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Für Fräuleins

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Magazin für Medienmacher

Warum Journalisten nicht wissen wollten, was in diesem Buch steht

! R E H C A M U H C S Die hartfaserfrisierte Ministerin war so begeistert, dass sie gleich mal der Nürnberger Anstalt das Verkünden der Arbeitslosenzahlen wegschnappte. Unter 3 Millionen. Eine Sensation? Nein, eher amtlicher Schwindel. Die Statistik misst einfach das Falsche. Kann gut sein, dass 2012 nur noch zwei Millionen Arbeit suchen, aber das ist nicht das Erfolgskriterium für eine moderne Gesellschaft. Schlaue Soziologen wie Heinz Bude weisen darauf hin, dass sich der Erfolg eines Gemeinwesens an Chancen und Willen zu gesellschaftlicher Teilnahme und Teilhabe bemisst. Es geht nicht nur um das Verrichten irgendwelcher Tätigkeiten, sondern um Mitmachen. Eine ehrliche Statistik würde verraten, wer über genug Bildung, demokratisches Bewusstsein und selbst verdientes Geld verfügt, um als selbst verantwortlicher Bürger Miteinander mit zu gestalten. Die Zahl der anderen, der aussichtslos Abgehängten, wäre eine wirklich aussagekräftige Größe.


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„Das Amt und die Vergangenheit“, der am Montag erschienene Bericht der Historikerkommission, die die Rolle des Auswärtigen Amtes in der Nazizeit und danach untersuchte, nimmt in den deutschen Medien viel Raum ein. Es ist ein Rätsel: Warum war der Journalismus in Deutschland sechs Jahrzehnte lang nicht in der Lage, uns ein ähnlich klares Bild vom Charakter des Ministeriums zu machen, wie es nun die Wissenschaftler in beeindruckender Weise tun? In der FAZ, deren Herausgeber Frank Schirrmacher am Sonntag das gesamte Feuilleton eigenhändig mit Texten und Interviews zum Thema füllte, wird diese Frage angeschnitten. In einem Nebensatz gesteht Schirrmacher ein, dass unter anderem auch seine Zeitung zu wenig kritisch war – eine ungewöhnliche Distanzierung. Ist der ehemalige FAZ-Herausgeber Joachim Fest gemeint, Mentor Schirrmachers und Ghostwriter der Autobiografie von Albert Speer, der Hitlers kultiviertem Architekten so manche Lüge abkaufte?

Das Verstörende der Studie entsteht nämlich aus dem Kontrast von systematisiertem Massenmord und dem Ideal des gebildeten, wohlerzogenen deutschen Diplomaten, dem reinsten Ausdruck zivilisierter Bürgerlichkeit. Diese Illusion zu zerstören gelang dem Journalismus nicht. Per Mail fragten wir Christina von Hodenberg, Historikerin an der Queen Mary University in London und Expertin für Mediengeschichte, wie Journalisten nach dem Krieg mit den Tätern der Nazizeit umgingen. Frau von Hodenberg, Ihr Kollege Eckart Conze spricht nach seiner Arbeit in der Historikerkommission vom Auswärtigen Amt in der Nazizeit als einer „verbrecherischen Organisation“. Eher am Rande wird bemerkt, dass auch große Journalisten-Persönlichkeiten der Nachkriegszeit verhinderten, dass so ein Befund früher formuliert wurde. War die Presse in der frühen Bundesrepublik kein Motor der Aufarbeitung? Es wäre viel verlangt, die gesamte Presse der 50er und 60er Jahre als

Motor der Aufarbeitung sehen zu wollen. Es gab natürlich große Unterschiede zwischen den Zeitungen und Radiosendern. Aber die meisten Journalisten konnten sich darauf einigen, dass man die „richtigen Verbrecher“, die „schlimmen Nazis“, an den Pranger stellen – und die Mitläufer in Ruhe lassen sollte. Mitläufertum wurde damals sehr weit definiert; man musste also schon ganz nahe persönlich am Massenmord drangewesen sein, um als „richtiger Verbrecher“ zu gelten. So erklärt sich, dass die Presse zum Beispiel breit über den Eichmann-Prozess und den Auschwitz-Prozess berichtete (in den frühen 60ern), aber über Schreibtischtäter und die ganz normale Verstrickung der Diplomaten, Beamten, Professoren, Ärzte und so weiter im großen und ganzen schwieg. Oft speiste sich das Schweigen auch aus dem Wunsch, die Stabilität der neuen Demokratie in Westdeutschland nicht gefährden zu wollen. Denn es waren natürlich überall auf breiter Basis Mitläufer re-integriert worden, und darüber öffentliche Diskussionen zu führen, das war dann doch ein Risiko.

Christina von Hodenberg Welche Rolle spielte es, dass die von Alters wegen unbelasteten – weil zu jungen – Journalisten beim Aufwachsen von nationalsozialistischer Propaganda geprägt wurden? Die „jungen“ Journalisten – also die in den 20er und frühen 30er Jahren geborenen – waren meistens durch die Hitlerjugend und den Glauben an Hitler vorgeprägt, aber im negativen Sinne. Die katastrophale Niederlage und die Entdeckung der NS-Verbrechen bewirkte bei sehr vielen dieser jungen Journalisten, dass sie sich 1945 von den Nazis betrogen fühlten und alles daran setzen wollten, in


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Zukunft einen Rückfall in eine neue Diktatur zu vermeiden. Deswegen arbeiteten viele später bewusst auf eine Stabilisierung der Bundesrepublik hin. Gleichzeitig muss man sagen, dass diese jungen Journalisten (ich nenne sie „45er“, weil 1945 der zentrale Wendepunkt für sie war) genauso wie ihre älteren Kollegen vor der Bloßstellung von Mitläufern zurückschreckten. Erstens weil sie selbst die Anziehungskraft der NS-Ideale noch kannten. Zweitens weil sie die Republik stabilisieren wollten. Und drittens weil sie selbst von Kollegen und Chefs abhingen, die oft in diese Kategorie fielen. Wie hat sich Gräfin Dönhoff verhalten, der nun nachgesagt wird, sie habe Ernst von Weizsäcker geschont? Gräfin Dönhoff gehörte nicht zu den „45ern“, sie war etwas älter. Man kann sie durchaus als klare Anti-Nationalsozialistin einordnen. Sie hat sich 1954 mutig gegen den damaligen Chefredakteur der ZEIT Richard Tüngel gestellt, als der einen Artikel des nationalsozialistischen Vordenkers Carl Schmitt drucken ließ. Dönhoff protestierte damals dagegen,

dass die ZEIT „Nazibonzen“ und „Nihilisten mit Bügelfalten“ wieder zu Wort kommen ließ. Sie kündigte, und die Palastrevolte führte zu einem Gerichtsverfahren, in dem der Verleger Bucerius sich durchsetzte. Erst damals, 1955, wurde die ZEIT zu einem liberalen Wochenblatt. Vor 1955 hatte die ZEIT einen klaren Rechtsdrall. Wie beurteilen Sie die Haltung von Rudolf Augstein, der auch ehemalige SS-Leute als Redakteure beschäftigte? Ich sehe Augstein und die SPIEGEL-Redaktion überhaupt als ein relativ klassisches Beispiel der eben beschriebenen „45er“-Journalisten. Augstein wollte kritische Öffentlichkeit in der Republik schaffen, und zwar schon in den 50er Jahren. Er führte angloamerikanische Methoden in den westdeutschen Journalismus ein, und zwar gegen viel Kritik. Dass in den 50ern auch mal nationalistische Töne im SPIEGEL zu lesen sind und es einige belastete Mitarbeiter gab, ist wirklich keine Sensation, denn das war damals überall so.

» Auf einfache Leute wie die meisten KZWächter war es einfacher einzuschlagen. « Welche Rolle hatte die FAZ? Die FAZ trat 1949 als ein „Altverlegerblatt“ gegen die Vorherrschaft der aus den alliierten Lizenzen entstandenen neuen Blätter an. Sie wollte bewusst journalistische Traditionen aus der vor-nationalsozialistischen Zeit in die Bundesrepublik hinüberretten. Hier trafen sich auch viele Redakteure wieder, die schon während des NS Journalisten gewesen waren. Aber die FAZ hatte natürlich auch mit den Ideen des Nationalsozialismus gebrochen.

Besonders „bürgerliche“, gebildete Täter hatten es in der Tat anfangs etwas leichter mit der Presse. Auf einfache Leute wie die meisten KZWächter war es einfacher einzuschlagen. Welche Journalisten-Generation hat bis heute am meisten zum Aufklären der Naziverbrechen beigetragen? Es waren die Journalisten-Generationen der 45er und der 68er – gemeinsam –, die sich da engagiert haben. Und natürlich die späteren Generationen, bis heute.

Wurden Täter, die kultiviert und bürgerlich erschienen, von der Presse geschont? Interview: Sebastian Esser


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JOBWECHSEL

Florian Kain wechselt im November vom Berliner Büro des HAMBURGER ABENDBLATTS in die WELTPolitikredaktion. Offenbar soll er für die dort eingemeindete BERLINER MORGENPOST wieder eigene Akzente setzen. ZDF-Intendant Markus Schächter wird neuer Vorsitzender der ARTEMitgliederversammlung. Véronique Cayla wird Präsidentin, ihr Vorgänger Gottfried Langenstein Vize. Boris Henn verlässt Günther Jauchs Produktionsfirma i&u, wo er CvD von „Stern TV“ war. Henn war auch mal „Explosiv“-Moderator. Matthias Eberle wird neuer Auslands-Chef des HANDELSBLATTS. Bisher war er NewYork-Korrespondent.

Me-Too-Markwort Gemeinsam mit dem Unternehmer Matthias Krage plant Helmut Markwort offenbar einen Internetservice, der sich an Tote richtet: STAYALIVE.COM. Keine schlechte Idee, aber andere hatten sie auch schon – auf Seiten wie MYWONDERFULLIFE.COM, LEGACY.COM oder 1000MEMORIES.COM besteht bereits seit Jahren die Möglichkeit, die eigene Beerdigung zu planen oder an einen Verstorbenen zu erinnern.

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DIE MEDIENWOCHE Magazin für Medienmacher

Freitag: Die Ministerpräsidenten stimmen einem neuen Staatsvertrag zur Rundfunkfinanzierung zu. 2013 fällt die ungeliebte GEZ-Gebühr und wird durch eine pauschale Haushaltsabgabe ersetzt. SONNTAG: Der SPIEGEL bringt Auszüge aus 391.832 als geheim eingestuften Dokumente des Pentagons über den Irak-Krieg, die WIKILEAKS gleichzietig ins Netz stellt. DIENSTAG: Die Telekom verliert ihr iPhone-Monopol – Apple verkauft das Telefon nun ohne Vertragsbinding für 629 Euro. MITTWOCH: Apropos: Besitzer von „neuartigen Empfangsgeräten“ (Internet-Handys zum Beispiel) müssen auch dann Rundfunkgebühren zahlen, wenn sie damit nicht fernsehen. Danke, Bundesverwaltungsgericht.

» [DuMonts] Freunde haben auf Stefan Niggemeiers Blog so oft kommentiert, dass er stellvertretend für seine Freunde zurücktreten wird, was er eigentlich schon seit dem Sommer wollte, aber was ihm jetzt erst eingefallen ist. «

Gewinner

Sascha Lobo fasst den unfassbar peinlichen Abgang des Kölner Presse-Dynasten und die wenig logische Begründung zusammen. Erschineen in der Jubiläums-Ausgabe der Kolumne „Altpapier“ (EVANGELISCH.DE)

66:0 gewann Stafan Raab am Samstag sein Duell gegen die Medizinstudentin Ria aus Münster bei „Schlag den Raab“. Leider waren deswegen die Quoten auch so schlecht wie selten.

Verlierer

Das Medientagebuch

Hans-Ulrich Jörges – immer gegen den Mainstream, und manchmal trifft er sogar: Mit einem wohltuend querdenkenden Zwischenruf zu einer völlig entgleisten Integrationsdebatte zum Beispiel.

LIEBLING der wochE Liebe RTL-Chefin Anke Schäferkordt, Sie haben sich nach Feierabend mit der SÜDDEUTSCHEN zu Chips, Sauvignon Blanc und Fernsehen auf‘s Sofa gesetzt. Sie haben zugegeben, beim Glotzen zu weinen und über das eigene Programm zu lachen. Popstars und Stromberg mögen Sie, obwohl das bei PROSIEBEN läuft. Cool.

Martin Vorderwülbecke, weil der DAPDFinancier jetzt das Bundespresseamt verklagen will. Wen zerrt der Mann noch vor Gericht? Wir sind rechtsschutzversichert.


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VERGANGENER MONTAG ME STYLE AWARD, BERLIN Der MUSIKEXPRESS ist seit Anfang des Jahres ein Berliner und auch sonst anders, besser geworden. Das hindert die Macher nicht daran, dekorativen Bands, liebgewonnenen Anzeigenkunden oder solchen, die es werden wollen, zum sechsten Mal den hauseigenen „StyleAward“ zu verleihen. Zum ersten Mal gekürt wurde auch der „Gentleman of the Year“: der Schauspieler Franz Dinda.

Chefredakteur Rainer Schmidt mit 2raumwohnung; Vize-Chef Jörg Rohleder hielt die Laudatio auf die Band HURTS; Jessica Schwarz; Franz Dinda


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MITTWOCH Fünf Jahre Myself, München 200 Gäste ruderten (?) auf die Münchner Praterinsel, um fünf Jahre MYSELF zu feiern. Condé Nasts Frauen-Zeitschrift verlieh aus diesem Anlass zum ersten Mal sogenannte „Myself-Lieblinge“ (süße Herzchen) an „bemerkenswerte Persönlichkeiten“. Nur für die Redaktion war‘s nix mit saufen: Sie musste ein aktuelles Sonderheft zu Event produzieren. Moritz von Laffert, Herausgeber von Condé Nast Deutschland

David Nicholls (Schriftsteller); die Vroni, Chefredakteurin Sabine Hofmann, Moderatorin Barbara Schöneberger


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» ... und Sie sind sicher, dass Sie nicht Veronika Ferres sind? «


POSTSCRIPTUM Magazin für Medienmacher

FRÄULEIN heißt ein neues Frauen-Magazin, das am 18. November zum ersten Mal erscheint. Es soll besser sein als die herkömmlichen, besser aussehen, bessere Texte, nicht so langweilig. Abwarten! Das Cover ist schon mal nicht schlecht.

UNd, wie waren wir? „Im Editorial wieder auf eine Wortschöpfung getroffen, schön! Huch, mehrere Gala-Seiten sind leer und werden also nicht mehr lektoriert. Aber so können sich meine Augen von Wolf-Dieter Ring erholen.“

IMPRESSUM

Hier bitten wir Cheflektorin Carla Mönig um Ihre Meinung zur aktuellen Ausgabe. Sagen Sie uns Ihre: www.facebook.com/visdp.

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Herausgeber Dr. Hajo Schumacher Chefredakteur Sebastian Esser Stellvertreter des Chefredakteurs Wendelin Hübner Stellv. Chefredakteure Susan Mücke, Frank Joung Leitender Redakteur Patrick Weisbrod Leiterin Lektorat Carla Mönig Adresse Lietzenburger Straße 51, 10789 Berlin Telefon 030 2196 27287

Der Tipp Wir Europäer halten Barack Obama ja noch die Stange, aber in Amerika kündigt sich dem Präsidenten ein Debakel an: Wie Bill Clinton 1994 könnte er in der kommenden Woche die Mehrheit im Kongress verlieren. Dagegen stemmt sich „Daily Show“-Moderator Jon Stewart, der bereits aus Washington sendet, Obama als Gast begrüßte und zur Unterstützungsdemo ruft. Die Verbindung aus Enttäuschung, Leidenschaft und Spott ist mal wieder das Unterhaltsamste, was man sich zum Thema anschauen kann: thedailyshow.com. Auch zu empfehlen: Earth – the Book. FOTOS: S.4: Burda, ZDF, RTL, HANDELSBLATT; S.5: RTL, DAPD, G+J; S.6: Axel Springer; S. 7/8: Markus Kehl für myself.

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