5. Kammerkonzert
Alma Mahler und die Männer
Alma Schindler (1879 – 1964)
5 Lieder (1900 – 1901)
• Die stille Stadt
• In meines Vaters Garten
• Laue Sommernacht
• Bei dir ist es traut
• Ich wandle unter Blumen
Alexander Zemlinsky (1871 – 1942)
Zwei Arien der Infantin aus der Oper „Der Zwerg“
Alma Schindler-Mahler
4 Lieder (1901 – 1911)
• Licht in der Nacht
• Waldseligkeit
• Ansturm
• Erntelied
– Pause –
Alma Mahler-Werfel
2 Lieder (aus dem Nachlass), daraus:
• Leise weht ein erstes Blühn
Gustav Mahler (1860 – 1911)
Rückert-Lieder, daraus:
• Blicke mir nicht in die Lieder
• Liebst du um Schönheit
Kindertotenlieder, daraus:
• Oft denk’ ich, sie sind nur ausgegangen!
Alma Mahler-Gropius
5 Gesänge (1924)
• Hymne
• Ekstase
• Der Erkennende
• Lobgesang
• Hymne an die Nacht
Lisa Newill-Smith und Pihla Terttunen , Gesang
David Wishart , Klavier
Katja Pfeifer , Moderation
25. Februar 2024 , Greifswald: Aula der Universität
10. März 2024 , Stralsund: Foyer
21. März 2024 , Putbus
Das Theater Vorpommern wird getragen durch die Hansestadt Stralsund, die Universitäts- und Hansestadt Greifswald und den Landkreis Vorpommern-Rügen.
Es wird gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und EU-Angelegenheiten des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Die Liedtexte
Die stille Stadt
Liegt eine Stadt im Tale, ein blasser Tag vergeht, es wird nicht lang mehr dauern, bis weder Mond noch Sterne, nur Nacht am Himmel steht. Von allen Bergen drücken Nebel auf die Stadt, es dringt kein Dach noch Hof noch Haus, kein Laut aus ihrem Rauch heraus, kaum Türme noch und Brücken.
Doch als dem Wandrer graute, da ging ein Lichtlein auf im Grund und durch den Rauch und Nebel begann ein Lobgesang aus Kindermund.
Richard Dehmel
In meines Vaters Garten
In meines Vaters Garten –blühe, mein Herz, blüh’ auf –in meines Vaters Garten stand ein schattender Apfelbaum –süßer Traum, süßer Traum! –stand ein schattender Apfelbaum.
Drei blonde Königstöchter –blühe, mein Herz, blüh’ auf –drei wunderschöne Mädchen schliefen unter dem Apfelbaum –süßer Traum, süßer Traum! –schliefen unter dem Apfelbaum. Die allerjüngste Feine –blühe, mein Herz, blüh’ auf! –
Die allerjüngste Feine blinzelte und erwachte kaum. –Süßer Traum –blinzelte und erwachte kaum –süßer Traum. –
Die Zweite fuhr sich über das Haar –blühe, mein Herz, blüh auf –sah den roten Morgensaum. –Süßer Traum, süßer Traum! –Sie sprach: Hört ihr die Trommel nicht? Blühe, mein Herz, blüh auf! –Süßer Traum, süßer Traum –hell durch den dämmernden Raum!
Mein Liebster zieht in den Kampf –blühe, mein Herz, blüh’ auf. –Mein Liebster zieht in den Kampf hinaus, küsst mir als Sieger des Kleides Saum –süßer Traum, süßer Traum küsst mir des Kleides Saum. –
Die Dritte sprach und sprach so leis –blühe, mein Herz, blüh auf! –
Die Dritte sprach und sprach so leis: Ich küsse dem Liebsten des Kleides Saum – süßer Traum, –ich küsse dem Liebsten des Kleides Saum.
In meines Vaters Garten –blühe, mein Herz, blüh’ auf –in meines Vaters Garten steht ein sonniger Apfelbaum –süßer Traum, süßer Traum –steht ein sonniger Apfelbaum!
Otto Erich Hartleben
Laue Sommernacht
Laue Sommernacht, am Himmel stand kein Stern, im weiten Walde suchten wir uns tief im Dunkel, und wir fanden uns. Fanden uns im weiten Walde in der Nacht, der sternenlosen, hielten staunend uns im Arme in der dunklen Nacht. War nicht unser ganzes Leben nur ein Tappen, nur ein Suchen, da in seine Finsternisse, Liebe, fiel dein Licht, fiel dein Licht!
Otto Julius Bierbaum
Bei dir ist es traut
Bei dir ist es traut, zage Uhren schlagen wie aus alten Tagen, komm mir ein Liebes sagen, aber nur nicht laut!
Ein Tor geht irgendwo draußen im Blütentreiben, der Abend horcht an den Scheiben, lass uns leise bleiben, keiner weiß uns so!
Rainer Maria Rilke
Ich wandle unter Blumen Ich wandle unter Blumen und blühe selber mit, ich wandle wie im Traume und schwanke bei jedem Schritt. O halt mich fest, Geliebte!
Vor Liebestrunkenheit fall’ ich dir sonst zu Füßen und der Garten ist voller Leut!
Heinrich Heine
Erste Arie der Infantin
Du, ein strahlender Held, ich singe weiter. Der Drache tot und der mich befreit an meiner Hand im Triumph zur Stadt! Madrid in Aufruhr, ein rauschendes Fest, Fahnen flattern, die Tücher wehen und alle Blüten des jubelnden Frühlings streuen sie zu Füßen dir, duftende Blüten dem jungen Helden, der mich befreite aus Todesnot, und der Panzer gleißt, flüssig im Sonnenstrahl, und du bis stark und schön wie des Donatello David! Ein König grüßt Infantin Clara und ihren Gatten Don Adonis.
Zweite Arie der Infantin
So wisse, was du tun musst, wenn du liebst: Dann musst du reiten und jagen mit mir und den Falken werfen wider die zärtlichen Tauben. Darfst nicht ermüden im Turnier mit Don Alvarez, der sehr stark ist, und dann am Abend, wenn die großen Leuchter brennen, musst du meine Schleppe tragen, die sehr schwer ist. Verliebte Verse dichten, die vielleicht Don Alvarez dann singt. Du musst sehr schön sein, wenn du mich liebst, denn ich liebe die heilige Schönheit, und dienst du ihr, so dienst du mir! Kann aber sein, dass ein Gott mich erleuchtet und ich dich hasse, weil du hässlich bist!
Georg C. KlarenLicht in der Nacht
Ringsum dunkle Nacht, hüllt in Schwarz mich ein, zage flimmert gelb fern her ein Stern!
Ist mir wie ein Trost, eine Stimme still, die dein Herz aufruft, das verzagen will.
Kleines gelbes Licht, bist mir wie der Stern überm Hause einst Jesu Christ, des Herrn –und da löscht es aus! Und die Nacht wird schwer!
Schlafe Herz! Schlafe Herz! Du hörst keine Stimme mehr!
Otto Julius Bierbaum
Waldseligkeit
Der Wald beginnt zu rauschen, den Bäumen naht die Nacht, als ob sie selig lauschen, berühren sie sich sacht. Und unter ihren Zweigen, da bin ich ganz allein, da bin ich ganz dein eigen, ganz nur dein, ganz nur dein, ganz nur dein!
Richard Dehmel
Ansturm
O zürne nicht, wenn mein Begehren dunkel aus seinen Grenzen bricht, soll es uns selber nicht verzehren, muss es heraus ans Licht! ans Licht!
Fühlst ja, wie all mein Inn’res brandet, und wenn herauf der Aufruhr bricht, jäh über deinen Frieden strandet, dann bebst du –aber du zürnst mir nicht.
Richard Dehmel
Erntelied
Der ganze Himmel glüht in hellen Morgenrosen; mit einem letzten losen Traum noch im Gemüt
trinken meine Augen diesen Schein, trinken meine Augen diesen Schein. Wach und wacher wie Genesungswein, und nun kommt von jenen Rosenhügeln Glanz des Tags und Wehn von seinen Flügeln, kommt er selbst und alter Liebe voll, dass ich ganz an ihm genesen soll. Gram der Nacht und was sich sonst verlor ruft er mich an seine Brust empor, ruft er mich an seine Brust empor! Und die Wälder und die Felder klingen und die Gärten heben an zu singen. Fern und dumpf rauscht das erwachte Meer, Segel seh’ ich in die Sonnenweiten, weiße Segel frischen Windes gleiten, stille, gold’ne Wolken oben Wolken obenher und im Blauen sind es Wanderflüge? Schweig, o Seele, hast du kein Genüge? Sieh, ein Königreich hat dir der Tag verlieh’n.
Auf! Dein Wirken preise ihn!
Gustav FalkeLeise weht ein erstes Blühn Leise weht ein erstes Blühn von den Lindenbäumen, und, in meinen Träumen kühn, seh’ ich dich im Laubengrün hold im ersten Muttermühn Kinderhemdchen säumen.
Singst ein kleines Lied dabei, und dein Lied klingt in den Mai: Blühe, blühe, Blütenbaum, tief im Traubengarten, blühe, blühe, Blütenbaum, meiner Sehnsucht schönsten Traum will ich hier erwarten.
Blühe, blühe, Blütenbaum, Sommer wird dir’s zahlen.
Blühe, blühe, Blütenbaum, schau, ich säume einen Saum hier mit Sonnenstrahlen.
Blühe, blühe, Blütenbaum, balde kommt das Reifen, blühe, blühe, Blütenbaum, meiner Sehnsucht schönsten Traum lehr mich ihn begreifen. Singst ein kleines Lied dabei, und dein Lied ist lauter Mai.
Und der Blütenbaum wird blühn, blühn vor allen Bäumen, sonnig wird dein Saum erglühn und verklärt im Laubengrün wird dein junges Muttermühn Kinderhemdchen säumen.
Rainer Maria Rilke
Blicke mir nicht in die Lieder Blicke mir nicht in die Lieder! Meine Augen schlag’ ich nieder, wie ertappt auf böser Tat; selber darf ich nicht getrauen, ihrem Wachsen zuzuschauen: Deine Neugier ist Verrat.
Bienen, wenn sie Zellen bauen, lassen auch nicht zu sich schauen, schauen selber auch nicht zu.
Wenn die reichen Honigwaben sie zu Tag gefördert haben, dann vor allen nasche du!
Friedrich Rückert
Liebst du um Schönheit
Liebst du um Schönheit, o nicht mich liebe!
Liebe die Sonne, sie trägt ein gold’nes Haar!
Liebst du um Jugend, o nicht mich liebe!
Liebe den Frühling, der jung ist jedes Jahr!
Liebst du um Schätze, o nicht mich liebe!
Liebe die Meerfrau, sie hat viel’ Perlen klar!
Liebst du um Liebe, o ja, mich liebe! Liebe mich immer, dich lieb’ ich immerdar.
Friedrich Rückert
Oft denk’ ich, sie sind nur ausgegangen!
Oft denk’ ich, sie sind nur ausgegangen!
Bald werden sie wieder nach Hause gelangen!
Der Tag ist schön! O sei nicht bang! Sie machen nur einen weiten Gang!
Jawohl, sie sind nur ausgegangen und werden jetzt nach Hause gelangen!
O, sei nicht bang, der Tag ist schön!
Sie machen nur den Gang zu jenen Höh’n!
Sie sind uns nur vorausgegangen und werden nicht wieder nach Hause gelangen!
Wir holen sie ein auf jenen Höh’n im Sonnenschein!
Der Tag ist schön auf jenen Höh’n!
Friedrich Rückert
Hymne
Wenige wissen das Geheimnis der Liebe, fühlen Unersättlichkeit und ewigen Durst.
Des Abendmahls göttliche Bedeutung ist den irdischen Sinnen Rätsel. Aber wer jemals von heißen, geliebten Lippen Atem des Lebens sog, wem heilige Glut in zitternde Wellen das Herz schmolz, wem das Auge aufging, dass er des Himmels unergründliche Tiefe maß, wird essen von seinem Leibe und trinken von seinem Blute ewiglich. Wer hat des irdischen Leibes hohen Sinn erraten?
Wer kann sagen, dass er das Blut versteht?
Einst ist alles Leib, ein Leib, im himmlischen Blute schwimmt das selige Paar.
O dass das Weltmeer schon errötete und in duftiges Fleisch aufquelle der Fels!
Nie endet das süße Mahl, nie sättigt die Liebe sich. Nicht innig, nicht eigen genug kann sie haben den Geliebten. Von immer zärteren Lippen verwandelt wird das Genossene inniglicher und näher, heißere Wollust durchbebt die Seele, durstiger und hungriger wird das Herz, und so währet der Liebe Genuss von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Novalis
Ekstase
Gott, deine Himmel sind mir aufgetan, und deine Wunder liegen vor mir da wie Maienwiesen, drauf die Sonne scheint. Du bist die Sonne, Gott, ich bin bei dir, ich seh’ mich selber in den Himmel geh’n. Es braust das Licht in mir wie ein Choral. Da breit’ ich Wandrer meine Arme aus und in das Licht verweh’ ich wie die Nacht, die in die Morgenrötenblust vergeht.
Otto Julius BierbaumDer Erkennende Menschen lieben uns, und unbeglückt steh’n sie auf vom Tisch, um uns zu weinen.
Doch wir sitzen übers Tuch gebückt und sind kalt und können sie verneinen. Was uns liebt, wie stoßen wir es fort und uns Kalte kann kein Gram erweichen. Was wir lieben, das entrafft ein Ort, es wird hart und nicht mehr zu erreichen. Und das Wort, das waltet, heißt: Allein, wenn wir machtlos zu einander brennen. Eines weiß ich: Nie und nichts wird mein. Mein Besitz allein, das zu erkennen.
Franz WerfelLobgesang
Wie das Meer ist die Liebe, wie das Meer ist die Liebe: unerschöpflich, unergründlich, unermesslich:
Woge zu Woge stürzend gehoben, Woge von Woge wachsend verschlungen, sturm- und wettergewaltig nun, sonneselig nun, willig nun dem Mond die unaufhaltsame Fläche, –doch in der Tiefe stetes Wirken ewiger Ruhe, ungestört, unentwirrbar dem irdischen Blick, starr verdämmernd in gläsernes Dunkel und in der Weite stetes Schweben ewiger Regung, ungestillt, unabsehbar dem irdischen Blick, mild verschwimmend im Licht der Lüfte: Aufklang der Unendlichkeit, der Unendlichkeit ist das Meer, ist die Liebe.
Richard DehmelHymne an die Nacht
Hinüber wall’ ich und jede Pein wird einst ein Stachel der Wollust sein, noch wenig Zeiten, so bin ich los, und liege trunken der Lieb’ im Schoß. Unendliches Leben wogt mächtig in mir, ich schaue von oben herunter nach dir.
An jenem Hügel verlischt dein Glanz, ein Schatten bringet den kühlenden Kranz.
Oh, sauge, Geliebter gewaltig mich an, dass ich entschlummern und lieben kann.
Ich fühle des Todes verjüngende Flut, zu Balsam und Äther verwandelt mein Blut.
Ich lebe die Tage in Glauben und Mut und sterbe die Nächte in heiliger, heiliger Glut.
Novalis