25 / 06 / 10 Fußball! Magazin für Medienmacher
N‘Abend, allerseits! Der legendäre Heribert FaSSbender über alles, was es zur WM zu sagen gibt
! R E H C A M U H SC
Keine Frage, Guido Westerwelle nervt. Seine Art ist anstrengend, seine Haltung schwer zu begreifen, er ist überfordert. Wie kaum ein Politiker zuvor hat Westerwelle alle denkbaren Fehler nahezu auf einmal begangen. Scharfe Kritik ist berechtigt. Aber Kritik sollte immer auch das Ziel haben, Probleme aufzuzeigen und zu lösen. Das mediale Westerwelle-Bashing hat inzwischen allerdings MobbingQualitäten erreicht. Blanker Hass hat die Kritik abgelöst. Früher hieß das Klassenkeile, wenn alle blindwütig auf einen losgegangen sind – fair ist das nicht, zumal mit den Sündenbock- und PrügelknabenMechanismen nicht ein einziges Problem gelöst wird. Wie muss sich das anfühlen, wenn man morgens im sicheren Wissen aufsteht, dass es wieder mal den ganzen Tag aufs Maul gibt, wenn man keine Zeitung aufschlagen, keinen TV-Sender einschalten kann ohne der eigenen Hinrichtung beizuwohnen? Artikel 1 des Grundgesetzes gilt für alle, selbst für Westerwelle.
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Diese Stimme! Heribert Faßbender ist zwar 69, im Ruhestand und seit Jahren nicht mehr öffentlich zu hören. Aber in unser aller Unterbewusstsein schlummert sein Markenzeichen, das „N‘Abend, allerseits“. Das waren Zeiten, als die Sportschau noch „Spochtschau“ hieß und Fußballer nackenlange Frisuren und Schnauzer trugen und Weltmeister wurden. Wir wollten wissen, wie Faßbender diese WM so findet, die bisher nicht recht in Schwung gerät. Herr Faßbender, was sagen Sie zum Spiel? Haben die Ghanaer Sie überrascht? Nee, ich habe große Sympathien für Ghana. Einmal spielt dort Hans Sarpei, den ich als Mitglied des Gesellschafterausschusses von Bayer Leverkusen gut kenne und schätze. Und dann kann ich mich an ein wunderbares Spiel erinnern, das vorher nach nichts aussah: Ghana gegen Tschechien bei der WM 2006. Tschechien brauchte einen Sieg zum Weiterkommen, es stand dann aber schnell 2:0 für Ghana. Und die Leute in Köln haben Karnevalslieder angestimmt
und „Steht auf, wenn ihr für Ghana seid“ gesungen. Es war eine exotische Stimmung, die Ghanaer hatten Tränen in den Augen und haben gesagt: „Diesen Zuspruch haben wir noch nie erlebt.“ Der Sieg der Deutschen am Mittwochabend war verdient, aber alles andere als glanzvoll. Die südafrikanischen Stadien sind nicht voll, die Leistungen der Beteilig-ten eher mäßig. Das Sommermärchen ist vorbei. Wie beurteilen Sie denn die Leistungen der Medien? Also, ich kritisiere grundsätzlich keine Kollegen in der Öffentlichkeit. Das fände ich doof. Aber soviel kann ich sagen, die ARD-Kollegen gefallen mir alle drei gut. Es gibt inzwischen Superzeitlupen, Countdown, Freiluft-Moderationen auf dem Marktplatz – kann man als Kommentator glänzen, wenn das Spiel enttäuscht? Man kann natürlich nicht im ersten Satz gleich das teuer erworbene Produkt mies machen, aber im Resümee sollte das ein guter Reporter schon
gramm. Das hatten uns die Privaten vorgemacht. Ich finde zum Beispiel, dass RTL die FormelEins-Übertragung sehr gekonnt umsetzt. Letztendlich hat aber der Zuschauer entschieden. Warum funktioniert bei den Kommentatoren das Pärchenmodell nicht? Sie haben es ja 1990 mit Karl-Heinz Rummenigge versucht und dann aber aufgegeben. Im Ausland wird das mit Erfolg praktiziert. In Deutschland wurden die Kommentatoren-Duos nicht angenommen – weder bei uns noch bei anderen. Damals hatten wir mit Kalle Rummenigge sogar Heribert Faßbender einen der intelligentesten Ex-Spietun, und es nicht allein dem Experten ler. Möglicherweise wäre Rummenigge im Studio ein ähnlicher Erfolg im Studio überlassen. Wie stehen Sie zu Moderatoren-Du- geworden wie jetzt Netzer. Interessanterweise kommt die Lösung zu os? Einem Trend folgend haben wir Günter zweit im Studio sehr gut an. Netzer 1998 für die WM in Frankreich gewonnen, der mit Gerhard Delling TV-Kommentatoren erklären das auf Anhieb großen Erfolg hatte. Da- Spiel, bewerten die Spieler, decken bei haben wir die Erfahrung gemacht, Fehler auf – und ganz Deutschland dass die Vor- und Nachberichte von redet darüber. Muss unheimlich Spaß den Zuschauern weitaus mehr einge- machen, so viel Einfluss. schaltet wurden als das normale Pro- Es sollte keinem der Kommentatoren
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darum gehen, Macht am Mikrofon auszuüben. Der eine macht seinen Job so, der andere so. Ich war 40 Jahre am Mikro – Fernsehen und Radio –, diesen Gedanken hatte ich nie. Bei ehemaligen Spielern diskutiert man gerne, ob sie im heutigen Fußball noch bestehen könnten. Das Spiel wird immer schneller und athletischer. Könnten Sie sofort wieder einsteigen als Reporter? Damit habe ich abgeschlossen. Das habe ich ja schon 2006 als Sportchef nicht mehr getan, obwohl mir mein Intendant vorgeschlagen hatte, das eine oder andere Spiel selbst zu kommentieren. Letztes Jahr haben sie mich gefragt, ob ich bei einem Nostalgietag der Tennis-Mannschaftsweltmeisterschaft in Düsseldorf noch mal moderieren wolle. Das habe ich gemacht, das ist Tennis, da biste sofort drin. Handwerklich hätten Sie also kein Problem, wieder als Reporter zu agieren? Nein, aber ich muss sagen: Es gibt nicht die geringste Wehmut. Ich genieße diese WM erstmals seit langer Zeit als Fernsehzuschauer. Als Reporter vor Ort siehst du meist nur das
Spiel, das du kommentierst, bei den anderen bist du auf der Hin- oder Abreise. Ich schaue mir zwar nicht alles an, aber ich könnte drei Spiele am Tag sehen. Und HD, muss man sagen, ist eine Qualitätsverbesserung.
mich sofort korrigiert habe. Wohl aber auf ein Zitat aus dem Spiel Deutschland gegen Holland bei der WM 1990 in Italien, als Rudi Völler von Frank Rijkaard in den Nacken gespuckt wurde, sich beim Schiedsrichter beschwerte,
» Meinen Namen wissen sie nicht mehr, aber das „N‘Abend, allerseits“, das kennen die noch. « Es gibt also kein Comeback? Nein, absolut nicht. Ich bin jetzt 69 und immer noch durch meine Tätigkeit bei Bayer Leverkusen dem Fußball verbunden. Gerade verhandeln wir mit Michael Ballack über eine Rückkehr. Er war bei uns – er hat sich damals hier sehr wohl gefühlt – jetzt muss er sich entscheiden.
und dafür genauso wie der Holländer vom Platz geschickt wurde. Damals habe ich gerufen: „Schick diesen (argentinischen) Schiri zurück in die Pampa.“ Viele Zuschauer glauben, bei dieser WM müssten auch einige Schiedsrichter zurück in die Pampa. Das höre ich in diesen Tagen öfter. Werden Sie auf der Straße erkannt? Erstaunlicherweise immer noch. Manchmal fällt den Leuten allerdings mein Name nicht mehr ein, dann begrüßen sie mich einfach mit dem „N‘Abend, allerseits“ aus der Sportschau.
Bei der WM 2002 haben Sie im Spiel Deutschland gegen Paraguay ein Tor gesehen, das keines war. Hängt Ihnen das noch nach? Das war damals eine Medienproblem, darauf werde ich heute überhaupt nicht mehr angesprochen, zumal ich Interview: Frank Joung
ürger b n e b ie S e t t Anne ernsehF e u e n t s u g wird ab Au BAim e b n fi e h c s g Unterhaltun FUNK D N U R N YERISCHE Thomas r e g n ä g r o V (BR). Ihr zender it s r o V n n a d d Jansing wir „Sternn o ti k A z fi e n der BR-Be stunden e.V.“.
Tommy Wosch ist einer der wenigen Gründe, nicht wegzuschalten, wenn die Musik aufhört. Bei FRITZ (RBB) moderierte er inzwischen legendäre Sendungen wie „Bollmann“, „Blue Moon“ oder „Das Fritz Kneipenquiz“. „Ab 18“ ist nun sein letzter Job für den Sender, denn er verlässt FRITZ, der „jungen Moderatoren eine Chance geben“ will. Muss man Leute wie Wosch dafür loswerden?
Ralph Kots ch wird neue r Stellver tretender Chefredakt eur und Re ssortleiter Berlin/Bran denburg de r BERLINER ZEITU NG. Er sch afft den seltenen S prung aus der Pressestelle de s RBB zurü ck in den Journalism us.
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Florian K ol wird ne f ue Chefreda r Stellvertreten der kte BLATT O ur von HANDEL NL Sdem New INE. Er kommt a us sroom de s g ed HANDEL SBLATTS ruckten .
Frauen fragen: »wie bin ich?« – Männer fragen: »wie war ich?« Roman Maria Koidl – Autor Scheisskerle
iland e W nn O a i s b e a d d. F eur Dr. me r Chefredakt DA. E M N ue l O e a n t r d o r Vii p s r w t i e e h h s i d ar b sun line-Ge obierte Arzt w rt zu Axel hö pr Der ap ONMEDA ge f. ze-Che er. Spring CKER+++ TICK ER +++ TICKER +++ TI +++ Manfred Fis cher wird neuer Chef der ALLGEME INEN BÄCKER ZEITUNG. +++ Fran k B. Werner hat von Axel Springer d ie Titel EURO und EURO AM SON NTAG gekauft, w o er Geschäftsführer war. Nun übernim mt der Neue selbst d ie Chefredaktion und führt eine Zentr alredaktion ein. +++ Christina von U ngern-Sternberg wird neue Moderatorin bei PHOENIX. ++ +
© Jim Rakete
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JOBWECHSEL DER WOCHE
| Hoffmann und Campe |
Das Medientagebuch Samstag: Die internationalen Nachrichtenagenturen boykottieren die Berichterstattung über die Hochzeit der Kronprinzessin von Schweden. Sie wollten bessere Bedingungen, die Fernseh-Bilder zu nutzen. DPA berichtete aber. MONTAG: Wolfram Weimer hält in einem Münchner Hotel seine Antrittsrede als FOCUS-Chef. „Fakten, Fakten, Fakten“ will er durch „Relevanz, Relevanz, Relevanz“ ersetzen. Dienstag: Bundesinnenminister de Maizière hält eine Woche nach der Justizministerin eine Grundsatzrede zum Internet. Er schlägt neue Formen der Gegendarstellung für das Netz vor. gestern: Kai Diekmann antwortet mit einem ironischen Rache-Video auf eine Urlaubs-Roaming-Rechnung der Telekom über 42.000 Euro.
Jimmy Schulz, weil sich der FDPler in einem bewunderswerten Akt zivilen Ungehorsams gegen die Geschäftsordnung des Bundestags stemmt und vom iPad abliest. Jetzt ist er berühmt. Mal sehen, wie lange.
» Va te faire enculer, sale fils de pute «
Frankeichs Nationalspieler Nicolas Anelka zu Trainer Raymond Domenech. Eine wörtliche Übersetzung dieses schönen Fluches suchte man in deutschen Medien vergeblich. Das erledigt der V.i.S.d.P.-Service: „Lass Dich in den Arsch ficken, Du dreckiger Hurensohn“
3,8
Millionen Euro Verlust machte die DPA im vergangenen Jahr. Gründe sind der Umzug nach Berlin, aber auch Einnahmeausfälle: Die WAZGruppe hat gekündigt
Gewinner
Verlierer
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DIE MEDIENWOCHE
Liebling der Woche Lieber Rolf von Seelmann-Eggebert! Wir sind immer noch ganz benommen von der rauschhaften Trauung in Schweden. Die Damen in der Redaktion begutachten nun die Trainer bei McFit auf ihre Traumhochzeitstauglichkeit (Wem steht eine Hornbrille?). Das Video würden wir dann von Ihnen kommentieren lassen, nur von Ihnen. Okay?
Rolf Töpperwien darf eigentlich nur noch wegen seiner kurzen Leitung zu Otto Rehagel auf den Schirm. Der sagt nun aber auch zu „Töppi“: „Alles Privatsache!“
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NETZERDELLING DER WOCHE (2)
danke, Anko!
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MONTAG SCHÜLERZEITUNGS-WETTBEWERB, HAMBURG Der Gesamtsieger des SPIEGEL-Schülerzeitungswettbewerbs 2010 ist der INNFLOH des Ruperti-Gymnasiums in Mühldorf am Inn. SPIEGEL-Chef und Jury-Vorsitzender Mathias Müller von Blumencron empfing alle Ausgezeichenten in der SPIEGEL-Kantine – die ja auch ein bisschen wie ein Schülermitverwaltungsraum aussieht – und überreichte Statuen an Redakteure von 23 Schülerzeitungsredaktionen.
Gesamtsieger INNFLOH; das beste Titelbild hatte COLLEGEBLOCK aus Erfurt
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Sieht professionell aus, fast: weitere ausgezeichnete Sch端lerzeitungen
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Gruppenbild mit Chefredakteur (wer findet ihn?)
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inbox (4) Per Flüsterpost änderte sich im Lauf der Woche der Absender einer kleinen Meldung
IMPRESSUM
MEEDIA: „Benjamin von Stuckrad-Barre will offenbar ins Late-Night-Geschäft einsteigen. Wie ViSdP berichtet, hat der Schriftsteller und Journalist in Berlin zwei geheime Sendungen in Berlin [sic!] aufgezeichnet.“ +++ DWDL: „Laut einem Bericht des Branchen-Newsletters „V.i.S.d.P.“ soll ZDFneo Interesse an dem Format geäußert haben.“ +++ TV TODAY: „Vom Gagschreiber zum Gastgeber: Kolumnist und Buchautor Benjamin von Stuckrad-Barre soll laut Informationen des Mediendienstes DWDL.de eine eigene Latenight-Show bekommen.“ +++ KRESS.DE: „Wie die dpa berichtet haben beide in der vergangenen Woche unter dem Titel „Stuckrad Late Night“ in Berlin-Neukölln zwei Testausgaben aufgezeichnet.“ Herausgeber Dr. Hajo Schumacher Chefredakteur Sebastian Esser Stellvertreter des Chefredakteurs Wendelin Hübner Stellvertretende Chefredakteurin Susan Mücke Leitender Re-
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dakteur Patrick Weisbrod Leiterin Lektorat Carla Mönig Zentrale V.i.S.d.P., Lietzenburger Straße 51, 10789 Berlin Telefon: 030 2196 2728 7
Der TIPP Hören Sie das Achtelfinale am Sonntag doch mal im Radio an, zum Beispiel auf der Autobahn. Wir haben das im entscheidenden Vorrundenspiel vorgestern ausprobiert – wenn auch unfreiwillig – und waren angetan. So freie Fahrt ist selten, und Kommentatoren wie Sabine Töpperwien und Alexander Bleick haben es wirklich drauf, das berühmte Kino im Kopf. Schön aber auch diese Radio-Fußball-Klischees, ohne die man so viel Zeit offenbar nicht gefüllt bekommt: „Müsste schießen!!! ... aber da ist wieder ein ghanaischer Abwehrspieler dazwischen, das Spiel geht weiter“ etc. FOTOS: S.1/2: WDR; S.4: Wikipedia, RBB, BR, VGH, ONMEDA; S.5: NDR; S.6-9: DER SPIEGEL/ Manfred Witt; S. 10: ARD.
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