Tink.ch Jugendmagazin 02/14

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Gewaltfreier Widerstand

20 Jahre nach der Apartheid steht ein neuer Kampf an.  Seite 26

Praktikantenmaschinerie Unbezahlte Praktika schaffen Ungleichheiten.  Seite 20

Mit 14 hat man Sex Der Weg zur Sexualität ist für viele Jugendliche eine Herausforderung.

Seite 6

Ausgabe Nr. 15 | 2 / 2014  |  CHF 6.00 (Schweiz)  |  CHF 9.00 (Ausland)

Wo Journalismus beginnt


Impressum Herausgeber

Wo Journalismus beginnt Tink.ch gibt viel, setzt sich ein, bringt neue Themen ins Gespräch, bildet aus und fördert junge Journalistinnen und Journalisten. Wir schliessen jene Lücke, die entsteht, wenn Redaktionen immer höhere Anforderungen auch an Praktika stellen. Das Projekt Tink.ch ist seit 2006 erfolgreich unterwegs und nur möglich dank dem ehrenamtlichen Engagement zahlreicher junger Menschen. Wir sind aber auch auf finanzielle Unterstützung angewiesen, hier und jetzt. Denn Server, Telefon, Transport und tausend andere Ausgabenposten kosten. Werde Gönner mit einem Jahresbeitrag ab 50 Franken. Zahle diesen mit dem Vermerk «Gönner [Jahr]» auf das Postkonto von Tink.ch ein: 30-453242-7. An dieser Stelle schon mal ein herzliches Danke. Du hilfst damit, unser Schiff auf Kurs zu halten und in neue Gewässer zu führen. Weitere Infos und die Anmeldung zur Gönnerin oder Gönner findest du unter: www.tink.ch/unterstuetzen

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Bilder

Tink.ch Sandstrasse 5 CH-3302 Moosseedorf Tel +41 31 850 10 91 Fax +41 31 850 10 21 info@tink.ch www.tink.ch

Pascale Amez, Daniel Barnbeck, Katharina Good, Oliver Hochstrasser, Matthias Käser, Kaspar Rechsteiner Katja Rutz

Redaktion

Layout

Michael Scheurer (Chefredaktor), Kaspar Rechsteiner (Stv. Chefredaktor), Katharina Good und Manuela Paganini (Bildredaktion), Sina Kloter, Matthias Strasser Texte

Pascale Amez, Anita Béguelin, Stephanie Bos, Sandro Bucher, Ursina Ghilardi, Yara Gut, Gabriel Heim, Rade Jevdevic, Vivienne Kuster, Kaspar Rechsteiner Stefanie Wunderlin Korrektorat

Melanie Bösiger, David Naef Titelbild

Oliver Hochstrasser

Daniel Barnbeck, Katharina Good, Annina Guntli, Oliver Hochstrasser, Manuela Paganini, Katja Rutz Verlagsleitung

Daniel Barnbeck

Ausgabe

Nr. 15 / Juni 2014

Auflage

1000 Exemplare

Abo und Inserate

Tink.ch Printabo Sandstrasse 5 CH-3302 Moosseedorf magazin@tink.ch www.tink.ch/print Täglich online

In den Sparten Kultur, Politik, Gesellschaft und Sport informieren wir täglich und aus jugendlichem Blickwinkel. www.tink.ch


Bild: Oliver Hochstrasser

Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, Zugegeben: Es fiel uns nicht leicht, Sex als Titelthema zu setzten («Wir sind doch kein Boulevard-Blatt und bringen so VoyeurGeschichten!») Seriöser Journalismus, der Hintergründe beleuchtet und sich wenn immer möglich ausserhalb der alltäglichen Denkmuster bewegt, ist das Ziel von Tink.ch. Deshalb wird kein Artikel mit «Sex ist bekanntlich die schönste Nebensache der Welt» beginnen oder enden. Titel wie «Am liebsten mag ich es vier mal täglich» überlassen wir weiterhin den dafür beliebten Zeitschriften. Dennoch haben wir ungehemmt Fragen gestellt, Texte schamlos ausformuliert und uns vor nackten Tatsachen nicht gescheut. Wem aber beim Lesen der ersten Seiten die Schamröte ins Gesicht steigt, weil der Sitznachbar im Zug heimlich mitliest, sollte trotzdem ungeniert weiterblättern. Denn wir gehen auch der Frage nach, warum sich Offenheit und Öffentlichkeit nicht vertragen. Ist der erste Akt überstanden, erzählen wir dir von Südafrika, kritisieren das Schweizer Bildungssystem und sagen Dir, welches Tattoo zu dir passt. Ob nun im Zug oder anderswo: Mach es dir gemütlich und schaffe genügend Zwischenverpflegung in deine Nähe. Leider fallen uns als Schluss nur plumpe Boulevard-Wortspiele ein. Deshalb: Viel Vergnügen! Michael Scheurer und Kaspar Rechsteiner Chefredaktion Tink.ch Deutschschweiz

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Inhalt

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2014

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Keusch wie vor dreissig Jahren 6 «Ficken, das kann jeder» 9 Im Porno-Zeitalter ist Aufklärung wichtiger denn je.

Ein junges Paar über ihre Lieblingsstellungen, Offenheit und schlechten Sex.

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Idealer Zeitpunkt?

Ohne Sex den Bund fürs Leben schliessen oder doch lieber eine Probefahrt unternehmen? Zwei Autorinnen diskutieren.

13 «Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte» 14 Gesiebt, gerüttelt, gemahlen 18 Hochqualifiziert und unbezahlt Wann gestandene Journalisten nervös werden.

Hinter den Kulissen des täglichen Brotes.

Ein Masterabschluss ist die ideale Qualifikation für unbezahlte Praktikastellen. Eine Zwischenstation ins Arbeitsleben, die für viele Studierende unumgänglich ist.

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21 «Angst vor dem Rohrstock»

Das Schweizer Bildungssystem gilt als Erfolgsschmiede. Topplatzierungen in PISA-Studien fordern aber ihren Tribut.

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Ehrliche Tipps

Dieses Mal mit: Helden in Strumpfhosen, einer Sauftour und der Pariser Chanson-Schlumpfine.

Unter die Haut

Tattoo-Botschaften gibt es viele: Ob Werbeslogan des Arbeitgebers oder Kreisdiagramm zur letzten Volksabstimmung, dank uns triffst du die richtige Entscheidung.

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«Ikonen leisten keine Drecksarbeit»

Rommel Roberts erzählt, weshalb er auch nach 20 Jahren nach dem Ende der Apartheit in Südafrika weiter kämpfen muss.

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W

er unsichere eg zur eigenen exualitat

S

Immer früher und immer mehr: Glaubt man dem viel transportierten Klischee, läuft die Sexualität der Minderjährigen heute aus dem Ruder. Zu Unrecht, denn die Teenies von heute sind genauso keusch wie jene vor dreissig Jahren. Der Weg zur eigenen Sexualität bereitet aber immer noch vielen Jugendlichen Schwierigkeiten. Text: Anita Béguelin / Bild: Matthias Käser

«Vierzehn ist die Deadline, das wussten wir Mädchen. Spätestens mit vierzehn hat man Sex. Ich kann mich nicht erinnern, woher wir diese Weisheit hatten», erzählt Amélie*. Die heute 22-Jährige hat im Vergleich zu ihren Klassenkameraden lange gewartet, ehe sie das erste Mal mit jemandem intim wurde – einfach war das nicht. «In meiner Klasse war es normal, dass die Mädchen über Sex redeten. Ich war damit total überfordert», erzählt Amélie. Lieber hätte sie gewusst, wie es ist, einen Jungen zu küssen. Und ob mit ihr etwas nicht stimmt, weil sie noch nie Sex gehabt hatte. Schon bald fühlte sie sich beim Thema Sex unwohl und war die Einzige, die noch nie einen Jungen geküsst hatte. «Obwohl für mich Sex noch keine Bedeutung hatte, eiferte ich den anderen nach. Ich begann, auf Partys mit irgendwelchen Typen rumzuknutschen. Manchmal fragte ich mich, ob mir das Ganze überhaupt Spass machte.» «Zu meinem ersten Mal habe ich mich überreden lassen», erzählt Amélie. «Er hat nicht gewusst, dass ich zuvor noch nie Sex gehabt habe.» Sie habe einfach genug gehabt von der ganzen Warterei auf den Traumprinzen und deshalb nachgegeben. «Augen zu und durch», habe sie sich gesagt. Ausserdem hatte sie die Deadline der 14-Jährigen schon lange überschritten. Unter Druck Viele junge Frauen lassen sich durch ihr Umfeld unter Druck setzen, ihre Jungfräulichkeit zu verlieren, wie die Geschichte von Amélie zeigt. Eine Studie der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) kam 2010 zum Ergebnis, dass beinahe jedes fünfte Mädchen in Deutschland mit 14 Jahren bereits Sex gehabt hat. Bei den Knaben sind es acht Prozent. «Mein Freund wird nächste Woche sechzehn. Bei mir dauert es noch drei Monate bis zu

meinem vierzehnten Geburtstag. Wir möchten gerne miteinander schlafen. Dürfen wir denn schon?», fragt Annika in einem Leserbrief an die Zeitschrift Bravo. Dr. Sommer weist sie darauf hin, dass in Deutschland sexuelle Handlungen unter Jugendlichen erst ab vierzehn erlaubt sind. In der Schweiz besteht ein solches Mindestalter nicht, lediglich ein Schutzalter: Ist einer der beiden Sexualpartner weniger als sechzehn Jahre alt, darf der Altersunterschied höchstens drei Jahre betragen. Ist er grösser, gibt es ein staatliches Sex-Verbot. Auch für Amélie und ihre Klassenkameradinnen war die Bravo die wichtigste Quelle, um an Informationen zum Thema Sex zu gelangen. Sie übernahmen so die in Deutschland geltenden Regeln – und interpretierten weit mehr hinein, als das Gesetz vorschreibt: «Nach unserem Verständnis war vierzehn das Mindestalter für Sex. Absurderweise musste das erste Mal dann aber auch unbedingt vor dem fünfzehnten Geburtstag geschehen.» Ungefragte Konfrontation «Während vor dem Internet-Zeitalter für viele Jugendliche die Bravo die einzige Referenz bei Aufklärungs-Fragen war, hat sich dies mit der flächendeckenden Nutzung des Internets grundlegend verändert», sagt Christoph Latscha von der E-Beratung und Jugendinformationsstelle tschau.ch. «Der Stellenwert der neuen Medien ist heute höher und omnipräsent», meint auch Bernadette Schnider, Leiterin Sexualpädagogik bei der Stiftung Berner Gesundheit. «Dies führt dazu, dass Jugendliche teilweise vor ungefragter Konfrontation mit sexuellen Inhalten stehen.» Annette Bischof-Campbell von der Online-Beratung zu Sexualität und sexueller Gewalt lilli.ch betont aber, dass der erleichterte Zugang zu Sex-Inhalten nicht zu einer erhöhten sexuellen Aktivität unter Ju-

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gendlichen führt: «Wie eine eidgenössische Studie über die Jugendsexualität im Wandel der Zeit zeigt, hat sich bezüglich der sexuellen Aktivität seit dreissig Jahren nichts verändert.» Der Anteil Jugendlicher, die mit 17 Jahren sexuell aktiv sind, bleibe demnach zwischen fünfzig und sechzig Prozent. Auch das erste Mal haben Jugendliche heute nicht früher. Problematischer sieht Bischof-Campbell den Porno-Konsum: «Wir erhalten manchmal Anfragen auf lilli.ch, in denen junge Leute, meist Männer, unsicher sind, weil sie etwas in einem Porno gesehen haben und denken, sie müssten das auch können.» Pornos würden durchaus als Aufklärungsmaterial genutzt. Und dafür seien sie natürlich überhaupt nicht geeignet. Christoph Latscha erklärt, dass Jugendliche annehmen, in Pornos würde die Sexualität so gezeigt, wie man sie lebt. «Dass in den meisten Pornos eine unrealistische Sexualität dargestellt wird, können sie nicht wissen, weil ihnen die Erfahrung fehlt.» Attraktive Mädchen haben Sex Pornos waren weder bei Amélie noch bei ihren Klassenkameraden ein Thema. Dennoch habe sie ein verzerrtes Verhältnis zu Sexualität gehabt, erzählt sie. Einfach nur mit einem Jungen Händchen zu halten, sich langsam an eine Beziehung heranzutasten, sei nie möglich gewesen, da scheinbar alle anderen in Sachen Sex schon viel weiter waren. Für Amélie war klar: Beliebte, attraktive Mädchen haben Erfolg bei Jungs. Keinen Sex zu haben, war für sie also ein eindeutiges Indiz dafür, nicht zu gefallen.

Neue Wege in die Sexualität Pädagogische Informations-Plattformen wie tschau.ch oder lilli.ch sind zwar sinnvoll, aber nur wenig zielführend. Frauen- und Männerbilder in der Werbung, Norm-Alter in Gruppen und immer zugängliche Pornografie erzeugen einen Druck auf Jugendliche. Sie setzen Erwartungen und Standards so hoch an, dass die ersten Schritte in die Sexualität zwangsläufig scheitern müssen und nicht natürlich geschehen.

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«Bei vielen Mädchen herrscht ein Attraktivitätsdruck», bestätigt Bischof-Campbell. Auch für Schnider liegt das Problem bei den Schönheitsidealen, die in Sendungen wie «Deutschland sucht den Superstar» und «Germany’s next Topmodel» transportiert würden. «Diese Sendungen zeigen Mädchen, die äusserst selbstsicher auftreten und ein starkes Körperbewusstsein haben.» Damit würde aber ein einseitiges Bild vermittelt: Viele Mädchen seien in diesem Alter unsicher und oft auch unzufrieden mit ihrem Körper. «Solch verzerrte Bilder der Realität können eine junge Frau wie Amélie stark unter Druck setzen», erklärt Schnider. Beratung für Jugendliche Um Jugendlichen die ersten Schritte in ihre Sexualität zu erleichtern, betreiben Jugendorganisationen zahllose Online-Plattformen, führen Aufklärungsunterricht an Schulen durch oder bieten Einzelgespräche für verunsicherte Jugendliche an. Die Nachfrage ist gross. Vor allem die anonyme Beratung über Online-Angebote wird häufig genutzt, die Arbeit von Organisationen wie lilli.ch oder tschau.ch hat so manchen Teenager schon von der Last ungeklärter Fragen befreien können. Die Nachfrage zeigt aber auch, dass viele Jugendliche auf dem Weg zur eigenen Sexualität trotz Aufklärungs-Zeitalter verunsichert sind. Die Frage bleibt deshalb, ob es neue Wege bräuchte, als Aufklärungsunterricht und Online-Angebote mit pädagogischem Nachgeschmack.

Kommentar von Kaspar Rechsteiner

Es wäre Zeit für eine pragmatischere Lösung. Jugendliche lassen sich nicht von einem Über-18-Knopf auf einer Internetseite zurückhalten. Es ist nicht zu verhindern, dass Jugendliche mit Pornografie und inszenierten Sex-Bildern in Kontakt kommen. Aber es ist möglich, Bilder von realer, natürlicher und diverser Sexualität zu zeigen. Eine eigens für Jugendliche gestaltete Internetseite mit sexuellen Inhalten könnte

eine Lösung sein. Statt in eine Pornografie einzutauchen, die Männer mit unglaublichen Leistungen verherrlicht und Frauen zu Fick-Objekten degradiert, sollten Jugendliche straffrei und einfach normale Paare bei normalem Sex sehen können. Ohne natürliches Beispiel und Kontrast zu herkömmlicher Pornografie sind Fehlinterpretationen und übergrossen Erwartungen nicht entgegen zu halten.


«Guter Sex ist spontan, intensiv und leidenschaftlich» Wer würde nicht gern wissen, wie es im Schlafzimmer der anderen zu und her geht? Tink.ch hat ein junges Paar getrennt voneinander zu ihrem Sexleben befragt. Die beiden Mittzwanziger aus Basel stehen Rede und Antwort, wollen aber auf keinen Fall mit Name oder Bild auftauchen. Denn Offenheit und Öffentlichkeit verträgt sich nicht. Text: Stephanie Bos / Symbolbilder: Oliver Hochstrasser

Warum sollen eure Namen und Gesichter nicht veröffentlicht werden? Anna: Mir wäre das egal gewesen. Ich stehe zu meinem Sexualleben, auch in der Öffentlichkeit. Darum habe ich für das Interview sofort zugesagt. Da Manuel aber Probleme damit hat, haben wir uns gemeinsam entschieden, keine Bilder und Namen preiszugeben.

Manuel: Ehrlich gesagt kostet mich das Interview grosse Überwindung. Das liegt nicht daran, dass ich verklemmt wäre. Ich glaube aber, dass eine Publikation mit allen Einzelheiten über mein Sexualleben meiner Karriere in der Finanzabteilung schaden würde. Ich habe Entwicklungsmöglichkeiten in der Firma, in der ich tätig bin. Und je höher ich auf der Karriereleiter steige, umso mehr repräsentiere ich die Firma. Deshalb wäre es unangebracht, wenn im Print-Magazin von Tink.ch steht, dass ich meine Freundin gerne von hinten nehme und ihr dabei den Hintern versohle. Ausserdem würde es wohl meine Autorität in einer Kaderposition untergraben.

«Von hinten» ist eure Lieblingsstellung? Anna: Ich habe keine Lieblingsstellung aber Doggy-Style gehört sicher zu den top drei. Manuel: Ja.

Was macht für euch denn guten Sex aus? Anna: Guter Sex ist spontan, intensiv, leidenschaftlich und ohne grosses Gerede. Manuel: Ich mag abwechslungsreichen Sex mit Stellungswechsel und es darf gerne auch härter werden.

Ihr habt also keinen Blümchensex? Anna: Doch, sicher. Das gehört auch dazu. Wir können ja nicht immer porno­ähnlichen Sex haben. Manuel: Wir haben schon Blümchensex. Aber das ist nicht der Sex, nachdem du denkst: Wow, war das geil.

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Welche Musik hört ihr, wenn ihr es tut?

Was würde euch an einem Dreier reizen?

Anna: Das ist unterschiedlich. Songs, die wir auch sonst gut finden und die dann sowieso auf der Playlist sind.

Anna: Mich reizt gar nichts an einem Dreier, aber ich bin sehr neugierig darauf, wie Manuel diese Frage beantworten wird.

Manuel: Das kann ich nicht beantworten, da wir generell nicht extra Musik anschalten, um Sex zu haben. Dafür haben wir zu spontanen Sex.

Was machst ihr, wenn der Partner/die Partnerin zu keinem Orgasmus kommt? Anna: Das ist bei ihm bis jetzt noch nie vorgekommen. Manuel: Dann mache ich für sie eine Ehrenrunde.

Wann war der schlechteste Sex, den ihr je hattet? Anna: Das war wohl mein erstes Mal. Wir hatten beide keine Ahnung und ich war total überfordert. Es entstanden immer wieder peinliche Pausen. Manuel: Ich hatte mal einen sehr schlechten One-Night-Stand, bei dem mich die Frau plötzlich ans Bett gefesselt hat und sich auf mich setzte. Wenn ich die Kontrolle beim Sex mit einer Fremden verliere, dann war es das für mich. Sie hat dann die Handschellen aufgeschlossen und ich war innerhalb von einer Minute weg.

Welche sexuellen Fantasien habt ihr, die ihr noch ausleben wollt? Anna: Sex an meinem Arbeitsplatz. Das Risiko, das wir dabei eingehen würden, turnt mich wahnsinnig an.

Manuel: Ich würde gerne mal eine Erfahrung im Swingerclub machen, so à la Eyes Wide Shut oder Shortbus.

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Manuel: (lacht) Die Frage kann wohl jeder Mann gleich beantworten. Für mich wären es dann entweder zwei Frauen auf einmal oder ich könnte meine Frau mit einer anderen beobachten. Muss ich noch mehr dazu sagen?

Welche Sextoys besitzt ihr? Anna: Ich habe von einer Freundin vor ein paar Jahren einen Vibrator zum Geburtstag bekommen. Das war`s dann aber auch. Ausprobiert habe ich ihn nie. Manuel: Wir besitzen keine Sextoys. So etwas braucht es meiner Meinung nach nicht.

Wieso sollte man Sextoys ausprobieren? Anna: Weil es eine riesige Sextoy-Industrie gibt und das einen Grund haben muss? Manuel: Ich finde Sexspielzeug irgendwie unnötig. Ich würde nicht einen Fuss in einen Sex-Shop setzten. Auch weil die Typen, die da arbeiten, immer einen komischen Eindruck hinterlassen.


Ist Sex Pflichtprogramm, wenn ihr euch trefft?

Wer von euch beiden hat öfter Lust und ergreift dann die Initiative?

Anna: Wenn man frisch verliebt ist, kann man sowieso nicht anders, als jedes Mal, wenn man sich sieht, Sex zu haben. Aber sobald man in einer Beziehung lebt, ändert sich das und man teilt auch negative Gefühle miteinander. In solchen Moment hat Sex nichts zu suchen.

Anna: Wir haben beide gleich viel Lust aufeinander. Vielleicht läuft es deshalb so gut mit uns. Die Initiative ergreift er öfter als ich, weil ich mir manchmal nicht sicher bin, ob er in Stimmung ist. Er legt es einfach drauf an, indem er mich küsst oder anfängt zu fummeln.

Manuel: Nein, natürlich ist es das nicht. Unsere Beziehung definiert sich auch nicht über Sex, sondern über Liebe und Freundschaft.

Welche anderen Intimitäten gibt es für euch? Anna: Ich finde es viel intimer, mit Manuel einzuschlafen und wieder aufzuwachen. Mit ihm alles, was mich beschäftigt, zu teilen und ihm Dinge erzählen zu können, die ich sonst eher mit mir selbst verhandle. Das ist eine geistige Intimität, die viel wichtiger und intensiver ist als die körperliche. Manuel: Sex ist natürlich die körperlich spannendste Intimität, gleichzeitig aber eine einfache. Anna zu vögeln, fällt mir viel einfacher, als ihr mentale Unterstützung zu geben, wenn sie traurig ist. Oder sie zu beruhigen, wenn sie wieder mal an die Decke geht. Das sind die wirklichen Intimitäten einer Beziehung. Ficken, das kann jeder.

Manuel: Das wäre dann wohl ich und ich.

Wie kannst du dich für deinen Partner besonders verführerisch machen? Anna: Ich kann mich ausziehen.

Manuel: Das ist bei Anna gar nicht mal so schwierig. Am meisten will sie mich, wenn sie mich nicht haben kann. Das ist eine Gratwanderung. Entweder sie wird heiss auf mich oder sie überkocht.

Hattet ihr vorher schon Sex mit einem anderen Partner/einer anderen Partnerin? Anna: Ja natürlich! Ich habe Sex, seit ich fünfzehn Jahre alt bin. Manuel: Ja, wir sind beide über zwanzig. Heute ist niemand mehr Jungfrau in dem Alter.

Wie haltet ihr es mit Fremdgehen? Anna: Fremdgehen ist für mich ein absolutes No-Go!

Manuel: Ein rein sexuelles Fremdgehen könnte ich verzeihen, wenn sie aber mit einem anderen Typen anbändeln würde, wäre das das sichere Ende.

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Darum prüfe, wer sich ewig bindet Kommentar von Stefanie Wunderlin

Die Sex-Euphorie kann täuschen! Kommentar von Vivienne Kuster

Die Hochzeit ist stark mit Tradition und Religion verbunden und mehr symbolisch als sinnvoll gemeint, was Sex vor der Ehe betrifft. Doch nach dem Start in die Beziehung gleich einen Turbostart Richtung Schlafzimmer zu unternehmen, kann tückisch sein. Ja, Sex gehört zu einer Beziehung dazu, vor allem aber auch noch nach zehn Jahren. Wir sind Menschen, deren Bedürfnisse kontinuierlich von Erlebtem beeinflusst werden. Was wir heute geil finden, kann uns in ein paar Jahren anwidern. Um lang fristig eine gute Beziehung zu führen und damit auch ein gutes Sexleben bedarf es einer guten Kommunikation, gegenseitigem Verständnis und Kompromissbereitschaft. Am Anfang stehen Verliebte unter einem Wasserfall von Gefühlen: Aufregung, Verliebtheit, Freude an etwas Neuem und mehr. Die Versuchung ist gross, gleich zum gemeinsamen Schäferstündchen ins Schlafzimmer zu hüpfen. Da läuft das Paar aber Gefahr, sich durch die von Sex ausgelöste Euphorie täuschen zu lassen. Mischt sich zur Anfangsverliebtheit die Sex-Euphorie, kann dieses Hoch der Glücksgefühle zu Fehlinterpretationen von Gefühlen führen. Das «Alles-ist-perfekt» wird verstärkt und bremst die gemeinsame Entwicklung von Grundlagen in der Beziehung. Im Höhenflug sollte die eigentliche Höhe nicht durch Sex sondern durch Vertrauen, Verbundenheit und weiteren Bestandteilen einer guten Beziehung gewonnen werden. Deshalb: Lieber Zeit lassen, die Beziehung an Höhe gewinnen lassen, herausfinden wie die Höhe beibehalten werden kann und dann Loopings schlagen.

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Sex ist das natürlichste Begehren des Menschen. Daher gehört zu einem gesunden Körper die gelebte Sexualität. Medizinische und sozialwissenschaftliche Studien bestätigen, dass die Unterdrückung der Sexualität nicht nur dem eigenen Wohlbefinden schadet, sondern auch der Partnerschaft. Die gemeinsamen Schäferstündchen stärken die soziale Bindung, schaffen Nähe und Vertrauen. Entscheidet sich ein Paar, bis nach der Hochzeit zu warten, geht es ein Risiko ein. Es bilden sich auf beiden Seiten grosse Erwartungen, die sich hauptsächlich aus Darstellungen in Liebesromanen, Hollywoodfilmen und heimlichem Pornokonsum speisen. Die Realität wird frustrierend sein. Ein verschwitztes Bett, übler Geruch, ein Grimassen schneidender Partner, inkompatible Vorstellungen, wie ES denn eigentlich vonstatten gehen soll. Die Hemmschwelle, über das neugewonnene (Un-)Glück zu sprechen, ist gross. Wir sind doch füreinander bestimmt, es sollte perfekt werden. Woher kommt überhaupt die Illusion des idealen Zeitpunkts? Ist nicht jeder Moment so gut wie der nächste? Sind sich zwei Liebende absolut sicher, den Rest ihres Lebens zusammen zu verbringen, wird die Schutzmassnahme Ehe sowieso überflüssig. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo zwischen Porno und unbefleckter Empfängnis.

Illustrationen: Katharina Good


Wenn Weltgeschichte geschrieben wird Es war ein Donnerstag. Wie üblich habe ich meine Tochter in den Kindergarten gebracht und fuhr danach in die Redaktion. Ich war damals 1989 Auslandredaktor beim Schweizer Fernsehen. Gastbeitrag: Gabriel Heim / Bild: Katharina Good

Bis zum frühen Nachmittag deutete nichts darauf hin, dass dieser trübe 9. November weltbewegend werden sollte. Doch dann kommen Gerüchte aus Berlin und bald erste Bilder: An den Übergängen von Ost nach West drängen sich Menschen und niemand hält sie zurück. Mein Redaktionsleiter, sonst immer cool und adrett ist ganz aufgeregt: «Die Mauer bröckelt – du fliegst heute noch hin – das Kamerateam ist schon bereit, die Flüge bestellen wir gerade.» Der Flug, damals noch in einer kleinen zweimotorigen PanAm dauert schier endlos. Immer wieder macht der Pilot Durchsagen: Tausende Menschen drängen sich an der Ber-

liner Mauer. Die ersten Trabis holpern in den Westen. Die ganze Stadt macht sich auf die Beine. Ich werde nervös, der Mann im Cockpit muss schneller fliegen, sonst verpassen wir einen historischen Augenblick! Der legendäre Satz von Gorbatschow «Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte» lässt mir den kalten Schweiss ausbrechen. Nur das nicht! Doch so schnell fällt die Mauer nicht. Geschafft! Um 21 Uhr stehen wir mit Kamera und Ton und bester Sicht auf die Weltgeschichte am Potsdamer Platz. Jetzt kann es losgehen. Was wir in den nächsten drei Tagen noch erleben werden, habe ich nie vergessen.

Gabriel Heim wurde 1950 in der Schweiz geboren und studierte Geschichte und Publizistik in Zürich, später an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Heim ist Journalist, Dokumentarfilmproduzent und war für verschiedene Fernsehsender tätig, zuletzt als Fernsehdirektor bei der ARD.

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«Unsere neue Technologie ist mehr als 150 Jahre alt.» Aus Mehl wird eine Vielzahl unserer täglichen Nahrungsmittel hergestellt. Doch wie wird es heutzutage gewonnen? Der Besuch in der Dittligmühle in Längenbühl zeigt, dass der Vorgang komplexer ist, als gedacht. Text  /  Bilder: Pascale Amez

Der grosse, weiss-rosa Turm steht markant inmitten von grünen Wiesen. Direkt neben den Relikten der wasserbetriebenen alten Mühle und einem Bauernhaus. Die Dittligmühle ist seit dreissig Jahren in Betrieb. Als EinMann-Werk produziert sie während zwei Tagen in der Woche Mehl. Auf sechs Stockwerken wird ausschliesslich regionales Getreide zu Mehl verschiedener Arten verarbeitet. Mehr als vier Tonnen Getreide werden an einem Arbeitstag gemahlen. Im Silo neben der eigentlichen Mühle lagert das Korn der letzten Ernte. Die Mühle wird per Knopfdruck im Erdgeschoss in Gang gesetzt. Sofort wird es laut im Gebäude. Es rumpelt und man hört, wie die Körner vom Silo in den Verarbeitungszyklus einlaufen. Mittels vakuumbetriebenen Rohren gelangt der Rohstoff in den sechsten Stock. Es wird verteilt und fällt durch Rohre in eine Art Rüttler im unteren Stockwerk. Mittels Sieben werden im Rüttler die feinen von den grossen Körner getrennt. Ein Stockwerk tiefer wird das Getreide in einem ausgeklügelten Verfahren gereinigt. Ein Stockwer tiefer stehen drei rote, massive Maschinen. Durch Walzen mit Rillen unterschiedlicher Grösse wird die Schale des herunterfallenden Kornes aufgebrochen. Der wertvolle Mehlkörper ist im Kern des

Links: Die Vakuumrohre führen im obersten Stockwerk an der Decke weiter und verteilen das sich im Verarbeitungszustand befindende Material. Oben: Der Betrieb der Dittligmühle wird im Erdgeschoss geregelt. Unten: Beim Abfüllen des Mehls in Säcke wird genau abgewogen.

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Durch das schnelle Rotieren kรถnnen die Walzmaschinen viel Korn verarbeiten.

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Je nach Verarbeitungsgrad wird das Getreide in eine der drei Walzmaschinen geleitet.


Kornes enthalten. Nach dem Mahlen wird das Mehl durch Vakuumröhren wieder in den sechsten Stock gesogen. Der Prozess beginnt von neuem: Das jetzt aufgebrochene Korn hat unterschiedliche Grössen, fällt in den Rüttler, wird gesiebt, geputzt und gemahlen. Beim Sieben wird das Mehl direkt in ein Aufbewahrungssilo geleitet. Es ist Halbweiss- und Weissmehl. Der Vorgang des Mahlens dauert so lange, bis nur noch der äusserste Schalenteil vorhanden ist. Dieser übrigbleibende Rest wird wird Kleie und Bollmehl genannt. Aus dieser Mischung wird Ruchmehl gewonnen.

Im Rüttler wird das aufgebrochene Korn gesiebt.

Die komplexe Reinigungsanlage im vierten Stockwerk.

Brian, einer der jüngsten Sprösslinge der Zirkusfamilie, demonstriert sein Können auf dem Trampolin.

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Zwischen Traumjob und Gratisarbeit Sie sind gut ausgebildet, äusserst motiviert und arbeiten trotzdem gratis: Hochschulabsolventinnen und -absolventen in un(ter)be­zahlten Praktika. Für eine Festanstellung führt in einigen Branchen kaum ein Weg an ihnen vorbei. Text: Ursina Ghilardi / Illustration: Katja Rutz

«Jeder Mensch, der arbeitet, hat das Recht auf angemessene und befriedigende Entlöhnung.» So steht es im Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Doch ausgerechnet am Hauptsitz der UNO in Genf arbeiten unzählige Praktikantinnen und Praktikanten ohne Lohn. Eine von ihnen ist die 27-jährige Michèle. Nach ihrem Bachelor in Internationale Beziehungen in Genf und einem Master in London absolviert sie ein Praktikum beim International Trade Centre, das zur UNO gehört. «Ich hatte mein Studium zwei Monate zuvor beendet und kein bezahltes Praktikum gefunden», erzählt sie. «Ich fand es schliesslich gewinnbringender, gratis zu arbeiten, als untätig zu Hause zu sitzen.» Auch ihre Kollegin Jacqueline hatte keine Wahl. «Im internationalen Bereich der NGOs sind fast alle Praktika unbezahlt», sagt die Bachelor-Absolventin. Sie arbeitet an einem Forschungsprojekt des Graduate Institutes in Genf mit. Das Geld

«Praktika müssen angemessen entlöhnt werden. Alles andere ist eine Frechheit.» steht für sie nicht im Vordergrund. «Dank dem Praktikum kann ich in meinem Interessengebiet Migration tätig sein.» Das Graduate Institute habe zudem einen ausgezeichneten Ruf. Das wird in ihrem Lebenslauf ein Pluspunkt sein, ist die 26-Jährige überzeugt. Pseudo-Ausbildungen Guter Ruf und Vorteile im Lebenslauf hin oder her. Für Thomas Zimmermann, Leiter Kommunikation beim Schweizerischen

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Gewerkschaftsbund (SGB), ist der Fall klar: «Praktika müssen angemessen entlöhnt werden. Alles andere ist eine Frechheit.» Dabei könne natürlich ein Teil des Lohnes in Form einer Ausbildung bezahlt werden. «Doch leider sind Praktika oft nur Pseudo-Ausbildungen: Man leistet zwar einen Mehrwert für den Arbeitgeber, lernt aber kaum etwas», ergänzt SGB-Zentralsekretär Luca Cirigliano. «Daher müsste im Vertrag genau geregelt sein, was man als Praktikantin oder Praktikant macht und was man dabei lernt.» Dadurch könne der Ausbildungscharakter verbindlich festgelegt werden. Bestenfalls werden im Vertrag Anschlusslösungen präsentiert, zum Beispiel die Aussicht auf eine Festanstellung. Die Praktikanten-Maschinerie So wie Priscilla*, Praktikantin an mehreren Schauspielhäusern, geht es vielen: «Oft habe ich mich wie in einer Maschinerie gefühlt: Alle drei Monate kommt eine neue Praktikantin. Deshalb hatten die Theaterschaffenden kein grosses Interesse daran, sich auf mich einzulassen. Ich war eine unter vielen.» Die Absicht, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, wird so zunichte gemacht. Vor allem die Kunstbranche, aber auch Medien und Event-Organisationen seien von schlechten Praktikumslöhnen betroffen, sagt Birgit Müller. Sie leitet das Career Service Center an der Uni Basel und rät, sich in diesen Bereichen nicht nur bei In-Places zu bewerben. «Bei einer Lokalzeitung oder in einem Heimatmuseum ist die Nachfrage nach den Stellen kleiner als in grossstädtischen Betrieben. Dadurch kann man dort mit einem höheren Praktikumslohn rechnen», sagt sie. Erfahrung könne man dabei genauso viele sammeln. Zudem lohne sich ein Blick über den Tellerrand hinaus. «Auch Banken


Geisteswissenschaftler Wirtschaftswissenschaftler Rechtswissenschaftler Naturwissenschaftler

2005 absolvierten 14 Prozent aller Geistewissenschaftler, 6 Prozent der Wirtschaftswissenschaftler und 7 Prozent der Naturwissenschaftler zu Beginn ihrer beruflichen Karriere

ein Praktikum. Mit 60 Prozent wurden wurden die Jus-Studierenden deutlich am häufigsten als Praktikanten angestellt. Quelle: EidgenÜssisches Departement des Innern EDI

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und Versicherungen bieten spannende Aufgaben.» Stefan* hat den Versuch gewagt und nach seinem Master in Publizistik ein Praktikum im Qualitätsmanagement bei einer Versicherung absolviert. Knapp 4000 Franken hat er monatlich verdient. «Auf die Dauer wäre ich dort aber nicht glücklich geworden», begründet er seinen anschliessenden Wechsel in die Medienbranche. Bundesverwaltung mit Vorbildcharakter Für Birgit Müller geht es bei der Frage nach dem Lohn auch um Wertschätzung. «Uniabsolventen sind bestens ausgebildet und in der Regel sehr produktiv.» Als Richtlinie gelten für sie die Praktikumslöhne in der Bundesverwaltung: Zwischen 3000 und 3500 Franken verdient dort ein Bachelorabsolvent, 4200 Franken ein Praktikant mit Masterabschluss. Es wird dabei nicht zwischen Fächern unterschieden – Wirtschaftsinformatiker und Ethnografen verdienen gleich viel. Müller betont aber, dass Stiftungen, Vereinen und Parteien, die auf Spen-

«Ich fühle mich nicht ausgenutzt.»

sich ein unbezahltes Praktikum leisten. Die spannendsten Stellen bleiben all jenen vorbehalten, die auf ein finanzielles Polster oder die Unterstützung ihrer Eltern zurückgreifen können. Keine Berufsausbildung Gabriel Fischer, Leiter der Wirtschaftspolitik bei Travail Suisse, beobachtet auf dem Arbeitsmarkt eine zunehmende Tendenz: «Einsteiger-Stellen werden vermehrt durch Praktika ersetzt und erschweren den Absol-

«Die Universitäten haben keinen berufsbildnerischen Auftrag.» venten den Berufseinstieg.» Läge es also in der Verantwortung der Universitäten, die Studierenden besser auf ihren zukünftigen Beruf vorzubereiten? «Nein», sagt Stefan Gerig, Leiter der Studien- und Lauf bahnberatung im Berufsund Informationszentrum Oerlikon. «Die Universitäten haben keinen berufsbildnerischen Auftrag, sie bieten eine wissenschaftstheoretische Ausbildung, die mit einem schulischen Abschluss – Bachelor oder Master – endet. Das entspricht der Idee des dualen Bildungssystems in der Schweiz.» Er weist darauf hin, dass viele Studienabgänger nicht auf Praktika nach dem Studium angewiesen sind. Dazu gehören zum Beispiel Ingenieurinnen, Architekten oder auch Medizinerinnen, deren praktische Studieninhalte gut auf die Praxis vorbereiten. «Wenn jemand aber beispielsweise Englisch studiert und nachher Journalist werden möchte, ist klar, dass er die berufsspezifische Praxis zuerst lernen muss», sagt Gerig.

dengelder angewiesen sind, für solche Löhne schlicht das Geld fehlt. Dort sei umso wichtiger, dass der Mehrwert des Praktikums klar ersichtlich sei. Für Michèle geht die Rechnung auf. «Ich fühle mich nicht ausgenutzt», sagt sie über ihr Praktikum beim International Trade Centre. «Ich habe Aussicht auf eine bezahlte Anstellung und für den Lohn, den ich bei einer anderen Praktikumsstelle erhalten würde, müsste ich weniger interessante Aufgaben in Kauf nehmen.» Trotzdem gibt sie zu bedenken: «Ich mache eine ähnliche Arbeit Ein Versuch ist es wert wie alle anderen, verdiene aber nichts dabei.» Nicht in jedem Fall dient das Praktikum nur Finanziell Gutgestellte im Vorteil der beruflichen Ausbildung. Es bietet auch Wie viele Absolventen eines Master- oder die Möglichkeit, den Berufswunsch kritisch Bachelorstudiums in der Schweiz gratis ar- unter die Lupe zu nehmen. «Um am Theabeiten, weiss niemand genau. Das Bundes- ter eine Festanstellung zu erhalten, führt amt für Statistik führt diese Gruppe nicht kein Weg an Praktika und vielen ‹Scheissgesondert auf, sondern zählt sie zu den Er- Jobs› vorbei», hat Priscilla festgestellt. «Für werbslosen oder Nichterwerbspersonen. meinen Traum drei Jahre am ExistenzminiBei den Masterabsolventen liegt der Anteil mum zu leben, war ich dann doch nicht belaut einer Absolventenbefragung 2011 bei reit.» Trotzdem ist sie froh um die Erfahknapp vier Prozent. Zählt man davon an- rung: «Ich muss mir später nie den Vorwurf dere Gründe für die Erwerbslosigkeit wie machen, es nicht versucht zu haben.» Reisen oder Weiterbildung ab, betrifft das Problem der Gratisarbeit sehr wahrscheinlich nur wenige. Trotzdem bleibt eine Ungerechtigkeit bestehen: Nicht alle können * Name geändert.

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Schweizer Schulen: Mit dem Erfolg kommt das Leid Das Bildungssystem der Schweiz ist international erfolgreich. Das hat aber seinen Preis: Versagensängste und Leistungsdruck sind die Antriebsmechanismen an den Schulen unseres Landes. Text: Sandro Bucher / Bilder: Daniel Barnbeck

Der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi gilt bis heute als einer der bedeutendsten Revolutionäre des europäischen Bildungssystems. Schon im 18. Jahrhundert warnte er die Lehrerschaft im ganzen Land vor ihren falschen Erziehungsmethoden: «Mit Angst vor dem Rohrstock ist nicht gut Lernen. Kinder sollen Freude haben am Lernen.» Mit dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989 wurde die Körperstrafe in ganz Europa zwar abgeschafft, doch die Furchtsamkeit in den Schulzimmern Europas wurde durch neue Ängste weitergeführt: Die Angst vor Misserfolgen, die Angst vor dem Versagen. Therapeuten an allen Schweizer Universitäten verzeichnen einen noch nie dagewesenen Ansturm von Studierenden, die unter akuter Prüfungsangst leiden und psychologische Unterstützung brauchen.

mehr nur in den Klassenzimmern statt, sondern wird auf einer globalen Bühne ausgetragen: DESI, IGLU, TIMSS, PIRLS und allen voran PISA heissen die internationalen Schulleistungsuntersuchungen, die Kinder auf der ganzen Welt auf Zahlen in einer Vergleichsstatistik reduzieren. Die Schweiz erzielt jährlich Top-Ergebnisse in der PISA-Studie. 2012 erreichte sie im Bereich Mathematik den neunten Platz. Vor ihr lagen lediglich China, Korea, Japan und andere asiatische Staaten mit Schulzeiten von bis zu 13 Stunden am Tag. Unterschiede zwischen der deutschen und der französischen Sprachgruppe sind in der Schweiz eher gering, lediglich die italienischsprachige Schweiz liegt etwas zurück. Die Schweiz gilt weltweit als eine unerbittliche Erfolgs- und Leistungsmaschinerie. Während ihrer ganzen schuliInternationale Konkurrenz schen Lauf bahn werden Kinder Durch die fortschreitende Globa- und Jugendliche in von Erwachlisierung wird seit dem 21. Jahr- senen erschaffenen Schablonen gehundert auch international immer zwängt, die sie zu leistungsorienmehr Druck auf die Schülerinnen tierten Wissensschluckern machen, und Studierenden ausgeübt. Der die das Wichtigste nie gelernt haKonkurrenzkampf findet nicht ben: Selber zu denken.

Die Hamburger Gymnasiastin Yakamoz Karakurt verfasste 2011 einen Kommentar für die deutsche Wochenzeitung «Die Zeit», der damals tausenden von Jugendlichen aus der Seele sprach und auch in der Schweiz für einen Aufschrei in Politik und Schulen sorgte: «Ich habe kein Leben mehr» «Ich gehe in die neunte Klasse eines Hamburger Gymnasiums und habe ein Problem: Ich habe kein Leben mehr. Mit Leben meine ich Hobbys, Freizeit und Spass. Jeder weiss, dass die Schule nicht das Leben ist. Mein Leben aber ist die Schule, was heisst, dass da etwas falsch gelaufen sein muss. Ich komme um 16 Uhr aus der Schule und gehe nicht vor 23 Uhr ins Bett. Und das liegt nicht daran, dass ich fernsehe, mich entspanne oder sogar Spass habe. Mein Kopf ist voll. Zu voll. Es mag für einige vielleicht übertrieben klingen, aber die Schule nimmt mir gerade das Wichtigste, was ich besitze: Meine Kindheit. Was denken sich eigentlich diejenigen, die über unser Schulleben bestimmen? Was bringt es mir, wenn ich die chemische Formel von Cola kenne? Was

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bringt mir dieses unnötige Wissen? Es kann sein, dass es einige Leute interessant finden. Es kann aber nicht sein, dass ich 14 Fächer habe und von mir erwartet wird, in jedem davon eine super Leistung zu bringen.» «Wie ein Füllprogramm» Auch Schülerinnen und Schüler in Schweizer Bildungsanstalten kennen diese Probleme. Sebastian Benedix (13) besucht eine Sekundarschule in Luzern und ärgert sich über seine momentane Situation: «Im Unterricht lernen wir, Baum- und Pflanzenwurzeln zu bestimmen oder verschiedene Fledermausarten zu erkennen. Klar ist das bis zu einem gewissen Grad spannend, doch wenn wir nur solche Sachen behandeln, bleiben wichtigere Themen auf der Strecke. Bereits in der Sekundarschule sollte man vor allem die Allgemeinbildung der Schülerinnen und Schüler fördern. Viele meiner Schulkameraden kennen keinen einzigen Bundesrat, können aber anhand eines Querschnittes einer Schwertlinienwurzel die verschiedenen Wurzelhaararten benennen.» Die Kritik geht Hand in Hand mit den Aussagen von Yakamoz. Auch Yakamoz kritisiert in ihrem offenen Brief die Standardisierung und die konsum- und wirtschaftsorientierte Nützlichkeit des Wissens, welche der Fantasie, der Kreativität und dem selbstständigen Denken der Kinder vorgezogen wird. Das Aneignen von überflüssigem Wissen ist auch ihr ein Dorn im Auge.

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Der Winterthurer Student David Striegel (24) weiss, dass diese Problematik auch nach der obligatorischen Schulzeit bestehen bleibt. Er studiert zurzeit Wirtschaftsinformatik an einer Schweizer Hochschule. «Im ersten Studienjahr mussten wir höchst anspruchsvolle mathematische Aufgaben bewältigen», sagt er. Diese hätten weder zum Verständnis von Informatik beigetragen, noch hätte man sie in einer vergleichbar praktischen Situation anwenden können. Viele Fächer scheinen ihm wie ein Füllprogramm, das die sonst schon überdehnten Studienzeiten rechtfertigen soll. Jeder zweite unter Stress Es war eine für Eltern und Schulen alarmierende Offenbarung, als das Basler Gesundheitsdepartement 2012 die Resultate der Befragung von 1400 Jugendlichen veröffentlichte: 61 Prozent der Mädchen und 41 Prozent der Knaben gaben an, häufig unter Stress zu sein. Erwartungsgemäss war der grösste Stressfaktor die Schule. Dr. Silke Schmitt Oggier ist Schulärztin und Medienbe­ auftragte des Schulärztlichen Dienstes der Stadt Zürich und kennt die Problematik genau: «Der Stress betrifft die Leistungsanforderungen ebenso wie die elterlichen Leistungserwartungen und den erforderlichen

Zeitaufwand. So sind auch Verhaltensauffälligkeiten und Gesundheitsbeeinträchtigungen verstärkt bei denjenigen Jugendlichen anzutreffen, die den schulischen Anforderungen nicht gerecht werden können und die elterlichen Erwartungen enttäuschen.» Die Kinder werden im jetzigen Schulsystem fehlgeleitet und überfordert. Mit diesem System ebnet man den direkten Weg zur total erschöpften Gesellschaft. Wenn die psychische Belastung bereits in jungen Jahren unterschätzt oder gar ignoriert wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man irgendwann eine Therapie braucht. Es droht eine Krise, die auch durch Lerntheoretiker und Entwicklungspsychologen nicht mehr gestoppt werden kann. Der österreichische Autor und Filmemacher Erwin Wagenhofer befasst sich in seinem Film «Alphabet» mit den Bildungssystemen der Welt. Bei seiner Recherche stützt


er sich auf die These des deutschen Hirnforschers Gerald Hüther. Dieser behauptet, dass 98 Prozent aller Kinder hochbegabt zur Welt kommen. Durch die Verschulung und Uniformierung der Pädagogik sind es nach der obligatorischen Schulzeit nur noch zwei Prozent. Eine abschliessende Lösung für das momentane Bildungsproblem finden Wagenhofer und Experten nicht, doch eines ist für sie klar:

«Die Bildungslandschaft von morgen muss mit der systematischen Belehrung von gestern aufhören und stattdessen Potentialentfaltung und Bereicherung durch Verschiedenartigkeit in den Mittelpunkt stellen. Und schliesslich: Wer soll damit beginnen, wenn nicht wir. Jetzt müssen wir uns entscheiden, wo wir hinwollen. Dazu braucht es eine neue Beziehungskultur und ein neues Denken!»

Ehrliche Tipps Buch «Watchmen» von Alan Moore (Autor) und Dave Gibbons (Zeichner), DC Comics, 1986/87 Superman ist Kommunist und Gott zieht ins Exil auf den Mars. In «Watchmen» wird der amerikanische Alptraum wahr. Hier bekämpfen die Helden in Strumpfhosen keinen diabolischen Ziegenpeter aus der Hotzenplotz-Dimension, sondern eine paranoide Gesellschaft am Rande des nuklearen Holocausts. Besonders empfindliche Gemüter greifen besser zum «Lustigen Taschenbuch».

Film «The World’s End» von Edgar Wright, mit Simon Pegg, Nick Frost, Martin Freeman u.a., 2013 Fünf Briten auf Sauftour stellen schon reichlich angeheitert fest, dass ihr Dorf von Ausserirdischen infiltriert wird. Grund genug, auszutrinken und sich diskret vom Acker zu machen? Nicht in einem Film von Edgar Wright! Jetzt wird erst recht gebechert, selbst wenn auf dem Weg zum nächsten Zapfhahn Pierce Brosnan und eine Armada von Aliens lauern.

Song «Computer Nr. 3» von France Gall, 1968 Wozu mit der Zeit gehen, wenn früher selbst Schund besser war? Zum Beispiel deutscher Schlager, vorgetragen von der Pariser Chanson-Schlumpfine France Gall. Eine feinsinnige Ode an die Wissenschaft der Partnerfindung und omnipotente Elektronenhirne – inklusive spacigen Soundeffekte wie aus dem Flipperkasten!

David Bucheli ist 20 Jahre alt und verplempert seine Zeit lieber mit schlechten Filmen als gutem Fernsehen. Er studiert Jedi-Wissenschaften und Goetheologie an der Universität Basel und könnte sich vorstellen, später mal an einer Schule für verhaltensauffällige Lehrer zu unterrichten.  Illustration: Katja Rutz

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Welches Tattoo passt zu dir?


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Steigender Beliebtheit auf der Haut erfreuen sich Mottos und Lebensweisheiten. Bei der Wahl des passenden Spruches bist du frei. Etwa den Werbeslogan deines Arbeitgebers («I‘m lovin' it» oder «Für mich und dich»). Auch trendy ist es, dir einige Seiten deines Lieblingsbuchs stechen zu lassen, dann hast du sie zum Nachlesen stets dabei. Vorsicht geboten ist bei politischen Ansichten und Ansagen. «Fuck The System» eignet sich für das berufliche Umfeld nicht gut. Auch religiöse Symbole oder Bibelzitate solltest du stets im Intimbereich oder auf dem Po anbringen, um Kontroversen zu vermeiden. Aber Achtung! Vor dem Gang zum Tattoo-Studio musst du das gewünschte Motto korrigieren lassen. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Motto-Tattoos gibt es mittlerweile zahlreiche Tattooübersetzungsund Korrekturbüros. Es lohnt sich, ein solches Angebot zu nutzen. Obwohl «Fuck The Sytsem» auch was hat.

Lebensweisheiten

Geometrische Symbole, allen voran das Dreieck, sind das Must-have schlechthin unter den Hipster-Tattoo-Liebhabenden. Damit bist du mehr als hip. Den Anfang nahm der Trend bei Mathematiklehrern, die sich Geodreiecke und Lineale tätowieren liessen. Heute hat das Dreieck als Tattoo viele Bedeutungen. Es steht für Berge, Hausdächer, halbe Davidsterne und so was halt. Eher out, aber genauso schön, sind Kreise. Du könntest sie auch nutzen, um Diagramme darzustellen – etwa nach einer Volksabstimmung oder nach Parlamentswahlen. Das beste an den Geo-Tattoos ist: Wenn sie mal out werden, lassen sie sich ganz leicht umwandeln. So wird aus dem Dreieck schnell die Flagge Südafrikas und aus dem Kreis ein dicker Clown.

Ecken und Kanten

Nein

Ja

Wie es aussieht, findest du Tattoos ganz hübsch anzusehen, du hast aber keine Idee, was du dir stechen lassen könntest? Lass es am besten bleiben. Denn das Geld kannst du für Besseres ausgeben. Zum Beispiel für Piercings! Sowieso wird im Alter deine Haut viel schöner sein, wenn du keine bunte Bemalungen auf dir trägst. Ausserdem sagt man ja, dass ein tattoofreier Körper besser für die Karriere sei. Kannst du dir deinen Namen nicht merken, kannst du immer noch eine Hundemarke im Armeestil anfertigen lassen. Möchtest du aber trotzdem unbedingt Tinte auf dir tragen, kannst du mit Abzieh-Tatoos anfangen.

Lass es sein

Das perfekte Tattoo für alle, die keine Lust haben, eine Identitätskarte mit sich zu tragen, oder die sich ihre Familienangehörigen nicht merken können. Du kannst mit deinen eigenen Angaben beginnen: Name, Geburtsdatum und Heimatort. Sind diese erstmal tätowiert, gilt es, die Informationen deiner Eltern und Geschwister auf dir zu verewigen – samt Blutgruppe, Schuhgrösse und Impfausweisnummer. Solange noch Platz ist, kannst du das auf dein Umfeld inklusive Gärtner, Steuerberater und Nachbar erweitern. Negativpunkt: Willst du die Wohnorte der Verewigten immer aktuell halten, wird der Platz schnell knapp.

Familienbüchlein


Kalkulierter Widerstand Der Südafrikaner Rommel Roberts hat aktiv gegen die Apartheid protestiert – stets gewaltfrei. Heute muss er wieder kämpfen. Nicht nur gegen den Staat, sondern auch gegen die Tendenz, mit Gewalt auf die eigenen Anliegen aufmerksam zu machen. Tink.ch hat Rommel Roberts auf seiner Reise durch die Schweiz getroffen. Text: Yara Gut / Bild: Kaspar Rechsteiner

Robespierre, Leo Trotzki, Nelson Mandela: Jede Revolution bringt grosse Namen hervor, deren Echo für die Ewigkeit in der kollektiven Erinnerung nachhallt. Diese Namen sind die Symbole für die Revolution und ihre Ideale. Für den Sieg. «Aber Ikonen leisten nicht die Drecksarbeit», sagt Rommel Roberts. Das machen die Tellerwäscher, die Bäckerinnen und die Lehrpersonen. Die Siege, welche die Ikonen verkörpern, wurden von den einfachen Leuten errungen. Von diesen Leuten – den «stillen Heldinnen und Helden» – erzählt Rommel Roberts im anfang Jahr erschienenen Buch «Wie wir für die Freiheit kämpften». Er selbst war einer dieser stillen Helden.

ner stillen Heldinnen und Helden ist: Immer wieder kommt er auf die Erfolge seiner Aktionen zu sprechen und hebt hervor, wie viel harte Arbeit dahinter steckt.

Ein mehrköpfiges Biest Seine Erzählungen sind lebhaft und mit viel Gestik untermalt. In den Gesprächspausen scheint Rommel Roberts hingegen erschöpft und müde. Wahrscheinlich wegen all den Presseterminen. Vielleicht auch, weil er wieder kämpfen muss. Das Apartheid-System fand mit den ersten demokratischen Wahlen in Südafrika im April 1994 ein Ende. Seither sind 20 Jahre vergangen. Zeit, eine Bilanz zu ziehen. Dabei kommt insbesondere die regierende Partei, der African NatiOrganisation im Hintergrund onal Congress, schlecht weg. Sie war einst das Symbol Roberts ist 1949 in Südafrika geboren, ein Jahr nach- der Anti-Apartheid-Bewegung und des neuen, demodem die National Party das System der Apartheid kratischen Südafrikas. Heute sind viele Südafrikaneeinführte. Als Sohn eines weissen Mannes und einer als asiatisch klassifizierten Frau galt er als «coloured». Roberts wuchs in einer Welt auf, in der Beschimp«Die Siege, welche die Ikonen fungen und Diskriminierung alltäglich waren. «Wir verkörpern, wurden von den einfachen wechselten die Strassenseite, wenn ein Weisser kam. Leuten errungen.» Das war selbstverständlich.» Die Apartheid war für Kinder genauso Realität wie für die Erwachsenen: Die besten Spielplätze blieben Roberts und seinen Freunden verwehrt – sie waren «for whites only». rinnen und Südafrikaner enttäuscht. Der Unmut der Den Anstoss für Roberts aktives Engagement ge- Menschen richtet sich gegen ein mehrköpfiges Biest: gen die Apartheid gab die Arbeit in den Townships Der Staat ist bis in die höchsten Positionen von Kornach seinem Studium der Theologie. «Ich sah das ruption und Clanwirtschaft zerfressen, das BildungsElend der Familien in den Slums und wusste, dass system lahmt und noch immer leben Leute in menich etwas dagegen tun wollte», erinnert sich Roberts. schenunwürdigen Verhältnissen. Die Bevölkerung Er begann, ein Netzwerk aufzuziehen, und organi- – und mit ihr Rommel Roberts – fühlt sich um ihren sierte verschiedene, stets gewaltfreie Protestaktionen. Traum vom besseren Südafrika betrogen. So riefen etwa die weissen Frauen der Organisation Black Sash immer wieder bei Politikern an und for- Fäuste und Fäkalien derten bessere Lebensumstände für die schwarze Be- Allein seit Anfang 2014 wurden in Südafrika mehrevölkerung. Es funkelt spitzbübisch in Roberts Augen, re tausend Protestaktionen gezählt. Eigentlich ist das wenn er sich an die Aktion zurückerinnert: «Diese gut so, meint Roberts. Viele Demonstrationen enden Minister hatten ein wirklich mieses Wochenende.» jedoch gewalttätig. Die sogenannten Poo Protesters Seine Rolle im Kampf gegen die Apartheid defi- wollten auf die schlechten sanitären Anlagen in den niert der Theologe als die eines Drahtziehers. Er mo- Townships aufmerksam machen – und warfen darum bilisierte und organisierte, hielt die Fäden des Pro- mit Fäkalien. Viele der Protestierenden glauben, dass tests in der Hand und verbreitete die Botschaft des nur solche Aktionen die Öffentlichkeit und die Poligewaltfreien Widerstands. Im Gespräch wird deut- tik mobilisieren können. Roberts hält dem entgegen, lich, wie stolz Roberts auf die Errungenschaften sei- dass die Wirkungskraft der Gewalt in der Aufmerk-

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samkeit endet: «Die Anführenden werden verhaftet, die Sicherheitskräfte reagieren aggressiver. Mit Gewalt kann man seine Ziele nicht erreichen.» Er versucht, als Mediator die Protestierenden vom gewaltfreien Weg zu überzeugen, und will sie an seinen Erfahrungen teilhaben lassen. Sein Buch und die darin geschilderten Geschichten des Widerstands zeigen, dass durchdachte und gut strukturierte Proteste erfolgreich sind. Roberts’ Kampf besteht aus strategischem Kalkül – nicht aus der geballten Faust. Aber seit der Apartheid hat sich vieles verändert. «Es war einfacher, die Menschen während der Apartheid zu mobilisieren. Wir hatten alle einen gemeinmen Gegner. Heute setzt sich jeder nur für die Angelegenheit

ein, die ihn unmittelbar betrifft.» An dieser Stelle des Gesprächs wird deutlich, dass Roberts nicht nur müde, sondern auch enttäuscht ist. Vom Staat, der den Traum von einem besseren Südafrika bis heute nicht verwirklichen konnte, und von der neuen Protestgeneration, die ihre eigenen Bedürfnisse über das Ideal der Solidarität stellt. Trotzdem gibt er nicht auf. Er will den jungen Unzufriedenen zeigen, wie man durch gewaltfreie Proteste Ziele erreichen kann. Sein Buch soll als Anleitung dafür dienen. Es ist jedoch in einem Schweizer Verlag auf Deutsch erschienen. In Südafrika konnte kein Verleger gefunden werden, der sich dieser Würdigung der stillen Heldinnen und Helden annehmen wollte.


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Für 2.50 Franken einem anderen Menschen eine Freude bereiten. Das Konzept des «caffè sospeso» ist erstaunlich einfach. Dennoch scheint es in der Schweiz nicht zu funktionieren. Das liegt allerdings nicht daran, dass hier niemand einen Kaffee umsonst brauchen könnte.

Text: Philipp Feldhusen und Peer Gahmert Bild: Katharina Good

Text: Yara Gut Bild: Oliver Hochstrasser

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