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28. Oktober 2011

Gaddafi, Hussein, Mussolini, Che Guevara, Bin Laden ...



Die große, in limitierter Stückzahl gedruckte Jahresrückblicksausgabe von V.i.S.d.P.

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Dezember 2011

Limitierte Auflage. 64 Seiten dick. 5 Euro. In Farbe. Auf Papier. Hund ist nicht inkludiert.


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zum Berlin-Marathon


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Editorial

Schumacher!

V.i.S.d.P.-Herausgeber Hajo Schumacher über die Wikileaks -Arien von damals

Vergessene Hymnen WikiLeaks enthüllt nicht mehr, weil die 48.000 Euro, die der Betrieb in der Woche kosten soll, nicht gespendet werden, sondern allenfalls 7.000 Euro. Die einen sagen, es läge an der Blockade der großen Finanztransaktionisten, andere finden, es läge auch an Wiki-Pfau Julian Assange. Im Zeitraffer hat WikiLeaks innerhalb eines Jahres Aufstieg und Fall durchlebt. Was die Kollegen vor nicht mal einem Jahr so alles dichteten, als man fand, die Pentagon-Papers seien von globaler Relevanz. Der Indiana Jones der Meinungsfreiheit: Fände Watergate heute statt,

Wikileaks hätte die Tonbänder als Erste. Für deren Gründer ist Indiskretion Ehrensache. (Handelsblatt, 28.7.2010) Die Zeiten sind vorbei, in denen nur einige wenige eingeweihte, elitäre Kreise darüber befinden konnten, welche Informationen wann gespielt werden. Also: Weiter so, Wikileaks! (taz, 30.11.2010) Eines kam man dem Australier, aber auch Daniel Domscheit-Berg und den vielen weniger prominenten Aktivisten nicht absprechen: Sie sind Idealisten. Sie mögen ausgeprägte Egos


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Schumacher!

haben, aber in all ihren Interviews und Vorträgen wird immer wieder deutlich, dass sich diese Leute ganz den journalistischen Wächterprinzipien verschrieben haben. (Cicero, 10.5.2011) Spektakuläre Veröffentlichungen lösen immer solche grundsätzlichen Betrachtungen aus. So war es in der SPIEGEL-Affäre 1962, im Fall Watergate 1972, und so ist es jetzt wieder, seit der SPIEGEL, die „New York Times“ und der „Guardian“, dazu „Le Monde“ und „El País“ über den Schriftverkehr zwischen der Weltmacht USA und ihren Botschaften berichten. (Spiegel Hausmitteilung, 6.12.2010) Im Februar wird Assange für den Friedensnobelpreis nominiert. Wikileaks sei ein „wichtiger Beitrag zu Meinungsfreiheit und Transparenz“. Dazu schreibt die taz: Wikileaks könnte zum „ewigen Kandidaten“ werden, dem das Establishment den finalen Triumph verweigert – ganz so wie Bob Dylan, der alle Jahre wieder als ach so „heißer“ Kandidat für den Literaturnobelpreis gehandelt wird.“ (3.2.2010) 40 Köpfe, auf die Sie 2011 achten sollten: Julian Assange. Jüngst taufte die

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italienische Ausgabe des US-Magazins „Rolling Stone“ den Wikileaks-Chef deshalb zum wahren „Rockstar“ des Jahres 2010. (WiWo, 24.12.2010) „Seltsamer Held“ – „ein Genie des Internets“ – „Weltverbesserer auf Ego-Trip“ – „Sphinx des digitalen Zeitalters“. (Stern, 9.12.2019) Hollywood will Assanges Leben verfilmen. „So wie seinerzeit (der WatergateFilm) Die Unbestechlichen soll Der gefährlichste Mann der Welt für diese Generation ein spannendes Drama mit weltweitem Einfluss werden“, sagte Produzent Barry Josephson. Ein Drehstart ist ebensowenig bekannt wie die Besetzung der Hauptrollen. (welt.de, 21.1.2011) Das Problem beginnt schon damit, dass WikiLeaks bis heute mehr eine geniale Idee ist als eine Organisation im herkömmlichen Sinn. (spiegel.de, 26.7.2010)


„Ich will mir kein Urteil über das Fachwissen deutscher Journalisten erlauben. Ich möchte nur sagen, dass sie alle ohne Ausnahme Arschlöcher (‘pieces of shit’) sind. Vielleicht sind sie sehr gebildete Arschlöcher, aber das ist mir gleich.“ Der isländische Genforscher Kári Stefánsson im Interview mit Henryk M. Broder für dessen Zeitschrift NEUGIER.DE.

Fotos: deCODE genetics, MDR, SAT.1

Update


Update

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Das Tagebuch

DIENSTAG

MITTWOCH

Sonntag

FREITAG: “Der Verlag hat sich mit Herrn Lobe im besten Einvernehmen verständigt und wünscht ihm für seine berufliche Zukunft weiterhin viel Erfolg und privat alles Gute” – so klingt es, wenn Burda nach einigem juristischem Hin und Her die Begründung für den Rausschmiss des ehemaligen BUNTE-Politikchefs fressen muss.

überhaupt weiter produzieren musste als erste Amtshandlung kann. Eine Untersuchung der wegen eines Gastspiels beim Zustände dort dauert an. tscheschenischen Autokraten den Geschäftsführer des MDRMONTAG: Der Bauer-Verlag Fernsehballetts abmahnen. hatte das Recht, den Vertrag mit einem Grossisten zu DIENSTAG: Hugo Müller-Vogg kündigen. Das entscheidet hat nie gesagt “Rechts von der Bundesgerichtshof (BGH). mir ist nur noch die Wand.” Das Urteil könnte erhebliche Ein Gericht verbot der TAZ, Auswirkungen auf das Kioskver- solches weiter zu verbreiten. triebssystem in Deutschland haben. MITTWOCH: Die gesamte MONTAG: Die ARD leiht ihrer “Kerner”-Redaktion wird Ende Produktionstochter Degeto 24 DIENSTAG: Der MDR hat eine des Jahres gefeuert, wenn die Millionen Euro, damit diese neue Intendantin: Karola Wille Sendung eingestellt wird.


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Im Social Medien Ranking misst V.i.S.d.P., welche deutschen Medien am besten in Facebook und Twitter kommunizieren. Diese Woche: Die Gesamt-Top 10.

Top 10

1 01 Galileo

81.5

3 03 ProSieben

79.8

4 04 TV Total

78.2

5 05 VIVA

77.4

6 06 N24

76.3

7 07 N-TV

74.8

8 08 Antenne Bayern

74.7

9 09 Spiegel Online

74.6

9 09 Chip Online

74.6

2 02 Bild.de

80.4

Gewinner der Woche

Verlierer der Woche

Helmut Thoma

Jürgen Fliege

weil der Alte ganz einfach erklärt, was an Begriffen wie Hybridfernsehen so blödsinnig ist: “Wenn ich mit einem Elektrokabel und einem Joghurt in einen Laden gehe, bekomme ich auch noch lange nicht einen Elektrojoghurt.”

weil der ehemalige ARD-Fernsehpfarrer und Rentnerversteher seit einigen Wochen endlich richtig Ärger bekommt. Erst, weil er gesegenete Wässerchen verkauftte, nun, weil sein Magazin Tipps zum Kirchenaustritt gab.

Fotos: Noshe/Der Spiegel

Social Media Ranking

Update


Update

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Umzug

Schön habt Ihr‘s Der SPIEGEL ist bekanntlich Ende September umgezogen – nun zeigt der Verlag schöne Bilder seines neuen Hauses in bester Hafencity-Lage, eines der größten Bürokomplexe der Stadt. Ob man da überhaupt noch Lust hat, das dreifachverglaste Büro zu verlassen und sich der grauen Welt draußen auszusetzen? Unterdessen kursieren alternative Entwürfe des aktuellen SPIEGELCovers (siehe unten) – dürfte keine leichte Entscheidung gewesen sein.



Prost

Da steht ‘ne Kuh vor der Tür Hatten wir erwähnt, dass gerade eine Einmal-Ausgabe von MAX erschienen ist? Am vergangenen Wochende galt es das zu feiern, in Hamburg natürlich und mit großen Teilen der tausensechshundertundnochvielmehr Redaktionsmitglieder.


Ute Schaeffer wird Chefredakteurin in der Programmdirektion der DEUTSCHEN WELLE. Bisher war sie für die Afrika-Programme zuständig. Ihr Vorgänger Sabine Rossbach, Direktorin Marc Koch wechselt nach Buenos Aires. des NDR Landesfunkhaus Hamburg, ist künftig auch Johannes „Johnny“ Erler wird neuer Art Director des Programmchefin von NDR STERN – nachdem die Illus- 90,3. Vorgängerin Juliane Eisenführ koordiniert nun trierte eineinhalb Jahre Großprojekte für den Intenganz ohne ausgekommen danten. war. Erler ist einer der renommiertesten GrafikdeJochen Gaugele übernimmt den neugeschaffenen Job eines Nachrichtenchefs der WELT-Gruppe. Er kommt vom HAMBURGER ABENDBLATT, wo er Mitglied der Chefredaktion war.

signer des Landes und Vorstand des Fachbereichs Editorial Design beim Art Directors Club Deutschland (ADC).

Fotos: Spiegel Verlag, Axel Springer, G+J, NDR, DW

Leute


Leute

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Ein B端ro in BErlin Konstantin von Hammerstein macht es: Der Deutschland-Chef des SPIEGEL beerbt Anfang des Jahres Dirk Kurbjuweit als B端roleiter in Berlin. Dieser wird nun politischer Korrespondent.


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Titel


Der Kรถnig ist tot. Und was kommt jetzt?

Gesichter des Todes


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Titel

Gaddafi ist tot, und die blutigen Bilder seines Endes gehen um die Welt. Was sagen sie uns?

Das hängt wesentlich davon ab, wie die Medien sie inszenieren. Der Historiker Thomas Großbölting, Professor in Münster, hat Anfang des Jahres den Sammelband “Der Tod des Diktators “ mitherausgegeben und sich darin mit dem Ende von Saddam Hussein beschäftigt. In V.i.S.d.P. spricht er über Bildikonen, Manipulationen und Medien-

Foto:

hypes.


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Titel

Herr Großbölting, gleicht der Tod Gaddafis in seiner Inszenierung dem Tod Saddam Husseins? Ein entscheidender Unterschied ist: Gaddafi wurde von den libyschen Freiheitskämpfern gefasst und nicht von den Amerikanern. Das hatte man auch bei Hussein versucht, so zu inszenieren. Die Direktive des Pentagons war eindeutig: Versucht, es so aussehen zu lassen, als ob die Iraker sich selber ihres Diktators entledigen. Das hat überhaupt nicht funktioniert. Bei Gaddafi gibt zwar offensichtlich die NATO die entscheidenden Hinweise für die Festnahme. Aber die libyschen Freiheitskämpfer tun den letzten Schritt selbst: nach der Bombardierung der Fluchtautos ergreifen sie Gaddafi in seinem Versteck und bringen ihn um. Das ist ein entscheidender Unterschied: Die Inszenierung als Selbstbefreiung ist wichtig für das zukünftige Vergegenwärtigen und Erinnern dieses Prozesses. Was genau meinen Sie mit Inszenierung? Wurde die Öffentlichkeit beim Tod Gaddafis manipuliert? Beim Tod Saddam Husseins war das völlig klar. Es gab genaue Publikations-Richtlinien und Kommunikations-Pläne der Amerikaner – die man dann allerdings nicht einlösen konnte. Im Fall von Bin Laden sieht man aber, wie eine Inszenierung funktioniert hat. Der Inszenierungswillen des Pen-

tagons ist klar zu sehen. Darum würde es mich wundern, wenn man bei Gaddafi überhaupt nicht auf die Außenwirkung geachtet hätte. Da man den Aufenthaltsort offenbar schon kannte, kann ich mir kaum vorstellen, dass die medienwirksame Inszenierung dem Zufall überlassen wurde. Welche weiteren Unterscheide sehen Sie zum Tod Husseins? Der zweite große und wichtige Unterschied ist natürlich der Umgang mit dem Leichnam, dem toten Körper des Diktators. Der erinnert im Fall Gaddafis eher an Geschehnisse in Europa. Als Mussolini gestürzt wurde, hängte man dessen Leichnam zusammen mit denen seiner Freundin und einigen treuen Gefährten in Mailand an einer zerbombten Tankstelle auf und stellte ihn zur Schau. Man wollte deutlich zeigen: Mussolini ist tot, wir haben einen Endpunkt gesetzt. Das ist bei Gaddafi ähnlich: Die Leiche Gaddafis ist mehrere Tage in einem Kühlhaus gezeigt worden. Tausende Libyer konnten sich in langen Prozessionen davon überzeugen, dass der Diktator wirklich tot ist. Im Fall von Bin Laden hat man einen anderen Weg gewählt: Die Amerikaner haben ein muslimisches Begräbnisritual vorgenommen, dann den Leichnam schnell verschwinden lassen und ihn im Meer versenkt. Die Inten-


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tion dahinter ist klar: Man will einen Märtyrer-Kult verhindern. Auch diese Vorgehensweise hat Parallelen in der Geschichte: Als Che Guevara gefangen und getötet wird, bahrt man ihn öffentlich auf damit klar wird: Der Führer der Revolution ist tot. Seine Anhänger in aller Welt brauchen nicht davon zu träumen, dass er noch irgendwo im Untergrund wirkt. Gaddafis Tod und die grausamen Bilder davon sind also nicht um eine besonders archaische Spezialität der arabischen Welt? Ich warne davor, das zu einem singulären Phänomen der arabischen Welt zu erklären. Dann machten wir Europäer es uns zu einfach, indem wir es es als „archaisch“ deklarieren und als „exotisch“ von uns wegschieben. Auch in Europa findet man viele Beispiele dafür, wie wichtig der Körper des toten Diktators ist: Nicht nur bei Mussolini spielt sein Leichnam eine große Rolle, auch die Suche nach dem Körper Adolf Hitlers ist trotz dessen Verbrennung für viele von großer Bedeutung. Wie ist Gaddafis Festname denn inszeniert worden? Es wird berichtet, er habe eine goldenn Pistole dabei gehabt, er habe kein Toupet mehr getragen. Geht es darum zu zeigen, dass von diesem Mann keine Gefahr mehr ausgeht?

Bei Saddam Hussein bekommt man ein Arrangement hin, das deutlich auf die symbolische Abwertung der Person zielt: Man zieht ihn aus einem Erdloch. Man berichtet, er habe eine Pistole bei sich gehabt, sich aber nicht gewehrt. Zusätzlich war er in Besitz von großen Mengen Bargeld. Die Inszenierung ist völlig klar: Der Mann ist korrupt, feige und hat keinen Heldenstatus verdient. Bei Bin Laden berichtet man, er habe sich wenig nach den Regeln des Islam verhalten. Er soll zum Beispiel Softpornos angeguckt haben. So etwas gab es, soweit ich das beobachten konnte, bei der Inszenierung von Gaddafis Tod nicht. Bei den Aufnahmen seiner Festnahme konnte ich keine geplante Inszenierung erkennen. Man zeigt ihn auf der Flucht – nicht als den Standhaften, der sich den Kämpfen stellt. Es gibt darüber hinaus aber nichts, wie man ihn etwa mit Gegenständen behaftet, die ihn noch einmal qualifizieren. Welche Rolle spielen dann die Medien, die diese Handy-Bilder, die ungeplant entstehen, erst einordnen und mit einer Deutung versehen müssen? Üblicherweise reagieren die Medien durch Ikonisierung: Bestimmte Bilder werden immer wieder gezeigt und bekommen einen Kultstatus. Sie zeigen zwar nur einen sehr kleinen Ausschnitt des Geschehens, verbin-

Titel


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den sich aber durch die Wiederholung unmittelbar mit der Interpretation des Ereignisses. Bei 9/11 waren es die einstürzenden Twin Towers. Bei Saddam Hussein war es zunächst die gestürzte Statue, dann der aus dem Loch gezerrte Diktator als Ikone. Bei Gaddafi werden wir es wahrscheinlich auch erleben. Ich denke zum Beispiel an das Bild, auf dem er auf einem Pick-up wegtransportiert wird. Die Inszenierung des Todes von Saddam Hussein hatte diese eher fatale Folgen für den Irak. Welche Nachwirkungen könnte die Inszenierung von Gaddafis Tod für die Entwicklung Libyens haben?

Was in Libyen gelungen ist: Es gab keine Intervention von außen. Im Irak haben wir ganz starke Hinweise darauf, dass die Bevölkerung die Amerikaner immer als Besatzer erlebt hat und nie als Befreier. Das wird in Libyen anders sein. Jetzt wird es aber darauf ankommen, wie diese libysche Gesellschaft tatsächlich mit der Diktatur verbunden war. Es ist bei Diktaturen immer so, dass sie in modernen Gesellschaften nicht gegen das Volk gemacht werden können, sondern sie werden von größeren Teilen der Bevölkerung mitgetragen. Diese Strukturen, die die Diktatur am Laufen gehalten haben, müssen nun als Erbe der Diktatur in die neue Gesellschaft und in


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“ Als Che Guevara gefangen und getötet wird, bahrt man ihn öffentlich auf damit klar wird: Der Führer der Revolution ist tot. Seine Anhänger in aller Welt brauchen nicht davon zu träumen, dass er noch irgendwo im Untergrund wirkt.

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einen demokratischen Prozess eingebunden werden. Ob man es tatsächlich schafft, mit dieser Konstellation Modernisierungsschritte zu gehen, müssen wir abwarten.

Ich gebe mich aber auch keinen Illusionen hin, dass der Markt für eine solche Berichterstattung besonders groß wäre.

Welche Fehler sollten Journalisten nicht wiederholen? Jede Darstellung eines Ereignisses ist schließlich eine Inszenierung. Die Medien spielen in diesem Zusammenhang eine ebenso wichtige wie schwierige Rolle. Die Bilder, zur Verfügung stehen, formen eine Darstellung, die die Erwartungshaltung ihrer Leser, Zuschauer oder Hörer erfüllt. Wir als Mediennutzer erwarten diese Ikonisierung, das Zuspitzen auf bestimmte Bilder und Personen. Wir interessieren uns aus Bequemlichkeit ja gar nicht für die dahinter liegenden Strukturen, sondern geben uns zufrieden damit, wenn die lybische Diktatur zum Beispiel nur über die Person Gaddafis erklärt wird. Journalisten müssten aber hintergründiger analysieren – und dadurch zeichnet sich Qualitätsjournalismus auch aus: Stammesstrukturen, religiöse Traditionen, die Funktionsweise einer Diktatur. Wenn man es gegenüber den Leserinnen und Lesern plausibel machen kann, dass die Wirklichkeit komplexer ist, als wir es uns in den Medienhypes und Bildikonen vorsetzen lassen, dann entsteht aus meiner Sicht wirklich guter Journalismus.

Thomas Großbölting und Rüdiger Schmidt (Hg.): Der Tod des Diktators: Ereignis und Erinnerung im 20. Jahrhundert, 2011.


Social Media Ranking Auf welchem Rang stehen Sie? http://socialmedienranking.de/


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Kolumne

M채nner

Ehe

KlatschAntje Tiefenthal ist unsere

Aasgeier

Blake

Korrespondentin im Land der bunten Bl채tter. Jeden Monat berichtet sie 체ber die wichtigsten Klatschthemen, die schamloseste Schleichwerbung und die ewige Frage:

Ehering

Ups Wer schreibt bei wem ab?

Ashton

Pinocchio

Blutende Herzen

Brangelina

kritik INTOUCH

Leo


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Klatschkritik

Bullshit-Bingo, Folge Drei Ruhm

Fitness-Geräte

Haarverpflanzung

Action-Helden

Fußball

Die besten Anzüge

Schuhe fürs Leben

Uhren

Parfums

Oldtimer

Porno-Stars

Erfolgreich altern

Top Style

Pisten-Outfits

Holzfäller-Hemden

Best of Gin

Und so geht‘s: Bullshit-Bingo funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie das echte Bingo. Teilen Sie ein Blatt Papier

Begriff, von dem Sie glauben, dass er im Meeting genannt wird. Fällt tatsächlich ein Schlagwort, dass Sie notiert haben, dürfen Sie das Feld ankreuzen. Sobald Sie eine Reihe horizontal, vertikal oder diagonal vollständig haben: Bingo!

Fotos: Getty

je nach Langeweilegrad der bevorstehenden Sitzung in 3x3, 4x4 oder 5x5 Kästchen ein. In jedes Feld tragen Sie einen


Kolumne

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ie Männerhefte von Gala

und INSTYLE sind wieder da! Schließen Sie bitte einmal kurz die Augen und überlegen, welche Themen für die Ausgaben wohl in den Redaktionskonferenzen beschlossen worden sind. Ihnen fallen spontan Uhren, Schuhe, Anzüge und Fußball ein? Bingo! Ob Sie es glauben oder nicht, unsere Schlagwörter stammen tatsächlich komplett aus der aktuellen INSTYLE MEN und GALA MEN. Platz für überraschende Ideen gibt es kaum. Zumindest was die INSTYLE MEN angeht: 138 Seiten Klischee. Die GALA MEN dagegen druckt neben den klassischen Männerthemen auch ein paar gute Storys ab und eine wirkliche witzige Modestrecke mit Supermodel Franziska Knuppe und den Rappern Max Herre, Megaloh und Das Bo (genau, der von „X-Factor“).


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Klatschkritik

Ups

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Apropos Gala Men: Die

GALA-Familie ist groß, die Kinder heißen GALA STYLE, WEDDING, KIDS und eben MEN. Damit die Zöglinge auch wirklich erfolgreich sind, werden sie, wann immer es geht, mit Eigenanzeigen und redaktionellen Beiträgen beworben. In GALA MEN ein Hinweis auf die STYLEAusgabe, in der GALA eine Anzeige für

das Hochzeitsheft, immer schön kreuz und quer. Bei so vielen Ablegern und so viel Eigen-PR kann man auch schon mal durcheinander kommen. Wie jetzt geschehen: Die GALA (Nr. 43/2011) druckt ein ganzseitiges Eigentor, ähm, Eigenanzeige für die GALA MEN ab – leider nicht das aktuelle Cover sondern die Titelseite aus dem vergangenen Jahr. Ups.


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Blutende Herzen

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ei Erinnern Sie sich an Blake Lively? Das war die hübsche

Blonde, deren Name Sie sich wegen ihrer Liaison mit Leonardo DiCaprio bitte merken sollten (V.i.S.d.P. #211). Die Turtelei mit dem Schauspieler ist inzwischen Geschichte, die Affäre ist genauso so schnell beendet, wie sie im Sommer begonnen hat. Von den Titelseiten verschwindet Blake Lively deswegen längst nicht. GRAZIA setzt auf die Liebeskummer-Nummer: „Das Herz von Blake Lively blutet“ und Leo „wird langsam zum Seriengefühlskiller“. Ganz anders sieht das die INTOUCH und macht Blake Lively zu „Hollywoods schlimmster MännerDiebin“. Die In spekuliert dagegen fast schon harmlos, dass die Schauspielerin „beim Schwiegertochter-Test durchfiel“. Ganz egal, was nun stimmt: Blake Lively ist und bleibt Cover-Liebling.

Klatschkritik


Kolumne

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Klatschkritik

Wie die Aasgeier

Wie die Aasgeier verfolgen die Paparazzi derzeit Ashton Kutcher und fotografieren den Schauspieler, wann immer sie ihn vor die Linse bekommen: Mal mit, mal ohne Kaffeebecher, mal mit,

mal ohne Mütze, aber immer mit Ehering. Der Darsteller von „Two And A Half Men“ soll angeblich seine Ehefrau Demi Moore mit einer jungen Blondine betrogen haben. Sämtliche Klatschblätter (BUNTE,


Kolumne

GALA, GRAZIA, IN, INTOUCH, ...) machen daraus eine Riesenstory und drucken die Bilder fleiĂ&#x;ig ab, schreiben ein paar Zeilen dazu, auch wenn es eigentlich nichts neues zu sagen gibt. Die Aasgeier scheinen nur darauf zu warten, dass Ashton

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Kutcher den Ehering abnimmt, um ihn dann endgĂźltig zu zerfleischen.


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Klatschkritik

Kleinkram

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er Goldene Pinocchio

für die Lügengeschichte des Monats geht diesmal an die Gala für ihre Titelstory „Charlène von Monaco – Eine Frau lebt gefährlich – Was die Fürstin für ihre Freiheit riskiert“. Die Geschichte selbst – Charlène und ihre modernen Ansichten – scheint nicht erlogen zu sein, dafür ist die Schlagzeile an den Haaren herbeigezogen. Wer den Text liest, weiß, dass Charlène weder gefährlich lebt noch etwas für ihre Freiheit riskiert. Die Ehefrau von Prinz Albert besuchte lediglich ohne „eine Horde von Bodyguards“ eine Modenschau.

E

ines muss Heidi Klum, Heidi Klum, immer Heidi Klum. Dies-

mal ist ihr Mann Seal in den Schlagzeilen, weil der Popstar für den tschetschenischen Diktator Ramsan Kadyrow sang und seinen Auftritt ungeschickt verteidigte. Das ist der Bunten nicht genug: Heidi muss her! „Heidi Klum - Skandal um Ehemann Seal – Schadet er ihrem Image?“ heißt es auf der Titelseite. Die Antwort im Text fällt knapp aus: „Vor allem Heidi Klum kann derzeit negative Schlagzeilen nicht gebrauchen...“


Kolumne

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ie Grazia will erfahren

haben, dass sich Angelina Jolie & Brad Pitt und dessen Ex-Ehefrau Jennifer Aniston und ihr derzeitiger Lebensgefährte Justin Theroux für ein Gruppenbild zusammentun wollen. Ist dieses Gerücht tatsächlich wahr, dann ist eines sicher: Das Foto wird eines der meistgedruckten Motive des Jahres sein, denn ein berühmteres Ex-Paar gibt es kaum.

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Ende Verlosung

Der Tipp

Es läuft

Models #

Christiane Birte Andresen gewinnt das Buch „Sich die Welt erlaufen – Wahnsinn Wüste“ von Christian Schiester. Und wo wir grad beim Laufen sind, verlost V.i.S.d.P. diesmal das Abreiß-Büchlein „Der Marathon-Coach – in 25 Wochen zum Marathon“ der deutschen Meisterin im Halbmarathon Ingalena Heuck. Ein Autorgamm ist auch dabei! Bitte Interesse anmelden unter: info@visdp.de.

Terry Richardson mag ein zweifelhafter Charakter sein, seine Fotos erscheinen aber völlig zu recht in den großen Magazinen dieser Welt. Fast noch besser ist sein Blog, wo auch die Geschichte dieser Bilder in Bildern festgehalten sind. Außerdem haben wir dort Teil am internationalen Leben eines internationalen Star-Fotografen umgeben von der internationalen Model-Elite. www.terrysdiary.com

V.i.S.d.P. – Magazin für Medienmacher

Chefredakteur: Sebastian Esser Herausgeber: Dr. Hajo Schumacher Design: Markus Nowak Redaktion: Till Schröder, Wendelin Hübner, Susan Mücke, Frank Joung, Patrick Weisbrod Lektorat: Carla Mönig Anzeigen: anzeigen@visdp.de Mediadaten: http://www.visdp.de/magazin/mediadaten/ Adresse: Lietzenburger Straße 51, 10789 Berlin Telefon: 030 2196 27287 E-Mail: info@visdp.de


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