9 Der geheime Krieg in Portugal Im Mai 1926 führte General Gomes da Costa in Portugal einen Staatsstreich durch. Da mit war sowohl die Verfassung als auch das Parlament abgeschafft und das Land in eine Diktatur umgewandelt. Nach dem Putsch kam der Diktator Salazar an die Macht. Wäh rend des Spanischen Bürgerkriegs unterstützte Salazar den rechtsgerichteten Diktator Franco im benachbarten Spanien mit Truppen und Nachschub. Danach garantierten die beiden Diktatoren in einer strategischen rechtsgerichteten Allianz gegenüber Hitler und Mussolini, daß sie im Zweiten Weltkrieg neutral bleiben würden. Spanien und Portugal sicherten Hitler dadurch seinen »Rücken«, also die Westfront. Die vier Diktatoren wa ren sich einig, daß der Kommunismus sowohl in der Sowjetunion als auch in den eige nen Ländern bekämpft und besiegt werden müsse. Als die Sowjetunion siegreich aus dem Zweiten Weltkrieg hervorging und sowohl Hit ler als auch Mussolini besiegt waren, befanden sich Salazar und auch Franco 1945 in ei ner heiklen Situation. Doch als die Vereinigten Staaten unter Präsident Truman weiter hin weltweit gegen den Kommunismus kämpften, erhielten die beiden Diktatoren auf der iberischen Halbinsel zumindest die stille Unterstützung von Washington und Lon don. Obwohl Salazar den Putsch in Spanien unterstützt hatte und trotz seiner Allianz mit Hitler und Mussolini gelang es Portugal zur Überraschung vieler, 1949 zu den Gründungsmitgliedern der NATO zu zählen. Danach regierte Salazar Portugal fast vier Jahrzehnte lang allein, bis er im Jahr 1970 starb, worauf das Land mit der Umwandlung zu einem demokratischen Staat beginnen konnte und schließlich auch Mitglied der Eu ropäischen Union wurde. So wie in den rechten Diktaturen Lateinamerikas oder in Francos Polizeistaat wurde auch die Bevölkerung Portugals von einem Sicherheitsapparat kontrolliert, der ohne Transparenz und jenseits der parlamentarischen Kontrolle arbeitete. Geheime Kriegs führung gegen die politische Opposition und den Kommunismus waren deshalb unter Salazars Regentschaft weit verbreitet. Die Operationen wurden von einer Reihe von Ge heimdiensten und Organen ausgeführt, hauptsächlich jedoch vom portugiesischen mili tärischen Geheimdienst PIDE (Policia Internacional e de Defesa do Estado). Da es keine detaillierte parlamentarische Untersuchung des rechtsgerichteten Netzwerks und der geheimen Operationen der portugiesischen Diktatur gab, bleiben die Verbin dungen zur antikommunistischen Stay-behind-Armee der NATO vage und mysteriös. Die Existenz geheimer, mit der CIA und der NATO in Verbindung stehender Armeen in Portugal wurde erstmals im Jahr 1990 nach der Entlarvung des italienischen GladioStay-behinds aufgedeckt. In Portugal berichtete ein Lissabonner Radiosender, daß Zellen des Netzwerks, die mit der Operation Gladio in Verbindung standen, während der 50er Jahre aktiv waren, um die rechte Diktatur von Dr. Salazar zu verteidigen.1
Fünf Jahre später behauptete der amerikanische Autor Michael Parenti ohne Quellenan gabe, daß Gladio-Aktivisten »geholfen haben, in Portugal ein faschistisches Regime zu errichten«.2 Etwas genauer war die einheimische Presse, welche im Jahr 1990 berichtete, daß die ge heime Armee in Portugal angeblich »Aginter Press« genannt wurde. Unter dem Titel »Gladio war in Portugal aktiv« informierte die portugiesische Tageszeitung O Jornal die verblüffte Öffentlichkeit des Landes, daß das geheime Netzwerk, das am Busen der NATO eingerichtet und von der CIA fi nanziert wurde und dessen Existenz erst kürzlich von Giulio Andreotti enthüllt wurde, in den 60er- und 70er Jahren auch in Portugal eine Abteilung hatte. Sie wurde »Aginter Press« genannt
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