Florenz und Toskana
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Florenz
e un po ´di Toscana
Ein Reiseverführer von Ulrich van Stipriaan 1
STIPvisiten Florenz in Bildern Eindrücke in Bildern – die Fotostrecke über 14 Seiten Seite 4
Aus dem
Inhalt
Spaziergänge durch Florenz. Zuerst rechts vom Fluss. Hercules – hier im Bild hat er gerade Cacus ein wenig malträtiert – ist nur einer von vielen, die im offenen Raum stehen. Florenz geizt nicht mit Kunst. Man kann sie im Vorübergehen genießen, rund um die Uhr und ohne Eintritt zu zahlen! Seite 20
Vasarikorridor Ein überdachter Gang zur Arbeit, mit Kirche und Brücke übern Fluss. Ein spannender Spaziergang zur Kunst. Seite 36
Zweiter Spaziergang. Links vom Fluss. Sex with a view, aber sehr statisch. Und wir haben zugesehen, beim Besuch des Giardino Bardini Seite 26
Der Dom Beeindruckend in seinen Dimensionen, unten im Langhaus und oben in der Kuppel. Seite 42 Dritter Spaziergang. Kunst und Genuss. Florenz steckt so voller Kunst, dass man eher die Qual der Wahl hat… Seite 52
Vierter Spaziergang. Wichtiges im Vorübergehen. Seite 58 Armonia – Beim Friseur Seite 62
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Fünfter Spaziergang: Mehr Kunst Fortsetzung der Kunst-Besuche in der Stadt – von der temporären Ausstellung mit Männer bildern auf der Piazza della Santissima Annunziata über Fra Angelos Kloster-Gemälden bis zum Original des David von Michelangelo. Seite 64
Florenz und Toskana Toskana Auch der Toskana-Teil beginnt mit einer 14seitigen Bilderstrecke Seite 73
Massa Marittima Ein schöner Platz, ein fast tausendjähriger Dom, eine hervorragende Aussicht von der Oberstadt Seite 96
Monteriggioni Die alte Festung auf dem 200 Meter hohen Hügel Monte Ala gibt sich heute nahezu so wie vor 600 Jahren Seite 108
Unterwegs im Mittelalter San Gimignano, die Stadt der hundert Türme! Seite 92 …mit einem Beitrag über die Tücken eines Parkautomaten Seite 95
Kunst im Castello Seite 90 San Galgano Seite 102 Badia a Passignano und San Donato Seite 106 Etwas für geneigte Leser Seite 126
Colle di Val d‘Elsa Wer an dieser Stadt vorbeifährt, hat selber Schuld: Glasbläser, eine feine Enoteca und gute Restaurants, alles verteilt auf zwei Hügeln Seite 112
Restaurant-Besuche Was gibt es Schöneres, als eine gute Küche zu erkunden? Na klar: mehrere zu finden! Eine kleine Hilfestellung Seite 130
Impressum STIPvisiten von Ulrich van Stipriaan (Texte und Bilder) Band 4: Florenz und Toskana Die Reisenotizen und Fotos vom Januar und September 2010 erschienen zuerst bei Ipernity: http://stip.ipernity.com http://stipvisiten.de | uvs@stipvisiten.de 3 2
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Anreise: Abflug im Schnee – Ankunft bei Regen Das Tief Daisy war noch eine lahme Ente, ganz normaler Winter mit funktionierendem Winterdienst – wir kamen um eine Minute nach neun beim Parkplatz an (vorsichtshalber hatten wir uns nicht auf die Bahn als Zubringer verlassen). Der Parkplatzwächter fand die eine Minute Verspätung nicht schlimm und brachte uns zum Flieger. EasyJet startet von einem Terminal nahezu ohne Sitzplätze. Wenn man‘s weiß, halb so schlimm, dann kann man unten noch einen Kaffee trinken. Nach der Security kommt man direkt in den Antischnäppchenbereich, der früher Duty Free hieß. Abflug Gate 64, das ist zu Fuß halbwegs schon in Florenz, unten direkt am Rollfeld. Billiges Fliegen hat was mit der Aufgabe von Würde zu tun, macht aber unheimlich Spaß. Der Abflug verzögert sich, weil die Startbahn enteist werden muss und dann vor dem Start auch die Flugzeuge. Keiner murrt, denn einmal so ordentlich an- und abgespritzt zu werden ist mal ein neues Erlebnis. Allerdings friert das Enteisungszeugs am Fenster an, was einem schon zu denken gibt. Über den Wolken scheint die Sonne, aber der Blick nach draußen ist eisverschleiert. Bei der Ankunft in Pisa ist es dort grau unter den Wolken. Dafür kann man nun wieder durchs Fenster sehen und erste Blicke auf die toskanische Landschaft werfen. Hunde sieht
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man nicht, und nach dem Einsammeln des Koffers wissen wir auch warum: Bei dem Wetter jagt man keinen Hund vor die Tür. Andererseits sagen die Engländer ja, dass es cats and dogs regnet, also müssten die ja zuhauf auf den Straßen von Pisa herumliegen. Wir können das Problem nicht lösen und kaufen, weil wir zwar über Schirme gesprochen, aber sie zu Hause liegen gelassen hatten, welche bei fliegenden Händlern im Bahnhof. Die Händler fliegen natürlich nicht, sondern kommen auf uns zu – alle sind Farbige und werden politisch völlig unkorrekt, aber liebevoll gemeint, von uns Regenschirmneger genannt. Ein Schirm des Formates „Knirps“ kostet vier Euro (Regenpreis – bei Trockenwetter drei Euro), er hält ungefähr so lange wie es dauert, ein Glas Wein zu 5 Euro zu trinken. Mit anderen Worten: Die Schirme dort waren echte Schnäppchen. Ganz Pisa lief mit solchen Modellen herum, und etliche sah man, umgestülpt, mit abgebrochenen Speichen oder sonstwie desolat verformt, in irgendwelchen Ecken an den Straßen der Stadt herumliegen. Pisa im Regen ist ungefähr so prickelnd wie [Name der Stadt einfügen, in der Sie dies lesen, selbst wenn es Bitterfeld oder Gelsenkirchen-Buer ist]. Bei Sonne sieht eben doch alles besser aus, und dank einiger Windböen hat‘s den Schirm auch schon zerschreddert. Wir stapfen durch die Straßen und haben ein Ziel, am anderen Ende der Stadt: Den Turm von Pisa! Der berühmte Turm ist allwetter-
schief, und ganz kreative Touristen suchen lachend einen Ort weit genug von ihm entfernt, wo sie mit einiger Körperverrenkung scheinbar den Turm stützen, um so Schlimmeres zu verhindern. Das Sich-zum-Obst machen beherrschen alle, am besten aber giggelnde englische und japanische Teenies. Der Zug bringt uns in einer Stunde nach Florenz. Vor der Ferienwohnung erwartet uns schon ein Florentiner Gentleman. Er trägt seinen schönen Schal ganz lässig und parliert italienisch, wie man es von einem Italiener nicht anders erwartet. Ausnahmsweise war uns das egal – Sylkes Tochter Claudia studiert gerade in Florenz, kann italienisch und dolmetscht alles. Die Wohnung liegt mitten im Zentrum. Man kommt rein, ist in der Küche und kann dann lange laufen, um zum einen oder anderen Schlafzimmer zu gelangen. Irgendwo dazwischen liegt das Bad – ein lustiger Schnitt. Aus jedem Zimmer kann man über Dächer der Altstadt sehen, aus einem sogar den Turm vom Palazzo Vecchio. Und wenn man dann später wieder runter geht, sieht man auch die wunderschönen Fliesen, für die es (wegen des Schals) vorher gar keine Zeit gab. Unser erstes florentinisches Abendessen führte uns in ein Restaurant, das zu finden nicht einfach ist und in das hineinzugehen sogar wir uns nicht getraut hätten, wenn wir nicht Claudia als local guide gehabt hätten. Aber das ist eine eigene Geschichte...
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Erster Spaziergang rechts vom Fluss Das erste Frühstück in Florenz brachten wir dann gleich mal so hinter uns, wie man es nicht machen sollte: In einer Frühstücksbar in einem tollen palazzo, wo die Mädel hinter der der Theke das Italienischste waren, was das Haus zu bieten hatte. Inklusive Hinsetzen, was man ja eigentlich auch nicht macht, war das irgendwie zu teuer und launeverderbend. An den folgenden Tagen gingen wir dann in die nahezu touristenfreie unscheinbare Bar um die Ecke, wo es die gleiche Order für ein Drittel des Preises gab. Aber egal! Die Ferienwohnung liegt zentral: direkt hinter den Uffizien, nahe am Palazzo Vecchio – und wer Florenz kennt, weiß, dass es dann auch nicht weit zum Fluss ist. Der Arno führt Hochwasser, allerdings kein dramatisches. Einfach viel Wasser – irgendwo muss das Zeugs, das uns von oben beglückt, ja hinfließen. Aber es ist noch Platz unter der Brücke, die sie die alte nennen: Ponte Vecchio. Ein echtes und nicht so harmloses Hochwasser 1333 zerstörte eine Holzbrücke, die den Arno an dieser Stelle überquerte. Wir wissen nicht, ob es einen Streit um die neue Brücke gab, die dann gebaut werden sollte – aber in den kommenden zwölf Jahren entstand eine Brücke aus Stein, die so ganz anders war als
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die zuvor: Eine Segmentbogenbrücke, eine der ältesten weltweit. Und quasi von Anfang an gibt‘s Häuser auf der Brücke: Seit 1345 stehen sie dort, früher als Arbeitsplatz für Schlachter und Gerber. Beide Berufsstände ergänzten sich zwar prima (die einen das Fleisch, die anderen die Haut), waren aber bekannt für ihr keineswegs geruchsfreies Gewerbe: Die Schlachter warfen ihre stinkenden Abfälle in den Arno, die Gerber wuschen ihre Tierhäute aus. Irgendwann, genauer: 1593, stank den Florentinern das ursprüngliche Brückengewerbe und sie beschlossen Besserung. Seitdem beherrschen Goldschmiede die Brücke, was ja irgendwie auch besser zum stinkreichen Florenz passt. Alt ist nicht nur die Brücke, alt ist auch der Palast gleich in der Nähe: Der Palazzo Vecchio hieß, als man noch nicht auf sein hohes Alter rekurrieren konnte, Palazzo della Signoria. Die Signoria war die Regierung der Republik, oder, wie die Wikipedia schreibt: Der Begriff bezeichnet dabei die faktische Regierungsform, bei der ein „starker Mann“ (signore) an der Spitze stand. Der Platz vor dem Palazzo heißt dann auch Piazza della Signoria, und wie wir gelernt haben, ist es ein Signore, der zur Signoria führt. Einer der schönsten Plätze Italiens sei es, lese ich, und denke: Das gilt sicher nur bei schönem Wetter, denn so grau in grau hinterlässt la piazza einen eher durch-
schnittlichen Eindruck. Der Platz, wohlgemerkt, nicht die Gebäude drumherum. Da ist natürlich zuallererst der Palazzo. Er ist wirklich alt: 1299 wurde mit dem Bau begonnen, und seine Funktion als Parlaments gebäude und Hotel für die Parlamentarier erfüllte er seit 1314. Das mit dem Hotel ist erklärungsbedürftig: Die Ratsmänner tagten nicht nur im Palast (im 1. Geschoss), sie wohnten auch dort (in der zweiten Etage). Angeblich half das gegen Bestechung und äußeren Einfluss – aber ob‘s wirklich geklappt hat? Der Palast ist prächtig ausgestattet und mit seinem 94 Meter hohen Turm auch von Außen ein Hingucker. Dass dann vor dem Hauptportal, dem Löwentor, noch sehenswerte Kunst steht, ist sicher kein Zufall: Michelangelos David zur Linken ist eine Kopie, weil das Original mittlerweile nicht mehr draußen steht, sondern in der Accademia. Aber ursprünglich schmückte das Original den Platz: Am 8. September 1504 wurde es dort aufgestellt und blieb dort bis 1878 stehen. Die Kopie wurde übrigens erst 1910 aufgestellt (hurra, ein Jubiläum in diesem Jahr!). Zur Rechten wird der Eingang von einem gleich großen, wenngleich auch nicht gleich großartigen Werk geschmückt: Der Bildhauer Baccio Bandinelli schuf „Herkules und Cacus“.
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STIPvisiten Auch wenn einige Kunsthistoriker meckern und es „mittelmäßig“ nennen: Die Statue ist schon ein Hingucker. Vor allem die Gesichtszüge des siegreichen Herkules und des verzweifelten Cacus haben es in sich. Dann war da aber noch was, was wir (ohne befriedigendem Ergebnis) ausführlich diskutiert haben, zu dem ich in der einschlägigen Literatur aber auch nichts gefunden habe. Irgendwie, denke ich, hat dieser Cacus ein Loch zuviel in seinem Geschlecht. Oder habe ich da was verpasst im Aufklärungsunterricht? Egal, und unabhängig davon: Dieser Bandinelli war zwar einer der „formgewandtesten Bildhauer seiner Zeit“ (Brockhaus Konversationslexikon 1902-1910), muss aber ein ziemliches Schlitzohr gewesen sein. Er ließ die Ahnentafel fälschen, um in den Ritterstand erhoben zu werden und war wohl auch sonst eher ein unleidlicher Typ. Aus einem anderen alten Werk (Friedrich Müller, Die Künstler aller Zeiten und Völker, 1857) zitiere ich einmal leicht gekürzt: „In Bandinelli‘s Charakter vereinigten sich auf die abstoßendste Weise Selbstüberschätzung und Hochmut gegen niedrigere oder gleichstehende, mit Neid und Hass gegen ausgezeichnetere Künstler (...), masslose Eitelkeit und Anmaßung mit einer unersättlichen Begierde nach Geld und Ruhm, die ihm keine Ruhe ließ, durch Intrigen aller Art ändern Kunstgenossen oft bereits übertragene Arbeiten abwendig zu machen.“ Kunst im freien Raum scheint in Florenz normal zu sein: Gleich rechts neben dem Palazzo Vecchio befinden sich die Loggia dei Lanzi, ein Arkadenbau aus dem 14. Jahrhundert, in dem – der Öffentlichkeit immer kostenlos zugänglich – Statuen aus den Uffizien gezeigt werden. Der gar schröckliche Perseus mit dem Haupt der Medusa und immer wieder gern gesehene Raub der Sabinerinnen open air - nicht schlecht. Wachleute haben übrigens rund um die Uhr ein Auge auf die Kunst; nachts sahen wir sie im Auto vor der Loggia, damit‘s nicht allzu kalt wurde... Was hat der Platz sonst noch zu bieten? Er soll immerhin einer der schönsten sein! Nuuuuun, vielleicht bei schönem Wetter, aber das haben wir uns ja für den nächsten Besuch aufgespart. Also nahmen wir mit einem richtigen Seelentröster vorlieb: Im Rivoire
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STIPvisiten bekommt man die beste heiße Schokolade des Universums – mindestens. Auf jeden Fall die beste am Piazza della Signoria, und das seit 1872! Das Rezept ist natürlich geheim, aber der Tipp, lediglich 2,50 statt sechs Euro für ein Tässchen zu bezahlen, hiermit veröf-
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fentlicht: Um Gottes Willen nicht hinsetzen, sondern an der Bar stehend genießen! Und ein Genuss ist diese heiße dickflüssige süße Masse schon. Wie dick dickflüssig ist? Na, ganz einfach: Als die Tasse leer war, spülte ich sie mit zwei Schuss Milch aus. Und hatte
einen perfekten Kakao nach Art der deutschen Cafés in der Tasse! Rivoire Piazza della Signoria 4R · Firenze http://www.rivoire.it
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Zweiter Spaziergang: Links vom Fluss Einmal unterm Vasarikorridor entlang und dann über die Ponte Vecchio auf die andere Seite des Arno gehen! Wir sind dann Altrarno (manche sagen auch „Oltrarno“), was nichts anderes heißt als „auf der anderen Seite des Arno“. Und da ist es erst einmal nett. Die Straße Borgo San Jacopo verläuft parallel zum Arno, und wenn man ein wenig aufpasst, findet man einen Weg zwischen den Häusern und kann an den Fluss – zum Beispiel beim Restaurant Il Ristoro. Der Abstecher lohnt, denn man kann erstens die Ponte Vecchio einmal von der anderen Flussseite sehen und zweitens die Häuser am anderen Ufer studieren. Die Straße gibt es von der Grundstruktur fast tausend Jahre, und irgendwie hat sie ihren mittelalterlichen Charme in die Neuzeit retten können. Am Weg liegt die griechisch-orthodoxe Sacra Chiesa Di San Jacopo Apostolo. Von außen macht die Kirche einen eher unscheinbaren Eindruck, aber das zählt
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STIPvisiten ja nicht. Im Inneren findet sich ein wunderbarer Stilmix von der Romanik bis zum Barock, der sich halt ergibt, wenn ein Gebäude in Würde altert. Die romanische Kirche aus dem 12. Jahrhundert wurde immer wieder umbaut und überformt: Der jeweils aktuelle Zeitgeist ist ein flüchtig Wesen und macht auch vor Kirchen nicht halt. Unser eigentliches erstes Ziel (außer dem Weg, der ja immer unser Ziel ist!), sollte Santo Spiroto sein. Aber es war doch Sonntag! Da haben Kirchen aus Vereinsgründen für Touristen geschlossen! Aber draußen vor der Kirche ist die Piazza Santo Spirito, auf der die Flohmarktbeschicker frieren und – wie üblich – keine Flöhe verkaufen, sondern allerlei anderen Tinneff. Schmuck, Bücher, Hut bedeckungen sind da noch die brauchbarsten Dinge.
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STIPvisiten Zum Palazzo Pitti ist es nicht weit. Wir aber nicht rein in diesen Palast, der (wahrscheinlich gebaut nach Plänen von Filippo Brunelleschi, der damals in Florenz fast überall seine Architektenhände mit im Spiel hatte) für den Kaufmann Pitti gebaut wurde, sondern nur durch und ab in den Garten. Was den Dresdnern der Barockpark von Großsedlitz ist, könnte den Florentinern ihr Boboli-Garten sein: Groß, mit vielen romantischen Wegen, zahlreichen Blickachsen und immer wieder versteckten Statuen. Natürlich gibt es Aussichtspunkte auf die Stadt, die einem das WOW im Halse ersticken lassen, wie beispielsweise vom „Kaffeehaus“ aus (ja, das heißt wirklich so). Das ist was für einen zweiten Besuch, mit mehr Zeit und mehr Sonne! Stundenlang hätte man sich hier noch herumtreiben lassen können – aber es drohte die Dämmerung, und wir wollten noch einen weiteren Garten durchstreifen sowie zur blauen Stunde den Haupttreffpunkt der Florenzam-Abend-Fotografen erreichen. Also raus aus den Boboli und gar nicht so weit davon rein in den Giardino Bardini. Auch hier gibt‘s ein Kaffeehaus, aber die Dinger heißen nur so, denn zumindest im Januar gab‘s dort nichts zu trinken. Schade eigentlich, denn die Aussicht ist grandios. Gleich hinter den Kolonnen des Kaffeehauses trieben es zwei miteinander, aber weil sie Kunst sind und nicht mehr leben, nimmt keiner daran Anstoß. Immerhin gilt zu vermerken, dass dies, an einem lauwarmen Sommerabend, sicher eine vorzügliche località für nette Augenblicke zu sein scheint. Wir waren die einzigen drei Besucher(innen) des Gartens, und da fanden wir es schon bemerkenswert, wie eine Lautsprecherdurchsage immer individueller wurde: Der Park würde schließen, und eventuell noch vorhandene Besucher möchten sich bitte un-ver-züg-lich aus demselben begeben, weil sie ja sonst dort gefangen wären und angesichts einschlägiger Skulpturen auf dumme Gedanken kommen könnten. Naja, ganz so haben sie es nicht gesagt, aber direkt angesprochen haben sie uns schon. Sehr nett! Und überflüssig: Drei Minuten vor Schließzeit schleuderten wir dem Personal am Ausgang ein freundliches „ciao!“ entgegen. Die Gartenschlenderei hat uns wieder nahezu auf Fluss-Niveau gebracht, so dass es mal wieder hügelan geht, und zwar auf einem abenteuerlichen (weil glitschigglatten) Weg, der allerdings sehr schöne Aussichten bietet: Voraus links oben das Ziel, San Miniato al Monte. Hinter uns rechts Florenz mit der mittlerweile vertrauten Turm-und-Kuppel-Silhouette. Aber erst einmal: Nicht ausrutschen!
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STIPvisiten Puh, heil angekommen oben auf dem Hügel. Kurz vorher noch durch eine schnuckelige Siedlung mit alten Wohnhäusern gelaufen. Die haben dort eine gute Lage erwischt. Aber noch feiner ist die Lage von San Miniato, und nicht nur die Lage hat es in sich: die Kirche gilt als eine der schönsten Italiens. Wer sich für Architektur interessiert, kann hier eine Menge sehen und/oder lernen. Neben uns stand ein ganzer Haufen offensichtlich interessierter Menschen im Studentenalter, die sich von einem Jüngling im astreinen amerikanischen Übertreibungsstil die Feinheiten erklären ließen. Der Mann hatte Ahnung, auch wenn vieles reichlich pointiert klang. Also: Wer sich für Inkrustation oder die Protorenaissance interessiert, kann die Begriffen googeln und die nächsten 20 Minuten mit interessanter Lektüre abschreiben... Den Innenbesuch mussten wir uns (wir hatten doch keine Zeit: Blaue Stunde!) aufsparen für den nächsten Besuch, weiter zum Piazzale Michelangelo! Das ist so eine Art Balkon von Florenz: Die Stadt liegt einem zu Füßen. Den Platz gibt es seit 1865, und an zentraler Stelle steht Michelangelos David. Um ihn herum fliegende Händler mit jedem nur erdenklichen Tand, wie man es von touristischen Plätzen erwartet. Wer hier kauft, hat selber Schuld und es nicht besser verdient. Lobend ist allerdings zu erwähnen, dass kein Händler aufdringlich war – sie hatten sich in ihr Schicksal ergeben, dass die (wenigen) Leute nicht ihretwegen gekommen waren.
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Der Vasarikorridor Dass es in Florenz auch mal regnen kann, haben wir selbst erfahren dürfen. Unsereins kann ja nicht viel dagegen tun, so als Gast in der Stadt und sowieso irgendwie nicht so wichtiger Typ. Die Medici hatten da schon einen ganz anderen Stand – und wenn man einen Weg von gut einem Kilometer hat, um von Zuhause zur Arbeitsstätte zu kommen, dann kann das bei bösem Wetter schon ganz schön unwirtlich sein.
nicht alles sein, und so behängte man später (seit dem 17. Jahrhundert) die Wände einfach mit Gemälden, einen Kilometer hin und einen her. Und da hängt nicht irgendwas! Etwa tausend Meisterwerke und Selbstportraits, unter anderem von Dürer, Velasquez und Chagall drängeln sich an den Wänden und machen den Gang über den Fluss zu einem ganz besonderen Erlebnis.
der Schlachter und Gerber, doch dem Vernehmen nach waren die im Korridor über die Brücke wandelnden Medici nicht amüsiert über die Düfte, die beide Gewerbe dort unten produzierten. Daher gibt es seit 1593 weniger anrüchig und auch für die Tourismusindustrie weitaus förderlicher Goldmacher auf der Brücke. Wofür so ein sensibles Fürstennäschen nicht alles gut ist!
Eigentlich hatte Cosimo I. nur an eine exklusive ruhige Verbindung zwischen Regierungspalast und Residenz gedacht – trocken bei Regen, schattig bei Sonne, und immer oberhalb vom Trubel der Stadt. Es ergab sich aber dannnoch eine andere Sache, die ganz angenehm für den Regierenden war: Man konnte von oben unerkannt denen lauschen, die unten unbekümmert schwätzen: Der große Lauschangriff Anno 1565!
An dieser Stelle sollte man vielleicht wissen, dass der Vasarikorridor nicht allgemein zugänglich ist; wir hatten dank bester Beziehungen das Privileg einer Privatführung und genossen dabei nicht nur die fachkundigen Erklärungen, sondern auch die ungewohnten Blicke auf die Stadt. Begonnen haben wir den Spaziergang in den Uffizien. Von dort führt eine Treppe hinab, bei der ein Blick nach oben lohnt, weil es dort schöne Deckengemälde gibt.
Am anderen Ufer des Arno erleben wir die nächste Überraschung: Der Korridor führt mitten durch die Kirche Santa Felicita. Na gut, nicht mitten hindurch, sondern schon am Rand entlang: Es gibt eine Loge mit Blick auf den Altar: damit die Höhergestellten unabhängig vom Fußvolk dem Gottesdienst folgen konnten.
Gebaut hat den Gang Giorgio Vasari, ein Multitalent seiner Zeit: Er war Architekt, Maler, Schreiber (er war Biograf unter anderem von Michelangelo, da Vinci und Raffael) und Kunstkritiker. Den Korridor schuf er (wahrscheinlich mit Hilfe zahlreicher Bauleute, aber von denen liest man ja nie etwas) in nur fünf Monaten. Allerdings war er zuerst nackt – der Korridor. Aber irgendwie konnte das doch
Hat man das Korridor-Niveau erreicht, geht es kurz über die Uferstraße des Arno und dann parallel zum Fluss Richtung Brücke. Den Weg kannten wir schon von einer Etage tiefer – da sieht der Korridor nämlich auch recht attraktiv aus mit seinen Bögen. An der Ponte Vecchio kickt der Korridor scharf nach links ab und führt dann über die Brücke. Die war früher, weil das Wasser so schön nahe war, Heimat
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Ja, so war das damals. ...und dann ist auch schon gleich Schluss: Noch zweimal um die Ecke und der andere Eingang bzw. Ausgang ist erreicht, man landet in den Boboli Gärten gleich neben Buontalentis Grotte. Die künstliche Tropfsteinhöhe ist ein wunderbares Beispiel, um den Begriff des Manierismus zu erklären – das geht nämlich entweder nur sehr theoretisch oder mit Händen und Füßen und Anschauungsmaterial wie in dieser Grotte!
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Der Dom Kirchen sind ja meist so gebaut, dass man sie gut sehen kann – schließlich sollen sie gefunden werden. Unter den (bitte das passende Adjektiv aussuchen, alle Beispiele habe ich in Quellen bei der Suche nach Zahl der Kirchen in Florenz gefunden:) unzähligen / zahllosen / enorm vielen Kirchen der Stadt gibt es aber eine, um die man nicht herum kommt (obschon man gut um sie herumlaufen kann): Santa Maria del Fiore, der Dom von Florenz.
lich hart an der Wahrheit) formulieren darf: Die beiden Kirchen hätten zur Ausübung der Religion an der Stelle durchaus gereicht. Aber hatten nicht Venedig, Pisa und sogar Siena mittlerweile Großes geschaffen, um Gott zu ehren und die eigene Macht zu mehren? Also musste etwas ganz Besonderes her! Das war 1296 – und der Bau begann alsbald. Eine etwas größere Kirche umhüllte die noch intakte vorhandene Santa Seperata.
„Mit einer Länge von 153 m und einer Breite von 38 m ist der Florentiner Dom nach der Peterskirche in Rom, der Londoner Saint Paul‘s Cathedral und dem Mailänder Dom die viertgrößte Kirche der Christenheit“, schreibt archINFORM. Andere haben andere Messlatten: Das Urlaubermagazin kommt auf „Länge 160,45 m, Breite 43 m im Langhaus, 91 m im Querschiff, Fassadenhöhe 50 m, Höhe der Kuppel 114,36 m, Durchmesser der Kuppel 45,52 m“, kann aber auch nicht richtig deutsch („Die Kirche weißt eine Gesamtfläche von 8300 Quadratmeter auf“). Da glauben wir mal eher dem Architektur-Portal...
Aber insgesamt ging es nicht so richtig los – es gab doch so viel zu tun, um der Welt zu zeigen, wie toll man sei: 1299 wurde der Palazzo Vecchio begonnen, das Zentrum der weltlichen Macht. Und um eine Stadtmauer musste man sich auch noch kümmern. Nach dem Tod des Architekten Arnolfo di Cambio ging‘s da nicht so richtig voran mit dem Dom. Bis da auftritt der Herr Giotto, den man als Wegbereiter der italienischen Renaissance bezeichnet. Er wollte hoch hinaus und hatte wenig Zeit (Giotto war 68, als er Dombaumeister wurde): Die überschaubare Aufgabe, die es zu erledigen galt, sollte der Campanile sein. In einer Flucht mit der Westfront des Domes sollte er nach Giottos Plänen 110 bis 115 Meter hoch werden. Doch auch Giotto starb, bevor das Werk vollendet wurde, aus den 115 wurden dann 85 Meter Höhe, wenn auch sehr nett anzusehende. Hoch kann man da auch: 414 Stufen – und von oben kann
Der Dom steht (man möchte sagen: natürlich) an einer Stelle, wo es „schon immer“ eine Kirche gab. Santa Reperata hieß die Bischofs kirche gegenüber vom im 11. Jahrhundert geweihten Baptisterium San Giovanni. Wenn ich das mal etwas flapsig (aber wahrschein-
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man ganz vorzüglich auf die Kuppel der Kathedrale blicken. Dieser Blick blieb uns verwehrt, denn wir stiegen – in die Kuppel! Das sind zwar deutlich mehr Stufen (allein in der Kuppel 463, und dann muss man da ja auch noch hinkommen), aber man kraxelt dafür durch ein Wunderwerk der Ingenieurbaukunst. Die Kuppel ist 107 Meter hoch und hat einen Durchmeser von 45 Metern. 16 Jahre (von 1418 bis 1434) dauerte ihr Bau, aber dafür ist sie bis heute die größte gemauerte Kuppel der Welt – wobei ein Blick in die Liste großer Kuppeln in der Wikipedia offenbart, dass ganz oft frühe Meisterleistungen lange anhalten (die größte unbewehrte Betonkuppel bis in die Gegenwart ist die des Pantheon – etwa 43 Meter Durchmesser, nur andere Bauart). WIr steigen wirklich durch die Kuppel – denn in Wirklichkeit sind es zwei! Das war nämlich der Plan gewesen, mit dem Filippo Brunelleschi den Wettbewerb gewonnen hatte, der zum Kuppelbau ausgeschrieben war. Denn eigentlich lag die Überwölbung des 45 Meter großen Lochs „zunächst jenseits der stati schen Möglichkeiten“ (archINFORM). Doch mit Brunelleschis Zweischalenkonstruktion stützen sich die bis zu vier Meter dicke innere und die deutlich dünnere äußere Kuppelschale ge genseitig. Der Aufstieg ist keineswegs wirklich
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STIPvisiten touristisch ausgelegt (außer dem Preis, den man unten zu entrichten hat: 8 Euro), es geht über Stufen die innere Kuppel hoch und eng zwischen den beiden Wänden entlang.
Oben angekommen, ist es ganz schön hoch: „Im scared as hell up here“ hat ein gewisser Jerome mit sicherem Gespür fürs richtige Bild an eine der Streben der Laterne geschrieben,
die die Kuppel krönt. Bei guter Sicht kann man von hier weit ins Land sehen, wir nahmen mit bescheidenerem Wetter vorlieb und sind doch mindestens dreimal rundherum gegangen, um ein Bild der Stadt aus der Vogelperspektive zu bekommen. Alles liegt nahe beieinander und sieht von oben ganz anders aus als von unten. Man entdeckt gemütliche Dachgärten, versteckte Innenhöfe mit Statuen und immer wieder faszinierende Dachlandschaften. Der richtige Zeitpunkt für den Abstieg ist, wenn die Zahl der albernen Touristen oben zunimmt. Auf dem Weg nach unten lohnt es sich auf jeden Fall, nette Mitabsteiger zu haben – am besten solche, die auch gerne fotografieren. Denn man ist am Fuße der Kuppel und kann hineinsehen. „Das jüngste Gericht“ bietet dann in der Tat den einen oder anderen Enblick in die Hölle... Giorgio Vasari (genau, der mit dem Korridor!) hat den Plan für die Ausgestaltung der 4.000 Quadratmeter Kuppel-Innenfläche entworfen und auch 1572 damit begonnen – starb aber zwei Jahre später im Alter von 63 Jahren, so dass F ederico Zuccari das Werk vollenden musste. Der Wikipedia entnehme ich, dass ihm dabei nette Fehler unterlaufen sein sollen: „So bekam beispielsweise ein Esel die massigen Beine eines Bären, der seinerseits mit Hufen ausgestattet wurde.“ Aber das Wimmelbild in der Höhe ist zu weit weg, um das zu bemerken. Unten angekommen, genießen wir den an diesem Tage menschenleeren Innenraum der Kathedrale – sie hatte (aus welchem Grund auch immer) geschlossen.
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Dritter Spaziergang: Kunst und Genuss Wer nur für kurze Zeit in Florenz ist, kommt um eine strenge Auswahl nicht herum: Sie haben einfach zu viel Kunst und Sehenswertes da (gleiches gilt übrigens für gute Restaurants – die Qual der Wahl). Für die Museen konnten wir das Problem mit einer Marathon-Tour lösen: Wir hatten mit Claudia eine sehr fachkundige Führerin und ein „Familienticket“ zum Gratisbesuch der wichtigsten Museen – sehr
vorteilhaft, weil man da nicht so ein schlechtes Gewissen hat, wenn es nach einer halben Stunde wieder raus geht und ab zur nächsten Station. Wir begannen den Tag mit einem Caffé. Das Caffé le Logge schräg gegenüber und zwischen der Loggia del Mercato Nuovo und dem Palazzo Davanzati, unserem ersten Ziel. Im
Caffé geht es, was die Bedienung anbelangt, gediegen zu: Man trägt dunklen Anzug und Krawatte. In der Theke belegte Brötchen und Gebäck, die übliche italienische Mischung. Vor der Theke: Auch die übliche italienische Mischung, die aus Menschen in feinem Zwirn, sportlich-leger gekleideten Touristen und Arbeitern in Sicherheitswesten besteht – sehr schön. Und bei den günstigen Preisen, die man a banco für seinen Espresso zahlt, ist dieses Vergnügen eins, was man sich mehrfach am Tag gönnt. Die Loggia haben wir uns nur von außen angesehen. In der Mitte des 16. Jahrhunderts als Marktplatz für Seide und Luxusgüter sowie die berühmten Strohhüte gebaut, gibt es dort heute mehr touristischen Tand und Lederwaren. Ein Brunnen mit einem bronzenen Schweinderl (Fontana del Porcellino) lockt die Touristen an. Es soll Glück bringen, wenn man an der Schnauze des Ferkels rubbelt, was diese schön blank macht. Wer‘s braucht... Wir nicht, weswegen wir nur einige Bilder machten und uns mehr an den schönen Bögen der offenen Konstruktion erfreuten.
Palazzo Davanzati
Beim Palazzo Davanzati sind die Verhältnisse eher umgekehrt: Von außen ist das Haus nicht so spektakulär, von innen jedoch mag man
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STIPvisiten sich nicht satt sehen. Das Haus hat einige Jahre auf dem Buckel, es wurde in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts für die Familie Davizzi gebaut, die zur Tuchmachergilde gehörte. Die Familie Davanzati, nach der das Haus benannt ist, kaufte es etwa 200 Jahre später und behielt es bis 1838. Danach gab es eine wechselhafte Geschichte, bis 1951 der italienische Staat das Haus kaufte. Seit 1995 wird der Palazzo, weil er zusehends verfiel, restauriert. Als wir dort waren, waren lediglich das Erdgeschoss und die erste Etage wieder zu besichtigen. Es lohnt sich denoch, denn allein das Treppenhaus ist ein Hingucker. M.C. Escher hätte seine Freude dran gehabt, obwohl – anders als bei ihm – man wirklich entweder hoch oder runter kommt und nicht mühsam ansteigt, um wieder unten zu landen. Das Erdgeschoss steht für temporäre Ausstellungen zur Verfügung und für museumstypische Dinge (wozu erste „Fotografieren verboten“-Aufseherinnen gehören). Ich verstehe meist nicht so richtig, warum das Fotografieren verboten ist, denn die Digiknipse klaut ja die Ansicht nicht wirklich, aber vielleicht erklärt mir das mal jemand. In der ersten Etage befinden sich die bereits restaurierten Räume. Der große Saal erstreckt sich entlang der Straßenfront und beeindruckt durch eine grandiose Holzdecke und einen bemalten Schrank. Ebenfalls sehr beeindruckend war die Aufsicht, weswegen es da keine Bilder gibt ;-) Gleich nebenan ist der Saal der Papageien, den eine große Feuerstelle dominiert. Im Schlafzimmer sieht man ein Bett und eine Wiege. Eine Toilette
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gibt es auch, was im 14. Jahrhundert keineswegs selbstverständlich war. Bemerkenswert sind die Tapeten, die im Saal der Papageien sowie im Schafzimmer zu finden sind – dort bilden die Wappen berühmter florentinischer Familien den Fries.
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Medici-Kapelle
Das nächste Ziel ist die Medici-Kapelle. Sie ist Teil der Basilica di San Lorenzo, aber von dieser aus nicht zugänglich. Was soll ich sagen: Allerstrengstes Fotografierverbot, damit Michelangelos Werke keinen Schaden nehmen. Obendrein ist es sehr duster, und an etlichen Stellen wird restauriert. Wir wagten mit den Augen jede Menge Blicke, mit der Kamera aber nur einen in die Höhe der Cappella dei Principi (Fürstenkapelle), deren Bau 1604 begonnen wurde. San Lorenzo selber haben wir uns dieses Mal geschenkt, den Kreuzgang auf einem anderen Spaziergang mitgenommen.
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Palazzo Medici Riccardi
Vom Palazzo Medici-Riccardi interessierte uns dieses Mal auch nicht alles, sondern eigentlich wollten wir nur einen Blick in den Garten erhaschen. Mit mehr Zeit hätte sich der Rest aber auch gelohnt! Nett fand ich übrigens, was Wikipedia zum Palast schreibt: „Dieser Palast ist von Cosimo Medici dem Alten 1444 an den Architekten Michelozzo in Auftrag gegeben worden in der Absicht, ihn nicht zu prachtvoll werden zu lassen, damit nicht der Neid der anderen Patrizierfamilien erregt werde. Cosimo Medici war damals der mächtigste unter den etwa 80 Bankiers von Florenz.“
Botticelli in den Uffizien
Wir haben lange nichts gegessen und getrunken, oder? OK: Wir waren im Anschluss im Rivoire und danach im Vasarikorridor, über den ja ein eigener Beitrag existiert. Auf dem Rückweg sind wir nur ganz kurz durch die Uffizien geschlendert – denn natürlich musste uns unsere Muse Claudia aka botticelligirl uns den Botticelli im Original zeigen. Die Originale wurden hinter Glas präsentiert. Wie gut, dass da fotografieren verboten war, sonst hätte es sicher störende Reflexionen gegeben ;-)
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Vierter Spaziergang: Wichtiges im Vorübergehen Ein Kurzreise-Städtebesuch ist ja immer eine Aneinanderreihung von Kompomissen – und so sind wir mindestens fünf Mal an Santa Croce vorbei gekommen, aber hinein haben wir es nie geschafft. Das ist nun aber wirklich schade, denn Santa Croce ist die größte und eine der bedeutendsten Franziskanerkirchen Italiens. Die Grabmäler von Galileo Galilei, Michelangelo, Macchiavelli und anderen sind hier zu finden, und am Bau beteiligt war alles, was Rang und Namen hat (Entwurf von Arnolfo di Cambio, der auch der Dom-Architekt war, Brunelleschi entwarf eine Kapelle, Fresken u.a. von Giotto). Von vorne ist Santa Croce prächtig, an den Seiten – wir kennen das von anderen Kirchen
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in Florenz – eher im schlichten Braunton gehalten. Bei den Luftaufnahmen vom gegenüberliegenden Ufer und von der Kuppel des Domes bekommt man einen guten Eindruck davon. Santa Croce gehört zu den "groß artigsten Raumschöpf ungen der gotischen Architektur Europas", sagen die Fachschreiber von archINFORM – und die sollten es ja wissen. Ein Fall für den zweiten Besuch! Dann geht's auch in das Kloster nebenan, in dem etliche der Schätze lagern – und abends auf den Platz vor der Kirche, auf dem dann das nicht so christlich geprägte Leben pulsiert. Sant`Ambrogio ist ein noch sehr typisches Viertel von Florenz. Wir hatten eigentlich den Markt sehen wollen, der neben dem Mercato Centrale in San Lorenzo als besonders sehenswert gilt. Der Markt öffnet um sieben Uhr und schließt um zwei – da waren wir, nach dem Kunst-Spaziergang mit Vasarikorridor und Verschnaufpause in der Lieblingsvinothek, schlicht ein bissel spät dran, so kurz nach eins. Es gab also nichts Spannendes mehr im Markt (Vormerkung für den nächsten Besuch: Dort anfangen!), so dass wir uns
gezwungen sahen, eine Trattoria zu suchen. Wir fanden dann ja auch eine ganz nette... Auf dem Rückweg besuchten wir kurz die Synagoge. Sie stammt aus dem Ende des 19. Jahrhunderts und mischt orientalische Elemente mit italienischer Tradition. Was uns verwunderte: Die Synagoge ist nur am Shabbat geöffnet und kann dann – außerhalb der Gottesdienste – nur mit einer Tour besichtigt werden, die vom Museum im ersten Stock der Synagoge organisiert wird. (In Prag war's gerade umgekehrt: Da konnte man die Synagogen an allen Tagen außer dem Shabbat besichtigen – aber egal). Man steht also draußen vorm Zaun und sieht hinein – und wenn nicht zufällig jemand mit dem Auto das Grundstück verlassen will, wozu das Tor natürlich geöffnet werden muss, gibt es zusätzlich zu den Streifen aus Travertin und Granit an der Synagoge noch die vom schmiedeeisernen Gitter des Zauns. Die Farbe der Streifen soll übrigens früher deutlich stärker gewesen sein – wobei der Pastellton eigentlich so schlecht auch nicht aussieht! Den Abschluss des Spaziergangs bildete noch ein Abstecher in eine Weinbar (so wie am Anfang, wir haben das mal verschwiegen, auch eine stand, die schon separat beschrieben wurde: All'antico Vinaio): das Note di Vino.
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Armonia – Beim Friseur Zwischendurch mal ein bisschen Tratsch und Klatsch. Außerhalb der Kunst und Ess- wie Trinkkultur sozusagen. Der beste Ort zum Plaudern ist ja bekanntlich der Frisör - und
genau da sind wir jetzt, in der Armonia Academy. Ein stylisher Laden, in dem es ums Haareschneiden und Schönsein geht. Die Tochter hatte den Besuch dort der Mutter zum Geburtstag geschenkt, weil sie den Maestro an der Schere kannte. Sal Giaquinta ist sein Name, und er ist, was die Locken anbelangt, ein echter Konkurrent für das Lockengirl. Zusätzlich trägt er aber einen graumelierten Bart, so dass eine Verwechslung ausgeschlossen ist. Wir tapern also zur verabredeten Zeit zu unserem Blind Date – Claudia hatte einen anderen Termin und meinte, wir würden das schon alleine schaffen. Da Sal glücklicherweise englisch spricht, klappte das tatsächlich, und die Hauptkommunikation läuft bei Star-Friseuren wie ihm ja sowieso über die Körpersprache. Mann, was können diese Italiener gucken! Aber es ging ja um eine Frisur. Während die Hände des Maestros durchs Haar der Meinen wuscheln, gibt‘s für uns ein wenig Nachhilfe in Sachen Styling. Man merkt, dass Sal eine Academy hat – hier lernen andere Friseure aus Florenz ihr Handwerk: Der Mann kann gut erzählen und erklären. Klingt alles vernünftig, aber: einige Haare und Locken müssen ab! Zu lang, zu schwer und dadurch
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manchmal unwillig zum Locken. Haare ab? Sylke guckt etwas erschrocken – wird aber sofort besänftigt: „You have beautiful hair!“ (schmelz) und „it will look perfect!“ (schmelzhochzwei) und der Verweis auf seine eigene Haarpracht: Die seien vor einem Jahr auch ganz kurz geschnitten und jetzt? Jaa, schöön! Wir haben nun nur ein Problem: Wird Sal einen freien Termin haben, wenn wir das nächste Mal in Florenz sind? Denn andere als diese Hände kommen doch nicht an Curly heran! Armonia Hair Academy Via de‘ Castellani 8 50122 Firenze Telefono: +39 055 214214 www.armonia-academy.com/
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Fünfter Spaziergang: Mehr Kunst und Genuss Die Piazza della Santissima Annunziata ist einer der schönsten Plätze in Florenz – ein idealer Treffpunkt also für unseren Spaziergang zu weiteren Sehenswürdigkeiten. Der Platz öffnet sich hell am Ende der langen Via dei Servi – und wir hatten ganz besonderes Glück: Direkt nach Ferdinando I. de‘ Medici, der uns schon hoch zu Ross im letzten Stück der Straße entgegen geritten kam, erlebten wir 250 Männer jeglichen Alters in grandiosen
Aufnahmen. Kinder, Alte, Arme, Reiche, Große, Kleine, Dicke, Dünne zeigten die drei Meter hohen Poster. Die freigestellten Bilder gehörten zur Ausstellung „La condizione maschile“, die draußen auf dem Platz und im Spedale degli Innocenti gezeigt wurden – die Botschaft: dass jeder Mensch einzigartig und unwiederholbar sei. Die Ausstellung über den männlichen Zustand
dauerte nur sechs Tage. Bis auf eine Gruppe bambini mit Erzieherinnen und uns sah sich keiner die Männer an, die ein Werk aus der Kreativschmiede La Sterpaia von Oliviero Toscani sind, die lauter verrückte Sachen macht und in Pisa zu Hause ist. Aber wir haben ja keine Zeit: Der Platz mit dem Spedale an der einen, der Loggia auf der anderen Seite und dem Vorhaus der Kirche SS. Annunziata dazwischen war ja nur der Treff, um dann ein paar Schritte weiter zu gehen zum nächsten Platz. San Marco ist sehr geschäftig, Busse halten hier gerne – ein Menschenumschlagplatz. Die Kirche und das Kloster mit dem Nationalmuseum bieten erstaunliche Ruhe. Zuerst die Kirche! Wer mag, kann sich reichlich Zahlen merken. 1299 ging‘s los mit der Gründung eines Benedektinerklosters, das 1310 fertig wurde. 1436 erhielten die Dominikaner die reichlich verfallenen Gebäude, ein Jahr später erhielt der Architekt Michelozzo der Auftrag von Cosimo dem Älteren zur Renovierung. Weihe war 1443, noch ohne Glockenturm. Der stammt aus dem Jahr 1512. Die neoklassische Fassade allerdings ist noch jünger: 1777, ein Werk von Giovan Battista Paladini. Wem das alles zu viel ist: Die Kirche und das Kloster sind sehr alt, haben einiges mitgemacht – und es lohnt sich auch, hinein zu gehen: Es glänzt gülden, es gibt sehenswerte
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STIPvisiten Kruzifixe und Fresken. Insgesamt ein sehr imponierender Eindruck. Nur die große Uhr vorne rechts geht falsch – was sage ich: sie geht ja gar nicht, sie steht und geht somit nur zwei Mal am Tag richtig. Wie immer lohnt ein Blick nach oben zur Decke. Von wem das Bild stammt, habe ich übrigens bislang nicht herausbekommen...
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in den karg ausgestatteten Zellen sind immer neben dem Fenster angeordnet – so gab es für die Bewohner nicht nur Licht von Außen, sondern auch Erleuchtung. Zumindest, wenn die Meditation über das Gemälde zu den richtigen Ergebnissen kam... Der Blick in die geöffneten Zellen ist dann sozusagen das zweite Museum: Eine Ausstellung von Fra Angelicos Bildern, erhalten in ihrem ursprünglichen Wohnumfeld.
Das Kloster ist eine gut erhaltene Anlage und hat (für alle, die die Zahlen schon wieder vergessen oder sich gar nicht erst gemerkt haben) ja seine fünfeinhalb Jahrhunderte in den Mauern. Das Museum ist daher ein mehrfaches: Zuallererst eins des Klosters selber, und das fängt schon mit dem Kreuzgang an, durch den man hindurch muss bzw. darf, um ins Innere zu gelangen. Doch bevor man ins Kloster geht, ist ein fast zehn Meter breites Kreuzigungsfresko von Fra Angelico quasi einen Pflichtbesuch wert.
Keinesfalls verpassen sollte man die Bibliothek! Keine Ähnlichkeit mit den nüchternen Zellen, dafür ein hoher lichter langgestreckter Raum. Die 1441 von Michelozzo errichtete Bibliothek gilt als die älteste öffentliche Bibliothek der Welt. Wer ein Faible für alte Bücher hat, kommt hier voll auf seine Kosten. Ein Exemplar soll übrigens von Fra Angelico stammen – der Dominikanermönch war als Illuminator (Buchmaler) ausgebildet.
Fra Angelico lebte in dem Kloster und hat etliche Räume – unter anderem viele der 44 Klosterzellen – mit Gemälden ausgestattet. Er sei mit einem raren und ausgezeichneten Talent ausgestattet, hat Vasari (der mit dem Korridor) in seinem Buch Vita über ihn geschrieben. Die Fresken
Kirchen und Museen ansehen kann schön sein, aber auch anstrengend. Da fügt es sich gut, dass in Florenz (wie eigentlich in ganz Italien, Kleinstädte und passable Dörfer inklusive) eigentlich immer eine Bar oder ein Café in der Nähe ist, wo man bei einem Espresso oder, später am
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STIPvisiten Tag, einem Glas Wein das Gesehene erörtern und / oder auch einfach nur abspannen kann. Gegenüber San Marco bittet das Gran Caffé San Marco zur Rast – eine gute Idee. Rammelvoll ist es drin, offensichtlich braucht man nicht nur nach einem Museumsbesuch eine Erfrischung... Es sind nur einige Schritte bis zur Galleria dell‘ Accademia. Wir wollten Michelangelos David
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sehen – und zwar das Original, das ursprünglich (bis 1873) auf der Piazza della Signoria vor dem Palazzo Vecchio stand. Angesichts der, mit Verlaub, beschissenen Lage, so unter den drüber fliegenden und verdauenden Vögeln, erkannte man, dass ein Ortswechsel mit Dach besser sei für das Kunstwerk. Die gut vier Meter hohe Statue aus Carrara-Marmor steht nun unter einer Kuppel, so dass man sich die makellose Schönheit des Herrn David
von allen Seiten ansehen kann. Und seit 1910 steht auf dem Platz im Stadtinneren eine Kopie, ebenfalls aus Marmor (wie die mit den Hinterlassenschaften der Vögel klar kommt, weiß ich nicht). Eine weitere Kopie aus Bronze kann man auf dem Balkon von Florenz, der Piazzale Michelangelo, besichtigen. Unser Ziel ist nun – zur Abwechslung mal – ein Restaurant, über das an andrer Stelle noch das eine oder andere Wort zu sagen wäre... Auf dem Weg kommen wir vorbei an einer der Kirchen in Florenz, die von sich behaupten, die älteste der Stadt zu sein. Die Basilica di San Lorenzo di Firenze war einmal die Kathedrale der Stadt, und sie war die Pfarrkirche der Medici. Etliche von ihnen sind ja hier auch begraben – in der Medici-Kapelle, die einen eigenen Eingang hat und von San Lorenzo nicht zugänglich ist. Wir waren nicht in der Kirche, sondern sind links an der schmucklosen (weil nie fertig gestellten) Fassade vorbei gegangen zum Kreuzgang. Entworfen hatte ihn noch Brunelleschi, doch konnte er ihn nicht vollenden – das hat dann einer seiner Schüler für ihn erledigt.
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Kunst im Castello In Panzano in Chianti. Es gibt dort einen berühmten Fleischer, für den wir keine Verwendung hatten, weil wir ja unterwegs waren. Außerdem gibt es eine Akademie, von der später noch ausführlicher zu berichten sein wird, weil sie sich um guten Geschmack kümmert. Eine Kirche, der man sich durch eine lange Gasse nähert und die quasi Pflicht für Fotografen ist, die zu zweit kommen: Eine(r) setzt sich auf die Stufen, eingerahmt von Blumen, der andere fotografiert. Dann Kameratausch und los geht‘s mit vertauschten Rollen. Es ist, mit anderen Worten, echt schwer, hier einmal touribefreite Bilder zu machen. Wir rächten uns, indem wir den berühmten Dreierknips arrangierten.
Die Kirche ist Teil des Castellos, oder umgekehrt, wie man will. Das heißt: Beide Gebäude sind miteinander verwoben, und wenn man so durch den Innenhof schleicht, ist die eine Mauer Kirche und die andere Schloss. Ein großes Tor lädt ein zum Drücken: es lässt sich öffnen, man ist draußen. Oder drinnen, in einem Garten? „Das Tor war ja quasi offen, da dürfen wir lang!“ lautete der Reisegruppenbeschluss. Steineichen empfingen uns: Mit Steinen gestützte Baumstämme. Man kann außen um den Komplex herum laufen und einiges sehen: Kräuter im Nahbereich, Landschaft in der Ferne. Und eine Frau (dies sicher nicht immer, falls mal jemand nachreisen sollte). Sie steht wie meditierend auf einem Stein vor dem Castello, außerhalb der Mauern. Wir gehen vorbei, fotografierend die einen, Kräuter sammelnd die anderen. Auf dem Rückweg von Krautund Fotopirsch bemerken wir den weiblichen Teil unseres local guide-Teams im Gespräch mit ihr. Wir stellen uns vor, sie sich auch: Evi Ferste-
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rer, Schlossherrin und Künstlerin. Es wird ein Gespräch voller Überraschungen. Evi Fersterer ist Österreicherin, hatte 1987 zuerst lediglich den Turm und ein Jahr später („wir können ja goar nicht um den Turm herum tanzen“ hatte ihr Mann gesagt) das ganze Castello gekauft. Nun soll es ein Museum werden, mit ihren Werken einerseits und den wieder hergestellten Räumen andererseits. Aber sie traut sich irgendwie nicht, es an die Öffentlichkeit zu lassen. Außer es kommen so Leute wie wir, denen sie einiges zeigt und sich freut, wenn man sich dran erfreut. Was wir gesehen haben (längst nicht alles!) bot einen vorzüglichen Einblick in die Harmonie alter Gemäuer und neuer Kunst. Passt scho! Besonders interessant, die (natürlich nicht zufälligen) Arrangements zu sehen: Hier der Stuhl mit dem Hut auf der Lehne, da das Bild dieses Stillebens. Hier der Blick aus dem Fenster in den Schlosshof, nach einer 180-Grad-Drehung das Bild eben dieses Motivs. Im Keller macht ihr Sohn, der Seppi, Glühwein. 1991 begann ihr Mann Sepp als Winzer in der Toskana, nun führt sein Sohn Seppi (bei Fersterers heißen sie offenbar alle Sepp, wenn sie Jungs sind...) das fort: Er ist Winzer im Chianti und produziert seinen eigenen Wein, der dann im Winter mit Spezereien angereichert im Österreichischen im Art & Ski-in Hotel-Hinterhag verglüht. Aber das ist eine ganz andere Geschichte...
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Unterwegs im Mittelalter Irgendwann ist‘s zu viel: „Mittelalterliche Städte habe ich genug gesehen!“ So ein Satz kann eigentlich nur in der Toskana fallen, denn auf jedem sich nur halbwegs anbietenden Hügel thront eine Stadt, deren mittelalterliches Weichbild von den einschlägigen Reiseführern gelobt und in höchsten Tönen gepriesen wird. Und Hügel gibt es in der Toskana bekanntlich wie Sand am Meer. Unsereins denkt, wenn er Mittelalter liest oder hört, natürlich nur an die geschönte Version für Menschen des 21. Jahrhunderts – also Stadtmauern, Türme, enge Gassen – und alles möglichst so mindestens 800 Jahre alt. Innendrin hätten wir aber natürlich gerne WC, fließend warm und kalt Wasser, Fernsehen, Internet und ein chices Restaurant sowie ein schniekes Hotel. Und was soll ich sagen? Genau so ist es in San Gimignano, Massa Marittima, Panzano, San Galgano, Monteriggioni, Colle Val d‘Elsa und sicher Dutzenden von anderen Hügeln mit Agglomerationen obendrauf – aber die haben wir nicht gesehen. San Gimignano ist ein mathematisches Wunder. Als Stadt der hundert Türme lernte ich die 7.000-Seelen-Gemeinde in dem unvergleichen Sprach- und Reiseführer „Eine Reise nach Neapel“ von Reinhard Raffalt kennen: als la città delle cento torri preist er San Gimignano an, räumt aber gleich darauf ein, dass es in Wirklichkeit nur dreizehn seien (oder doch 15,
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wie heute in der Wikipedia steht? Egal!). Aber immerhin erzählt er die Reise dahin (das Buch erschien erstmals, das muss wohl erklärend erwähnt werden, 1957) so spannend, dass wir versuchten, seine so zauberhaft beschriebenen Hügel und Zypressen wieder zu finden. Leider haben sich die Zeiten geändert, und wo weiland in Poggibonsi eine Allee abzweigte, befindet sich jetzt ein (wahrscheinlich durch EU-Gelder geförderter) Kreisverkehr. Anstelle der Zypressen sieht man erst einmal Zweckbauten eines Industriegeländes – aber ansonsten ist es schon so, dass irgendwann San Gimignano kommt.
Um sich der Stadt halbwegs nett zu nähern, muss man nur auf alte Straßenschilder achten: Irgendwann zweigt eine Via Vecchia von der begradigten Autostraße ab. Die ist richtig! Für das richtige langsame Tempo sorgt die Beschaffenheit der schmalen Straße von allein, den einen oder anderen Ausblick auf die Türme gibt es auch, bevor man wieder auf die Hauptstraße gelangt. Dort ist man dann urplötzlich enorm in der Jetztzeit: Da die Stadt autofrei ist (wie die meisten dieser renovierten Mittelalterabbilder), muss man draußen parken. Kein Problem, denn es gibt ja Parkplätze, große sogar. Der erste: besetzt. Der zweite: completo. Der dritte: Glück gehabt, noch drei freie Plätze. M erke: San Gimignano am Wochenende ist ein no-go! In der Stadt geht‘s entsprechend touristisch zu, wenn man sich auf den ausgetretenen Pfaden bewegt (aber da kommt man ja nicht drum herum). Natürlich ist das erste Ziel der Markt, um sich diese Türme einmal anzusehen. Es sind Wohntürme, die seinerzeit so in etwa die Funktion eines Oberklasse-Autos hatten: Seht her, ich habe es zu was gebracht, ich kann höher. Wobei natürlich alles relativ ist, denn mit Höhen so um die 50 Metern klingt die Bezeichnung „Manhattan des Mittelalters“ schon ein wenig albern. Zumal die Türme nicht das Nonplusultra an Komfort bieten: Eng und fensterarm – aber eben hoch.
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Tücken des Parkautomaten Als wir vom Parkplatz in San Gimignano fahren wollten, taperte ich zum Zahl-Automaten. Solche Teile sind ja generell nicht meine Freunde, egal in welcher Sprache sie mit mir reden. Aber ich verstand: nur mit passend Kleingeld zahlen, Scheine nicht akzeptiert. Wobei „klein“ bei sieben Euro ja Ansichtssache ist, aber egal. Ich also zurück zum Auto, denn ich hatte keine Münzen in der gewünschten Menge. Sylke auch nicht, aber Dank netter Mitmenschen bekamen wir mit wechseln und zusammenkratzen die Summe zusammen. Ich also wieder zu meinem Freund, den Automaten. Der schluckte die Münzen, spuckte den Schein aus. Mit dem hüpfte ich munter zum Auto, fuhr zur Schranke, steckte den Schein ein – aber der kam zurück mit der Bemerkung auf einem Kommunikationsdisplay, ich solle doch erst einmal zahlen! Ich also zurückgesetzt, ausgestiegen, zum Automaten gehirscht. Denn für solche Fälle haben Automatenerfinder einen Knopf installiert, den man drücken muss, um Hilfe zu bekommen. Ich drücke. Keine Reaktion. Ich drücke nochmal. Keine Reaktion. Siesta? Könnte sein, aber aller guten Dinge sind drei, also drücke ich – und siehe da: am anderen Ende schnattert es italienisch, obwohl die Stimme offenbar direkt vom Mars kommt. Jedenfalls klang das so (wenn sie auf dem Mars keine Blechbüchsen haben, die italienisch reden, kam das Gekrächze vielleicht auch von der dark side of the moon).
Ich frage höflich, ob signora barattolo di latta eventuell englisch könne, damit wir uns besser verstehen – denn so eine Beschwerde wegen bezahlter, aber dieses nicht preis gebender Tickets ist ja nichts für Anfänger auf dem Gebiet der italienischen Beschwerdeführung. „A little!“ lautete die Antwort der Blechbüchse. Sie fand das alles sehr befremdlich (ich aber auch, also stand‘s da 1:1) und bat mich, ihr das Ticket zu zeigen. Ich guckte so blöd ich eben konnte und zeigte dem Automaten unter beifälligem Schmunzeln und Gelächter aller Umstehenden das Ticket. Darauf misses tin can: ich solle jetzt pronto zum Auto eilen,
einsteigen und avanti zur Schranke fahren, dann würde sie mich rauslassen. Ich also behende zum Auto gerannt, flugs eingestiegen wie die jungen Hirsche aus der Werbung, Motor an – und sehe, wie ein Auto ohne Ticketeinwurf rausfährt, weil die Schranke wie von Zauberhand bewegt sich öffnet und schließt. Ich setze nach, stehe vor geschlossener Schranke. Nichts passiert, gar nichts. Da besinne ich mich guter Bemerkbarmach-Tugenden und hupe. Also ich nicht, ich drücke nur aufs Lenkrad. Das Auto hupt. Und, voila: Schranke auf, Auto raus.
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Vielleicht einer der schönsten Plätze Italiens... Wenn der Reiseführer schreibt, dass wir in einem Ort „vielleicht einen der schönsten Plätze Italiens“ fänden, dann kommt angeborene Skepsis auf: Mit Superlativen kann man ganz schön reinfallen, selbst wenn die Quelle (in diesem Fall der Herr Michael Müller vom gleichnamigen Verlag in seinem 756-SeitenKompendium „Toscana“) als zuverlässig eingeschätzt wird. Wir legten die Route durchs toskanische Erzgebirge also so, dass wir zu angemessener Zeit in Massa Marittima eintreffen würden. (Wer uns kennt, ahnt: eine angemessene Zeit ist solche, die ein Fenster für einen Restaurant-Besuch vorsieht). Wie es in der Toskana so Sitte ist, liegt die Stadt auf einer Anhöhe, so dass man sie erstens von weitem schon sieht und zweitens von oben dann einen feinen Blick ins Land hat – der in Massa Marittima reicht bis zum Meer, was den zweiten Namensbestandteil Marittima hinlänglich erklären könnte. Aber die Wikipedia klärt uns auf, dass damit der Ort als zur Maremma gehörig bezeichnet wird – der Sumpflandschaft, die in römischer Zeit Maritima Regio hieß. Aha. Vom großen (kostenlosen, da bleiben einem die schönsten Ticket-Geschichten erspart) Parkplatz nähert man sich der obligatorischen gut erhaltenen Stadtmauer auf einem schön ausgebauten Fußweg und kann schon einmal nach Türmen schauen. Aber von außen sieht
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man nichts Beeindruckendes! Also hinein durchs Stadttor und durch enge (im Prinzip autofreie) Gassen der Altstadt Richtung Piazza Garibaldi, jenem vielleicht schönsten Platz Italiens. Der Herr Müller gerät bei seiner Beschreibung regelrecht ins Schwärmen und rühmt die „fast magische Anziehungsskraft“ der „Harmonie des Asymmetrischen“, lässt die Zeit auf den Treppen zum Dom sitzend im Nu vergehen und zaubert schwuppdiwupp den Abend herbei, an dem die Scheinwerfer angehen. Nun denn, sei‘s drum: Wir kamen gegen zwei Uhr mittags an und sahen auf dem Platz zwei Busse mit laufenden Motoren sowie mehrere Häuflein folkloristisch gekleideter Volksmusikanten, die vor dem Dom spontan ein fröhlich Lied anstimmten. Derlei provoziert bei mir ja fast eine magische Abschreckung, und ein Platz mit vor sich hin dieselnden Bussen ist auch nicht fotogen. Wir beschlossen also, erst einmal ein wenig durch die Gassen zu laufen und uns Platz wie Dom später noch einmal vorzunehmen. Viele Gassen gibt es nicht in der Città Vecchia, man ist schnell durch und landet wahrscheinlich über kurz oder lang in der Oberstadt, die etwas jüngeren Datums ist. Ein Treppenweg führt nach oben, ein schönes Tor mit noch fotogenerem Bogen erfreut die Fotografen. Die Aussicht von hier ist – wer hätte bei der Bezeichnung „oben“ anderes erwartet? – ausgezeichnet! Wer genug Zeit hat, kann diversen
Museen einen Besuch abstatten – wir waren aber auf der Durchreise und sparten uns das. Der vielleicht schönste Platz Italiens war, als wir ihn erneut besuchten, zwar von Bussen und singenden Folktruppen befreit, aber irgendwie war die Magie immer noch nicht angekommen. Die beeindruckenden Palazzi rundherum ergeben zwar ein beeindruckendes Bild, aber besonders stimmungsvoll erschien es uns nicht. Wahrscheinlich schien die Mittagssonne zu grell! Zumindest war sie der Grund, zwar in den Dom zu gehen, dessen Bau im 11. Jahrhundert begonnen wurde, aber sich nicht auf die schönen Stufen davor zu setzen. Das ist dann doch wohl eher was für den Abend. Wir suchten und fanden für den kleinen Hunger einen freundlichen Wirt, der zum obligatorischen Wein einige Bruschette mit feinem Belag servierte...
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San Galgano Auf dem Weg durch die Colline Metallifere, dem Erzgebirge, auf der Strada Provinciale 441 von Massa Marittima nach Sienna taucht hinter dem Ort Palazzetto rechter Hand ein Fotomotiv auf: Aus dem braunen umgepflügten Acker hebt sich ein grüner Hügel empor, auf dessen Kuppel ein großer roter Bau unter schäfchenbewölktem blauen Himmel thront. Man könnte zum Romantiker werden, aber greift doch lieber zur Kamera! Der Hügel ist der Monte Siepi, das Haus ist eine Kapelle. Aber nicht irgendeine: Die Rotunde wölbt sich über einem Schwert, das der 1148 geborene Signore Galgano Guidotti dort in den Fels gestoßen hatte, um ein Kreuz zum
Anbeten zu haben. Natürlich kam er nicht nur so auf diese Idee: Der Erzengel Michael hatte es ihm dringendst empfohlen. 1180, also als Galgano 32 war, soll das passiert sein. Der zum Einsiedler bekehrte Ritter lebte fortan in Armut mit Wölfen zusammen und vollbrachte ein Dutzend Wunder. Und das alles in nur einem Jahr, denn er starb mit 33. Das Schwert ist übrigens untersucht worden: Es stammt demnach tatsächlich aus jener Zeit. Aber ob auch die toskanischen Verschwörungstheorien stimmen, wonach Galgano Sir Galwyn sein könnte – der von der Tafelrunde. Und das Schwert? Excalibur, was sonst? Und somit die ganze Geschichte keineswegs keltischen, sondern toskanischen Ursprungs! Die Zistersienser übernahmen Montesiepi, und sie (pardon, das klingt jetzt despektierlich) vermehrten sich so schnell, dass sie mehr Platz brauchten. Den fanden sie in einem Neubau, wenige Meter weiter unten im Tal: Dort entstand die Abtei – und zwar als kleine architek-
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tonische Sensation: Gotik in der Toskana! Ich zitiere mal die Wikipedia: „Der Bau der Kirche orientierte sich an dem Vorbild der Mutterkirche von Casamari in Latium. Diese lehnte sich ihrerseits eng an die burgundische Bauweise an. So ist die Kirche von San Galgano nach dem klassischen Schema der Zisterzienserkirchen im bernhardinischen Plan angelegt und wirkt sehr französisch.“ Das Kloster wuchs und gedieh – und stürzte relativ schnell sehr tief. Misswirtschaft! Gibt‘s auch unter Brüdern... Außerdem setzten die damals üblichen Widrigkeiten den Zisterziensern zu: Hungersnöte, Pest, Überfälle. Wie auch immer: Das Dach wurde verkauft (1550), das Kloster geschlossen (1783), der Glockenturm und Großteile des Gewölbes stürzten ein (auch 1783). Mag die Entstehung der Anlage ein Wunder gewesen sein – kein Wunder war, dass sich die Bauern der herabgefallenen (und auch der noch stehenden) Steine bedienten. Aus die Maus. ...bis 1961 erneut ein Zisterzienser kam, um das Kloster zu neuem Leben zu erwecken. Und so ist es jetzt mehrerlei: Heimat des Nonnenordens der Olivetaner, teils wieder errichtetes, aber immer noch dachloses Monument (manche sagen: das bedeutendste gotische Bauwerk Italiens) und touristischer Anziehungspunkt – wegen der Magie des Ortes und unterstützt durch Konzerte, die hier im Sommer quasi open air stattfinden.
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Badia a Passignano und San Donato Natürlich gibt es in der Toskana eine Vielzahl von Orten, die überlaufen sind. Aber es gibt auch welche, die nicht so arg frequentiert sind – meist etwas abseits der großen Straßen. Zweien dieser Kategorie ist dieser Beitrag gewidmet. Badia a Passignano einen kleinen Ort zu nennen, wäre wohl vermessen. Selbst Dorf erscheint zu groß: Badia a Passignano ist ein Kloster mit einigen Häusern drumherum, eins davon allerdings mittlerweile fast so bekannt wie das vom Vallombroser-Orden (ein reformierter Zweig der Benediktiner) bewohnte Kloster: Die Osteria, die zum bekannten Weingut Marchesi Antinori gehört. Ein lauschiges Plätzchen mit einer gerühmten Küche (allerdings für uns zu früh, es war noch Vormittag und wir hatten anderes vor). Ins Kloster kommt man als Tourist nicht hinein, aber der Weg drumherum ist auch schon ein kleiner Genuss. Man geht oberhalb der schmalen Straße und genießt den Blick über Häuser in die wellige Weinlandschaft.
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Dort wachsen auf 215 ha die Weine und Oliven der Marchesi Antinori. Der Chianti Classico Riserva „Badia a Passignano“ DOCG ist nur aus der Sangiovese gekeltert – die wachsen aber lediglich auf 50 ha rund ums Kloster. Der Wein ist entsprechend rar, gut ist er auch.
San Donato in Poggio ist ein nicht so überlaufenes Mittelalter-Städtchen. Der Namens bestandteil Poggio deutet es schon an: Auch San Donato liegt auf einem Hügel. Viele der Häuser innerhalb der Stadtmauern stammen aus dem 14. Jahrhundert, doch San Donato ist älter: Es gibt Urkunden aus den Jahren 985, 986, 988 und 989 - letztere übirgens aus der Abtei von Passignano. Die Lage an der Handelsstraße zwischen Florenz und Sienna machte den Ort strategisch bedeutsam. Das war im 13. Jahrhundert. Heute verläuft die Autostrada etwas weiter westlich, und wenn man nicht die kleineren Straßen entlang fährt, verpasst man San Donato. Das wäre aber schade, denn wenigstens einmal sollte man durch die Gassen schlendern und sich an dem alten Gemäuer erfreuen, das teils schief und bucklig ist, aber wer ist das nicht im Alter von 666 Jahren? Die Häuser machen einen frisch renovierten Eindruck, aber sie strahlen keineswegs Kitsch aus. Wie die Donater das hinbekommen haben? Keine Ahnung...
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Monteriggioni Denn, wie auf seinem runden Mauerkreise Montereggione sich bekränzt mit Türmen So ragten hier mit ihrem halben Leibe Vom Rande, der den Brunnen rings umwindet, Die schrecklichen Giganten, die, wenn‘s donnert, Noch jetzt vom Himmel Jupiter bedroht.
Reimte wer? Richtig: Der Übersetzer von Dante Alighieri in seiner Göttlichen Komödie (Inferno, 31.Gesang). Doch während die Riesen am Rande des neunten Höllenkreises sich
auftürmen, geht es in Monteriggioni überaus himmlisch-freudig zu: Die etwa 60 Bewoh nerInnen der alten Festung haben sich auf die Touristen eingerichtet, die tagsüber kommen und abends meist wieder fort sind. Sehr viel zu sehen gibt es, streng genommen, ja auch nicht: Der Berg ist das Ziel. Naja, Berg: Der Monte Ala ist 200 Meter hoch, einer jener typischen toskanischen Hügel
eben. Aber es reichte, um zwischen 1213 und 1219 dort oben den Stützpunkt der Republik Siena gegen die Florentiner einzurichten, denn man kann weit ins Land blicken (entsprechend früh sieht man Monteriggioni immer mal wieder auftauchen, wenn man sich nähert). Immerhin war die Festung so berühmt mit ihrer 500 Meter langen und 20 Meter hohen Mauer, die sie nahezu kreisrund umschließt, dass sie hundert Jahre später von Dante in dessen großen Dichtung verewigt wurde. 14 Türme waren es seinerzeit, elf davon stehen heute noch. Monteriggioni ist weitgehend so erhalten, wie es im 13./14. Jahrhundert erbaut wurde – zuzüglich der Dinge, die das Leben heutzutage etwas angenehmer machen wie fließend warm und kalt Wasser und Eintrittskarten, um auf der Stadtmauer entlang laufen zu dürfen. Und zwei Restaurants und eine Enoteca gibt es auch – also Mittelalter pur ist das nicht, aber doch sehr hübsch anzusehen. Man ist schnell durch: Eine Hauptstraße hin, eine Nebengasse zurück, wenn man einmal durchs Tor in den Ort hinein gekommen ist. Details wie die (schlichte) Kirche und den einen oder anderen Stein anzusehen lohnt – wenn man Zeit hat. Aber wir waren ja nur auf der Durchreise...
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Zauberhafter Hügel über dem Tal der Elsa Colle di Val d‘Elsa muss man nicht kennen, aber man sollte es! Die Altstadt auf dem Hügel ist den Fußgängern vorbehalten, in den winkligen Gassen davor gurken Kleinwagen auf Parkplatzsuche. In einem davon: Wir. Eigentlich war ja Siena das Ziel. Das erste angefahrene Hotel, eine schöne Villa mit Blick auf die Altstadt, die eben noch im Sonnenuntergangslicht erstrahlt, verkündete aber mehrsprachig mit einem Schild an der Tür, dass da nichts mehr zu buchen sei: Completo. Hotel Nummer zwei, deutlich größer, bietet einen freien Parkplatz direkt vor der Tür – sowie ein Schild „Completo“. Die Rezeptionistin meint: Heute noch ein freies Zimmer in Siena zu finden sei ein aussichtsloses Unterfangen. Daraufhin ruft Frau Curly in Colle in einer Enothek an, weil die auch zwei einfache Zimmer haben soll: Klappt! Also auf zum Hügel über der Elsa – etwa 30 Minuten von Siena entfernt. Wir fahren zweimal an der Enoteca vorbei, weil wir sie nicht erkennen und die Straßen keine sichtbaren Schilder haben. Zwei ehrenamtliche Passegiata-Verkehrsregler schnattern uns die Hucke voll, wie wir‘s finden – zaghaftes Fragen auf Italienisch hat bekanntlich immer ausführliches Schwadronieren zur Antwort. Aber wir verstehen und finden: Die Enoteca il Salotto. Die erste Frage lautet: Erst mal einen Wein? Wir merken: Hier sind wir richtig! Vor allem weil Pietro das mit dem „einen“ gar nicht so
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ernst gemeint hat und Patricia ein wenig Zeit braucht, das Zimmer fertig zu machen... Später also, viel später, nehmen wir unsere als Schlummertrunk gekaufte Flasche 2006 Canneto Vino Nobile di Montepulciano mit in die Unterkunft. Von wegen einfaches Zimmer: Es erwartet uns eine veritabel renovierte Etage in einem alten Haus mit schönem Kreuzgewölbe im Flur! In der Küche gibt es einen Kamin, davor eine riesige Terrasse, von der man einen herrlichen Blick auf die Altstadt hat. Das Schlafzimmer allerdings liegt zur Straße hinaus, in der es lange laut ist. In der Früh erleben wir eine Überraschung: Was auf dem Land der Hahn, ist nämlich in der Stadt der Bäcker. Er lärmt zwar nicht, aber er produziert Gerüche. Gemein, wenn man vor fünf schon die verlockendsten Backdüfte riecht! Nach dem Aufstehen allerdings wissen
wir die Gerüche zu schätzen: In der Pasticceria von Mario Barone nehmen wir unseren Cappuccino (1,20 Euro) und zwei Pasti (je 0,90 Euro). Die schmeckten so wie sie früh um fünf schon rochen: Nach mehr! Der Laden ist (seit sieben!) rammelvoll, aber man kann es verstehen: Kann man den Tag schöner beginnen? Bar Pasticceria Gelateria Mario Barone Via Gracco del Secco 32 Colle di Val d‘Elsa Tel: 0577/921768 http://www.pasticceriabarone.it
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Endlich Gläser in der richtigen Größe... Pietro ist der gute Geist der Enoteca il Salotto. Er ist, wie die meisten guten Vinothek-Inhaber, ein beredter Schauspieler – aber er weiß, wovon er redet. In einem alten Turmhaus aus dem 12. Jahrhundert nimmt die Enoteca das Erdgeschoss ein und führt von dort mehrere Etagen hinunter in die Vergangenheit. Angestaubte Weinflaschen mit schönen Jahrgangszahlen (1904, 1954, ...) stehen malerisch in Nischen, Weinfässer sind in Gewölben drapiert und ganz unten plätschert ein Brunnnen im Keller. Das ist liebevoll restaurierte Vergangenheit! Die eine oder andere Weinprobe kann man hier sicher auch durchführen, aber für die meisten Touristen sind diese Räume nur so zum Ansehen da. Am schönsten aber ist es oben, gleich hinterm Eingang: Drei Tische mit roten Hussen und weißen Decken und alte Stühle laden
Verweilen ein. Man kann – gegen ein geringes Entgeld – ein Glas Wein trinken oder sich vom Chef einen Deal vorschlagen lassen: „Die Dreierprobe ist heute umsonst. Wenn Sie drei Gläser trinken (er sieht Sylke an) und Sie drei Gläser probieren (er schaut mich an), dann sind das sechs Gläser, absolut umsonst und ohne Verpflichtung!“ Wir diskutieren, ob das ein unanständiges Angebot sei und entscheiden uns für „nein“, was wir nicht bereuen. Auf diese Art und Weise lernen wir sechs der acht Weine kennen, die in der ganzen Stadt auf Plakaten angekündigt waren: Eine Degustazio eccezionale di 8 grandi Vini della Toscana wurde da angepriesen – und das bei unserem Pietro! Wir probierten unfachmännisch wie immer, das heißt: Wir ignorierten den bereit stehenden Spucknapf. Statt dessen freundeten wir uns mit dem Gedanken an,
die beiden ausstehenden Weine auch noch zu verkosten, was dann auch gegen Abgabe eines kleinen Obulus geschah und von allen Beteiligten keineswegs als Fehlentscheidung gewertet wurde. Mittlerweile saßen auch noch andere Gäste an den Tischen, und es wurde nicht nur quer verkostet, sondern auch tisch übergreifend geschwärmt. Hach! Den Wein gibt‘s in der Enoteca il Salotto übrigens aus Gläsern, die in Colle hergestellt werden. Die Glasherstellung ist nämlich bedeutend in der Stadt; ihre Tradition lässt sich bis zum Jahr 1331 zurückverfolgen. Immerhin 95% der gesamten Kristallproduktion Italiens und 14% der Weltproduktion werden in Colle di Val d´Elsa hergestellt. An vier Tagen im September feierte die Città del Cristallo ein Festival rund ums Glas: Silicio. Neben dem üblichen Buhei derlei Festivals gab es sehenswerte Ausstellungen mit Glaskunst und Schauvorführungen. Besonders imposant aber fanden wir die Gläser, die auf dem Platz vor dem Dom ausgestellt waren. Endlich Gläser in der richtigen Größe! Wir schlendern locker durch die Oberstadt, die den historischen Kern von Colle bildet und ihrerseits zweigeteilt ist: Borgo und Castello. Die Grenze zwischen den Renaissance-Palasten des Ortsteils Borgo (in dem auch wir wohnen und sich die Enothek befindet) und dem mittelalterlich geprägten Castello bildet
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STIPvisiten der Palazzo Campana aus dem 16. Jahrhundert; ein schöner großer Torbogen ermöglicht den Durchgang. Der Platz vor dem Dom ist während des SilicioFestivals mit einem Tisch garniert, auf dem drei Riesengläser stehen. Das ist ja schon beeindruckend – aber die Spitze ist, dass da plötzlich ein Jüngling um die Ecke kommt und eins dieser Riesengläser transportiert. Es sieht irgendwie unwirklich aus, und das ahnt der Reisenweinglasträger auch, so wie er ausschreitet und guckt. Wir haben uns allerdings keins dieser Gläser besorgt, weil das dann ja den Kauf einer neuen überdimensionierten Spülmaschine nach sich gezogen hätte – vom permanenten Erwerb teurer Magnum-Weinflaschen ganz zu schweigen. Den Dom lassen wir – wörtlich! – links liegen, aber unterm Dom eröffnet sich ein Seh- und Hörgenuss zugleich. In aeternum cantabo kann man dort lesen – und die perfekte Umsetzung hören: Männerstimmen, singend, ohne Pause. Wahrscheinlich nicht ewig, aber auf jeden Fall für die Dauer unseres (langen) Besuchs dort. Kaum ein Besucher stört den beinahe meditativen Hörgenuss, nur ein älterer einheimischer Herr, den wir schon draußen auf der Straße gesehen hatten, geht einmal durch die Unterkirche. Wegen des Festivals Silicio hatten Häuser geöffnet, die wahrscheinlich ansonsten eher unzugänglich sind. Das verschaffte uns das große Vergnügen ungewohnter Einsichten, verbunden mit einer aufregend arrangierten Ausstellung in einer Kirche und – in einem
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Museum – einem alten Glasmacher, der einem anderen Gast die Feinheiten der diversen Werkzeuge erklärte. Leider auf italienisch und somit für uns nur halbwegs (naja: achtelwegs) verständlich, aber voller Engagement vorgetragen! Später am Tag erlebten wir dann noch das Schaublasen von frisch geschmolzenem Glas. Beeindruckend, aber nicht überwältigend, weil das erkennbar mehr Show als Arbeit war. Ganz und gar nicht beeindruckend, aber irgendwie dennoch ein Hingucker, ist das Wohnhaus von Arnolfo di Cambio, der irgendwann zwischen 1240 und 1245 in Colle di Val d‘Elsa geboren wurde. Arnolfo war später ein bekannter Bilhauer und dann auch Architekt/ Baumeister – 1296 plante er als leitender Baumeister den Neubau des Dom von Florenz. Auch bei anderen bedeutenden florentinischen Bauten (Santa Croce, Palast der Signorina) ist er mehr oder minder heftig beteiligt. Und nun stehen wir vor einem Wohn-Turm in Colle, den der Meister bewohnt hat! Die Stadt ehrt Arnolfo auf vielfältige Weise: Es gibt ein Denkmal, es gibt ein Hotel, ein Restaurant, einen Platz... Enoteca il Salotto Via Gracco del Secco 31 Colle di Val d‘Elsa Tel. 0577/926983 http://www.enotecailsalotto.it/
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Etwas für geneigte Leser Nach Pisa kommen viele Menschen nur aus zwei Gründen. Der andere heißt Galileo Galilei und ist ein nicht sonderlich attraktiver Flughafen. Aber in nur fünf Minuten ist man ja mitten in Pisa, denn ein Bummelzug verbindet den Aeroporto mit dem Bahnhof. Der ist ganz hübsch, aber keineswegs direkt an der Hauptattraktion der Stadt gelegen, dem Campanile. Aber den muss man doch gesehen haben, denn der schiefe Turm von Pisa ist so etwas wie die Mutter aller schiefen Türme – obgleich keineswegs der schiefste (der steht in Surhuusen in Ostfriesland) oder höchste (der Turm des Montréaler Olympiastadiums ist mehr als dreimal so hoch). Aber der schiefe Pisaner Turm hat wohl die schönste Lage und das beste Marketing. Er hat sich schon recht früh geneigt, weil er keinen Grund hatte: Zwölf Jahre nach Baubeginn 1173, man war gerade beim dritten Stock des auf über hundert Metern Höhe angelegten
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Turmes angelangt, war er bereits zu schwer für den Boden unter ihm geworden. Der gab dem Druck nach – an der einen Seite mehr als an der anderen, so sackte das Fundament ab und der Turm neigte sich. Die Flüche des Baumeisters sind nicht überliefert – aber was hätte er vor gut 800 Jahren denn sonst machen sollen? Außer: Erst mal Gras über die Angelegenheit wachsen lassen und das Bauen einstellen. Fast hundert Jahre später traute sich Giovanni di Simone: Mit leichtem Knick in der Optik baute er weiter: Dank des Knicks sollten die nächsten Stockwerke den Spruch „alles im Lot!“ rechtfertigen. Aber vier Stockwerke mehr brachten mehr Gewicht, und der Turm neigte sich wieder in südliche Richtung. Zehn Jahre nach dem Wiederbeginn des Baus und genau hundert Jahre nach dem ersten Baustopp gibt es den zweiten. Und der Turm hat immer noch keinen Glockenstuhl! Doch er sinkt weiter in den lehmigen Boden,
1298 beträgt die Abweichung vom Lot 143 cm. Manchmal gilt es ja schon als Erfolg, wenn etwas weniger schlimm ist: Weil die ständige Neigung des Turms sich verlangsamte, traute sich Tommaso Pisano 1360: Er wollte den Turm zum Campanile machen und ihm nun endlich den Glockenstuhl aufsetzen – wieder senkrecht auf den nun 163 cm vom Lot abweichenden Turm. Wahrscheinlich wäre der Turm so oder so ähnlich in seiner Schieflage verharrt, wenn nicht ein gewisser Alessandro Gherardesca 1838 die Erde unten herum durch Marmor ersetzt hätte. Mehr Neigung war die Reaktion des Turms: Einen Überhang von 5,10 Metern maß man im Jahr 1918, ab dem dann wieder etwas Ruhe einsetzte. Doch 1990 musste er für Touristen geschlossen werden: Einsturzgefahr! Zu stark war die Zunahme der Neigung in den Jahren zuvor geworden: Man beschloss, den Turm aufzurichten. 690 Tonnen Blei an der Nordseite, „Hosenträger“ (bretelle) genannte Seile zum Abspannen, gezielte Entahme von Erdmaterial im Untergrund: Hier konnten sich Wissenschaftler austoben. Aber nicht allzu doll, nach 44 Zentimetern war Schluss mit Aufrichtigkeit: Schließlich wollte man das Alleinstellungsmerkmal eines schönen schiefen Turms an kulturträchtiger Stelle nicht verlieren! Denn Pisa ohne schiefen Turm – das wäre doch irgendwie langweilig...
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Rustikal, einfach und gut Die Trattoria il Giova im Dunstkreis des Marktes von San‘Ambrogio Im Dunstkreis des Marktes von San‘Ambrogio, der eine Perle unter den Märkten der Stadt sein soll (und es wohl auch ist, wenn man nicht – wie wir – kurz vor der Schließzeit um 14 Uhr kommt), gibt es natürlich kleine Gaststätten mit gutem Angebot. Eine davon ist die Trattoria il Giova. Man erkennt sie hauptsächlich an der Menschentraube vor der Tür: Das sind die Spontanbesucher, die nicht reserviert haben. Groß ist es drinnen nämlich nicht, gefühlte acht oder zehn Vierertische, natürlich eng an eng gestellt. Unreservierte wie wir gehen halt rein, melden sich an und warten dann draußen vor der Tür. Schade, dass wir keine Raucher sind, das ginge da nämlich... Erstaunlich schnell werden wir dann reingebeten – die zehn Minuten Wartezeit haben sich aber mehr als gelohnt. Die Karte ist übersichtlich, handgeschrieben für den Tag – und sie liest sich gut. Innen ist es (wie gesagt:) eng und rustikal: Papierdecken auf Kacheltischen, pro Gast ein farbiges Glas für Wein und Wasser – aber was soll ich sagen: es hat nicht ge-
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stört! An den Wänden hängen lustige Comics von Schweinen und Kühen, die per Sprechblase mit dem Gast reden. Sehr humorvoll! Das Essen war von der Sorte „einfach und ehrlich“. Das Risotto Gorgonzola e Pere (Birne) hatte exakt die gewünchte Cremigkeit und den rechten Biss, um Vergnügen zu bereiten – außerdem ist das eine Kombination, die man sich zum Nachmachen mal merken sollte! Die Pesto di cavolo nero e Pancetta croccante waren als Vorspeise gedacht, reichten aber durchaus als kleines Hauptgericht – vor allem, wenn man noch an ein Dessert danach dachte! Roast Beef, Patate Arrosto e Cavolini di Bruxelles war kaltes Rastbeef, schön rosa gebraten, mit Bratkartoffeln und Rosenkohl – das hätte ich in der Toskana nicht erwartet und war freudig überrascht, wie gut das schmeckte. Zum zuvor angedachten Dessert gab es dann unter anderem Erdbeeren mit Schlagsahne – egal wie unvernünftig das im Januar auch sein mag: Es schmeckte und machte Lust auf Sommer!
Trattoria il Giova Borgo la croce, 73/r 50122 Florenz Tel.055.2480639 http://www.ilgiova.com Geöffnet 12-15 Uhr und 19.30-23 Uhr Sonnabends 12-30-14.30 Uhr und 19.30-23 Uhr Sonntags geschlossen Reservierung emfohlen [Besucht am 12. Januar 2010]
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All‘antico Vinaio Nicht weit vom Piazza della Signorina entdeckten wir eine kleine, aber feine Weingaststätte: All‘antico Vinaio. Der Laden ist sehr klein - aber hat einen Weg gefunden, dass die vielen Gäste (einheimische Stammgäste und Touristen gleichermaßen) dennoch Platz finden: Er vergrößert sich auf die Straße. Dort stehen, praktischerweise, auch schon mal einige Flaschen und etliche Gläser. Selbstbedienung und, wie man hierzulande sagen würde, Kasse des Vertrauens: Man geht hinterher rein und zahlt. Drinnen wirbelt ein Mensch hinter der Theke und davor ist es meist proppevoll mit dem üblichen Geschnatter. Bei unserem zweiten Besuch waren es Schwaben, die sich dort wie zu Hause fühlten und – ganz entgegen dem ihnen nachgesagten Naturell – auch nicht geizten, sondern munter noch ein Glas oder noch eine Kleinigkeit verlangten. Die Weinauswahl ist überschaubar, aber ausreichend – etwa ein Dutzend weiße und rote Köstlichkeiten. Wenn man sich unsicher ist, gibt es freundliche Beratung – aber wer ist sich schon unsicher? Allenfalls, was die Reihenfolge anbelangt... In der Theke liegen jede Menge Häppchen, um dem Wein auch eine entsprechende Grundlage zu liefern. Die Qualität soll super sein (wir haben‘s nicht probiert, weil es nur Zwischenstation auf dem Weg zu Opulenterem
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war ;-), und wenn man den Berichten Glauben schenken darf, dann sollte man gucken, ob es porchetta gibt - eine Spezialität des Hauses, die offensichtlich aus der zum Hause gehörenden Rosticceria gegenüber gehört! Die Preise sind manierlich, die Stimmung locker und freundlich: Könnte meine Stammvinothek werden!
All antico Vinaio Via de‘ Neri 65 Santa Croce Florence, 50122 Tel. 055 238 2723 sonntags geschlossen
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Trattoria Borgo Antico Die Trattoria Borgo Antico sei bekannt für ihre hübschen Bedienungen, weiß Claudia, und man möchte ihr nicht widersprechen. Hübsch sind sie und nett und flink, also so, wie man es sich wünscht. Für die Damen unter den Gästen laufen entsprechend attraktive männliche Bedienungen herum, da ist man in Italien ja nicht so. Aber eigentlich waren wir ja des Essens wegen dort und nicht wegen Brautschau und
so. Die Meeresplatte als Vorspeise war groß genug, um dreien zu dienen. Mehrere Sorten Muscheln und auch ausreichend Krustengetier in einer Sauce, die nicht nur nach Wein schmeckte, sondern auch scharf war. Die Pizzen danach waren eigentlich überflüssig, weil wir ja schon satt waren. Aber mit Steinpilzen (die eine) und viererlei Käse (die andere) belegt wäre es eine Schande gewesen, sie
nicht probiert zu haben. Na klar: Pizzeria steht draußen dran – die schmecken sogar ohne Belag, was ja nicht selbstverständlich ist. Michele, der Chef des Hauses, war offensichtlich nicht zum Essen da, sondern auf Brautschau. Also nicht wirklich, aber er flirtete heftigst mit den beiden Damen herum. Sylke erhielt eine Gratismassage und was genau er mit Clau besprach, haben wir wegen mangelnder Italienischkenntnisse und anerzogener Diskretion nicht verstehen wollen. Trattoria Borgo Antico Piazza Santo Spirito 6R 50125 Firenze Tel. 055 210437 http://www.borgoanticofirenze.com/
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Trattoria dei 13 Gobbi / Vineria i Vinaio „Wenn ihr einmal ein richtig gutes Bistecca alla Fiorentina essen wollt, dann müssen wir in die Trattoria dei 13 Gobbi gehen!“ hatte unser Scout Claudia geschwärmt und schon mal vorsorglich keinen Tisch bestellt. Hätte sie aber besser getan, denn als wir dort abends antrabten, war nicht ein Platz frei. Aber – man kennst sich, man versteht sich – in einer Dreiviertelstunde könnte in Tisch für uns reserviert sein! Nun gut, beginnen wir den Abend um die Ecke in einer Weinstube! Vineria i‘ Vinaio wäre wahrscheinlich einen eigenen richtigen Besuch wert, denn es geht dort locker zu, fast familiär. Keine großen Weine, aber ehrliche, und einfaches Essen wird auch angeboten. Immer wieder eine Freude: Wir konnten ganz unkompliziert in der Nähe der Theke stehen und beim Plausch unser Gläschen Wein trinken und mussten nicht am Tisch sitzen und lange rumdrucksen, dass wir eigentlich ja ganz woanders essen wollten... Als wir zur verabredeten Zeit bei den 13 Buckligen (denn genau das sind die gobbi) ank amen, war tatsächlich ein Tisch frei. Nicht groß, aber gemütlich. Um uns herum: Im unbelebten Interieur eine lustige Mischung aus Kitsch, Kunst und Kochen.
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Weinflaschen, Kaffeedosen, Poster, Kassen, Schinken: Es gäbe genug zu sehen, wenn da nicht das lebende Inventar vom Gucken abhielte. Nebenan saß beispielsweise Woody Allan. Also nicht persönlich, aber so eine Art Wiedergänger. Ansonsten lauter sehr wichtige Menschen, die mindestens alle Regisseure waren, oder zumindest hätten werden wollen. So mit Schals und wuschigem Haar, aber durchaus ansehenswert (zumindest die meisten). Die Kellner wuselten flink und freundlich durch den Laden und brachten ein kleines Vorspiel (reine Unvernunft angesichts des Batzens Fleisch, der da auf uns zukommen sollte – aber eine köstliche Unvernunft!) und wenig später die Attraktion: Das Bistecca. Wir hatten ja (soviel zum Thema Unvernunft) am Mittag spontan schon mal eins geordert und auch genossen – man muss ja kritisch vergleichen können. Das der Buckligen war eindeutig vornehmer: Es kam in Tranchen geschnitten. Aber es war genau so gut gebraten und schmeckte uns auch saftig-würzig-gut. Der Preis war deutlich höher als am Mittag beim unkomplizierten Mario, aber das Abendambiente rechtfertigt das im gewissen Grade - und jeden Tag kann man sich so ein Steak eh nicht leisten, rein figurmäßig.
Trattoria dei 13 Gobbi Via del Porcellana 9R Florenz Tel.(+39) 055 284015 Email trattoria13gobbi@casatrattoria.com Geöffnet täglich 12:30-15:00 / 19:30-23:00 i‘Vinaio Via Palazzuolo 124r Florenz Tel. +39 055 292287
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Authentisches Bisteccca alla Fiorentina
In der Trattoria Mario am Mercato Centrale darf man keine Berührungsängste haben Wie heißt eigentlich das Gegenteil von „Geheimtipp“? Bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund? Wie auch immer: die Trattoria Mario ist so eine Adresse, die munter überall weiter gereicht wird. Und womit? Mit Recht! Denn trotz der Menschenmengen, die hier jeden Mittag (außer sonntags oder im August) hineinströmen, und trotz der zahlreichen Artikel in allen möglichen und unmöglichen Publikationen weltweit: Der Laden ist klasse!
Natürlich saßen wir nicht allein am Tisch, sondern zusammen mit einem italienischen Paar, das mit uns in der Traube vor der Tür stand. Leider reichten unser Italienischkenntnisse nicht für eine gediegene Unterhaltung – aber nett war es auch mit Minimalkonversation. Um noch einmal auf die Enge und die Hocker zurück zu kommen: Wenn man drin sitzt, ist das egal. Der Rücken des hinter einem Sitzenden ist sowas wie eine Lehne, passt also!
Wir ordern also eins für Zwei und bekommen ein ordentliches Stück Fleisch im Rohzustand gezeigt. Bene! Wenige Minuten später sehen wir es wieder: Drei bis vier Minuten auf der einen und ebenso kurz auf der anderen Seite war es dem Grill ausgesetzt und ist immer noch gehörig groß und innen nahezu roh. So muss das sein, anders geht es gar nicht: „La Bistecca alla Fiorentina is only served rare“ steht für die Touris unmissverständlich auf einem Schild.
Die 1953 gegründete Trattoria liegt in Sichtweite zum Mercato Centrale, dem größten Markt von Florenz. Der hat täglich (außer sonntags) von sieben Uhr morgens bis zwei Uhr geöffnet – und wo geht man dann mittags hin? Genau: zu Mario. Das heißt, eigentlich geht man ja heute zum Romeo, denn der Sohn vom 1980 verstorbenen Mario (der bei der Gründung selbst noch als Sohn seiner Eltern mitmachte) steht heute in der Küche.
Wir wollten eigentlich nur eine Kleinigkeit zu uns nehmen, weil am Abend schon ein Tisch in der Trattoria dei 13 Gobbi reserviert war. Aber dann sahen wir, wie am Nebentisch vier Geschäftsleute Bistecca alla Fiorentina serviert bekamen, und da wurden wir schwach und orderten es auch. Das war ein gewagtes Unterfangen, denn am Abend sollte es ebenfalls das Bistecca geben – unser Scout Clau hatte die Location extra deswegen ausgesucht. Andererseits ist ein Vergleich ja nie schlecht.
Da liegt der Batzen nun also vor uns – ein Kilo schwer und vorsichtshalber mit nichts anderem als einem Glas Rotwein und etwas Brot bestellt. Aber was soll ich sagen: Es lässt sich bewältigen! Und schmeckt grandios! Es ist das Fleisch an sich, denn außer Salz und vielleicht etwas Olivenöl kommt da nichts ran. Zart, würzig – und im Zusammenspiel vom röstigen Äußeren und nahezu rohen Inneren ein formidabler Genuss, der die 35 Euro pro Kilo sicher wert war.
Die Küche ist das, was man heute eine Showküche nennen würde: Ein einsehbarer Glaskasten, in dem eine Reihe singender, pfeifender, scherzender und durchweg wuselig flink arbeitender Köche ihr Handwerk verrichten. Bei Mario ist das allerdings kein neumodischer Kram, sondern schon seit irgendwann in den 70er Jahren so. Entlang der Küche sind die Tische aufgestellt – mit Hockern nach Melkschemel-Art. Warum das? Ganz einfach: Es ist so eng gestellt und so voll, dass für Stühle kein Platz wäre!
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Das Besondere an dem florentinischen T‑Bone-Steak ist die Herkunft: Wenn es echt ist, stammt es von einem Chianini-Rind. Die weißen Tiere wurden schon von den Etruskern und den ollen Römern bevorzugt. Heutige Gourmets wissen die Würze des Fleischs zu schätzen, das 50 Prozent mehr Proteine als Fleisch anderer Rinderrassen und etwa ein Drittel weniger Kalorien zählt. Dann ist ja gut, denn wenn wir zweimal ein Drittel einsparen, ist das doch ein Schnäppchen!
Der Rest des Angebots ist übrigens deutlich günstiger: Eine reichhaltige, sehr gut aussehende und herüber riechende Ribollita kostet 4,50 Euro, Roast Beef 7,50 Euro. Trattoria Mario Via Rosina 2r 50123 Florenz Tel. 055 – 218550 http://trattoria-mario.com geöffnet tägl. außer sonntags 12 bis 15.30 Uhr [Besucht am 13. Januar 2010]
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Trattoria Gozzi Sergio Schmackhafte Traditionsgerichte zu vernünftigen Preisen Die Adresse kannten wir aus einem Buch – und dennoch sind wir erst mal dran vorbei gegangen: So unscheinbar ist der Eingang zu einem der nettesten Restaurants der Stadt für die Mittagsstunden (ein anderes nettes liegt gleich um die Ecke – da waren wir auch, tagsdrauf). Hinterm Eingang ist es genau so unspektakulär: Einfache Tische mit roten Stoff-Sets eng an eng gestellt, ein multi linguales Gebrabbel mit italienischer Übermacht: Hier sind also nicht nur Touris, sondern auch Einheimische. Genau wegen der letzteren kochen Alessandro und Andrea Gozzi hauptsächlich. Sie setzen die Tradition fort und sind für die Leute vom Viertel da, kalkulieren trotz ReiseführerBerühmtheit korrekt und so, dass es sich auch die Handwerker des Viertels und die Leute vom Großmarkt um die Ecke leisten können, immer mal wieder zu kommen. Das in unserem Reiseführer (Das perfekte Wochenende.... Florenz) abgebildete Menü vom 18. November 2006 und die selbst fotografierte Karte weisen nur minimale Preisdifferenzen auf: So wünscht man sich als Gast ehrbare Gastwirte! „So lange noch jeder Platz besetzt ist, müssen wir uns keine Sorge machen!“ sagt Alessandro in dem erwähnten Buch, und da bei unserem Besuch buchstäblich jeder Platz mindestens einmal besetzt war, scheint die Rechnung aufzugehen.
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Zwischen eins und zwei gibt‘s kaum eine Chance, einen freien Platz zu ergattern. Der teutonisch frühe Mitagagsstart um punkt zwölf verschafft hier Vorteile: First come, first served. Das Personal ist routiniert und nett, und der Chef hirscht immer wieder durchs Restaurant und schaut, dass alles stimmt. Und was er alles sieht: Als Sylke einfach satt war und die Nudeln beiseite schob, schickte er die Bedienung fragen, ob es etwas mehr Sauce sein dürfe? Tausend Sympathiepunkte (und nein, es lag nicht an der Sauce: Sylke war wirklich einfach schon satt).
aber es wäre ja unvernünftig, nicht noch mehr zu probieren. Die Pasta mit Sugo, beispielsweise (auch nur 4 Euro), oder das Lamm mit Bratkartoffeln (10,50). Einfache Hausmannskost, ohne Schnickschnack gekocht und serviert: Kein Wunder, dass es da immer voll ist!
Was isst man nun an so einem Ort? Am besten: Traditionsgerichte. Ribollita ist eine sämige Pampe, die nach nichts aussieht und nach allem schmeckt. Ribollire heißt aufkochen, und so ist – obwohl in der Toscana zubereitet – diese Suppe Wilhelm-Busch-Preis-verdächtig („Wofür sie besonders schwärmt, // Wenn er wieder aufgewärmt.“). Die Suppe kommt je nach Kochvorliebe püriert oder mit erkennbaren Gemüseteilen auf den Tisch – schmecken tut‘s immer. Unbedingt empfehlenwert ist auch eine andere Suppe: Passato di fagioli con cavolo nero, also eine Bohnensuppe mit Schwarzkohl. Sowas gibt‘s bei uns nicht, also unbedingt probieren – es lohnt sich! Der Preis für beide Suppen: je vier Euro.
Tel. 055 / 281-941
Eigentlich wäre man danach ja schon satt,
Trattoria Gozzi Sergio Piazza San Lorenzo, 8/r 50123 Florenz nur mittags geöffnet Sonntag Ruhetag
[Besucht am 11. Januar 2010]
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Lehrstunde in der Akademie des guten Geschmacks Ungewöhnliche Weinprobe in der Accademia del Buon Gusto Er hat keine Kunden und ist auch kein Verkäufer. Wo kämen wir denn da hin? Denn Stefano Salvadori ist doch ein Gelehrter, der in seiner Akademie des guten Geschmacks mit dem Hut der Wissenschaftler auftritt, so wie es die großen Gelehrten früher taten – man kennt es von den einschlägigen Bildern. Seine potentielle Kundschschaft nennt er Studenten, aber in so einer Stimmung nimmt man doch gerne teil an der einen oder anderen Lektion Chianti, inklusive Philosophie einer Traube und des Glases. Und nach der
eigentlichen Unterrichtseinheit gibt‘s als Zugabe noch Betrachtungen zur Kommunikation allgemein. Wir trinken uns – pardon: studieren! – nach seinen Vorschlägen aus dieser und aus jener Flasche. Knapp 20 sind geöffnet, wir sorgen dafür, dass andere hinzu kommen (nein, wir haben die bereits geöffneten nicht ausgetrunken. Der Unterrichtsfortschritt ließ aber keine andere Wahl zu als Neues zu erkunden!). Besonders zu erwähnen wäre vielleicht
die erste eigene Kreation des Lehrmeisters: Drei Barrique eines 100 Prozent Sangiovese Terre delle Falcole mit dem bemerkenswerten Etikett von Sonia De Nicola: Parole Impazzite. Oder die frisch entkorkte (und freundlicherweise nicht korkige) Drei-Liter-Flasche Chianti Classico DOCG Poggio ai Mori vom Weingut Podere San Donatino ganz in der Nähe – eine Aromawucht, wenn ich das mal so locker schreiben darf. Unser blitzschlaue und unterhaltsame Lehrer kommentiert und erklärt; er parliert in mehreren Sprachen, trinkt selbst auch mit (Spucken verboten!) und freut sich, wenn man sich freut. Zum Schluss stellt er den Studenten Fragen zu Philosophie und Vinologie. Wer die Prüfung besteht und (was nicht Pflicht ist) einen Wein kaufen möchte, erhält Rabatt. Und wenn man ein lustiger Student war und mehr als eine Flasche käuflich erwerben will, gibt‘s noch mehr Rabatt. Das gefällt, obwohl das Spiel durchschaubar ist, allen Beteiligten, so dass wir ein wenig schlauer und höchst vergnügt die Accademia verließen. Accademia del Buon Gusto Stefano Salvadori Piazza Ricasoli 11 Panzano in Chianti Tel. +39 055 8560159 http://www.accademiadelbuongusto.com
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Überraschungen in San Gimignano Ein Quasi-Rausschmiss in einer Enoteca und prima Service in der Locanda di San Agostino Zwei gastronomische Erlebnisse und eine vinophile Anmerkung gibt es zu San Gimignano. Die Stadt ist nämlich bekannt für ihren Weißwein Vernaccia di San Gimignano, Italiens erster DOC-Wein (erster ist rein zeitlich, nicht qualitativ zu verstehen). Den wollten wir in der Enoteca di Vinorum probieren. Der Laden war groß und leer und verfügte über einige Freiplätze auf der Stadtmauer – ein lauschiger Ort mit Fernsicht, un dalle Plätze frei! Aber mit garstiger Bedienung: Ob wir etwas essen wollten? fragte sie in einem Tonfall, der mich „Nein“ sagen ließ, obwohl wir das durchaus vorhatten. Dann, säuselte sie harsch, dürften wir draußen nicht sitzen, sondern müssten hinein in die reizvollen Gewölbe gehen. Falsch, entgegnete ich, dann müssten wir keineswegs hinein, sondern gleich mal woanders hin und wünschte ihr weiterhin gute Geschäfte mit ihrem leeren Laden. Wir irrten noch ein wenig durch die Gassen, bis wir dann den richtigen Ort fanden. Aus-
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gerechnet dort, wo wir ihn am wenigsten vermutet hätten: An einem durchaus touristischen Platz vor dem Kloster San Agostino gibt es ein Restaurant, das dem Drang nach Nepp und Touri-Abzocke tapfer widersteht: Locanda di Sant Agostino. Man sitzt draußen unter Schirmen mit Blick auf das Kloster auf Bistro-Stühlen an kleinen Tischen und erlebt („Cucina no stop 11-23“) eine ehrliche Küche, freundliches Personal und faire Preise. Den Vernaccia trinkt man hier aus Tongefäßen, was durchaus nicht unangemessen erscheint: Es ist kein großer Wein, aber ein trinkbarer. Die Pizza war groß und schmackhaft – gut belegt und dünner Teig, von dem nichts übrig blieb! Der Salat mit Nüssen, Obst und Salatblättern sowie einem fruchtigen Dressing begeisterte uns sogar. Hut ab, wer sich angesichts garantiert einmaliger Gäste (denn es sind ja meist Tagestouristen, die hier vorbei kommen) so prächtig positioniert!
Locanda di San Agostino Piazza S. Agostino 15 53037 San Gimignano Tel.: +39 0577 943141
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Süditalien mitten in der Toskana Die “Osteria Masticabrodo” verbreitet italienische Gemütlichkeit Die Osteria Masticabrodo in der Borgo Alegri 58 tarnt sich perfekt: Hinter Fenster und Tür des schmalen Etablissements hängen rote Vorhänge, zwischen Vorhang und Fensterglas blinkert es wild-weihnachtlich. Das Ambiente wirkt eher wie ein kleiner Puff, aber wer einen Blick auf die handgeschrieben Karte wirft, die draußen aufgestellt ist, wird sich schon denken, dass das falsch ist: Die Preise sind zu niedrig! Drinnen ist es italienisch-gemütlich. Vier einfach, aber nett eingedeckte Tische, eine offene Küche, helles Licht, laute Musik eines Radiosenders mit Werbung. Der Chef Enzo kommt aus Neapel, er steht zusammen mit seiner Frau Anna in der Küche. Sie rührt in den Töpfen verschiedene Sorten sugo, er spült nach dem Abräumen die Teller vor, manchmal verschwinden beide zusammen hinter einer Ecke. Danach kommt er dann immer mit was Leckerem an den Tisch. Wir bestellten Antipasti della casa für drei und bekamen vier Teller mit gegrillter Aubergine, einer Art Lasagne, einer Parmesantarte und Bruschetta, dann einen Teller mit Schinken, dann zwei Teller mit superfeinen Hackfleischbällchen in Tomatensauce sowie gedünstetem Gemüse, das wir nicht kannten. Es schmeckte nach Rosenkohl, sah aus wie Mangold und war Schwarzkohl. Zum Abschluss der Vorspei-
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sen stellte der Chef ein Holzbrett mit Käse und zweierlei Honig auf den Tisch. Abschluss? Denkste: Als Zwischengang brachte uns der Chef noch eine Spezialität, eine neapolitanische salcicca auf Linsen. Wer braucht schon Köche, die es wie Gott in Frankreich treiben, wenn man zwei Süditaliener in Florenz hat? Unsere Primi, als Hauptgang, waren normallecker, da gehe ich jetzt mal drüber weg, um auf das Ende des Abends hinzuweisen. Ungefragt stand ein Teller mit einem Glas Vino Santo in der Mitte und Cantucine drumherum auf dem Tisch. Wir bedankten uns artig und schon kam der Chef erneut, dieses Mal mit drei Gläsern und zwei Flaschen, die er zur Selbstbedienung auf den Tisch stellte: Grappa war in der einen und Limoncello in der anderen. Das hat uns gut gefallen, und wer nun glaubt, dass wir noch einmal da waren, liegt absolut richtig! Beim zweiten Besuch wurden wir quasi schon als Stammgäste begrüßt. Es war spät, eigentlich sah es schon aufgeräumt aus. Aber wir waren willkommen! Die „kleinen und leichten“ Antipasti waren eine Mischung aus Bewährtem und Neuem, darunter vor allem Pulpo in sehr feiner Tomatensauce. Und zum Abschluss gab es dann dieses Mal drei Flaschen auf den Tisch des Hauses. Limoncello, Grappa und Myrto aus Sardinien. Den nahmen wir!
Osteria Masticabrodo Borgo Alegri 58 Tel. +39 (0)55 - 241920 [Besucht am 9. und 12. Januar 2010]
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Erneute Herzlichkeit im Lieblingsrestaurant Spezialitäten und Hausgemachtes in der “Osteria Masticabrodo” Anfang September ist in Florenz noch richtig Sommer. Das hat Vorteile, rein wettermäßig: Es ist schön warm, die toskanische Heiterkeit breitet sich vor allem am späten Nachmittag und sowieso am Abend in allen Gassen der Stadt aus. Nachteile hat es allerdings auch: Die Stadt ist zugestopft mit Touristen. Und welcher Tourist findet das schon schön? Um so erfreuter waren wir, am Abend nach der Ankunft unangemeldet in unserem Lieblingsrestaurant, der Osteria Masticabrodo, noch Plätze zu bekommen. An der Qualität der Speisen und der Herzlichkeit des Inhaberpaars kann es nicht liegen, dass es hier nicht wirklich voll ist. An der Lage (nicht weit vom Großmarkt San Ambrogio, der Kirche Santa Croce und der Synagoge) sollte es ebenfalls nicht scheitern, auch wenn die kleine Straße Borgo Alegri eher zu den weniger frequentierten gehört. Wir bestellten, weil wir damit so gute Erfahrungen gemacht hatten, die Vorspeisen nach Art des Hauses. Auf zehn Tellern brachte uns der Chef, was das Herz begehrt: Auberginen,
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Wurst/Schinken/Käse mit Oliven, überbackene Polenta... Schöner kann man einen Urlaub nicht beginnen.
Osteria Masticabrodo Borgo Alegri 58 Tel. +39 (0)55 - 241920
Als wir nach unseren Primi (Nudeln und Risotto) das Dessert bestellen wollten, beschwichtigte der Chef. Nooooch nicht, erst sei er dran... Er sagte das sehr verschmitzt, mit so einem Funkeln im Auge - und als er dann wiederkam, wussten wir warum: Lardo di Colonnata ist eine Köstlichkeit aus einem Bergdorf oberhalb von Carrara, die man unbedingt einmal probiert haben muss. Speck von (offensichtlich halbwegs glücklichen Schweinen), der mindestens ein halbes Jahr in einem Trog aus feinem Marmor reift und seinen unvergleichlich würzigen Geschmack durch Beigabe der hier reichlich wachsenden Kräuter bekommt. Und nein, danach durften wir immer noch nicht unser Dolce bestellen, denn Kaktusfeigen und eine Schüssel voll Obst sollte erst einmal helfen, den Speck zu verdauen.
[Besucht am 9. September 2010]
Unser Dessert, Süßwein und Cantucci, bekamen wir natürlich auch noch, und beinahe wie selbstverständlich Grappa zum Kaffee...
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Das Einfache höchstvollendet Die Osteria Alla Piazza vor den Toren von Castellina in Chianti lohnt den Umweg Wir suchten die Piazza in der Pampa. Gefunden hatten wir den Hinweis auf das Restaurant im Reiseführer – aber unser Navi kennt den Ort nicht. Wenn man weiß, wo der ist, oder einen Italiener als Fahrer hat, der auch mal ein altes Mütterchen am Straßenrand nach dem richtigen Weg fragen kann, ist es jedoch ganz leicht zu finden: Auf dem Weg von Panzano in Chianti Richtung Castellina in Chianti fährt man die SS222 gen Süden und findet nach einigen Kilometern rechter Hand sogar ein Hinweisschild zur Località! Mittags kann man hier unangemeldet kommen, abends ist dem Vernehmen nach ohne Reservierung nichts zu machen. Verstehen kann man‘s: Hier gibt es das Einfache höchstvollendet. Die Steinpilze lagen vor dem Küchenfenster und animierten zu irgendetwas mit porcino: Tagliatelle ai funghi porcini waren eine gute Wahl! Und es tat auch gar nicht weh zu sehen, wie der
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Koch aus dem Fenster langte und sich unsere Steinpilze aussuchte! Wir saßen im Schatten alter Bäume an einem der nett eingedeckten Tische vor dem Haus. Als Starter suchten wir uns Rotolini di crespelle vegetariani (7 Euro) aus – im hauchdünnen Teig ausgebackenes Gemüse. Außerdem eine lokale Besonderheit: Baccalá alla Mediterranea (15 Euro), wohinter sich ein köstlicher leicht warmer Stockfisch (vom Kabeljau) verbarg, auf dem ein Salat von geschmackvollen Tomaten und Avocado ruhte. Das Ragout von cinghiale (Wildschwein) hatte auch Pfiff: Die Papardelle al sugu di cinghiale (9 Euro) mit hausgemachter Pasta waren ein schmackhafter Beweis dafür, dass es nicht immer Bolognese sein muss! Der Wein, ein Chianti classico aus dem Jahr 2007, passte trefflich. In einem Satz: Wir waren froh, die Piazza in der Pampa gefunden zu haben!
Osteria Alla Piazza Località La Piazza Castellina in Chianti Tel. 0577 / 733580 www.osteriaallapiazza.com geöffnet täglich 12.30 - 14.30 und 19 - 21.30 Uhr [Besucht am 10. September 2010]
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Officina della cucina popolare Man muss schon besonders optimistisch sein, um an einem Samstagabend um kurz nach 21 Uhr in einem guten italienischen Restaurant noch einen Platz bekommen zu wollen. Aber wir sind ja tapfer und mutig! Und? Alles voll in der Officina della cucina popolare. Die Mädels vom Service rotieren! Nach einiger Zeit kommt eine zu uns: Ob denn noch zwei Plätze frei seien oder bald frei würden??? Gute Frage, Gegenfrage: Ob wir reserviert hätten? Nein? Keine Chance! Wir zogen weiter (und trafen es nicht wirklich gut, aber das nur nebenbei). Tagsdrauf kommen wir in der Mittagszeit wieder vorbei – und erspähen einen freien Tisch! Den nehmen wir, den letzten! Um uns herum munteres Treiben in einer sehr angenehmen Mischung aus vielen Einheimischen und wenig Touristen. Da wir für den Abend schon was vorhatten, wollten wir nur die Atmosphäre in diesem sehr beliebten Restaurant genießen und ein wenig probieren. Das war vielleicht sogar eine gute Entscheidung, denn die Küche (und auch die Bedienung) werkelten am Rande ihrer Kapazität. Man könnte auch sagen: Es dauerte alles arg lange – aber wir hatten ja Urlaub und Zeit, waren außerdem auch nicht am Verhungern. Beim Warten (leider auch auf Wein und Wasser – der Punkt, den wir nie verstehen, denn damit und mit etwas Brot kriegt man doch willige Gäste immer schnell zufrieden
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gestellt) war klar, warum der Laden so beliebt ist: Er strahlt eine ungeheure Atmosphäre aus! Flaschen, Gläser und Besteck sind in alten Schränken und Kommoden untergebracht, an der Wand gibt es lustige runde Bücherregale, Klinkerwände und Holzfußboden sowie rustikale Tische und Stühle (bequeme aber!) runden das Bild ab. Das Haus wird von vier (jungen) Leuten geführt. Sie versuchen es so ökologisch wie möglich zu machen: Die Zutaten kommen in der Regel aus der Gegend, von ihnen bekannten Produzenten. Die Weine sind ohne Ausnahme Bio-Weine; im weinüberfluteten Chianti kann man so schon mal entdecken, was man sonst (zumindest als Tourist) kaum sieht und zu trinken bekommt. Die Preisgestaltung ist sehr freundlich. In so einer Öko-Kommune fühlten wir uns natürlich fast wie zu Hause (rumrennende Kinder sowie hin und wieder ein verwegener Koch, der aus der Küche kommt, inklusive). Selbstgemachte Nudeln sind etwas sehr sehr Feines. I pici fatti a mano al cacio pepe e briciole allein haben den Besuch gelohnt. Pici sind dicke Spaghetti aus Hartweizengries, und mit Pfeffer, Käse und gerösteten Brotwürfeln erinnerten sie an die sizilianische Art, Spaghetti zu machen. Aber Einfaches können sie eigentlich überall gut – wenn sie es denn können (und hier konnten sie)! Auf dem ande-
ren Teller befand sich La bresaola di cinghiale con rucola e mandorle - das toskanische Wildschwein hat also auch hier seine Spuren hinterlassen ;-) L‘Officina della Cucina Popolare Via Gracco del Secco 86 Colle di Val d‘Elsa Tel. 0577.921796 E-mail: officina@cucina-popolare.com.
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Ristorante Il Frontoio Das Il Frontoio war uns vom Inhaber der Enoteca il Salotto empfohlen als ein Ort, an dem man hervorragend ein Bistecca Fiorentina genießen könne. Ein hervorragende Idee, die dann allerdings an einem klitzekleinen Detail scheitern sollte: Dem Gewicht. Das kleinste verfügbare Bistecca Fiorentina wog 1,5 Kilo! Die Bedienung brachte es zum Ansehen vor der Zubereitung – und die Entscheidung, es nicht zu nehmen, war gut. Denn statt dessen gab es Tagliata di Manzo vom gleichen Tier, nur nicht completo mit Knochen und allem, sondern schon in Tranchen. Aber eben das gleiche zarte und würzige Fleisch, die gleiche Zubereitungsart: Kross gegrillt außen und roh innen. 300 Gramm Fleisch für eine Portion waren auch mehr als genug, 200 hätten uns nach den Antipasti auch gereicht. Geschmeckt hat es köstlich - in der Rückschau besser sogar als die beiden Bistecca, die wir in Florenz probiert hatten. Man hätte natürlich auf die Vorspeise nach Art des Hauses verzichten können (so wie es das junge Paar tat, das sich das 1,5-Kilo-Steak
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nach uns ansah und dann auch bestellte) - aber das wäre rein geschmackstechnisch ein Verlust gewesen, allein schon wegen der gefüllten Zucchiniblüten! Bei der Gelegenheit: Was man essen kann und was man essen muss, wird in den meisten Reiseführern falsch vorgebetet: Alle Italienier nehmen, liest man da meistens, erst Antipasti, dann Primi, dann Secundi, dann Dolce. Das ist, mit Verlaub, Quatsch, denn in dieser Opulenz macht das kaum einer und schon gar nicht täglich. Kein Gast wird rausgeschmissenn, wenn er nur einen Gang (und sei es von den Vorspeisen oder den Primi, also Nudeln) isst. Gang und gäbe ist, sich eine Vorspeise zu zweit zu teilen. Überhaupt geht in normalen Restaurants (auch guten!) alles meist sehr locker zu. Kleiderordnung: Kaum, es sei denn, das Restaurant ist überaus teuer. Neben uns im schon feineren Frontoio saßen „Turnschuhe“ auf der einen und „Kapuzen-Hoody“ auf der anderen Seite des Tisches. Ein Problem? Nein, denn gutes Benehmen und eine wunderbare Menüauswahl zählen mehr!
RistoranteIl Frantoio Via del Castello 40 53034 Colle di Val d‘Elsa Tel. 0577 / 923652 www.ristorante-ilfrantoio.it
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Die ideale Kombination: Fein und einfach Im alten Bahnhofsgebäude Leopolda Stazione di Ristoro treffen sich die Genießer Ganz früher, so in der Mitte des 19. Jahrhunderts, war hier ein Bahnhof. Es war die Station Pisa der Leopolda-Bahn, die Florenz mit L ivorno verband. Später wurde aus dem Bahnhof ein Markt – auf dem es natürlich auch Deftiges zu essen gab. Suppe beispielsweise, früh morgens um fünf. Aber das ist lange her, und nun ist der Bahnhof weder Bahnhof noch Markt, sondern Restaurant. Aber nicht irgendeins, denn hier kocht Stefania Castaldo eine ganz einfache, aber sehr sehr feine Küche. Sie greift die traditionellen Rezepte auf und zaubert in der kleinen (und vom Gastraum aus einsehbaren) Küche wahre Leckereien. Wir hatten in unserem Reiseführer vom Restaurant gelesen und hätten, kurz vorm Abflug, gerne dort etwas gegessen. Aber unser Navi sagte: Da bring ich Euch nicht hin, das liegt im Anliegerbereich. Also fuhren wir auf Gut Glück einfach so eine der Straßen gen Pisa hinein, parkten und hielten nach irgendetwas Ausschau, was uns nett erschien. An drei Lokalitäten gingen wir vorbei, weil entweder die außen hängende Karte oder das Ambiente oder beides nicht nach unserem Geschmack waren. Aber dann machte eins von außen einen guten Eindruck, und nach dem Hereinschauen sowieso. Wir waren im alten Bahnhof Leopolda!
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Da hatten wir also gefunden, was wir nicht gesucht aber uns doch irgendwie gewünscht hatten! An den alten Bahnhof erinnern noch einige Details: Zum Beispiel Stromleitungen, innenliegend! Oder dass man gleich mit der Tür ins Haus fällt beim Hereingehen. Ansonsten: Holzstühle mit Bast, Tische mit Deckchen und Servierten und ein eher sachlich-modernes Ambiente. An einer Wandtafel stehen die Gerichte des Tages: Acht Positionen, aufgeteilt in Primi (je 5 Euro), Secondi (je 8 Euro) und Tagliata (15 Euro). Als wir kamen, war nur ein Tisch besetzt und wir ließen uns hinreißen, Primi und einen Hauptgang zu bestellen. Letzterer schaffte es allerdings nicht zu uns, weil der Laden binnen Minuten rappelvoll wurde und die Chefin ziemlich herumwirbeln musste (außer ihr gab‘s nur ein Mädel im Service). Risotto con le Seppie e le bietole (Risotto mit Tintenfisch und Spinat) zerging auf der Zunge und gehört zu den traditionellen Gerichten des Hauses. Eine lustige Mischung, in der der Blattspinat eher zaghaft wie ein Gewürzkraut eingesetzt war. Tomaten waren auch noch drin, obwohl das nicht auf der Tafel stand: Köstlich köstlich! Fusili con Fiori di Zucca Zafferano e Ricotta (Fusili mit Kürbisblüten und Ricotta), der zweite Appetitmacher, stand dem anderen in
nichts nach.Natürlich waren die Fusili knackig al dente, natürlich waren sie gut gewürzt! Und der offene Wein zu alledem war auch der Tageszeit sehr angemessen! Unser Hauptgang wäre Lamm gewesen (aus den Secondi ausgesucht) – aber irgendwie rannte die Zeit wie nichts, und Flieger warten ja nicht. Also entschuldigten sich alle Beteiligten mehrfach: Wir, weil wir abbestellten, die Chefin, weil wir hatten warten müssen. Ist aber doch nicht schlimm: Beim nächsten Besuch in der Gegend wissen wir doch, wo wir hin müssen! Stazione di Ristoro Leopolda Piazza federico domenico guerrazzi, 11 56125 Pisa Tel. 050 48587 / 330 216068 | http://www.stazioneristoroleopolda.it Besucht am 27. September 2010
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STIPvisiten. Die Reiseverf체hrer. Im Web: Apulische Augenblicke Dresdner Spazierg채nge In Florenz Gomerisches Tagebuch Restaurant-Besuche Prager Palaver Geschichten aus Sardinien S채chsische Schweiz Toskana Venezianische Impressionen
http://www.ipernity.com/tag/stip/keyword/371167 http://www.ipernity.com/tag/stip/keyword/376415 http://www.ipernity.com/tag/stip/keyword/797124 http://www.ipernity.com/tag/stip/keyword/276031 http://www.ipernity.com/tag/stip/keyword/425436 http://www.ipernity.com/tag/stip/keyword/535256 http://www.ipernity.com/tag/stip/keyword/659333 http://www.ipernity.com/tag/stip/keyword/239380 http://www.ipernity.com/tag/stip/keyword/953447 http://www.ipernity.com/tag/stip/keyword/328931
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