ECM / DMS topsoft Fachmagazin 18-3
Digitalisierung: Wie beschafft man eine ECM/DMS Lösung? Die Digitalisierung beginnt bei der elektronischen Datenhaltung. Neben ERP-Systemen bilden ECM/DMS Lösungen darum einen wichtigen und entscheidenden Baustein für den Erfolg. Oftmals werden aber ECM/DMS Produkte wie «normale» Software beschafft, ohne zu verstehen, dass deren Einführung weitreichende Konsequenzen hat. Dieser Artikel beschreibt das richtige Vorgehen bei der Beschaffung und die Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Einführung. >> Dr. Bruno Wildhaber | krm.swiss
Die Digitalisierung fordert den Wechsel vom analogen zum digitalen Primat. Was verstehen wir darunter? Es geht darum, dass die Datenhaltung optimiert wird und die analogen Träger möglichst eliminiert werden, bzw. analoge Daten in digitale Daten überführt werden. Gleichzeitig will man damit ermöglichen, dass die Datenhaltung kontrolliert wird und vor allem die Unmengen von überflüssigen Daten über die Zeit verschwinden. Heute geht man davon aus, dass rund 70% aller gespeicherten Daten einer Organisation veraltet sind oder aus anderen Gründen nicht mehr gespeichert werden müssten. Dies bedeutet ein riesiges Einsparungspotenzial, welches heute kaum genutzt wird. Die Fähigkeit, Informationen zu beherrschen, wird Information Governance genannt. ECM/DMS Lösungen bilden einen wichtigen Baustein für die Transformation papiergebundener Prozesse in die digitale Welt. Das Marktforschungsunternehmen MSM führt in diesem Jahr gemeinsam mit dem KRM eine ECM/DMS Produktstudie für die Schweiz durch.
Organisationen sind wie Elefanten Sie sind lebende Organismen, die Daten als Grundstoff benötigen. Doch im Gegensatz zum Elefanten haben Sie die unangenehme Angewohnheit, dass sie Daten ungefiltert aufnehmen und diese auch nicht vernichten. Das ist ein primäres Ziel der Beschaffung eines ECM/DMS Systems: Es ermöglicht die Kontrolle der Daten Lebenszyklen und damit auch deren Nutzung für digitalisierte Geschäftsprozesse oder zur Erfüllung rechtlicher Anforderungen. Das beste Beispiel dazu ist die Datenschutz Grundverordnung (DS-GVO), die eine umfassende Kontrolle über Personendaten 4
fordert. Dies ist ohne zusätzliche Technologie nicht machbar.
Was kann eine ECM/DMS Lösung? ECM/DMS Lösungen führen zusammen, was zusammengehört. Sie dienen als zentraler Hub für die Datenverwaltung und sind entsprechend mächtig. Das bedeutet, dass man bei der Beschaffung und Einführung solcher Systeme sehr grosse Sorgfalt an den Tag legen muss. Es geht hier nicht um die Beschaffung einer simplen Software, sondern um die gleichzeitige Umstellung des Unternehmens in Richtung digitales Primat! Damit ist auch schon gesagt, dass im Rahmen der Evaluation die Vorarbeiten eine wichtige Rolle spielen. Gleichzeitig wird damit auch klar, dass bei der Umsetzung insbesondere die kommunikativen Faktoren entscheidend sind. Ohne umfassende Vorausplanung und ohne eine gute Einführung sind solche Lösung zum Scheitern verurteilt.
Darf ich überhaupt? Die Schweiz kann von der komfortablen Situation profitieren, dass praktisch alle Daten elektronisch gehalten werden dürfen. Gesetzliche Ausnahmen gibt es nur ganz wenige, hingegen gibt es in den Organisationen noch immer viele Bedenkenträger «die Daten lieber noch auf Papier hätten», was rechtlich gesehen, mit Verlaub, Blödsinn ist. Allerdings sind die Anforderungen an die elektronischen Archive im Vergleich zum Ausland sehr hoch. Die Geschäftsbücherverordnung kennt klare Kriterien, wann ein Archiv gesetzeskonform ist. So reicht z.B. das langfristige Speichern der Daten in einem ERP nicht zur Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften, gefordert ist ein selbsttragendes Archiv, welches
auch dann noch funktioniert, wenn das Liefersystem schon längst nicht mehr verfügbar ist. Vergessen Sie den Begriff revisionssicher! Er existiert im Schweizer Recht nicht und ist eine Kreation der ECM/DMS Industrie. Da die Verunsicherung im Markt gross ist, prüft das KRM seit 2017 Produkte auf ihre GeBüV Konformität und stellt ein Zertifikat aus, welches auf unserer Website publiziert ist.
Anbieterszene und Auswahlkriterien Die Anbieterszene ist riesig. Im Gegensatz zu anderen Produkten, ist der ECM/DMS Markt sehr fragmentiert und zeichnet sich durch eine Vielzahl unterschiedlichster Anbieter aus (ca. 200). Viele dieser Anbieter stammen aus dem mittelständischen Umfeld und spezialisieren sich auf bestimmte Lösungen. Der Kunde hat folglich die Qual der Wahl. Sie können davon ausgehen, dass bei einer professionellen Evaluation mindestens zehn Anbieter auf der Longlist landen werden. Aus dieser gilt es dann, die drei geeignetsten Kandidaten auszuwählen und einzuladen.
Der Autor Dr. iur Bruno Wildhaber ist Unternehmer, Mitgründer des KRM (krm.swiss), dessen Geschäftsführer und Mitverfasser der Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) sowie verschiedener Fachpublikationen zu den Themen Informationssicherheit, Records Management und Datenschutz.