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17 / 09 / 10 Magazin für Medienmacher

die neue dpa ist nicht wolfgang büchner sagt Wolfgang Büchner. Glauben sie ihm kein Wort.

Unser Motto: Talk ist geil!

! R E H C A M U H C S

Peer Steinbrück hat ein Buch geschrieben, in dem er noch einmal die Dramatik der heißen FinanzkrisenNächte nacherzählt und natürlich seine Heldenrolle. Auch der schnell vergessene Wehner-Kopist Peter Struck hat ein Buch geschrieben, Thema: Ich war auch mal irgendwie wichtig. Und alsbald kommt noch Koch mit seinem mäßig ersehnten Erstling unter dem originellen Titel „Konservativ“. Warum müssen Politiker immer erst Aussteiger-Programme absolviert haben, um ihr früheres Treiben zu rationalisieren und dann auch noch gute Ratschläge verteilen? Steinbrück, Struck und Koch hatten insgesamt ein halbes Jahrhundert Zeit, um kluge Gedanken in Handeln umzusetzen. Warum bremste Steinbrück die Spekulanten nicht, als er die Macht dazu hatte; warum dümpelte Struck über Jahre im Meer des Mittelmaßes, warum suchte Koch nicht den innparteilichen Kampf, wenn er so besorgt ist ums Konservative? Jetzt fehlt eigentlich nur noch Pofalla mit dem Kracher: „Ich auch“.


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Der Chefredakteur fährt mit den Armen seine „multimedialen Achsen“ entlang. „Das sind die Lebensadern“, sagt Wolfgang Büchner. Die Ressorts reihen sich hintereinander auf, um das Herz, den Newsdesk im Zentrum des Ganzen, mit Nachrichten zu versorgen. Die diensthabenden Nachrichtenchefs (NCs) pumpen von hier aus pausenlos Text und Bild ins Land. 152 Meter lang ist der neue DPANewsroom, den Büchner am Mittwoch offiziell dem Bundespräsidenten und dem halben Kabinett vorgestellte. Auf 3.800 Quadratmetern verteilen sich zwischen schallschluckendem Teppich und Kühldecke 300 Arbeitsplätze mit je zwei oder drei Bildschirmen. Der riesige Raum ist strukturiert nach Büchners Plan: Er hat ihn sich während seiner Besuche bei verschiedenen Agenturen abgeschaut – bei APA in Wien, AP in New York, auch beim TELEGRAPH in London. „Die neue DPA ist nicht Wolfgang Büchner“, sagt Wolfgang Büchner. Mag sein. Aber seit Wolfgang

Der neue Newsdesk, das Herz der DPA


Büchner hier angefangen hat, ist bei der Deutschen Presseagentur so gut wie alles neu. Nur ein Jahr Magazin für Medienmacher hat er gebraucht, um aus einer zuverlässig schnaufenden Nachrichten-Dampfmaschine einen leise dahingleitenden Multimedia-ICE zu machen. Der Umzug von Hamburg nach Berlin ist geschafft, das neue Redaktionssystem „Ines“ wird Schritt für Schritt ausgerollt, Reformen an Sprache, Schreibe und Sorgfalt scheinen zu greifen. Wie hat er das gemacht? Der Umzug in die Hauptstadt war zwar so gut wie beschlossen, als DPA Büchner im März 2009 von SPIEGEL ONLINE abwarb, um dem nach 19 Jahren in Rente gehenden Wilm Herlyn zu folgen. Auch war klar, dass die Agentur modernisiert werden musste. Aber dass der Wandel so schnell gehen und so radikal ausfallen würde, erwarteten die Wenigsten. Nach seinem Antritt verkündete Büchner der versammelten Mannschaft sein Rezept gegen den Ansehensverlust, den die Agentur in den vergangenen Jahren erlitten hat. DPA solle wie ein zusätzlicher Kollege mit am Tisch sitzen, wenn die Zeitung von morgen gemacht wird, sagte er. Büchner trimmte die DPA auf Zukunft: Online ist nun

Stehkonferenz Im Zentrum der Berliner Zentralredaktion


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wirklich, wirklich wichtig. DPA NEWS ist eine besonders einleutende Idee: Exklusiv für ihre Kunden gewichtet und filtert DPA die Themen des Tages in einem eigenen übersichtlichen Online-Portal und erobert sich damit die Bedeutung als Agenda-Setter zurück, den SPIEGEL ONLINE inzwischen in vielen Redaktionen übernommen hat. Große Veränderungen bei laufendem Betrieb sind bei einem Nachrichtenriesen wie DPA nur alle paar Jahrzehnte mal durchführbar. Für Büchner kamen mehrere günstige Bedingungen zusammen: Der Umzug ermöglichte eine neue Organisation, die Notwendigkeit von Reformen in allen Bereichen war nicht zu übersehen, und zudem nimmt sich gerade ein potenter Konkurrent vor, DPA überflüssig zu machen: Die aus deutscher AP und DDP hervorgegangene DAPD lockt mit niedrigen Preisen und macht den Marktführer nervös. Recht unsouverän wandte sich DPA ans Kartellamt, gegenseitig überzogen sich die Konkurrenten mit Klagen. Mancher verwendet das Wort Agentur-Krieg. Dabei ist Wolfgang Büchner kein Testosteron-Chefredakteur. Er sieht

noch jünger aus als 44, auf dem Gesicht trägt er meistens ein nettes Lächeln, in der gepflegten Frisur – leicht nach hinten geklebt – steckt oft eine Sonnenbrille. Er ist ein moderner Chef, über den bei seinen Mitarbeitern trotz aller Zumutungen und Reformen kein schlechtes Wort zu hören ist. Er hat Arbeitsgruppen gebildet, Vorschläge eingesammelt, diskutiert und beteiligt, wo es ging. Er kommuniziert, statt zu dekretieren, aber setzte von Beginn an klare Zeichen: Lieber spät als falsch, verkündete er als Motto. Gesponsorte Pressereisen schaffte er ab. Sein Sprach-Entstaubungsprogramm ermöglicht nun ganz modern softe statt harte Leadsätze. Kommas im ersten Satz! Bisher undenkbar. Die weite Fläche der Zentralredaktion aus Glas, Bildschirm und Mensch ähnelt von oben betrachtet einem Computerbauteil. Transparenz und Kommunikation, das waren die wichtigsten Anforderungen, denen die neue Zentrale entsprechen sollte. Jeder Redakteur ist hier Teil eines Prozesses – wichtig, aber austauschbar. Es ist kein Platz für Kätzchenfotos und selbstgezogene

Gummibäume – die Schreiber haben keine festen Tische, nur ein kleines Schließregal für ihren Kram. Aus Frankfurt kam vor wenigen Wochen die Bild-Redaktion, aus Berlin-Mitte zogen die Politikredakteure und die Hauptstadtreporter um, aus Hamburg der große Rest. Es ist ein Neuanfang – für die Redakteure und auch für die Agentur an sich. 64 Mitarbeiter wollten das alles nicht mitmachen. Sie blieben in Hamburg und wurden recht gut abgefunden oder in einer Transfergesellschaft auf ein Leben auch außerhalb des Journalismus vorbereitet.

sorgte für stillen Ärger – mancher DPAler, der schon länger in der Provinz die Stellung hält, hatte auf einen Platz in der Zentrale gehofft. Umzug, neues Redaktionssystem, Online-Offensive, Sprachneuerungen – Büchners Ruckreformen kamen heftig, aber nicht zu früh. Es ist möglich, dass bald mehr Verlage den Dienst abbestellen oder zur Konkurrenz wechseln, die sich keine 50 Auslandskorrespondenten leistet. Dabei führt gerade Kostendruck dazu, dass die Zeitungen mehr DPATexte drucken, und online versorgt der DPA-Infocom-Ticker einen Groß-

» Die Bedeutung der DPA wird größer, obwohl ihre Zukunft unsicherer ist also je zuvor « Die meisten von ihnen haben keinen festen Redaktionsjob gefunden, heißt es beim DJV. Nur 30 neue Redakteure wurden in Berlin neu eingestellt, darunter allein neun von der deutschen AP, wo Büchner einmal gearbeitet hat. Das

teil der deutschen Nachrichtenseiten mit einem Einheitsprogramm. Es ist paradox: Die Bedeutung der DPA wird immer größer, obwohl ihre Zukunft unsicherer ist also je zuvor. Text: Sebastian Esser


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Dunja Hayali bekommt einen neuen Titel: Sie darf sich statt Patricia Schäfer, die nach London wechselt, nun Hauptmoderatorin des ZDF-Morgenmagazins nennen. Peter Pfänder ist neuer Chefredakteur des Magazins ABENTEUER UND REISEN. Er ist Nachfolger von Wolfgang Ehrnsperger. Michael Klonovsky, bisher FOCUSCvD, wird Leiter des neuen Debatten-Ressorts. Er ist auch Dichter („Lebenswerte“). Nadine Uhe heißt die neue Redaktionsleiterin des monatlich erscheinenden ReweFrauenmagazins LAVIVA.

Zurück zum Kuschelsender Beim ganzen Talkshow-Hin-und-Her hat es die ARD offenbar versäumt, Harald Schmidt genug Respekt zu zollen. Er geht zurück zu SAT.1 und will so weitermachen wie vor sieben Jahren. Nur drei Mal insgesamt habe er überhaupt jemanden von der ARD getroffen, motzt Schmidt in der ZEIT.

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JOBWECHSEL


DIE MEDIENWOCHE

Das Medientagebuch MONTAG: Die Auslandskorrespondenten der TAZ protestieren per YouTube gegen eine pauschale Pauschalen-Kürzung. TAZ-Chefin Ines Pohl will „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“. DIENSTAG: Die Seite DEPUB.ORG veröffentlicht 200.000 TAGESSCHAU.DE-Texte, die aufgrund des Rundfunkänderungsstaatsvertrags gelöscht werden müssen. Mittwoch: Nach ausgiebigem Getage beschließen die Intendanten der ARD unter anderem, einen oder zwei der drei Digitalsender einzustampfen. MITTWOCH: Vergangenen Dienstag twitterte V.i.S.d.P. als erster das YouTube-Video von StuckradBarres Begegnung mit Thilo Sarrazin. Eine Woche später sendet es ZDF NEO wegen des großen Interesses.

Thomas Wiegold, weil der BundeswehrExperte und ehemalige FOCUS-Redakteur nun versucht, von seinem Blog „Augen geradeaus“ zu leben. 400.000 PIs – da geht doch was, oder, Werber?

» Talk ist geil «

Gewinner

sagt ARD-Programmdirektor Volker Herres. Wäre das nicht ein schönes neues Motto für‘s Erste? „ARD – Talk ist geil!“

42 Millionen Euro investiert der Mittelrhein-Verlag, Herausgeber der für ihre vielfältigen Online-Aktivitäten bekannten RHEIN-ZEITUNG, in ein neues Druckhaus. Zum Drucken! Von Texten auf Papier!

Verlierer

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LIEBLING der wochE Liebe Susanne Daubner, wenn Sie die „Tagesschau“ sprechen, sind wir zuverlässig um kurz nach Acht hypnotisiert. Nein, Ihre Stimme ist es nicht, die uns in Trance versetzt, auch nicht ihre Augen. Es ist das Funkeln Ihres Ohrschmucks. Hinterher wissen wir zwar nie, was in der Welt passiert ist. Dafür fühlen wir uns herrlich erholt.

Sandra Maischberger und Maybrit Illner, weil die Freundinnen wahrscheinlich am Donnerstag direkt gegeneinander senden müssen.


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Survivor Neuseeland

So sind wir „Folgende Eigenschaften treffen auf Journalisten in Deutschland zu“, hatten die Meinungsforscher von Forsa vorgegeben. Das Ergebnis ist eigentlich recht schmeichelhaft. Gebildet, hartnäckig und gut informiert sind sie in den Augen von 1001 im Auftrag der Akademie für Publizistik Befragten. Die 62 Prozent, die Journalisten für manipulativ halten, trüben das Bild.

Liebe FAZ, da lachen auch Goebbles und Hilmmer

Das erste vor 24 Jahren während ihres Volontariats in Los Angeles, das letzte vor knapp zwei Wochen. In ihrer Wahlheimat Christchurch bebte am 4. September um halb fünf Uhr früh die Erde so heftig wie in Haiti (7,1 auf der Richterskala), aber wie durch ein Wunder gab es in der zweitgrößten Stadt Neuseelands keine Toten. Das Haus der SüdseeAutorin, TAZ-Kolumnistin und freien Korrespondentin (FAZ, FTD, MARE, GEO) steht noch, bis auf Schornstein und Kamin. „Von wegen hier unten, kurz vor der Antarktis, sei nichts los“, sagt sie in bester Trümmerfrauenmanier. Die ständigen Nachbeben in diesen Tagen seien lästig, aber: „Jetzt wissen die Auslandsredaktionen endlich mal, wo Christchurch liegt.“

Frauen fragen: »wie bin ich?« – Männer fragen: »wie war ich?« Roman Maria Koidl – Autor Scheisskerle

© Jim Rakete

Vielleicht liegt’s am Nachnamen: Anke Richter, südlichstes Mitglied des Korrespondentennetzwerks Weltreporter, hat zum zweiten Mal im Laufe ihrer Karriere ein schweres Erdbeben erlebt.

| Hoffmann und Campe |


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SPIEGELBestseller

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SONNTAG RTL-UMZUG, KÖLN Seit Sonntag sendet nun auch „RTL Aktuell“ aus den neuen Studios in den ehemaligen Messehallen am anderen Rhein-Ufer in KölnDeutz. 80.000 Quadratmeter belegt dort die Sendergruppe mit VOX, N-TV, SUPER RTL und Produktionstöchtern. Alles neu, alles digital, alles HD. Alaaf!

Nachher ...

Platz 3 in der Schweiz

Platz 8 in Österreich

5 Monate im Markt 6 Auflagen vergriffen 15 Wochen SPIEGEL Top 10 Bald 100.000 Exemplare verkauft

... vorher

| Hoffmann und Campe |


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Die Leserinnen sagen: »Endlich ein Mann, der es wagt, die Wahrheit zu sagen.« Anita

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»Volltreffer!« Annika »Ich war gefesselt, das war viel tiefer und ernster, als der Titel erwarten ließ.« Daniela »Das Buch beantwortet die quälende Frage nach dem ›Warum‹.« Elke

Und wo stellen wir den Fernseher hin?

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»Das Buch ist der Hammer!« Eveline

| Hoffmann und Campe |


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Die Presse sagt: »Ein gnadenlos ehrliches Buch« BLICK, Schweiz

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»Koidl beschreibt ein Phänomen.« Hamburger Abendblatt »Roman Koidl hat gute Antworten.« WOMAN, Österreich

Heute kommt nix

© Jim Rakete

»Koidl entlarvt die Strategien der Beziehungsneurotiker.« Berliner Kurier

| Hoffmann und Campe |


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Unternehmer als Bestsellerautor Roman Maria Koidl wurde 1967 geboren. Der Unternehmer ist unter anderem Inhaber der Marke »MOST Schokolade« Er war mehrere Jahre Dozent für Kommunikation und Wissenstransfer in Wien. Als private Passion betreibt er die »Kunsthalle Koidl« in Berlin, eine Ausstellungshalle für Sammlungen zeitgenössischer Kunst. 2001 wurde er zum Entrepreneur des Jahres nominiert, 2006 für das neue MOST-Design vom Art Directors Club ausgezeichnet und 2008 für den Innovationspreis der Union Mittelständischer Unternehmen nominiert. Nach Radio Business, Convenience Stores und Museum Management ist Scheißkerle sein erstes erzählerisches Sachbuch. Roman Maria Koidl lebt in Zürich.

Ich will einfach nur einen Kaffee

© Jim Rakete

www.scheisskerle.de

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Dieses Bild benutzte die staatliche ägyptische Zeitung AL-AHRAM, um die Nahost-Verhandlungen zu bebildern. Vorneweg schreitet mutig Hosni Mubarak. Das Bild ist allerdings eine Fotomontage – in Wirklichkeit trottete der ägyptische Präsident recht abgeschlagen hinterdrein (rechts).

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Herausgeber Dr. Hajo Schumacher Chefredakteur Sebastian Esser Stellvertreter des Chefredakteurs Wendelin Hübner Stellv. Chefredakteure Susan Mücke, Frank Joung Leitender Redakteur Patrick Weisbrod Leiterin Lektorat Carla Mönig Adresse Lietzenburger Straße 51, 10789 Berlin Telefon 030 2196 27287

Der Tipp Wer gern Interviews liest, gute, kritische Interviews, und sich für Medien interessiert, ganz allgemein, der ist mit diesem Buch bestens bedient: In „Die Casting-Gesellschaft“ befragen Studierende 25 Menschen aus dem Show-Geschäft, Leute wie Heide Simonis, Thomas Stein, Inka Bause, Anke Engelke, Dieter Wedel, Schönheitschirurg Werner Mang, Christian Schertz, Norbert Bolz, Fiona Erdmann, Christian Rach oder Oliver Kalkofe. Andere standen nach zehn Minuten auf, autorisierten das Gespräch nicht oder schickten einen Medienanwalt, um die Veröffentlichung zu verhindern. FOTOS: S.1-4: DPA; S.5: WDR, ZDF, ABENTEUER UND REISEN, Burda, G+J; S.6: TAZ, NDR, WDR, AUGEN GERADEAUS; S.7: privat, NDR; S.8-11: RTL.

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Mubarak vor


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