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OKT
Ausgabe 263
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Damit sind Sie live dabei!
FINCH & SKI AGGU Hedonismus, asoziales Verhalten und eine frei herausgestellte Liebe zum Trash
Österreichische Post AG / MZ 15Z040254 M, CTS Eventim Austria GmbH, Mariahilferstraße 41–43, 1060 Wien; Preis: € 2,90
TIKTOKCOMEDY Marco Gianni, Rian, Heidelbeerhugo & Toxische Pommes: Wie tragfähig ist der Schmäh abseits vom Handyscreen?
DAS FALCO MUSICAL
rock me amadeus
Er war Superstar – er war populär. Die neueste VBW-Eigenproduktion erzählt ab 7. Oktober im Wiener Ronacher die aufregende und bewegende Geschichte vom jungen Wiener Musiker Hans Hölzel und seinem Aufstieg zum Weltstar.
Original graphics designed by Dewynters, London | Foto: vbw © Deen van Meer
EIN MUSICAL VON MICHAEL KUNZE & SYLVESTER LEVAY REGIE: FRANCESCA ZAMBELLO
Nur noch bis Jänner 2024! #WeAreMusical W W W. M U S I C A LV I E N N A . AT
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YUNG HURN Wiens frechster Popstar seit Falco (siehe dazu unsere Coverstory) ist immer noch Yung Hurn. Auch wenn sein Output derzeit nur im Merchandise-Segment steigt. Dieses gibt es sehr exklusiv auch auf seiner Wintersport-Tour zu erwerben.
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or wenigen Wochen hat Christian Ankowitsch im „Gemischten Satz” von ZEIT Österreich die Welt in zwei Dinge geteilt: in jene, die wir kennen (und bereden) sollten, und jene, die wir nicht einmal ignorieren sollten. Nicht einmal ignorieren sollte man etwa, so Ankowitsch, die Sache mit den diversen Kurz-Filmen. Noch ist nicht absehbar, wie viele dieser cinematographischen Klimaxe uns noch erreichen werden, beim Redaktionsschluss war Zählerstand bei Nummero 3. Aber vielleicht wird irgendwann jeder einen Kurz-Film gedreht haben, um unseren Ex-Kanzler zu persiflieren. Interessant sind jedoch ernsthafte Recherchen, ob nicht die Produktionsfirma des zweiten, lobhudelnden Films am Start-Wochenende wahrlich absurde Ticketmassen aufgekauft habe, um einen Erfolg zu suggerieren, wo keiner sei. Ähnliches hat auf den Sozialen Netzwerken ein selbst erklärter heimischer „Austropopexperte (für eh alles)” in cholerischer Aufgeregtheit geunkt, als wider seines persönlichen Erwartens Taylor Swift das Stadium dreimal, Coldplay viermal ausverkauften. Da roch er in seiner vifen detektivischen Natur und mit Brancheneinsicht auf Höhe der Zeit (1990) gleich die Lunte und ahnte, dass Künstler, Management, Veranstalter und Vertrieb gemeinsam perfide Sache machen, mittels künstlicher Verknappung einen Hype erzeugen und über den Sekundärmarkt gleich viel mehr Kohle scheffeln. Das ist natürlich Humbug. Vielmehr ist es so, dass neben den zuvor benannten KünstlerInnen
etwa auch Pink, Rammstein, The Rolling Stones, AC/DC, U2, Billie Eilish und Metallica einer derart überragenden Nachfrage ausgesetzt sind, die geblockte Stadionkonzerte nicht nur ermöglichen, sondern schlichtweg erfordern: the hype is real! Und trotzdem: Selbst bei zwei, drei oder vier Shows in einer Stadt gehen immer noch zahlreiche Fans leer aus, für Coldplay konnten laut Veranstalter vierer Konzerte zum Trotz nur etwa 50 Prozent der Anfragen positiv erfüllt werden. Dass vergleichbare Stars früher in 30 Städten je ein Konzert gegeben haben, heute in 15 Städten zweimal auftreten, ist zwar richtig – damit reduzieren sie aber nicht nur ihre Kosten (etwa für Aufbau und Transport) und somit auch den erforderlichen Ticketpreis, sondern auch ihren ökologischen Fußabdruck. Nicht einmal ignorieren sollte man laut Ankowitsch auch die das Sommerloch füllende Nachricht, dass der amtierende Bundeskanzler Karl Nehammer bei einem lokalen Trinkgelage in Altaussee ein Krügerl Bier (eigentlich war’s nur ein Saurer Radler) geext habe. Ein Video dieser lebensmittelverzehrenden Großtat ist sogar viral gegangen, hat also überdurchschnittlich viele Menschen interessiert. Dabei müsste sich der gemeine Österreicher (und natürlich auch: Österreicherin) doch vielmehr schulterzuckend (und Meischberger persiflierend) „Wo woar dei Leistung?” fragen. Ein verwässertes Bier auf einen Schluck zu leeren, das ist in diesem Land (sofern man das Volksschulalter bereits
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verlassen hat) definitiv nicht einmal ein Anzeichen von Trinkfestigkeit. Aber vielleicht ist das Interesse deswegen so hoch, weil die breite Masse das Exen zwar nicht verlernt hat, es aber schlichtweg einfach nicht mehr erschwinglich ist? Während es sich also die existenziellste Säule der Republik weiterhin leisten kann, Omnipotenz zu suggerieren und unsere Inflationsrate von 7 Prozent zu beklatschen, müssen die Plebejer bei ihren „Brot und Spielen” jeden Euro umdrehen und verbringen Konzertabende an einem Kaltgetränk lediglich nippend. Apropos Euro (und auch darüber will Ankowitsch eigentlich nicht reden): Nicht nur unser Kanzler, auch der Herr Gestütsbetreiber Kickl sorgen sich seit zumindest Wochen um unser liebes Bargeld. Sie allein sind es, die uns selbstlos und mit größtem Einsatz davor schützen, dass uns die von George Soros geführte EU die depperten Kupfermünzen nicht wegnimmt und in ihrem globalen Tunnelnetz versteckt. Dass das Ganze nur gegenstandsloses Gerede ist, erübrigt sich eigentlich zu sagen. Aber: Wenn ich, zum Beispiel, in der Wiener Arena mein Bier nur bar und nicht mit Karte bezahlen kann, dann kommt niemals nie nicht einer drauf, dass ich des Exens ebenso fähig bin wie unser Kanzler. Exenmenschen, so heißt es ja, mischen sich unerkannt unters Volk und steuern das Weltgeschehen von Innen (dem Stadion-Oval?) heraus. Stefan Baumgartner (Chefredakteur)
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IN DIESER AUSGABE
Ganz neu ist der Online-Auftritt unseres Magazins! Hinkünftig findet ihr unter oeticket.com/magazine nicht nur die aktuellsten News über alle Veranstaltungen in ganz Österreich, sondern auch Infos über die wichtigsten Alben-Veröffentlichungen, Singleund Videopremieren – insbesondere von heimischen KünstlerInnen –, Fotos von den geilsten Konzerten in ganz Österreich, Interviews mit Stars, zahlreiche Gewinnspiele und natürlich alle Artikel aus unserem Magazin, damit ihr auch unterwegs immer am Laufenden bleibt!
08.03.2024
Österreichischer Musiktheaterpreis. Zahlreiche strahlende Gesichter gab es am 7. September bei der elften Verleihung des Österreichischen Musiktheaterpreises im Arkadenhof des Wiener Rathauses. Drei Auszeichnungen gingen an die Wiener Staatsoper: Der Preis für die „Beste männliche Hauptrolle” ging an Andreas Schlager („Tristan und Isolde”), für ihre besonderen Nebenrollen ausgezeichnet wurden Patricia Nolz („Don Giovanni”) und Boris Pinkhasovich („Pique Dame”). Jeweils zwei Preise erhielten die Volksoper Wien, das Theater an der Wien und das Tiroler Landestheater Innsbruck. Der Sonderpreis für das Lebenswerk ging an die 93-jährige Bühnenlegende Otto Schenk (Foto). Der Publikumsliebling zeigte sich überrascht und erfreut und wird in den kommenden Wochen noch in Wien, Baden und Gmunden auftreten. Ebenfalls einen Sonderpreis („Musicaldarstellung”) gewann die Sängerin Maya Hakvoort. Sie wurde für ihre Rolle als Norma Desmond in „Sunset Boulevard” an der Bühne Baden ausgezeichnet. Am 11. November gastiert die gebürtige Holländerin live mit ihrem Programm „Maya unplugged” im Globe Wien. n Insgesamt wurden 23 Preise vergeben, alle Preisträger finden Sie online unter oeticket.com/magazine. Österreichischer Kabarettpreis. Der diesjährige Förderpreis geht an Maria Muhar für ihr Programm „Storno”, der Programmpreis an die „Herzensschlampereien” von Christian Dolezal, der Hauptpreis an Alex Kristan für sein Programm „50 Shades of Schmäh” und der Sonderpreis an Die Tagespresse. Noch zu vergeben sind der Fernsehpreis (Voting online unter kabarettpreis.at) und der Onlinepreis: Content Creatorinnen können sich noch bis 10. Oktober ebenfalls auf kabarettpreis.at einreichen. Beim Fernsehpreis stehen folgende sieben Sendungen zur Wahl: „Die Tafelrunde” (ORF III), „Gute Nacht Österreich”, „Pratersterne”, „Was gibt es Neues?”, „Weber und Breitfuß” und „Wir sind Kaiser” (alle ORF 1), sowie „USAida” (ProSiebenSat1PULS 4 & JOYN). n Tickets für die Programme aller vier Preisträger sind ebenso online unter oeticket.com erhältlich, wie auch für die Verleihungsgala selbst, die am 21. November unter der Moderation von Clemens Maria Schreiner im Wiener Globe stattfindet.
Innsbruck Olympiahalle
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Fotos: Barracuda Music, Katharina Schiffl, Kristian Bisutti
[14] Yung Hurn Wiens frechster Popstar seit Falco bietet sein Merchandise beim Après-Ski feil [16] Shirin David ist mit ihrer bloßen Existenz ein Reibebaum für die moderne Gesellschaft [18] TikTok Wie tragfähig ist der Schmäh, der auf TikTok die Runde macht, abseits vom Handyscreen? [20] Finch und Ski Aggu erobern den deutschsprachigen Disco-Rap-Markt mit Hedonismus, asozialem Verhalten und frei herausgestellter Liebe zum Trash [22] Strolz/Razelli das Power-Duo ist zurück und beobachtet die prekäre Lage des Planeten [24] AUT of ODA sind außer am Klo im Big-Brother-Haus gefangen
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SCHEINWERFERLICHT
Mag. Roberta Scheifinger Chefredakteurin und Herausgeberin
Zurück vom Burning Man: es hat geregnet und der Gatsch hat mittlerweile nostalgische Erinnerungen an das heurige Nova Rock hervorgerufen. Ein weiteres Burning-ManPrinciple lautet Radical Self Reliance: also gut vorbereiten, Gummistiefel und warme Kleidung einpacken, dann ist alles halb so wild. Erster Schritt: Mit Freunden zusammentun und Tickets organisieren! Nova Rock, Frequency, Beatpatrol, Electric Love, Butterfly Dance, das Poolbar Festival u.v.m. sind bereits verfügbar. Davor genießen wir aber einen spannenden Herbst mit vielen neuen Shows: Unser Cover widmen wir diesmal dem Falco-Musical „Rock Me Amadeus“, welches ab 7. Oktober im Wiener Ronacher Weltpremiere feiert. „Afrika! Afrika!” schlägt am 5. Oktober seine Zelte in Dornbirn auf und bringt bis März ganz Österreich zum Staunen. Tickets gibt es auf oeticket.com, weitere Infos in unserem Online-Magazin Headliner (oeticket.com/magazine). Roberta Scheifinger
Appy Birthday! Jetzt Jubelpackerl holen und mitfeiern! Alle Bedingungen und Infos auf oebb.at/jubelpackerl
GEWINN SPIELE Die Gewinnspiele der aktuellen Ausgabe finden Sie auf den Seiten 8–10 und 22–23. Zu gewinnen gibt es: • Tickets für das Falco-Musical • signierte Alben von Strolz & Razelli Eine Teilnahme an den Gewinnspielen ist möglich auf www.ticketmagazin.com im Beitrag „!ticket Gewinnspiele Oktober 2023“. Hier finden Sie auch Informationen und Teilnahmebedinungen zu unseren Gewinnspielen und Datenschutz. Einsendeschluss ist der 1. November 2023.
DAS NEUE
JUBELVORTEILSPACKERL um €
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Dave Stewart, der preisgekrönte Sänger,
Fotos: Electric Callboy (Electric Callboy), Denise Truscello (Rod Stewart), Barracuda Music (Dave Stewart)
Songwriter, Musiker, Produzent, Innovator und Mitbegründer von Eurythmics, kündigte die „Eurythmics Songbook: Sweet Dreams 40th Anniversary Tour” an und wird seine Fans in ganz Europa in den Bann ziehen – am 25. November auch im Wiener Konzerthaus. Mit Dave und einer rein weiblichen Band aus virtuosen Sängerinnen und Musikerinnen verspricht die Tour, die Fans auf eine nostalgische und elektrisierende musikalische Reise mitzunehmen, die vier Jahrzehnte der bahnbrechenden Hits irgendwo zwischen Synth-Pop, New Wave, Soul und Rock umfasst. Sweet dreams are made of this!
LACHEN HILFT! DEM INTEGR ATIONS HAUS
Electric Callboy sind aktuell einer der heißesten Live-Acts, wenn es um modernen Heavy-Sound geht. Rappelvolle Shows in ganz Europa (wohl auch am 9. Februar in der Olympiahalle und am 1. März in der Wiener Stadthalle D!) und ein Single-Rekord nach dem nächsten sind ein Beweis für den Ausnahmestatus, den die Deutschen inzwischen eingenommen haben. Bereits als Newcomer hat man um 2010 zahlreiche Preise und TopPlatzierungen abgeräumt und so weltweit für Furore gesorgt, aber was gerade in den letzten zwei Jahren abgeht, ist echt extrem: Gleich die erste Single mit Neuzugang Nico Sallach am Gesang, „Hypa Hypa“, ging richtig steil, nicht minder „We Got The Moves“, die auch auf dem neuen Album „TEKKNO“ vertreten ist. Und schließlich gab es sogar die Forderung, „Pump It“ für den ESC einzumelden ... Rod Stewart hat nicht nur eine unverwechselbare Stimme, sein Charisma hat ihn zudem zu einem der erfolgreichsten Entertainer aller Zeiten gemacht. Sein Erfolg zieht sich durch alle Genres populärer Musik, von Rock, Folk, Soul über R’n‘B bis hin zu den modernen Standards. Jetzt präsentiert der legendäre, unkonventionelle Star die Songs seiner Karriere, die Hits und die Klassiker live auch in Österreich, und zwar am 2. Juli in der Wiener Stadthalle D.
26.10.2023, 19:30 UHR
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u a e k l a F Wie der GEWINN SPIEL
Wer ist „Hans Hölzel”-Darsteller Moritz Mausser? Moritz Mausser wurde in Wien geboren, wuchs in Baden bei Wien auf und kam schon früh in seiner Kindheit durch Theaterbesuche mit seiner engen Familie mit Musicals in Kontakt. Im Alter von neun Jahren entdeckte er seine Leidenschaft für Gesang und Schauspiel und war über 10 Jahre lang Teil des Musical-Vereins teatro.
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Fotos: VBW, Marco Sommer
Wir verlosen 2x2 Gutscheine für „Rock Me Amadeus“ inkl. Glas Sekt und Programmheft. Alle Informationen siehe Seite 6.
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. . . e h c s A aus der ... steigt Hans Hölzel einmal mehr in den Olymp der Popkultur hinauf. Diesmal tut er das auf der Bühne des Ronacher, wenn die VBW dem heimischen Weltstar ab Oktober mit „Rock Me Amadeus – Das Falco Musical“ emotional-mitreißend Tribut zollt. TEXT: MANUEL SIMBÜRGER
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as kunterbunte Karussell der Jukebox-Musicals dreht sich munter weiter: Nach Künstlern wie Whitney Houston, Udo Jürgens, Michael Jackson, Tina Turner oder (aktuell am Broadway) Britney Spears kommt nun dem musikalischen Erbe von Hans Hölzel alias Falco die Ehre zuteil, im Musical-Gewand ein weiteres Level der Unsterblichkeit zu erringen. „Rock Me Amadeus – Das Falco Musical“ feiert ab 7. Oktober im Wiener Ronacher Uraufführung. Hommage an Falco – und Wien Dass die Uraufführung in Wien stattfindet, passt natürlich wie die Pomade zu Falcos stets perfekt gestylter Frisur, ist der 1998 verstorbene Popstar doch das Sinnbild des Ur-Wieners für den Rest der Welt und irgendwie auch für Österreich selbst. Keiner war und ist so sehr Superstar, so populär, so exaltiert und hatte so sehr Flair wie Hans Hölzels Bühnen-Alter Ego, das auf so faszinierend-verstörende Weise die inneren Dämonen des von Selbstzweifeln und diversen Süchten geplagten Wieners mit seinem kreativem Ausnahmetalent vereinte wie hierzulande niemand mehr nach und vor ihm. Nicht ganz verständlich eigentlich, wieso nicht das Konterfei eines Falken
die heimische Landesflagge ziert. „Das Stück ist eine Hommage an den großen österreichischen Künstler, der bis heute aus der Popgeschichte nicht mehr wegzudenken ist“, so VBW-Musical-Intendant Christian Struppeck, der höchstpersönlich das Buch zum Falco-Musical schrieb. „Zudem wollen wir zur kulturellen Vielfalt der Stadt beitragen und durch den lokalen Bezug des Stücks auch ihr Kulturgut hochhalten.“ Es dürfte ab Oktober also richtig leiwand ur-wienerisch im Ronacher werden, oida. Psychogramm mit Kult-Songs Streng genommen ist „Rock Me Amadeus – Das Falco Musical“ nicht das erste, nun ja, Falco-Musical. In den vergangenen Jahrzehnten gab es „F@lco – A Cyber Show“ (ebenfalls im Ronacher), „Falco meets Amadeus“ sowie „Falco – Das Musical“, welches nach wie vor durch Österreich und Deutschland tourt. „Rock Me Amadeus – Das Falco Musical“ aber ist BESSER, weil viel mehr als „bloß“ ein Jukebox-Musical mit Falco’ischer Musik-Untermalung. „Es ist ein Spektakel mit Tiefgang“, verspricht Regisseur Andreas Gergen (u. a. „I am from Austria“). Das sei es auch, was das aktuelle Stück von den Vorgängern un-
terscheidet, betont er: „Wir haben es mit einem Psychogramm zu tun. Wir erforschen, wie Falco war und wer er war.“ Eingebettet in eine beeindruckende Bühnenshow und unterstützt durch raffinierte Choreografien, ein aufwändiges Bühnenbild und schillernde Kostüme taucht das Publikum nicht nur in das Wien der 80er- und 90erJahre ein, sondern auch in eine aufregende Reise durch Emotionen, Erfolge – und ja, auch Eskapaden. Denn die hintersten, dunkelsten seelischen Ecken des Musikers werden ebenfalls besucht. Zum allerersten Mal wird die gesamte Lebensgeschichte von Hans Hölzel auf die Bühne gebracht, angefangen von seinen Anfängen in Wiener Underground-Clubs bis hin zum internationalen Durchbruch, Nr. 1-Hit in den USA sowie gnadenloser innerlicher Boxkampf inklusive. Und weil Metaphern immer noch die größte Wahrheit des Lebens sind, wird Hans Hölzel/Falco in „Rock Me Amadeus – Das Falco Musical“ von zwei verschiedenen Darstellern zum Leben erweckt: Newcomer Moritz Mausser spielt Hölzel/Falco, Alex Melcher verkörpert dessen Alter Ego, also seinen provokanten inneren Dämonen. Säße Freud im Publikum, er würde am lautesten applaudieren.
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Nah ... Trotzdem, ist ja logisch, dürfen Falco-Songs nicht fehlen, im Gegenteil: Das Publikum darf sich auf die größten Hits des Falken freuen, „jedem Song kommt eine dramaturgische Funktion innerhalb der Geschichte zu, die Lieder werden mit der Handlung zu einem Theaterstück verwoben“, so Gergen. Durchaus überraschend: Es werden auch vier brandneue Stücke zu hören (und sehen) sein. Komponiert wurden diese von Ferdi und Rob Bolland, die Falco bereits mit „Amadeus“ in WeltstarSphären katapultierten. Die Brüder standen der Produktion zudem als kreative Berater zur Seite, genauso wie Falco-Entdecker Markus Spiegel und Musikproduzent Robert Ponger. Eng zusammengearbeitet wurde zudem mit der von Falcos Mutter Maria gegründeten „Falco Privatstiftung“. „Da ich viele Jahre lang mit Falco im Studio gearbeitet habe, kann ich mit Sicherheit sagen, dass dieses Musical seine Persönlichkeit und sein Vermächtnis widerspiegelt“, zeigt sich Rob Bolland zufrieden. ... und doch ein bisserl fern Authentizität wird in „Rock Me Amadeus – Das Falco Musical“ also groß, aber nicht fett geschrieben. Bei der Recherche habe man „viele Geschichten gehört“ und diese „wie Puzzleteile zusammengesetzt“, erklärt Gergen, danach wurde „eine ganz eigene Interpretation“ gefunden – was schlau ist, denn Hölzel war ein einzigartiges Potpourri aus Kunst- und Menschwerk; eine strenge Interpretation würde per se an der komplexen Psyche des Falken zerschellen. Das sieht auch Hauptdarsteller Mausser so, der in „Rock Me Amadeus – Das Falco Musical“ seine erste Hauptrolle spielt:
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„Imitation mache ich keine, weil da kann man nur scheitern. Ich spiele mit den Eigenschaften und dem Stil, die man von Falco kennt und benutze es für meine Interpretation.“ Intensiv habe er sich im Vorfeld mit dem Sänger auseinandergesetzt, bezeichnet Falcos Songs als „provokant, rebellisch und gesellschaftskritisch“. Zig FalcoDokumentationen (und auch den Film mit Manuel Rubey) kennt er mittlerweile, erzählt Mausser, zudem
habe er sich fünf Tage lang im Zimmer eingesperrt „und mir die Dauerdröhnung Falco gegeben“. Erst durch die Arbeit am Musical hat er Falco und den Menschen dahinter so richtig kennengelernt. Ein Kunststück, das vielleicht nicht mal dem Falken selbst so richtig gelang. n „Rock Me Amadeus – Das FalcoMusical” der VBW feiert ab 7. Oktober im Ronacher Weltpremiere.
MORITZ MAUSSER IM INTERVIEW Ist der Druck groß, eine Legende wie Falco zu verkörpern? Absolut. Der Druck ist hoch und mich wundert es, soweit ziemlich entspannt damit klar zu kommen. Ich versuche alles abseits der Bühne auszublenden, dann bin ich auch nicht abgelenkt. Mein VBW-Debüt als Kronprinz Rudolf in „Elisabeth“ nahm mir zumindest den Druck, damit mein Profi-Debüt zu haben. Wie ist deine persönliche Beziehung zu Falco? Ich kannte ein paar Songs von ihm und mochte seinen Stil. Seine Lieder sind provokant, rebellisch und gesellschaftskritisch. Welcher Falco-Song liegt dir am meisten – und welcher am wenigsten? Falcos Lieder sind meistens im sogenannten „Passagio“. Das ist die Region in der Stimme, wo der Übergang zwischen Brust und Kopfstimme liegt und diese ist tricky zu navigieren, aber das habe ich mittlerweile gut im Griff. Es war ein sehr spannender Prozess, die Songs zu erarbeiten. Ist es genauso herausfordernd, sich Falcos blasierte Kunstsprache anzueignen? Nein, tatsächlich macht es Spaß, damit zu spielen. Es gehört zu diesem Charakter einfach dazu. Es hat natürlich gedauert, ein Gefühl dafür zu bekommen. Eigentlich war es schwieriger, die Stimme für Hans Hölzel zu finden. Die konnte und wollte ich noch mehr an meine eigene heranbringen, weil mir das Authentische in der Sprache wichtig ist. Wie gehst du an die Rolle heran? Möchtest du Falco imitieren oder deine eigene Version von ihm darstellen? Imitation mache ich keine. Ich habe diese Rolle im Workshop kreiert und ganz bewusst nicht auf die Imitation gesetzt, weil da kann man nur scheitern. Ich spiele mit den Eigenschaften und dem Stil, den man von ihm kennt und benutze es für meine Interpretation. Werden auch die dunklen Seiten von Falcos Persönlichkeit im Musical ein Thema sein? Ja, wir werden auch zeigen, dass hinter dem glänzenden Falco ein Mensch steckt, der auch Schattenseiten in seinem Leben hatte. Ihr werdet auch vier brandneue Songs präsentieren. Ist hier die Gefahr des Scheiterns auf unterschiedlichen Ebenen nicht sehr groß? Wieso geht man das Risiko trotzdem ein? Die Lieder sind im Gegensatz zum restlichen Material für das Stück geschrieben, da passt es dramaturgisch schon mal super. Noch dazu sind die Lieder von originalen Falco Schreibern, Rob und Ferdi Bolland, also wenn wer weiß wie es geht, dann die beiden. No risk, no fun. Und welche Songs von Falco werden wir nun im Musical zu hören bekommen? Da müsst ihr euch leider noch gedulden.
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Weinzettl & Rudle starten ab Oktober in ganz Österreich mit ihrem neuen Programm „5 Sterne Beziehung ... und andere Märchen”. Unser ganzes Leben besteht ja bekanntlich aus Bewertungen, angefangen beim Hotel über den Zahnarzt bis hin zum Restaurantbesuch. Aber haben Sie sich schon mal gefragt, wieviel Sterne Ihre eigene Beziehung verdient hat? Auf einer Skala von eins bis fünf? Nehmen Sie sich gemeinsam mit Weinzettl & Rudle unter die Lupe! Scooter veröffentlichten kürzlich ihre neue Single „Berliner Luft” und zeitgleich auch die Termine für ihre kommende Arena-Tour „Thirty, Rough and Dirty!”, die sie am 12. April auch in die Wiener Stadthalle D führt. Damit feiert Deutschlands legendärer TechnoAct das 30. Bandjubiläum und schickt sich an, im Zuge dessen das Publikum wieder zum Eskalieren zu bringen: Getreu der Devise „Rough and Dirty“ wird der unbremsbare H. P. Baxxter mit seinen tanzenden Vamps, heißen Feuersäulen, Pyroalarm, LED-Zauber und einer Salve Scooter-Hits einheizen. Party!
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Jason Derulo ist eine der dynamischsten, voräwrtsdenkenden und genreübergreifendsten Kräfte in der globalen Poplandschaft. Zurzeit arbeitet Derulo an seinem mit Spannung erwarteten fünften Album, das er am 23. März in der Wiener Stadthalle D auch live präsentieren wird! Im Gepäck hat er nicht weniger als „eine spektakuläre Live-Show, ein energiegeladenes Hit-Feuerwerk und heiße Dancemoves“. Dabei kann er aus dem Vollen schöpfen: Die Songs aus seinen bisherigen vier Alben sind milliardenfach gestreamt – und die neuen Songs werden wohl auch daran anknüpfen ...
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Fotos: Manfred Baumann (Weinzettl & Rudle), Fabian Stuertz (Patrick Salmen), Jenna Dallwitz (Olli Schulz), Chris Gonz (Wanda), Ingo Pertramer (Thomas Maurer), Paramount Pictures (Rocketman in Concert), Barracuda Music (Jason Derulo), Philip Nürnberger (Scooter)
Patrick Salmen lädt am 22. Oktober im kleinen theater (Salzburg) und am 24. im Wiener Stadtsaal zu „Yoga gegen Rechts”: „Yoga gegen Rechts“ vereint Kurzgeschichten mit trockenem Humor, bissigen Dialogen und messerscharfen Beobachtungen. Mit satirischem Scharfsinn und viel Selbstironie entlarvt Salmen die pathologischen Züge achtsamkeitsbesessener Stadtneurotiker, denn niemand weiß so gut wie der Dortmunder Comedian, dass einem das Gegenüber oft nur deshalb so schräg vorkommt, weil man gerade in einen Spiegel schaut. Eilen Sie herbei und bringen Sie ihre innere Korkmatte mit!
Olli Schulz bringt am 16. November ins Rockhouse, am 19. in die Arena den Zirkus in die Stadt. Das Publikum kann und darf sich wieder auf einiges gefasst machen: unter anderem zum Beispiel neue Songs ...
Wanda zementieren mit jeder Album-Veröffentlichung ihren Platz unter den größten heimischen Bands der Musikgeschichte. Bisher waren sie mit ihren fünf Longplayern insgesamt weit über 300 Wochen lang in den Charts. Viel wichtiger jedoch: Live, auf der Bühne, sind sie eine ekstatische Gewalt. Davon kann man sich zwischen Mai und August in Gmunden, Graz und Kufstein selbst überzeugen ...
„Rocketman in Concert“ bringt am 30. April in der Wiener Stadthalle D die umjubelte Filmbiografie über Elton John, die 2019 die Kinoleinwände im Sturm eroberte, mit einer einzigartigen Inszenierung auf die Bühne. Auf großer Leinwand und begleitet von einem erstklassigen Live-Orchester ertönen die unvergesslichen Melodien und Hits des Filmmusicals (und somit von Elton John) in einem völlig neuen Glanz. Ein Abend voll mit Glamour, Emotionen und musikalischer Genialität ist garantiert! Das Kabarett Niedermair feiert 40 Jahre seines Bestehens, und zwar aufgeteilt auf vier Abende zwischen 11. und 14. Oktober natürlich im Kabarett Niedermair selbst, wobei jeder Abend einer Dekade gewidmet ist. Es beginnt mit etablierten Namen wie Roland Düringer, Leo Lukas, Thomas Maurer (Foto), Martin Puntigam, Andreas Vitásek und Herbert Steinböck am ersten Abend, geht weiter über Klaus Eckel, Gunkl, Pepi Hopf und viele mehr am zweiten Abend, Christoph & Lollo, Gebrüder Moped, Stefan Haider, Clemens Maria Schreiner, Florian Scheuba und viele mehr am dritten Abend bis hin zu Kurt Razelli, Toxische Pommes, Blonder Engel und viele mehr am vierten und letzten Abend. Geschichte wird gemacht!
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Wichse im E
s ist nun auch schon wieder mehr als zwei Jahre her, dass der Donaustädter Cloudrap-Minimalist Yung Hurn als erstes Signing bei Atlantic Deutschland, ein sich auf Hip-Hop spezialisierender Zweig des amerikanischen Spitzenlabels Atlantic Records, präsentiert wurde. Und lässt man seine Augen gar über das Cover „Y“, dem letzten HurnAlbum, tanzen, dann schockiert die Zahl 2019. Kein physischer Longplayer in vier Jahren? In dieser für einen 28jährigen doch ziemlich langen Zeitspanne hat er bloß vereinzelte, nicht wahnsinnig gute, Songs ins Netz tröpfeln lassen. Und sein „Crazy Horse Club Mixtape Vol.1“, wo die Backing Tracks von Mistersir, Filous und Okayciao waren. Das führt zur Frage: was macht der gute Mann mit seiner Lebenszeit? Pferde- oder Ponystärken? Nur Brumm Brumm? Nun, Yung Hurn fährt mittlerweile Auto. Und zwar nicht irgendeines, sondern ein recht hübschen Ferrari. Mit offenem Verdeck braust er durch die Donaustädter Nacht auf der Donauuferautobahn und lässt sein Bandana im Wind flattern. Lange Zeit sah man ihn am Beifahrersitz Platz nehmen. Nun sitzt er selbst am Steuer. Was natürlich für einen Rapper irgendwann Pflicht ist, weil die
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meisten ja einem krassen Materialismus anhängen. Nur die wenigsten haben die Eier, sich wie Casper, einfach in die Berliner U-Bahn zu stellen und sich dann dafür anpöbeln zu lassen. Das Repräsentieren von Geld und Gut, das beherrscht die Szene (leider) immer noch. Und Yung Hurn ist einer der Apostel der Lehre vom Markenartikel. Selbstverständlich nur im teuersten Segment. Wenn er Taschen von Prada in die Kamera hält, dann ist da dieser delikate Kontrast zu seiner persönlichen Zerzaustheit, der das Produkt wahnsinnig edel wirken lässt. Mittlerweile sind schon weitere Kollegen am Start, die am Status des Meisters sägen. Der freche Bibiza etwa, oder der sich in später Hochform befindliche Money Boy, der sich mit seinem bargeldverherrlichenden Stück „Zwambo Anthem“ wieder eindrucksvoll in der Szene zurückmeldete. Pornorös, luxoriös Die starke Pornofantasien auslösende Kunst des Herrn Yung Hurn ist immer noch ganz im Zeitgeist, obwohl sie gleichzeitig völlig out ist. Die woke Abteilung der Musikkonsumenten lehnt explizite Stücke wie „Ponny“ entschieden ab. Die Anarchofraktion liebt sie dafür um so mehr. Nicht zuletzt auch im Kontext, dass mittlerweile
auch viele Frau explizit erotischen Hiphop derlei produzieren. Das taten in jüngerer Vergangenheit etwa Shirin David (siehe Folgeseite), Loredana und Katja Krasavice, ein ehemaliges Pornofilmsternchen, das leidenschaftlich für plastische Chirurgie wirbt. „Ich hab’ das Copyright auf den Doggystyle.“ rappt sie in „Dicke Lippen“, der recht schlichte Refrain lautet: „Ich hab’ dicke Lippen. Und sie blasen.“ Zügig geht’s dann ins Finale „Jetzt ist Schluss mit lustig, lutsch’ deinen Chupa Chups bis der Zuckerguss spritzt. Aber vergiss nicht, heute schluck ich’s.“ Kurzum: die permanente Gewinnformel lautet – je krasser formuliert wird, um so rascher schwemmt es das Geld an. Längst ist der (vermeintliche) Tabubruch zum Geschäftsmodell geworden. Porno, Gewalt und die lyrische Überhöhung von für Durchschnittsverdiener unerschwinglichen Luxusgütern lassen die Kassen klingeln. Was für die einen wie der Untergang des Abendlands anmutet, ist für andere schlicht ein gutes Karrierefundament. Aufmerksamkeit ist in einer Welt, in der der Mensch permanent einem medialen Overkill ausgesetzt ist, die beste Währung. Der 28jährige Julian Sellmeister, wie Yung Hurn mit Klarnamen heißt, nützt das clever aus. Er bespielt dieses Segment nicht nur mit Mu-
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Wiens frechster Popstar seit Falco ist immer noch Yung Hurn. Auch wenn sein Output derzeit nur im Merchandise-Segment steigt. Jetzt kommt der Meister des Hip-Hop-Minimalismus auf seiner WintersportTour 2023 auch nach Linz, Graz und Wien. TEXT: SAMIR H. KÖCK
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m Schnee sik, sondern nicht zuletzt auch mit Social Media und gewitztem Merchandise. Der gebürtige Wiener ist längst Wahlberliner, denn dort, in der deutschen Kapitale finden sich alle aktuell wichtigen Kreativkräfte des Deutschrap zusammen. „Kleine Bitch is mein Ponny“ jubiliert er, der von Rechtschreibung eher wenig versteht, bei seinen Konzerten auf den Schwingen eines gewaltigen Bassmotivs. Der Satz, der einigen Eltern Kopfzerbrechen bereitet, folgt ein wenig später. „Sie hat Wichse auf den (sic!) G’sicht, sie braucht Zewa (Oops).“ Die
Begleitpersonen von minderjährigen Youngsters auf seinen Konzerten zu beobachten ist ein Zusatzvergnügen. Und welcher Schnee nun genau? Von hohem Unterhaltungswert war auch jüngst ein im Netz aufgetauchtes Selfie, das Yung Hurn gemeinsam mit Andi Goldberger zeigt, den Hurns Alter Ego K. Ronaldo ja in einem sehr beliebten Sprechgesangsstück als „Kokainkönig“ bezeichnet hat. Inwieweit Yung Hurn selbst von diesem Gletscher weg ist, enthüllt sich nicht wirklich. In den echten Schnee geht es jetzt allerdings mit seiner „Wintersport Tour 2023“, die zwischen 6. und 22. Dezember durch mittelgroße Hallen von Hamburg über Berlin bis hin nach Linz, Graz und Wien führt. Sogar in Luxemburg wollen sie an der unkaputtbaren Lässigkeit von Yung Hurn teilhaben. Unabdingbar ist, der Erwerb von aktuellem Merchandise. Auf diesem Gebiet ist der Hirschstettner eine Macht. Humor und Hirn fließen in die Sujets ein. Teile davon kann man auf seiner Homepage yunghurn.com erwerben, anderes gibt es nur exklusiv auf der Tour. Und ja, auch hier gibt es schon Sammlerstücke, die rapide im Wert steigen. Allein, wie sich seine Aktie als Rapper weiterentwickelt, das ist ungewiss. n Yung Hurn gastiert zwischen 20. und 22. Dezember im Brucknerhaus, in der HelmutList-Halle und im Gasometer. Bibiza gastiert bereits ab Mitte Oktober in ganz Österreich, inklusive großem Arena Open-Air-Konzert im Mai 2024.
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woMAN’s L
oredana, Juju, Mariybu, Badmomzjay, Haiyti oder Katja Krasavice – die weibliche Deutschrap-Szene hat sich in den letzten Jahren vom Dicke-Hose-Geballer der Männer emanzipiert und ist längst auch kommerziell erfolgreich. Viele Jahre nach der Pionierin Sabrina Setlur hat sich eine ganze Heerschar an Hip-Hopperinnen einen Platz im Rap-Game erkämpft und eindrucksvoll bewiesen, dass die verkrusteten Strukturen des Patriarchats nun auch in dieser Bastion aufgebrochen sind. Doch wo Krasavice mit ihrem Album „Pussy Power“ die inoffizielle Hymne für weibliche Selbstermächtigung im Genre verfasst hat, ist Shirin David die ungekrönte Königin dieser Welt. Krasavice ging zwar mit all ihren drei Alben auf Platz eins der deutschen Charts, aber im durch StreamingPlattformen und TikTok-Trends längst wichtigeren Markt der Singles ist David unbesiegbar. Gleich fünfmal stürmte sie mit Songs wie „90-60-111“, „Gib ihm“ oder „Ich darf das“ ganz nach oben, dazu hat sie insgesamt rund 1,8 Millionen Tonträger verkauft, was den Wert von Krasavice um mehr als das Vierfache übertrumpft.
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Eine andere Street-Credibility Shirin David ist aber nicht nur musikalisch wahnsinnig erfolgreich, sondern genoss im Gegensatz zu den meisten ihrer Konkurrentinnen auch eine klassische Ausbildung. An der Ballettschule des Hamburg Balletts erhielt sie klassischen Tanzunterricht, ihre musikalische Ausbildung rundete sie an der Jugend-OpernAkademie mit Gesang, Schauspiel und Tanz ab. Sie spielt Klavier, Geige und Oboe und wirkte in jungen Jahren an verschiedenen Produktionen der Hamburgischen Staatsoper mit. Weder wuchs Shirin David in prekären Verhältnissen auf, noch hatte sie in jungen Jahren mit Alkoholmissbrauch oder anderweitigen Entwicklungsstörsendern zu kämpfen. Timing & Ambivalenzen Noch viel wichtiger als ihre musikalische Reifung sind Davids Gespür für das richtige Timing und die Kunst, sich perfekt zu vermarkten. Im März 2014 eröffnete sie von Hamburg aus ihren YouTubeKanal und machte ihn innerhalb kürzester Zeit zu einem der meistabonnierten Deutschlands. Es folgten erste musikalische Gehversuche, eine Jurorenrolle bei „Deutschland sucht den Superstar“ und
die erste verdiente Million – mit gerade einmal 22 Jahren. „Ich war genau zur richtigen Zeit auf YouTube, denn damals wussten Unternehmen noch nicht, wie man damit umgeht“, sollte sie später ihren rasanten Aufstieg in einem ihrer seltenen Interviews erklären. Das Leben der Shirin David ist aber nicht nur die märchenhafte Geschichte einer Selfmade-Millionärin, die ein ganzes Genre veränderte, sondern auch eines vieler Missverständnisse und fragwürdiger Nebengeräusche. So arbeitete sie mit den offen homophoben Rappern Mert und Gims zusammen, nur um sich später deutlich von Ersterem zu distanzieren. 2019 nahmt sie mit dem bekannten Corona-Leugner und Reichsbürger Xavier Naidoo zusammen den Song „Nur mit dir“ auf, ließ ihn dann während der Pandemie aber von allen Plattformen löschen. Dazu kam ein lukrativer Werbevertrag mit dem Fast-Food-Riesen McDonald’s, für den David über die deutschen Landesgrenzen hinaus von ihren Fans kritisiert wurde. „Ich sage nicht, dass die Leute jeden Tag dorthin essen gehen sollen“, erklärte sie sich dazu, „außerdem habe ich nie darum gebeten, ein Vorbild zu sein.“ Es sind genau diese Ambivalenzen,
Foto: Michael Palm
Mit rund 1,8 Millionen Tonträgern ist Shirin David die erfolgreichste deutsche Rapperin. Vielmehr ist sie in ihrer bloßen Existenz ein steter Reibebaum für die moderne Gesellschaft. Dass ihre Welt nicht nur aus schwarz und weiß besteht, passt so gar nicht in den empörungsgetriebenen Zeitgeist. TEXT: ROBERT FRÖWEIN
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’s die in Fankreisen für Verunsicherung sorgen. Soll man Shirin David dafür feiern, dass sie sich für Frauenpower in einer Männerdomäne einsetzt und sich stets klar gegen patriarchale Strukturen ausspricht oder sie schelten, weil sie mit sexistischen Symbolen spielt? Einerseits weigerte sie sich etwa erfolgreich im Video zu Shindys Song „Affalterbach“ zu erscheinen, weil sie nicht als sein „Sidechick“, respektive als weibliches Accessoire eines gockelhaften Mannes dargestellt werden wollte. Andererseits kaufte sie sich 2019 einen 612 PS-starken Mercedes mit Dieselmotor, den sie nach zahlreichen Unkenrufen auf Instagram und Co. aufgrund ihrer Liebe für das Klima zurückgab – später bekundete sie aber, dass ihr schlichtweg die Farbe nicht gefiel. Shirin David geht in ihren Songtexten und auf den eigenen Social-Media-Plattformen auch sehr offen mit Schönheitsoperationen um und hat sich seit ihrem Bekanntwerden vor knapp neun Jahren bereits mehrfach stark verändert. Auf dem Plattencover ihres Debütalbums „Supersize“ posiert sie im Adamskostüm, in Songs wie „Bitches brauchen Rap“, „Ice“ oder „Be A Hoe/Break A Hoe“ propagiert sie Selbstständigkeit und Eigenverantwortung. Die heute 28-Jährige wirkt wie eine wandelnde Doppeldeutigkeit, ist aber vielleicht auch nur das Gegenstück zur grassierenden Schwarz/Weiß-Denke, die bei so gut wie jeder virtuellen Situation Einzug gehalten hat. Shirin Davids Bild in
der Öffentlichkeit weist viele Graustufen auf, sie lässt sich weder von ihren Fans, noch von erbitterten Gegnern in eine thematische Ecke drängen. Wie keine zweite Künstlerin inszeniert sie sich als plastisches Sexsymbol und kämpft gleichzeitig und unermüdlich für mehr Respekt und Rechte bei Frauen: „Am Ende des Tages sollte man mit sich und seinem Körper machen können, was man möchte“, erzählte sie dem Focus online. Shirin David war nicht nur eine bahnbrechende YouTuberin, sondern ist auch die erfolgreichste Rapperin Deutschlands, ein Marketing-Genie und zudem vif genug, um sich nicht von jeder lautstark in den digitalen Orbit gerülpsten Empörungswelle aus dem Tritt bringen zu lassen. Dass sich dabei der eine oder andere Fehltritt einschleicht und sie manch-
mal zurückrudert, sollte man nicht per se als Schwäche auffassen. Dinge einzusehen und sich zu entschuldigen sind heute rar gewordene Fähigkeiten. Bevor das dritte Album langsam real wird, steht die Erfolgsfrau vor den beiden nächsten Highlights ihrer Karriere. Bei der kommenden Staffel von „The Voice Of Germany“ wird sie neben Tom und Bill Kaulitz, Giovanni Zarrella und Ronan Keating als Coach zu sehen sein und im Herbst führt sie ihre erste Konzerttour überhaupt durch amtliche Hallen zwischen Berlin und Wien. All den Ambivalenzen zum Trotz – Shirin David folgt weiter ihrem Bauchgefühl. Bislang tat sie gut daran. n Shirin David gastiert am 19. November in der Wiener Stadthalle D.
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TikTok lässt niemanden kalt. Während Jugend- und Datenschützer schäumen und Regierungen nach Gründen für ein Verbot suchen, frisst sich die Social-Media-App mit dem unglaublich raffinierten Algorithmus unaufhaltsam durch Milliarden an Smartphones. Und auch in das Mediaverständnis vor allem der GenZ und Millennials, deren Humorempfinden TikTok so wesentlich mitprägt. Aber wie tragfähig ist der Schmäh abseits vom Handyscreen? TEXT: MARKUS HÖLLER
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mmer, wenn man denkt, das Ende der Fahnenstange sei erreicht, geht es im Internet noch weiter. Auch und gerade bei Social Media eine verblüffende Entwicklung. Erst Facebook, dann Instagram, es folgten Snapchat und Twitch, und aktuell ist TikTok der heiße Shit. Werbewirtschaft und Unternehmen stürzen sich gierig auf jeden Content Creator, der mit kompakten Filmchen ein großes Publikum erreicht. Im Idealfall kann das geradezu märchenhafte Karrieren hervorbringen, wie im Fall der sympathischen Britin Lauren Flymen (lauren.jumps), die im ersten Lockdown aus Fadesse mit dem Seilspringen im Garten begann und den Fortschritt auf TikTok teilte. Heute kann sie mit 1,2 Millionen Followern, eigenen Sportkollektionen und einer App gut davon leben und hat ihren 9-to-5-Job längst an den Nagel gehängt.
Marco Gianni Gekonnt und spitz nimmt der deutsche TikToker die oft sehr alltagsfremde, glatt polierte Welt der Influencer auf die Schippe.
Heidelbeer Hugo Michael Bauer, aufgewachsen im Edel-Ghetto Alt Erlaa, findet sich oft mit blöden Fragen konfrontiert. Oder absurden Situationen. Rian Besonders lustig ist der gebürtige Althofener auf TikTok dann, wenn er rotzefett ist. Außerdem lässt er gerne Flaschen Stiegen runterrollen.
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Fotos: We Own You GmbH, Rian, Muhassad Al-Ani, Heidelbeer Hugo
ADHS auf Tik
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kTok Gags, Gags, Gags Das Gros der Beiträge auf TikTok dreht sich aber um Gags, Memes und Parodien, wobei der Kreativität der Schöpfer scheinbar keine Grenzen gesetzt sind. Auch in Österreich hat sich eine recht ansehnliche Gruppe an TikTokern herauskristallisiert, die mit ihrem ganz eigenen Stil regelmäßig die User zum Schmunzeln bringen. Da wären zum Beispiel brumanrockner (115.000 Follower), der sich mit seiner schier endlosen Serie „Wörter, die ma am Orsch gehen“ gnadenlos über das Unvermögen vieler Menschen lustig macht, Wörter und Begriffe richtig auszusprechen. Oder wurstaufschnitt (64.000 Follower), der der Gesellschaft als asiatischstämmiger, schwuler Millennial gerne mit sarkastischem Humor den Spiegel vorhält, was Alltagsrassismus und Homophobie angeht. Ebenfalls populär und immer für einen wirklich treffenden Gag gut: grindig (55.000 Follower), der sich ganz speziell über präpotente Ärzte, dysfunktionale Familien der Upper Class und toxische Männer lustig macht – meist so gut, dass einem das Lachen im Hals steckenbleibt. Ähnlich wie sonnenscheincatering (339.000 Follower), der mit seinen Parodien auf Berufskinder und andere Schnösel sehr gut den Nerv einer immer weiter auseinanderklaffenden gesellschaftlichen Schere trifft. Oder auch der 17 Jahre junge Michi Skopek (182.000 Follower), der wegen Lernschwerigkeiten die Schule verlassen hat und nun auf TikTok was tut? Lehrer parodieren. Ganz großes Kino ist auch der heidelbeerhugo (54.500 Follower), der absurde Lebensmomente hinterfragt. Weil er dabei wie ein knuffiger Teddybär wirkt, kann man ihm jedoch überhaupt nicht böse sein. Und die mittlerweile auch über TikTok hinaus bekannte toxische_pommes (92.000 Follower) wiederum
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gilt nicht nur als alteingesessener Social-Media-Star, sondern hat mittlerweile auch im realen Leben abseits vom Handy-Schirm eine Karriere aufgebaut. Mit ihrer ätzenden Comedy, die sich meist um Besonderheiten ihrer Balkan-Wurzeln oder abgehobene Bobos dreht, geht sie mittlerweile auf Tour über die heimischen Kleinkunstbühnen. Freilich ist aber weder ein TikTok-Account oder ein ausverkauftes Kabarett auf Dauer ausreichend, um hauptberuflich den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Noch vielmehr, wenn sich der ausgespielte Humor immer nur um ein Thema dreht, wie zum Beispiel bei rian.music (614.000 Follower), der zwar eigentlich seine Sängerkarriere via TikTok promotet, aber auch mit seinen Parodien auf komplett aus dem Ruder gelaufenen Party-Abenden oft Millionen Menschen erreicht. Hier sieht man schon, wie der Hase läuft: Gags allein sind zu wenig, um sich abseits von Kurzfilmchen im Netz ein stabiles Einkommen zu erwirtschaften, es braucht dann schon eben entweder eine Musikkarriere oder einen „richtigen“ Job, um die Miete bezahlen zu können. Oder? Storytelling Nicht ganz. Ein scheinbar ursächlicher Zusammenhang scheint hier zu den Followerzahlen zu bestehen. Sobald die magische Marke von einer Million geknackt wurde, scheinen sich die Möglichkeiten (und auch die Mittel) zu potenzieren. Und diese Zahlen erreicht man nun mal einfacher – man kennts aus der Musikbranche – wenn man den bundesdeutschen Markt erobert. So wie der Deutsche marco_gianni, der mit mittlerweile 1,3 Millionen Followern überregional mittelgroße Hallen voll bekommt. Hamburg, Zürich, Wien – das hat schon was. Der Erfolg, der sich bei dem 24jährigen Heidelberger schon nach nur einem Jahr auf TikTok einstellte, gründet aber vor allem darauf, dass er weniger auf „typischen“ TikTok-Humor, sondern schon im Handy-Format meist auf klassische Standup-Comedy-Routinen und Storytelling wie im Kabarett setzt. Das lässt sich natürlich
besser auf der Bühne umsetzen als episodische Gags, wie zum Beispiel die perfekten Einzelhandels-Parodien der jungen Deutschen wayamayafey (610.000 Follower). Diese lassen sich eben schwer zu einem abendfüllenden Programm ausbauen. Lokalkolorit Und natürlich spielt der Lokalkolorit eine Rolle. Während Comedy-Gags von marco_gianni eben in der ganzen DACHRegion funktionieren, sind lokal auf Österreich zugeschnittene Knüller wie die Gemeindebau-Travestie von dhqmelina (70.000 Follower, Aj!) eben für einen Leipziger unverständlich. Daher der Aufruf an alle österreichischen TikToker: denkt international! Brütet bühnentaugliche Gags, Charaktere und Formate aus! Entwickelt Songmaterial! Heimische Künstler wie Josef Hader einerseits oder Wanda andererseits haben bewiesen, dass der deutsche Markt zu knacken ist – und wir wollen euch alle nicht nur am Handy, sondern auf den Bühnen vom Brenner bis zur Nordsee sehen! n Marco Gianni gastiert am 10. November im Globe Wien, Toxische Pommes diesen Herbst und Winter in diversen Wiener Kabarett-Locations, Michael Bauer im Kabarett Niedermair. Und Rian? Der spielt mehr als nur seinen „Schaf-Song” im Oktober und November in Graz, Linz, St. Pölten, Salzburg und Klagenfurt. Übrigens: Auch oeticket findet man auf TikTok. Manchmal informativ, manchmal lustig.
Toxische Pommes Ausgehend von ihren persönlichen Erfahrungen als Ausländerkind, das in einer grauen Vorstadtidylle im niederösterreichischen Industrieviertel aufgewachsen ist und mittlerweile in Wien als Juristin arbeitet, demaskiert sie auf TikTok die österreichische Gesellschaft dort, wo sie Rassismus, Sexismus und Klassismus in ihren Alltag einverleibt.
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Die Deutschen Finch und Ski Aggu erobern den deutschsprachigen Disco-Rap-Markt. Ihre Markenzeichen: Hedonismus, asoziales Verhalten und eine frei herausgestellte Liebe zum Trash. TEXT: ROBERT FRÖWEIN
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ova Rock 2022. Während ich backstage auf einen Interviewtermin warte, grölen wildgewordene Horden Deutsche wie von Sinnen aus einer der Backstage-Kabinen. Die Musik-Partybox ist auf Anschlag gedreht, ich vernehme das wohlige Klatschen sich zuprostender Dosenbiere und Kevin Russell, umstrittener Frontmann der Böhsen Onkelz, singt irgendwas von alten Göttern und verlorener Liebe. Es sind Finch und seine Entourage. Ein paar Stunden später entert der deutsche Rapper der Stunde die Red Stage und verwandelt das Nova Rock in ein Tollhaus des Hedonismus. Oberkörperfrei und mit straffem Vokuhila bittet er zum Moshpit und bedient sich an der eigens aufgebauten Bühnenbar. Songs wie „Wir eskalieren“, „Gabber Girl“ oder „Bassdrum“ dröhnen über das Gelände und der Abriss wird real. Überhaupt: der Vokuhila! Er gehört zur Standardausstattung des Asis vom Dienst. Keine (N)Ostalgie aus dem Berliner Raum kommt ohne die straffe Genickmatte aus, davon kann auch Chartstürmer Ski Aggu ein Lied singen. Niveau ist vielleicht doch eine Hautcreme Beim diesjährigen Frequency Festival, sowieso längst von einem Hort der alternativen Musik zum mitteleuropäischen Ballermann mutiert, konnte man sich erstmals zur selben Zeit an beiden Phänomenen – Finch und Ski Aggu – laben. Hier wie dort erstreckten sich die Fanmassen vor der Green Stage bis weit nach hinten. Hier wie dort wurde hemmungslos gefeiert, bis der Arzt kam – manchmal sogar wortwörtlich. Als bei Finch im Publikum vermehrt Bengalen entzündet werden, kennen Securities und Polizei keinen Spaß mehr und drücken den Unhold nieder. Augenzeugen zufolge ging das nicht reibungslos vonstatten. Beide Künstler spielen die Charmekarte des Gossenproletariats aus und lassen äußerlich wie auch musikalisch wenig Zweifel darüber aufkommen, dass man die Niveaulatte vorsichtshalber gleich am Boden befestigt. Während Finch gerne im Fußballtrikot seines Lieblingsvereins Union Berlin über die Bühne fegt und mit „Bullenschweine“-Rufen Exekutive und Brausehersteller gleichzeitig beleidigt, versteckt Ski Aggu sein Augenpaar hinter einer Skibrille und gibt sich als Hansi Hinterseer der TikTok-Generation. Ältere Semester erkennen in den beiden eine Mischung aus dem entlarvenden Hollywood-Streifen „Idiocracy“ und den unvergessenen Flodders aus Holland. So mancher prophezeit den Untergang des Abendlandes, wenn Finch wieder einmal vom Sex auf der Rückbank palavert oder Ski Aggu sich einen „Früchtetee (mit Honig)“ zubereitet. Stumpf ballern die Tracks zwischen Gabber, Hardstyle, Rap, Happy
Hardcore und Schlager auf die Fans ein und bereiten ihnen Momente, die absolut gar nichts mit dem normalen Alltag zu tun haben. Finch und Ski Aggu bedienen gleichermaßen die niedersten Instinkte, führen ihre Anhänger auf den Konzerten und mit ihren Songs aber auch aus einer Realität, die wenig verheißungsvoll ist. Wenn ein 40-StundenJob noch nicht einmal mehr zum Bezahlen der Miete reicht, man tatenlos zusehen muss wie Wirtschaftstreibende an allen zukunftsträchtigen Klimaplänen vorbeiinvestieren und die Work/Life-Balance vom Arbeitgeber noch immer nicht ermöglicht wird, dann hilft nur mehr die Flucht in den Eskapismus. Sonnenbrille auf, Bier und Joint rein und ab zur Party, in der für eine gute Stunde absolute Anarchie herrscht und man sich einfach mal treiben lassen kann. Asozialer Friesenjung Ski Aggu begann seine musikalische Rapper-Laufbahn während der Corona-Pandemie. Mit Singles wie „Weißwein & Pappenbecher“ oder „Super Wavy“ vermengte er den Hedonismus und Nihilismus seiner Generation zu einem Brei des Exzesses und wurde zum allumfassenden Partykracher. Zweieinhalb Jahre später sollte er mit „Friesenjung“ die Charts im deutschsprachigen Raum stürmen. Für alle Beteiligten – Ski Aggu, den holländischen Trash-DJ Joost und Urheber Otto Waalkes – war es gleichermaßen die erste Nummer eins. Via TikTok bettelte Ski Aggu förmlich um Ottos Sanktus – am Ende lohnte sich die Geschichte für alle Beteiligten. Finch hingegen kommt aus dem BattleRap, wo die Hackeln naturgemäß tief fliegen und man mit der Wortwahl nicht sonderlich
Fotos: Eva Ruiz, Stefan Kuback
Party Sahne: wir eskalieren
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vorsichtig ist. „Zugegeben, wenn man sich als Außenstehender nur meine Musik anhört, könnte man leicht denken: Oh, mein Gott.“, gab er 2019 in einem Interview bekannt, damals firmierte er noch unter dem Banner Finch Asozial. Dass er seinen despektierlichen Namenszusatz im Mai 2021 via Instagram zu Grabe trug, kann man gemeinhin als gewonnene Reife betrachten. Nannte er seine Songs unter dem Banner Finch Asozial noch „Richtiger saufen“ oder „Fick mich Finch“, firmieren sie heute unter Titel der Marke „Liebe auf der Rückbank“ oder „Eismann“. Ganz nach dem Prinzip: die Verpackung ist harmlos, der Inhalt hat es aber immer noch in sich. Idiocracy Obwohl der seichte und vermeintlich schlechte Geschmack bei der „Generation Woke“ verpönt ist, reißen sich die Stars nur so, um mit den beiden zusammenzuarbeiten. So hat Finch etwa nicht nur mit einschlägigen Genre-Kollegen wie Harris & Ford, Scooter oder Porno-Starlet Mia Julia kooperiert, sondern auch schon Marteria, Silbermond oder Matthias Reim zur Zusammenarbeit bewegt. Ski Aggu bastelt derweil mit dem Berliner Trap-Rapper und Post-Punk $oho Bani und dem gehypten Wiener Bibiza an gemeinsamen Songs. Er gibt außerdem den deutschen Marco Pogo und geht im Herbst (auch in Österreich) auf seine „Wahlkampftour“: Das Fernziel des Skibrillen-Vokuhila-Rappers sei eine Kanzlerkandidatur bei der deutschen Bundestagswahl 2025. Das kann man von außen gerne belächeln, aber Sati-
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n Ski Aggu gastiert am 1. November im Gasometer, Finch am 20. und 21. Juli Open Air in der Arena.
refiguren haben wir politisch schon jetzt zur Genüge. Hierzulande rüttelt Marco Pogo recht erfolgreich an den Grundfesten der gewohnten Politik, in Deutschland reüssiert Serdar Somuncu im politischen Diskurs. Der jüngeren Generation dürstet es nach neuen Idolen. Sie wollen Politik anders gedacht haben. Würden Finch und Ski Aggu also wirklich zu einem realen „Idiocracy“ führen? Gegenfrage: Kann die Realität denn überhaupt noch schlimmer werden?
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Die Sprache d M
atthias Strolz und Kurt Razelli sind „Back to Earth”: Das Album mit genau diesem Titel veröffentlichen sie am 6. Oktober, fünf Jahre nach Vorstellung ihres ersten Albums, „Lost in Space”. Hierauf treffen die Künstler nach fünf Jahren im Weltraum auf den Planeten Erde, auf einen Ort in großem Aufruhr. Es gibt Gräueltaten, Zerfall, Depression, aber auch: die Liebe. Herr Strolz, Sie boten mit ihren Parlamentsreden zunächst unfreiwillig Material für Kurt Razelli. Wie wurde daraus eine Zusammenarbeit? Matthias Strolz: Dass er meine Parlamentsreden gepimpt hat, passierte ungefragt und unerwartet. Ich fand es originell. Und es hatte sehr viel Resonanz im Internet. Als ich meinen Ausstieg aus der Politik verkündet habe, ist Kurt auf mich zugekommen: „Machen wir doch ein Album gemeinsam.“ Ich war zunächst skeptisch. Warum? Strolz: Nach sieben Jahren Politik brauchte ich mehr Zeit für die Kinder und die Ehe. Sonst wäre ich heute nicht mehr verheiratet. Darum wollte ich mich nicht gleich voll in die nächste Aufgabe stürzen. Ich habe den Kurt aber mal machen lassen. Ins erste Album war ich nicht wahnsinnig involviert, aber die eine Show im Wiener
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Flex, die wir gemacht haben, war toll. Irgendwie hat es uns nie losgelassen. Das neue Album ist eine gemeinsame Schöpfung? Strolz: Jawohl. Eine schöne gemeinsame Schöpfung. Wir haben uns 2022 nach drei, vier Jahren wieder getroffen. Nach ein paar Minuten war klar: Die Zeit ist reif. Herr Razelli, Sie kommen von der Satire. Wie ernst ist Strolz & Razelli gemeint? Kurt Razelli: Grundsätzlich versuche ich in meine Sachen immer Witz einzubauen. Dazu haben sich Matthias’ Reden im Parlament gut angeboten. Aber es war doch auch was Ernstes dahinter. So hat es sich entwickelt, dass es bei uns auch viele ernste Themen geben kann. Wie funktioniert die Zusammenarbeit? Strolz: Erstaunlich unkompliziert. Aus meiner Lebenserfahrung weiß ich, dass es auch sehr anstrengend sein kann, mit anderen zusammenzuarbeiten. Der Kurt trifft immer die Essenz und Tonalität meiner Texte. Wie er das schafft, ist für mich ein Mysterium. Ich könnte ihm auch eine VocalSpur von mir schicken und er macht Musik dazu, die gar nicht passt, weil er auf einem völlig anderen Planeten daheim ist. Das wäre oarsch. Und das Ganze bei einem Al-
bum zwölf Mal – eine Katastrophe. Razelli: Dann hättest du hoffentlich nach vier Songs abgebrochen. Strolz: Oder du hättest gesagt: „Behalt dir deinen Schas, ich kann mit deinen Worten nix anfangen.” Die Texte sind mitunter sehr eigen. Es war die Frage, ob wir uns da treffen. Aber er spürt, was ich meine, und setzt das um. Wir sind sehr unterschiedlich und kommen aus ganz unterschiedlichen Welten. Aber irgendwie gehören wir zusammen. Razelli: Das empfinde ich auch so. Ich grüble am Anfang immer sehr, in welche Richtung ein Album gehen soll. Nach vier, fünf Nummern weiß ich es. Ich glaube, bei Matthias habe ich einen sehr guten Stil gefunden. Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, Herr Strolz: Sänger sind sie keiner. Aber die Stimme ist sehr gut in die Songs integriert. Strolz: Ich kann nicht singen im klassischen Sinne, was mich aber nicht davon abhält, laufend zu singen: Unter der Dusche, am Balkon. Damit meine
Bild: Philipp Hirtenlehner
Das Power-Duo Matthias Strolz und Kurt Razelli ist zurück und präsentiert ihr neues Werk „Back to Earth“, ein Konzeptalbum über Krieg und Liebe, die prekäre Lage des Planeten und gleichzeitig eine Feier des Menschseins. Sie sind ein ungleiches Paar, doch der mitteilungsfreudige Strolz und sein wortkarger Kompagnon ergänzen sich gut – auch im Gespräch. TEXT: SEBASTIAN FASTHUBER
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der Liebe Stimme leiwand klingt, braucht es aber genau so jemand wie den Kurt, der das in seiner Küche noch einmal kunstvoll anrührt. Wie entstehen die Texte? Strolz: Die sind durch mich geflossen. Ich kann nur sagen, sie kommen aus einer anderen Sphäre. Etwas konkreter, bitte. Strolz: Das ist schwer zu konkretisieren. Ich kann das nicht regulieren. Nur eines ist fix: Lyrics entstehen nur, wenn ich unterwegs bin. Wenn ich wo bin, bin ich immer recht g’schaftig. Die Muse küsst mich immer auf Reisen, wenn ich Familie und Unternehmen für kurze Zeit hinter mir lasse. In den Songs ist viel von Krieg die Rede, aber auch von Liebe. Ihre Reaktion auf die Lage des Planeten? Strolz: Ja, und zwar als Folge auf eine Sprachlosigkeit. Ich versuchte in deutschen Medien Gastbeiträge zum Wir verlosen dr ei signierte Albe n „Back to Earth Thema Ukraine”. Alle Informat ionen siehe Krieg unterzubrinSeite 6. gen. Aber weil ich nicht klar einen
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der beiden Pole vertrete, wollte das keiner hören. So kam die Musik wieder ins Spiel. Wie sind Sie vorgegangen? Strolz: Zuerst geht es um eine Bestandsaufnahme der Situation. Im Laufe des Albums gehen wir auch in Strategien rein, wie wir mit dieser verrückten Welt umgehen können. Das ist ein wichtiges Thema, die Zunahme von Depressionen, suizidalen Tendenzen und Ernährungsstörungen zeigen das. Angst, Krieg, Inflation: Wir alle sind angehalten, einen konstruktiven Umgang mit den Zumuten der Zeit zu finden. Haben Songs mit politischer Botschaft nicht oft einen unangenehmen Beigeschmack? Strolz: Ich kann nur ein politischer Künstler sein, weil ich ein Politschädel bin. Aber wir gehen nicht ins Moralisieren und auch nicht mit erhobenem Zeigefinger herum. Wir starten beim Status quo Krieg und eskalieren über die ganzen Verwerfungen und Verwirrungen in die Liebe. So werden auch die Konzerte: Wir feiern das Menschsein in all seinen Dimensionen. Einmal ist von „Deep Healing“ die Rede. Was verstehen Sie unter Heilung? Strolz: Der Krieg startet in uns und auch der Frieden. Die Frage ist: Was davon lassen wir groß werden? Kurt und ich füttern die Liebe und das Licht. Aber nicht, indem wir uns die Hände reichen und „Kumbaya“ singen, sondern auch die Brutalität der Realität mit hereinholen. Ich verstehe das Album als Beitrag zur Heilung. Kurt, du musst mich stoppen, wenn du nicht einverstanden bist. Razelli: Nein, passt. Strolz: Ich glaube, deine Sprache der Liebe ist eine andere als meine. Aber sie ergänzen sich total stimmig. Razelli: Ja, das passt. n Strolz & Razelli gastieren zwischen 18. November und 1. Dezember in Dornbirn, Graz, Wien und Hof bei Salzburg.
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Big Brother Christopher Seiler, Paul Pizzera und Daniel Fellner sind AUT of ORDA. Für die „Red Bull Show 100“ kaserniert sich die heimische Supergroup unter Kameras für 100 Stunden ein, um in der kurzen Zeit eine 100minütige Show zu konzipieren. Auch für Profis eine Mammutaufgabe. TEXT: ROBERT FRÖWEIN
Meine Herren, wie könnt ihr euch im Vorfeld auf eine solche Show vorbereiten? Paul Pizzera: Wir müssen in einem Minimum von Zeit das Maximum an Entertainment herausholen und das wird physisch wie psychisch eine immense Herausforderung. Es gibt potenziell 17 Wege, wie das Projekt krachend scheitert, aber das wird es nicht (lacht). Daniel Fellner: Wir suchen uns die Band nicht in den 100 Stunden zusammen, die wird es schon vorher geben. Pizzera: Fad wird es sicher nicht. Wir sind zum Glück alle drei ziemlich ehrgeizig und wollen am Ende zufrieden und stolz auf das Projekt sein. Dementsprechend müssen wir uns den Arsch aufreißen. Christopher Seiler: Red Bull hat mit „Sym-
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phonic“, der „Jukebox“ und dem „Soundclash“ schon bewiesen, dass die Projekte immer großartig werden. Das wird auch hier der Fall sein. Kann man sich das ein bisschen wie „Big Brother“ vorstellen? Was werden denn die größten Herausforderungen sein? Pizzera: Es wird auf jeden Fall jeden Tag einen Inhalt geben, der zusammengefasst wird. Beim kreativen Prozess beobachtet zu werden ist schwierig, denn normal passiert das – zurecht – hinter verschlossenen Türen. Fellner: Es gibt aber jetzt keine Nachtsichtkamera, die uns bis aufs Klo verfolgt. Wollt ihr euch bei der Produktion denn nicht hinter die Karten blicken lassen? Ist Songschreiben nach außen hin ein bisschen wie Zauberei? Fellner: Es fängt immer als etwas Schlechtes an und wird erst später gut. Das ist ein Moment, den normal keiner zu sehen kriegt und in dem Fall ist das dann nicht mehr so. Pizzera: Es ist ein bisschen gegen allem, was gerade so en vogue ist. Normal ist heute alles perfekt eingespielt, die Stimmen sind ideal und man hört keinen falschen Ton. Das wird es in dem Projekt eher nicht geben. Es ist aber gut zu sehen, was man tun muss und wie oft, bis etwas sitzt.
Fellner: Oder man arbeitet lange an etwas, kommt dann drauf, dass das alles nichts ist, verwirft es und beginnt wieder bei null. Das wäre in dem Fall dann aber zeitlich ziemlich schwierig (lacht). Ganz ausschließen lässt sich das leider nicht. Das Ziel ist letztlich, genug Nummern zu haben, um dann eine abendfüllende Show über die Bühne zu bringen. Seiler: Wir haben ja auch einen Moderator. Je weniger wir schreiben, umso länger werden seine Moderationskarten (lacht). Fellner: Wir sind ohnehin im Songwritingmodus. Wir schreiben die Lieder nicht nur für ein kommendes Album, sondern eben auch für dieses Projekt, was sehr spannend ist. Durch die verschiedenen Challenges wird es auch die eine oder andere Coverversion oder einen Stargast geben. Pizzera: Wir werden so viel wie möglich vorab in die Wege leiten und dann Gas geben. Ihr schreibt jetzt über den Sommer die neuen Songs also nicht nur für die „Red Bull Show 100“, sondern auch gleich für das erste Album von AUT of ORDA? Pizzera: Teile davon schon, ja. Wir sammeln so viel Material wie möglich und was wir dann aufs Album geben, das können wir
Foto: Philipp Carl Riedl
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etliste, Bühnenshow, Band, Gäste, Equipment, Licht, … die Aufgaben und Möglichkeiten zur Umsetzung der Live-Premiere von AUT of ORDA sind vielfältig, die Zeit zur Vorbereitung ist dagegen knapp: Vom 17. bis 21. Oktober ziehen Fellner, Pizzera und Seiler ins Countdown-Camp ein und Fans können ihnen bei ihren Vorbereitungen zur Show täglich über die Schulter schauen – Überraschungen für Künstler und Zuschauer sind dabei garantiert.
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uns noch genauer anschauen. Wir verbinden das Angenehme mit dem Nützlichen. Wenn der Erstversuch bei dieser Show nicht zu 100 Prozent perfekt sitzt, wird euch wohl auch niemand böse sein. Pizzera: Es wird zu 100 Prozent sogar sicher jemand böse sein (lacht). Sonst hätte das Projekt auch keinen Sinn gemacht. Seiler: Da sagt sicher einer: „Für das habe ich GIS bezahlt?“ (lacht) Fellner: Es ist auch ein bisschen der Anspruch des Projekts, zu provozieren. Was genau meint ihr damit? Pizzera: Vielleicht wie beim Songwriting: einfach alles unkonventioneller denken. Fellner: Wir sind nicht so kommerziell ausgerichtet und gehen weg von der klassischen Pop/Rock-Band. Pizzera: Stand jetzt sind wir insgesamt zu sechst auf der Bühne. Soweit es geht, wollen wir das Konzept Liveshow neu denken. Es soll allen eine Gaudi machen. Wird die ungezwungene Leichtigkeit unweigerlich wegfallen, wenn AUT of ORDA
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weiter große Erfolge feiern? Seiler: Das glaube ich nicht. Deshalb sind wir ein Künstlerkollektiv. Wir haben kein Genre und alles muss Spaß machen. Alles andere ist völlig egal. Hätten wir keinen Spaß mehr, könnten wir das Projekt sofort ruhend legen. Braucht ihr bei eurem alltäglichen Pensum im künstlerischen Bereich nicht eh den Stress, den ein Konzept wie die „Red Bull Show 100“ mit sich bringt? Ist die Deadline euer Freund? Fellner: Deadlines sind insofern angenehm, weil sie übertriebenen Perfektionismus verhindern. In der Musik muss man irgendwann fertig sein und ich hatte als Produzent schon viele Leute in meinem Studio, die zu keinem Ende kommen wollten, weil es immer noch etwas zu verbessern gab. Eine Deadline zeigt dir doch irgendwann deine Grenzen auf. Pizzera: Die Deadline ist ein willkommener Endgegner. Bei den 100 Stunden wird auf jeden Fall sehr nahe dort herangearbeitet. Seiler: In der Schule habe ich mit dem Lernen immer bis zum Schluss gewartet und
dann habe ich noch immer nichts gemacht – es ging sich aber trotzdem aus. In der Musik ist es dasselbe. In Wahrheit bin ich der ärgste Blender, aber ich kriege es immer irgendwie rüber (lacht). Mit dem Album kommt dann 2024 auch eine kleine Clubtour, aber jetzt konzentrieren wir uns erst einmal auf die „Red Bull Show 100“. Mit „Hoch gwimmas (n)imma“ habt ihr die neue ÖFB-Hymne verfasst. War das ein einmaliges Projekt oder gibt’s im Winter auch einen neuen Song für das heimische Skiteam? Seiler: Die Sporthuren des Landes wollen wir nicht werden, um Gottes Willen. Vor kurzem habe ich einen Clip für die Feuerwehr gedreht. Was glaubst du, welche Anfragen dann plötzlich ans Management kamen? Ob ich dasselbe für die Rettung machen würde oder für den Wasserverband in Göllersdorf. Wenn ich da weitermache, dann nimmt mir ja keiner mehr etwas ab (lacht). n Die „Red Bull Show 100” mit AUT of ORDA findet am 21. Oktober in der Marx Halle statt.
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s l s ö R IM WEISSEN
SO 05.11.
BLACK SEA DAHU 13.10. BIRTHDAY PARTY - PART 1
AVEC, PLEASE MADAME,
ONK LOU, SIAMESE ELEPHANTS + DJS 16.10. BLUE MONDAY
HENRIK FREISCHLADER 07.11. ELEVEN EMPIRE
COLLEEN GREEN 08.11.
FELIX KRAMER 09.11.
RIAN 15.11.
ANDY LEE L ANG Z JOESI PROKOPE TBL CHRIS TOPH FÄL
NAKED CAMEO 20.11. BLUE MONDAY
HANS THEESSINK + BIG DADDY WILSON
AB 3.10.’23 DI 21.11.
BUNTSPECHT 01/407 77 407 WIENER-METROPOL.AT
Vollständiges Programm unter: www.rockhouse.at Rockhouse Salzburg Schallmooser Hauptstr. 46, 5020 Salzburg service@rockhouse.at | www.rockhouse.at
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17. – 18.11.23 WIEN 11. – 12.12.23 GRAZ 20. – 22.11.23 BAD ISCHL 14. – 16.12.23 INNSBRUCK
Live in der Wiener Stadthalle am 06. und 07. November 2023 mit GERY SEIDL GERNOT KULIS MALARINA LIZZY AUMEIER GUIDO CANTZ
01. – 03.12.23 WIEN 05. – 06.12.23 INNSBRUCK 08. – 09.12.23 LINZ
06. – 10.02.24 WIEN 29.02. – 02.03.24 LINZ 27. – 28.03.24 SALZBURG SHOWSLOT & MANFRED HERTLEIN PRÄSENTIEREN
und KGB DIE KABARETTGIPFELBAND
THE 80S ROCK MUSICAL
LIVE
08. – 09.04.24 GRAZ 11. – 12.04.24 LINZ
13. – 16.04.24 WIEN 22. – 23.05.24 SALZBURG
TICKETS UNTER WWW.SHOWSLOT.COM WWW.OETICKET.COM
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KONZERTHIGHLIGHTS
2023/24
14. NOV
JOCHEN DISTELMEYER Solo Acoustic
ROTE BAR
KYTES 24.11. FLEX
23.11. | WUK
BUNTSPECHT
28. NOV - ARENA | SOLD OUT 29. NOV - ARENA | ZUSATZSHOW
30. NOV
LEFTOVERS
ARENA
20. DEZ
HEINZ AUS WIEN
FLUCC
TANZ BABY!
COMEBACK-REVUE
19.12. | WUK
DEKKER
ENNO BUNGER
MEUTE
28.05. ARENA OPEN AiR
2024 FUTURE GHOSTS - TOUR
20.03. CHELSEA
12. MRZ
22.03. ARENA
FLUCC
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BESTMANAGEMENT HIGHLIGHTS 2023 NEUES KABARETT-PROGRAMM
FÜR IMMER UND EWIG
04.11.23 | OBER-GRAFENDORF
STAD - TOUR - 2023
19.10.23 | ALTLENGBACH
07.11.23 | CASANOVA, WIEN
25.11.23 | HOLLABRUNN
21.10.23 | LEONDING
15.11.23 | KULISSE, WIEN
16.12.23 | GRAFENEGG
02.11.23 | HOLLABRUNN
26.11.23 | ORPHEUM, WIEN
17.12.23 | WIENER KONZERTHAUS
03.11.23 | GRAFENWÖRTH
www.medizinkabarett.at
Tickets & Infos: www.bestmanagement.at
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DER PLATTENLÄSTERER Die besten, größten und wundervollsten Alben der Musikgeschichte: nach fast einhelliger Kritiker-Meinung sind sie in Stein gemeißelt. Aber sind sie das wirklich? Ich finde nicht. Wie zum Beispiel „Angel Dust“ von Faith No More. Bei einer so vielseitigen und kompetenten Band mit einem fast lückenlos großartigen Output (zumindest seit Mike Patton sich ans Mikro klammert) ein singuläres Album rauszupicken, ist fast unmöglich. Dennoch geben viele Fans und Kritiker oftmals den 92er Longplayer „Angel Dust“ als das Meisterwerk der Band an, und es ist durchaus nachvollziehbar warum. Mit unglaublich starken Songs wie „Caffeine“, „Midlife Crisis“ oder dem sensationellen Cover von „Easy“ haben Faith No More nicht nur erstmals ihre volle musikalische Bandbreite ausgereizt, sondern mit ihrem einzigartigen Stil auch ein breiteres Publikum erreicht – und das in einer musikhistorischen Phase mitten im boomenden Grunge, aufstrebenden Hip-Hop und sterbenden Hair-Metal. Und hier setzt meine Kritik an: das Album wirkt inkonsistent und wie ein Gemischtwarenladen aus allen Genres – wenn auch famos produziert – und verwässert meiner Ansicht nach die Essenz der Band. Die ist am besten am Vorgängeralbum „The Real Thing“ spürbar, vor allem in der unfassbaren Dreier-Eröffnungssalve „From Out of Nowhere“, „Epic“ und „Falling to Pieces“ plus dem besser als das Original zelebrierten Cover von „War Pigs“ am Ende. Das Urmeter von sämtlichen Crossover-Werken, in dessen Vergleich spätere Acts immer noch zahm wirken. Vielleicht empfinde ich da ähnlich wie Gründungs-Gitarrist James Martin, dem die auf der beeindruckenden Stimmakrobatik von Mike Patton fußende Stilvielfalt (und wohl auch der Einfluss in der Band) nach „Angel Dust“ zu viel wurde. Spätere Werke konnten zwar ebenso mit gekonntem Songwriting und makelloser Produktion punkten, die rohe Kraft und Spontanität von „The Real Thing“ blieb aber irgendwie auf der Strecke. Zumindest im Studio, denn live waren Faith No More stets eine Urgewalt – es bleibt zu hoffen, dass sie sich noch einmal zu einer Tour aufraffen ...
Journalist Markus Höller versus Faith No More
ROCK ANTENNE Österreich ALBUM-TIPP: ITCHY – Dive
Fotos: Hersteller
Foto: Findaway Records (Soulfood)
ITCHY aus Eislingen an der Fils, in Deutschland, bleiben ein Phänomen: Einerseits glänzt der Punkrock-Dreier durch Lockerheit und Selbstironie, auf der anderen Seite schaffen sie es
seit über 20 Jahren, ein Hochglanz-Album nach dem anderen rauszubringen. Und obwohl Sibbi, Panzer und Max dabei stets frisch klingen, denkt man sich regelmäßig: „Yes, das ist ein echter ITCHY!“ Nach ihrem Aus昀ug in die deutsche Sprache, kehrt die Band auf ihrem neunten Studiowerk „Dive“ wieder zu englischen Texten zurück und Fans der alten Schule dürfen sich freuen, denn die Drei haben nichts verlernt. „Dive“ hat alles, was man sich
als echter ITCHY-Fan wünscht: Ob rasante Punkrock-Hymnen wie „Prison Light“ und „No One’s Listening“ oder Ohrwürmer wie „Thoughts and Prayers“ und natürlich auch den Titel-Song „Dive“. Aber nicht nur Band-Kenner sondern auch ITCHY-Neulinge werden ihre wahre Freude an diesem Album haben. Wir rocken gemeinsam: ITCHY kommen am 19.10.23 ins Backstage Werk nach München und am 20.10.23 ins Flex.
Jetzt neu in Wien auf UKW 104,6 und landesweit über Web, App und DAB+
IMPRESSUM
Die nächste Ausgabe erscheint am 2. November.
Herausgeberin, Chefredakteurin: Mag. Roberta Scheifinger Chefredakteur & Chef vom Dienst: Stefan Baumgartner Anzeigen: Stephanie Ableidinger, Suzana Prgic Anzeigenproduktion: Susanne Franzl Redaktion: Stefan Baumgartner, Sebastian Fasthuber, Robert Fröwein, Markus Höller, Samir H. Köck Lektorat: Gunther Natter Fotos: siehe Copyright Cover: VBW Medieninhaber, Eigentümer, Redaktionsanschrift: CTS Eventim Austria GmbH, !ticket Eventmagazin, Mariahilfer Straße 41–43, 1060 Wien Designkonzept, grafische Produktion: QMM Quality Multi Media GmbH, Mariahilfer Straße 88a/II/2a, 1070 Wien Artdirektion: Mag. Gottfried Halmschlager Druck: Walstead Leykam Druck GmbH, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten Abonnements: !ticket Österreichs Eventmagazin Nr. 1 erscheint 10 x jährlich. Jahresabo Österreich: € 22,00, Jahresabo Europa: € 44,00. Kündigung
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01.02.-04.02.2024
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