch Experimente mit weitreichenden Folgen – haben dabei auch oft einen moralisierenden und kathartischen Kern. Sehr viele dieser Filme drehen sich um eine Katastrophe, die in der unmittelbaren Gegenwart des Betrachters wurzelt und dann ihre Auswirkungen hat, die den eigentlichen Plot des Films bilden. Dass Sci-Fi seine Effekte liebt, die Zerstörung und Ruinen visuell feiern, schließt sich dabei nicht aus. Beispiele: »Wall E«, »After Earth«, »28 Days Later«, »Planet der Affen«, »Children Of Men«, »The Road«, »Terminator«, »Matrix«, »Elysium«, »Blade Runner«, »The Walking Dead«, »Silent Hill«, »Mad Max«.
Wir haben uns in die Luft gesprengt – am Ende von »Planet der Affen«. Nach der Kubakrise ist der größte Feind der Menschheit die Menschheit selbst.
Mehr als Dokumentation Die bekanntesten Urban Explorer Wiens, das Kollektiv Die 78er – Institut für Stadterkundung Wien, dokumentiert mit der Kamera verlassene und schwer zugängliche Orte und das – bei großem medialem Echo und 5.000 Facebook-Likes – sehr erfolgreich. Dass die 78er sich auf ihren Fotos manchmal als Rückenfiguren finden, die in die Weite schauen, ist wohl ein (romantischer) Zufall. Ein großes Interesse für Leerstand mit Fokus auf den Abriss kann man auch dem österreichischen Fotografen Kurt Prinz attestieren. Er dokumentierte unter anderem die verlassenen Hotels in Bad Gastein und den Abbruch des Südbahnhofs in beeindruckenden Bildern und arbeitet im Moment an einem Buch zum Abriss des Hanappi-Stadiums. Beispiele: www.marchandmeffre.com, www.olympiccityproject.com, www.weburbanist.com, www.deadmalls.com.
Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehen? »Die 78er – Institut für Stadterkundung Wien« sind regelmäßig mit dem Fotoapparat unterwegs.
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21. – 22. November 2014 ehemalige ANker expedithAlle Brotfabrik craftbierfest.at • facebook.com/craftbierfest
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Hannah Weinbergers »Concerto Locale« wurde 2012 im Istituto Svizzero in Mailand aufgeführt. 022
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golden frame — Hannah Weinberger – »Concerto Locale« – Klang-Installationen und singende Steine
DIYSymphoniker Seit der Jahrtausendwende ist die Beschäftigung mit Klang in der Kunstwelt angekommen. Soundart lautet das einprägsame Schlagwort dazu. Es geht eben nicht um Musik, sondern um Geräusche und Klänge. Seither wird aufgenommen und akustisch übersetzt, was das Zeug hält. Bewegungen in Klang, Dinge in Klang, Klänge in anderem Klang, als Multikanal, als Installation, im Grünen, im öffentlichen Raum, im Weltraum, in der Stille – der Ver- und Umwandlung sind keine Grenzen gesetzt. Man braucht heute kein Orchester mehr, um mit Geräuschen zu denken. 40 Paar Lautsprecher tun es beispielsweise auch. Die Schweizer Künstlerin Hannah Weinberger realisiert Installationen dieser Art. Bei der Aktion »Concerto Locale« am Schweizer Institut in Mailand lud Weinberger 40 professionelle und Amateur-Musiker ein. Eine Stunde saßen sie nebeneinander an ihren Computern und loopten ihre eigenen Tracks, während sie gleichzeitig alle anderen Teilnehmer mithörten. Das Ergebnis: ein digitales Orchester, eine glokale Collage, ein singulärer und doch kollektiver Track. Künstlerkollegen machten genauso mit wie Studenten, die bloß auf einen Flyer der Aktion reagierten. Weinberger interessierte daran der kollektive Arbeitsprozess ganz verschiedener Menschen, die nur wegen einer inoffiziellen Einladung und nach einfachen Anweisungen zusammengekommen waren. Ein bisschen DIY also, seit eh und je eine gängige Praxis in der Popmusik.
Der Klang der Zeit Im Kunsthaus Bregenz betreten Besucher diesen Herbst eine Installation von Weinberger, die John Cage und Karlheinz Stockhausen zusammendenkt. In der Halle steht einsam im Raum ein Mikrofon. Alles wird aufgezeichnet, um dann per Zufallsprinzip über acht im Raum verteilte Boxen abgespielt zu werden. Es entsteht ein Zeitdokument, eine sich stetig verdichtende Sound-Collage. Vielleicht hört man frühere Besucher über die Ausstellung sprechen oder über andere Dinge, herbstliches Niesen, vielleicht – mit zunehmender Zeit und Dichte der Aufnahmen – nur mehr weißen Rauschen, reinen Noise. Damals wie heute geht es in der Soundart darum, den akustischen Alltag zu verändern oder das schwer Hörbare zu verstärken; so wie im zweiten Teil von Weinbergers Ausstellung auf dem Kornmarktplatz in Bregenz. Hier werden riesige, dünnwandig ausgehöhlte Findlinge zu Klangkörpern. Mit Magneten in Vibration versetzt, haben auch Steine einen Klang. Sie dienen zudem als Lautsprecher für Field Recordings, eigens für die Steine komponiert und in ihre jeweilige Stimmung gebracht. »Singende Steine« nennt sie Hannah Weinberger. Der Coolness dieser Soundart-Nummer kann auch Naturromantik nicht mehr schaden. Die Schweizerin Hanna Weinberger ist erstmals von 18. Oktober bis 11. Jänner in einer großen Einzelausstellung im Kunsthaus Bregenz zu sehen. Zudem werden die »Singenden Steine« am Kornmarktplatz zu sehen und zu hören sein.
Text Luise Wolf Bild Emanuele Biondi, Courtesy: die Künstlerin und Freedman Fitzpatrick, Los Angeles
Wenn Hannah Weinberger aufdreht, fangen Steine an zu singen, Laptop-Orchester entstehen oder der Klang einer Ausstellung wird hörbar. Nenn’ es ruhig Sound Art.
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Horror-Mashups — Neues aus der Horror-Serienlandschaft
Monster ex Machina
Text Sophie Strohmeier Bild Fox, Netflix
Wohin mit der Blutlust? Wir brauchen Horror wie unsere täglichen Nachtträume. Zum Glück stillt eine Reihe von Serien unseren Durst. Ein Streichzug durch die Psyche mit paar aktuellen Serien-Empfehlungen. Endlich ist sie wieder da, die schönste Zeit des Jahres. Düster ranken sich Äste im Nebel, und obwohl Vampire, Werwölfe und andere übernatürliche Gestalten eigentlich Dauerburner sind, ist es doch am heimeligsten, diese alten Gespenster in der herbstlichen Dunkelheit aufleben zu lassen – ob als Gruselgeschichten bei der Nachtwanderung oder beim Serienschauen zuhause. Denn Horror tut gut. Horror kann potent und mit Elan politische Themen umtreiben, darf beleidigend und ungustiös sein, denn das ist ja sein Sinn. Die beliebteste und schrillste der Horrorserien, »True Blood«, ist nun allerdings abgelaufen – bei der Erwähnung ihrer öden finalen Staffel schauen Vampirfans betreten zu Boden. Wohin zieht es einen also bei gegenwärtiger Blutlust? Die riesigen Plotmaschinen der Unterhaltungsindustrie haben sich wieder in Bewegung gesetzt. Sie stoßen schaurig schöne Dinge aus, manchmal ein bisschen mies, manchmal auch genial. Aktuelle Serienproduktionen wie »American Horror Story«, »Hemlock Grove« oder »Penny Dreadful« verdeutlichen: der gemeine, seriell erzählte Schauder reicht heutzutage alleine nicht mehr aus, Seher sehnen sich in ihrer Angstlust nach dem alles umfassenden Horror-Mashup, nach dem gebündelten Grauen, das Schreckensszenarien gleichsam prometheisch vereint. Hier ein paar opulente Serien die, wie man sagt, »go bump in the night«.
Reiz des Horror-Mashup So wie Lieder sich mit Gusto kombinieren lassen, so auch der Horror. Die meisten Gestalten des Horrorgenres sind wirklich schwer wegzukriegen – vieles ist so alt wie Folklore selbst. Anderes, der romantische Vampir zum Beispiel, ist seit über 200 Jahren im Trend. Einiges ist auch sehr jung: Clowns, der High-School-Weirdo, exzentrische Serienmörder – alles Kultinstitutionen des 20. Jahrhunderts. Nun scheint es ein beliebter Trend zu sein, in Serien und Filmen Vorgeschichten beliebter Figuren nach- (TV-Serie: »Dracula«) und vorzuerzählen (Film: »Dracula Untold«). Die einzelnen Elemente des Plots – Figuren, Tropen, ganze Erzählstränge – lassen sich aber auch kombinieren und zusammenbasteln – wie Leichenteile, die sich zu einem Frankenstein-Monster vereinen. Wozu sich nur einer Gestalt widmen, wenn man sie alle haben kann? Horror ist eine wunderbar reiche Gattung. Sie fließt sowohl ins Fantastische wie ins Reale; siehe Guillermo del Toros recht witzige Vampirserie »The Strain« sowie das schleppend anspruchsvolle »Les Revenants«. Und nun, in den Zeiten der Postmoderne – Surrealismus und Avantgarde knapp 100 Jahre alt – ist es schon fast altmodisch, ikonische Figuren und Themen auf einmal in einen Topf zu werfen und zu schauen, was da so hervorbrodeln mag. Lasst die Werwölfe mit den Vampiren spielen und Frankenstein soll Jack the Rippers Opfer obduzieren.
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Linke Seite: In den schundigen Straßen Londons wächst ein hybrides Serien-Monster heran, »Penny Dreadful«. Rechte Seite: Auch in »Hemlock Grove« bevölkern allerlei fantastische Wesen wie Vampir, Werwolf oder dunkler Engel die Folklore einer Kleinstadt.
Public Domain Gothic Horror Zweiteres ist etwa bei »Penny Dreadful« der Fall. Darin wird zunächst ein cowboyartiger Scharfschütze (Josh Hartnett) beauftragt, in den nassen Straßen Londons gemeinsam mit einer mysteriösen Frau (Eva Green), einem Afrikaforscher (Timothy Dalton) und dem jungen Victor Frankenstein die zarte Mina Harker von Vampiren zu befreien. Man geht ins Grand Guignol-Theater, sitzt dabei in einer Loge gegenüber von Dorian Gray während Frankensteins Monster im Keller die Nebelmaschine bedient. Werwölfe und Exorzismen, die auf archaische Psychoanalyse anspielen, kommen auch irgendwie vor. Was stark an Alan Moores »League of Extraordinary Gentlemen« erinnert, ist lediglich ein weiterer sehr verständlicher Wunsch nach dem Aufleben allerorts beliebter Genregestalten, für die es auch kein Copyright mehr gibt. Inmitten der schattigen, von Dampf und mit Öl verschmierten prädigitalen Welt scheinen wir eine Nostalgie für jene Zeit zu haben, in der technologische Wunder noch antizipiert wurden; in der Technologie und Gadget noch Kupfer, Achselschweiß und Zahnräder evozierten – haptische, dreckige Dinge. Der Anblick von Ruß, Schmutz, ein paar Antiquitäten und alter Landkarten suggerieren nun sofort Magie und Fantastik, bieten einen Gegenpol zu der Ästhetik von Sauberkeit und Übersichtlichkeit so mancher Detektiv- oder Historienserien, in der Schmuddel, Grauen und Verderbnis einfach fehlen (ist zum Beispiel in »Downton Abbey« der Erste Weltkrieg überhaupt passiert?). Die Bilder von »Penny Dreadful« schreien nach Gothic Horror, der Plot taumelt und stolpert wie die mühsamen Schritte von Boris Karloffs Frankenstein. Hier wird die Romantik noch einmal aufbereitet, vielleicht sogar
wie in einer Art Schnellkurs für das 21. Jahrhundert. Obwohl der Ernst der Serie oft Oberhand gewinnt, ist ihre fast schundige Art noch immer sehr passend: die in »Penny Dreadful« abgebildete Epoche ist ja auch das Zeitalter des Feuilletonromans, des seriellen Erzählens also, und findet sich als Fernsehserie wieder in ihrer passenden Form.
Vampire-‘n’-Werewolf-Highschool Wer sich gerne in den beliebten Schauplatz der Highschool begibt, ist mit der ausufernden Schauerwelt von »Hemlock Grove« gut bedient. Die Serie scheint in einer Art alternativen Welt zu spielen, in einem rätselhaft brütenden Industrieort in Pennsylvania. »Twin Peaks« ist da natürlich die erste Assoziation, aber »Hemlock Grove« schießt weit über seine Ziele hinaus, verfehlt das seltsame Spiel mit der Seifenoper, auf das sich Lynchs Serie eingelassen hat – und wird zu etwas, das einem etwas interessanterem »Twilight« gleicht: Zwei Buben, einer ein reicher, arroganter Blondling und einer ein armer Zigeuner (einer ist Werwolf, der andere so etwas wie ein Vampir – dreimal dürft ihr raten, wer was ist), verbindet eine unmögliche Freundschaft. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem rätselhaften Monstermörder hübscher junger Mädchen. Dazwischen lauern andere Fabelwesen und Familiengeheimnisse, so wie Shelley, das liebenswerte FrankensteinMonster als monströse große Schwester oder eine eiskalte Detektivin, die auch irgendein Fabelwesen ist, ein Engel oder so, die Serie weiß es auch nicht so recht. »Hemlock Grove« lebt vor allem von seiner doch recht netten, fast originellen American Gothic-Atmosphäre und seinem überschwenglichen Teenager-Weltschmerz. 025
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Ein fantastisches Horror-Monstrum, ein All-American-Mash-up, von Sklaverei und Freakshows bis zu religiöser Hysterie und Highschool-Massakern steckt in »American Horror Story« der ganze Schrecken der USA drin.
Hexenkessel des Mashup Wenn Frankensteins Monster nun eigentlich die Moderne personifiziert, und der Diskurs darüber die Postmoderne, dann stellt sich die brennende Frage, was »American Horror Story« überhaupt ist. Ein vielköpfiges Monstrum, ein bombastischer Mashup in narrativer und visueller Form. Jede Staffel der Serie bietet einen neuen Horrorschauplatz samt neuer Epoche und Atmosphäre. Bisher gab es ein Spukhaus, eine Psychiatrie, einen Hexenorden in New Orleans – die aktuelle Staffel spielt wortwörtlich in einer Freakshow. Einziger roter Faden ist das Ensemble (in seiner Mitte, großartig: Jessica Lange), das sich jährlich in neuen Figuren neu formiert. Das allein ist schon eine reizvolle Prämisse. Dazu aber kommt das Aufarbeiten der nationalen Traumata: Sklaverei, Holocaust, Highschool-Massaker, Rassismus, die Lindbergh-Entführung, Hexenverfolgung, die Angst vor dem Nicht-Konformen, religiöse Hysterie, Familie, Waffenwahn usw. »American Horror Story« ist wie die Synthese eines Kaleidoskops mit einem Rohrschach-Test – so, wie man es dreht und wendet, jeder kann etwas anderes Furchterregendes darin sehen. Verweise auf Zeit- und Kulturgeschichte türmen und überschneiden sich: So wird in einer winzigen Nebenhandlung der zweiten Staffel eine Patientin (Franka Potente) eingeliefert, die sich für Anne Frank hält – und sofort im gruseligen Oberarzt den ehemaligen Naziarzt eines Konzentrationslagers wiedererkennt. Nicht nur erhält die Patientin eine Lobotomie, uns wird auch noch vermittelt, dass sie nun zu einer Stepford Wife mutiert ist. Denn Horror ist geschmacklos und kennt kaum Gerechtigkeit. Das eigentliche Aufarbeiten geschieht in einer dreisten und inkonsequenten Art, melodramatisch und witzig, prüde und kontrovers zugleich – Camp in seiner feinsten Form. Es ist eigentlich eine Erleichterung,
dass es so etwas wie »American Horror Story« gibt. Diese Serie und die Lust, mit der sie sich ins Zeug legt, dabei Gutes zu Schlechtem macht und Schlechtes zu Gutem, lässt Hoffnung schöpfen. Wir leben nämlich in einem übersensiblen Zeitalter – überall fallen sogenannte »Trigger Warnings«, ständig und von allen Ecken erscheinen Gründe, sich beleidigt oder angegriffen zu fühlen: die falsche Repräsentation seiner eigenen Identität etwa, oder die unendlich erscheinende Dominanz und Hierarchie der Geschlechter-Ordnung. Gerne also versuchen todernste Medien sich dieser Themen anzunehmen, um anschaulich all das darzustellen, was unsere Kultur und Gesellschaft unerträglich, ja, grauslich macht. Was sich selbst dann für ein kritisches, gutes Kunstwerk hält, ist in Wahrheit nichts Anderes als ein Lobgesang und eine Feier jener Kultur, die eigentlich kritisiert werden sollte. Einer der wirklich potenten Auswege aus der Hölle ist der Horror selbst. Durch Horror lernen wir die Lust an unseren Ängsten – wir lernen, das Bedrohliche zu konfrontieren und daraus etwas Genießbares zu machen. In manchen Fällen wird Horror zum puren Eskapismus. In anderen ist er die reine Konfrontation. Vor allem aber: Horror ist eine Gattung, die verdammt ist, ewiges Tabu zu bleiben. Egal wie hoch ihre Kunst, sie wird immer zu einer Untergrundgattung herabgestuft. Aber das gehört sich auch so. Horror muss subversiv bleiben. »American Horror Story« läuft in den USA seit 2011, die mittlerweile vierte Staffel wird auch im deutschen Sprachraum auf Fox ausgestrahlt. Die erste Staffel »Hemlock Grove« ging Mitte 2013 komplett auf Netflix online. Die komplette zweite Staffel ist seit dem Kurzem auch hier über Netflix abrufbar. Die erste Staffel »Penny Dreadful« ist ebenfalls auf Netflix verfügbar.
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Gomorrha — Ein ungeschönter Blick auf Handlanger und Halsabschneider der neapolitanischen Mafia
Ein blutiges italienisches Serienwunder
Text Lukas Traber Bild Emanuela Scarpa, Betafilm
Auf den Bestseller und den preisgekrönten Spielfilm folgt zeitgemäß die dazugehörige Erfolgsshow. Warum Italiens Serienexport »Gomorrha« zurecht in aller Munde ist.
Vor acht Jahren bewies der italienische Autor und Journalist Roberto Saviano Mut zur Wahrheit, als er mit der Veröffentlichung des Buches »Gomorrha« die illegalen Machenschaften der süditalienischen Verbrecherorganisation Camorra, gründlich recherchiert und akribisch beschrieben, ans Licht der Öffentlichkeit brachte. Danach musste er untertauchen und lebt seither, aufgrund mehrerer Morddrohungen seitens der neapolitanischen Mafia, unter Polizeischutz. Auch wenn er mittlerweile einen Kurs zum Thema kriminelle Ökonomie an der Princeton University unterrichtet und derzeit, dank der öffentlichen Aufmerksamkeit, einen Anschlag auf sein Leben für unwahrscheinlich hält, ist ihm ein normales Leben in der Gesellschaft nicht mehr möglich. Die Offenlegung und Analyse des organisierten Verbrechens in Italien wie auch im Rest Europas sieht er aber noch heute als seine Berufung an. Bereits 2008 wurde das Buch von Regisseur Matteo Garrone verfilmt und konnte neben einer Oscar-Nominierung auch den großen Preis der Jury bei den Filmfestspielen in Cannes einheimsen. Nun wurde der Stoff erneut aufgegriffen und unter der Aufsicht von Saviano zu
einem TV-Drama umgearbeitet. Nach dem medialen Echo der letzten Monate sowie dem Verkauf in mehr als 50 Länder zu schließen scheint im Laufe dieses Prozesses die erste italienische TV-Show entstanden zu sein, die sich auf dem international boomenden Serienmarkt einen Namen machen kann.
Camorra ≠ US Mafia Während die Handlung des Films den erzählerischen Fokus noch auf verschiedene leidtragende Figuren im Umfeld des organisierten Verbrechens legte, stehen in der Serienadaption die Camorra-Bosse und deren Handlanger selbst im Vordergrund. Diese sind als Charaktere zwar weder unglaubwürdig noch sind ihre Handlungen, bedenkt man die jeweiligen Umstände, völlig unnachvollziehbar, sie unterscheiden sich aber doch eindeutig von herkömmlichen Antihelden amerikanischer Erfolgsserien wie etwa Walter White oder Tony Soprano. Die Gangster, die man hier zu sehen bekommt, sind jeglichen Hollywoodglanzes beraubt und fristen ihr Dasein in der sprichwörtlichen Hölle auf Erden. Drogen- und Waffenhandel gehören im Neapel von »Gomorrha« genauso zum Alltag wie blutige Auseinandersetzungen
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Männer, die bedrohlich starren, in »Le conseguenze dell’amore«, »Il divo« und »Una vita tranquilla«.
Im Auge der Camorra
mit verfeindeten Clans. Als Identifikationsfiguren taugen die Protagonisten kaum, als dramatisierte Versionen von Vorbildern der echten Welt ziehen sie jedoch trotzdem in ihren Bann.
Blut, Geld, Dreck Obwohl, laut Saviano, ein Großteil der in der Serie dargestellten Ereignisse auf Fakten basiert, folgt diese einem geradezu archetypischen Handlungsbogen. Die zwölf Episoden der ersten Staffel erzählen vom Aufstieg des 30-jährigen Ciro di Marzio, der sich als Scherge des Gangsterbosses Pietro Savastano im Kampf gegen rivalisierende Clans seine Sporen verdient und sich nach dessen plötzlicher Inhaftierung, trotz blutverwandtem Thronerben, als der fähigere Nachfolger herausstellt. Im Vergleich zum Film, der anhand mehrerer Charaktere aus unterschiedlichen Schichten einen gesellschaftlichen Querschnitt lieferte, hat man es hier mit einem relativ geradlinigen, wenn auch völlig entglorifizierten, Gangsterepos zu tun. In Sachen Inszenierung muss sich die von Sky und Betafilm produzierte Serie nicht vor der amerikanischen Konkurrenz verstecken. Die in den beiden Camorra-Hochburgen Casal di Principe und Scampia gedrehten Aufnahmen sind zwar alles andere als einladend, verleihen der Show aber, gemeinsam mit dem dokumentarisch anmutenden Stil, eine beklemmend authentische Atmosphäre. Vor allem bei den zahlreichen blutigen Auseinandersetzungen dürfte hier selbst hartgesottenen Serienjunkies etwas flau im Magen werden. Die Dialoge zwischen den Charakteren, die sich keineswegs ausschließlich um kriminelle Machenschaften drehen, mögen nicht ganz so geschliffen und smart rüberkommen, wie man es aus anderen Serien-Highlights der letzten Jahre kennt, ihrer deren Glaubwürdigkeit schadet dies jedoch nicht. »Gomorrha« ist nicht für Jedermann. Wer seine Dramen gern mit einer auflockernden Brise Humor und zitatwürdigen Sprüchen genießt, wird sich bei anderen Shows besser entspannen können. Wie schon das Buch und der Film zuvor liefert aber auch die Serie über die italienische Camorra einen packenden und detailverliebten Einblick in das organisierte Verbrechen als seuchenhaften Auswuchs des heutigen Kapitalismus. Bleibt nur zu hoffen, dass Savianos aufopferndes Engagement gegen die neapolitanische Mafia in Zukunft noch mehr Früchte tragen kann als bloß eine überdurchschnittlich gute europäische TV-Show. Seit 10. Oktober läuft »Gomorrha« wöchentlich auf Sky Atlantic HD.
Corleone, Falcone, Soprano – Dass solche Namen sofort Bilder im Kopf auslösen, liegt vor allem an den Geschichten, die im Kino über sie erzählt werden. In den USA zählen Filme über das organisierte Verbrechen zum absoluten Kern des Filmschaffens. Die italienische Mafia macht dabei den gewichtigsten, aber lange nicht einzigen Teil aus – allen voran die Corleones aus der »Godfather«-Trilogie, »Goodfellas« oder »Casino«. Aber auch bei den großen Mythenstrickern David Lynch, David Cronenberg oder Nicolas Winding Refn erfüllen diverse Figuren oft eine fast mephistophelische Rolle für die Fausts und Schäfchen dieser Gesellschaft. Natürlich sind Russenmafia, Yakuza oder schwindlige Strizzis auch in anderen Filmkulturen fest verankert, aber nirgends sonst erfüllen sie eine derart zentrale Rolle. Die Filme handeln entsprechend vom entbändigten Kapitalismus unter Raubtieren, von der dünnen Haut der Zivilisation, aber auch von eigenartigen Codes und Verhaltensregeln. Gerade in den USA wird das System Mafia als ein dichtes soziales Geflecht gezeigt, das dort anfängt, wo der Staat nicht mehr hinreicht. Entsprechend steht auch eine Familia im Mittelpunkt der vielleicht zentralsten fünf Staffeln in der Seriengeschichte der USA, die »Sopranos«. Für die weit ausholende Entwicklung von Plots und langer Spannungsbögen, für hintergründigen Witz, Cinematografie in Serien, für den Produktionsaufwand oder das Aufgreifen gesellschaftspolitischer Themen, dafür also was Serien können und dürfen, ist sie enorm wichtig. Der Boom von Privatsendern wie HBO ist damit ebenfalls untrennbar verbunden. Und selbst die erfolgreichste Videospielserie aller Zeiten, »Grand Theft« Auto, spielt in und mit den Klischees von Clans, Gangs und migrantischen Kulturen. Dass nun die Unterscheidung zwischen Camorra, Ndranghetta, Sacra Corona Unita oder Cosa Nostra nicht ganz trennscharf ist, liegt auch daran, dass sie in Wirklichkeit oft nicht ganz klar ist. Sie alle wurden aber immer wieder zum Thema von Filmen, Dokumentationen oder Serien aus Italien. Sie gelangen allerdings nur selten über die Landesgrenzen hinaus. Zu den wenigen Ausnahmen gehörten in diesem Jahrhundert »Il divo«, »Una vita tranquilla«, »Le conseguenze dell’amore«, »I cento passi« und »Fortapàsc«. Mit dem feinen Unterschied zu USFilmen, dass sehr viele von echten Personen oder Ereignissen inspiriert sind. So auch »Gomorrha«.
Text Stefan Niederwieser
Die Camorra in Filmen, Serien und Videospielen
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Interview Jessica Hausner — »Amour Fou« als Viennale-Eröffnungsfilm
Text Sarah Al Hashimi Bild Gianmaria Gava / Coop99 / Stadtkino Filmverleih
Das Fräulein Wunder Jessica Hausner zählt seit Jahren zu den erfolgreichsten österreichischen Regisseurinnen und eröffnete heuer mit ihrem Film »Amour Fou« die Viennale. Mit The Gap sprach sie darüber, warum es so schwierig ist, in Österreich österreichisches Kino zu etablieren und warum Frauen im Filmgeschäft noch immer schwer Unterstützung finden. »Amour Fou« hat eine wunderschöne Ästhetik, Farbe, Anordnung, ein traumhaftes Bild. Wie ist das zustande gekommen? In allen meinen Filmen verfolge ich eine Gestaltungsweise, die eine künstliche Welt erschafft. Auf diese Weise reflektiere ich das Medium und gestalte eine Geschichte, die etwas Parabelhaftes hat. Ich möchte den Zuschauer nicht nur entführen und ihm eine Schachtel Popcorn in die Hand drücken, sondern ihn auch zum Reflektieren auffordern. Die Bildgestaltung hat oftmals etwas von einem Gemälde, erinnert an die Werke, die in Gustav Deutschs »Shirley – Visions Of Reality« gezeigt werden. Zufall? »Shirley« ist speziell. Das sind absichtlich nachgestellte Bilder. In meinem Fall geht es darum, darzustellen, wie Menschen von den Regeln und Normen der Gesellschaft in der sie leben eingekreist sind. Und die Bildgestaltung bringt das zum Ausdruck. Es sind komponierte
Bilder, in denen die Personen sich bewegen wie nach einer Choreografie. Für mich drückt das ein Gefangensein in Konventionen aus. Es geht um Fremdbestimmung, wie in allen meinen Filmen. Hunde haben offensichtlich eine bestimmte Rolle in »Amour Fou«. Welche? Da auf der einen Seite eine starke Gestaltung steht, habe ich auf der anderen Seite etwas Zufälliges gesucht. In »Lovely Rita« habe ich mit Laiendarstellern gedreht, die dann immer wieder etwas Unvorhersehbares gemacht haben. Bei »Lourdes« war es der dokumentarische Ansatz des Ortes mit den Heiligtümern usw. und »Amour Fou« ist historisch, im Studio gedreht, mit Kostümen und Dialogen, die ich geschrieben habe – ich dachte: Wo wird mir der Zufall helfen? Ich habe mir sehr viele Gemälde der Renaissance angesehen, die mich bei der Bildgestaltung inspirierten. In den Gemälden dieser Zeit sind immer wieder Tiere zu sehen, ob bei Ballgesellschaften, in der Kirche oder in Ämtern. Das brachte mich auf die Idee, Hunde im Film zu
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»Würden sie mit mir sterben wollen?«, fragt ein lebensmüder Dichter in beklemmender Atmosphäre. Neben Verhandlungen über die Liebe kommen im Eröffnungsfilm der Viennale auch Fragen der Staatsräson zu Wort.
haben. Zugleich ist der Hund der Vogels sehr wohlerzogen und hat dadurch so etwas Absurdes, weil er genauso steif ist wie sein Herrchen und Frauchen. Er trägt auch zusätzlich zum Humor und zur Ironie bei. Hat das Starre etwas damit zu tun, dass sich die Figur Heinrich nicht richtig entfalten konnte und fast pubertäre Gedanken an den Suizid hat? Pubertär ist seine Gedankenwelt nicht. Aber es hat mich auch nicht interessiert nachzuerzählen, warum er sich umbringen will. Für mich ist dieses mit jemand anderem Sterbenwollen eigentlich nur der Aufhänger. Es geht vielmehr um Heinrichs Bemühen, genau diesen jemand zu finden, der diesen speziellen Wunsch mit ihm teilt. Die Hauptfiguren sind sehr egoistisch. Ist das Thema Egoismus wichtig für dich? Wir alle sind egoistisch. Wobei ich das überhaupt nicht vorwurfsvoll meine. Dieser Egoismus ist eine condition humaine (menschliche Grundvoraussetzung, Anm.). Jeder ist sich selbst der Nächste, weil man in der eigenen Haut steckt, durch die eigenen Augen sieht und die eigenen Gefühle und Erlebnisse hat. Es ist immer eine Art Spekulation, ob der andere wirklich die Person ist, für die man ihn hält. Und so stellt sich die Frage, warum Henriette im Film letztlich mit ihm mitgeht. Sie hätte auch Nein sagen können. Aber irgendeine Art von Anziehungskraft löst Heinrich bei ihr anscheinend doch aus. Der Film klärt diese inneren Beweggründe aber nicht auf, weil er genau davon handelt, wie rätselhaft Menschen füreinander sind und bleiben. Selbst wenn man glaubt, jemanden zu lieben, kann es sein, dass man nur sich selber und die eigenen Wünsche in diesem Menschen spiegelt. Wenn ich an deine letzten Filme denke, waren immer Frauen die Hauptfiguren. Warum ist das bei »Amour Fou« nun anders? Ich habe Frauenfiguren bis jetzt deshalb erzählt, weil das meine Erfahrungswelt ist. Und ich halte das nicht für völlig austauschbar. Der Blick und die Erlebnisse einer Frau sind andere als die eines Mannes. Außerdem war ich immer unzufrieden mit den Frauenfiguren in Filmen. Mir fehlte das, womit ich als Frau mich hätte identifizieren
können. In meinen ersten Filmen bis hin zu »Lourdes« waren die Männer eher Nebenfiguren. Und jetzt ist die männliche Figur wichtiger geworden. In »Amour Fou« sind beide Figuren gleichberechtigt. Interessant finde ich, dass in meinem nächsten Film auch wieder eine Frau die Hauptfigur ist, aber zumindest eine männliche Figur wichtiger sein wird. Es ist für die Entwicklung eines Dramas interessanter, wenn es ein Gegenüber gibt. Auch Barbara Albert fokussiert sich stark auf Frauenfiguren. Habt ihr da Gemeinsamkeiten? Ich habe mit Barbara zusammen 1999 eine Produktionsfirma gegründet (Coop99, Anm.). Davor haben wir gemeinsam an der Filmakademie studiert. Es gab damals im Falter einen Artikel über Barbara, mich, Miriam Unger und Ruth Mader. Das war so eine Zeit, wo wir alle Kurzfilme gemacht haben, die recht erfolgreich auf Festivals waren. In diesem Artikel ging es darum, dass es so ungewöhnlich ist, dass in Österreich junge Frauen Filme machen, das »Fräuleinwunder« sozusagen. Wir haben unsere Filme auch wirklich auf Festivals geschickt und hatten von Anfang an dieses Bedürfnis, dass die Filme international funktionieren. Unsere Vorbilder waren eben auch französische oder amerikanische oder internationale Regisseure. Das war etwas, das uns miteinander verbunden hat. Hast du das Gefühl, dass sich die Frauenbewegung im Film heute schon ein bisschen verändert hat? Das glaube ich schon. Was aber immer noch erstaunlich an diesen Statistiken ist, dass inzwischen fast gleich viele Frauen wie Männer anfangen, an den Universitäten Film zu studieren, dass aber im Beruf weitaus mehr Männer Regisseure sind als Frauen. Und falls doch, haben sie geringere Budgets als Männer. Ich finde es schwierig, da jemanden zu verurteilen. Ich bin auch eine Frau und niemand wirft mir irgendwelche Klötze in den Weg. Hat es eine Bedeutung für dich, mit »Amour Fou« die Viennale zu eröffnen, obwohl du vorhin meintest, dass der Anspruch Filme zu machen ein internationaler und kein rein österreichischer war? Die Viennale ist für mich immer ein Festival gewesen, das ich total geliebt habe, weil sie einen irrsinnig guten Überblick darüber verschafft, was im vergangenen Jahr an Filmen gemacht wurde. Ja, meine Filme sollten international sein, aber dass ich hier wahrgenommen werden will, spielt natürlich schon eine Rolle. Ich muss sagen, zwischendurch hatte ich ein bisschen aufgegeben, weil ich das Gefühl hatte, dass sich das österreichische Publikum nicht für österreichische Filme interessiert. Aber umso wichtiger ist es dann, dass ein österreichischer Film die Viennale eröffnet, weil es um Aufmerksamkeit geht. Wenn Hans Hurch findet, dass der Film es wert ist, die Viennale zu eröffnen, dann werden wahrscheinlich auch andere denken: Naja, vielleicht schaue ich mir den dann an. »Amour Fou« läuft ab 6. November in den heimischen Kinos. 031
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Clicktivism bei Charity-Events — Gutes tun ist nicht trendy und das ist gut so
Likes kann niemand essen Auch bei Charity-Events fällt Engagement leichter, solange es sich auf einen Klick beschränkt. Warum es manchmal Sinn macht, nicht so angesagt zu sein. In den kommenden winterlichen Monaten des Gebens werden sie sich wieder häufen, die Benefizveranstaltungen. Neben alteingesessenen Organisationen wie Licht ins Dunkel und den Helden unter Österreichs notorischen Gutmenschen von »Bock auf Kultur« versuchen immer wieder auch kleinere Veranstalter, ihren Beitrag zu leisten. Das erweist sich allerdings oft als gar nicht so einfach – gerade in der Wiener Clubkultur wird das Raven für den guten Zweck manchmal nur mittelgut angenommen. Stell dir vor es ist Charity, alle nehmen teil, aber niemand geht hin. So ist das auch im vergangenen Jahr immer wieder geschehen. Gerade um Weihnachten ließen Besucher teils auf sich warten. Dabei hätten Line-up und Location doch als Besuchermagnet fungieren müssen. Man will nun niemanden herausgreifen, denn aus niederen Instinkten organisiert so etwas niemand. Aber saufen wir also einfach lieber für uns selbst als für andere? Sind Spaß und Katastrophenhilfe vereinbar?
Text Teresa Havlicek Bild Bock auf Kultur, Erli grünzweil
Erst kommt der SpaSS, dann die Moral »Generell gilt, so gut und bekannt die Acts sind, so viele Leute kommen auch«, meint Emanuel Hinterbauer, der alle Charity-Veranstaltungen für den Verein Ute Bock organisiert. Auch Marvin Mangalino, Geschäftsführer des Hotels am Brillantengrund, gibt ihm diesbezüglich Recht. Als der Taifun »Haiyan« letztes Jahr mehrere Regionen auf den Phillipinen dem Erdboden gleichmachte, organisierte Mangalino eine Benefiz-Fotoausstellung und einen Clubabend in der Wiener Grellen Forelle. »Primär kommen die Leute, weil sie sich für den Inhalt und das Umfeld interessieren. Dabei etwas Gutes zu tun, ist nur ein Zusatznutzen und wird positiv aufgenommen«, so Mangalino. Grundsätzlich alles schön und gut und erfolgreich also. Gute Organisation und die richtigen Künstler sollten für genug Spenden sorgen. Trotzdem scheint es Unterschiede je nach Veranstaltung und Zielpublikum zu geben. Amy Webb prognostiziert digitale Trends für Non-Profit und For-Profit-Unternehmen, sie ist Geschäftsführerin der Webmedia Group. Laut ihr unterzieht sich unsere Gesellschaft einem drastischen Wandel. Sie ist sich nicht sicher, ob das Gefühl, aus Verpflichtung Spenden zu müssen, in 20 Jahren noch vorhanden sein
wird. Das allgemeine Misstrauen der Millennials im Bezug auf große Organisationen und Autoritäten scheint auch vor Wohltätigkeitsorganisationen nicht Halt zu machen. Man ist sich trotz aller Transparenz und offener Jahresbilanzen nicht sicher, wie viel vom gespendeten Geld tatsächlich dort ankommt, wo es hingehört und wo geholfen wird. Wenn keine wirklich glaubwürdigen Namen dahinterstehen, ist man lieber mal vorsichtig mit dem Geldgeben.
Das Internet als Fluch und Segen Ganz teilnahmslos scheint die Generation jedoch nicht zu sein, Online-Kampagnen wie die ALS Ice Bucket Challenge wurden immerhin großartig angenommen und waren ein beeindruckender viraler Erfolg. Laut Medienwissenschaftlerin Jana Herwig braucht es klare und einfache Handlungsanweisungen, um Menschen zum Mitmachen zu bewegen. Spaß und Raum für Selbstdarstellung tragen außerdem dazu bei, ob das solche sozialen Kampagnen ankommen. Im Diskurs wird das auch »Social Proofing« genannt – man sieht, dass andere im eigenen Umfeld zu einem Teil einer größeren Sache werden und möchte dazugehören. Kritiker stempeln diese Form von »Clicktivism« – also Aktivismus im Netz – als heuchlerisch ab. Zu gering wäre das eigene Zutun der Aktivisten, zu anonym, zu kurzlebig und vor allem ohne richtig spürbare Konsequenzen. Von einem Like wird noch kein Kind satt. Klar, man muss sich nicht wirklich mit einer Krankheit wie ALS auseinandersetzen, um sich einen Eiskübel über den Schädel zu schütten. Und dazu, ein Video von sich selbst ins Netz zu stellen, hat noch selten ein Millennial Nein gesagt. Die perfekte gute Tat: narzisstisch, unkompliziert, kurzlebig. Der Erfolg solcher Online-Kampagnen ist schwer zu messen, sollte aber nicht an dem Gerede darüber fest gemacht werden, sondern an dem, was tatsächlich getan wird.
Ein Klick für die gute Sache Clicktivism macht auch vor der Welt der Charity-Events nicht Halt. Im Vorhinein sagt man gerne zu und drückt so Unterstützung und Wohlwollen aus. Vielleicht war dann aber doch eine andere Abendplanung sexier, man muss am nächsten Tag aufstehen oder es gibt ja
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eh so viele Zusagen, dass es vielleicht zu voll wird. Facebook ist nicht verbindlich. Das trifft nun nicht alle gleichermaßen. Bei allem »Bock auf Kultur« gab es bis dato erst eine Veranstaltung, zu der es – wohl aus Timing-Gründen nach einem Halloween-Freitag – nicht viele Leute geschafft haben. »Wir sind eigentlich nie auf diesen Trendsetter-Zug aufgesprungen, der spricht meist nur junge und weniger inhaltsorientierte Menschen an – von denen es allerdings sehr viele gibt«, so Hinterbauer von Ute Bock.
Zwischen Trend und Bestand Und natürlich wirken nicht alle Probleme dieser Welt gleich dringend. Kinderlähmung und Lepra sind heute zum Glück weitgehend unter Kontrolle. Dass es aber auch heute einen seltsamen Mitleidswettbewerb gibt, bringt etwa eine »South Park«-Episode bitterböse auf den Punkt. Als Eric Cartman sich mit HIV infiziert, kommt niemand zu seiner Benefizveranstaltung, weil HIV mehr so ein 80er-, 90er-JahreDing war, heute würde sich doch alles um Krebs drehen. Selbst Elton John sagt ab, weil er dringender auf einem Krebs-Benefiz spielen muss. Im Internet ist es umgekehrt. Manchen Events scheint es fast schon zum Verhängnis zu werden, wenn sie zu aktuelle Probleme behandeln. Wenn etwas in den sozialen Medien hochkocht, zieht das auch Trittbrettfahrer an. Man kann sich nun spitzbübisch fragen, ob es nicht sogar helfen würde, einfach coole Events mit solidem Line-up zu organisieren – und das Geld ohne großes Aufsehen zu spenden, wie das ja auch manche Sommerfestivals schon lange machen. Die Veranstalter selbst scheinen auf diese Idee nicht so abzufahren. Jeder Schuss in diese Richtung würde nach hinten losgehen und die Mündigkeit der Besucher untergraben. Ob diese einen im Nachhinein gespendeten Gewinn tatsächlich als so negativ empfinden würden, ist schwer zu beantworten. Fakt ist aber, dass es ohnehin schon schwer ist, ganz normale Events so zu organisieren, dass alle auf ihre Kosten kommen. Das Wissen wie man Leute für eine Sache begeistert, wie Poster und Webbanner aussehen sollen, wie man sich koordiniert und organisiert, das braucht es für Charitys natürlich besonders, wenn mit gut nicht das Gegenteil von gut gemeint sein soll.
»Wir sind eigentlich nie auf diesen Trendsetter-Zug aufgesprungen, der spricht meist nur junge und weniger inhaltsorientierte Menschen an« Emanuel Hinterbauer, Bock auf Kultur
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Ein Teil der FM4-Belegschaft mit altem Logo, cirka 1996.
20 Jahre FM4 — Schicksalsjahre eines Senders
»Je cooler man heute ist, desto uncooler findet man FM4« Text Thomas Weber timeline Stefan niederwieser Bild Radio fm4
Thesen, Beobachtungen und Feststellungen anlässlich des 20. Geburtstags des Radiosenders.
Timeline 1995
Am 16. Jänner ging FM4 um 19 Uhr mit den Beastie Boys auf Sendung. Keimzelle und Vorgänger war die Ö3 Musicbox. Gedacht war der Sender für alternative, jüngere Hörer. Fünf Jahre lang teilte sich FM4 die Frequenz mit Blue Danube Radio, dem Ex-Pat-Sender für UNO-Mitarbeiter und Spione. Man sendete anfangs von 19 bis 1 Uhr morgens.
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1996 Ende des Jahres löst Monika Eigensperger Mischa Zickler als Senderchef ab. Ungebrochen bis heute. Musikchef Marcus »Makossa« Wagner ist sogar ein Jahr länger im Amt. Ebenfalls seit Beginn und damit jetzt 20 Jahre dabei: Martin Blumenau, BTO Spider, Claudia Czesch, Andreas Ederer, Christian Fuchs, Dirk Stermann, Fritz Ostermayer, Martin Pieper, Heinz Reich, Robert Rotifer, Eva Umbauer.
Das FM4 Geburtstagsfest findet erstmals in der Szene Wien statt, dann im WUK und schließlich traditionell im saukalten Jänner unter freiem Himmel in der Arena. Letztes Jahr hat die Gemütlichkeit durchgeschlagen und man ist in die Ottakringer Brauerei übersiedelt.
FM4 Compilations. »FM95« gab es nur inoffiziell, wurde von Robert Rotifer und Walter Gröbchen kuratiert. Die »FM4 Sound Selection« ist mittlerweile in der 30. Auflage mit der gewohnten Aufteilung in eine internationale und eine nationale CD. Außerdem pressen noch »Sunny Side Up« und gerade wieder »Tribe Vibes« ihre Musik auf physische Scheiben. »House Of Pain« leider nicht.
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Dass es FM4 überhaupt noch gibt, ist zuallererst einmal: schön. Und dass sich das öffentlich-rechtliche Jugendkulturradio weniger verändert hat als die Welt ringsum: ein Fakt. Wir haben es allerdings weitgehend mit Fremdverschulden zu tun. Denn FM4 ist letztlich bloß ein Teil des in seiner Gesamtheit planlosen, gelähmten ORF. Im Bereich des Möglichen passiert auf FM4 – on air wie online – immer noch Bewegendes.
»
Je cooler man heute ist, desto uncooler findet man FM4
«
Früher galten die Mitarbeiter von FM4 als arrogant. Dass dieser Vorwurf heute seltener zu hören ist, hat weniger mit veränderten Umgangsformen der Radiomenschen zu tun als damit, dass er in vielen Fällen schon damals eine ungerechte Behauptung war. Meist war es nicht Arroganz, sondern die eigene enttäuschte Erwartungshaltung gegenüber einem persönlich bekannten Szenegänger, die vorschnell und falsch als Arroganz abgeurteilt wurde. Meist von solchen, die selbst irgendwie aktiv waren – als DJ, Musiker, Party-Animateur oder Lebenskünstler – aber selbst nicht das Privileg erlangt hatten, unter dem Dach des staatlichen College-Radios unterzukommen. Da ward die eigene Band nicht gebührend abgefeiert, ward das beim Fortgehen in die Hand gedrückte Demo nicht überschwenglich genug entgegengenommen, waren die ersten Gehversuche auf dem glatten Parkett des Partymachens nicht gleich on air angekündigt und hochgehypt worden. Überhaupt, seit der (oder die) bei FM4 ist, glaubt er, er ist was Besseres! Alles unzählige Male gehört – in den vergangenen Jahren aber vergleichsweise selten. Natürlich waren einzelne Mitarbeiter von FM4 tatsächlich arrogant und übertrieben eingebildet auf ihren Szene-Status gewesen. Doch diese Arroganz hat ihnen – wie allen anderen Vertretern des Medien-Establishments auch – die Realität in den vergangenen Jahren abgeblitzt. Denn dem Medienwandel sind auch die davor vermeintlich allmächtigen Szene-Gatekeeper zum Opfer gefallen. Du kannst es heute auch ohne FM4 zum Szene-DJ schaffen oder zur Band der Stunde aufsteigen. Ja sogar, dass irgendwann FM4 nicht mehr an dir vorbeikommt, das kann passieren. Noch vor ein paar Jahren war es genau umgekehrt: Ohne FM4 kein Szene-Fame. Heute hast du es so richtig erst geschafft, wenn du dir ohne allzu große Unterstützung des Senders einen Namen machst. Folglich bist du heute umso cooler, je uncooler du FM4 findest. Gottlob kann das allen Beteiligten egal sein. Denn das, wofür FM4 einst antrat, ist eingetreten: Die Welt ist heute eine größere als im Gründungsjahr 1995. Zwar ist das nur ganz am Rande ein Verdienst des Senders und vor allem der digitalen Kultur zuzuschreiben. Doch seinen einstigen Claim »the only alternative« verwendet FM4 heute völlig zurecht nicht mehr. Wäre auch glatt gelogen.
2000 Seit 1. Februar sendet FM4 rund um die Uhr, nachdem Blue Danube Radio eingestellt wurde. Als Überbleibsel bleiben englische Moderationen und Nachrichten auf Französisch und Englisch. Ohne FM4 hätte der gesamte Staatsfunk also keine fremdsprachigen Inhalte.
fm4.orf.at geht im Juni online. Die Website spielt zwar sicher nicht alle Stückerln und darf nur im Zusammenhang mit dem Radio-Sendebetrieb berichten, verzeichnet heute dennoch bis zu 1.1 Mio. Visits pro Monat und bis zu 36.000 Visits pro Tag. 2013 wird dann neu angestrichen und ausgemalt. Das Grau ist deutlich frischer geworden.
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FM4 taugt noch immer zum Reibebaum. Viele, die über den Sender schimpfen, haben allerdings keine Ahnung
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»Auf ihre jeweilige kleine (Szene-)Welt umgelegt, ist den meisten FM4-Kritikern der Sender schlicht zu wenig elitär, zu wenig nah am unmittelbaren eigenen Empfinden. Das Verhältnis zum Sender ist dabei vergleichbar mit einer Freundschaft, die sich auseinanderlebt. Wo es passieren kann, dass sich die emotionale Bindung zueinander, die gemeinsamen Erfahrungen und Wurzeln sowie die bestehen bleibende Grundsympathie in einer aufrichtigen Hassliebe auflösen. Rationaler Argumente bedarf es dabei oft keiner.« Diese Feststellung stammt zwar schon aus dem Jahr 2004 – als The Gap zum zehnten Geburtstag des Senders in einer Coverstory das »FM4-Universum« umriss. Der Vergleich trifft 2014 mehr denn je zu. Nur dass zehn Jahre später die alte Freundschaft für manche irreversibel zerrüttet ist. Für unverbesserliche Szene-Menschen (für welche das eigene Koordinatensystem immer weniger mit jenem des Senders deckungsgleich ist) ebenso wie für diejenigen, die sich ganz aus den Subkulturen zurückgezogen haben (aber ein wenig belächeln, dass »die bei FM4 immer noch nicht ganz erwachsen sind«). Auch rationaler Argumente bedarf es immer noch keiner. Weil man sich von früher kennt, glaubt man, Bescheid zu wissen. Und im Gespräch mit Gleichgesinnten bestätigen sich die eigenen Vorurteile vortrefflich. Gehört haben ihn viele derer, die über den Sender sudern, wenn man nachfragt, »schon seit Jahren nicht mehr«.
FM4 war schon immer ein Verstärker für heimische Musik und Clubkultur.
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Der Soundpark wird zum Nationalfeiertag am 26. Oktober aus der Taufe gehoben. Soundcloud gab es damals nicht. Gerade anfangs wird viel neue, heimische Musik auf Rotation genommen. Zudem stellt eine wöchentliche Sonntag-Nacht-Schiene einzelne Musiker ausführlich vor.
Das FM4 Frequency schlägt in Salzburg ein. Im Jahr zuvor wurde es als Vienna City Festival geboren, übersiedelt aber ins Grüne und bekommt eine Sonnenblume verpasst. Es wächst sich bald von 20.000 auf 100.000 Besucher aus.
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FM4 ist ein Gefangener des ORF
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YOU‘RE AT HOME, BABY
UKW 103.8
Radiohead Arcade Fire
Missy Elliott Outkast Roots Manuva
Bright Eyes
IM SUMPF
Klaxons
HIGH SPIRITS
LCD Soundsystem Bloc Party
N Lu ak nc ed h
Wu-Tang Clan SOUNDPARK
Peaches
Franz Ferdinand
Bauchklang Mauracher
LA BOUM DE LUXE
Ai r
Gorillaz
SALON HELGA
SI DE
UP
Be iru t
Li de ll
HEARTBEAT
W St hit rip e es
HOUSE OF PAIN
Babyshambles
Deichkind
Q St uee on ns e O Ag f T e he
The Strokes
Mos Def
Th e
M. I. A. Muse
Beck
The Streets
Ro TR ots IB E VI BE S
Arctic Monkeys
SU NN Y
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Stimmt schon: Wer sucht, wird auch auf FM4 belangloses Geblödel und Geplapper finden. Und neben dem unverbildeten Charme mancher Moderatoren hört man auch die Kehrseiten des Dilettantismus. Trotzdem: In seiner Gesamtheit ist FM4 zutiefst öffentlich-rechtlich und dem verpflichtet, was die Branche Neudeutsch »Public Value« nennt. Es gibt einen – verglichen mit kommerziellen Sendern – hohen Wortanteil, englischsprachige News und »Reality Checks« zu den brennenden Themen der Zeit, vieles davon in bester Tradition des anglo-amerikanischen Radiojournalismus. Hier merkt man, dass für das Tagesprogramm von FM4 manche Formate des englischsprachigen Vorgängersenders Blue Danube Radio weiterentwickelt wurden. Auch die Popkulturberichterstattung orientiert sich weitgehend an journalistischen Kriterien. Es geht weniger um Big Names und nicht um die kommerziellen Interessen der Kulturindustrie oder geldgebender Konzerne, sondern meist um Musik aus dem Hier und Jetzt. Das heißt: Auch Musik aus Österreich hat auf FM4 einen besonderen Platz. (Was im Umkehrschluss bedeutet, dass österreichischen Musikern ohne FM4 eine ihrer wichtigsten Plattformen fehlen würde). Auch Nischenbewusstsein wird auf den Frequenzen des Senders kultiviert – am überzeugendsten im sonntäglichen »Sumpf«, mitunter aber auch nächtens, wenn sich der Nachwuchs am Mikrofon versucht. Ein Mut zum Scheitern, der dem ORF sonst weitgehend abhanden gekommen ist, der es aber eben auch mit sich bringt, dass Belangloses on air geht. Neben dem großen Bruder Ö1 bietet damit einzig FM4 dem ORF eine ernstzunehmende Berechtigung, für sein Radioprogramm von der Bevölkerung Gebühren einzuheben. Praktischerweise hat sich FM4 auch als eine Art Kaderschmiede für den ORF bewährt. Das gilt nicht nur für Fernseh-Comedy-Formate, sondern auch für seriöse TV-Features (auffällig zuletzt etwa FM4-Charts-Moderator Robert Zikmund) oder das Sportstudio (Claudia Unterweger und Mari Lang).
Fe is t Ja m ie
Ohne FM4 wäre der ORF weniger öffentlich-rechtlich
Go ld fr ap p
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Gustav Texta Ja, Panik
Hot Chip Modeselektor
Massive Attack
Attwenger
Simian Mobile Disco
Shantel
Justice Jan Delay HEARTBEAT: HIGH SPIRITS: HOUSE OF PAIN: TRIBE VIBES:
Mo, 22.00 Di., 22.00 Mi., 22.00 Do., 22.00
LA BOUM DE LUXE: SALON HELGA: IM SUMPF: SUNNY SIDE UP: SOUNDPARK:
Fr., 21.30 Fr., 20.15 So., 21.00 So., 10.00 So., 01.00
fm4.ORF.at
Wollte man 2014 ein Jugendkulturradio konzipieren, würde vermutDen ORF gibt es, weil es ihn gibt. Eine ORF-Gründung oder überlich niemand bei FM4 landen. Doch das ursprüngliche Sendeschema haupt Öffentlich-Rechtliches aus dem Boden zu stampfen wäre 2014 für die Abendstunden aus den 90er Jahren behauptet sich – um die vermutlich nicht mehr möglich. Und das Gleiche gilt wohl für alle TeilJahrtausendwende zum 24 / 7-Vollprogramm erweitert – auch im fort- bereiche und Standards der Anstalt ebenso. Dass es sich dabei um eine schreitenden Jahrtausend erstaunlich gut. Und die Diskussionen da- kulturelle Errungenschaft und etwas Erhaltenswertes handeln könnte, rüber, wie FM4 heute aussehen könnte, sollte oder müsste, scheinen wird viel zu selten thematisiert. Diese Diskussion müsste allerdings angesichts des Gesamtzusammenhangs eines rundum gelähmten ORF eher im Großen und Ganzen geführt werden, nicht im Detail und auf obsolet und fast ein wenig kleinlich. Während die Konkurrenz (Privat- Nebenschauplätzen. Doch in einem Umfeld, wo es über viele Monate TV/-Radio wie auch Zeitschriftenverleger) dem Gelähmten am liebsten hinweg offensichtlich nicht einmal möglich ist (oder notwendig ereine Gliedmaße nach der anderen abreißen und auch noch die Ein- scheint), einen neuen Ö1-Chef (oder -Chefin) zu ernennen, scheinen geweide entwenden würde, während immer wieder einmal auch die strukturelle Änderungen ohnehin erschwert. Wer sich bewegt, verliert Privatisierung eines Fernsehkanals und der Sendefrequenz von FM4 – Budget, Planstellen, Einfluss und damit vermutlich auch Reichweite. gefordert wird, versucht der ORF vor allem eines: nicht aufzufallen. Es regiert der Rotstift.
Der Literaturwettbewerb »Wortlaut« stößt auf rege Beteiligung. Erste Gewinnerin: Doris Mitterbacher aka Mieze Medusa. Immer gibt es ein Thema, oft werden die Texte auf derstandard.at veröffentlicht, selten bei Volltext als Buch oder Hörbuch oder ab und an mit Festen gefeiert.
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2005
2006
Im Jahr davor laden die Schwestern Brüll noch im alten Wiener Fluc zum jungfeministischen Songcontest. Unabhängig davon wird am 12. Februar der Protestsongcontest anlässlich des 70. Jahrestags der antidemokratischen Februar-Kämpfe aka österreichischer Bürgerkrieg ausgetragen. Seither wird protestiert und gesungen, als wären die Wilden 70er noch nicht vorbei.
Weil der Sender über die Landesgrenze hinausstrahlt, ganz besonders beliebt nach Bayern, findet das FM4-Fest in München seither alle zwei Jahre im Oktober statt. So geht erfolgreicher Kulturimperialismus.
Langsam haben alle Mobilfunk. Die Überraschungskonzerte werden per SMS und Mail kurzfristig angekündigt. Wer zuerst da ist, kann Beatsteaks, Texta, Kraftklub, Russkaja oder Frittenbude gratis sehen.
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In 20 Jahren haben sich beim Jugendradiosender FM4 viele Projekte, Sendeteams und Events die Hand gegeben. Von WM-Quartieren im WUK, Literatur-Wettbewerben, Benefiz-Fußballmannschaften, Geburtstagsfeiern in Arena und Ottakringer Brauerei bis zu verschiedensten Plakatenserien, die am Klo jeder dritten Studenten-WG hängen.
2007
2009
Vier Prozent. Der Sender baut seine Reichweite aus, nämlich bei der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Mehr wird es allerdings nicht. Aktuell steht man bei 3,5 %.
Der ORF unterzeichnet die Musikcharta und will den Anteil heimischer Musik im Radio in den nächsten Jahren auf 30 Prozent steigern. Passiert ist es nicht. Auch wenn sich FM4 überdurchschnittlich bemüht. Vier Jahre später hat man wieder etwas auf ein Papier geschrieben. Diesmal aber wirklich Quote, versprochen.
2011 Das FM4 Frequency übersiedelt nach St. Pölten, behält aber die Headliner aus der Anfangszeit bei. Und immer mehr Menschen fragen sich, warum das Festival noch FM4 im Namen trägt.
Sechs Alben der Woche von österreichischen Acts hintereinander: Wolfram, Attwenger, Ja Panik, Clara Luzia, Kreisky, Texta. Zweieinhalb Jahre später werden die ersten drei Plätze erstmals von Österreichern besetzt, Bilderbuch, Velojet und Farewell Dear Ghost nämlich. Außerdem auf den Plätzen: We Walk Walls, James Hersey, Inner Storm, Sawoff Shotgun, Gerard, Gin Ga, Camo & Krooked, Königleopold, Kreisky, Allen Alexis, Sohn, Texta. Tu Irre Austria.
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Bleibt die – große – Frage, was Radio heute noch leisten kann. Und, ganz konkret: Wie sich FM4 2015ff behaupten könnte – zwischen dem personalisierten Soundstreaming von Spotify, weltweiter Konkurrenz durch hochspezialisierte Webradios und dem prätentiös schmerzfreien Boulevard von Vice; darüber hinaus: gefesselt von einem ORFGesetz, das innovative Internetaktivitäten untersagt? Vermutlich am besten, indem sich Radio selbst treu bleibt. Als zwar nicht personalisierter, aber als Alltagsbegleiter mit persönlicher Ansprache für solche mit subkultureller Sozialisation, Anspruch und jene, denen das Feelgood-Geplapper der Hitradios zu frohsinnig künstelt. Für jene, die an sich selbst den Anspruch stellen, Bescheid zu wissen und trotz auseinanderdriftender Lebensstile den Überblick zu bewahren. Denn wer – rein theoretisch – den ganzen Tag über FM4 laufen hat, der weiß, was passiert: in der näheren wie in der weiten Welt und auch in diversen Szenen und Nischen und in dem, was die Kultur in der Popkultur ausmacht. All das sind Voraussetzungen für einen öffentlichen Diskurs, ist dem Gemeinwohl zuträglich und damit im besten Sinne öffentlich-rechtlich.
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Ist FM4 wirklich zu alt und behäbig?
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Natürlich ist auffällig, dass sich bei FM4 in den Führungspositionen seit Jahren wenig bewegt hat. Monika Eigensperger leitet den Sender seit 1996. Einzig Marketingchef Oliver Lingens ist derzeit karenziert und hat sich für die Zeit der Vorbereitung auf den Eurovision Song Contest ORF-intern ins Marketingteam des Spektakels versetzen lassen. Sonst hat sich von den grauen Eminenzen (Martin Blumenau, Claudia Czech, Martin Pieper) keine verabschiedet. Und das Sendeschema ist seit Jahren weitgehend unverändert. Wobei jüngst das »Jugendzimmer« – eine Call-in-Sendung aus den Jugendzimmern des Landes – an einem anderen Wochentag in das neue Format »Auf Laut!« überführt wurde. Ein klares Bekenntnis zum in die Tiefe blickenden Lebenswelt-Journalismus: Anders als früher geben nun nicht mehr einzelne Jugendliche Themen vor, über die on air gesprochen wird, sondern da berichtet etwa Redakteur Claus Pirschner live aus Thessaloniki über Arbeitslosigkeit und die von der Krise geschüttelte griechische Gesellschaft; da wird über Polyamorie und den Abschied vom Ideal der romantischen Zweierbeziehung gesprochen. Während am Freitagabend Hannes Duscher und Roland Gratzer in »Top FM4« unter Einbeziehung der Hörerschaft ihren mal treffsicheren, mal grenzwertigen Humor zelebrieren.
Dass sich darüber hinaus bei FM4 in all den Jahren nichts getan hat, ist aber eine Behauptung, die nur von Zeitgenossen kommen kann, die sich nicht auskennen und weder den Sender hören noch seine Website besuchen. Denn de facto sind alle Programmschienen groß genug, dass darin immer wieder neue Sendeformate erprobt, getestet und Experimenten Raum geboten werden kann. Für den »Sumpf«, traditionell das Hoheitsgebiet »der beiden alten Deppen« (Selbstbeschreibung) Thomas Edlinger und Fritz Ostermayer, seit geraumer Zeit aber ergänzt um die Clubkultur-Expertise der deutlich jüngeren Katharina Seidler, gilt das ebenso wie für die »Homebase« oder die Nachmittagsprogramme »Unlimited« und »Connected«. »Herumprobiert wird laufend, doch nicht jede Serie muss gleich in einer neuen Sendung münden«, erklärt Monika Eigensperger. Wenn sich etwas bewährt, dann ist allerdings nichts unmöglich. Bestes Beispiel: die Omnipräsenz des Herren-Duos Duscher / Gratzer. Auch »verschlafen« – so ein oft gehörter Vorwurf – hat FM4 nichts. Im Gegenteil: In vielen Fällen war FM4 einer der ersten Radiosender, der einen Trend gespürt, aufgegriffen und für Österreich auf den Boden der Tatsachen gebracht hat. Das gilt für das Lifestyle-Marketing ebenso, das die beiden einstigen Marketingchefs Stefan Prilhofer und Gregor Almassy perfektioniert haben, wie für die Website fm4.orf.at. Schon lange vor Facebook und Microblogging setzte die Webentsprechung von FM4 auf das Host-Prinzip – mehr oder weniger prominente Szenemenschen offenbarten meinungsstark ihre Sicht der Dinge. Dass sich daraus nicht mehr entwickeln konnte, liegt schlicht an den strengen Vorgaben des ORF-Gesetzes. Was allerdings stimmt: Durch den Sparkurs des ORF musste auch FM4 für zwei Jahre auf MitarbeiterNeuzugänge über das ORF Assessment Center verzichten. Wobei es für einen Jugendkultursender dramatischer ist, wenn keine jungen Kräfte nachkommen. Da gäbe es allerdings Problembewusstsein. Die Sendechefin legt sich fest: »2015 muss es das wieder geben«. Was sich zum 20. Geburtstag von FM4 einmal mehr wunderschön zeigt, ist die Unzulänglichkeit des Begriffs »Jugendkultur«. Denn auch im 20. Jahr steht das FM4-Universum eher für eine Lebenshaltung denn für eine Lebensphase. Letztere mögen wechseln, Erstere bleiben – erst einmal verinnerlicht – ein Leben lang bestehen. Wahrscheinlich bräuchte der ORF neben Ö1 und FM4 wirklich das flankierende »Kinderradio«, von dem Radiodirektor Karl Amon immer wieder fantasiert. Dafür gehört über Ö3 diskutiert …
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Die Zukunft ist ungewisser denn je
Ja, eh.
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2013
2014
2015
2021
ORF-Direktor Wrabetz hält FM4 kurz vor der Nationalratswahl trotz Geldnot für einen »Bestandteil des gesetzlichen Auftrags«. Es darf weitergehen. Einen neuen Sender für jüngeres Publikum kann er sich vorstellen, Arbeitstitel: 21 FM.
Mit »7 Tage FM4« lassen sich fast alle Sendungen eine Woche lang nachhören. Juhu, 21. Jahrhundert, wir kommen.
FM4 wird 20 und ist damit kein Teenager mehr.
Das Funkhaus steht und sendet seit 1939 in der Wiener Argentinierstraße. Bis 2021 soll der Sendebetrieb aus Karlsplatz-Nähe an den Stadtrand auf den Küniglberg verlegt werden. Dagegen protestieren Künstler und eine Unterschriftenliste. Der Sparzwang wird wohl Recht behalten.
Das FM4 Hip Hop Open findet erstmals statt. Left Boy und Nas sind Headliner.
Der ORF darf jetzt Social Media. Früher wurde die Facebook-Page offiziell von einem Fan betrieben. Das Social Media-Verbots für Öffentlich-Rechtliche wurde Verband Österreichischer Zeitungen forciert.
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»Ori And The Blind Forest« — Rückbesinnung im Guten
Präzision und Atmosphäre 041 Moon Studios – ein österreichischer Spiele-Entwickler – übersetzt mit »Ori And The Blind Forest« die Begeisterung für die 2D-Plattformer unserer Kindheit ins Jahr 2014.
Spezialisten rund um den Globus »Ori And The Bling Forest« nennt sich das Ergebnis. Seit rund vier Jahren ist es in Entwicklung und seit einigen Monaten liest man immer wieder darüber. Meist sind die Texte geprägt von positiver Überraschung und einer hohen Erwartungshaltung an das Spiel, das diesen Winter erscheinen soll. Thomas Mahler ist der Gründer von Moon Studios und Game Director. Der gebürtige Wiener dürfte Ende 30 sein und ist studierter Bildhauer. Seine Fähigkeiten und Talente hat er aber bald ins Digitale übersetzt, war Cinematic Character Artist bei Spiel- und Filmfirmen und hat als Cinematic Artist etwa an Blizzards Game-Highlight »Starcraft 2« mitgearbeitet. Moon Studios hat er vor einigen Jahren mit ein paar Kollegen wie Lead Engineer Gennadiy Korol gegründet. Er nennt es ein virtuelles Studio mit einem kleinen Kernteam und über den Globus verteilten Spezialisten, die bestimmte
Teile oder Fähigkeiten zuliefern. Mit der Idee zu »Ori« sind sie auf Geldgebersuche gegangen und wurden bei Microsoft fündig.
GroSSe Vorbilder Im Spiel geht es um die titelgebende Hauptfigur, ein junges Geistwesen, das letztlich den Wald, in dem es lebt, retten muss. Das Gameplay ist das eines Plattformers, gemischt mit ein paar Rätsel-Aufgaben und Rollenspiel-Elementen. Als Vorbilder nennt Mahler »Super Metroid« oder auch »A Link To The Past«, in Sachen Atmosphäre die beliebten Werke von Studio Ghibli. Mahler erzählt: »Ori war jahrelang in einer Prototyp-Phase, in der die eigentliche In-Game Art vollkommen egal war und es nur darum ging herauszufinden, was für Innovationen wir dem Genre bringen und wie wir Platforming perfektionieren können.« Bis jetzt konnte man noch nicht genug von »Ori« spielen, um das zu überprüfen, aber die Koordinaten passen und laut Mahler haben die Entwickler rund eineinhalb Jahre allein mit der Perfektionierung der Steuerung zugebracht. Diese soll sich nun nicht nur gut anfühlen, sondern auch präzise genug sein, um dem doch eher hohen Schwierigkeitsgrad, zu dem sich das Spiel angeblich aufschwingt, gerecht zu werden. »Ori« soll dabei aber durchaus auch jüngere Spieler ansprechen und nicht nur jene, die sich an damals erinnern können: »Ori eignet sich als Metroidvania besonders gut für junge Spieler, die nicht mit den jeweiligen Spielen aufgewachsen sind, da Ori in der Story sowie im Gameplay nach und nach mehr über sich selbst herausfindet und neue Fähigkeiten lernt und der Spieler lernt einfach mit Ori mit. Man wird Schritt für Schritt in neue Fähigkeiten, die Ori lernt, eingeführt, sodass die Lernkurve nicht zu steil ist.« Während »Ori« noch den letzten Feinschliff erfährt, basteln Moon Studios bereits an neuen Ideen. »Ori And The Blind Forest« erscheint für Xbox One, Xbox 360 und PC. Mehr Infos unter www.oriblindforest.com
Text Martin Mühl Bild Moon Studios / Microsoft
Jede Form von »Früher war alles besser« steht zu Recht unter Generalverdacht. Und doch behauptet Thomas Mahler: »Die 2D-Games von damals waren alle besser!« Vielleicht macht es vereinzelt ja wirklich Sinn, wenn sich Entwickler leidenschaftlich auf die Suche danach begeben, was sie früher einmal begeistert hat und wie man dieses Gefühl vielleicht wieder erzeugen kann. Bei Games trifft das mitunter auf – aus heutiger Sicht – eigentlich sehr simple Spiele aus dem Beginn des Konsolenzeitalters zu. Zum Beispiel auf die Jump’n’Runs von Nintendo und Sega Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre. Nicht zuletzt, weil sich die Entwickler bei diesen Spielen quasi komplett auf das Gameplay und die Steuerung konzentrieren konnten. Story, Setting, Grafik … all das spielte eine untergeordnete Rolle. Thomas Mahler von Moon Studios möchte dieses Spielgefühl, diese Konzentration auf das Gameplay wieder zum Kern eines Spiels machen. Und im Vorbeigehen noch atmosphärisch dicht eine bewegende Geschichte erzählen.
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Hypotopia — TU-Skulptur zu den Hypo-Milliarden
How To Spend A Hypo
Text Thomas Nussbaumer Bild Armin Walcher
Wer mit unglaublich hohen Geldbeträgen hantiert, rechnet in »Hypos«. Umrechnungskurs: 19 Milliarden Euro. So viel würde auch die Realisierung der Stadt Hypotopia kosten, die im Modell von rund 100 Studenten am Wiener Karlsplatz aufgebaut wurde.
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19 Milliarden Euro hat der Staat in die Rettung der Hypo Alpe-Adria versenkt – diese Summe greifbar zu machen versuchte der Bauingenieurwesen-Student Lukas Zeilbauer mit Hilfe von 100 Mitstudenten der Technischen Universität Wien und zahlreichen Freiwilligen. Im leeren Brunnen vor der Karlskirche entstand das Modell einer ideellen Stadt aus Holz und Beton. Geplant wurde das Projekt in nur vier Monaten, gerechnet wurde mit realen Zahlen. So wurde das Energie- und Ressourcenkonzept der Millionenstadt ausgetüftelt, ein Mobilitätsplan entworfen, oder auch Ansätze für das Gemeinwesen sowie die Bildungspolitik von »Hypotopia« erstellt. Das Projekt sieht sich aber nicht als kühles studentisches Rechenbeispiel, sondern es soll als Gedankenexperiment dienen, als Protest in Beton und Denkanstoß; es soll verdeutlicht werden, welche Utopien mit einem Hypo (siehe oben) verwirklicht werden könnten, wenn nicht mal wieder nach Gesetzen des Kapitalismus ein Kreditinstitut, welches sich selbstverschuldet in den Dreck gefahren hat, notverstaatlicht werden müsste. So viele Konjunktive, daher haben wir mit Aglaja Bitzinger und Manuel Oberaufner für das Projektteam gesprochen und um Aufklärung gebeten.
Ein großartiges Projekt, das auch viele sehr interessiert. Wir gratulieren. Wie kam es zu der Idee? Dankeschön! Es freut uns wirklich, wie viele Leute sich schon mit unserer Idee auseinandergesetzt haben. Die stammt übrigens ursprünglich von Lukas Zeilbauer, einem Bauingenieursstudenten der TU Wien. Er hat den Hypo-Alpe-Adria-Skandal schon länger mitverfolgt, wobei ihn vor allem das mangelnde Interesse der Bevölkerung verwundert hat. Obwohl wir alle die nicht unerheblichen Kosten dieser Bankenrettung tragen werden, gab es doch kaum Proteste dagegen. Seine Hypothese war, dass einfach niemand von uns einen Bezug zu einer Summe von bis zu 19 Mrd. Euro hat. Um das deutlich zu machen, braucht es einen Maßstab, den jeder verstehen kann: eine Stadt. So hat z.B. Wohnraum einen Wert, den die meisten von uns ganz gut verstehen. Erfährt man dann, dass in unserer Milliardenstadt Hypotopia über 100.000 Menschen ein neues Zuhause finden könnten, hat man langsam einen Eindruck, welches Potenzial in so einer Summe steckt. Ihr seid, zumindest der innere Kern, Studenten der TU, jedoch aus verschiedenen Instituten: wie kam es zur Zusammenarbeit? Mitte Mai bekamen alle Studierenden der Fachrichtungen Architektur, Bauingenieurswesen und Raumplanung eine Aussendung über die Mailverteiler der Fachschaften, in der Lukas seine Idee der 19-Mrd.-Euro-Stadt kurz vorstellen durfte. Niemand von uns wusste anfangs, was man mit einer solchen Summe wirklich realisieren könnte. Auch die Vorstellung, interdisziplinär und selbstorganisiert arbeiten zu können, war ein starker Anreiz. Bisher gab es kaum Kooperationen zwischen den planenden Studienrichtungen der TU Wien. Es war am Anfang doch etwas ungewohnt, aber bald lief die Zusammenarbeit wirklich gut. Da unsere Arbeitsweise sehr offen war, konnte man zum Glück jederzeit einsteigen oder auch mal eine Pause einlegen. In erster Linie geht es euch um das Sichtbarmachen der 19 Milliarden Euro, die in die Notverstaatlichung der Hypo-Alpe-Adria gesteckt wurden. Welche Ziele verfolgt ihr mit eurem Projekt noch? Ganz am Anfang ging es uns wirklich rein um den Maßstab, wir haben hauptsächlich gegebene Strukturen kopiert und angepasst. Irgendwann hat uns dann jemand gefragt, wieso wir denn keine Stadt planen würden, die wir auch für sinnvoll halten. In der Realität wird jede Planung durch Richtlinien, Gesetze und Bautraditionen eingeengt, hier hätten wir aber zum ersten Mal die Gelegenheit, unsere Idealstadt zu planen. Nach einem langen Abend voller Grundsatzdiskussionen haben wir das auch getan. Hypotopia ist natürlich nicht perfekt und soll es auch nicht sein, veranschaulicht aber, wie eine ökologisch und sozial nachhaltige Stadt der Zukunft aussehen könnte. Es ist eher ein Gedankenmodell, das zum Nachdenken anregen soll.
Gab es bei der Planung Vorbilder aus der utopischen Architektur? Die Stadt Hypotopia ist vor allem deshalb eine Utopie, weil es sie niemals geben wird, die 19 Mrd. sind schließlich schon für etwas Anderes vorgesehen. Man findet in der Stadt nichts, dass es so nicht schon irgendwo gibt oder bald geben könnte. Wir haben eigentlich nur unser erlerntes Wissen gebündelt und städtebauliche Strukturen optimiert. So ist es z.B. nur logisch, keine Einfamilienhäuser zu planen, da diese zu den ressourcen- und kostenintensivsten Bautypologien in einer Stadt gehören, dabei aber nur einen sehr geringen Nutzen haben. Gibt es eigentlich schon Reaktionen aus der Politik? Bisher gab es nur Reaktionen von den Oppositionsparteien, die sich natürlich an jeder Regierungskritik gerne beteiligen. So hat z.B. Werner Kogler von den Grünen im Rahmen unserer Eröffnung einen kurzen Überblick aus seinem »Hypokrimi« gegeben und Matthias Strolz von den Neos hat uns auch schon besucht. Über Twitter bzw. Facebook wurde unser Projekt neben diesen zwei Parteien auch vom Team Stronach und sogar von der FPÖ Niederösterreich geteilt und beworben. Vor etwa zwei Wochen haben wir Einladungen an unsere politischen Vertreter verschickt, haben aber leider nur einige Absagen »wegen terminlicher Verhinderungen« erhalten, was wir doch sehr schade finden. Grundsätzlich wollen wir mit unserem Projekt aber eher die breite österreichische Bevölkerung erreichen, schließlich wird es diese sein, die die Auswirkungen der Hypo-Rettung zu tragen haben wird. Das Parlament beschließt wohl in Kürze neue Regeln für Unter suchungs-Ausschüsse: was würdet ihr euch von einem Hypo-Ausschuss erwarten? Wir würden uns wünschen, dass diese ganze Hypo-Geschichte von vorne bis hinten aufgeklärt wird. Niemand weiß, was genau passiert bzw. schiefgelaufen ist oder wie viel die Verstaatlichung uns im Endeffekt kosten wird. Es ist eine sehr verworrene Geschichte, was sicher auch ein Grund für das Ausbleiben eines breiten Protestes ist. Wo oder wie würdet ihr einen »Hypo« investieren? Im Zuge unserer Planung haben wir realisiert, dass 19 Milliarden wirklich eine MENGE sind. In Österreich gibt es ja einige Ressorts, bei denen ein paar Milliarden ganz gut angelegt wären, Bildung und Wissenschaft würden da aber wohl wirklich an erster Stelle bei uns stehen.
Die begehbare Kaptialismuskritik »Hypotopia« war vom 15. bis 30. Oktober im Brunnen vor der Karlskirche zu sehen. Weitere Standorte sind möglich, aber noch nicht geplant. Eine Nachlese und -schau findet sich unter milliardenstadt.at 043
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Kein Rad lässt sich so schnell falten wie das Vello. Damit eignet es sich vor allem für den täglichen Gebrauch zwischen U-Bahn und Lift.
Fahrräder von Woom und Vello — Design-Innovationen aus der coolen Rad-Nische
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Text Peter Stuiber Bild Valentin wodev, Woom Bikes
Design-Innovationen entstehen oft im Nischenbereich. Das beweisen markttaugliche Fahrrad-Entwürfe aus Österreich wie das Woom-Kinderrad und das faltbare Vello. Das Thema Mobiliät hat Designer schon immer zu Höchstleistungen angespornt. Und da Fahrräder bekanntlich boomen, lassen sich viele zu besonders ausgefallenen Entwürfen inspirieren. Nicht immer haben diese tatsächlich mit der Realität zu tun: So eindrucksvoll manches Rendering sein mag, so oft sind die Entwürfe konstruktiv unbrauchbar, selbst wenn sie mit Designpreisen ausgezeichnet werden. In den Internetforen zerreißen dann die Radspezialisten den jeweiligen »Designer-Entwurf« mit hingebungsvoller Liebe zur Detailkritik. Muss man denn tatsächlich ein Bike-Freak sein, um ein brauchbares Rad entwerfen zu können? Es scheint so.
Wir sind die Coolsten, wenn wir cruisen Christian Bezdeka ist so ein Fahrrad-Nerd, »und das schon seit immer«. Nach seinem Industriedesign-Studium hat er u. a. Mountainbikeund Rennradrahmen für den österreichischen Produzenten Simplon entworfen, Bikeshops eingerichtet und für die Gebrüder Stitch eine Radljeans designt. Als Laie könnte man ja meinen, das Rad müsse nach mehr als 100 Jahren technisch so weit ausgereift sein, dass man nur noch Verbesserungen in kleinen Details oder beim Oberflächendesign vornehmen könne. Dem widerspricht der Profi vehement: Materialtechnisch gebe es noch viel Innovationspotenzial – ob bei Aluminium, neuartigen Stahllegierungen oder Carbon. Neben technischen Neuerungen sei es allerdings unser geändertes Nutzungsverhalten, das den Fahrradmarkt in Dynamik versetzt habe, so Bezdeka. »Zum Beispiel die Falträder, die man leicht in die U-Bahn mitnehmen oder im Koffer-
raum verstauen kann. Oder die neuen Lastenräder, die aus den Bäckerund Postlerrädern entstanden und heute Lifestyle-Objekte sind, mit denen man mit Kindern durch die Stadt cruisen kann.« Apropos Kinder: Vom Designer zum Produzenten wurde Bezdeka weder mit Falt-noch mit Lastenbikes, sondern mit Kinderfahrrädern. Warum ausgerechnet diese Nische? Als Jung-Vater habe er sich vor einigen Jahren auf die Suche nach etwas Passendem für den Nachwuchs begeben – »und nicht einmal im Entferntesten etwas gefunden, was meinen Ansprüchen genügt hätte«. Alle am Markt erhältlichen Modelle seien zum Beispiel zu schwer gewesen: »Da gibt es Räder, die wiegen mehr als mein eigenes Rad! Im Verhältnis zum Körpergewicht ist das so, als würde man mit einem Moped radeln.« Außerdem seien Kinderräder oft nichts anderes als kleine Erwachsenenräder, obwohl die jungen Benutzer ganz andere Bedürfnisse hätten. »Kinder benötigen zum Beispiel eine aufrechte Sitzposition, um besser Gleichgewicht halten zu können. Oder sie fühlen sich sicherer, wenn der Abstand vom Pedal zum Boden nicht zu groß ist.« Am Ende seiner Suche sei ihm klar geworden, dass sich »noch niemand intensiv damit auseinandergesetzt hat, wie Kinder Radfahren lernen.« Vor zwei Jahren hat Bezdeka mit einem Geschäftspartner seine Woom-Bikes selbst auf den Markt gebracht – nach jahrelanger Entwicklungsarbeit (und Förderungen durch das Programm Impulse). Ein Risiko, für das er sich entscheiden musste, denn es fand sich kein Produzent, der da mitgemacht hätte. Zu klein das Segment, zu gering die Verdienstchancen. Dass man dennoch damit Erfolg haben kann, bewiesen die ersten beiden Tranchen der Woom-Bikes, die innerhalb kürzester Zeit ausverkauft waren. Ein Erfolg, der den Jungunternehmer auch in eine etwas heikle
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Das Woom ist ein Kinder-Bike, das mit den Kleinen immer größer wird. Anfangs war es schwer Investoren zu finden, heute ist es ausverkauft.
Situation bringt: »Wir haben derzeit ein Funding-Problem. Woher kriegen wir das Geld, um mehr Räder produzieren zu können, damit wir nicht gleich wieder ausverkauft sind? Denn wer ein Kinderrad kauft, braucht es jetzt. Der kann nicht aufs nächste Jahr warten, sondern kauft ein Konkurrenzprodukt.« Neben der finanziellen Komponente sei die größte Hürde der Umstieg von der Manufakturproduktion zur industriellen Fertigung gewesen: »Für diesen Schritt mussten wir jeden Prozess neu definieren und aufsetzen.«
Fahrrad in 2 Sekunden Die industrielle Fertigung hat auch Valentin Vodev im Blick, doch vorerst muss er seine Vello-Bikes in einer kleinen Stückzahl am Markt positionieren. Die Aussichten auf Erfolg sind nicht schlecht. Denn auch Vodev ist ein Spezialist für Fahrräder, wurde für seine Entwürfe mehrfach international ausgezeichnet. Gemeinsam mit seiner Partnerin Valerie Wolff befindet er sich gerade mitten in der Markteinführung. Zwar ist die Konkurrenz im Segment der faltbaren Räder groß (man denke allein an die tollen Londoner Brompton-Räder!), doch es gibt einige gute Argumente für Vello aus Wien: Zuallererst der Faltmechanismus, der mit einem Magnet-Stoßdämpfer funktioniert und bereits patentiert wurde. Tatsächlich braucht es nur eine einzige Bewegung, um das Rad in zwei Sekunden um die Hälfte zu verkleinern (und umgekehrt). »Bei Brompton liegt der Weltrekord bei elf Sekunden«, so Vodev. Warum die Vello-Bikes diesen Vorteil haben, ist leicht erklärt: Man kann sie nicht so klein zusammenfalten, was auch die Intention des Erfinders ist. »Man ist schnell in der U-Bahn oder in jedem Aufzug. Das genügt aus unserer Sicht.« Außerdem erlaubt der Mechanismus, dass das Rad auch im gefalteten Zustand rollbar bleibt. Und Rollen statt Tragen hat eindeutig Vorteile. Natürlich ging es Vodev auch darum, das Optimum an Leistungsfähigkeit für ein Stadtrad rauszuholen, um
auch in dieser Hinsicht seine Konkurrenz hinter sich zu lassen, die er mit 890 bis 1.500 Euro (je nach Modell) auch preislich herausfordert. Ende September haben Vodev & Wolff drei Varianten ihres VelloBikes vorgestellt, zugleich startete die Finanzierung des Projekts über die Plattform Kickstarter. Für die Entwicklung hatte Vodev Förderungen vom AWS und der Wirtschaftsagentur Wien bekommen, doch für den Markt gibt es aus wettbewerbsrechtlicher Sicht keine Chance auf staatliche oder städtische Unterstützung. Also Crowdfunding, und das durchaus erfolgreich. 15.000 US-Dollar waren das Ziel, sechs Tage vor (Redaktions- und) Finanzierungsschluss waren es bereits 23.000 USDollar. »Wir haben jetzt bereits die Produktion gestartet. Die ersten 20 Modelle kommen im Dezember und werden im Winter intensiv getestet, zum Beispiel von Fahrradkurieren. Die Verbesserungen fließen dann schon in unsere erste Tranche für den Markt ein, die im März da sein wird.« Mit anderen Herstellern haben Vodev und Partnerin Wolff zwar schon Gespräche geführt, doch bislang ist man auf sich allein gestellt. Das soll allerdings nicht so bleiben, denn gerade im Vertrieb will man mit etablierten Partnern zusammenarbeiten. An der Entwicklung der Vello-Räder waren neben Vodev übrigens auch der Designer Peter Illera sowie Paris Maderna beteiligt. Letzterer ist in der Fahrradszene durchaus kein Unbekannter, entwickelt er doch bereits seit 1996 unter dem Label MCS Bike Fahrräder für alle Lebenslagen. Ein Highlight aus seiner Fahrzeugflotte ist das Lastenrad Truck, das bis zu 120 Kilogramm transportieren kann. Neun oder mehr Getränkekisten lassen sich so per pedes befördern. An Innovationen fehlt es den kleinen heimischen Fahrradentwicklern also nicht. Und allesamt wissen sie: Vergesst BikeRendering, worauf es ankommt, ist die Street Credibility. www.woombikes.com www.vello.bike www.mcsbike.com 045
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Workstation — MENSCHEN AM ARBEITSPLATZ
Hatschepsut Huss, 28, Künstlerin
Aufgewachsen ist sie am Friedrichshof. Ja, genau, dort im Burgenland, wo sich einst die Muehl-Kommune befand. Der Gründer wurde verhaftet, als Hapschepsut Huss gerade mal vier Jahre alt war. Otto Muehl selbst ist ihr als eher unangenehmer Zeitgenosse in Erinnerung geblieben. Mit 17 zog sie nach Wien, schmiss die Schule und bewarb sich an der Angewandten, wo sie in der Malereiklasse glücklich wurde. Eigentlich hat sie großteils gezeichnet, anfangs mit Buntstiften, heute vorwiegend mit Tusche. Bei der Arbeit ist sie allein: »Da brauche ich Ruhe«, sagt Huss, die mangels Atelier in ihrer Wohnung zeichnet. Ihre Offenheit, mit Freude neue Menschen kennenzulernen und neue Dinge zu probieren, mache sie glücklich. Oder wenn ihre Arbeiten gut ankommen. Am 6. November findet die nächste Vernissage statt, einen Monat danach gibt’s eine zusammen mit ihrer Lieblingsfotografin: »Es wurden Nackfotos gemacht.« Zu früh gefreut: die Künstlerin zeichnet drüber, erst dann werden die Bilder ausgestellt.
bilder Elsa Okazaki Text Stefan Kluger
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Workstation — MENSCHEN AM ARBEITSPLATZ
Birgit Fuchs, 35, Hair- & Make-up-Artist
Birgit Fuchs weiß, was sie will. Schon als kleines Mädchen fand sie Filme, Models und Schauspieler sexy – und wusste schon damals, wohin ihr Weg sie führen sollte. Daneben schneidet sie zwei Tage die Woche im Salon Less is More Haare, an einem anderen besucht sie die Maturaschule. Ihr Plan B ist sozusagen zur Absicherung angelaufen. Menschen durch ihre Arbeit glücklich zu machen, macht sie wiederum glücklich, Zeiträuber aller Art und Menschen, die sich auf nichts einlassen können, dagegen ziemlich das Gegenteil. Klar, manchmal ist ihr Job stressig. »Einfach annehmen, so gut es geht planen und Prioritäten setzen.« Auch in ihrer Freizeit hat es Birgit Fuchs gerne straight: die genießt sie am liebsten mit den einfachsten Dingen des Lebens.
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Prosa von Hubert Weinheimer
kleine präambel zur erinnerung. dieser platz im heft ist wortaffinen menschen gewidmet, die ihn nach herzenslust füllen dürfen. die wahl der textsorte ist freigestellt. das führt immer wieder zu überraschungen. etwa, wenn sich der musiker und autor hubert weinheimer dazu entschliesst, einen kommentar zur lage der heimischen subkultur zu verfassen. lesenswerte leviten …
Zur Lage der Indie-Nation Lanzen brechen – Eine kritische Innen ansicht zeitgenössischer Popmusik Der Musikzirkus ist ein einziger Saustall. In Zeiten, da sich jeder zweite Laptopbesitzer auch für einen Musiker oder mindestens einen DJ hält, kann sich kein Mensch mehr im Überangebot orientieren. Der »Popdiskurs« ist dementsprechend verunsichert und verlagert sich zusehends an die Oberfläche zu den Skandalnudeln und belanglosen Ohrwürmern. #happyabrissbirne. Es ist cool geworden, Mainstream abzufeiern. Oasch is the new leiwand. Echt jetzt?! Vorweg ein kurzer Exkurs: Als das Subterrarium zu Beginn diesen Sommers seine Kellerpforte geschlossen hat, haben viele zum ersten Mal davon gehört – wenn überhaupt. Sieben Jahre lang wurde dort jeden Freitag Abend an der Zukunft geschraubt. Musiker und Musikerinnen von überallher machten hier Zwischenstopp, um in Sachen Musik neue Wege aufzuzeigen. Eine von ihnen war Meaghan Burke. And we all fall in love … Meaghan Burke ist New Yorkerin, hat aber in Wien ihr Cello-Studium abgeschlossen. Zwischen 2009 und 2013 hat sie hier sehr viele Konzerte gegeben. Solo, im Duo Cheating On New York, im Trio mit Bernd Klug und David Schweighart als Le Cowboy sowie als Teil des Kollektivs Loose Lips Sink Ships. Viele dieser Konzerte haben in Off-Spaces stattgefunden, wie dem bereits genannten Subterrarium oder im mo.ë, im Verein 08 oder im Salon Goldschlag. Oft werden die Konzerte von anderen Musikern und Künstlern organsiert und auch im Publikum finden sich viele Eingeweihte. Kurz: Vieles von dem, das anderswo einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert wird, geht auf Orte wie diese zurück, sie sind die eigentlichen Brutstätten der Stadt. Dass das Subterrarium dichtgemacht hat, ist ein herber Verlust –
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auch für die, die niemals dort waren. Zurück zu Meaghan: Es passiert nicht oft, dass ich schon während des ersten Lieds in andächtiges Staunen verfalle: Stimme und Cello – fertig ist das Meisterwerk. (www. goo.gl/wzG3We) Entscheidend sind hier nicht nur die Intensität von Text und Musik, sondern vor allem die Plastizität der Darbietung: Lieder, die sich nicht hinter einem Image verstecken, sondern in erster Linie für sich selbst stehen. Ja, genau: Der Ansatz ist ziemlich old school – und das ist auch gut so. »And did you know, and did you know, how much I thought I loved you?!« – selten wird so schön gezwinkert. Kim Gordon ist Kim Gordon, weil sie Kim Gordon ist In der selben Stadt in einem anderen Lokal stehe ich ein paar Tage später fassungslos in der jubelnden Menge und denke mir: Du kannst dich noch so sehr bemühen, wie Kim Gordon zu singen – es wird niemals Musik dabei herauskommen, sondern immer nur eine ganz armselige Farce. Das reicht vielleicht jetzt gerade im Moment dafür, dass ein paar verwirrte Teenager dich »cool« finden, aber willst du wirklich dein Leben damit vergeuden, zu versuchen, jemand anders zu sein?! Kleiner Denkanstoß: Kim Gordon singt nicht wie Kim Gordon weil sie versucht, zu ihrer eigenen Karikatur zu verkommen, sondern weil sie Kim Gordon ... ist. Es amüsiert mich immer wieder, wie vielen Menschen gerade das Offensichtlichste für immer verborgen bleiben wird. Jedenfalls war und ist der Anteil derer, die über die Jahre geglaubt haben, sie wären »genau so gut wie« diese oder jene Band, erschreckend hoch. Wer nichts Eigenständiges zu bieten hat, sollte damit auch nicht an die Öffentlichkeit gehen – es treiben einfach schon genug Plastikflaschen am offenen Meer. Der Anteil an Musikjournalisten, die diesen
Unsinn aus reiner Nostalgie oder persönlichen Verstrickungen mitverantworten, hält sich ebenso hartnäckig. So wie es Bands gibt, die nichts weiter wollen als – egal wozu – auf einer Bühne zu stehen, gibt es auch Schreiberlinge, die nichts anderes bezwecken, als kurz mal eben ein bisschen laut zu sein. Und noch was: Du kannst noch so viele Selfies mit berühmten Menschen machen, du kommst ihnen damit um keinen Zentimeter näher. Jeder weiß, dass du bluffst Zurück zu den Musikern. Intern ist sehr wohl bekannt, welche Band bei welchen Awards welches Voting mit unlauteren Mitteln gewonnen hat. Auch wer den Clicks seiner Videos »auf die Sprünge hilft«, ist für jeden, der die jeweilige Szene kennt, einsichtig. Dass sich solche Aktionen langfristig rächen, versteht sich von selbst. Das scheint aber nicht weiter zu stören, wenn die »Vision« sich darin erschöpft, die »Band der Stunde« sein zu wollen. Tja ... Ähnlich ist es bei Radio-Airplay: Nicht immer wird das gespielt, von dem die Redakteure glauben, dass es gut ist, sondern – genau einer umgekehrten Logik folgend – das, was möglichst nirgends aneckt und nicht weiter »stört«. Hintergrundrauschen. Dabei sollte Musik doch auch inspirieren, oder? So aber wird Belanglosigkeit teilweise zum Programm. Aufmerksamkeit & Müll Aufmerksamkeit ist das Schlüsselwort unserer Zeit. Alles steht in einem ständigen Wettstreit darum, wahrgenommen zu werden. Im urbanen Raum ist dieses Bestreben durch die erhöhte Reizdichte besonders ausgeprägt: »Das Leben in der Stadt ist ein Leben mit vielen anderen und in den Augen vieler anderer. Das Leben in der Stadt lässt die Selbstdarstellung zum selbstverständlichen
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und selbstverständlich zentralen Lebensinhalt werden« (Georg Franck, »Ökonomie der Aufmerksamkeit«, dtv, S. 54) Als dieses Buch 1998 erschien, war Mark Zuckerberg (der ironischerweise mit Meaghan Burke zur Schule gegangen ist) gerade 14. Menschen bündeln Aufmerksamkeit mit allen Mitteln und schaffen mit der warmen Luft erstaunlich große Blasen, die weithin sichtbar sind und den Blick auf all das verstellen, was sich nicht um jeden Preis in den Vordergrund drängen möchte. Wenn aber Aufmerksamkeit zum Selbstzweck wird und nicht mehr die Botschaft dahinter, dann hat Pop sich endgültig selbst aufgefressen. Die immanente Kraft hat Pop nämlich nie nur aus der glatten Oberfläche bezogen, sondern es war zunächst auch immer irgendwas »dahinter«.
Ad Personam: Hubert Weinheimer
Hubert Weinheimer (31) ist Gründer und Texter der Band Das trojanische Pferd und lebt seit 2003 in Wien. Nächstes Jahr wird das dritte Album der Band erscheinen. Wer sich vorab mit neuem Material des gebürtigen Oberösterreichers beschäftigen möchte, dem sei sein Romandebüt »Gui Gui oder Die Machbarkeit der Welt« ans Herz gelegt, das vor wenigen Wochen im Wiener Kleinverlag Redelsteiner Dahimène Edition veröffentlicht wurde. Das schmale Büchlein führt direkt ins Innenleben eines Schauspielers, dessen Leben existenziell aus den Fugen geraten ist. Durch ein unerhörtes Motiv: »Ich habe vermutlich meinen Bruder umgebracht, aber darum geht es nicht.« Wie kam es dazu? Der junge Mann wird von seinem kleinen Bruder in eine Duell-Situation gelotst und quasi genötigt, die Waffe auf ihn zu richten und abzudrücken. Der Jüngere liegt nun im Koma, der Ältere flüchtet auf den einsamen Strand Gui Gui in Gran Canaria. Dort, in der Einsamkeit, arbeitet er sich an den Ereignissen und seinem Leben ab – hatte er wirklich keine andere Möglichkeit? Im inneren Stimmengewitter wird re- und dekonstruiert und im Eifer der Gedankengefechte verschwimmt Reales mit Fiktion. Sehr komplex, sehr dicht ist Weinheimers BruderzwistAbhandlung geraten, die mit staubtrockenem Sarkasmus nicht nur den Protagonisten, sondern immer wieder auch sich selbst zerlegt. Ein Fest für Freunde Manfred Gram der Metaebenen.
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Es geht auch anders ... Glücklicherweise gibt es auch Gegenbeispiele, die den oben genannten Mechanismen und Zugzwängen weitgehend trotzen. Die Wiener Band Glutamat hat – fast unbemerkt – fünf großartige Alben veröffentlicht. Insbesondere »Sturm der Herzen« hätte mit seinem wilden Mix aus Chanson, Electrotrash und Punk das Zeug gehabt, die Geschichte der »Stadt der Musik« in ein völlig neues Licht zu rücken. »Mutterkorn«, »Alle« und »Dose« gehören zu den besten Liedern, die ich kenne. Die 300 von Hand gesiebdruckten Exemplare der Vinylausgabe sind obendrein ein echter Augenschmaus. Wer es gern entspannter und erdiger angeht, ist mit Alex Miksch gut beraten. Seine drei Alben (von 2006, 2009 und 2014) erinnern an Tom Waits, nasskalte Winterschuhe und den Moment, wenn man endlich in die warme Stube tritt. »Wann i geh, dann geh i leise – so dass kana wos kennt. Es sads ma olle fremd – in dem Moment«. Das kann einen auch ziemlich runterziehen, aber so viel Mensch hat selten jemand auf einen Tonträger gepackt wie Alex Miksch. Unterschätzte Meisterwerke Die folgende Alben gehören zu den sträflich vernachlässigten Meisterwerken der letzten Jahre. (Und ja, ich bin mir dessen bewusst, dass diese Auswahl sehr subjektiv ist, aber in diesem Text geht es eben gerade darum, sich in Sachen Popkultur ein eigenes Bild zu machen.) 1. Glutamat – »Sturm der Herzen« (Konkord, 2012) 2. Das weiße Pferd – »Inland Empire« (Echokammer, 2013) 3. Mittelkill – »All But Bored Weak And Old« (Staatsakt, 2012) 4. Charmant Rouge – »Dark Water« (Karate Joe, 2010) 5. Alex Miksch – »Zänd Zamm« (Monkey, 2014) 6. Der elegante Rest – »Warten auf das Ende der Welt« (Palmo, 2008) 7. Parkwächter Harlekin – »Die Unentschlossenheit der Türen« (Problembär / Seayou, 2013) 8. Hotel Prestige – »Take A Souvenir From Your Teenage Confusion« (Pumpkin, 2007)
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147 5/8erl in Ehr’n Yes We Does (Viennese Soulfood)
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… wo Frauen Bärte tragen und Volksrocker Politdebatten auslösen können. Wo im Herbst gern auch mal ein Achterl Sturm statt Spritzer getrunken wird – oder eher 5/8erl in Ehr’n.
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Die hohe Zeit von Austropop ist längst vorüber. Aber natürlich gibt es die Dialekte, die Walzer, die Ziehharmonikas, dazu ein bisschen Grant und Grind. Einige von den Volkspoppern sind richtig erfolgreich. Da gibt es die, die auf dem rechten Auge blind sind, wie der Gabalier, bei anderen reicht der Horizont von Mellau bis Schoppernau, während andere einen Song über Bioethanol und Finanzkrise zumindest als Punk-Polka spielen. Selbst Danzer, Ambros oder STS wussten schon, dass Austro geil sein kann, zwar nur regionalgeil, aber da so richtig. Jetzt kann man die natürlich nicht alle in einen Topf werfen. Die 5/8erl in Ehr’n ganz besonders nicht. Soul, genauer Wiener Soul, dargebracht in, naja, nennen wir es mal Mundart, ist ihr Metier und »Yes We Does« ihr viertes Album. Eine ruhige, sehr herbstliche Scheibe, leise, smart, kritisch und trotzdem irgendwie kitschig, manchmal lustig und manchmal bitterernst. Abgesehen von zwei Ausnahmen geht’s auch darum, innezuhalten, zu fühlen. Und das macht die Achterln so einzigartig, dass sie ihre Unzufriedenheit nicht in einfache Parolen übersetzen, nicht in politische Lehrstücke oder oberlehrerhaftes Geseiere, sondern sie singen in vieldeutigen Bildern auf feinen Akkorden und mit genügend Hinweisen, dass man diese Songs trotzdem auf keinen Fall missverstehen kann. Ein Song wie der »Akademikerball« ist ungefähr das eleganteste Statement, dass man sich angesichts dieser unsäglich dummen Veranstaltung vorstellen kann. Danke dafür. Jetzt haben die 5/8erl es immer geschafft, dem ganz großen Rampenlicht zu entkommen. Ihr wichtigstes Werkzeug dabei ist das Wir-Gefühl, das aber nie ein einfaches Wir ist, sondern ein Wir, das immer auch problematisch werden kann. Die Achterl füllen ihre Verse mit bittersüßer Ironie und verpacken diese so geschickt, dass man zum Schluss nicht mehr weiß, was sie eigentlich sagen wollen – wie könnte man österreichischen Zeitgeist besser beschreiben? Natürlich werden sie zu Recht dafür gefeiert, dass sie weder in die nationale Falle tappen, noch ihre Kritik wie politische Liedermacher formulieren. Wiener Soul kann so schön sein. Für »Yes We Does« kann es also nur eine Wertung sein: Einmal 05/08erl bitte. Stefan Schallert 053
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Kiesza Sound Of A Woman (Universal)
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Radian Verses Howe Gelb (Radian Releases)
Nur nicht hudeln
Breakfast at Radian’s
Kiesza hätte mit einem Riesenhit wie »Hideaway« im Rücken auch locker einen billigen Schnellschuss gestemmt. Warum man die Kuh manchmal nicht vorschnell melken sollte.
Das flirrende Timbre des Americana- und AlternaGroßmeisters Howe Gelb geht mit den knisternden Kabeln von Radian spielen.
Im vergangenen Februar lief ein Rotschopf in hochtaillierten Jeans und roten Sneakern durch die Straßen Brooklyns, klang dabei ein bisschen wie Robin S. und lieferte ganz nebenbei endlich mal wieder richtig geile Choreo ab. Ein paar Wochen später war Kiesza auch schon die No. 1 in Großbritannien, Pop hatte sein langersehntes 90er-Revival und überhaupt fand die ganze Welt »Hideaway« total super und feierten die Kanadierin als das Ding 2014. Aber das Business ist schnelllebig geworden und neue Acts sind wieder verschwunden, noch bevor man »Clean Bandit« sagen kann. Auch bei Kiesza hätte man den Hype mitnehmen können und mal eben ein Album zusammenschustern, das sich dann mit Hit-Rückenwind einigermaßen verkauft hätte. Umso schöner, wenn die Bosse jemandem wie Kiesza zumindest ein bisschen Zeit verschafft haben. Ja, »Sound Of A Woman« wird zwar getragen von dem großen 90erVibe, den Kiesza zum Teil losgetreten hat. Schlussendlich kann man aber so viele Jahrzehnte und Trends zitieren, wie man möchte – die Songs selbst müssen was hergeben. Die Hooks sind abnormal gut, die Refrains bestehen großteils aus »Uh Ah«, »Woah-doo-doo-dah« und »Yeah-eeh-yeah« und alles funktioniert. Kiesza nutzt ihre sensationelle Range für Vokalakrobatik der besten Sorte und klingt dabei so wunderbar unangestrengt, dass man sich fast ein bisschen über ihre Stimme freut. Kieszas Debüt hinterlässt auch Post-»Hideaway« bleibenden Eindruck. Überhits gibt es neben den Singles zwar nicht mehr, aber eine solide Leistung ist es allemal. Im Grunde ist das der Beweis dafür, die berühmte Kuh eben nicht immer sofort melken zu müssen. Insbesondere dann, wenn die Kuh noch ein blutjunges, überaus talentiertes Kalb ist, deren Zitzen noch nicht mal wirklich ausgereift sind. Manchmal lohnt es sich schließlich doch, Künstler nicht sofort auszuschlachten und damit eine potenzielle Karriere zu demontieren – Kiesza arbeitet zur Zeit schon wieder an neuen Tracks mit Diplo und Skrillex und hat für das kommende Rihanna-Album geschrieben. Könnte also schlechter laufen. Und übrigens, man spricht sie wirklich »Kaisah« aus. 07/10 Franz Lichtenegger
»Wir waren vor Jahren während einer Thrill JockeyAnniversary-Tour gemeinsam unterwegs und haben da beschlossen, zusammen was zu machen. Dann kam Howe ein paar Mal nach Wien, um Material aufzunehmen«, sagt Radian-Chef-Tüftler Martin Brandlmayr. »Es ist ein Radian-Album. Ich lebe nur darin«, sagt Howe Gelb. Understatement und Bescheidenheit an allen Ecken und Enden. Dabei ist die Kollaboration schon eine kleine Sensation. Kleinster gemeinsamer Nenner zwischen beiden ist wohl die Lust am Spiel, an einer Verspieltheit, die aber nie ziellos ist. Die Wahl der Mittel ist natürlich unterschiedlich: Gelb liebt es, zu improvisieren. Bei Radian wird Material akribisch prozessiert und arrangiert. Howe Gelbs Beitrag wurde durch die Blackbox Radian gejagt, seine Essenz ist aber in deren Kosmos nicht verlorengegangen. Bei zwei Stücken ist sogar die gesamte Songstruktur erhalten geblieben: »Return To Picacho Peak«, bereits von seinem Album aus dem Vorjahr bekannt und bei »Moon River«. Ja, das »Moon River« – und fürs Protokoll: Howe Gelb ist die bessere Audrey Hepburn. Im Vorfeld konnte man darüber spekulieren, ob sich Radians formale Präzision, die dichten, treibenden Grooves, die manchmal an eine Zuspitzung der Schrottfunk-Phasen von Prince erinnern, oder Howe Gelbs Spiel mit dem Instabilen in seinen Songs durchsetzen wird. Tatsächlich ist es überraschend, wie gut das Ergebnis dieser musikalischen Long-time/long-distance-Relationship beiden zu Gesicht steht und wie falsch diese Idee von Dominanz war. Selbst Synthese ist nicht ganz richtig, Emergenz ist der bessere Terminus, für dieses Ineinandergreifen der Beiträge. Alles, was Radian bisher auszeichnete, hat seinen Platz gefunden: Groove, die Lust an Geräuschen, das Knistern der Kabel, aber zusätzlich noch die Stimme von Howe Gelb und, in Ermangelung eines besseren Begriffs, seine trockene Southernness, die jeden Klavierakkord mit einem Flirren und einer Schicht Sand darüber zu begleiten scheint. Auf neun Tracks geht das Flirren mit dem Knistern spielen, was genau, ist nicht so wichtig, man hört ihnen aber gern dabei zu. 08/10 Werner Sturmberger
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MUSIK
Neigungsgruppe Indie Schöner Lärm, betörende Stille, alles dazwischen und natürlich die obligate Ausnahme. Ausgewählt von Manuel Fronhofer.
Theophilus London Vibes! (Warner)
Wohlfühl-Hengst Theophilus London ist noch immer gut angezogen, noch immer kein Rapper, noch immer Kanye Wests Buddy. Zum ersten Mal hat er jetzt auch die richtige Musik gemacht. »Hello? Omg, I feel so bad!«, sagt da eine verzweifelte Frau am Telefon zu ihrer Freundin, weil sie untreu war – Theophilus London, diese glitzernde Lesbenkonvertierungsmaschine, hat wieder zugeschlagen. »Sie sagte, sie stand nur auf Mädchen, bis sie einen Hengst wie mich getroffen hat«, lautet der Refrain von »Do Girls«. Wahrscheinlich war’s ein iPhone 6, so biegsam wie die sexuelle Orientierung der jungen Dame, auf dem das Gespräch stattfand: Theophilus London ist nämlich gleich mit drei Tracks seines neuen Albums im Spot des neuen Apple-Produkts vertreten. Der freundlich-bunte Swag des modebewussten New Yorkers – das CoverArtwork von »Vibes!« stammt von Karl Lagerfeld – passt bestens zur Konsensfabrik Apple. Für jemanden, der das Gefühl vermittelte, mehr Zeit mit der Auswahl seiner Kleidung als seiner Samples zu verbringen, war TL aber immer schon einen Tick zu ideenreich. Vielleicht hat es Kanye West, Executive Producer von »Vibes!« und Mentor, nun geschafft, diesen rohen Diamanten spät aber doch zu schleifen. Egal warum, London zeigt auf »Vibes!«, dass er es kapiert hat. Die zweite LP ist noch immer bunt und lustig, aber endlich hält eine Linie Einzug. Einerseits gibt es da die langsamen Nummern, die sich wie eine Wärmeflasche aus den 80ern anfühlen und da irgendwo zwischen Blood Orange, Kindness und einem Softporno-Soundtrack liegen, andererseits bedient sich London auch ziemlich witzig an Dancehall und Fröhlichkeit. Weniger Glam, dafür mehr Beat bieten die beiden Produktionen der Wieners Cid Rim (»Do Girls«, »Get Me Right«), die sicher zur noch besseren Hälfte des Albums gehören, Kanye West darf dann auf »Can’t Stop« ran – auch gut. In sich ist jede Nummer stimmig. London ist auf »Vibes!« fokussiert und scheint sich richtig wohlzufühlen, er legt mehr Wert auf klassisches und ausgeglichenes Arrangement und die – eh – Vibes als auf das Rap-Gehabe, das ihm ohnehin nicht steht. Das Album wird man sich mindestens noch anhören können, wenn dann das iPhone 7 rauskommt, ob Frauen aber deswegen ihre sexuelle Orientierung ändern, bleibt fraglich. 07/10 AMIRA BEN SAOUD
Barbarisms Barbarisms (Control Freak Kitten) — Wahrscheinlich liegt es an der brüchigen Lo-Fi-Ästhetik, derer sich diese von Folk, Americana und Indie-Geschrammel durchzogene Musik bedient – das in Stockholm ansässige Trio um den US-Amerikaner Nicholas Faraone triggert jedenfalls gekonnt Gefühle wie Nostalgie und Sehnsucht. Aber nicht nur das: Wer den (teils expliziten) Lyrics seine Aufmerksamkeit schenkt, kriegt eine Portion volles, und wenn nicht echtes, dann zumindest gut erfundenes Leben ab. Sleaford Mods Chubbed Up + (Ipecac) — Galliger Sprechdurchfall, Bassgitarre, monotone Billig-Beats – das ist die Grundausstattung eines Sleaford-ModsSongs. Dabei hat Jason Williamson auch wirklich etwas zu sagen, über die Schieflage der herrschenden Verhältnisse zum Beispiel. Auf dieser erstmals auch physisch erhältlichen Singles-Compilation kriegen jedenfalls einige pricks, cunts und wankers ihr Fett weg. Scheißsystem, die Faust in deinem Magen, sie gehört den Sleaford Mods. Alice Boman EP II & Skisser (Adrian) — Viel ist nicht los auf den beiden EPs, die Alice Boman hier zu ihrem ersten Album zusammengefasst hat. Sparsame Piano- und Orgelharmonien, ihre sanft-eindringliche Stimme und das eine oder andere Extra. Es braucht daher etwas Aufmerksamkeit und Zeit, um in die nebelverhangenen Songs der Schwedin einzutauchen. Zur Belohnung gibt’s dafür betörend schöne, teils noch skizzenhafte Musik, die in ihrer Kargheit verletztlich, aber keineswegs hoffnungslos wirkt. Bad Weed 7" (Bachelor) — Nach einer Handvoll Songs auf ihrer BandcampSeite (getaggt mit: kids, beat, garage, power pop, punk, tiger, Vienna) und einem Beitrag auf der letzten Fettkakao-Compilation jetzt endlich auch eine eigene Bad-Weed-7" (das finale Cover lag zu Redaktionsschluss leider noch nicht vor). Vier wunderbar rohe, ungeniert lärmende und dabei maximal eingängige Stücke, die allesamt unweit der Zwei-Minuten-Marke im Ziel einlaufen, und zwar atemlos. Ein herrlich übermütiger Spaß! Parkay Quarts Content Nausea (What’s Your Rupture) — Was tun, wenn die halbe Band verhindert ist, die Musik aber trotzdem raus will? Einfach den Weg über den bereits erprobten Ableger gehen. Nach der 5-Track-EP »Tally All The Things That You Broke« setzen die Parquet Courts (bzw. hier eben nur Andrew Savage und Austin Brown) also wieder auf ihr Zweitvehikel Parkay Quarts. Musikalisch nicht allzu weit entfernt vom verschlurften Rock und dringlichen Proto-Punk der Stammband, aber doch eine Spur freier unterwegs.
UND AUSSERDEM NATÜRLICH:
Foxygen – …And Star Power (Jagjaguwar) Ein wilder, teils vielleicht zu holpriger Ritt durch die Musikgeschichte. Deptford Goth – Songs (37 Adventures) Post-Dubstep in der Bon-Iver-Version? In etwa, und diesmal mit ordentlich Seele. TV On The Radio – Seeds (Harvest) Nicht mehr ganz so edgy wie früher, aber immer noch ein Vergnügen. 055
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Pop. Was? Für den Fetischcharakter und für die Regression des Hörens. Ausgewählt von Stefan Niederwieser. Haftbefehl Russisch Roulette (Urban) — Wer hat die brutalsten Beats im deutschen Rap? Genau, Babo. Dazu gibt es goldenes Money, auf die Fresse, dickstes Geweih, stilvolles Entertainment und niemals nie Ladehemmung. Ein neues, zweites Jugendwort des Jahres ist nicht drauf. Aber genug Material, damit sich das Feuilleton über die Zukunft Deutschlands Sorgen macht und fragt, warum ihre Kinder nicht lieber Goethe und Günter Grass lesen. Weil Testosteron eine höllische Droge ist. Nicole Jaey Jaeyn (Aviary) — Zum Popfest und auf FM4 gab es seit Sommer einigen Rummel. Aber so ein Album war dann nicht zu erwarten. Nicht dass Songwriting mit der Magie des Laptops an sich so aufregend wäre oder Post-Dubstep-Quecksilber-Stimmen oder Synths im menschenleeren Nebel, aber die Ausführung ist es. Nicole Jaey beforscht mit ein paar Mitstreitern die Schnittstelle von Track und Song. Manchmal sogar hitverdächtig. Jetzt muss nur noch ein gutes Management her. Majid Jordan A Place Like This (Ovo Sound) — R ’n’ B war vorhin gerade noch das Zauberwort. Sesam, wenn du dich öffnest, waren drin zerklüftete Songs aus schwarzem Marmor und rubinroter Liebe, voller Melisma, voller Gefühle in Zeitlupe, voller körperlicher Stimmen, die dem Moment immer wirk lich ganz schmecken wollten, die Qual, die Erlösung. Der Zauber hat an Kraft verloren. Aber manchmal entdeckt Drake selbst ein kanadisches Duo, das den Spagat zwischen Pop und Sublimierung findet. Taylor Swift 1989 (Universal) — Seit zwölf Jahren wurde kein Album so oft gekauft. Seit Britney. Darauf sind die Lieder einer Generation, die sich selbst scannt und vermisst, optimiert und noch ein bisschen träumt vom Haus mit Teich und Streicheleinheiten. Man gibt sich mit einfachen Refrains zufrieden, die so ideologiefrei wie möglich sind. Taylor Swift ist ohne Glamour und Zorn, sie ist der kleinste gemeinsame Nenner einer Gegenwart ohne Antworten. Milo Mills 1313 (Trapdoor) — »Fuck a genre«, das war nicht nur Blabla. Trap ist hier nur noch als Nachhall zu spüren. Stattdessen digitales Kratzen, schwerer Funk, pechschwarze Federn, Haken schlagen. Ist das die Wiederentdeckung von Witch House? Existenzieller Jungle? Tanzbares, denkendes Geräusch? Milo Mills kann auch das, er bleibt damit mehr Teil einer internationalen Beat-Posse mit Epizentrum London als Wiener Szeneproduzent. Glücklicherweise.
Und auSSerdem natürlich:
Bea – Good Thinking (Bea1991) Totenglocken, Trompeten, Trip-Hop und Sade. Ein Debüt als großes Versprechen. RL Grime – Void (WeDidIt) The Sound of the Military-Industrial-Info-Tech-Tainment-Complex. Wanda – Amore (Problembär) Amore, meine Stadt. Schlachtruf mindestens bis 2015.
Clark Clark (Warp / Rough Trade)
Des Kaisers neue Verkleidung Clark legt die Breakbeat-Robe ab und hüllt seinen Sound in edelste 4/4-Gewänder. Souveräner hat die gerade Kickdrum heuer kaum jemand geritten. Chris Clark gehört seit Jahren zu den Besten und war gefühlt trotzdem immer der ewige Zweite. Obwohl der Brite seit jeher im Team von Warp an den Start geht, musste er sich aufmerksamkeitstechnisch immer von seinen Labelkollegen den Rang ablaufen lassen. Im Rennstall von Warp gibt es bekanntlich viele zweite Sieger, die im Schatten übergroßer Kollegen wie Aphex Twin, Autechre oder Flying Lotus stehen. Bei Clark litt man angesichts seines vielseitigen, innovativen und hochmusikalischen Oeuvres schon auch ein bisschen mit. Die Musik des Thirty-Somethings war immer schon geprägt von überbordendem Eklektizismus. Clark ist ein Großmeister des Sound-Pluralismus. Schwarzer Gürtel. Mindestens. Für viele war das nicht Fisch, nicht Fleisch, nicht Frucht. Für andere hingegen Fünf-Gänge-Menu vom Haubenkoch. Konsensmusik geht eben anders. Gut so, dass Warp früh die Qualitäten des Produzenten, Anfang 2000, entdeckte. Clark erfindet sich sowieso mit jedem Album neu. Da greifen Prognosen gerne mal ins Leere. Auch jetzt ist wieder alles anders, alles großartig. Der ehemalige Breakbeat-Champion Clark hat seine Beats begradigt und überrascht mit einem fast schon aufgeräumtem Techno-Entwurf. Die Genre-Haken schlägt er nun abseits der Drum Machines. Wer jetzt bei Techno an gefällige DJ-Tools denkt, liegt weit daneben. Clark entwirft eine eigene Form von noisigem, orchestralem Techno. Effekthascherische Orchester-Samples mit Beats unterlegt, kennt und fürchtet man. Vollblutmusiker Clark kann das natürlich besser und gibt sich nicht mit simplen Clubtracks zufrieden. Er arrangiert deepe und dichte elektronische Musik mit Seele, die trotzdem cremig genug ist, um jeden Floor zu ölen. Manche wird das an die guten Tracks von Acts wie Jon Hopkins erinnern, alte Clark-Fans könnten darüber vielleicht sogar den Kopf schütteln. Fakt ist, diese Platte ist ein großer Wurf. Wir verurteilen Clark zum Star. Schuldig in allen Anklagepunkten. 08/10 Maximilian Zeller
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Und anderes Musikalisches dazwischen und darüber hinaus. Kuratiert (ha!) von Amira Ben Saoud.
Run The Jewels Run The Jewels 2 (Mass Appeal)
Ferguson? Hier doch nicht Spreng dich weg. Fick dein Hirn. Vergiss dich. Dann steh auf, geh raus und mach alles besser. Gut, dass Musik und Rap das noch können. Alle paar Jahre tritt ein Rap-Act auf den Plan, der mit sonischen Megatonnen, Lärm und wuchtigen Lyrics das revolutionäre Potenzial von HipHop wieder freispielt. Sie heißen Clipse, Cannibal Ox, Saul Williams, Death Grips, Tyler oder Killer Mike. Letzterer ist mit El-P gemeinsam Run The Jewels. Sie alle stehen nicht in der vordersten Rap-Reihe, sondern befeuern aus der Deckung heraus den Glauben daran, dass Musik wirklich etwas bewirken kann. Wenn das junge Menschen hören, in Ferguson, in Florida, Offenbach oder Traiskirchen, dann kann das ihre Sicht auf die Welt ändern, sie nehmen ihren Kopf hoch, lassen sich weniger gefallen und halten sich an einzelnen Zeilen fest wie an einem Mantra. Das tun sie gerade dann, wenn sie mit Schikanen und Vorurteilen zu kämpfen haben, die wohlerzogene Müllers, Meiers und Molterers mit ihrem verdienten Wohlstand nicht kennen. Run The Jewels verfolgen intuitiv diese ziemlich traditionelle Idee. Hier gibt es nun nichts zu deuteln, hier wird die Welt mit Worten niedergerungen. Killer Mike und El-P sind Rap-Renegaten aus dem finsteren Herzen der USA. Coolness ist ihr Kleingeld, nicht Gott und auch kein Liebespathos. Wem das zu spröde klingt, könnte vor allem durch die hervorragenden, aber sehr klassischen Beats und Samples abgeschreckt sein. Run The Jewels selbst sind ja auch nicht ganz neu im Geschäft, nach knapp 20 Jahren. Ironisch, angenehm kaputt, voller Augenzwinkern oder mit süßen Like-Ködern ist ihr Album auch nicht gespickt. Es fordert. Jetzt muss man natürlich nichts darauf geben, wie sich andere ihre bitter-bombige Pille wünschen. Es geht immerhin darum, Träume, Wut und Storys ohne Kompromisse zu formulieren. Nische werden Run The Jewels sowieso bleiben. Und wenn El-P und Killer Mike auf dem strudelnden »Angel Duster« reimen, wie Religion und Herrscher dazu da sind, Menschen auf Linie zu bringen, sie aber nur ihren eigenen Regeln folgen, dann will man diesem prometheischen Album gar nicht widerstehen. 08/10 Stefan Niederwieser
JMSN Blue (Whiteroom) — Einige kennen JMSN schon länger, hat er doch schon ein paar Major-Label-Deals und einige Veröffent lichungen hinter sich und wurde selbst vom Küsserkönig Usher gelobt. JMSNs neues Album »Blue« ist fantastisch – vielleicht das, was rauskäme, verbrächte Justin Timberlake weniger Zeit mit Timbaland oder Sohn. Dirrrty (Alt-) Pop mit all seinen Klischees, aber so fein produziert, dass es kaum abgelutscht klingt – und wenn mal doch, umso besser. P. Morris Beloved / EP (Bear Club) — Kanye West sollte ganz dringend P. Morris anru fen. Kelela und Le1f haben schon. Noch ist der junge Produzent ein Geheimtipp, werkt aber an einem aufregenden, gespensti schen Bass-Sound. Seine neue EP bietet nicht nur der unglaublich verführe rischen Nummer »Before You Disappear« ein gruseliges Zuhause, sondern zeigt in Form von sechs Stücken, womit der Frankenstein der tiefen Bässe gerade experimentiert. Vor so viel Potenzial muss man fast Angst haben. Danity Kane DK3 (Stereotypes) — Eine schnelle Handbewegung zu viel und schon hatte ein DK-Bandmitglied dem anderen eine in die von P. Diddy einst persönlich gecastete Birne gehaut – ergo Bandauflösung. Das schon aufgenommene, als Comeback gedachte Album ist nun trotzdem überliefert und macht alle Girl-Band-Pop-Träume wahr. Gefühlt 15-stimmige Refrains, Musik wie gemacht für glitzernde Musikvideos und Gruppen-Choreografie: Zehn von zehn Fäusten für ein Pop-Halleluja. Baauer ß EP (Lucky Me) — »Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht«, sagt der Volksmund. Passt zum Bass-Landwirten Harry Rodrigues, auf dessen neuer EP »Beta« noch immer Hunde bellen und Sirenen heulen. Never change a winning team. Baauer fährt einem mit »Beta« zwar nicht mehr ganz so aufdringlich in Gesicht und Gesäß wie zuvor – »One Touch« kann man sich sogar anhören, ohne reflexartig loszutwerken – aber insgesamt kann die EP ihren Schöpfer nicht abstreiten. Signature Sound nennt man das. Oceaán Grip EP (Chess Club) — Oceaán klingt etwas edler und mystischer als Oliver Cean, wie der Manchester-Produzent eigentlich heißt, passt aber gut zur Musik, die da – wie vieles zur Zeit – Soul, R ’n’ B und Pop auf eine luftige Synth- und Drumsample–Basis packt. Weil England, wird hier immer auch der Club mitgedacht. Haben wir das vor ein paar Jahren noch Post-Dubstep genannt? Egal. Qualität braucht kein Genre. Und die EP »Grip« hat, wie alles, was Oceaán bis jetzt lieferte, viel.
Und auSSerdem natürlich:
Jessie Ware – Tough Love (Universal) Offener Kamin und Gin Fizz, shubidoo. Logic – Under Pressure (VMG / Def Jam) Hilfe, Drake kann rappen und ist leiwand! Ach so, es ist Logic. Mila J – M.I.L.A. EP (Motown) Gebt ihr die Hauptrolle in dem Aaliyah-Biopic.
01/10 grottig 02/10 schlecht 03/10 naja 04/10 ok, passt eh 05/10 guter Durchschnitt 06/10 sehr gut 07/10 super 08/10 ein Top-Album des Jahres, Genre-Klassiker 09/10 absolutes Meisterwerk
Pop, Bass, Hop
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Das Verschwinden der Eleanor Rigby (von Ned Benson; mit James McAvoy, Jessica Chastain, Viola Davis) — Wenn eine Beziehung in die Brüche geht, gibt es nie nur eine, sondern immer zwei Geschichten zu erzählen. Der Colum bia-University-Absolvent Ned Benson versucht in seinem Romantikdrama-Kinodebüt genau das und inszeniert eine klassische Liebesgeschichte ganz unkonventionell. Dabei ist der Titel des Films Programm: Eine junge Frau (Jessica Chastain) ver fällt nach dem traumatischen Verlust ihres kleinen Sohnes in eine schwere Depression und bricht nach einem gescheiterten Selbstmordversuch den Kontakt zu ihrem Ehemann Conor (James McAvoy) ab. Sie zieht zu ihren Eltern: ehemalige Hippies, die heute ein spießiges Leben abseits vom New Yorker Hetzalltag leben. Während sie ohne Gefühlsregung aus ihrem alten Leben aussteigt und sich wieder an der Universität einschreibt, versucht Conor nicht nur um jeden Preis die gescheiterte Ehe, sondern auch die schlecht laufenden Geschäfte seiner Bar zu retten. Benson erzählt in wechselseitigen Perspektiven vom Alltag der Protagonisten, zeigt aber auch Bilder aus deren Zeiten als glückliches, verliebtes Paar: Glühwürmchen fangen, im Res taurant essen ohne zu zahlen, Knutschen auf der Windschutzscheibe. Benson verzichtet bewusst auf eine Struktur oder einen Leitfaden, der durch die gemeinsame Zeit des Paares führt und deutet viele Szenen nur an. Er hat es geschafft, den Scher benhaufen einer Ehe funkeln zu lassen wie Tausend freigelassene Glühwürmchen – und zwar ohne mit Kitsch oder Klischees zu spielen. Selten hat sich Di stanz so intim, Trauer so hoffnungsvoll angefühlt. 08/10 Franziska Tschinderle
Macondo (von Sudabeh Mortezai; mit Ramasan Minkailov, Aslan Elbiev, Rosa Minkailova) — Das Waldstück nahe der Wohnhausanlage des Integrationsfonds Wien meidet Ramasan, denn dort gäbe es Wölfe. Hier, am Rande Wiens, lebt der elfjährige Tschetschene mit seiner Mutter und seinen zwei jüngeren Schwes tern. Er ist der Mann im Haus, nachdem sein Vater als »Kriegsheld« vor der Flucht aus Tschetschenien gestorben ist. In der Warteschleife des Asyls ver sucht er nun in dieser Hin- und Hergerissenheit zwischen Dazugehören und Fremdsein, zwischen Verpflichtungen gegenüber der Familie und Kind sein, seinen Platz zu finden. Irgendwie funktioniert das, bis er Isa kennenlernt – einen früheren Freund seines Vaters. Ramasan ist neugierig auf den Mann, der ihm ein Familienfoto und die Uhr seines Vaters bringt und ihn mit in das Waldstück nimmt, um ihm zu zeigen, dass es keine Wölfe gibt – außer jene in seinem Kopf, in der Angst, auf der Flucht. Als sich jedoch auch zwischen seiner Mutter und Isa mehr als nur ein flüchtiger Blick andeutet und zudem das Bild seines Vaters Risse bekommt, ist Ramasan eben einfach nur ein Kind, das sich zu dummen Ak tionen aufstacheln lässt – und dadurch nicht nur den Aufenthalt der ganzen Familie in Österreich gefährdet, sondern auch die Freundschaft zu Isa. In feinfühlig dokumentarischer Beobachtung wird in »Macondo« eine Geschichte erzählt, ohne weit in Erklärung und Dramaturgie auszuschweifen. So zeigt sich, dass ein Leben zu leben bzw. leben zu können nicht bloß passiert, sondern von Vergan genem, dem Traum von Zukunft und dem Hier und Jetzt geprägt und bestimmt ist. Und in dieser Ge genwart liegt die Reise, selbst wenn dies manchmal nur ein Warten bedeutet. 07/10 Miriam Frühstück
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Nightcrawler (von Dan Gilroy; mit Jake Gyllenhaal, Rene Russo, Bill Paxton)
Skrupellos durch die Nacht Der Psychopath und sein Traumjob: Jake Gyllenhaal als Nachtschwärmer, der mit Sensationsreportagen sein Geld verdient. Intensiv, spannend, facettenreich. Louis Bloom (Jake Gyllenhaal) ist arbeitslos. Nachts streift er durch Los Angeles, um gestohlenes Baumaterial zu verhökern. Tagsüber hockt er in seiner spartanisch eingerichteten Wohnung, gießt die einsame Zimmerpflanze, bügelt Hemden. Bloom sehnt sich nach einem richtigen Job. Seine Erscheinung ist gepflegt, sein Auftreten resolut, seine Rhetorik makellos. Blooms Wortschatz scheint sich aus Selbsthilfeseminaren und Online-Kursen zusammenzusetzen. Seine Sprache verrät mehr über ihn als die ausgezehrte Gestalt und das unheimliche Grinsen. Sie ist so künstlich und distanziert wie Bloom selbst, ist die Sprache eines verspielten Psychopathen, der ein gesellschaftlich akzeptables Leben imitiert. »Nightcrawler« erzählt vom Arbeitsmarkt als Haifischbecken, zeigt das Wohlstandsgefälle und den Klassenkampf im Ballungsraum L.A., spricht profitträchtige Sensationsgeilheit und den ethischen Verfall der Medien an. In der Themengewichtung des Films handelt es sich dabei aber nur um Nebenprodukte der modernen (US-)Gesellschaft. Das Haupterzeugnis ist Bloom selbst. Bloom, der im FreelanceCrime-Journalismus seine Berufung entdeckt. Der die nächtliche Stadt nicht länger nach unbewachten Baustellen, sondern frischen Tatorten durchforstet. Der mit einer wackligen Handkamera das Blut auf der Straße filmt und es an die Programmchefin (Rene Russo) eines Nachrichtensenders verkauft. Die Handlung des Films folgt Blooms Aufstieg vom unerfahrenen SelfmadeReporter zum gefragtesten Sensationsjournalisten von L.A. »Nightcrawler« ist dabei sowohl Drama als auch Thriller, in erster Linie aber stets ein Psychogramm Blooms. Der von Gyllenhaal grandios gespielte Protagonist stellt gewissermaßen ein Update, eine an die Rezession angepasste Version von Bret Easton Ellis‘ »American Psycho« dar. Wie dessen Patrick Bateman ist Bloom ein Nihilist und Menschenfeind, der im gesellschaftlichen Status Quo den idealen Nährboden findet. Wie Bateman gewährt er uns durch seine oft verstörend direkte Art kurze Blicke hinter die Fassade. An diesen Stellen ist »Nightcrawler« zugleich furchterregend und unbehaglich witzig – etwa wenn Bloom versucht, die Programmchefin mit Argumentationsgewalt in sein Bett zu kriegen. 07/10 Leo Dworschak
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Film
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Die Banalität des Blutsaugerlebens Die neueste Arbeit des »Flight Of The Conchords«-Masterminds Jemaine Clement ist eine komödiantische Betrachtung des Vampir-Alltags, ein euphorischer Fanfilm im besten Sinne des Wortes. Auf dem Debütalbum der britischen Rockband Arctic Monkeys befindet sich der Track »Perhaps Vampires Is A Bit Strong But …«. Womöglich wäre der Titel dieses Lieds sogar passender für diesen Film gewesen als »5 Zimmer Küche Sarg« oder selbst die englische Originalbenennung »What We Do In The Shadows«? Es ist jedenfalls kein Zufall, dass diese Rezension mit einer popkulturellen Anspielung beginnt. Schließlich ist die Vampir-Mockumentary der neuseeländischen »Flight Of The Conchords«-Macher voll mit Elementen, die sich an den Klischees des Vampirfilmgenres und der zeitgenössischen Gesellschaft abarbeiten. Dabei gehen den Regisseuren zu keiner Zeit die Ideen aus und sie wissen trotz manchem abgenutzten Gag bis zum Ende eine unterhaltsame Komödie abzuliefern. Die Story von »5 Zimmer Küche Sarg« ist eine freudige Fantasie für all jene, die sich beim Betrachten von Vampiren im Film schon immer Gedanken über deren Alltag gemacht haben. Hier wird einem menschlichen Filmteam gestattet, dem Leben in einer 4er-Vampir-WG zu folgen: Durch das Haus führt uns zunächst Viago (Taika Waititi), ein schüchterner, etwas tollpatschiger Zeitgenosse. Mit ihm wecken wir den Rockstar-Vampir Deacon (Jonathan Brugh), den existentialistisch leidenden Aufreißer aus dem Mittelalter Vladislav (Jemaine Clement) und das Nosferatu-Double Petyr (Ben Fransham). Schnell stellt sich heraus: Es ist ganz schön absurd und furchtbar, ein Blutsauger zu sein. So müssen die Vampire selbstverständlich menschliches Blut trinken, was oft eine solche Sauerei verursacht, dass es Diskussionen über die Sauberkeit gibt. Auch das Anziehen für das abendliche Discoleben ist komplex, da sich die Vampire nicht in Spiegeln sehen können. In diese Kerbe schlagen dann auch die Gags. Die Freundschaft zu einem Menschen und die Rivalität mit Werwölfen werden den Alltag der Figuren erschweren und schließlich alle Beteiligten in Gefahr bringen. Manchmal fehlt ein wenig Biss, um das Kultpotenzial vollends abzurufen und viele Witze fliegen auf niedrigem Niveau. Allerdings gelingt es »5 Zimmer Küche Sarg« durchgehend, sich in einer Zeit von Facebook, »Twilight« und Reality-TV zu verorten und diese Phänomene mit einem Augenzwinkern zu brechen. 07/10 Patrick Holzapfel
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5 Zimmer Küche Sarg (von und mit Jemaine Clement und Taika Waititi)
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Buch
Eva Schörkhuber Quecksilbertage Editon Atelier
Seitenweise Geschichten
Literatur, leicht und schwer, gelungen, oder auch nicht. Gelesen von Juliane Fischer.
Bim gleich da! Eva Schörkhubers Roman »Quecksilbertage« seziert das Präkariat. Ein Leben in der Straßenbahn zwischen Kanzleijob und Geschichtsdiskurs. Quecksilber ist zähflüssig und giftig – so sind auch die Tage von Valerie. Die junge Frau ist mitten in ihren 30ern und beruflich sehen ihre Perspektiven im Moment nicht so rosig aus. Generation Praktikum. Einen mehr oder weniger unbezahlten Job in einer Kanzlei lehnt die studierte Juristin und Japanologin mit einem kleinen Knalleffekt ab. Knechten muss sie sich dennoch lassen – in ihrem Fall ist es das windige Institut für die nachhaltige Kommunikation mit der Zivilgesellschaft. Ein schöner Seitenhieb auf die ganzen NLP-PR-Agenturen. 20 Stunden, drei Tage die Woche verdingt sich Valerie dort als Sekretärin, die eigentlich eine wissenschaftliche Mitarbeiterin ist. Das macht nicht glücklich, insbesondere, wenn man nebst Ausbildung auch Hirn und Würde hat. Zwangsläufig komm man da ins Grübeln und findet es nicht so super, wenn einen dann karrieregeile, stromlinienförmige Wappler links und rechts überholen, während man selbst nur in der Bim von und zur Arbeit sitzt, aus dem Fenster schaut und sich das »Stationentheater«, das bunte Menschenpanoptikum gibt. Vom Sandler bis zur frisch rasierten Pfeife sind alle da – und Valerie macht sich so ihre Gedanken dazu. Das teilt uns – und man darf der Autorin Eva Schörkhuber danken – eine autkoriale Erzählstimme mit. Das schafft Distanz und bewahrt vor einem Abgleiten in eine selbstmitleidige Ich-Jeremiade. Die Passagen aus der Lebenswelt der Protagonistin, die in ihrer Not einen sanften Hang zur Subversion entwickelt, sind stark, dann und wann auch mit eleganten Zynismen gewürzt. Allerdings ist das nicht abendfüllend. Trotz vieler, sehr treffender Beobachtungen. Trotz einer Sprache, die durch ständiges Aufgreifen und Wiederholen von Schlüsselwörtern einen Sog und Sound generiert. Trotz formeller Spielereien. Trotz intertextueller Verweise auf Sylvia Plath, Ingeborg Bachmann, Thomas Bernhard und höchstwahrscheinlich noch ganz vielen anderen mehr. Was macht die Autorin also dagegen – wo kommt der Stoff für 200 Seiten her? Sie lässt ihre Heldin Valerie (vorwiegend) durch Wien fahren und spazieren. Dabei durchschreitet sie nicht nur ihre eigene triste Biografie, sondern stolpert zwangsläufig auch über die der Stadt. Eine Zeitgeschichtestunde steht nun also am Programm. Erste Republik, Austrofaschismus, Nazizeit, sogar – einem Brieffreundinnenwechsel sei Dank – ein kleiner Ausflug in die ehemalige DDR ist drinnen. Es ist zwar nicht ganz abwegig, aber auf so eine Idee muss man auch erst einmal kommen, wenn man das Präkariat seziert. Das kann man jetzt mögen – wie man zum Beispiel Bayern Alpha, Phoenix oder Universum History mag. Oder auch nicht. 06/10 Manfred Gram
Wolf Haas Brennerova (Hoffmann & Campe) — Brenner ist Kult – aber kennst du einen, kennst du alle. Wer Wolf Haas mag, wird »Brennerova« lesen, wer ihn nie mochte, lässt es bleiben. Konstante bildet natürlich der Brenner-Sprech voller Ellipsen, Austriazismen und umgangssprachlichen Wendungen. Diesmal im Plot: Geiselneh mer, Terroristen, Stockholm-Syndrom und Straßenstrich. Ziem lich umständlich konstruierte Erzählung eines Gschichtl- und Wuchtldruckers. NoViolet Bulawayo Wir brauchen neue Namen (Suhrkamp) — Zwischen Schwarz und Weiß ist viel Platz für Bunt und für ein unkonventionelles Bild auf einen mit Vorurteilen und Mythen belasteten Flecken Erde. Hungrig, hohl, doch hoffnungs voll ist die Geschichte von Darling, die in Paradise, einer Blech hüttensiedlung in Zimbabwe, lebt. Für alle anderen ist Paradise ein Scherbenhaufen zerbrochener Träume, für die Protagonistin der einzige Ort, der ihr ans Herz gewachsen ist. Ein pulsierender Roman. Constantin Göttfert Steiners Geschichte (C. H. Beck) — Constantin Göttfert schlägt sich nicht auf die Seite von Heimat und Antiheimat, sondern wirft die Frage neu auf. Er bespielt die kahle Eintönigkeit des Dorflebens, die Stille, die seit der Kindheit des Ich-Erzählers über der March hängt, angenehm anders. Eine 500-seitige Geocaching-Tour durch die familiäre Vergangenheit einer karpatendeutschen Familie zwischen Hass, Groteske und Verzweiflung. Florian Wacker Albuquerque (Mairisch) — 14 Kurzgeschichten von Leuten, die angenehm anders sind als das übliche Geschichtenpersonal. Sie sind Bus fahrer, Ex-Fußballer, Patienten und Bauarbeiter. Allerdings ein bisschen blutleer geschildert. Wackers Alltagsskizzen sind von Veränderung und Entscheidung geprägt. Vor banaler Kulisse spielen sich Indie-Filmszenen ab. Es sind Momentaufnahmen, die nicht überdauern, aber während des Lesens doch etwas bewegen. Yishai Sarid Alles andere als ein Kinderspiel (Kein & Aber) — Geheimdienstoffizier, Jurastudium, HarvardAbschluss, Staatsanwalt, Rechtsanwalt. Das man sich mit einer solchen Laufbahn derart gut in die literarische Figur einer Kindergärtnerin hineindenken kann, ist das Erstaunlichste an diesem Buch. Ansonsten macht es sich Yishai Sarid zu einfach. Die Entwicklung der Geschichte ist freudlos und zwischen Gut und Böse kennt er keine Feinjustierungen.
Und auSSerdem natürlich:
Simone Lappert – Wurfschatten Schräge Neurosenprosa, zum Romandebüt ausgebaut. Robert Menasse – Heimat als Utopie Meinungsstarke Reden zur Idee(nfindung) Europa. Thomas Meyer – Rechnung über meine Dukaten Das Historienromandings voll durchgezogen, eine Zeitreise zum Preußenkönig. 061
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© 2014 Ubisoft Entertainment. All Rights Reserved. Far Cry, Ubisoft and the Ubisoft logo are trademarks of Ubisoft Entertainment in the US and/or other countries. Based on Crytek’s original Far Cry directed by Cevat Yerli. Powered by Crytek’s technology “CryEngine. 2, “Playstation”, “PS3”, Ã, and À are trademarks or registered trademarks of Sony Computer Entertainment Inc. Ø is a trademark of the same company. Software platform logo (TM and ©) EMA 2006.
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Co m i c s
Farel Dalrymple The Wrenchies (First Second)
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Gezeichnet
Ob Comic oder Graphic Novel, Nuri Nurbachsch checkt den Strich.
Jugendkarma In einer anderen Welt bannt Dalrymple das Schreckgespenst namens Ende der Jugend. Ein Märchen über das Erwachsenwerden. Farel Dalrymple schmiert immer so ungefähr ein Siebtel Nanometer an strahlender Übergenialität vorbei. Irgendeine banale Kleinigkeit hindert ihn daran, das gesamte Multiversum in Frieden zu vereinen. Dann wiederum sieht das nach Absicht aus, als ob Dalrymple einfach weiß, dass wir noch nicht bereit sind. Stattdessen schenkt er uns ein Graphic Novel, um das besagte bisschen am Status »essentielles Meisterwerk« vorbeistreifend. In einer sehr fernen Zukunft oder in einer anderen Realität (oder auch nicht, es ist nicht wichtig) ist alles Scheiße. Die Erde ist karges Ödland. Shadowsmen jagen Kinder, um ihnen die Hoffnung zu rauben. Kaum jemand schafft es weit über die Pubertät hinaus. Die Kinder schließen sich zu Banden zusammen, um sich zu wehren. Das ist ihr Leben. Für manche ist das in Ordnung. Nicht für die Wrenchies. Die Wrenchies gehören zu den gefährlichsten Gangs. Die anderen Kinder haben Respekt vor ihnen, die Shadowsmen fürchten sie. Sie wollen die Shadowsmen für immer los werden. Mit Hilfe des Scientist, einer mysteriösen, im Untergrund lebenden Gestalt, wollen sie den Plan, die Macht der Shadowsmen endgültig zu zerschlagen, in die Tat umsetzen. Wichtigster Teil des Plans: Hollis. Ein kleiner, untersetzter Junge aus einer anderen Zeit / Realität. Von seiner religiösen Mutter kontrolliert, von den anderen Kindern verspottet, verkriecht er sich in seine Fantasiewelt. Eine Welt, die zur Realität wird, als der Scientist ihn zu sich holt. Das Abenteuer beginnt und Hollis lernt, dass es nicht immer gut ist, wenn Wünsche in Erfüllung gehen. Die Geschichte von »The Wrenchies« ist nicht so besonders wichtig. Sie ist ein wenig »Mad Max«, in einer post-apokalyptischen Welt, wo Überleben an erster Stelle steht. Etwas »Peter Pan«, mit Kindern, die nicht erwachsen werden wollen oder können. Mit einer Spur »Labyrinth« und »Willow«, mit einem Helden, der sich unverhofft in einer finsteren, magischen Welt zurechtfinden muss. Viel wichtiger ist, wie Dalrymple uns an diesem Abenteuer teilhaben lässt. Jedes Panel wirkt wie eine Skizze aus dieser anderen Welt, von einem übertalentierten Zeichner festgehalten. Als ob Dalrymple dabei war. »The Wrenchies« ist ein illustriertes Reisejournal einer anderen Welt. Nicht nur das – er schreibt auch alles mit. Jede Unterhaltung, jedes im Vertrauen geflüsterte Wort. Wir sind in diesem überlebensgroßen Märchen und wissen, wovor die Wrenchies sich in ihren stillen einsamen Momenten fürchten, was sie sich wünschen. Dalrymple verliert manche von ihnen aus den Augen und wir fragen uns unwillkürlich, was mit ihnen geschehen ist und trauern um die Toten. »The Wrenchies« macht aus dem Erwachsenwerden eine mystische Erfahrung, in der das »Göttliche« nur durch die Hoffnungen der heranreifenden Person als Fantasie manifestiert wird. Das klingt jetzt esoterischer, als es ist. 10/10 Nuri Nurbachsch
JD Morvan & Huang-Jia Wei Zaya (Magnetic Press) — Manche Comics schreien danach, verfilmt zu werden. Ein Science-Fiction-Spionage-Thriller, mit smarten und sexy Figuren, inklusive alternativer Realität und Familien drama. Es fehlt nichts. Aber kein Film könnte den dynamischen Momenten in »Zaya« gerecht werden, die Wei einzigartig in Szene setzt. Wei ist es, der Morvans Ideen zu einem überdurchschnittlichen Augenschmaus macht und sie davor rettet, im Sci-Fi-Allerlei unterzugehen. Lauri & Jaakko Ahonen Jaybird (Dark Horse Books) — Ist es nicht immer am erschreckendsten, wenn sich Furchterregendes hinter Niedlichkeit verbirgt? Der kleine Vogelprotagonist in »Jaybird« ist äußerst niedlich. Die bedrückende Atmosphäre des Hauses, in dem er alleine mit seiner pflegebedürftigen Mutter lebt, ist hingegen ein übles Omen. Langsam kriecht die Dunkelheit in unseren gefiederten Freund und bald schon schlägt Angst in etwas viel Schlimmeres um. Gilbert Hernandez Bumperhead (Drawn & Quaterly) — Es ist eine Gabe, diese Fähigkeit die tiefsten menschlichsten Momente in ihrer vollen Emotionalität in Bild und Wort auf Papier zu bannen. Gilbert Hernandez ist ein Alchemist. Es braucht keinerlei Erklärung, um seine Charaktere zu verstehen. Mit wenigen Worten, nur durch ein paar Szenen aus ihrem Leben, werden sie realer als unsere eigenen Nachbarn es vielleicht sind. »Bumperhead« ist Bobby Numblys Leben und auf diesen Seiten ist es schmerzhaft echt. Corinne Mucha Get Over It (Secret Acres) — Galgenhumor sollte man immer beweisen. Oder besser gesagt: Humor im Angesicht potenzieller ewiger Einsam keit, dem sogenannten Vereinsamungshumor. »Get Over It« ist aber sehr optimistisch. Eigentlich erzählt Mucha uns darin nämlich nur, wie sie eine schlimme Trennung überwunden hat, in welche Fallen sie dabei getappt ist und was sie daraus gelernt hat. Wenn Psychoanalyse immer so charmant und witzig wäre, ha!, dann will ich auch mal auf die Couch. Michael Cho Shoplifter (Pantheon) — Häufig gestellte Fragen haben meistens keine unmittelbar zufriedenstellenden Antworten. Zum Beispiel: Was fange ich mit meinem Leben an? Oder: Wie werde ich glücklich und zufrieden? Michael Cho manövriert das Minenfeld eindi mensionaler Erwiderung vorsichtig via Corinna Park, Hauptfigur in »Shoplifter«. Sehr geschickt gelangt er in seinem Graphic-Novel-Debüt zu tieferen Einsichten. Ästhetisch ist das Ganze auch noch.
Und auSSerdem natürlich:
Paul Kirchner – The Bus (Tanibis Editions) Episches neues (altes) Genre: surrealer Absurdisten-Bus-Humor. Simon Hanselmann – Megahex (Fantagraphics) Erschreckendes Slackertum, erschreckend lebensecht. Mit Hexen, Katzen und Eulen. 063
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Verstohlen innovativ »Mittelerde: Mordors Schatten« macht vieles gleich wie die Konkurrenz, hebt sich aber durch eine frische Idee und deren konsequente Umsetzung von der Masse ab. Abkupfern, Nachahmen, aber auch der ganz gewöhnliche Ideenklau sind allgegenwärtige Praktiken unter Game-Studios. Häufig muss man relevante Unterschiede zwischen konkurrierenden Genrevertretern aufmerksam suchen. Dass dieser Prozess gerade bei »Mittelerde: Mordors Schatten« wieder zum Thema wird, liegt wohl daran, dass Action-Adventures sich ihre Individualität noch etwas erfolgreicher erhalten haben als etwa Ego-Shooter. Wenn sich Waldläufer Talion also mit weit ausgebreiteten Armen von einem Turm stürzt, den er gerade aktiviert hat, um Details auf der Karte freizuschalten, dann riecht das doch massiv nach »Assassin's Creed«. Und die wuchtigen Nahkämpfe, in denen ein Beinfeger auf den Konter folgt, bevor der Feind am Boden finalisiert wird? Das ist Batman aus den »Arkham«-Spielen. Oder eben Talion, der als untoter Rächer nach Mordor zurückgekehrt ist, um Saurons erstarkende Heere aufzumischen und Rache zu suchen, für den Tod seiner Familie und seiner selbst. Beheimatet ist diese Geschichte wenig überraschend in Tolkiens Mittelerde, in der Zeit zwischen den Geschehnissen aus »Der Hobbit« und »Der Herr der Ringe«. Und auch wenn J. R. R. diese Geschichte nie erzählt hat, fügt sie sich stimmig in das Fantasy-Universum ein. Trotz dynamischer Kämpfe gegen Heerscharen von Uruks und solider, wenn auch etwas ungenau steuerbarer Schleich-und-Kletter-Passagen ist der Clou des Spiels sein innovativer Kern: das Nemesis-System. Dieses nämlich erstellt ein zufällig generiertes, hierarchisches Gefüge unter den Uruks, mit Anführern in verschiedenen Rängen und individuellen Stärken, Schwächen und Begehrlichkeiten. Stirbt ein Hauptmann, übernimmt ein anderer seinen Platz. Stirbt Talion, wird sein Bezwinger befördert. Und wer einen Häuptling attackiert, der sollte zuvor dessen Leibwächter beseitigen – oder später im Spiel von ihrem Geist Besitz ergreifen, um sie als willenlose Marionetten in einflussreiche Posten zu hieven. Dank Nemesis erzählt die offene Spielwelt von »Mordors Schatten« bei jedem Durchlauf eine eigene Geschichte. Und dank gut balanciertem Gameplay macht das für eine erstaunliche Anzahl an Stunden Freude – ganz egal, ob geklaut oder geborgt. 08/10 Harald Koberg
Middle-Earth: Shadow Of Mordor (Warner); Xbox One getestet, PS4, PC; www.shadowofmordor.com 065
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TEXT Franz Lichtenegger BILD Archiv Dominik Steiger, Musée Toulouse, Lautrec, Albi, Maruša Sagadin, Urs Odermatt, Thomas Hörl, Hanna Schimek, Leonardo Finotti
Mit Dominik Steiger nahm man Anfang des Jahres Abschied von einem der außergewöhnlichsten Grenzgänger der Szene. Der Wiener war nicht nur preisgekrönter Literat, sondern auch experimenteller Eigenweltkünstler. Ob Zeichnung, Plastik, Musik oder Video – Steiger wusste, wie man Sparten sinngemäß verwischt. Die Kunsthalle Krems trauert um einen der ganz Großen in Form einer Retrospektive. Eröffnung: 14. November, 18.00 Uhr; Dauer: 15. November bis 8. Februar Krems, Kunsthalle
Dominik Steiger
TERMINE KULTUR
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TERMINE
KULTUR
Henri de Toulouse-Lautrec Henri war adelig und verkrüppelt. Bei den Dirnen und Strizzis des Pariser Nachtlebens fühlte er sich akzeptiert und zuhause. Unentwegt zeichnete er die deformierten, kaputten Gestalten. Zum 150. Geburtstag zeigt das Kunstforum eine üppige Schau des Chronisten der vormodernen Clubkultur. »Der Weg in die Moderne« heißt die Ausstellung auch wegen seiner enormen Bedeutung für Grafik und Illustration. Dauer: 16. Oktober bis 25. Jänner Wien, Kunstforum
Extra Extra Elle
TEXT Franz Lichtenegger BILD Archiv Dominik Steiger, Musée Toulouse, Lautrec, Albi, Maruša Sagadin, Urs Odermatt, Thomas Hörl, Hanna Schimek, Leonardo Finotti
Maruša Sagadin scheint eine Lustige zu sein. Sie behauptet nämlich, der »öffentlichte Raum ist ein Hund«. Wie genau sie das meint, wissen wir leider auch nicht, man darf es jedoch gerne bei einem Besuch ihrer Ausstellung »Extra Extra Elle« herausfinden. Die gebürtige Slowenin hat mit Sicherheit eine Erklärung parat, sie wird ja nicht umsonst in Graz, Neapel und Wien studiert haben. Eröffnung: 6. November, 19.00 Uhr; Dauer: 7. November bis 27. Dezember Innsbruck, Neue Galerie
Damage Control Wir Menschen stehen ja grundsätzlich auf Zerstörung. »Damage Control« soll dieses Thema erstmals historisch untersuchen. Internationale Künstler haben sich zusammengetan, um Weltkriege, Atombomben und andere Desaster zu behandeln. Bum Bum. Zeitgleich dazu zeigt das Bruseum der Neuen Galerie Graz einen europäisch-österreichischen Ausstellungsschwerpunkt mit einem Kapitel über die Wiener Aktionisten. Eröffnung: 13. November, 19.00 Uhr; Dauer: 14. November bis 15. Februar Graz, Kunsthaus
Thomas Hörl Tokio, New Delhi, Reykjavík – Thomas Hörl hat nicht nur bereits unzählige Auszeichnungen gewonnen, er ist auch schon ziemlich viel rumgekommen. Jetzt verschlägt es den gebürtigen Halleiner und Wahlwiener für eine Ausstellung zurück in die Salzburger Heimat. Parallel zur Jahresausstellung des hiesigen Kunstvereins werden die Arbeiten des diesjährigen Förderpreisträgers präsentiert. Eröffnung: 12. Dezember, 19.00 Uhr; Dauer: 13. Dezember bis 1. Februar Salzburg, Kunstverein Kabinett
Vienna Windows Der Monat der Fotografie steht ins Haus und damit ein wunderbarer Grund, um dem Gemeinschaftsprojekt »Vienna Windows« von Martin Frey und Hanna Schimek besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Dachte sich auch die Wienbibliothek und widmet dem Duo eine Ausstellung mit dem Untertitel »Auslage in Arbeit«. Ob blanke Glasscheiben oder trübe Schaufenster, das hier ist artsy window shopping. Eröffnung: 27. Oktober, 20.00 Uhr; Dauer: 28. Oktober bis 30. Dezember Wienbibliothek im Rathaus, Foyer
A bis Z. Die Welt von Isay Weinfeld Als einer der gefragtesten Architekten der Gegenwart ist Isay Weinfeld bekannt. Dass er jedoch auch Filmemacher, Objektdesigner und Bühnenbildner ist, wissen die wenigsten. Im Architekturzentrum Wien huldigt man dem Brasilianer nun mit einem Querschnitt durch das große Spektrum seiner Arbeit. Vom Türgriff zum Bürogebäude, von Instagram zu McDonald’s, von A bis Z. Eröffnung: 17. Dezember, 19.00 Uhr; Dauer: 18. Dezember bis 23. Februar Wien, Architekturzentrum 067
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#22: Netzsprache: Alltagskommunikation in Null und Eins Jedes Kommunikationsmittel hat Einfluss auf die Sprache, die für die Kommunikation verwendet wird. Während Kulturpessimisten in den vielen Anglizismen, Jargonbegriffen, Akronymen und der reduzierten Grammatik der Netzsprache den Untergang des Abendlandes heraufdämmern sehen, erkennen andere darin eine ganz normale Entwicklung, die in ähnlicher Form auch bei anderen Medien – vom Brief über das Telegramm bis zum Telefon – zu beobachten war. Wir wollen der Frage nachgehen, wie neue technologische Entwicklungen unsere Alltagssprache beeinflussen und welche Möglichkeiten das Netz für kreative Beschäftigung mit Sprache und die Pflege von Dialekten bzw. Soziolekten bietet.
Di., 25.11.2014 – Empfang 18:30 Uhr – Start 19:00 Uhr The Hub Vienna, vienna.the-hub.net Wien 7., Lindengasse 56 / Top 18 –19 Die Veranstaltungsreihe twenty.twenty widmet sich als offene Diskussionsplattform Zukunftsszenarien einer Welt 2020. Denn: Zukunft kann nicht gepredigt oder verordnet werden. Sie gehört diskutiert und gestaltet.
www.twentytwenty.at | www.facebook.com / exploring2020 | www.twitter.com / exploring2020
Die Presse Logo – Tageszeitung CMYK 100/50/0/5
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Kunsthalle Wien
T ermine
Matthias Fritsch, »Technoviking Memorial«, Videostill, 2014
Charlotte Schnabl
Dimensions Variable #
Schattierungen (nach einer wahren Begebenheit)
»Techno Viking meets Lucky Bambi«, auf diesen Slogan ließe sich die zweite Ausgabe (nach 2012) des von Alexander Felch und Christoph Höschele kuratierten Ausstellungsformats Dimensions Variable # reduzieren. Die Ausstellung zeigt Arbeiten aus den Bereichen Fotografie, Malerei, Zeichnung, Video- und Medienkunst, Performance, Skulptur und Installation, neben einem umfangreichen Performance- und Liveprogramm – ganz im Sinne des variablen Konzepts. Ein Schwerpunkt ist das künstlerische Verarbeiten viraler Videos, der die Frage aufwirft, ob die Intention, eine künstlerische Arbeit zu schaffen, in der aktuell gültigen Interpretation der Contemporaneity überhaupt noch notwendig ist. 18. bis 23. November Wien, Mo.ë
Die junge österreichische Künstlerin Charlotte Schnabl arbeitet mit ungewöhnlichen Materialien, wie zum Beispiel Marillenkerne oder Schnee. Sie verwendet gerne Objekte, die im Alltag selten genauer betrachtet werden und setzt sie dann in einen ganz neuen Kontext. Zu ihrem Werk zählen auch Bleistiftarbeiten, die sie folgendermaßen beschreibt: »Es ist eine Hommage an die Imperfektheit, weil nicht jeder Bleistiftstrich gleich ist.« Buntheit meidet sie: »Vor Farben habe ich großen Respekt.« In ihren Schattierungen entsteht so eine poetische, fragile Welt, die uns mit dem Unsichtbaren im Sichtbaren konfrontiert. bis 30. November Klagenfurt, Living Studio / Stadtgalerie
Vorarlberg
Tirol
Zeichnungen – Peter Hauenschild Galerie Z., Hard bis 15. November
TEXT Carola Fuchs BILD Matthias Fritsch, Charlotte Schnabl, Stadtgalerie Klagenfurt
G a lerien
Burgenland
Zirkulationen – Samuel Schaab Sammlung Friedrichhof, Zurndorf bis 12. April
Oberösterreich
Elfie Semotan, Erwin Wurm Galerie 422 Margund Lössl, Gmunden bis 22. November Picturesque – Florian Nitsch Kunstverein Paradigma, Linz bis 14. November
Salzburg
Shopping For Identity Periscope, Salzburg bis 1. November Friedrich Danielis Galerie Welz, Salzburg bis 15. November
Steiermark
Die Kunst des Herrn Nestler – Norbert Nestler Neue Galerie, Graz bis 22. Februar
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Scramble – John M. Armleder Galerie Elisabeth & Klaus Thomann, Innsbruck bis 10. Jänner
Kärnten
Wirklichkeit & Konstruktion – Zeitgenössische Fotografie aus Kärnten Stadtgalerie, Klagenfurt bis 25. Jänner
Wien
New York – Wien. Malerin zwischen den Welten – Edith Kramer Galerie Kovacek & Zetter bis 7. November Yellow Heaven – Dorota Sadovska Suppan Contemporary bis 21. November La caduta di Eva – Elisa Anfuso Galerie Augustin bis 8. November Formen in den Formen – Ingrid Smolle Galerie V&V bis 22. November Ein Kreis um das Zentrum – Florian Leibetseder The Art Gallery bis 25. November Fremde Tragödien – Judith Rohrmoser Viertelneun Galerie bis 14. November
Museumsquartier GARETH LONG KIDNAPPERS FOIL 14/11 2014 18/1 2015 #FOIL 15 minutes of fame – die Ausstellung Kidnappers Foil des kanadischen Künstlers Gareth Long zeigt erstmals eine Zusammenstellung der historischen Filme von Melton Barker, der sich bereits in den 1930er Jahren das Bedürfnis der Menschen nach Ruhm und Aufmerksamkeit zu Nutzen machte. Fast vierzig Jahre lang entwickelte er mit den Bewohner/ innen zahlreicher Kleinstädte den gleichen melodramatischen Film: The Kidnappers Foil. Für die Kunsthalle Wien projiziert Long 14 Versionen von The Kidnappers Foil auf separate Leinwände, wodurch Bild und Ton ineinander fließen und eine mehrteilige Installation entsteht, welche die Spannung zwischen Differenz und Wiederholung, Originalität und Serialität betont. Alle Infos zu Ausstellung und Programm unter: www.kunsthallewien.at Kunsthalle Wien Museumsplatz 1, 1070 Wien, Austria kunsthallewien.at blog.kunsthallewien.at facebook.com/KunsthalleWien twitter.com/KunsthalleWien instagram.com/KunsthalleWien
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TERMINE
FESTIVALS
4 Fragen an Martin Böhm und Robert Punkenhofer (Vienna Art Week) Zehn Jahre Vienna Art Week. Was war für euch die schönste Erfahrung aus der letzten Dekade? Das stetige Anwachsen und Florieren der Vienna Art Week. In nur einem Jahrzehnt hat sie sich von einem Kunstexperten-Netzwerk zu einem international anerkannten Kunstfestival entwickelt. Ist Wien ein Hotspot der Kunstwelt? Wien hat sich in den letzten Jahren zu einem Hotspot für Gegenwartskunst und zu einem Standort großartiger Kunst- und Ausstellungs projekte entwickelt. Seit 2004 bemüht sich der Art Cluster Vienna, die Aktivitäten seiner Mit glieder zu bündeln, um den Kunststandort Wien – auch international – in seiner Vielfalt und Qualität in Erscheinung treten zu lassen. Ist das Motto auch Synonym für die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Kunstinstitutionen und Künstlern dieser Stadt? Auf jeden Fall! Das Motto »Running Minds« ist auch eine Hommage an all die Wiener Museen, Ausstellungshäuser, Kunstuniversitäten, Galerien, freien Kunstinitiativen und Künstler, die einmal im Jahr gezielt zusammenarbeiten und gemeinsam ein Festivalprogramm kreieren, das einen geballten Ein- und Überblick über das aktuelle Wiener Kunstgeschehen bietet. Mit dem »Open Studio Day« macht ihr spezielles Programm für junge Leute. Was ist geplant? Am 22. November öffnen rund 70 Ateliers für interessierte Besucher, die einen Blick hinter die Kulissen künstlerischer Produktion werfen möchten, mit in Wien arbeitenden Künstlerinnen und Künstlern ins Gespräch kommen oder Atelieratmosphäre hautnah erleben wollen. Abgerundet wird der Open Studio Day durch Veranstaltungen in vielen Studios. Vienna Art Week 17. bis 23. November Wien, diverse Locations www.viennaartweek.at
Die fotografische Kurzfassung von »Ice Age 1–3«: Mammut Manni wirkt verwirrt.
Eyes On Noch nie wurden so viele Fotos gemacht wie heute. Die Bildproduktion wandelt sich rasend schnell, Fotografie bedeutet durch all die Linsen und Lichtsensoren etwas ganz anderes als noch vor zehn Jahren. Ganze 175 Ausstellungen von mehr als 650 nationalen und internationalen Knipsern werden deshalb im europäischen Monat der Fotografie allein in Wien gezeigt. In seiner ganzen Bandbreite von historischen Aufnahmen bis zu Selfies. Ein Schwerpunkt wird auf das Gedenkjahr 1914 gelegt, gleich mehrere Ausstellungen setzen sich mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs auseinander. Der geografische Hotspot des heurigen Eyes On liegt auf dem Gelände der ehemaligen Ankerbrotfabrik in Favoriten. 28. Oktober bis 30. November Wien, diverse Locations
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TERMINE
FESTIVALS Gar so fesch sind die Hallen der Ottakringer Brauerei normalerweise nicht. Das ändert sich jedes Jahr, wenn der Feschmarkt wieder ausbricht.
200 ... Normalerweise zählt Saalbach-Hinterglemm 2.858 Einwohner. Wenn die 5.000 bis 6.000 Besucher des Rave On Snow Mitte Dezember reinschneien, um Claptone, Sven Väth oder Shinedoe zu sehen, wächst der Ort im Bundesland Salzburg schlagartig auf die fast dreifache Größe an. Also um rund 200 Prozent.
Feschmarkt Die Feschsackerln sind heute aus den inneren Wien-Bezirken nicht mehr wegzubekommen. Der Designmarkt hat es geschafft, zu einer fixen Größe für alle jungen, hippen, kreativen Menschen zu werden, die auf der Suche nach einem passenden Weihnachtsgeschenk für sich selbst sind. Den Feschmarkt gibt es auch im Frühling und in Graz. Am größten und schönsten leuchten Kunst, Design, Performance und Party allerdings in der Ottakringer Brauerei. Vermehrt Fesches. 14. bis 16. November Wien, Ottakringer Brauerei
TEXT Thomas Nussbaumer BILD Judith Stehlik, Claudio Farkasch, Pete Ionian
Open Mind Festival
Viele bunte Punkte. Auf den schneeweißen Abhängen des Arlbergs kommen diese Visuals besonders gut zur Geltung.
Gibt es ein richtiges Leben im Falschen? Das Open Mind Festival zeichnet 2014 die Schattenseiten unserer Erfolgskultur nach. Ed Hauswirth kommt mit dem Grazer Theater im Bahnhof vorbei und sucht im Stück »Mein Leben im Busch von Sarajevo« eine Antwort auf die Frage, ob es möglich ist, in der modernen Ökonomie ein anständiges Leben zu führen. Spoiler: Nein. 13. bis 23. November Salzburg, Arge Kultur
This Human World
Zum 7. Mal zeigt das internationale Film-Festival This Human World Filme um und über gesellschaftlich relevante Themen; jeder einzelne eine Aufruf, die Augen für gesellschaftspolitische und soziale Probleme offenzuhalten. Weil, wer soll es sonst tun? Abgerundet wird das Programm durch Diskussionen, Panels, Workshops, Konzerte, Ausstellungen, eine Nightline und Partys. 4. bis 13. Dezember Wien, diverse Locations
Art On Snow
Cineastic Gondolas Am Berg erwartet man sich ja gemeinhin keine Kunst. Die Kino-Gondeln am Arlberg halten da seit einigen Jahren dagegen. Zwischen 1.344 und 2.350 m Seehöhe werden zehn Räume mit Visuals und Sounds bespielt. Zu sehen gibt es animierte Kurzfilme im Gondelkino, Ausstellungen und Installationen. Dass das Line-up immer hochkarätiger wird, zeigt, dass das bunte Schneetreiben ankommt. 13. Dezember Lech am Arlberg, Rüfikopf-Seilbahn
Das Winter-Kunstfestival Art On Snow verwandelt ein ganzes Tal in eine Kunstgalerie: Eine Woche lang präsentieren Künstler ihre Werke in der Gasteiner Bergwelt, es wird Schnee- und Eisskulpturen, Fotografien oder Artworks zu sehen geben. Die Ausstellung »Tribute To The Snowboard Photography Yearbook« zeigt Werke der besten SnowboardFotografen. 31. Jänner bis 6. Februar Gastein, diverse Locations 071
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MUSIK
Art-Pop-Koryphäe auf rosa Plastikthron: Annie Clark alias St. Vincent gastiert in der Arena.
St. Vincent Zehn Tage nach ihrem Auftritt beim Clubfestival Ahoi! Pop im Linzer Posthof ist Annie Clark alias St. Vincent auch in Wien live zu sehen. Dem gerne mal außerweltlichen Sound ihres Art-Pop stellt die Amerikanerin Lyrics zur Seite, die sie als pointierte Kommentatorin und ausgebuffte Erzählerin mit einer zutiefst eigenen Stimme ausweisen. Dazu noch ihre distinktive Gitarrenarbeit – diese Frau sitzt in den aktuellen Pressefotos nicht grundlos auf einem Thron. Im Vorprogramm: Psychedelisches vom englischen Duo Coves. Auch nicht schlecht! 18. November Wien, Arena
Lässt den dunklen Winter in Finnland dunklen Winter sein und kommt nach Wien: Noah Kin.
Ja Ja Ja Festival Vienna Unter dem Slogan »Ja Ja Ja – A Nordic Music Affair« tritt ein neues Festival die Nachfolge von Spot On Denmark an. Nach fünf erfolgreichen Jahren erweitern die Veranstalter ihr musikalisches Einzugsgebiet also ein wenig und werden je eine Band aus Island, Norwegen, Schweden, Finnland und – natürlich – Dänemark ins Wiener Wuk lotsen. Wie üblich gibt’s spannendes Neues und daher zumeist auch eher Unbekanntes. Weshalb es auch nichts macht, dass das Line-up der Veranstaltung gerade noch im Werden ist. Bislang mit von der Partie: Sekuoia aus Dänemark mit atmosphärisch dichter Elektronik und der Waves-Viennaerprobte finnische Hip-Hop-Jungspund Noah Kin. 30. Jänner Wien, Wuk
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TEXT manuel Fronhofer, jana Wachtmann BILD Renata Raksha, cocoa music, The Windish Agency, Apollonia Bitzan, Veronique Giroud, Moshi Moshi Records, Domino Records
TERMINE
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MUSIK
highlights Canyoudigit w/ Lil Silva & Sixtus Preiss Lil Silva
»You probably know Lil Silva from his collaborations with Banks, Sampha and Jamie Woon«, schreiben die Veranstalter. Das würde uns eigentlich reichen. Aber wir kennen auch das, was er alleine macht, und wenn dann Sixtus Preiss auch noch mitmischt, sollte das ein hervorragender Abend im Cafe Leopold werden. 8. November Wien, Cafe Leopold
Mi. 05. – Sa. 08.11. // 20:00 Pop
Ahoi! Pop 2014: Neneh Cherry, Palma Violets, Trail Of Dead, St. Vincent, The Hidden Cameras, Fiva, Olympique, INVSN u.v.a.
Di. 11.11. // 20:00 Rock
Jennifer Rostock
Do. 13.11. // 20:00 Kabarett
Schmieds Puls
Drei Tage im Zeichen großer Songwriting-Kunst – und ganz ohne stilis tische Scheuklappen. Zum runden Jubiläum steht neben Musikerinnen und Musikern wie Patrick Wolf, How To Dress Well, Gravenhurst, Dry The River, John Bramwell (I Am Kloot) und Schmieds Puls eine Ausstellung mit Fotos und Filmen aus den ersten zehn Jahren des Festivals auf dem Programm. 20. bis 22. November Wien, Porgy & Bess
Jack by The Gap
Lamae
Unser Haus- und Hof-Club hat im November neben den bewährten HostDJs Moogle und Laminat ein mitternächtliches Live-Set zu bieten. Das Wiener Duo Lamae verortet sich selbst zwischen Ambient, Trip-Hop und Techno. Umgesetzt wird das Ganze mit Live-Gesang, Drum Machine und Synthesizer. Wer genau hinter dem Projekt steckt, soll der Spannung halber noch im Dunkeln bleiben. 29. November Wien, Club Dual
Andrea Bongers: Bis in die Puppen
Mo. 17.11. // 20:00 Rock / Indie
Augustines Bild: Primary Talent International
Blue Bird Festival
Di. 18.11. // 20:00 Metal
Saxon / Skid Row
Mi. 19.11. // 20:00 Kabarett
Hannes Ringlstetter: Zum Ringlstetter
Sa. 22.11. // 20:00 Dance / HipHop
The Wave Pictures Jedes Jahr ein Album, jedes Jahr eine Tour – man kann bei den Wave Pictures schon mal den Überblick verlieren. Dass Wiedersehen trotzdem Freude macht, liegt am launigen, leidenschaftlichen Schrammel-Pop der drei Engländer. Und diesmal steht außerdem etwas ganz Besonderes am Plan: Die Band wird – neben eigenem Material – Daniel Johnstons Album »Artistic Vice« zum Besten geben. 3. Dezember Wien, Chelsea
Stereo MCs: Full Connected Live
Mi. 26.11. // 20:00 Kabarett
Christian Springer: oben ohne
Mi. 26. – Do. 27.11. // 20:00 Kabarett
Roland Düringer: ICH allein?
The Amazing Snakeheads Aus der Abteilung »gefährliche Schotten«. Die Amazing Snakeheads aus Glasgow deuten Rock ’n’ Roll als Katharsis versprechende Erwiderung auf jene – alles andere als seltenen – Momente des Daseins, in denen es nicht ganz rund läuft. Brachialer Blues-Rock kollidiert mit der ungezähmten Energie des Punk, dazu quietscht gelegentlich ein Saxofon. In der Tat ziemlich amazing! 16. Dezember Wien, Wuk
Step Forward w/ FloFilz
R. B. M. A. Weekender
Old-School-Hip-Hop mit einem Faible für Jazz-Samples – der Aachener FloFilz gibt seine Österreichpremiere im Rahmen von Step Forward und stellt das aktuelle Album »Metronom« (Melting Pot Music) vor. Noch mehr gepflegtes Beatmacher-Handwerk gibt’s an diesem Abend von B.Visible. 21. November Wien, Celeste
Ein erweitertes Wochenende lang feiert die Red Bull Music Academy an fünf Standorten in Wien. Für den passenden Sound sorgen u. a. Buraka Som Sistema, Theo Parrish, Dorian Concept, Sohn, Crazy Bitch In A Cave und Fijuka. 20. bis 23. November Wien, diverse Locations
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Fr. 28.11. // 20:00 Performance
Toxic Dreams: I Dance Therefore I Talk
Mi. 03. – Sa. 06.12. // 20:00 Impro
15. Öst. TheatersportMeisterschaften Bild: Shutterstock / Bearbeitung: 100k
TEXT manuel Fronhofer, jana Wachtmann BILD Renata Raksha, cocoa music, The Windish Agency, Apollonia Bitzan, Veronique Giroud, Moshi Moshi Records, Domino Records
TERMINE
Dorian Concept Der Coverboy unserer letzten Ausgabe präsentiert sein neues Album – absolute Ohrwaschelmusik, wie wir finden – live. Umgesetzt wird das Ganze gemeinsam mit The Clonious und Cid Rim. Letzterer bestreitet auch – neben Wandl und dem JazzWerkstatt Wien New Ensemble – das Rahmenprogramm. 13. Dezember Wien, Brut
Fr. 05.12. // 20:00 Urban Brass
Moop Mama / Celina Bostic
POSTHOF – Zeitkultur am Hafen, Posthofstraße 43, A – 4020 Linz Info + Tickets: 0732 / 78 18 00, www.posthof.at
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Know-Nothing-Gesellschaft von Illbilly The K.I.T.T.
Food Blog II
illustration Jakob Kirchmayr
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ur Erinnerung: Ich hab mich dazu entschlossen, auf das Leseverhalten vieler Menschen zu reagieren und werde fürderhin vorwiegend über Food & Crime schreiben. Über Sex auch, aber nur noch wenig, wenn es leicht geht, dafür heißt jetzt aber die Devise: Mehr Essen und Leichen. Man muss sich ja hin und wieder neu aufstellen, sich neu erfinden sozusagen. So steht es jedenfalls in den Erfolgsund Karriereteilen der Zeitungen immer geschrieben. Mein langfristiges Ziel: Ein eigener Blog. Ein Food & Crime Blog, der sehr flüssig geschrieben ist und mit smoothen Übergängen von einem zum nächsten Thema aufwarten kann. Ja, das sehe ich für mich in fünf Jahren. Und um erschütternd ehrlich zu sein – eine kleine Dauerpraktikantin, die mir immer alles schön brav online stellt, sehe ich auch, denn mein Blog rentiert sich natürlich finanziell und kann auch eine kleine, stumme Technikdienerin tragen. Ihr wird es bei mir übrigens an nichts mangeln, solange sie brav und loyal ist und keinen Genieverdacht gegen sich selbst hegt, nur weil sie ein bisschen Photoshop- und InDesign kann. Vielleicht wünsche ich mir die aber auch schon zu Weihnachten. Ha, Weihnachten! Was für ein Stichwort für einen Food & Crime Blogger meines Formats. Ein gefundenes Fressen sozusagen. Und auch eine perfekte, smoothe Überleitung, wie ich meine. Aus drei Gründen: 1. Kann ich wieder eine Liste schreiben. Zum Beispiel in Form eines Briefes ans Christkind. 2. Kann ich jetzt super ein Weihnachtsrezept anpreisen. Mir schwöbe was Überraschendes wie ein schmackhaftes Chai-TeeSemifreddo vor. 3. Kann ich super übers Töten schreiben, denn wann, wenn nicht zu Weihnachten, drückt man schon einmal beim Hegen von Mordplänen ein Äuglein zu? Eben. Kann ich das alles überhaupt gleich in einen Brief ans Christkind reinstampfen und dabei super und unaufdringlich die Textsorte innerhalb der Kolumne wechseln. Also:
Liebes Christkind, dies ist mein 30. selbst geschriebener Brief an Dich. Wir feiern also ein rundes Jubiläum. Du weißt und ich weiß es auch, dass ich mittlerweile fast alles erreicht habe und nicht wirklich auf Deine Hülfe angewiesen bin. Mein Food & Crime-Blog ist unterwegs, im Internet ein echter Brummer zu werden und auch mein Penis riecht nicht mehr so streng, seit ich alle Polyester-Unterhosen entsorgt habe, die Du mir im Laufe der Jahre unter den Baum gelegt hast. Meine Wünsche sind also eher von immaterieller Natur. Ob Du Lust hast, sie zu erfüllen, bleibt Dir natürlich unbenommen. Verzeihe mir bitte, wenn ich jetzt relativ plump mit der Tür ins Haus fallen werde und die Wünsche punktuell abhandle. Aber ich glaube, dass das – auch für Dich – einfach schneller und leichter zu lesen sein wird. Nun denn: Mach bitte, dass im nächsten Jahr ganz viele Lokale mit lustigen, kreativen Namen aufsperren. Die Welt braucht dringend eine Juice-Bar die »Smoothie Operator« heißt, ein Geschäft, das die Tomate in den Produktmittelpunkt stellt und sich »Paradeiser City« nennt wär auch nicht schlecht. Mehlspeisen würde ich mir gerne auf »Munchie Island« einverleiben und für selbstgeröstete, südamerikanische Fair-Trade-Bohnen zahlte ich gerne zwei, bis drei Euro mehr, wenn sie mir selbstironisch im Kaffee »Kellner ohne Engagement (auch am Theater)« serviert werden. Ein Asiate, der sich »Chop Zoë« nennt wär auch nicht schlecht. Gib mir Kraft, einen journalistischen Selbstversuch durchzustehen, bei dem ich eine ganze Woche lang nur den »Kinderwunschtee« der Firma Sonnentor (igitt!) trinke und dann über meine Gefühle darüber schreibe, ohne ins Billige abzudriften. Also verschone mich bitte mit Sätzen wie »Tag 1: Spüre das dringende Bedürfnis, nach Jahren wieder einmal ohne Kondom
zu onanieren.« Auch wenn es vielleicht der Wahrheit entspricht. Gib mir auch Kraft in den Oberarmen, damit ich ohne Probleme fürs Weihnachtsmenü ein Chai-Tee-Semifreddo machen kann. Dazu muss man nämlich drei Eidotter und Zucker über Wasserdampf schaumig schlagen, Chai-Tee dazu gießen, brav weiter schlagen, bis alles schön dicklich wird und dann noch vorher luftig geschlagenes Schlagobers vorsichtig unterheben, bevor die Masse in den Gefrierschrank kommt. Schütze mich vor peinlichen Verlesern. Gerade eben habe ich nämlich »Giftschrank« statt »Gefrierschrank« gelesen. Wobei, würde man besagtes Rezept mit ein wenig Gift aufpeppen wollen, böte sich Zyankali an, da sich der Bittermandel-Geruch der tödlichen Blausäure in einem Chai-TeeSemifreddo wohl sehr, sehr gut macht. Das gäbe eine hübsche Leiche zum Dessert. Schütze mich auch vor billigen Übergängen und Überleitungen, die sehr gewollt wirken. Mach, das alle Kinder fliegen können. Damit die Schulwege sicherer werden. Mach aber auch, dass die Ampeln dann fliegen, weil Ordnung muss sein. Und Schultaschen müssen auch fliegen können und die Kinder wie kleine Hunde ohne Leine in der Luft begleiten. Das ist wichtig, weil sonst wieder die Nörgler kommen und sagen: »Kein Wunder, dass die kleinen Scheißis in die Schule fliegen können, die haben ja alle einen Jetpack hinten dran.« Diesen miesepetrigen Kommentaren ist so gleich einmal das Wasser abgegraben. Mach, dass niemand merkt, dass ich das alles schon einmal in irgendeiner Form geschrieben habe.
Illbilly The K.I.T.T. www.facebook.com/ illbilly
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