Das postfaktische Zeitalter
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N° 159
AUSGABE Oktober / November 2016 — THE GAP IST KOSTENLOS UND ERSCHEINT ZWEIMONATLICH. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN, P.B.B. | GZ 05Z036212 M
TRAUM PERLE TOD! ein Projekt von Tomas Schweigen & Ensemble nach dem Roman »Die andere Seite« von Alfred Kubin URAUFFÜHRUNG Regie Tomas Schweigen Premiere 29. September 2016 KUDLICH – EINE ANACHRONISTISCHE PREMIEREN 15/16 PUPPENSCHLACHT von Thomas Köck URAUFFÜHRUNG Regie Marco Štorman Premiere 25. November 2016 JINXXX von Thomas Bo Nilsson URAUFFÜHRUNG Realisation Thomas Bo Nilsson Premiere 1. Dezember 2016 DIESE MAUER FASST SICH SELBST ZUSAMMEN UND DER STERN HAT GESPROCHEN, DER STERN HAT AUCH WAS GESAGT. von Miroslava Svolikova URAUFFÜHRUNG Regie Franz-Xaver Mayr Premiere 12. Jänner 2017 KASPAR HAUSER ODER DIE AUSGESTOSSENEN KÖNNTEN JEDEN AUGENBLICK ANGREIFEN! von Lisa Lie URAUFFÜHRUNG Regie Lisa Lie Premiere 1. Februar 2017 FROTZLER-FRAGMENTE eine postmonetäre Doppelconférence von FUX URAUFFÜHRUNG Regie Nele Stuhler & Falk Rößler (FUX) Premiere März 2017 BLEI von Ivna Žic URAUFFÜHRUNG Regie Tomas Schweigen Premiere April 2017 AGORA ein Projekt von Robert Misik & Milo Rau URAUFFÜHRUNG Realisation Robert Misik Kozeptionelle Mitarbeit Milo Rau Premiere Mai 2017 www.schauspielhaus.at
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F oto: »Cellar Door«
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Editorial Recherchier es halt selbst!
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Herausgeber Thomas Weber Chefredakteurin Amira Ben Saoud Stv. Chefredakteurin Yasmin Vihaus Leitende Redakteure Manuel Fronhofer, Manfred Gram, Martin Mühl Art Direction Sig Ganhoer Gestaltung Sig Ganhoer, Erli Grünzweil
Ist man mit Journalisten und Content-Menschen befreundet, schleichen sich zwischen Billy-Regal und tägliche »Fritzi sucht eine WG«Aufrufe jene, die mit »Ich bräuchte für einen Artikel …« beginnen. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Für manche Problemstellungen bietet sich diese Form der Recherche – ja, es ist eine – an. Aber den Imker fürs kurzfristig eingeplante Honigspecial findet man eben auch anders – ohne dabei die Crowd mit der eigenen Unfähigkeit, einen Telefonhörer in die Hand zu nehmen und beim Österreichischen Imkerbund anzurufen (01 5125429), zu konfrontieren. Stell dir vor, der Zahnarzt, den du kürzlich via Facebook-Empfehlung gefunden hast, würde ein Foto deines Gebisses posten und seine FB-Zahnarzt-Freunde fragen, wo er denn jetzt genau bohren soll – lassen wir für den Vergleich mal das Datenschutzrechtliche außen vor. Zwar gehört Social Media sicherlich mehr zu den Recherche-Tools eines publizierenden Menschen als zu denen eines Zahnarztes – aber bitte doch nicht für alles! Nicht nur macht man sich selbst beim achten crowdgesourcten Artikel lächerlich, häufig entsprechen die durch diese Suchmethoden entstandenen Werke auch den Recherche-Künsten ihrer Verfasser. Denn wir haben alle schon mal einen Artikel gelesen, der »Was unsere Generation über Liebe denkt« hieß und nicht mehr war als eine Umfrage des Autors unter seinen fünf besten FB-Freunden. Wenn die eigene Crowd und das eigene Milieu dann schnell zu etwas stilisiert werden, was sie nicht sind und dadurch Artikel in einer kaum erträglichen Masse entstehen, die auf allen Ebenen falsch sind, kann auch Facebook nicht mehr helfen.
Amira Ben Saoud
Die Chefredakteurin schreibt hier zumeist über Medienthemen bensaoud@thegap.at • @oidaamira
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Autoren dieser Ausgabe Amira Ben Saoud, Raphael Dillhof, Barbara Fohringer, Manuel Fronhofer, Manfred Gram, Kasun Jayatilaka, Kami Kleedorfer, Franz Lichtenegger, Martin Mühl, Nadine Obermüller, Dominik Oswald, Michaela Pichler, Kevin Reiterer, Magdalena Reuss, Manon Steiner, Werner Sturmberger, Alexandra-Maria Toth, Jonas Vogt, Jana Wachtmann, Thomas Weber, Theresa Ziegler Kontributoren dieser Ausgabe Christoph Adamek, fabolus_vienna, Barbara Fohringer, Juicy Gay, Elias Hirschl, Lisa Kainz, Heidi List, Jugo Ürdens Kolumnisten Astrid Exner, Jonas Vogt, Gabriel Roland, Martin Mühl, Illbilly Fotografen dieser Ausgabe Erli Grünzweil (Cover), Marlene Mautner Lektorat Wolfgang Smejkal, Adalbert Gratzer
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Social Media ist super, um dein altes Billy loszuwerden, einen neuen Zahnarzt zu finden oder ein gutes Fischlokal. Sogar Menschen mit fünf Minuten – versprochen, nicht mehr! – Zeit, die an deiner Psychologie-Masterarbeits-Umfrage teilnehmen, wirst du unter deinen armen Internet-Freunden finden. Die Crowd ist gut, sie weiß, was am besten für dich ist, sie hilft.
Anzeigen Christoph Adamek, Herwig Bauer, Thomas Heher, Micky Klemsch, Martin Mühl, Clemens Reichholf, Thomas Weber (Leitung) Distribution Martin Mühl Druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH Pulverturmgasse 3, 1090 Wien Geschäftsführung Martin Mühl Produktion & Medieninhaberin Monopol GmbH, Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien Kontakt The Gap c/o Monopol GmbH Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien office@thegap.at — www.thegap.at Bankverbindung Monopol GmbH, Bank Austria, IBAN AT 54 1200 0515 8200 1929, BIC BKAUATWW Abonnement 10 Ausgaben; Euro 19,— www.thegap.at/abo Heftpreis Euro 0,— Erscheinungsweise 6 Ausgaben pro Jahr; Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 1040 Wien Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Für den Inhalt von Inseraten haftet ausschließlich der Inserent. Für unaufgefordert zugesandtes Bildund Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Jegliche Reproduktion nur mit schriftlicher Genehmigung der Geschäftsführung.
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Magazin 014
Früher war mehr Wahrheit Das postfaktische Zeitalter
020 Fliegende Formen Sissa Micheli bei »Eyes On« 022 Weniger Off – mehr Space Die alternative Kunstraumszene in Wien 026 Die 20 interessantesten FotografInnen Österreichs Teil 1 036 Frauen in der Musikindustrie Viel Luft nach oben
038 Pop mit Seele Soias zweites Album »H.I.O.P« 040 Diagnose: Cinephilie Maya McKechneay im Porträt 044 Finde den richtigen Viennale-Film für dich Die große Entscheidungshilfe 048 Das Rohe an jungen Menschen Wie Dschungel-Intendantin Corinne Eckenstein arbeitet
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Jonas Vogt hat lange bei uns gearbeitet, ist mittlerweile aber freier Journalist, der gerne in eher theoretischen Sphären herumschwirrt und konsequent jeden Text mit Überlänge abgibt. In dieser Ausgabe haben wir ihn auf die These des »postfaktischen Zeitalters« losgelassen. Seite 014
Theresa Ziegler hat als Kind gerne Falco gehört uns ist deshalb von Bayern nach Österreich ausgewandert. Für die aktuelle Ausgabe hat Theresa aber mehr geschaut als gehört: Für Teil 1 der 20 interessantesten FotografInnen durchforstete sie die junge FotoSzene Österreichs. Seite 026
022 Rubriken 003 Editorial / Impressum 006 Leitweber 007 Mein liebster Feind: Elias Hirschl 009 Insta-Takeover: fabolus_vienna 012 Illustration: Lisa Kainz Lieblingswitz: Juicy Gay 046 Prosa: Markus Lust 050 Workstation: Vienna Contemporary und Vienna Design Week 054 Gewinnen 055 Rezensionen 058 Termine
Kolumnen 008 Club Status: Jonas Vogt 009 Gender Gap: Astrid Exner 010 Lokaljournalismus: Martin Mühl 013 Einteiler: Gabriel Roland 066 Know-Nothing-Gesellschaft: Illbilly
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Raphael Dillhof ist Kunsthistoriker, Exil-Wiener und arbeitet als Autor in der Hamburger Redaktion des Kunstmagazins Art. »Nebenbei ist er noch was man hasst, nämlich Cineast« – Toco tronic. Der Urlaub zur Viennale ist daher schon eingereicht (Lüge!). Seite 044
Marlene Mautner liebt die Fotografie nicht nur, sondern studiert sie auch an der Angewandten bei Matthias Koslik. Am liebsten holt sie Objekte vor die Linse – denn die reden nicht zurück. Für uns machte Marlene eine Ausnahme und lichtete Menschen ab. Sogar ziemlich viele. Seite 040 und 050
Alexandra-Maria Toth ist Sozialwissenschaftlerin, DJ (FYPM) und arbeitet in der Kunst – aktuell zum Thema »Artist Residencies«. Ab und zu kauft sie ein Werk, bevorzugt von österreichischen KünstlerInnen. Sie hat sich für uns mit nonkonformen Kunsträumen in Wien beschäftigt. Seite 022
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ist Herausgeber von The Gap und Biorama
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Leitweber Norbert der Grinser
Es war einmal ein Kandidat, der sich selbst als nicht geeignet, weil zu jung für das Präsidentenamt erachtete. Ach, das Alter! Als ob es das Alter wäre, das Norbert G. Hofer – noch ein bisschen braun hinter den Ohren vielleicht – so ungeeignet machte, um uns Österreicher als Ersatzkaiser zu repräsentieren. Mittlerweile sind ein paar Halbmonde ins Land gezogen. Und ein paar Wahlgänge später ist der gute Norbert, erklärte er selbst letztens ganz stolz im Rotfunk, natürlich reifer geworden. Reif fürs höchste Amt im Staat. Dabei gibt es doch einiges, das Norbert G. Hofer dafür disqualifiziert. Das G-Punkt im Namen steht zwar für Gerwald. Es ließe sich allerdings auch als German oder besser als Germania lesen. Schließlich ist Hofer Mitglied der völkischen Burschenschaft Marko-Germania, eines strammrechten Herrenbundes, von welchem wir wissen, dass er sich – Landesgrenzen hin, Staatsvertrag her – dem deutschen Vaterland verpflichtet fühlt. Der G-Punkt als Ariernachweis väterlicherseits, gewissermaßen. Die Mutter- und Mädelsprache ist da naturgemäß Deutsch. Wer Mister Hofer Englisch sprechen hören möchte, möge rasch »Norbert Hofer Englisch« googlen und darf sich dann kurz den Grinser des Kandidaten ausborgen. Stimmt schon, besser als Richard Lugner hat er’s eh drauf. Und dass Hofer wie dieser Deutsch und Englisch mischt, macht ihn einmal mehr zum Mann des – deutschen – Volkes. Wir merken: Da steht einer zu seiner Kultur. Sonst ist er weniger reif als vielmehr betont sanftmütig geworden. Der fesche SynthieGrinser sitzt als wäre er ein Muskelleiden. Der Mann muss selbst im Schlaf frohlocken. Und wie er das mit dem Zähneputzen hinkriegt, ein Rätsel in der Sonntagskrone.
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Was macht Van der Bellen am Klo? – Wahrscheinlich eine rauchen. Und Hofer? – Der grinst. The Grinser is the message. Ich lächle, also bin ich doch eh nicht so übel wie die alle tun. Lügenpresse, bitteschön! Die werden sich noch wundern, was alles möglich ist! Sein an der Sache vorbeiredendes NLP-Gesäusel ist ohnehin inhaltsleer wie Fahrstuhlmusik. Dafür gibt er mit geduldigem Dackelblick artig Pfote und beweist, dass seine Heimatpartei nicht bloß aus Dobermännern, Pitbulls, Deutschen Schäfern und Rottweilern besteht. Ein burgenländisch-deutscher Bursche hat Kreide geschluckt. Natürlich: Über all das könnte man ebendieses belächelnd hinwegsehen. Schließlich sind all die Wimpel und Fechtkutten doch nichts als Folklore aus vormodernen Jahrhunderten. Immerhin interessiert sich der Mann für Solarenergie! Und ist es nicht genauso befremdlich und hingebogen wenn der andere Kandidat plötzlich im Trachtenjanker antanzt? Natürlich ist VDB auf seine Art weltfremd. Der Mann ist Uni-Professor, ein Intellektueller, kein Party-DJ. Und: ja, er ist ein Mann der Eliten. Auf ein paar Tschikzüge, vielleicht sogar mit einem derben Spaß, auf eine Melange mit Van der Bellen, das ist denkbar. Aber machen wir uns nichts vor: Man möchte mit beiden Kandidaten nicht auf ein Bier gehen. Zumindest ich nicht.
Gerwalds Gruselkabinett Darum geht es aber auch gar nicht. Ich möchte bloß einen Bundespräsidenten – und nötigenfalls wähle ich ihn auch zehn Mal – für den ich mich auch im Ausland nicht genieren muss. Gerwalds Partei vertritt vor allem die Angst und das, was der deutsche Philosoph
Auch wenn man mit beiden Präsidentschaftsanwärtern nicht unbedingt auf ein Bier gehen mag. Man muss es doch in aller Deutlichkeit sagen: Norbert G. Hofer ist der Kandidat derer, die hassen.
Philipp Blom »den autoritären Traum« nennt. Dem gegenüber steht »der liberale Traum« – und ein der Aufklärung verpflichteter Wirtschaftsprofessor. Ich gestehe: Wer sich da nicht eindeutig bekennt, der macht mir Angst. Wer hier zaudert, ist ein unsicherer Zeitgenosse, ein potenzieller Umfaller. Auch das Personenkomitee Norbert G. Hofers ist ein Gruselkabinett, das Manfred Deix selig nicht besser hinbekommen hätte: der aus dem All gefallene Red-Bull-Stuntman, KHG, Stronachs Kasperln, ein fundamentalistischer katholischer Weihbischof und Andreas Unterberger (ein einst honoriger Journalist, der aus Weltekel und Zynismus über den rechten Rand hinausgeglitten ist). Gebrochene, aggressive alte Männer, frustriert und mit der Welt im Unreinen. Und wer sich die Zeit nimmt, um etwa auf Facebook zu sehen, wer sich da Hofer als starken Mann wünscht, muss entsetzt sein: Es ist ein Mob, geifernd, getrieben von Angst und Hass. Menschen mit Gewaltfantasien, die Andersdenkende erschießen wollen, von Hinrichtungen träumen; Menschen, die abgrundtief hassen. Norbert Gerwald Hofer ist ihr Kandidat, er repräsentiert den schlechten Atem der Gesellschaft – und nie hat er sich davon glaubwürdig distanziert. Stattdessen biedert er sich Rechtsextremen, Autokraten und Diktatoren an. Man muss also wirklich kein Fan von Alexander van der Bellen sein, um in ihm den geeigneten Kandidaten zu sehen. Und nein, zum Lachen ist das alles nicht. weber@thegap.at • @th_weber
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Jürgen Schmücking
Thomas Weber
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Anna von Hausswolff (SE) Antonia (AT) Asfast (AT) Attila (AT) Barnt (DE) Cid Rim (AT) Clap! Clap! (IT) DJ Earl w/ footwork dancers Sirr Tmo & Dre (US) DJ Marcelle (NL) DJ PayPal (US) Dr. One (AT) DVS1 (US) Elisabeth Schimana “Höllenmaschine” w/ Manon Liu Winter, Gregor Ladenhauf (AT) Fauna (AT) Franjazzco (AT) FunkinEven (UK) Heap (AT) In Aeternam Vale (FR) Jan Neme ek (RS) JK Flesh (UK) Kaitlyn Aurelia Smith (US) Koenig (AT) Kompost 3 (AT) Lena Willikens (DE) Lone (UK) Luke Vibert (UK) Mount Kimbie (UK) P.o.S. (RS) Rebolledo (MX) Regis (RS) Saul Williams (US) Swans (US) Weval (NL) Zombie Zombie (FR)
Die bessere Hälfte Jüdische Künstlerinnen bis 1938
AND MANY MORE Bettina Ehrlich-Bauer: Selbstporträt, 1928, zeitgenössische Fotografie nach dem verschollenen Gemälde (nachkoloriert) · © Archiv des Belvedere, Wien, Foto: Bruno Reiffenstein
4. Nov. 2016 bis 1. Mai 2017 #elevatefestival elevate.at
Dorotheergasse 11, Wien 1 · So – Fr 10 – 18 Uhr · www.jmw.at MUSIC, ARTS AND POLITICAL DISCOURSE 20 – 23 OCTOBER 2016 – GRAZ / AUSTRIA
Mein liebster Feind Wien
Ich hasse Wien. Das liegt daran, dass ich seit Geburt unter einer gar furchtbaren Konstitution leide, die meine Sicht auf mein Leben und die Dinge darin drastisch einschränkt und positive Gefühle und Gedanken gar nicht erst zulässt: Ich bin nämlich Wiener. Noch dazu ein genuiner, also ein geborener, Wiener. (Wohlgemerkt: Nicht alle Wiener sind geboren!) Die geborenen Wiener bringen naturgemäß eine angeborene Wien-Abneigung mit sich, die sie von ihren zugereisten Eltern vererbt bekommen haben. Das Trauma des Nach-Wien-Kommens hat sich so tief ins Gehirn der Eltern gefressen, dass es bis ins Erbgut hinein erhalten bleibt und so an die Nachkommen weitergereicht wird. Der geborene Wiener hasst Wien somit von Geburt an ohne jeglichen Grund. Es liegt schlicht in seiner Natur, Wien zu hassen. Der einzige Grund, warum der genu-
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ine Wiener nicht aus dem ihm verhassten Wien fortgeht, ist, dass er den Rest der Welt noch ein kleines Stückchen mehr hasst. Das liegt daran, dass der genuine Wiener ja selbst einen Teil des ihm verhassten Wiens darstellt, somit Wien mitkonstituiert und also selbst Wien ist, wodurch er sich unvermeidlich auch selbst, als einen Teil des verhassten Wiens, hasst. Geht der Wiener nun aus Wien fort, so fallen all die hassenswerten Wien-Elemente um ihn herum weg und nur der Wiener selbst bleibt als einziges Stück verhasstes Wien in der absoluten Leere des Außer-Wienerischen zurück und ist dadurch gezwungen, seinen gesamten Hass auf sich selbst zu fokussieren, da kein anderes Stück Wien mehr zu Hassen übrig ist. Im Ausland erkennt der Wiener seine eigene Hassenswertigkeit. Und weil er das nicht mag, bleibt er daheim.
Elias Hirschl Elias Hirschl, Jahrgang 1994, ist Slam Poet, Musiker und Schriftsteller mit einem Hang zu langen Buchtiteln. Zuletzt erschien von ihm »Meine Freunde haben Adolf Hitler getötet und alles was sie mir mitgebracht haben, ist dieses lausige T-Shirt« im Milena Verlag. Mehr WienHass auf Seite 046
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Jonas Vogt
schreibt an dieser Stelle über österreichische Clubkultur
Charts Heidi List TOP 10
Ungelesene Pflichtbücher, aus denen ich dank Wikipedia zitieren kann 01 Bibel – Diverse Autoren 02 Das Kapital – Karl Marx 03 Der Herr der Ringe – John R.R. Tolkien 04 Die Tante Jolesch – Friedrich Torberg 05 Der Hite Report – Das sexuelle Erleben der Frau – Shere Hite 06 Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Joanne K. Rowling 07 Faust I + II – J. W. v. Goethe 08 Die Blechtrommel – Günter Grass 09 Mein Kampf – Adolf Hitler 10 Die gute Küche – Ewald Plachutta
Clubstatus Plus 34 bitte
TOP 03
Amerikanische Trottelgesetze 01 In Sterling muß eine freilaufende Katze Rückstrahler tragen. 02 Massachusetts verbietet, Füße aus dem Fenster hängen zu lassen. 03 In Vermont ist es illegal, die Existenz Gottes zu leugnen. Auch nicht schlecht: Heimliche Weiße Spritzer aus Trophy-Weinen.
Charts Christoph Adamek TOP 10
Tricks von Tom Turbo 01 Turbo Um-die-Ecke-Gucker 02 Turbo Flugtrick 03 Turbo Saug- und Blasetrick 04 Turbo Verkleinerungstrick 05 Turbo Schlüssel 06 Turbo Verdoppelungstrick 07 Turbo Stimmnachmachtrick 08 Turbo Kitzelstrahl 09 Turbo Flüstergang 10 Turbo Niespulver
Top 03
Van Damme-Filme 01 Kickboxer 02 Bloodsport 03 Der Legionär Auch nicht schlecht: Steven Seagal-Filme Christoph Adamek kümmert sich bei Monopol ums Marketing, fotografiert gerne und betreibt den Motorblog autofilou.at
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Der Unternehmer Henry Ford hat angeblich irgendwann mal gesagt, dass die Hälfte seiner Werbung rausgeschmissenes Geld sei, er aber leider nicht wisse, welche. So ist das eben im Leben, in der Liebe und auch in der Werbung: Die Wirksamkeit seiner Anstrengungen kann man nur ex post bewerten. Wissenschaftlich gesehen heikel, aber mit Resultaten lässt sich bekanntlich nicht streiten. Auch die Wirkamkeit von Partypromotion muss sich letztlich an der vollen Tanzfläche messen lassen. In Sachen Werbung für das Nachleben ist auch im Jahr 2016 Facebook der Goldstandard. Leider ist dort Aufmerksamkeit ein knappes Gut, weswegen sich die Veranstalter früh Methoden überlegt haben, die Mechanik zu nutzen, um öfter in den Newsfeeds aufzutauchen. Seitdem muss man dauernd in irgendwelche Events posten, um auf Friendslists zu stehen oder um zu beweisen, dass man eh auch alte Britney-Nummern kennt. Dass man jetzt ständig 70 Notifications hat, ist nervig, aber irgendwie auch in Ordnung. Facebook-Promo ist die Brandbombe unter den MarketingInstrumenten: Sie kennt keine Moral, nur Effektivität. Leider glauben Menschen immer noch, man könnte das subversiv unterwandern. Aber Facebook subversiv zu nutzen ist wie subversiv Kinotickets für »Transformers 7« kaufen – es hilft unterm Strich nur dem Feind. Dem Konsumenten bleibt einem da eigentlich nur die innere Emigration. Nehmt es mir also nicht übel, wenn ich als erstes die Notifications eurer Veranstaltungen abstelle (Rhinoplasty, I love you, but …) oder als der alte Sack, der ich bin, bei euren Veranstaltungen mit Hashtag und 1 naisem Titel von Jugendsprache her – ihr wisst eh, diese Jugendsprache, die man vor allem daher kennt, weil die Facebook-Freunde 28 + damit einfach nicht aufhören wollen – mit den Augen rolle. Ich mein das nicht böse. Aber eine Bitte hätte ich: Hört auf, »+ 34 bitte« in »GANGpeng«-Events zu posten. Das ist einfach nicht lustig. vogt@thegap.at • @L4ndvogt
Nina Keinrath
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Heidi List ist Autorin und Projektmanagerin und zu späte Mutter von zwei daher viel zu kleinen Kindern.
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Einmal pro Ausgabe bitten wir interessante Menschen, unseren Instagram-Account für 10 Tage zu übernehmen. Das meistgelikte Foto gibt’s hier.
Astrid Exner
beschäftigt sich hier mit den großen und kleinen Fragen zu Feminismus
Gender Gap Team Bridget
»Oben ist alles besser«, sagt der nachtaktive Fotograf. Auch der OMV-Tower in #polditown, wenn man ihn von einem Kran aus vor die Kamera bekommt.
Wie lange begleitet mich Bridget Jones jetzt schon? Es muss in der Unterstufe begonnen haben, irgendwann zwischen »Superhenne Hanna« und den Dürrenmatt- und Brecht-Jahren. Auf jeden Fall noch zu einer Zeit, als es ganz normal war, dass meine Mutter einmal im Quartal der Donauland-Filiale auf der Meidlinger Hauptstraße einen Pflichtbesuch abstattete. War für sie selbst nichts dabei, so sprang für mich eine Überraschung raus: Griffe ins Klo wie Backstreet BoysCDs (Mama hätte doch wissen müssen, dass ich Team Girlpower war und sicher nicht Nick Carter süß fand!) oder eben nachhaltig prägende, leichtfüßige Frauenromane wie »Das Tagebuch der Bridget Jones«. Ich hab das Buch in meiner Schulzeit sicher fünfmal gelesen. Heute ist es schon ein bisschen vergilbt, aber es hat noch immer einen Platz im Bücherregal. Bridgets schwuler Freund wird auf dem Buchrücken übrigens als »ein bester Freund, der nicht auf Frauen steht« beschrieben. Oh Jahrtausendwende, wie herzig verklemmt du warst.
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Insta-Takeover @fabolus_vienna
Sieht man mir nicht an, ist aber so: Ich bin Italiener. Am schwersten auf einem Foto festzuhalten: Emotion Liebste Foto-App: Snapseed Liebster Hashtag: #ontheroofs Drei Follow-Empfehlungen: @naikon_, @mitteninwien, @claudio.x Schaue oder höre ich nur hinter zugezogenen Vorhängen: EDM-Dokus Würd’ ich mir tätowieren: Im Schatten der Nacht. Saidnooneever: Ich sitze gern im Kinderabteil, da ist’s so gemütlich. Unter dem Namen fabolus_vienna erkundet ein Südtiroler UI-Designer, den man nur von hinten zu sehen bekommt, die Stadt bei Nacht. Immer auf der Jagd nach der ungewöhnlichsten Perspektive und den exklusivsten Ausblicken.
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Wie das wohl so wird, wenn Bridget Jones nach all den Jahren heuer wieder in die Kinos kommt? So eine Ikone des Feminismus kann sie ja wohl nicht sein, wenn sich alles in ihrem Leben um Männer und Diäten dreht. Oder? Ich liebe sie trotzdem. Bridget hat nämlich Charakter. Sie hat Prinzipien, sie hat auch schlechte Eigenschaften und sie ist trotzdem liebenswürdig. Bridget hat neben ihrer Kilo-Zählerei auch echte Problemzonen: Sie muss sich mit chauvinistischen Chefs herumschlagen, stürzt in versifften Pubs ab und wird von Verwandten ständig an ihre vermeintlich tickende biologische Uhr erinnert. Damit ist ihr Alltag, so überzeichnet er sein mag, für die meisten von uns näher an der Realität als jedes Manic Pixie Dream Girl aus irgendeinem Indiefilm, das einer Bubenfantasie entsprungen ist. exner@thegap.at, @walzerkoenige
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Martin Mühl isst sich durch Wien
Charts Barbara Fohringer TOP 10
Rhetorische Figuren und Tropen 01 Neologismus 02 Paradoxon 03 Metapher 04 Oxymoron 05 Homoioteleuton 06 Anapher 07 Sustentio 08 Bathos 09 Hyperbel 10 Metonymie
Lokaljournalismus Lasagne im SCA33
Top 03
Pokémon / Hieß so nicht eine von Lugners Exfrauen? 01 Raupy 02 Taubsi 03 Krabby Auch nicht schlecht: Regen
Charts Jugo Ürdens TOP 10
Schlechteste deutsche HipHop-Alben der letzten Jahre 01 Jedes Drecks-Album von Chakuza 02 Fabian Römer – Kalenderblaetter 03 Errdeka – Paradies 04 Prinz Pi – Im Westen nix Neues 05 Olson – Ballonherz 06 Ahzumjot – Nix mehr egal 07 Gerard – Neue Welt 08 Beginner – Advanced Chemistry 09 Frauenarzt – Mutterficker 10 Kontra K – Labyrinth
Top 03
Gleitfähige Mittel 01 Olivenöl 02 Gleitgel 03 Spucke Auch nicht schlecht: Princess Nokia: Tomboy Jugo Ürdens ist 1 Rapper mit Vorliebe für Rundum-Hate und Doppelreime.
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Das kleine Lokal in der Wiener Gumpendorferstraße gehört zu den Standorten der Saint Charles Apotheke. Seit einigen Jahren schon wird an dieser Adresse gekocht und nachdem Mamsell bis in den Dezember ihre tendenziell Wienerische Küche anbot, hat nun das SCA33 eröffnet. Betrieben und bekocht wird es von Sophie Halder. Geboten wird in erster Linie ein täglich wechselndes Mittagsmenü – angekündigt in der Wochenkarte. An vielen Donnerstagen gibt es außerdem noch abends Themenabende und gerade starten andere Projekte wie einzelne Tage mit asiatischen Tapas oder auch Brunch am Sonntag. Vor rund einem Jahr ist Sophie aus der Schweiz zurückgekommen, wo sie in Lausanne eine Hotelfachschule besucht hat. Für die Praxis hat sie sich nach vielen Stunden im Service in erster Linie für die Arbeit in der Küche interessiert. Ihr Konzept bezeichnet sie schon mal als »Back to Basics« – es geht um geradlinige Gerichte, mit nur teilweise eindeutiger Zuordenbarkeit zu bestimmten Herkünften oder Küchen. Die spielen aber für Sophie auch eine viel kleinere Rolle als die Zutaten, die nach Möglichkeit auf jeden Fall regional und am liebsten in Bio-Qualität sein sollen. Eröffnet hat das SCA33 bereits im Mai. Nur die direkten Anrainer und ein Teil ihres Freundeskreises haben davon etwas mitbekommen. Nun spricht es sich herum. Wir haben an einem Lasagne-Donnerstag teilgenommen und wurden mit einer gelungenen Portion rundum saftiger Lasagne belohnt – mit ordentlichen Fettspuren am Ende des Essens auf dem Teller. Dieser Fokus auf klassische Gerichte, die in überschaubaren Mengen und zubereitet aus erstklassigen Zutaten auf den Tisch für acht Personen kommen oder mitgenommen werden, mag nicht gerade unique sein – ergibt aber auch im SCA33 höchsten Genuss und überträgt die Begeisterung der Köchin auf die Gäste. muehl@thegap.at • @muehlmartin SCA33, Gumpendorferstraße 33, 1060 Wien fb.com/sca33, saint-charles.eu/wien/alimentaryze
Vorspeise ab 4,50 Euro, Tagesteller 7,00–9,00 Euro
Andreas Jakwerth, Martin Mühl
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Barbara Fohringer lebt in Wien, wo sie Bücher liest und meist zu spät zu Terminen kommt.
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#ADAMYOURSELF SICHERE DIR JETZT DIE NEUE LIMITED EDITION!
Österreich hat gewählt: Im Rahmen des #ADAMyourself Contest wurde das Design „Ayers Rock’s“ von Floh zum Sieger gekürt. Hole dir jetzt Österreichs Nummer 1 als Limited Edition bei deinem Opel Händler oder konfiguriere deinen eigenen Opel ADAM ganz nach deinem Style auf opel.at Verbrauch gesamt in l / 100 km: 4,5 – 5,9; CO2 -Emission in g / km: 105 – 139
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Illustration
Lisa Kainz
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Lisa Kainz, Liser Kainz oder auch Lazer Lazer ist in allen drei Fällen Künstlerin mit einem Soft Spot für Frank Ocean und andere wahre Musik (Prince!). Während sie das neue Material des Musikers, also des Frank, nicht des Prince, gehört hat, ist auch diese Illustration entstanden. lazerlazer.tumblr.com
Lieblingswitz
n e t n e n e s s e s Wa ? n e t s b e i l am . k r a qu Juicy Gay
ist so fabelhaft, dass man glauben könnte, er ist erfunden. Der spannendste Rapper Deutschlands wird aber bald in Wien auf der Bühne stehen und seine Realness beweisen. Zeit wird’s! Kommet also im Rahmen des Waves Vienna in »Sace Sace«-Kleidung zur Barracuda Music Night. 30. September, WUK Wien
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Gabriel Roland
betrachtet die hiesige Modeszene Stück für Stück
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Wenn Romana Zöchling, die Designerin hinter Ferrari Zöchling, über ihre Arbeitsweise berichtet, wirkt es, als ob ihre Stücke komplett spontan und mühelos entstünden. Statt am Papier zu entwerfen, gibt sie ihren Kleidern direkt am Zuschnitttisch und beim Drapieren ihre Form, sobald sie die extra angefertigten Stoffe in der Hand hat. Dass so Kleidungsstücke entstehen, die ein intuitives Ganzes aus Oberfläche, Material und Konstruktion sind, ist nicht verwunderlich. roland@thegap.at • @wasichgsehnhab
Die Mode von Ferrari Zöchling kann man unter ferrarizoechling.com und vor allem in der Kirchengasse 27 begutachten. Mehr über Lisa Edi findet sich auf lisaedi.com
Erli Grünzweil
Das Verhältnis von Oberfläche, Material und Schnitt ist eines der zentralen Ausdrucksfelder der Mode. Der Kolumnist ist geneigt, es eines der wichtigsten Qualitätsmerkmale von Kleidungsstücken zu nennen. Gleichzeitig wird wird es allzu oft missachtet, man denke nur an die zahllosen Leiberl, deren austauschbarer Schnitt nicht einmal ansatzweise versucht, mit dem vor beliebigen Aufdrucken und Applikationen strotzenden Material zu korrespondieren. Aber eigentlich ist es eine Schande, solche Negativbeispiele zu erwähnen, wenn es um ein Kleidungsstück gehen soll, das Oberfläche, Material und Schnitt so intuitiv, mühelos und effektvoll verbindet. Man muss nicht wissen, dass diese Jacke aus Seide ist, woher die körnigen Streifen kommen, oder wie sie aufgedruckt wurden. Nein, man bemerkt einfach, dass im fließenden Fall des Revers und der Ärmel Konstruktion, Material und Muster eins sind. Darüber muss man sich keine Gedanken machen, das nimmt man einfach wahr. Und Markenlogo braucht’s in Wirklichkeit auch keines. Es kann sich hier schließlich nur um ein Stück des Wiener Speziallabels für Bomberjacken (nicht nur!) und Kollaborationen mit der Künstlerin Ferrari Zöchling handeln. Diesmal wurde mit dem Fotografie-Talent de jour Lisa Edi kooperiert, die in ihrem Kleinststudio fotografische Studien erarbeitete. Diese Arbeiten dienten als Grundlage für die Digitaldrucke, auf denen die ab Herbst erhältliche Kollektion von Ferrari Zöchling basiert.
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Einteiler Substanz mit Streifen
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Wird dank Trump, Brexit oder FPÖ in der öffentlichen Debatte heute mehr gelogen als früher? Jein. Die Änderungen sind tiefgreifender: Technische Entwicklungen nagen am Fundament dessen, was wir unter einem »Fakt« verstehen. ———— Es gibt Sätze, die werden immer unheimlicher, je öfter man sie liest. Anfang Juni, am Höhepunkt der Brexit-Debatte, saß Michael Gove, prominenter Kopf der leaveKampagne, als Gast in einer TV-Diskussion. Dort wurde er gefragt, ob er einen Ökonomen nennen könne, der für den Brexit sei. Seine Antwort war kurz und prägnant: »Ich glaube, die Leute in diesem Land haben genug von den Experten.« Willkommen im postfaktischen Zeitalter. Der Begriff geistert seit ein paar Monaten durch die internationale Presse. Und wie so oft bei großen Zeitdiagnosen weiß fast niemand so richtig, was darunter eigentlich zu verstehen ist. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Beobachtung, dass in der politischen Diskussion »die Fakten« eine immer geringere Rolle spielen würden. Sowas ist natürlich immer auch gefühlte Wahrheit. Ein Conformation Bias, bei dem man sich auf wundersame Weise immer nur an die Fälle erinnert, welche die These stützen. Aber in der Tat gab es im letzen Jahr einige auffällige Phänomene. Der Vormarsch von AfD und FPÖ, inklusive des Begriffs der »Lügenpresse«. Die BrexitKampagne, auf deren Bussen die falsche Zahl von den 350 Millionen Pfund plakatiert war, die London angeblich wöchentlich über den Kanal nach Brüssel schicken würde. Oder Donald Trump, dessen Kampagne die innere Kohärenz von Schrödingers Katze hat. Das würde eigentlich nur Politikjournalisten und andere professionelle Wichtigtuer
interessieren, wenn das nicht Teil einer größeren Entwicklung wäre. Und wie so oft steht dahinter zumindest (auch) eine technische Revolution. Der Siegeszug des Internets und vor allem der Sozialen Medien hat die Kommunikation grundlegend verändert. »Disruptive Technologie« heißt das in der Fachsprache. Das grundlegende Paradoxon ist ja, dass eine dramatische Zunahme an stetig verfügbarer Information zu weniger Fakten führt. Heute steht ein Heer von Informationen und Quellen vermeintlich gleichberechtigt nebeneinander. Man muss sich das vorstellen wie einen Sternenhimmel: Wenn man nachts in Wien in den Himmel schaut, leuchten ein paar helle Sterne neben einigen matten. Wer mehr sehen will, muss schon in ein Observatorium. So war das früher auch mit den Informationen. Heute steht man eher mitten in der nächtlichen mongolischen Steppe: Um einen herum ein Meer aus tausenden Lichtpunkten. Wunderschön. Aber auch überwältigend und kaum zu überblicken. Facebook, Twitter und Google schleudern dem User zu jeder Tagesund Nachtzeit unzählige Links und Informationen entgegen, die nach einem undurchschaubaren Algorithmus ausgewählt werden. »Heute haben mehr Menschen Zugang zu mehr Informationsquellen«, sagt Fritz Hausjell, Kommunikationswissenschaftler an der Uni Wien. »Das ist etwas Positives. Das Problem ist, dass die Leute keine ordentliche Quellenkritik lernen.« Im Social-Media-Zeitalter stehen obskure Blogs neben Artikeln der New York Times. Natürlich hat Letztere nicht automatisch immer Recht. Aber genauso natürlich ist sie mit ihrem institutionalisierten System aus Factchecking und Zwei-Quellen-Politik
eine bessere Quelle als fischundfleisch oder mir-reichts-langsam.blogspot.com. Das muss man halt wissen. Politiker nutzen die neuen Kanäle, um direkt mit dem Publikum zu kommunizieren, ohne ihre Message durch den Medienfilter laufen lassen zu müssen. Das ist legitim. Und dass die FPÖ damit viel früher begonnen hat als andere und jetzt über einen schwer aufholbaren Vorsprung verfügt, ist eigentlich auch schon ein alter Hut. Trotzdem lässt sich an Straches Facebook-Seite sehr schön zeigen, wie er Kampagnen und Themen lanciert und so eine kritische Masse erreicht, die wiederum traditionelle Medien in die Berichtspflicht bringt. Der Parteichef kann da inzwischen weitgehend schalten und walten, wie er will. Mit Fakten hat das oft nur am Rande zu tun. Wobei man natürlich nicht vergessen darf, dass das für manche FPÖ-kritische Seiten genauso gilt.
Google ersetzt Gott Ein Faktum ist eine interpretierte und überprüfte Beobachtung. Das ist ziemlich wichtig, weil das oft fälschlich mit dem Begriff »Wahrheit« gleichgesetzt wird. Während im Wahrheitsbegriff immer eine Naturgesetzlichkeit mitschwingt, sind Fakten klare Konstruk tionen. Die offizielle Inflationsrate ist definiert als Preisentwicklung eines festgelegten, fiktiven Warenkorbs. Das kann jeder nachvollziehen und überprüfen, sofern er denn die Zeit dafür hat. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht andere Methoden gäbe, die andere Ergebnisse bringen würden. Bei Fakten geht es weniger um die Suche nach der einzigen, allgemein gültigen Wahrheit. Sondern um Aussagen, die aufgrund klarer, nachvollzieh-
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Erli Grünzweil
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Früher war mehr Wahrheit
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Technische Entwicklungen nagen am Fundament dessen, was wir unter einem ÂťFaktÂŤ verstehen.
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Ist das wahr?
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»Ich war am 30. Juli 2014 am Tempelberg. Da wurde eine Frau mit Handgranaten und Maschinen gewehr erschossen.« (Norbert Hofer) So erzählte es der FPÖ-Kandidat in zahlreichen Interviews, auch im ORFDuell mit Alexander Van der Bellen. In einem Einspieler dementierte ein Sprecher der israelischen Polizei aber, dass es zum betreffenden Zeitpunkt einen solchen Vorfall gegeben habe. Hofer war blamiert. Kurze Zeit später wurde allerdings bekannt, dass ein ähnlicher Vorfall (eine Frau wurde angeschossen, allerdings ohne Handgranaten und nicht am Tempelberg) durchaus stattgefunden habe und der ORF geriet in die Kritik. Wer hat da jetzt recht?
»Jedes Wiener Kaffeehaus, jeder Würstlstand zahlt in Österreich mehr Steuern als ein multinationaler Konzern.« (Christian Kern) Die Kaffeekette Starbucks, um die es in dem Beispiel geht, drückt durch Ausnützung von EU-Regelungen ihre Steuerlast in vielen EU-Ländern dramatisch. Es zahlt allerdings für seine Mitarbeiter in den Filialen Lohnnebenkosten und leitet die Umsatzsteuer an den Staat weiter. Ob jeder einzelne Würstlstand mehr Steuer zahlt, ist nicht herauszufinden. Da man »Steuern« (gemeint ist meist die Körperschaftssteuer) auf Gewinne und nicht auf den Umsatz zahlt, ist »keine Steuern zahlen« daher nicht iimmer unmoralisch. Aber selbst wenn der Satz faktisch unrichtig ist: Hat Kern mit seiner Kritik damit unrecht?
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barer und anerkannter Methoden getroffen werden. Und bei Bedarf auch anhand dieser kritisiert werden können. Weil ich nicht alle Daten selbst erheben und interpretieren kann, gibt es in einer Gesellschaft dafür Institutionen, denen man unterm Strich zum Glück vertrauen kann. Es ist nicht so, dass die Statistik Austria oder die Professoren der Uni Wien keine Fehler machen würden. Aber die historische Erfahrung zeigt, dass sie nach klaren und nachvollziehbaren Methoden vorgehen. Institutionen zu vertrauen ist übrigens nicht gleich zurücklehnen. Es ist vielmehr ein aktiver Prozess: Man sucht sich aus, welchen Institutionen man aus welchen Gründen Glauben schenkt. Nicht nur die tiefe Institutionenverachtung, welche die Brexit-Debatte vergiftete, zeigt: Die faktenbasierte Sicht auf die Welt gerät von verschiedenen Seiten unter Druck. Ende August sagten Innenminister Sobotka und Verteidigungsminister Doskozil in einem Interview im Magazin News zum Thema Kriminalität: »Ja, es stimme, dass das Burgenland die niedrigste Kriminalitätsrate habe. Aber die Menschen würden das halt anders empfinden, weil sie früher ihre Autos nicht abschließen mussten.« Ähnlich argumentieren die Republikaner um Donald Trump, wenn sie auf Zahlen und Daten angesprochen werden, die ihrer apokalyptischen Beschreibung der Vereinigten Staaten widersprechen: Das sind Zahlen, aber das Gefühl der Menschen ist ein anderes. Das ist problematisch. Politik darf die Gefühle der Menschen nicht ignorieren. Aber noch viel weniger darf sie Gefühle auf dieselbe Stufe wie wissenschaftliche Fakten stellen. Sie sind einfach nicht gleichberechtigt. In einem Text für den New Yorker beschrieb die Historikerin Jill Lepore im März diesen Jahres, wie verschiedene altertümliche Methoden der Erkenntnisgewinnung wieder in Mode kämen. Politiker wie Trump hätten sich schon länger von der Debatte verabschiedet. Für sie ging es nicht mehr um Evidenz, sondern um Macht. Wahrheit wird nicht gefunden, sondern geschaffen. Dies sei im Grunde ein trial by combat: Wer als Letzter steht, hat Recht. Auch ein weiteres mittelalterliches Entscheidungsformat kehre zunehmend zurück: Das Gottesurteil. Nur dass Gott in dem Fall von Google ersetzt wird. Ich habe Recht, wenn ich das sage, was unter den ersten drei Ergebnissen der Suchmaschine ist. Googeln ist ein Synonym für »Wissenssuche« geworden, die allgegenwärtige Suchmaske hat die fundierte Recherche, die Quellen aktiv wiegt, verdrängt. Ich google, also bin ich. Das wird noch einmal dadurch problematischer, dass das Google-Ergebnis von meinem früheren Suchverhalten beeinflusst wird. Der Kern des postfaktischen Zeitalters ist nicht, dass Politiker seltsame Zahlen benutzen, um ihre Forderungen zu untermauern.
Auch nicht, dass Akteure in der öffentlichen Debatte auch einfach mal lügen. Es ist eigentlich viel schlimmer. Die erkenntnistheoretischen Grundlagen der Gesellschaft werden langsam zersetzt. Es wird am Fundament dessen genagt, was wir bislang unter einem »Fakt« verstanden haben.
Haider war postfaktisch Das Wichtigste bei allen knackigen Zeitdiagnosen ist immer, die Frage zu stellen, ob das denn früher wirklich so anders war. Gerade in Österreich. Denn es ist ja nicht so, als hätte hierzulande mit Jörg Haider nicht schon in der Prä-Internet-Zeit ein begnadeter Politiker mit Halbwahrheiten die politische Landschaft aufgemischt. War Haiders Blutschokolade nicht postfaktisch durch und durch? »Haiders Politikstil hat uns schlicht abgestoßen«, erinnert sich Anneliese Rohrer, die damals das Innenpolitik-Ressort der Presse leitete. »Wir hätten uns viel stärker mit seinen Aussagen beschäftigen müssen. Überprüfen, wo er falsch lag. Auch auf die Gefahr hin, dass er Recht haben könnte.« Vor allem, weil die Medien damals noch die Ressourcen dafür gehabt hätten, woran es heute oft fehlt. Auch Gerfried Sperl, bis 2007 Chefredakteur von Der Standard, sieht die These der verschwindenen Wahrheit eher differenziert. »In manchen Bereichen tut sich die Politik heute sogar leichter mit der Wahrheit, weil ihre Aussagen ständig überprüft werden können.« Es sei auch zu einfach, mit dem Finger immer nur in eine bestimmte Richtung zu zeigen. »Von der Brexit-Debatte bleibt die 350-MillionenPfund-Lüge. Aber man sollte nicht vergessen, dass da durchaus beide Seiten mit Halbwahrheiten gearbeitet haben.« Die Diskussion um Haider macht zwei Dinge klar. Erstens hat es immer schon Politiker gegeben, für die Wahrheit nur Strategie war. Und zweitens sind wir heute nicht mehr in den 90ern. Im Fall Haider diskutiert man seit Jahrzehnten die Rolle der Medien. Die heutige FPÖ ist darüber längst hinaus – sie schafft sich einfach ihre eigenen.
Wer checkt die Faktenchecker? Als vermeintliche Antwort auf das postfaktische Zeitalter geistert vermehrt der »Faktencheck« durch die Diskussion. Das ist natürlich erstmal etwas Positives. Check, Re-Check und Double-Check sind zentrale Elemente des journalistischen Arbeitens. Nur dadurch unterscheidet sich der Journalist vom Schreiber, vom Autor, vom Texter. Aber der Faktencheck hat sich zu einem eigenständigen Format entwickelt, das hinterfragt werden darf und muss. Das Problem am Factchecking: Es dampft den komplizierten, langwierigen journalistischen Prozess, der meistens eben auch nur eine Annäherung an »so etwas wie Wahrheit« ist, auf klar abgrenzbare Einheiten hinunter. Etwas ist richtig oder falsch, eine Aussage be-
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»London überweist wöchentlich 350 Millionen Pfund an die EU.« (leave-Kampagne) 1984 schlug Margret Thatcher den Briten-Rabatt heraus, der die Zahlungen an die EU deutlich verringerte. Wie viel das Vereinigte Königreich wirklich pro Woche an die EU zahlt, ist gar nicht so einfach zu sagen. Außerdem muss man natürlich die Zahlungen, die zurückfließen, davon wieder abziehen. Je nachdem, was man dort alles einbezieht, bleibt ein Nettobetrag zwischen 110 (InFacts) bis 190 Millionen Pfund (britisches Statistikamt ONS) pro Woche übrig. Eine ziemliche Spanne.
»Kommt Hofer. Kommt Öxit. Kommt Bauernsterben.« (»Nein zum Öxit«Kampagne von Hans Peter Haselsteiner, September 2016) Die FPÖ spielt seit einigen Jahren immer wieder mit einem möglichen EU-Austritt. Nachdem dieser durch das Brexit-Votum unpopulärer geworden ist, sind die Töne aus der Partei wieder freundlicher. Ein Bundespräsident Hofer könnte auch nur auf ein Öxit-Referendum hinwirken, es aber nicht ansetzen. Seit dem EUBeitritt Österreichs 1995 haben laut Statistik Austria fast ein Drittel der Bauern aufgegeben. Ob das ohne die Mitgliedschaft besser oder schlimmer geworden wäre, lässt sich nicht seriös beantworten.
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kommt 3 von 4 »Pinocchios«, Donald Trump lügt in 73% der Fälle. Das suggeriert eine Exaktheit, die Journalismus kaum liefern kann. Weil Wahrheit auch oft kein binärer Wert ist, sondern Einordnung bedarf, Unschärfe zulassen muss. Der Satz »Christian Kern hat nichts getan, um die Anschläge des 11. Septembers zu verhindern« ist, ohne dem Bundeskanzler zu nahe treten zu wollen, höchstwahrscheinlich richtig. Aber was nutzt diese Erkenntnis ohne Kontext? Es ist noch nicht bei jedem Twitteraccount angekommen, aber Journalisten müssen sich selbst als fehlbare Wesen wahrnehmen. Journalismus muss klar sagen, was er nicht kann. Und daran scheitern die Faktenchecker oft. Gerade bei Vergleichen der Ehrlichkeit von Politikern tun sie gerne objektiv und nehmen sich selbst aus der Gleichung. Das ist Blödsinn. Die Auswahl, welche Aussagen überprüft werden und welche nicht, ist eine genuin journalistische, bietet massig Einflussmöglichkeiten und ist alles andere als sakrosankt. Darüber hinaus stellt sich natürlich sofort eine einfache Frage: Wer checkt die Faktenchecker? Vor einigen Monaten entlarvte ein Projekt der Kölner Journalimusschule die AfD-Chefin Frauke Petry als die Politikerin, die in deutschen Talkformaten am meisten unwahre Aussagen, aka Lügen, verbreiten würde. Der Medienjournalist Stefan Niggemeier schaute sich diese Studie an und fand zahlreiche zumindest hoch strittige, wenn nicht gar falsche Punkte. Und würde man Niggemeiers Ergebnisse überprüfen, fände man eventuell wiederum Fehler. Es ist also gut und notwendig, die Aussagen und Zahlen in der politische Debatte einer Prüfung zu unterziehen. Auch ein Faktencheck ist eine potenziell fehlbare journalistische Arbeit. Er kann nicht das Allheilmittel sein, als das er aktuell manchmal verkauft wird.
Gegen die Gerüchte Es gibt allerdings einen Bereich, in dem der Faktencheck heute wirklich etwas verändern kann: die Netzgerüchte. Seiten wie mimikama. at bemühen sich, Wahrheit hinter das Gerede von Vergewaltigungen durch Flüchtlinge bis hin zu Facebook-Nutzungsbedingungen zu bringen. Bei Onlinemedien wie Vice ist das Format mittlerweile ebenfalls angekommen. Auch klassische Medien überprüfen natürlich Gerüchte, machen dabei aber häufig den Fehler, negative Recherchen für »koa Geschicht« zu halten, um den falschen Gerüchten keinen Raum zu bieten. Diese Denkweise stammt aus einer Zeit, in der Medien noch Gatekeeper waren. Das sind sie heute nicht mehr, weil man dafür nicht nur Dinge durchlassen, sondern auch zurückhalten können muss. Das kann heute niemand mehr. Wenn ich meine Geschichte früher in keinem Medium untergebracht bekam, war sie tot. Heute kann ich sie in 30 Mi-
nuten auf meinem Blog und in 30 Sekunden auf Facebook haben. Medien können nur noch die Informationen auf ihrer Webseite steuern, nicht mehr die öffentliche Debatte. Wer das zu laut bejammert, sollte bitte nicht vergessen, dass man damit früher durchaus viel nicht demokratisch legitimierte Macht in die Hände von Redakteuren (Frauen nicht mitgemeint) mit dritter Ehe und Alkoholproblemen gelegt hat. Und die gingen damit nicht immer gut um. Die Information, dass sich der deutsche Bundespräsidenten Heinrich Lübke in den 60er Jahren auf einem Afrikabesuch eine Rede mit den Worten »Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Neger« begonnen habe, hält sich hartnäckig. Das Problem: Es ist eine Erfindung von spiegel-Redakteuren, die Lübke schlicht nicht mochten. Wenn Medien Gerüchte schon nicht verhindern können, können sie sie wenigstens überprüfen. »Journalisten müssen die Gerüchte publizistisch begleiten«, sagt Hausjell. Das sei vor allem bei Themen wie Flüchtlingskriminalität wichtig. »Wenn Menschen bei Themen wenig Primärerfahrungen haben, sind sie sehr anfällig für Bilder und Informationen, die über Freunde und Bekannte kommen.« Dieses Phänomen käme auch in sozialen Netzwerken zum Tragen. Wenn ein Facebook-Freund einen Bullshit-Link teilt, profitiert dieser Link von meinem Vertrauen der menschlichen Quelle gegenüber.
Die Flagge der Vernunft Der technische Fortschritt lässt sich nicht aufhalten, geschweige denn zurückdrehen. Es wird weiter gegoogelt werden. Twitter wird weiterhin ein Hort der aufgeregten Meinung bleiben. Facebook wird auch in Zukunft die Dummen dümmer und die Klugen klüger machen. Vorausgesetzt, die These vom postfaktischen Zeitalter stimmt – das heißt nicht, dass nicht jeder im Kleinen Taten setzen kann, um die Flagge der Vernunft hochzuhalten. Es geht darum, Denkprozesse in Gang setzen. Man könnte Menschen, anstatt sie für ihre Ängste zu verachten, auffordern, diese zu überprüfen. Man könnte Quellenkritik im Großen (hier ist vor allem das Schulsystem gefragt) fordern, aber auch im Kleinen leben. Zum Beispiel den Facebook-Freund, der einen zwielichtigen Blog postet, fragen, ob er das für eine glaubwürdige Quelle hält. Und selber nur glaubwürdige Quellen posten. Vor allem aber kann man die zunehmende Bedeutung von Gefühlen, Meinungen und Ahnungen in Debatten zurückweisen. Gerade dann, wenn diese einem selbst helfen würden. Denn Gefühle, Meinungen und Ahnungen haben ihre Berechtigung und sind gelegentlich hilfreich. Aber Fakten sind sie keine.
Jonas Vogt
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WENIGER DAVON. MEHR DAVON!
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Sissa Micheli – »On the Process of Shaping an Idea into Form through Mental Modelling« 020-039 Gap 159 Story 01.indd 21
An der Bruchlinie zwischen Film und Fotografie entwirft Sissa Micheli mit Kleidungsstücken temporäre Skulpturen, die den Entstehungsprozess von Kunst und Fotografie symbolisieren. ———— Wer ab 4. November Sissa Michelis Ausstellung betritt, darf sich mehr erwarten als regungslose Bilder an der Wand. Das Monat der Fotografie (in dessen Rahmen sie gezeigt wird) wird von der Südtiroler Künstlerin etwas breiter ausgelegt, denn sie lässt das bewegte Bild einen Teil davon werden. Sie wandelt an den Grenzen zwischen Film, Fotografie und Skulptur und lässt sie ineinanderfließen. Es geht um den Prozess, der die endgültige Form des Kunstwerks bedingt. Ein Rock fliegt durch den Raum, nimmt Gestalten an, erstarrt. Zu sehen ist im Bildraum 01 neben Fotografien ein Video, das aus kurzen Sequenzen von ins Bild geworfenen Kleidungsstücken besteht und von einer (ihrer) Stimme aus dem Off begleitet wird. In diesem Prozess entsteht eine temporäre Skulptur, jede Filmsequenz gipfelt im »entscheidenden Augenblick«, mit einem Standbild, bevor das Kleidungsstück wieder auf den Boden fällt. Die temporäre Skulptur hat ihre Form angenommen. Sissa Micheli spielt mit dem Wesen der Fotografie, die das Flüchtige, den Augenblick festhält, und bringt es auf eine neue Ebene: »Der wiederholte Freeze Frame eines in den gewählten Bildraum geworfenen Kleidungsstücks schien mir hier geeignet, um Heraklits Aphorismus Panta rhei umzusetzen«. Temporäre Materialien sind zu den Protagonisten Michelis Arbeit geworden. Mit fliegenden Objekten arbeitete sie bereits in der Vergangenheit in Projekten wie »The Paper Room« (2006) oder »Parachutes Reversed« (2014). Bei Michelis Werk hat das Foto »das letzte Wort«, wobei es den Film aber keineswegs ersetzen kann. Während der Prozess im Video sichtbar wird, kann sich das Skulpturale nur in der Fotografie manifestieren. Inspiration zu dieser Auseinandersetzung mit Film und Fotografie war unter anderem der Film »The Big Swallow« von James Williamson (1901) – hier wird die Fotokamera allerdings am Ende vom Film verschluckt, was bei Micheli nicht der Fall ist. Beide Medien sind bei ihr von gleicher Bedeutung, denn das eine ist ohne das andere irrelevant. Alle Bilder dieser Werkserie sind vor Wänden im ehemaligen Londoner Textilviertel entstanden. Die Kleidungsstücke (Blusen, Kleider, Hosen, etc.) sind ihre eigenen, die Farben je nach idealer Eingliederung in den Raum gewählt. Den nur einige Sekunden dauernden Videosequenzen gehen Sitzungen von sieben Stunden am Stück voraus, in denen die Kleidungsstücke geworfen, die Wurftechnik verändert, die Perspektive optimiert wurde. Der Titel der Arbeit »On the Process of Shaping an Idea into Form through Mental Modelling« spielt auf die Auseinandersetzung mit der Materialisierung von künstlerischen Ideen an. Sissa Micheli kann das Endprodukt nur bedingt steuern. Das Foto, die temporäre Skulptur, hängt von vielen Faktoren wie Luftwiderstand, Schwerkraft oder Licht ab und kann der ursprünglichen Idee nur ähneln. Aber darin liegt der Reiz, die Kontrolle zu einem gewissen Grad abzugeben und nicht hundertprozentig beeinflussen zu können, was am Ende entsteht. »I have a mental model, but I do not know what the final picture will look like«, sagt die Stimme aus dem Off. Magdalena Reuss
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Sissa Micheli Fliegende Formen
»On the Process of Shaping an Idea into Form through Mental Modelling« von Sissa Micheli ist von 4. November bis 9. Dezember im Bildraum 01 zu sehen, im Rahmen des Monats der Fotografie »Eyes On«.
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Off Ada – Artistic Dynamic Association
Die alternative Kunstraumszene in Wien
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» Galerien beobachten uns ganz genau« — Cory Scozzari
Markus Hafner und Michael Hackl, Georg Petermichl
Wiener Off Spaces standen lange im Abseits, entwickeln sich aber immer mehr zu unentbehrlichen Kunsträumen. Aber wie ist es derzeit um sie bestellt? ———— »Wir sind kein Off Space. Wir sind ein Künstlerkollektiv, ein artist-run space, ein Projektraum« – wenn man mit Betreibern von alternativen Kunsträumen in Wien spricht, verschwindet der Begriff Off Space ziemlich rasch. Der Begriff Off Space meint »räumliches Abseits« und »experimentelle Spielwiesen von Nachwuchskuratorinnen und Künstlerkollektiven«, erklärt Alexandra Grausam, die Leiterin von Das Weiße Haus, einem Kunstverein in Wien. Der Terminus Off Space – weit verbreitet in Deutschland – wurde nach Österreich importiert. Tatsächlich ist dieser »Begriff des Abseits« aber falsch, um innovative Projekträume in Wien, die hier seit den 1960er Jahren auftauchen, zu beschreiben. Natascha Burger, Direktorin der Galerie Hubert Winter, betrachtet innovative Spaces als wichtige Ergänzung zu Galerien und Museen, um dem künstlerischen Potenzial einer Stadt gerecht zu werden. Im Gegensatz zu Galerien und Museen, die sich oftmals im Stadtzentrum nachbarschaftlich ansiedeln, gründen sich diese Räume an unkonventionellen Orten, gerne auch an der Stadtgrenze. Es handelt sich um Kunsträume, die neue künstlerische Positionen vorantreiben. Dies hat mit Abseits, im Sinne von abgeschieden, nichts zu tun. Die aktuellen Wiener Spaces mögen sich zwar geografisch abseits etablierter Kunstbetriebe befinden, mit ihrer Arbeit sind sie jedoch in das Kunstgeschehen integrierte Räume. Die Bezeichnung »Off« wird ihnen daher nicht gerecht. Passender ist es daher, von alternativen Kunsträumen zu sprechen.
Schwer in Zahlen zu fassen Alternative Kunsträume sind schwierig zu fassen. Sie mögen zwar wie Pilze aus dem Boden schießen, bestehen jedoch nur temporär oder wandern in den Bezirken einer Stadt umher. Nur wenige etablieren sich zu festen, dauerhaften Raumgrößen. Aktuell existieren in Wien 25 bis 30 alternative Kunsträume, schätzt der Kunstblogger und eSeL. at-Gründer Lorenz Seidler. Warum ist es so schwierig, alternative Kunsträume in Wien zu erfassen? »Es kommt eben ganz auf die Definition dieser Räume an«, so Seidler. Wenn wir uns an Kunsträumen
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orientieren, die bereits seit einem Jahr einen fixen Standort haben, wie dies beim Artist-run Space: Kluckyland der Fall ist, dann können wir eine Berechnung leicht erstellen. Aber wie handhaben wir dann einen Kunstverein wie Kevin Space, der es sich zur Gewohnheit gemacht hat, räumlich durch die Wiener Bezirke zu wandern? Ist ein Künstlerkollektiv wie die Ada – Artistic Dynamic Association, deren Konzept es ist, urbanes Brachland kurzweilig zu bespielen, um dann weiterzuziehen, kein alternativer Kunstraum? Natürlich, sind das alles Kunsträume. Aber so wechselhaft sie in Erscheinung treten, genauso wechselhaft varriiert auch ihre Anzahl. Ein Umstand, der eine zahlenmäßige Erfassung erschwert, aber ihre Existenz und Austellungskonzepte umso spannender macht.
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Der TBA21-Kurator Cory Scozzari betreibt Jupiter Woods in seiner Wohnung. Zu sehen: Eine Ausstellung von Jala Wahid.
Die Opposition des alternativen Space Wenn wir den nonkonformen Space nicht mehr als Kunstraum im Abseits etablierter Kunstinstitutionen bezeichnen, dann steht er in Opposition. Und wie sieht diese Opposition aus? Reden wir über Geld. Obwohl einige Wiener Spaces eine bescheidene Förderung durch das Bundeskanzleramt Österreich erhalten, müssen viele Kosten eigeninitiativ gedeckt werden. »Mit unserer Förderung zahlen wir die Miete des Raums, alles andere übernehmen wir selbst«, erzählen Gerald Roßbacher und Andrea Lüth, die das Kluckyland in Wien betreiben. Nonkonforme Kunsträume investieren, anstatt zu generieren. »Wir ziehen keinen ökonomischen Nutzen aus unserer Arbeit«, erklärt Philip Fischer, Mitglied des Künstlerkollektivs Ada. Museen erhalten staatliche Subventionen und können nicht, wie alternative Kunsträume, kostenfrei besucht werden. »Daran ist natürlich auch eine gewisse Erwartungshaltung von Seiten der Ministerien sowie der Besucher gekoppelt«, erklärt Marlies Wirth, Kuratorin des mak – Museum für angewandte Kunst und Gegenwartskunst. Eine Erwartungshaltung, die den alternativen Spaces unbekannt ist. Cory Scozzari betreibt den Kunstraum Jupiter Woods in seiner Wohnung und erhält keinerlei Zuschüsse. Der Nachwuchskurator der tba 21 – Thyssen-Bornemisza Art Contemporary erzählt, dass er nur jene Künstler zu sich holt, die ihn tatsächlich mit ihrer Arbeit überzeugen. Kommerzielle Galerien tun
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Erst seit Juni geöffnet hat Off Is im dritten Bezirk.
Hier geht’s zu den alternativen Kunsträumen – Vorbeischauen lohnt sich bei: Kevin Space Seit September ist der Kunstverein im 2. Bezirk zu Hause und wird die Künstlerin Maria Gorodeckaya zeigen. Kevin Space sind Franziska Sophie Wildförster, Denise Helene Sumi, Caroline Nöbauer und Fanny Hauser. Volkertstraße 17, 1020 Wien kevinspace.org
Jupiter Woods TBA21-Kurator Cory Scozzari betreibt den Space Jupiter Woods in seiner Wohnung. Aktuell zu sehen ist die Ausstellung »Braids« des Künstlers Rob Chavasse. Liebhartsgasse 48 / 19, 1160 Wien jupiterwoods.com
Kluckyland Leerstand und Bürokratie Obwohl alternative Kunsträume sehr dynamisch vorgehen, ist die künstlerische Bespielung eines Raumes in Wien mit gewissen Herausforderungen verbunden. Ist ein leerstehendes Gebäude, eine verlassene Wohnung oder ein aufgelöstes Geschäftslokal gefunden, dann kommt die Bürokratie ins Spiel. Seit 2015 existiert die Agentur für Leerstandsmanagement, kurz Nest, die Räume vermittelt. Ein Konzept, dass noch nicht ganz ausgereift ist, erzählt Patrick Schabus, Kurator des Austellungsprojekts Mandelkern Project. 2016 gründete die IG Kultur Wien daher einen Nutzerbeirat, der darauf hinweist, dass räumliche Zwischennutzung auch für Kreative ohne ausreichende finanzielle Ressourcen und ohne Interesse an dauerhafter Raumgestaltung verfügbar sein muss. Denn derzeit werden noch viele Räume an Start-ups und Vereine vergeben. Dabei haben freie Kuratorinnen und einzelne Künstler durchaus das Bedürfnis, einzelne Räume mit ihren Ideen kurzweilig zu bespielen. Brachliegende Räumlichkeiten, die einen Monat vor dem Verkauf stehen, hätten dahingehend viel Potenzial. Aus ökonomischer und kultureller Hinsicht wäre das zudem ein Gewinn für die Stadt Wien und einzelne Immobilienakteure, so Schabus.
Mehr Kulturarbeit Nonkonforme Kunsträume sind prekär aufgestellt, dadurch besteht die Gefahr der Selbstausbeutung. Sie können aber weitaus spontaner arbeiten und nicht-kommerzielle Kunstformen wie Performance, Installation und Konzeptkunst propagieren und bewegen sich experimentell auf dem Kunstparkett, um für neue Impulse zu sorgen. Etablierte Kunstbetriebe nehmen diese Impulse wahr: »Galerien beobachten uns ganz genau«, erklärt Cory Scozzari. Alternative Spaces erkennen das Potenzial junger, aufstrebender Künstler und geben die Trends der zeitgenössischen Kunst vor – durchaus interessant für kommerziell orientierte Galerien. Erhöhte Fördergelder und ein vereinfachtes Verfahren zur Zwischenraumnutzung könnten mehr Kunstentwicklung für Wien bedeuten. Das Konzept der Leerbestandsnutzung sollte auch auf die übrigen Bundesländer angewendet werden, um dort Kulturarbeit möglich zu machen, meint Patrick Schabus. Das wäre durchaus sehr wünschenswert. Alternative Kunsträume und ihre Betreiber, Künstlerkollektive und Kunstvereine sind inhaltlich wichtige Gegenstücke zu kommerziellen Galerien und tradtionellen Museen geworden. Sie sind engagiert, motiviert, ruhen nicht auf der Kunstgeschichte, sondern schreiben diese im Idealfall weiter. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur zeitgenössischen Kunstentwicklung. Alexandra-Maria Toth
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Dieser Artist-run Space wird von Andrea Lüth und Gerald Roßbacher betrieben. Aktuell zeigt das Kluckyland die Ausstellung »Re-Rotation« mit Wolfgang Fuchs und Andreas Trobollowitsch. Othmargasse 34, Ecke Kluckygasse, 1200 Wien kluckyland.com
Ada – Artistic Dynamic Association Dieses Künstlerkollektiv wechselt konstant seine Räumlichkeiten. Aktuell wird eine Wohnung im 16. Bezirk angeeignet. Das Kollektiv besteht aus Philip Fischer, Markus Hafner, Michael Hackl und Philipp Lammer. Wattgasse 16/6, 1160 Wien artisticdynamicassociation.eu
Futur Zwei Dieser Kunstraum ist dieses Jahr von Paris nach Wien übersiedelt. Geführt wird er von Barbara Siegel. Futur Zwei wird auf der aktuellen Vienna Contemporary eine neue Duo-Show eröffnen. Haberlgasse 42, 1160 Wien futur2.at
Mandelkern Project Geleitet von Patrick Schabus wirkt dieses Wohnstudio wie ein White Cube. Im Rahmen von Eyes on wird am 11. November die Ausstellung »More than a Sum« eröffnet. Dresdnerstraße 114/10, 1200 Wien fb.com/mandelkernproject
Off Is Ein Kunstverein, der Büroräume im 3. Bezirk bespielt. Kuratiert und organisiert von der Kuratorin Angela Stief und dem Künstler Lucas Zallmann. Im Juni wurde das Off Is mit einer Gruppenausstellung eröffnet. Traungasse 12, 1030 Wien off-is.com
Martin Bilinovac
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dies zu einem gewissen Grad ebenso, unterliegen aber den Regeln des herrschenden Kunstmarktes, wodurch sie weniger flexibel agieren können.
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tESt FuSSRoutE FuSSRoutE – u1 /–u2 / 1/2/71/D u4 (Karlsplatz) – 75a 2 / 71(Burgring) / D (Schwarzenbergplatz) S. 100 | S. 193
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Haus der Musik Seilerstätte 30 1010 Wien www.hdm.at 01 / 513 48 50 Das Haus der Musik ist ein interaktives Klangmuseum in der Wiener Innenstadt. Die Ausstellungsbereiche im Haus der Musik bieten neue, innovative Zugänge zum Thema Musik. DER ViRtUEllE DiRiGENt Wer möchte nicht die Wiener Philharmoniker dirigieren? Aber wer darf das schon? Jeder darf – im Haus der Musik. faciNG MozaRt Mit der neuen interaktiven Anwendung „Facing Mozart“ erwecken Besucher/innen Mozarts Porträt zu neuem Leben. ViRtoStaGE / zookoNzERt „Zookonzert“, basierend auf Marko Simsas Kinderbuch, ist speziell für die jungen Besucher/innen geschaffen und nimmt sie mit auf eine interaktive musikalische Abenteuerreise. StaiRPlaY Die Feststiege des historischen Palais ist zugleich ein Piano mit bewegungssensitiven Stufen als Tasten und ist verbunden mit einem neu entwickelten Konzept der Musikvermittlung. DER tRoMPEtERaUtoMat Im Innenhof erleben Sie ein Remake jenes Musikandroiden, den Beethoven im Dez. 1813 in sein Konzert integrierte.
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Die 20 interessantesten FotografInnen Österreichs Teil 1
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Mafalda Rakos Mario Kiesenhofer Lisa Edi Anna Breit Stefanie Moshammer Alex Dietrich Kurt prinz Elsa Okazaki Christian Bruna Martin Stöbich Dass sich etwas tut in der FotografInnen-Szene Österreichs ist auch uns nicht verborgen geblieben. Um der Tatsache Rechnung zu tragen, stellten wir uns also dem ambitionierten Vorhaben, 20 hiesige fotografische Talente, die am Beginn ihrer Karriere stehen, in diesem Heft kurz zu porträtieren. Das war dann doch ein bisschen zu ambitioniert. Gute Bilder brauchen nämlich Platz, weswegen wir einmal mit den ersten zehn beginnen und die zweite Hälfte in Ausgabe 160 vorstellen werden – so bleibt es zumindest spannend.
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Einige Listen, die in der Redaktion kur- sicherlich einige wichtige Leute nicht dabei sierten, gefüllt mit Namen und Website-Links – oft, weil sie ohnehin schon so bekannt sind, und mehr als 200 Kommentaren auf Facebook dass man als Medium den Fokus auch auf noch aus der Community mit Vorschlägen, wer es unbekanntere Talente lenken möchte, andere denn nun in die Liste »schaffen« soll, haben hatten wir vielleicht gar nicht auf dem Schirm. uns in den letzten Wochen beschäftigt. Wir Und dass es weitaus mehr als 20 interessansind zufrieden, eine Auswahl getroffen zu ha- te FotografInnen gibt, muss man wohl nicht ben, die verschiedene Ästhetiken und Ansätze, sagen. Wir hoffen trotzdem, dass unsere Aussich ganz am Anfang ihrer Karriere befindli- wahl Einblick in eine fruchtbare und diverse, che und bereits etabliertere FotografInnen junge Fotografieszene gibt, die sich wirklich nebeneinander präsentiert und nicht zuletzt sehen lassen kann. auch unserem Geschmack entspricht. Da sind Amira Ben Saoud, Theresa Ziegler
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Mafalda Rakos Während andere mit 15 nur irgendwie das Schuljahr überstehen wollen, eröffnete Mafalda Rakoš ihre erste Ausstellung in der Galerie Kandinsky. Zu sehen waren Bilder von Indigenen der karibischen Insel Dominica. Schon damals manifestierte sich der dokumentarische Stil der jungen Fotografin. Auch sechs Jahre und zwei Bildbände später traut sich die Fotografie der Kultur- und Sozialanthropologiestudentin an heikle Themen. Ob Nahostkonflikt oder Essstörung – mit reportagigem Ansatz klärt Mafalda Rakoš auf, ohne belehrend zu sein.
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mafaldarakos.com
J., Wien, aus »I want to disappear« (2015)
Indoor – Magnum Sauna, Budapest (2015)
Mario Kiesenhofer Am ehesten könnte man Mario Kiesenhofer ob seiner Tätigkeiten als bildender Künstler, Fotograf, Grafiker als »kreativen Grenzgänger« bezeichnen. Bei seinen Fotografien geht es häufig um das Zusammenspiel zwischen Sexualität und Ort, ums Verstecken und Entdecken. Dabei ist Mario Kiesenhofer in seiner Bildsprache so implizit wie die Codes, die in den von ihm fotografierten Cruising Areas und Gay Bars zur Anwendung kommen. Zu sehen sind seine Arbeiten derzeit im Wien Museum im Rahmen der Ausstellung »Sex in Wien«. mariokiesenhofer.com
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Lisa Edi Lisa Edi ist keine Fashion-Fotografin im herkömmlichen Sinn. Aber dass sie beides – Fotografie und Mode – studiert (hat), merkt man jedem ihrer Bilder an. Es geht darin nicht zwingend explizit um Kleidung, aber zumeist um Materialität – mit der Leidenschaft für Stoffe und was sie mit Menschen machen. Fernab von Fashion fotografiert sie zum Beispiel auch für das Magazin Ballesterer. Man möchte Edis Fotos am liebsten anfassen. Auch, um ein bisschen hinter den mysteriösen Vorhang zu blicken, der ihre Motive umgibt.
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lisaedi.com
Lene Dax (2016)
Soap & Skin (2016)
Anna Breit Ein Porträt ihrer Generation zeichnen – das ist das Ziel der Nachwuchs-Fotografin Anna Breit. Den Platz in dieser Liste hat sie in einem Wettbewerb in Kooperation mit Lomography für sich entschieden und macht uns zu Zeugen ihrer künstlerischen Anfänge – ein Zusammenspiel von Fotografie, Mode, Pop und Grafik(-Design). »Wichtig ist für mich nicht, dass der Betrachter erkennt, in welcher Zeit das Foto entstanden ist. Es ist eher ein persönliches Projekt, das mich ewig an meine Jugend und eine gute Zeit erinnern soll«, sagt sie selbst über ihre Kunst.
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instagram.com/anna_breit
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Stefanie Moshammer Auf der Shortlist des Unseen Dummy Book Award, als FOAM Talent 2016 und auf dem Zeit Magazin-Cover: Moshammers Strecke »Land of Black Milk« über Rio ist eine Explosion aller Töne, die die Stadt hergibt. Dabei experimentiert die gebürtige Wienerin, die gerade als eine der gefragtesten Jungfotografinnen gelten darf, auch gerne in der Nachbearbeitung mit verschiedenen Farben, wie in ihrer Serie »I Can Be Her«. Im Zentrum steht bei Moshammer, die im Oktober in der Galerie OstLicht ausstellt, oft die Frau – immer wieder ein wenig anders interpretiert, immer meinungsstark. stefaniemoshammer.com
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»Fotografie ist wie ein Wort in einem Satz. Man kann die schönste Kalligrafie besitzen, aber wenn der Satz nicht interessant ist, hat das Wort keine Bedeutung.«
Cellmate, aus der Serie »Vegas and She« (2014)
Alex Dietrich Zumindest einen Tag lang hätte man gerne die Wahrnehmung eines Alex Dietrich. Man stelle ihn sich so vor: Mit einer analogen Kamera durch die Straßen schlendernd und die Schönheit des Alltags porträtierend. Auch wenn seine Fotos fast ausschließend schwarz-weiß sind, zeigen die Motive darauf alle möglichen Zwischentöne der Gesellschaft. Vom Hund am Lenkrad zu betagten Damen auf einer Bank – Alex Dietrich erspürt den richtigen Moment, das Komische im Gewohnten einzufangen. alexdietrich.at
Ohne Titel (2016)
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Auszug aus der Serie »The Leftovers«, in Zusammenarbeit mit Pigeon Disco (2014)
Freitag, 4. November 2016
WRONGONYOU (IT) Kurt Prinz »Ich werde gerne hauptsächlich als Abbruch-Fotograf gesehen«, sagt Kurt Prinz und findet das ein bisschen schade. Klar: Seine großartigen Bildbände »Sezierte Architektur« und »Die letzten Tage des Hanappi-Stadions« sind im weitesten Sinne Ruin Porn. Seine Foto-Reportagen für namhafte Medien, seine Features in Rokko’s Adventures sowie die Kollaboration Stirn Prumzer (Sturmer / Prinz) nicht. Einen echten Prinz erkennt man an der Tiefe – verschiedene Ebenen, die erst zusammen das große Ganze ergeben.
STEAMING SATELLITES
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OLIVIER HEIM (PL)
kurtprinz.at
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Elsa Okazaki Auf wessen Liste bereits abgelichteter Menschen Marie Kreutzer, Bilderbuch und Justice stehen, darf zu Recht für sich behaupten, es als Porträt-Fotografin geschafft zu haben. Elsa Okazaki hat ein Gespür für das richtige Gesicht im richtigen Moment. Diese Expertise lebt sie auch als Kuratorin der Ausstellung »Nu Nudes« aus, die unterschiedliche Positionen zur Aktfotografie zeigen. »Ich bin in a good place, arbeite immer mehr mit netten Leuten«, sagt sie selbst. Bleibt abzuwarten, wann sie ihren Zwillingen die erste Kamera in die Hand drückt. elsaokazaki.com
»Mein bester Freund sagte mir einmal: ›Arrêt sur image, arrêt sur le temps.‹ Das fand ich sehr schön und passend« Outtake einer Fotoserie mit den Darstellern des Films »Egon Schiele – Tod und Mädchen« für Die Presse, Schaufenster (2016)
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Time to say goodbye (2016); nominiert für den APA Objektiv Fotopreis in der Kategorie Innen- und Aussenpolitk.
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Wer schon einmal eine österreichische Zeitung gelesen hat, hat auch schon mal ein Bild von Christian Bruna gesehen. Der 29-jährige Regional-Chef der Österreichischen Stelle der EPA ist einer der bekanntesten Presse-Fotografen hierzulande. Ob Nationalmannschaft, diverse Bundespräsidenten(-Kandidaten) und Volks Rock ’n’ Roller – Bruna schafft es, bekannte Gesichter auf eine Weise abzubilden, als sähe man sie zum ersten Mal. Eine seiner wichtigsten Leistungen ist aber sicherlich die Dokumentation der Flüchtlingskrise, die ihn in unzählige Lager brachte, ihn mit unsagbarem Leid konfrontierte. Gerade weil seine Bilder nicht inszenieren oder sensationsgeil sind, lösen sie im Betrachter einen Wunsch aus, sich mit den großen Themen auseinanderzusetzen.
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christianbruna.at
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Erotische Kunst aus Japan 12.10.2016 – 29.1.2017 MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst Stubenring 5, 1010 Wien MAK.AT Kitagawa Utamaro, Sommerabend,aus Erwachen der Begierde, 1799 © Leopold Privatsammlung, Wien; Foto: MAK/Georg Mayer
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Kunsthalle Wien Museumsquartier
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Ausstellungsansicht: Nathalie Du Pasquier. BIG OBJECTS NOT ALWAYS SILENT, Kunsthalle Wien 2016, Foto: Stephan Wyckoff
15/7 – 20/11 2016 #DuPasquier Diesen Herbst präsentiert die Kunsthalle Wien die Künstlerin und Designerin Nathalie Du Pasquier in ihrer ersten großen Einzelausstellung. Die Autodidaktin war Gründungsmitglied der berühmten Memphis Gruppe um Ettore Sottsass und gilt als Koryphäe der internationalen Designszene. In der Kunsthalle Wien werden ihre stilprägenden Designentwürfe ihren farbefrohen Malereien gegenübergestellt und somit die gesamte Bandbreite ihres künstlerischen Schaffens gezeigt.
So, 2/10, 12 Uhr Künstlergespräch mit Nathalie Du Pasquier Eintritt frei!
Martin Stöbich »Ich bin 7 Stunden vor eurer Zeit«, schreibt uns Martin Stöbich via Mail. Das ist nicht nur auf seinen aktuellen Aufenthalt gemünzt – Stöbich ist oft international unterwegs. Aber auch in Wien tobt er sich gerne aus. Überhaupt Städte und ihre eigenwilligen Szenen haben es dem gebürtigen Linzer angetan. Wie zum Beispiel im Bildband »Beirut«, der aus ausschließlich analogen Schnappschüssen besteht. Für die herrlich unprätentiösen wie aussagestarken Aufnahmen soll Martin Stöbich gerne weiterhin in allen Zeitzonen auf den Auslöser drücken. martinstoebich.com
Der zweite Teil der 20 interessantesten FotografInnen wird in Ausgabe 160 von The Gap präsentiert, die Anfang Dezember erscheinen wird. Wir bedanken uns ganz herzlich bei unserer Community, die für dieses Feature mehr als 200 Vorschläge eingebracht hat. Unter allen Helping Hands haben wir eine Lomo‘Instant Wide (Black Edition) verlost, die uns von unserem Partner Lomography zur Verfügung gestellt wurde, wofür wir uns ebenso herzlich bedanken. In einem eigenen Wettbewerb, den Lomography im Rahmen der Aktion gestartet hat, konnte ein fixer Platz in unserer Liste errungen werden, den das Nachwuchstalent Anna Breit mit seinen Bildern für sich beanspruchen konnte.
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Wo sind die Frauen in der Musikindustrie? An der Spitze von Plattenfirmen, Konzertveranstaltungs- und Management-Agenturen stehen noch immer hauptsächlich Männer. Das Gender-Gleichgewicht ist auch in der Musikindustrie ein vernachlässigtes Thema. ———— Es braucht ein wenig Geduld, um in der Liste der Global 500 des Wirtschaftsmagazins Fortune weibliche CEOs zu finden. Erst auf Platz 20 ist es soweit – mit Mary Barra von General Motors. Und auf Platz 84 folgt schließlich die zweite Frau an der Spitze eines der 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt: Virginia Rometty von IBM. Dass lediglich 4 % der CEOs in der gesamten Liste weiblich sind, mag frustrieren, bei derart klassischen, traditionellen Konzernen würden zeitgemäßere Beschäftigungsverhältnisse aber wohl noch mehr überraschen als diese über Jahrzehnte gepflegte männliche Dominanz. Bei Unternehmen der Musikbranche sollte das dann aber doch anders sein. Möchte man meinen. Zwar werden Pop-Sternchen noch immer als Sexobjekte verkauft oder über Country-Singsang konservative Werte vermittelt, aber viele Artists setzen auch gesellschaftliche oder gar feministische Trends. Beyoncé mag für manch Widersprüchlichkeit in ihrem Auftreten und ihren Texten (man höre etwa »Bills Bills Bills«) kritisiert werden, wie Rihanna, Adele, Taylor Swift und viele andere ist sie aber ein selbstbestimmter Popstar, der Mädchen und jungen Frauen insbesondere eines zeigt: Sie können das auch schaffen.
Major Fail Was Führungspositionen in der Musikbranche betrifft, ist das nicht so selbstverständlich. Die drei Major-Labels Universal, Sony und Warner haben in ihren internationalen Zentralen ausschließlich männliche CEOs. Aber nicht nur dort herrscht das Ungleichgewicht: Auch die Leitung von Universal Music Deutschland besteht zum Beispiel zur Gänze aus Männern. Désirée J. Vach, Gründerin von Snowhite Records und Vorstandsmitglied des Verbands unabhängiger Musikunternehmen in
Deutschland, sieht aber auch im Indie-Bereich ein Ungleichgewicht: »Unsere Mitgliedsunternehmen haben gerade einmal etwas mehr als 7 % Frauen in Führungspositionen, obwohl deren Frauenanteil insgesamt bei über 40 % liegt.« Vergleichbare Zahlen verzeichnet auch die Association Of Independent Music in Großbritannien – mit einem Frauenanteil von etwas mehr als 30 %, aber nur 15 % von Frauen geführten Unternehmen. Bei den Majors und ihren Sub-Labels bekommt man zu diesem Thema keine Stellungnahmen. Entweder wurden Anfragen von höherer Stelle abgelehnt oder die angefragten Personen hatten trotz anfänglicher Bereitschaft Bedenken hinsichtlich möglicher negativer Auswirkungen auf ihre Karriere.
Es geht ums Ego »Wenn ich auf einer Festival-Konferenz bin, dann stehen dort 80 % Männer«, erzählt Romy Weinstock. Sie arbeitet für das israelische Indie-Label und Management Anova Music. Wegen der isolierten Lage Israels gibt es bei der internationalen Vernetzung ihres Unternehmens besonders viel zu tun. »Ich arbeite fast ausschließlich mit Männern zusammen. Selbst administrative Jobs sind oft mit Männern besetzt.« Eine Horde von Männern auf einem Fleck – das kann schnell zu Machtkämpfen führen. »Bei Männern geht es oft ums Ego. Frauen sind nicht so egozentrisch. Das ist wahrscheinlich ein Nachteil«, so Weinstock. Barbara Steiner, Mitarbeiterin von Mica – Music Austria sieht das Problem fehlender Frauen in Führungspositionen unter anderem auch darin begründet, dass Männer grundsätzlich risikofreudiger und von sich selbst überzeugter agieren: »Ich erlebe immer wieder, dass sich viele Frauen beruflichen Herausforderungen selbstkritisch gegenüberstellen. ›Bin ich dafür geeignet? Kann ich das?‹ Damit verkaufen sie sich oft unter Wert. Auf der anderen Seite muss auch das berufliche Umfeld Raum und Rahmenbedingungen bieten, die es Frauen ermöglichen, ihre Zielstrebigkeit auszuleben.« Wertevorstellungen von Kolle-
Désirée J. Vach, Snowhite Records
Romy Weinstock, Anova Music
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ginnen und Kollegen, Führungskräften oder auch Geschäftspartnerinnen und -partnern seien letztendlich mitverantwortlich dafür, ob Gleichstellung stattfindet oder nicht. Almudena Heredero, Direktorin des Primavera Sound Festivals, beobachtet aber immerhin eine positive Entwicklung: »Auch, wenn es nach wie vor gängige Vorurteile gegenüber Frauen gibt, habe ich immer mehr mit Frauen in hohen Positionen innerhalb des Musikbusiness zu tun. Das wird von Jahr zu Jahr besser. Besonders auffallend ist das für mich bei Firmenneugründungen von Produktions-, Promotion- oder ManagementUnternehmen.«
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Anke Peters, Anova Music, Klaus Ranger, Juan Perez Fajardo
Aufschrei im Netz Dass sich etwas bewegt und Sexismus nicht mehr einfach hingenommen wird, zeigt die Solidarisierungswelle rund um Kesha, die 2014 ihren ehemaligen Produzenten Dr. Luke u. a. wegen sexueller Übergriffe verklagt hat. Die Klage wurde später abgewiesen, doch viele Stars stellten sich hinter die Musikerin. Die Reaktionen ihrer Plattenfirma Sony Music waren hingegen eher dürftig. Auch dass Mann sich nicht mehr jede dumme Aussage erlauben kann, ist erfreulich: So ging etwa ein Aufschrei durchs Netz, als Jimmy Iovine, Musikproduzent und Mitbegründer von Interscope Records sowie Beats Electronics, in einem Interview Frauen zu musikalisch Unmündigen erklärte, als er meinte, ihnen mit seinen Produkten bei der Suche nach neuer Musik helfen zu müssen. Dem Indie-Bereich attestiert Barbara Steiner ein frauenfreundlicheres Klima und sieht positive Entwicklungen sowohl in der Musikindustrie als auch in der Gesellschaft: »Ich glaube, dass du dir mittlerweile mit so einer Meinung einen Shitstorm einfängst, was vor 30 Jahren unter den Tisch gefallen wäre. Bei unserer Generation, der aus den 70ern und 80ern, hat sich extrem viel getan. Der Weg zur Gleichstellung und zu mehr weiblichen Führungskräften ist meiner Meinung nach dezidiert kein Kampf der Geschlechter, sondern viel mehr ein wichtiger gesellschaftlicher Wandel, der von Frauen und Männern gleichermaßen unterstützt werden soll.« Wie bei den Fortune-Global-500-Unternehmen sind Frauen in Führungspositionen also auch in der Musikindustrie noch stark unterrepräsentiert. Bewusstsein und Diskurs rund ums Thema entwickeln sich schön langsam. Vor allem bei Indies und auf Branchenkonferenzen. Majors haben, was ihr öffentliches Auftreten und ihre Strukturen betrifft, noch viel Luft nach oben. Dass sie die Sache bald in Angriff nehmen, wäre im Sinne ihrer Kunden – beiderlei Geschlechts. Kasun Jayatilaka
Im Rahmen des Festivals Waves Vienna hostet der Austrian Music Export am 30. September eine Networking Session mit dem Thema »Women In The Music Business«. The Gap veranstaltet am 21. Oktober beim Sorority Business Riot ein Panel zur Frage, warum sich so wenige Frauen auf Festival-Line-ups und hinter den Plattentellern finden.
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Barbara Steiner, Mica – Music Austria
Almudena Heredero, Primavera Sound
www.businessriot.at
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Soias erstes Album war solide. Ihr zweites ist etwas Besonderes. Denn »H.I.O.P« schafft eine bildgewaltige Hörerfahrung – zugänglich und doch voller unkonventioneller Ideen. ———— Oase, Kaleidoskop, Grapefruits auf einem Silbertablett, Kaftane, Blumenkränze, Alice im Wunderland, die eine Wasserpfeife raucht – bei manchen Alben hat man sie sofort, die bildlichen Assoziationen, die Farbtöne: türkis, lila, safrangelb und knallrosa ist Soias »H.I.O.P«, da und dort schillerndes Silber und auch mal ein matter, grünlicher Pastellton. Wo Bilderbuch chemische Softdrinks auf der Copacabana schlürfen, wäre Soias SignatureDrink für ihr zweites Album vielleicht ein eiskalter Minzsirup gespritzt auf einen Halben – mehr bio, aber auch sehr süß. Die Art von Süße, bei der die Zähne auch weh tu können: Hört man nämlich genauer hin, verstecken sich hinter den oft lieblich anmutenden Melodien ganz schön morbide Texte.
Zwischen Jazz und Pop »H.I.O.P« – Hidden In Obvious Places – vermittelt eine gewisse Leichtigkeit, ohne dabei oberflächlich zu sein. Dafür sind Soia und vor allem ihr Produzent, der umtriebige Jazzpianist Mez, zu tief in Musiktheorie verwurzelt. »Wir sind halt zwischen diesem elitären, künstlerischen Jazz und Populärmusik. Für die einen zu artsy und für die anderen zu wenig«, sagt Soia selbst über die Schwierigkeit, gerade in Österreich eine passende Schublade für ihre Musik zu finden. Was hier jetzt wie ein Nachtteil klingt, ist die große Stärke des neuen Albums, das Soia und Mez im Oktobber auf demselben kleinen amerikanischen
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Label Record Breakin’ veröffentlichen, wie auch schon ihre erste Kollaboration »Mood Swings« von 2013, der man den Stempel Nu Jazz noch problemlos aufdrücken konnte. Kurz davor wird das Album noch exklusiv für den Raum Japan und Taiwan, Soias Geburtsland, über das japanische Label Sweet Soul Records erscheinen.
Um’s Eck gesungen »H.I.O.P« changiert zwischen zeitlosem SoulFeeling und experimentellerem Alt Pop, wird allerdings von Mez’ ausgefeilter Produktion zusammengehalten. Die Track-Abfolge ist von vornherein als Reise durch verschiedene Kulturen, Länder und Stile komponiert und fühlt sich wie eine respektvolle Hommage an eben jene an – kein Zusammenklauen von eingängigen Samples ohne Kontext, wie es unter dem Stichwort »globaler Sound« nur zu oft passiert. Mehr als auf dem Vorgänger »Mood Swings« zeigt Soia auch, was sie stimmlich, aber vor allem als Interpretin ihrer eigenen Texte kann. Sie wählt auf »H.I.O.P« nicht immer die naheliegende Melodie, experimentiert, spielt mit dem Beat und denkt, ja singt ums Eck. Am schönsten auf »See Me Hollow«, dem vielleicht besten und rundesten Track des neuen Albums, das insgesamt als großer Schritt in die richtige weil eigenständige Richtung gelten darf. Neben der Musik erzählt »H.I.O.P« natürlich auch viel über eine Art musikalischen und auch persönlichen Pursuit of Happiness. Für Soia kam es nie in Frage, auf einem österreichischen Label zu veröffentlichen, auch wenn das vielleicht einfacher wäre. Live will
» Wir sind halt zwischen diesem elitären, künstlerischen Jazz und Populärmusik. Für die einen zu artsy und für die anderen zu wenig.« — Soia
sie nur mit Band spielen, obwohl die Gagen nicht höher werden, nur weil mehrere Leute auf der Bühne stehen. Hier macht sie keine Kompromisse. Vielleicht gerade weil das Musikmachen – der kreative und der organisatorische Part – bei ihr neben einem Brotjob Platz finden muss und sie keine Zeit für halbe Sachen hat. Das Resultat: Eine Ernsthaftigkeit und Leidenschaft, die man dem Endprodukt anhört. Amira Ben Saoud
Soia spielt am 22. Oktober bei SoiaJojaWibe presented by Business Riot und The Gap im Brut. Ihr Album »H.I.O.P« erscheint am 21. Oktober via Record Breakin’ weltweit und kurz davor via Sweet Soul Records in Japan und Taiwan. www.soia.at
Levi Thomas
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Soias zweites Album »H.I.O.P« ist etwas Besonderes Pop mit Seele
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Maya McKechneay im Porträt Diagnose: Cinephilie
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» Man sollte nie in die Situation kommen, in der man glaubt, die anderen richten es schon für einen.« — Maya McKechneay
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Vom Text zum Bild, von der Theorie zur Praxis – die Filmkritikerin Maya McKechneay präsentiert auf der Viennale 2016 mit »Sühnhaus« ihr Film-Debüt. Ein Umriss. ———— Als Maya McKechneay vor mir in einem kleinen Café am Karmelitermarkt sitzt, entpuppt sie sich als die Dreifaltigkeit der filmischen Auseinandersetzung: Kritikerin, Theoretikerin, und jetzt auch Regisseurin. Als sie von ihrem Filmprojekt »Sühnhaus« zu erzählen beginnt, schwingt vor allem Erleichterung in ihrem Ton mit – sie ist sichtlich froh, ihr Debüt abgeschlossen zu haben und es dem diesjährigen Viennale-Publikum präsentieren zu können. Im Nachhinein würde sie vieles anders machen, meint sie lachend, doch rückblickend scheint sie trotzdem zufrieden mit sich und ihrer Dokumentation zu sein.
»Männerübergewicht«
toll, wenn österreichische Regisseurinnen TV-Komödien drehen, wie Marie Kreutzer, oder »Tatort« wie Sabine Derflinger – auch, weil ich daran glaube, dass es im Kino so etwas wie einen weiblichen Blick gibt.« Eine männlich-dominierte Berufsbranche war es dann auch, die die »Sühnhaus«Regisseurin während der Dreharbeiten am meisten herausgefordert hat: Die Polizei, die durch den Standort der Polizeidirektion am Schottenring 7–9 – an jener Stelle, wo 1881 das Ringtheater abbrannte – eine wesentliche Rolle in der Doku spielte. McKechneay wusste schon vor Drehbeginn, dass sie in einem stark männlich dominierten Umfeld drehen würde – und suchte zunächst nach einer Kamerafrau, als eine Art Gegengewicht. Da allerdings aus kreativer Sicht vieles für den filmtechnischexperimentierfreudigen Martin Putz sprach, entschied man sich dann doch für einen Kameramann. Umso wichtiger wurde es McKechneay, mit einer Sprecherin genug »weibliche Färbung« in die Doku zu bringen. »Bei einer klassischen Dokumentation hast du sehr oft den Fall, dass dir Männer die Welt erklären. Eine Stimme, die aus dem Nichts wie Gott sagt, wie es läuft.« Als Paradebeispiel dient hier Otto Clemens, der als »Universum«Stimme vom Olymp der österreichischen Sprecher herablacht. Die Rolle der erklärenden Frau, die aus dem Off die Geschichte erzählt und das Kinopublikum durch den Film manövriert, nahm McKechneay dann trotz stimmlicher Selbstzweifel selbst ein. Nein, als Sprecherin sähe sie sich nicht, sie musste sich dafür »zusammenreißen«, erzählt sie im Interview. Ein Charakterzug, der in dieser Einschätzung mitschwingt und sich auch durch »Sühnhaus« zieht, ist ihre kritische Haltung gegenüber sich selbst, aber auch gegenüber allem anderen. Viennale-Direktor Hans Hurch kann davon bereits ein Lied singen. »Was ich an Maya immer geschätzt habe, ist ihre durchaus kritische Haltung mir und der Viennale gegenüber. Ich kann mich erinnern, sie hat die Viennale einmal als ein ›Altherren-Festival‹ bezeichnet, weil wir zu viel Straub und Oliveira und Ähnliches gezeigt haben.« Diese aktive Kritikfähigkeit macht sich in Maya wie auch in ihrem Film immer wieder bemerkbar. »Ich glaube, der Punkt ist, dass man das Selberdenken nicht aufgeben darf. Man sollte nie in die Situation kommen, in der man glaubt, die anderen richten es schon für Michaela Pichler einen.«
Maya McKechneay macht nun also Filme. In Österreich gibt es immer noch nicht besonders viele Frauen, die das tun. »Bei der Regie teilt sich das meist nach dem Budget auf: Bei Low-Budget-Produktionen hast du vergleichsweise viele Frauen und bist da fast ausgeglichen. Sobald das Budget größer wird, dünnt es sich immer mehr aus. Ich finde es
Der Dokumentarfilm »Sühnhaus« hat auf der Viennale Weltpremiere und kommt am 8. Dezember, dem 135. Jahrestag des Ring theaterbrandes, in die österreichischen Kinos.
nige Schritte vom Karmelitermarkt entfernt einiges an abstrusen Mordrelikten zur Schau stellt. Ein rußschwarzer, vom Körper abgetrennter Kopf einer Frau hat es der Münchnerin dort besonders angetan. Es handelt sich dabei um ein Opfer des Ringtheaterbrandes, der 1881 in Wien 386 Theaterbesuchern das Leben kostete. McKechneay beginnt genauer nachzuforschen, stößt auf Ungereimtheiten, Vertuschungen, einen in Vergessenheit geratenen Skandal rund um Sigmund Freud und Kaiser Franz Josef. Irgendwann hat sie so viel Material gesammelt, dass eine filmische Umsetzung immer plausibler erscheint. Die Idee kommt bei Bundeskanzleramt und Filmfonds Wien gut an, das Projekt wird gefördert. Gemeinsam mit Kameramann Martin Putz beginnt sie, dem kollektiven Vergessen
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Diagnose: Cinephilie Die gebürtige Münchnerin ist eigentlich zum Studieren nach Wien gekommen. Während ihres Germanistikstudiums läuft sie allerdings zur »Filmtheorie« über, das Stichwort »Popkulturdebatte« fällt dabei im Interview, die sie dann auch zum Hierbleiben bewogen hat. »Wir waren eine Gruppe, die ziemlich schräg und auf eine wahnsinnig schöne Art über Film nachgedacht hat.« Als die damals 24-jährige McKechneay dann als Einzige aus ihrem Cineasten-Zirkel, wie sie mit überzeugter Miene erzählt, zur Berlinale fährt und den neuen Film von David Cronenberg sieht, meldet sich das damals noch existente (und vom kleinen PVSVerlag herausgegebene) Filmmagazin Meteor. Sie solle doch einen Essay darüber schreiben. Mit ihren Beobachtungen zur ScienceFiction-Story von »eXistenZ«, ihrem ersten publizierten Filmtext, erweckte sie die Aufmerksamkeit des Falter und wurde kurzerhand engagiert.
Die Seite wechseln Fast 20 Jahre später hat Maya McKechneay einiges zum Thema Film durchdacht, erörtert, erklärt und publiziert. Sie schreibt für den Falter, tritt ab der ersten Ausgabe des österreichischen Filmmagazins Ray als Redaktionsmitglied in Erscheinung und präsentiert in Vorträgen rund um Filmfestivals ihre fachkundigen Überlegungen. Wortgewandt und wohlüberlegt spricht McKechneay im Interview über ihre analytische Vorliebe, sich mit gruseligen Skurrilitäten wie die Inszenierung von angsterzeugenden Räumen wie in Horrorfilmen auseinanderzusetzen. Nach all den Filmtheorien, die die versierte Fachfrau während unseres Gesprächs auf beeindruckende Weise zu erklären versucht, schien es fast schon vorprogrammiert, dass sie selbst einmal hinter der Kamera stehen wird. Grund für den tatsächlichen Start ihres eigenen Filmprojekts war dann genau genommen das Kriminalmuseum, das nur we-
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des Ringtheaterbrands entgegenzuwirken. »Maya kommt ganz klar vom Text, sie sieht und sucht die weiterreichenden Zusammenhänge. Den Bildern war dadurch immer ein Weg bereitet, deshalb war es sehr einfach, die richtigen Bilder zur Geschichte zu finden«, erzählt Putz auf die Frage hin, wie sich die Zusammenarbeit mit der Regie-Debütantin angefühlt hat. Das große Ganze zu sehen war wohl ein besonderes Anliegen während den Dreharbeiten zu »Sühnhaus«. Dass es als praktischer Neuling aber nicht immer einfach ist, hat sie als Regisseurin am Set schon recht schnell lernen müssen. »Bestimmte Dinge funktionieren in der Theorie super und in der Praxis dann gar nicht.«
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4. dezember: Van der Bellen WäHlEN
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Finde den richtigen Viennale-Film für dich Raphael Dillhof Erli Grünzweil
Ist es ein Date?
Nein
The Carpenter Project
Eher keine Lust auf Arthouse-Kram, du willst lieber gutes altes Gemetzel sehen? Die Viennale widmet dankenswerterweise dem Horror-Spezialisten John Carpenter eine ganze Reihe.
Ja
Tinder?
Ja
Ehrlich nicht!
Nein Viennale heißt nicht nur sehen, sondern auch gesehen werden – bei Tinder-Dates versucht man Letzteres allerdings eher zu vermeiden. Gott sei Dank gibt es Vormittagsvorstellungen und Nebenprogramme. Die Stummfilme von Robert Land etwa dürften bei aller Qualität eher weniger gut besucht sein.
Würstelstand
Ehrlich? Okay, ja.
Wohin geht ihr vorher essen? Le Troquet
Organic-BurgerHipster-Schuppen
Isabelle Huppert soll …
… sich rächen
Petersen Das Leben eines gedichteschreibenden Busfahrers. Auch wenn die Beschreibung von »Petersen« irgendwie lahm klingt: Ihr müsst einfach den neuen Jim Jarmusch sehen.
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Elle
Isabelle Huppert macht Jagd auf ihren Vergewaltiger. Regisseur Paul Verhoevens »Rape-Comedy« ist nicht unumstritten, aber wer einen Film wie »Total Recall« gemacht hat, kann eigentlich kaum falsch liegen.
… verzeihen
L’Avenir Erfolgreiche Frau mittleren Alters (Isabelle Huppert) wird überraschend von ihrem Mann verlassen und gewöhnt sich langsam an ihr neues Leben in Freiheit. Film gewordenes Tränengas inklusive reinigender Katharsis.
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Mein Papa zwingt mich
Sondern?
Ich bin eben Cineast
Wozu brauchst du dann ein flowchart?
Sozialer Druck
Flasche Bier, Popcorn
Was nimmst du ins Kino mit? Flasche Bordeaux, Pralinen
Flasche Zweigelt, Zotter-Schoki
Kater
Radio Dreams
Kosmopolitisch und voller trockenem Humor: Der »Bob Dylan des Iran« versucht Metallica davon zu überzeugen, in seinem Radiosender aufzutreten, obwohl er kaum Englisch spricht – oder so ähnlich.
Schräge Frisuren
Okay, erwischt …
An Arthouse-Film mag ich … Melodramatik, psychologische Tiefe
Der österreichische Schriftsteller Händl Klaus hat für sein Filmdebüt »März« zahlreiche Preise gewonnen – sein neuer Film »Kater« erzählt von zwei Musikern, einem plötzlichen Bruch in einer scheinbar perfekten Partnerschaft – und einem Kater namens Moses.
Meine Mama zwingt mich
Nackte Brüste
Unter wäsche lügen Enfant terrible Klaus Lemke dreht einen Film über ein sexsüchtiges Callgirl in der jungen Münchner Schickeria. Drehbuch gab’s wie meistens bei Lemke keines, Sexszenen umso mehr.
Den ionsgewinn kt in Dist
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Prosa — M a r k us Lust
Hate and the City Wien ist die Welthauptstadt des Suderns und des Grants. Das kann einem schon gewaltig auf die Nerven gehen. Markus Lust hat nun mit »111 Gründe, Wien zu hassen: Die Stadt so, wie sie wirklich ist« der Donaumetropole ein Listicle-Denkmal gesetzt. Eine wohl formulierte und amüsante Häppchen-Tirade, die gleichzeitig Klischees hinterfragt und produziert. Zum Aufwärmen hier schon einmal zwei gute Gründe, Wien zu hassen.
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Hier ein Fun Fact: »Wien« und »nein« unterscheiden sich nur durch einen einzigen Buchstaben. Hätte die Eigenheit in der Wiener Mundart, alles ins Schlechte zu drehen und zu negieren, eine eigene grammatikalische Form (so wie Infinitiv, Indikativ oder Inflektiv), würde sie wahrscheinlich Negativ heißen. Will der Wiener etwas insgeheim loben, sagt er »Kann man nix dagegen sagen«; meint er ja, sagt er »no na«; nimmt er im Gespräch einen Gedanken auf und will ihn dialogisch ausbauen, sagt er »Nein, jedenfalls …« Die ganze Geisteshaltung ist so stark von Verneinung geprägt, dass man sich die Zustimmung in Wien ausschließlich für die Fälle vorbehält, in denen man es nicht wirklich so meint. »Ja eh« heißt: Lass mich damit in Ruhe; »Sicher« heißt: Soweit kommt’s noch und »Küss die Hand« heißt: Leck mich am Arsch (gnädige Frau). Im Grunde sind die nächsten direkten Verwandten der Wiener in der demografischen Boomer-Gruppe der Über-60-Jährigen zu finden – also den Leuten, die früher mal Senioren oder in Wien Pensionisten hießen, die man heute aber nicht mehr so nennt, weil das ihrem spätblühenden Naturell nicht mehr gerecht wird. Insofern empfehle ich jedem Wien-Urlauber vor seinem Besuch in der Stadt einen Abstecher ins nächstbeste Altenheim, um sich mentalitätsmäßig vorzubereiten: Alte Leute jammern, weil jeder Tag gleich ist, aber planen sofort den Aufstand, wenn das Mittagessen nicht pünktlich um 11.30 Uhr vor ihnen steht; sie beklagen sich über die Hitze, weil sie die in der Hüfte spüren und deshalb nicht spazieren gehen können, obwohl sie bei dem schwülen Wetter sowieso nicht das Haus verlassen würden; und egal, von welcher Reise man ihnen erzählt oder welchen fremden Ort sie im Fernsehen sehen, wird ihre erste interessierte Gegenfrage immer sein »Und, ist es dort sehr gefährlich?«, direkt gefolgt von einem »Naja, wo ist es heute schon noch sicher«. Wie alle (geistig) alten Menschen will auch der gemeine Wiener nicht hören, dass er ständig nur raunzt und begegnet entsprechenden Anschuldigungen gern mit der Bemerkung »Entschuldigung, aber ich bin eben Realist« – dem internationalen Erkennungszeichen aller Pessimisten, die mit Stolz die Realität der Optimisten ignorieren, seit der erste Mensch ein Glas genau bis zur Hälfte mit Wasser gefüllt hat. Den Wiener mit netten Worten und guten Gedanken von seiner geriatrischen Düsternis abzubringen, fällt fast schon unter Sterbehilfe und ist daher illegal.
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Zum Konzept von Trinkgeld gibt es mindestens so viele Ansichten wie es beim Bezahlen Möglichkeiten gibt, aufzurunden. Einige geben immer genau zehn Prozent, weil es angeblich einfacher zu rechnen ist, andere gehen in absoluten Zahlen nie über zehn Euro hinaus, auch wenn die Rechnung vielleicht 239,90 ausmacht. Einige meinen, es sei in Amerika viel gerechtfertigter als bei uns in Europa, weil Menschen in der Gastronomie dort ja weit weniger Grundgehalt beziehen (lustigerweise sind das nur sehr selten Menschen, die selbst jemals in der Gastronomie gearbeitet haben). Andere geben sehr gerne Trinkgeld und tun das dann auch sehr laut, um für ihr Geld wenigstens ein bisschen gutmenschliche Gegenleistung in der Form von Anerkennung zu bekommen (weil die Bedienung durch einen Studenten, der am Ende des Monats Ketchup-Brot diniert, vermutlich nicht Befriedigung genug ist). Manchmal taucht auch das Gerücht auf, das englische Wort für Trinkgeld, »Tip«, sei eigentlich eine Abkürzung für »To insure promptness«, was damit zu tun habe, dass das Trinkgeld früher ja vor der Bestellung auf den Tisch gelegt wurde, um, naja, eben promtpness to insuren. Das ist zwar faktisch falsch und die Trinkgeldtradition kommt, vielleicht überraschenderweise, auch gar nicht aus dem neoliberalen Amerika, sondern ist direkt hier bei uns in Europa entstanden. Aber das ist natürlich alles gar nicht der Punkt. Das Schöne an all diesen unterschiedlichen Ansichten ist, dass man sie in Wien gerne ausgerechnet dann diskutiert, wenn es ans Bezahlen geht, um später so tun zu können, als hätte man den Moment verpasst, in dem der Kellner fragend Blickkontakt gesucht und schließlich auf den Cent genau herausgegeben hat. Dem Wiener ist nichts zu billig, um sich vor Trinkgeld zu drücken. In Momenten des Zahlens mutiert er zum Sitcom-Charakter und flüchtet aufs WC, flüstert den Betrag zur Seite oder fingert an 30 bronzefarbenen Münzen herum, um wie beim Kauf der Sonntagszeitung mit der Geräuschkulisse über den Geldbetrag hinwegzutäuschen. Als ich vor Kurzem in der Wiener Filiale des legendären »Leberkas Pepi« war, bestellte ein Mann vor mir circa zehn Semmeln und ließ sich seine Rechnung von 14,93 Euro auf 15 Euro aufrunden. Wie sein Versace-Polo mit aufgestelltem Kragen verriet, war er finanziell eindeutig besser aufgestellt als geschmacklich – aber am hässlichsten war nicht sein Look zwischen Geissens und Golfplatz, sondern seine Gier. Ein anderes Mal sah ich in der noblen Einkaufsgegend am Wiener Graben eine Frau, die auf einen Spendenaufruf für Tiere reagierte, als wäre ihr eine Wespe ins Gesicht geflogen und unter panischem Wedeln im Tonfall einer Dame, der gerade horizontaler Broterwerb unterstellt wurde, rief: »Spenden? Ich? Jetzt reicht’s aber!« Denn so sehr Wiener den Anspruch leben, so wenig lassen sie sich umgekehrt in die Verantwortung nehmen, solange es nicht Pflicht ist. Es ist diese kleinkarierte Knausrigkeit, mit der Wien immer wieder zeigt, dass seine Bewohner einer Großstadt unwürdig sind. Diese Gier vor dem eigenen Verlust und die Angst vor dem Gewinn des anderen ist eine Eigenschaft, die sich nur Städte ohne jegliches Bewusstsein für das große Ganze leisten können. Städte, die allein dadurch geistig wieder in Dörfer zerfallen.
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Markus Lust Markus Lust (34) ist Chefredakteur von Vice Alps. Er lebt seit 15 Jahren in Wien und studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaften. Nebenbei sammelte Lust, ein anerkannter Wrestling-Experte, auch fleißig Agenturerfahrungen. »111 Gründe, Wien zu hassen: Die Stadt so, wie sie wirklich ist« (Schwarzkopf & Schwarzkopf) ist sein erstes Buch und erscheint am 1. Oktober. Grund genug, dem Autor einige dumme Fragen zu stellen, die er vielleicht demnächst öfters hören wird und zu hassen lernt. Du hast 111 Gründe angeführt, Wien zu hassen. Hat es mit der Zahl eine Bewandtnis? Bei meinen 111 Gründen ist der Grund, dass es da ein anderes, viel klassischeres Buch mit einem ähnlichen Titel gibt – nämlich »111 Orte in Wien, die man gesehen haben muss«. Außerdem mag ich die Vorstellung, ein Listicle zu machen, das so absurd lang ist, dass bei Buzzfeed alle Gehirne platzen. Wenn du Wien so hasst, warum gehst du dann nicht zurück nach Linz, wo du herkommst? Das ist natürlich ein gern gebrachtes Argument der Rechten in unserem Land: »Wem es bei uns nicht passt, der kann ja gehen.« Daraus spricht ein bisschen die Hoffnung, dass irgendwann nur noch Gleichgesinnte übrigbleiben und man sich diese lästige Sache mit der Demokratie und der Diskussionskultur endlich sparen kann. Wie absurd das ist, sieht man erst, wenn man es umdreht und sagt: »Wem es nicht passt, dass manchen Leuten etwas nicht passt, der kann ja gehen.« Aber um ganz ehrlich zu sein: Ich bin in Wien, weil Linz noch schlimmer ist.
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Die Welt geht über vor Hass. Wieso wählt man dann eigentlich so einen Buchtitel? Ist unterm Strich alles nur eine paradoxe Intervention und Liebeserklärung? So paradox ist das gar nicht. Man kann einfach kein Buch über Wien und seine Einwohner schreiben, ohne dasselbe zu tun wie sie: nämlich sudern und sich über alles beschweren. Auf gewisse Art ist das Buch ein Ventil, damit Wiener auch mal wieder Wienbefürworter sein können, ohne aus ihrer Grant-Rolle zu fallen. Kriegst du auch 111 Gründe zusammen, Wien zu lieben? Mit ein bisschen nachdenken bestimmt. Das Einzige, was ich nicht schaffen würde, wären »111 Gründe, warum einem Wien egal sein sollte«. Wien findet sich in diesen merkwürdigen Rankings der lebenswertesten Städte immer ganz vorne. Ist das nicht Jammern auf hohem Niveau? Genau diese Rankings sind übrigens einer der 111 Gründe im Buch. Immer, wenn irgendein Personalunternehmen wieder behauptet, Wien wäre die beste Stadt der Welt – weil irgendwelche Expats hier gut shoppen und schön wohnen können –, werden die einheimischen Medien alle zu Fanboys und Fangirls und machen sich brav zum PR-Sprachrohr von Mercer und Co. Wenn man sich aber zum Beispiel internationale Rankings zu Glück oder Zufriedenheit anschaut, ist Wien meistens nicht mal unter den Top Ten. Manfred Gram
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Wie DschungelIntendantin Corinne Eckenstein arbeitet Das Rohe an jungen Menschen » Ich will die Neugierde der Menschen erwecken und zeigen, dass Jugendtheater ein gesellschaftspolitischer Raum ist.« — Corinne Eckenstein
Wer wollte nicht schon einmal eine Expedition durch den Dschungel machen? Einen Regenwald gibt es in Wien zwar nicht, dafür aber ein Theaterhaus, in dem es mindestens genauso wild zugeht – besonders in der neuen Saison. ———— Aus roher Masse etwas formen – wie eine Skulptur aus Ton – so arbeitet Corinne Eckenstein, 53. Sie ist Regisseurin und Tänzerin, Produzentin und Schauspielerin und mit der Spielzeit 2016/17 die neue Intendantin des Dschungel Wien. Als Theater für junge Menschen versteht sich dieser, vor allem aber als eine Stätte Kreativer für Kreative: »Am Dschungel werden die Stücke gemeinsam erarbeitet.« Dieser Umstand ist der gebürtigen Schweizerin wichtig, denn Jugendtheater wird gerne auf Pädagogik reduziert. So möchte sie die Sicht auf diese Form von Schauspiel ändern: »Ich will die Neugierde der Menschen erwecken und zeigen, dass Jugendtheater ein gesellschaftspolitischer Raum ist.«
Rainer Berson
Den eigenen Körper erfahren
Aus dem Performance-Parcours »Quartier 2030« der Regisseurin Claudia Seligmann.
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Seit Jahren arbeitet Eckenstein in ihren Produktionen daran. Vor allem mit ihrer »Boys«Trilogie (2012-2015) konnte sie Erfolge verzeichnen. In »Boys Don’t Cry« (2012) macht sie mit Klischees reinen Tisch und zeigt, dass Jungs sehr wohl weinen und tanzen dürfen. Sex ist ein Thema, das nicht behandelt werden soll, sondern muss. Eigenwillig stellen viele ihrer Stücke »Self-Empowerment« dar und zeigen, dass es gut ist, anders zu sein. Das Erfahren des eigenen Körpers steht dabei häufig im Zentrum. Buben und Mädchen aus allen Altersstufen, mit und ohne migrantischem Hintergrund, dick oder dünn, singen, springen, tanzen oder rollen (Adil sitzt im Rollstuhl und gehört mittlerweile zum Kernteam) durch den Raum. Ob sie darauf achte? »Woanders wird das Integration genannt, für mich ist das selbstverständlich.« Die Handlungsstränge verlaufen selten linear, aber
die Themen – Unsicherheit, Liebe, Sex, Beziehungen, Träume, Enttäuschungen – sind greifbar. Sie provoziert dabei gerade so viel wie nötig, zeigt schon mal nackte Körper im Jugendtheater. Doch das geschieht mit einer Ehrlichkeit, an der man sich gar nicht stoßen kann.
Auf Entdeckungsreise … Dabei arbeitet die ehemalige Tänzerin ohne Drehbuch und mit viel Improvisation: »Ich gebe etwas vor, aber wohin es geht, weiß ich nicht.« Ihr gefällt »das Unfertige« an den jungen Menschen, »dieses Rohe«: »Ich mag es überhaupt nicht, wenn etwas auf der Bühne zu glatt und vorgefertigt ist. Ich möchte gemeinsam mit Menschen etwas entdecken.« Das fängt bei den Castings an. Nur zum Teil arbeitet sie mit professionellen Darstellern: »Bewegung und Tanz ist ein Lebensgefühl, das sich nicht in Worten ausdrücken lässt.« »Räume öffnen« lautet auch das Dschungel-Spielzeitmotto 2016 / 17, »physisch, emotional, intellektuell«. In einer Kombination aus Choreografie und Schauspiel gibt das Eröffnungsstück »Running Wild« Einblick in die Zwischenwelt von Kindsein und Erwachsenwerden. Inspiration war Corinnes 13-jähriger Sohn Lino. Als eines Tages die »heiligen« Kuscheltiere in Müllsäcken vor der Zimmertür standen, war die Mutter verdutzt: »In welcher Welt lebt man da?« Diese gilt es gemeinsam mit den Schauspielerinnen und Schauspielern (11 bis 13 Jahre) zu entdecken. Im Raum hängen Riesenschaukeln. Auch er ist in Aufruhr, bleibt in Bewegung. Corinne spricht mit den Kindern darüber, was sie beschäftigt: »Was sie zu sagen haben, ist wichtig.«
Alles Kinderteller? Auf der Bühne kommen sie zu Wort: »Wenn man in einem Theater wie dem Dschungel arbeitet, hat man automatisch eine gesell-
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Claudia Seigmann im Interview Die Zukunft ist jetzt
schaftspolitische Aufgabe.« Der offene Dialog auf und abseits der Bühne ist dabei die treibende Kraft, denn »dort werden die eigenen Vorurteile verrutscht.« Für sie ist es daher unbegreiflich, dass gerade im Jugendbereich immer zuerst gespart wird. Auch am Dschungel sind die Gehälter niedrig, der Eintritt günstig: »Irgendwie ist das alles Kinderteller«. Dabei sei es doch gerade hier so wichtig aktiv zu sein, gerade jetzt, wo sich ein Graben in der Gesellschaft auftut. Im Dschungel jedenfalls hat sie nun die Möglichkeit zur Veränderung. Dort führt die neue Direktorin die Schiene 16+ ein, bei der auch politische Themen diskutiert werden. Eine Adaption von Darja Stockers »Nirgends in Frieden. Antigone« behandelt den arabischen Frühling und seine Auswirkungen. Auch zum Mitmachen wird aufgefordert: »Put on the Red Shoes« bietet eine Open Stage für junge Künstler und ihre musikalischen, akrobatischen oder lyrischen Werke, Tänzerinnen und Performer werden in »Try Out« eigene Stücke vorstellen und »Wildwechsel« bietet eine Theaterwerkstatt für alle ab 16 Jahren. Rennend, tanzend und schreiend leiten Corinne und ihr wildes Ensemble eine neue Saison in diesem Dschungel der Stadtmitte ein und drehen den Spieß um: Eine von der Gesellschaft gehetzte Jugend macht im Museumsquartier, »diesem Inbegriff von elitärer Hochkultur«, Jagd auf das Konventionelle in Manon Steiner Theater und Kultur.
»Running Wild« ist noch bis zum 2. Februar im Dschungel Wien zu sehen. Auch die Produktionen »Boys Awakening« und »Blutsschwestern« von Corinne Eckenstein stehen wieder auf dem Spielplan. Auch Eckensteins eigene Theatergruppe Theater Foxfire wird unter ihrer Anleitung weiterhin Stücke aufführen. Nähere Infos unter dschungelwien.at
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Was ist der Ausgangspunkt von »Quartier 2030«? Das Thema Stadt und wie junge Menschen diese miteinander erleben. Wir beziehen alle dieses Quartier, diese Stadt neu. Die Frage, »Woher kommst du?«, wird nicht mehr gestellt. Wir gehen von einem selbstverständlichen Miteinander aus. Welche Kernthemen werden behandelt? Wir setzen uns mit der Zukunft im Jahr 2030 auseinander: Wie gehen wir mit Ressourcen, mit Müll, mit der Umwelt und schließlich miteinander um? Wie kann man sich den Entstehungsprozess vorstellen? Über die anfänglichen Denkräume sind wir zu Möglichkeits- und schlussendlich zu Handlungsräumen gelangt. Zum Beispiel haben wir als Gruppe versucht, uns nur auf positive Nachrichten in den Medien zu konzentrieren. Wir haben plötzlich eine Alternative zu den verunmöglichenden Perspektiven gesehen, die uns täglich vor Augen gehalten werden. Dieses selbstermächtigende Gefühl versuchen wir dem Publikum zu vermitteln. Ihr habt das Stück in der Gruppe erarbeitet. Wie liefen die Proben ab? Es gab sehr viel inhaltliches Arbeiten, viel gemeinsames Nachdenken und Improvisation. Zum Beispiel haben wir unseren Müll gesammelt oder eine Facebookgruppe für positive Nachrichten erstellt. Ihr nennt die Performance einen Parcours. Wie kann man sich das vorstellen? Das Publikum bewegt sich durch Ecken und Plätze im Museumsquartier. An unterschiedlichsten Stationen teilen wir unsere Erfahrungen mit dem Publikum und beziehen es zum Teil mit ein. Wie sieht das Jahr 2030 aus? Sehr positiv. So erkennen wir zum Beispiel, dass Müll unsere Ressource ist. Das ist auch auf der Requisiten- und Kostümebene zu erleben. Gibt es irre Erfindungen? Klar. Hier an den Museen gibt es Vorrichtungen, wo du dich hinsetzen kannst. Dabei wird deine Körperwärme in Energie umgewandelt und direkt dem Museum zugeführt. Dafür bekommst du gratis Eintritt. Würdest du euren Entwurf als Utopie beschreiben? Vielleicht als eine sehr reale Utopie, aber eher als eine Beschäftigung mit der nahen Zukunft. Unser Ansatz ist: Die Zukunft ist jetzt.
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Das Eröffnungsstück »Running Wild« gibt Einblick in die Zwischenweltvon Kindsein und Erwachsenwerden.
Regisseurin Claudia Seigmann über ihren Performance-Parcours »Quartier 2030« für die Eröffnung der Dschungel Spielsaison 2016/17. ———— Müll als Ressource und die Stadt als Erlebnis. Im »Quartier 2030« ist es egal, woher du kommst, wie alt du bist, oder was du tust. Hier werden die Karten neu verteilt – und zwar gemeinsam. Mit einem Ensemble, bestehend aus Profis und Laien, zeigen Claudia Seigmann und ihr Team den Weg in die Zukunft.
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Marlene Mautner
Workstation Menschen am Arbeitsplatz
Christina Steinbrecher-Pfandt, Künstlerische Leitung der Vienna Contemporary und Team »Wie Warten auf Weihnachten«, beschreibt Christina Steinbrecher-Pfandt dieses Gefühl, welches das ganze Jahr in der Luft liegt, bevor es wieder heißt: Vienna Contemporary. Als künstlerische Leiterin der Kunstmesse zieht sie zusammen mit Geschäftsführer Renger van den Heuvel und dem sechsköpfigen Kernteam die Fäden hinter den Kulissen des größten internationalen Kunst-Events in Wien, das heuer in der Marx Halle stattfinden wird. Für die Messe mit 28.000 Besuchern wächst das Team auf 60 Mitarbeiter an, außerdem gibt es noch 120 weitere Events im Rahmen der Vienna Contemporary in der Hauptstadt, die ebenfalls betreut werden müssen. »Wir laufen, während der Messe mit großen Ohren durch die Gegend und reagieren sofort auf Feedback, falls es an einer Ecke zu laut, zu kalt oder zu dunkel ist«, erzählt Steinbrecher-Pfandt im Büro in der Siebensterngasse und scherzt: »Jedes Jahr, wenn es soweit ist, sind wir wieder gespannt, wie der Christbaum heuer aussehen wird.« Vienna Contemporary 22. bis 25. September 2016, viennacontemporary.at
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Lilli Hollein, Direktorin der Vienna Design Week und Team Gelernt: Auch ein Arbeitsplatz im 3. Obergeschoss des Stilwerks mit einer grandiosen Aussicht über den Wiener Donaukanal ändert nichts an der Tatsache, dass der erste Akt am Morgen dem Einschalten der Kaffeemaschine gilt. Diese wird im Büro der Vienna Design Week meist um zirka 10 Uhr betätigt: »Fixe Arbeitszeiten gibt es bei uns eher nicht, aber um zehn stehen die Chancen gut, einen Großteil des Teams anzutreffen«, erzählt Julia Hürner lächelnd, verantwortlich für Exhibition Management und Public Fundings. Man ist sich einig: »Wir sind hier sehr gut eingespielt. Und jede weiß ohnehin am besten, was sie wann zu tun hat.« Jede. Tatsächlich ist das Kernteam um Lilli Hollein – die mitten im offenen Büro einen Termin mit den einzigen zwei Männern im Raum hat – gänzlich weiblich. Das sei aber nicht bewusst entschieden worden, wie Marlene Leichtfried (Programm Management / Partner Relations) anmerkt: »Das hat sich lustigerweise ergeben und funktioniert wirklich sehr gut.« Nicht unhilfreicher Umstand bei einem Workload, den Projektmanagerin Elli Schindler folgendermaßen beschreibt: »Nach dem Festival ist vor dem Festival.« Vienna Design Week 10, 30. September bis 9. Oktober, viennadesignweek.at
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ÖSTERREICHS CLUBSZENE IM RADIOKULTURHAUS
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»Was hat uns bloß so ruiniert« Marie Kreutzers neuester Film ist eine Geschichte über das späte Erwachsenwerden. Die Veränderungen die irgendwann rund um 30 einsetzen – und über die Entscheidung, Eltern zu werden. In einem Umfeld, dass früher mal Bobos genannt wurde und das uns alle betrifft. Das ist oft sehr lustig, mindestens genauso oft aber auch traurig. Wir ver losen gemeinsam mit Thimfilm 5 Pakete bestehend aus 2 Kinotickets, einem Fahrrad sattel-Schutz und einem T-Shirt. Betreff: Eltern werden!
»Eddie The Eagle« Michael »Eddie« Edwards ist einer der außergewöhnlichsten ehemaligen Skispringer. Der Brite musste viele Misserfolge hinnehmen und wurde von vielen schon als Versager abgestempelt. Gemeinsam mit seinem Trainer hat er aber nicht aufgegeben und so konnte er 1988 bei den Olympischen Winterspielen in Calgary teilnehmen und eine Fanschar mit seinem humorvollen und einzigartigen Charakter überzeugen. Wir verlosen 2 DVDs. Betreff: Skisprung-Charismatiker
»X-Men Apocalypse«
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Im zweiten Teil der aktuellen »X-Men«-Trilogie müssen sich die doch zerstrittenen X-Men zusammentun, um gemeinsam gegen einen übergroßen Gegner anzutreten. Nach Jahrtausenden unter einer Pyramide in Ägypten ist Apocalypse erwacht und macht der Menschheit mit seiner Fähigkeit, andere X-Men-Superkräfte in sich zu vereinen, zu schaffen. Wir verlosen 2 DVDs. Betreff: X-Men-Sammler
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Rezensionen Musik Elektro Guzzi 07
Elektro Guzzi sind gerade in der schnelllebigen und mittlerweile oft von austauschbaren Sounds dominierten Electronic-Szene eine der wenigen, aber dafür umso beständigeren Konstanten geworden. Mit ihren zurückliegenden – je nach Zählweise – drei / vier / fünf Alben haben sie nicht nur international aufgezeigt, sondern ihren Sound beständig ausgebaut und perfektioniert. Es ist ein trockener aber lebendiger und sich ständig transformierender Sound, welcher auf »Clones« in full effect daherkommt. Einem Mantra gleich schichten Bernhard Hammer, Jakob Schneidewind und Bernhard Breuer ihre Spuren aufund ineinander, lassen sie los und fangen sie am richten Punkt wieder ein. »Clones« wurde von Ausnahmekönner Rashad Becker in Berlin gemastert und wird von einer sechsseitigen, pseudowissenschaftlichen Arbeit begleitet, in der ein Bogen vom Klonen von Pflanzen und Obst über Säugetiere hin zu einer nicht näher definierten Technoband geschlagen wird. Wurde bei den ersten Veröffentlichungen noch die Geschichte der Technoband mit Instrumenten und der Umkehr der Mensch-Maschinen ausführlich erzählt, rückten zuletzt die drei Protagonisten immer mehr in den Hintergrund. Bereits zum letzten regulären Album »Observatory« zeigten sich die Guzzis 2014 im Video zu »Acid Camouflage« mit ausdruckslosen Masken als Roboter / Mensch-Hybriden und wurden ein Jahr darauf von Fotograf Klaus Pichler zu schlichten, im 3D-Drucker angefertigten Modellen ihrer selbst degradiert. Nun also der Ansatz, all dies auf eine höhere und vermeintlich wissenschaftlich belegbare Ebene zu stellen. Der Großteil der insgesamt zehn Tracks geht an bzw. über die SechsMinuten-Marke, um ihnen genügend Raum zu geben, sich zu entfalten und das volle Spektrum hervorzukitzeln. Klarer Höhepunkt von »Clones«, zumindest was Intensität und Wucht betrifft, ist »Merge«. Ganz allgemein geht es aber merklich mehr um Listening Session als um Club – ohne hierbei die Live-Tauglichkeit absprechen zu wollen. Düster sollte es trotzdem sein, denn »Clones« ist alles andere als für das Tageslicht gemacht. Kevin Reiterer
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Clones — Macro
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Rezensionen Musik
Gran
The Crispies
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Nazzle — Reich & Föhn Dass Gran gleich beim Opener teilnahmslos haucht »I never do it my way« ist schon fast übel kokett, zumindest auf die Platte bezogen. Wenn ich mal in der Referenzhölle lande, dann bitte in dieser, wo man einem gleich zum Empfang Drinks mit Schirmchen, wie eben den Opener »Parasite«, reicht. »Nazzle« – als Abkürzung für »Naked Puzzle« – ist aber sicher kein Rätselspiel für Post-Punk-StreberInnen. Klar kann man sich das anhören und sich dabei auf musikhistorische Schnitzeljagd begeben. Damit tut man der Substanz der Platte aber vollkommen Unrecht. Das Wortspiel rund um das Puzzle führt auch an der Nase herum: Es ist nicht so, als würde man einzelne Puzzleteile vorgesetzt bekommen, sondern eher so, als würde dir jemand die gesamte Schachtel ins Gesicht brettern. Am besten zu »I Know«, das zuerst 40 Sekunden lang, wie im Zeitraffer, ausholt, um dann voll auf die Zwölf zu gehen. Das Puzzle suggeriert ja auch, dass hier einzelne Teile nahtlos aneinander anschließen würden: Das ist natürlich Blödsinn. Das passt natürlich alles, aber nicht, weil es nahtlos wäre, sondern weil es so angenehm bricht auf der Haut. Auf »New Life« treibt einen eine saure Synth-Bass-Welle direkt in die Arme einer dünnen und melancholischen Gitarre, die einen so lange einlullt, bis der Spaghetti-Western-Chor eintrifft, um über einen herzufallen. Und wenn du dann nicht mehr weißt, wie dir geschieht, beginnt ein Typ davon zu erzählen, dass er heut Nacht da draußen alles verloren hat, vor allem sich selbst. Wie schon bei seinem Vorgänger, dem Debüt »Chair«, stechen auch auf »Nazzle« Grans musikalische Wandlungsfähigkeit und sein Ideenreichtum hervor. Das aktuelle Album wirkt aber konsistenter und straighter in seiner musikalischen Formensprache. Das nackte Puzzle manifestiert sich am ehesten im lyrischen Gehalt der Songs: Sehnsüchte und Emotionen, bruchstückhaft, ver- und unzugänglich, die so auch unverständlich, teilweise entfremdet bleiben. Letztgültig lässt sich das Rätselhafte rund um und in »Nazzle« vielleicht auch gar nicht auflösen. Genau das ist es aber, was gute Musik und große Kunst ausmacht. Werner Sturmberger
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Death Row Kids — Seayou Wenn du einmal in der Todeszelle sitzt, hast du nichts mehr. Und schon gar nichts mehr zu verlieren. Aber wenn du nichts zu verlieren hast, hast du immer noch den Rock’n’Roll. Je purer, desto besser. Gut, ein paar Effektpedale brauchst du schon, um fesselnden Fuzz auf die Gitarre zu schnallen, Verzerreffekte für die Stimme. Das wichtigste aber: Der unbändige Drang nach vorne. Es muss in den Ohren rauschen, es muss wehtun. Es muss sich richtig anfühlen. Du brauchst nicht viel Zeit, eine gute halbe Stunde reicht für Rock ’n’ Roll. Zwei Handvoll gute Hooks, die richtige Attitude. Mehr geht nicht. Vier knusprige Knaben, Wiener Anfangzwanziger, exzessieren auf ihrem Debüt gehörig umher. Wenig Zeit durchzuatmen, wenig Zeit, das eben Gehörte zu verarbeiten, zu reflektieren. Natürlich gibt es jahrzehntealte Genre-Vorbilder, bei Garage Rock, dem existenzialistischen Ausdruck jugendlichen Ausbruchs aus den Suburbs, liegen sie offenkundig dar. The Crispies klingen aber nicht nach der Hochblüte des Garage, nicht nach Sonics oder den Slaves, den heimischen Großwesiren des Genres. The Crispies klingen tatsächlich moderner, nach schnelleren Raconteurs und viel progressiveren Black Keys, sind das konsequente Durchbrechen von dem, was vielen Indie-Bands vor zehn Jahren gläserne Decke war. The Crispies sind kompromissloser, haben zwar den Pop im Sinn, schlachten ihn aber nicht aus, lassen nur mit ihren Hooks erkennen, welch populäres Potenzial hinter Tino, Rob, Bruno und Peter steckt. Auf Band wie live, ekstatisch und puristisch. Exzess ist auch für Gitarrenmusiker wieder gesellschaftsfähig. Die Regler sind ganz oben, die Groupies tragen Lederjacken und Löcher in ihren Jeans. Mit solch einem Selbstverständnis kommst du nicht an Klischees vorbei, manchmal können sie ja auch geil sein. Auch beim Hören des Albums wird alles abgelenkt, Nebenbeihören fast unmöglich, vor allem bei den Großtaten »Bad Blood« und »Ring My Doorstep« wird der Gang breitbeiniger und das Nicken gewollter. Beim Mitnicken merkt man aber auch, was so richtig fehlt: Abwechslung. Und viel lautere Drums. Dominik Oswald
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Rezensionen Musik
Joyce Muniz
Radian
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Wenn es um House oder Techno geht, fühlt sich Joyce Muniz hinterm Mischpult eines Clubs oder an den Reglern ihres Studios bzw. eines Radiosenders besonders wohl. Dort kann die Brasilianerin nämlich am besten und im wahrsten Sinn des Wortes den Ton angeben – und der kickt ordentlich rein. Wenn es um international gebuchte DJs aus Österreich geht, gilt Muniz nicht ohne Grund als geheimer Exportschlager. Auch als Produzentin und beim Remixen ist Muniz seit rund zehn Jahren aktiv: Nach Veröffentlichungen auf Labels wie Man Recordings (Deutschland), 2020 Vision (UK) oder Warung (Brasilien), ist mittlerweile das Berliner Label Exploited zu ihrer Release-Homebase geworden. Und so war es schön langsam Zeit für ein Album. Den konkreten Plan, wie das klingen sollte, hatte Muniz schon länger im Kopf. Durch ihre selbstkritische Art hat sie immer wieder Material verworfen oder stark modifiziert, aber nach gut zwei Jahren ist »Made in Vienna« nun fertig und ein Album internationalen Zuschnitts, das sich sehen und hören lassen kann. Fett wummernde Basslines, treibende Percussions oder sorgsam eingestreute melodiöse Schnipsel – so kennt man den Sound von Joyce Muniz. Dieses musikalische Markenzeichen irgendwo zwischen Deep House und technoiden Klangmustern hat sie über Jahre gepflegt. Der Longplayer ist überraschend vielfältig geworden, sogar mit einem leicht poppigen Touch – und er kann, so Muniz, auch zu Hause oder im Auto entspannt gehört werden. Den stilistischen Facettenreichtum hat Muniz mit einer Reihe unterschiedlicher GastsängerInnen erreicht, die sie bei Ihren internationalen Club-Auftritten kennengelernt hat. So verleiht die richtige Stimme dem passenden Song die gewünschte Tonalität. Lupenreine Club-Bretter wie »Gotta Love It« oder Instrumentaltracks gibt es auf dem Album kaum zu hören. Es ist aber nicht so, dass es einfach nur loungemäßig dahinplätschert, Muniz’ Bässe brummen nach wie vor, aber eben eine Nuance disziplinierter und ausgereifter. Ihre musikalischen Wurzeln kann und will sie mit »Made In Vienna« jedenfalls nicht verleugnen und das ist auch gut so. Kami Kleedorfer
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On Dark Silent Off — Thrill Jockey Radian: Bass, Gitarre, Schlagzeug und dennoch so ziemlich die Antithese zu fast allem, was sich jemals in dieser Formation auf eine Bühne gewagt hat. Die Band gehört neben Fennesz und Jim o’Rourke zu den Urgesteinen der Wiener Elektronika-Szene der frühen 2000er, die sich rund um das Label Mego scharte. Gemeinsamer Nenner dieser sehr unterschiedlichen Acts war die Erweiterung musikalischer Ausdrucksformen – Abstrahierung von Tonalität, Harmonie, SongStrukturen und Spielweisen. Das klingt mühsamer, als es tatsächlich klingt. Der Reiz vor allem früherer Alben liegt aber nicht zuletzt in ihrem widerständigen, aber schlussendlich sehr belohnenden Charakter. Auch »On Dark Silent Off« ist einwandfrei als Radianprodukt zu erkennen, erscheint aber etwas direkter, wenn man will physischer – am besten etwa zu hören auf »Scary Objects«, »Rusty Machines, Dusty Carpet« oder dem titelgebenden Track »On Dark Silent Off«. Das von Peter Tscherkasskys Horror-Found-Footage-Kurzfilm »Outer Space« inspirierte Stück wirkt, als hätte man die Gloomyness und die Wucht von Godspeed You! Black Emperor in dem der Band eigenen Spielwitz konserviert. Es ist vielleicht eines der eindrucksvollsten Beispiele für die Ausdruckskraft und -vielfalt der Formation, ist aber viel mehr als das - einfach ein großartiges Stück Musik. Radians Playfulness ist sicherlich eine ihrer hervorragendsten Eigenschaften, gerät aber nie zum bloßen Selbstzweck. Mit Martin Siewert, der für Stefan Nemeth übernahm, scheint das ohnedies facettenreiche Timbre der Band noch um weitere, sanguine bis melancholische Nuancen reicher geworden zu sein. Am deutlichsten etwa auf »Recreate Loved Object«, das auch im musikalischen Universum von The Books ein Fixstern hätte sein können. Das ist kein Zufall: beide Bands arbeiten intensiv mit Sampling. Während The Books aber vor allem auf Found Footage setzen, sampeln sich Radian selber. Aus improvisierten Material entstehen so minutiös editierte Preziosen und schlussendlich ein weiteres sehr empfehlenswertes Album. Werner Sturmberger
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Made In Vienna — Exploited
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Ahoi! Pop Ein absoluter Fixpunkt im Linzer Konzertkalender ist mittlerweile das Festival Ahoi! Pop im Posthof. Zuverlässig hoch ist dabei die Qualität der verpflichteten Acts: Ezra Furman, Sophia, Avec, The Hidden Cameras (Bild), Adam Green, Jamie Lidell, Robb, OK Kid, Karate Andi und und und. Man kann es schon erkennen: Auch heuer gibt’s wieder sämtliche Indie-Spielarten – von traurig bis überschwänglich, von leise bis laut – plus Ausläufer in Richtung Hip-Hop, Soul und Elektronik. Wir sehen uns! 3. bis 5. November Linz, Posthof
Blue Bird Festival Ab sofort im Handel für 13,99 Euro
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Das Line-up des Blue Bird Festival lässt auch dieses Jahr wieder die Herzen aller Songwriter-Fans höherschlagen. Sonic Youths Gründungsmitglied Lee Ranaldo schaut mit seinem neuen Projekt El Rayo vorbei, Haley Heynderickx (Bild) aus Portland präsentiert uns ihren vielversprechenden Sad Folk und Neil Halstead, bekannt von Bands wie Slowdive und Mojave 3, gibt sich ebenfalls die Ehre. Rykarda Parasol hat bereits Blue-Bird-Erfahrung und verleiht dem Festival am ersten Tag einen folkigen Lana-Del-Rey-Spirit. 24. bis 26. November Wien, Porgy & Bess
Jeff Harris, Rola Music, Klaus Pichler, BPitch Control, Jonathan Weiner, Barracuda Music, Phil Sharp
n e i W n e i W
Jana Wachtmann, Theresa Ziegler
n i e D Dein
Termine Musik
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Elektro Guzzi Das Techno-Wundertrio in klassischer Bandbesetzung ist nicht zum ersten Mal auf Europa-Tour und wohl auch nicht zum letzten Mal. Ein Konzertbesuch ist jedenfalls immer empfohlen. 1. Oktober Graz, Niesenberger — 15. Oktober Linz, Stadtwerkstatt — 21. Oktober Wien, Grelle Forelle — 28. Oktober Innsbruck, PMK — 25. Dezember Vöcklabruck, OKH — 26. Dezember Steyr, Röda — 13. Jänner Ebensee, Kino.
highlights Di. 04.10. // 20:00 Theater
dieheroldfliri: Töchter des Jihad
Mi. 05.10. // 20:00 Pop
Dillon with Choir
Bild: BPitch Control
Termine Musik
Dillon Für die Tour anlässlich der Veröffentlichung ihres Albums »This Silence Kills The Unknown« hat sich Dillon stimmliche Verstärkung geholt. Als würde uns ihr wunderbar zarter Gesang nicht schon alleine in ihre melancholische Gedankenwelt entführen. Trotzdem darf man natürlich sehr gespannt sein, wie sich ihre Songs mit Chorbegleitung anhören. 4. Oktober Salzburg, Rockhouse — 5. Oktober Linz, Posthof — 6. Oktober Wien, Wuk
Fr. 07.10. // 20:00 Pop
Isolation Berlin
Sa. 15.10. // 20:00 Pop
Kelvin Jones
Poliça
Sa. 15.10. // 20:00 Theater
Mick Jenkins Auch Free-Nation-Rapper Mick Jenkins hat den Eighties-Trend erkannt und versetzt seinen Teaser-Track »Spread Love« mit einem Oldschool-R’n’B-Beat. Das lässt viel (altes) Neues erwarten vom kommenden Album »The Healing Component«, mit dem Jenkins erfreulicherweise Ende Oktober live nach Wien kommt. 31. Oktober Wien, Grelle Forelle
Ezra Furman Sein spaßiger Queer-Pop klingt, als wäre er nicht aus dieser Zeit, und ist doch genau das, was 2016 dringend notwendig ist: schräger Optimismus in einer abgefuckten Welt. Und Sixties-Bläser. Auf seinem neuen Album singt er »Teddy I’m Ready« – und wir könnten es nicht schöner sagen als so: Ezra, Vienna’s ready. Again. 3. November Wien, Wuk
Philipp Hochmair / Nicolas Stemann: Werther!
Do. 20.10. // 20:00 Electronic
Mount Kimbie
Di. 25.10. // 20:00 Physical Theatre
Sabine Molenaar: Touch me
Do. 27.10. // 20:00 Theater
Nestroyhof Hamakom: Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm
Bild: Juggernauten
Wer schon immer einmal wissen wollte, wie Autotune live klingt – auf ins Wuk zu Poliça! Channy Leaneagh setzt das Tool gekonnt im Wechselspiel mit ihrer glasklaren Stimme ein, was zu den subversiven Lyrics genauso passt wie zu den Synth-Pop-Beats. Über ihr drittes Studioalbum schreibt die Band übrigens treffend: »There is a darkness to ›United Crushers‹, but it doesn’t win.« 9. Oktober Wien, Wuk
28.10. – 25.11. // 20:00 Kabarett
33. Linzer Kleinkunstfestival: Scheuba & Palfrader, Grissemann & Schamoni, Science Busters, maschek, RaDeschnig u. a.
03.11. – 05.11. // 20:00 Pop
Yak
DJ Spinn
Kevin Gates
Der britische NME schreibt über Yak, dass sie gerade so ziemlich der heißeste Scheiß sind. Dabei haben sie im Mai erst ihr Debütalbum auf den Markt geworfen. Und ja, man kann sich tatsächlich sehr gut vorstellen, wie die drei Herren etwas werfen. Gitarren zum Beispiel. Die gibt’s auf »Alas Salvation« nämlich mit viel Wumms. 11. Oktober Wien, Flex Cafe
DJ Spinn gilt mit Klassikern wie »Bounce N Break Yo Back« oder »Breezy« als der Godfather des Ghetto-House. Mit der Zeit wurden seine Tracks mehr Trap und seine Teklife Crew mehr Leute. Wer Lust auf ein bisschen Footwork hat, battlet sich dorthin. Gehostet wird der Abend von Blvze. 14. Oktober Wien, Fluc Wanne
Wie es sich für einen Gangsta-Rapper gehört, hat Kevin Gates sein neues Album »Islah« nach seiner Tochter benannt. Auch in seinen Texten geht’s um den Struggle zwischen Familie und Karriere, was man bei klassischem 2000er-Rap mit Cloud- und Trap-Einflüssen gar nicht erwarten würde. 8. November Wien, Flex
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Ahoi! Pop 2016 Musikfestival: Ezra Furman, Sophia, The Hidden Cameras, Adam Green, Jamie Lidell, OK Kid u. a.
POSTHOF – Zeitkultur am Hafen, Posthofstraße 43, A – 4020 Linz Info + Tickets: 0732 / 78 18 00, www.posthof.at
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Termine Festivals
3 Fragen an Barbara Klein
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Barbara Klein ist Intendantin des KosmosTheater in Wien und hat dort das internationale Festival »Love Me Gender« kuratiert. Der Name verweist auf Elvis Presleys vielbesungene Bitte, zärtlich geliebt zu werden. Braucht es wieder einen liebevolleren Umgang mit dem Thema »Gender«? Das Festival »Love Me Gender« findet dieses Jahr zum ersten Mal statt, der Titel begleitet das Kosmos-Theater als eine Art Leitsatz aber schon viel länger. Vorwiegend geht es uns dabei um Toleranz und Akzeptanz für vom heterosexuellen Normativ abweichende Geschlechteridentitäten. Generell ist aber eine Auflösung der Geschlechterrollen wünschenswert. Im Programm ist heuer das Hörtheaterstück Maha Karuna oder »We are NOT part of my Liebesleben« mit dabei. Wie kann man sich die Aufführung konkret vorstellen? In einer publikumsumschließenden KlangraumInstallation stellt eine Performerin ein zirkuläres Dasein zur Schau. In akustisch markierten Räumen und Handlungsebenen lebt sie ihre Suizidfantasien aus. Worin liegen Vorteile, worin Herausforderungen mittels eines künstlerischen, performativen Zugangs die Gender-Thematik zu bearbeiten? In der performativen Kunst sind Zeit, Raum, Körper der Künstlerinnen und Künstler und vor allem die Beziehung zwischen Künstlern und Zuschauern grundlegende Elemente. Es ergibt sich eine Verbindlichkeit zwischen beiden Seiten, die andere Möglichkeiten der Reflexion und Interaktion eröffnet. Die Verhandlung komplexer Themen wie Geschlechterrollen, -identität oder Feminismus, bei denen auch immer das Körperliche eine Rolle spielt, birgt natürlich eine gewisse Herausforderung, der wir uns aber alle gleichermaßen stellen, sowohl als Zuseher wie auch als Agierende. »Love Me Gender« findet vom 3. bis 26. November im Kosmos-Theater statt.
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Elevate Festival Rund um den Schloßberg bringt das Elevate schon über zehn Jahre elektronische Musik, Kunst und politischen Diskurs unter einen Festival-Hut – Das 11. Mal steht heuer unter dem Motto »We are Europe« – an der gleichnamigen Initiative wirken insgesamt acht internationale Festivals mit. Wie am Sonar in Barcelona oder am Insomnia in Tromso bedeutet das für das Elevate in Graz, dass – neben feinen Music Acts – vor allem auch europapolitische Themen auf die Bühne kommen werden. Aufgespielt wird, wie gewohnt, in mehreren Grazer Locations wie u.a. Dom im Berg, Parkhouse oder im Forum Stadtpark. Das Line-up verspricht abwechslungsreich zu werden: Saul Williams, Mount Kimbie, Anna von Hausswolff, Swans, Cid-Rim und viele andere sind in der steirischen Hauptstadt mit dabei. Gleich mal im Kalender markieren. 20. Oktober bis 23. Oktober Graz, Verschiedene Locations
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Termine Festivals
300 Bei der diesjährigen Viennale werden in 14 Tagen 300 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme gezeigt. Wer seine persönliche Auswahl treffen möchte: das internationale Filmfestival findet von 20. Oktober bis 2. November in Wien statt.
Business Riot
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Zum zweiten Mal findet heuer das Sorority Business Riot Festival statt – Österreichs größte Kreativ- und Arbeitsmarktkonferenz mit Fokus auf Frauenförderung. Auch dieses Jahr wird es Workshops, Talks und Netzwerkformate ausschließlich für Frauen geben – abendliche öffentliche Diskussionsformate stehen auch Männern offen, wie auch die große Abschluss-Sause: Auf dem Line-up stehen Soia mit ihrer Live-Band, Joja und That Good Wibe Collective. 20. Oktober bis 22. Oktober Wien
Was das Elevate in Graz schon hinter sich hat, begeht heuer das Mimamusch Festival in Wien: Das zehnjährige Bestehen. Die Performances des Festivals für Kurztheater stehen zum Jubiläum unter dem Motto »Ideal und Wirklichkeit« und führen heuer nach Liesing – genauer gesagt: in das F 23 (die ehemalige Sargerzeugung Atzgersdorf). Musik wird’s dort u.a. von Julian und der Fux und den Sofasurfers geben. 30. September bis 29. Oktober Wien, F23
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Barbara Fohringer
Mimamusch
Bettina Frenzel, Lupi Spuma / Elevate, Business Riot Festival, Peter F. Kupfer
Youki Wels wird einmal im Jahr zu einer Art Hollywood. Immer dann, wenn das internationale Jugend Medien Festival Youki dort im November stattfindet. Im Zentrum des Festivals steht der Kurzfilmfestivalwettbewerb, der 80 Kurzfilme junger RegisseurInnen zwischen 10 und 26 Jahren bietet. Außerdem gibt es jede Menge Workshops und Konzerte. 22. November bis 26.November Wels, Alter Schlachthof und Medien Kultur Haus
Fesch’ Markt It’s a thing. Mit seinen sich mehrenden Standorten und sich häufenden Terminen kann man wohl behaupten, dass sich der Feschmarkt schon länger als fixer Bestandteil der österreichischen Eventszene etabliert hat. Hier gibt’s wieder Fesches: 14. Oktober bis 16. Oktober Graz, Seifenfabrik — 18. November bis 20. November Wien, Ottakringer Brauerei — 16. Dezember bis 18. Dezember Feldkirch, Pförtnerhaus
Blue Bird Festival Es gibt gute Gründe, in das ehemalige Kino der einschlägigen Art und heutigen Jazzclub Porgy & Bess zu schauen. Einer davon ist das Blue Bird Festival im November. Zum zwölften Mal beglückt die Vienna Songwriting Association mit einem mehr als vorzeigbaren Line-up. Mit dabei Sonic YouthGründungsmitglied Lee Ranaldo & El Rayo, Aldous Harding u. v. m. 24. November bis 26. November Wien, Porgy & Bess
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»The artist may construct the piece. The piece may be fabricated. The piece need not be built.« – So lauten die drei Thesen aus dem 1968 von Lawrence Weiner verfassten Manifest, das bis heute für seine Arbeit gilt. Heißt, eigentlich müsste Weiners Werk gar nicht wirklich ausgeführt werden und könnte auch nur in seinen Gedanken bestehen. Die Ausstellung im Bregenzer Kunsthaus findet trotzdem außerhalb seines Kopfes statt. Und sonst ja auch am Flakturm im Esterhazypark. Grundsätzlich, immer. Eröffnung: 11. November, 19.00 Uhr. Dauer: 12. November bis 15. Januar Bregenz, Kunsthaus
Lawrence Weiner
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Termine Kunst
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Termine Kunst Nevin Aladağ Nevin Aladağ kann Musik, sie kann Pop und sie kann Internet. Also, in Versatzstücken. Sie kann Installationen, sie kann Skulpturen und sie kann Filme – Letztere werden bald im Lentos gezeigt. Neben ihrer Vorliebe für Großstädte merkt man der in Stuttgart aufgewachsenen Türkin vor allem ihre Musikalität an. So zeichnet eines der gezeigten Videos beispielsweise ein Klangporträt Istanbuls nach. Eröffnung: 20. Oktober, 19.00 Uhr. Dauer: 21. Oktober bis 12. Februar Linz, Lentos
Franz Lichtenegger 058-068 Gap 159 Termine.indd 63
Shunga Wie sich herausstellen sollte, ist ostasiatischer Holzschnitt-Porno schon seit dem 19. Jahrhundert ein großes Ding und kommt erst jetzt richtig im Ausstellungsbetrieb an. Nahezu alle bekannten Künstler der damaligen Zeit haben selbst erotische »Frühlingsbilder« geschaffen und diese anonym verkauft. Bald sind sie auch im MAK. Die Grenze zwischen Kunst und Pornografie ist undeutlich, und das ist gut so. Eröffnung: 11. Oktober, 18.30 Uhr. Dauer: 12. Oktober bis 29. Januar Wien, MAK
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Lawrence Weiner, Nevin Aladağ, Fernando Sánchez Castillo, MAK / Georg Mayer, Stefanie Moshammer, Markus Krottendorfer, Wien Museum
Fernando Sánchez Castillo Als einer der bekanntesten spanischen Künstler der Gegenwart eilt Fernando Sánchez Castillo inzwischen auch im deutschsprachigen Raum ein Ruf voraus, dem er gerecht wird. Film, Skulptur und Performance sind die Medien, über die er versucht, mit seinem Publikum in einen Dialog aus Geschichte und Politik zu treten. Die Ausstellung in Tirol dürfte mindestens so aufregend werden, wie der Name des Künstlers klingt. Eröffnung: 25. November, 19.00 Uhr. Dauer: 26. November bis 4. Februar Innsbruck, Kunstraum
Stefanie Moshammer Las Vegas und Rio sind mehr als nur Britney und Zuckerhut, weiß auch Stefanie Moshammer. In zwei separaten Projekten porträtiert die Wienerin die weniger erforschten Gegenden beider Städte, abseits von Celine Dion und Christusstatue. Während »Vegas and She« bereits weitgehend bekannt ist, wird Moshammers Liebeserklärung an die Favelas von Rio, »Land of Black Milk«, zum ersten Mal umfassend gezeigt. Dauer: 6. Oktober bis 23. Dezember Wien, OstLicht
Markus Krottendorfer Der Krottendorfer, der gaukelt uns was vor, und wir lieben es. Sein Projekt »At New Moon Tomorrow« befasst sich mit Täuschung, Fälschung, Irreführung und Manipulation. Zentrales Thema: Ein frei erfundenes Gebirge in Afrika und ein ebenso frei erfundener Schädelfund in Großbritannien. Solange die Ergebnisse so schön bunt sind, kann der Krottendorfer uns das Blaue, Gelbe und Rote vom Himmel lügen. Dauer: 25. September bis 20. November Graz, Camera Austria
Robert Haas Nachdem er 1938 als Jude aus Wien flüchten musste, geriet Robert Haas über die Jahre in seiner Heimat in Vergessenheit – zu Unrecht, gehört er doch zu den wichtigsten österreichischen Pressefotografen der Zwischenkriegszeit. Um uns diese Tatsache wieder ins Gedächtnis zu rufen, hat das Wien Museum kürzlich seinen Nachlass erworben. Ein kleines Stück Geschichte, ein großes Stück Fotojournalismus. Dauer: 24. November bis 26. Februar Wien Museum
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Girl On The Train Regie: Tate Taylor Rachel Watson (Emily Blunt) fährt jeden Tag im Zug am Haus eines Paares vorbei. Sie stellt sich vor, dass deren Leben perfekt sei – bis sie eines Tages Zeugin einer schrecklichen Tat wird. Am nächsten Morgen wacht sie mit Erinnerungslücken auf und erfährt, dass die Frau verschwunden ist. Starbesetzte Verfilmung des ThrillerBestsellers. Start: 28. Oktober 2016
Stille Reserven Regie: Scott Derrickson ———— Von Superhelden-Filmen kann Hollywood derzeit nicht genug bekommen und mit »Doctor Strange« steht nun ein weiterer in den Startlöchern. Benedict Cumberbatch spielt den titelgebenden Helden. Der Neurochirurg Stephen Strange wird bei einem Autounfall verletzt und muss seine Karriere aufgeben. Er begibt sich nach Tibet, wo er auf die Einsiedlerin The Ancient One (Tilda Swinton) trifft. Von ihr erhofft er sich, geheilt zu werden. Sie verwehrt ihm diesen Wunsch zwar, bildet ihn aber zum Obersten Zauberer aus. Und dann tritt ein weiterer, ehemaliger Schützling von The Ancient One auf und wird zur Gefahr für Doctor Strange. Der Film ist bereits seit 1986 in Planung. Im Dezember 2014 wurde schließlich bekanntgegeben, dass Benedict Cumberbatch die Hauptrolle übernehmen wird. Start: 27. Oktober 2016
Regie: Valentin Hitz Dystopisches aus Österreich: In der nahen Zukunft haben in Wien Konzerne das Sagen und nur manche Menschen können sich eine Todesversicherung leisten. Versicherungsagent Vincent Baumann (Clemens Schick) wird Opfer des Systems. Als er auf die Aktivistin Lisa Sokulowa (Lena Lauzemis) trifft, erscheint ihm Widerstand plötzlich möglich. Start: 28. Oktober 2016
Café Society Regie: Woody Allen Pro Jahr ein neuer Woody-Allen-Film – darauf kann man sich im Leben noch verlassen. Auch in »Café Society« gibt es mal wieder Liebes irrungen und -wirrungen. Der junge Bobby (Jesse Eisenberg) zieht nach Hollywood und verliebt sich in die Sekretärin Vonnie (Kristen Stewart), die für seinen Onkel arbeitet. Start: 11. November 2016
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Doctor Strange
Walt Disney Studios, Sony Pictures Releasing GmbH
Radio Heimat
Barbara Fohringer
Verkaufsbedingungen & Informationen zum Rücktrittsrecht: Shop.DiePresse.com
Termine Kino
Arrival Regie: Denis Villeneuve ———— Science-Fiction-Freunde werden sich wohl schon auf »Arrival« freuen. In dem von Denis Villeneuve in Szene gesetzten Film landen zwölf Alien-Raumschiffe auf verschiedenen Teilen der Erde. Ein Team von unterschiedlichen Spezialisten, unter anderem die Linguistin Louise Banks (Amy Adams), der Mathematiker Ian Donnelly (Jeremy Renner) und Oberst Weber (Forest Whitaker), versuchen die Absichten der Aliens auszuloten. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt und die Gefahren werden größer – nicht nur für das Team, sondern für die gesamte Menschheit. Die Adaption der Kurzgeschichte »Story Of Your Life« des Autors Ted Chiang feierte bei den Filmfestspielen von Venedig seine bejubelte Weltpremiere. Start: 11. November 2016
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Regie: Matthias Kutschmann »Radio Heimat« basiert auf verschiedenen Kurzgeschichten des Bochumer Autors Frank Goosen. Die vier Freunde Frank (David Hugo Schmitz), Spüli (Hauke Petersen), Pommes (Jan Bülow) und Mücke (Maximilian Mundt) teilen den gemeinsamen Wunsch, endlich Männer zu werden. Natürlich muss diese Mannwerdung durch Sex passieren – eh klar. Eine Coming-of-Age-Geschichte, die im Deutschland der 1980er spielt. Start: 18. November 2016
Ich, Daniel Blake Regie: Ken Loach Mit »Ich, Daniel Blake« hat Ken Loach in Cannes die Palme d’Or gewonnen. Der Film erzählt die Geschichte von Daniel Blake (Dave Johns), der plötzlich auf Sozialhilfe angewiesen ist. Der Staat verwehrt ihm diese. Er trifft auf Katie (Hayley Squires) und gemeinsam versuchen sie, sich gegen die Behörden zu stellen. Start: 25. November 2016
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Illbilly
frönt der hohen Kunst der tiefen Pointe. Umgekehrt wird aber auch kein Schuh draus
Ich mag ja gerne, wenn Menschen in Floskeln erklären, dass die Welt schon lange nicht mehr schwarz und weiß ist, sondern verschiedene Grautöne unseren Alltag und unsere Gegenwart bestimmen. Früher hätte ich darauf einen blöden Witz gemacht. Zum Beispiel ein kleines Aperçue, das in Richtung »Fifty Shades Of Grey« geht, wäre mir sicher über die Lefzen gehuscht. Heute sage ich eher nichts, oder Dinge wie: »Vollkommen richtig. Alles ist grau. Ich merke es ja bei mir. Ich bin so eine Art neoliberaler, wertkonservativer Anarchosozialist mit ökoagnostischer Agenda.« Ich liebe meine Hühner und meine Eier bio, erzähle allen, dass Coca-Cola in einer eiskalten 0,33 Liter-Dose nach Wasser und Bier das beste Getränk der Welt ist und lese jeden Tag die Listicles auf der irgendwie kruden Wirtschaftsplattform Business Insider. Dank dieser weiß ich, welche Apps ein moderner Gentleman auf seinem Smartphone haben sollte und seit neuestem kenne ich auch die 15 Berufe, mit denen Frauen auf Tinder bei Männern besonders gute Chancen haben. Das klingt sexistisch und ist es wahrscheinlich auch, so genau kenne ich mich da nämlich nicht aus. So oder so ist es aber ein großer Spaß darüber nachzudenken, warum ich an allen diesen 15 Berufen irgendwie etwas auszusetzen habe und sicherlich keine harte Nudel kriege, wenn ich lese, dass jemand Immobilienmaklerin (Platz 15), Personal Trainer (Platz 14), Flugbegleiter (Platz 13) oder Krankenschwester (Platzt 12) ist. Vor allem Krankenschwester ist bei mir sehr ungeil konnotiert. Das war der Beruf meiner Mutter. Ich habe zwar keine gröberen ödipalen Konflikte zu bekämpfen, aber das geht zu weit. Ich lernte vor Jahren sogar einmal eine Krankenschwester kennen, die, das kam erschwerend hinzu, auch noch denselben Vornamen wie meine Mutter trug. Wir knutsch-
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ten ein bisschen. Aber es fühlte sich nicht richtig an. Wie, wenn man in einen veganen Burger beißt, oder ein eiskaltes Pepsi aus der PET-Flasche trinkt. Eine Ärztin hingegen, das ginge schon wieder. Nur, Ärztin findet sich erst gar nicht auf der Liste geiler Tinderberufe. Was ich echt schade finde, aber auch so deute, dass meine Geschlechtsgenossen, es erstens vielleicht nicht so gern haben, wenn die Frau klüger und gebildeter ist und zweitens auch ziemlichen Bammel vor Arztbesuchen haben. Warum sollte man sich dann eine Ärztin privat anlachen? Ich hab über die Ungeilheit des Berufs der eigenen Mutter übrigens einmal mit Freunden gesprochen. Die ticken da sehr ähnlich. Einer kann zum Beispiel nichts mit Volksschullehrerinnen haben – erst bei AHS-Professorinnen fände er ein amouröses Stelldichein wieder ok. Ein anderer könnte nichts mit einer Sprachtherapeutin haben, er müsste automatisch immer an die Zungenübungen denken, mit der ihn seine Mutter als Kind immer quälte, erzählte er. Meine wenig geistreiche Anmerkung, dass eine Logopädin Sachen mit der Zungenmuskulatur kann, die sicher sehr unterhaltsam seien, wie vielleicht wohl auch jenen Trick, bei geschlossenem Munde einen Knoten in einen Kirsch stengel zu knüpfen, quittierte er mit einem sehr bösen Blick. Auch weil ich dreimal fragte: »Kann das deine Mutter? Ha? Kann sie das?« Es ist übrigens sehr überraschend, dass der Beruf der Sprachtherapeutin auf Platz 7 dieser Liste steht. Den Satz: »Sie ist Logopädin und auch sonst eine ziemlich freshe Person«, hab ich de facto erst sehr selten gehört. Einmal, um genau zu sein. Lehrerinnen finden sich übrigens auf Platz 5 der tindergeilen Berufe. Der Vollständigkeit sei nun angemerkt, dass diese Liste übrigens keine Unterschiede zwischen Volkschul-,
Hauptschul-, Gymnasium-, oder gar Unilehrerin macht. Ein großer Schwachpunkt, wage ich jetzt einmal zu behaupten. Weil die Welt ist ja nicht mehr schwarz und weiß, sondern grau, wie man ja in Floskeln stets zu hören bekommt. Und je mehr Schattierungen, umso besser. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass beim »Beruf« Studentin (Platz 6) jede Spezifikation fehlt. Was wiederum auch was Gutes haben kann. Alter und Studienrichtung sind nämlich völlig egal, tindergeil ist alles, was weiblich ist und immatrikuliert hat. Also auch resche Seniorstudentinnen, die nicht selten grüppchenweise wieder die Hörsaalbank drücken und Matrikelnummern wie 6909883 haben. Abgesehen davon ist und bleibt die Liste natürlich eine dumme, selbst wenn sie so schillernde Berufe wie Zahnhygienikerin (Platz 11), Model (Platz 10), Social Media Managerin (Platz 9), Apothekerin (Platz 8) oder PR / Kommunikationsspezialistin (Platz 4) beinhaltet. Womit jetzt elegant eigentlich nur noch die Top-3-Berufe, die Männer auf Tinder bei Frauen auf Tinder sexy finden, übrig bleiben. Es sind Gründerinnen (Platz 3), Innenarchitektinnen (Platz 2) und Physiotherapeutinnen (Platz 1). Alles irgendwie Berufe, zu denen mir nichts mehr einfällt, außer, dass ich nichts damit zu tun haben will. Wobei, ich würde schon gerne wissen, ob man als Mann eine Gründerin geiler findet, die ein Cupcake-Imperium aufbaut, oder eine Schnelltest für Aids entwickelt hat? www.facebook.com / illbilly
Jakob Kirchmayr
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