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05 / 11 / 10 Päng! Magazin für Medienmacher

Spreng! Der Mann ist eine Marke: Michael H. Spreng über sein eine-Million-Blog, Politik und Journalismus und warum er manches aus seiner Zeit als Chefredakteur heute kritisch sieht

! R E H C A M U H C S Am Fall von Andreas Türck hätte man eine ganze Menge lernen können. Zum Beispiel, dass eine juristische Unschuld für einen Prominenten keineswegs bedeutet, dass nach dem Verfahren alles so ist wie vorher. Türck ist nach den Vergewaltigungsvorwürfen nie wieder im TV zu sehen gewesen. Sein Leben hat durch den medialen Shitstorm eine jähe Wendung genommen; die Grundrechte auf unversehrte Persönlichkeit und freie Berufswahl galten für ihn nicht mehr. Jörg Kachelmann könnte Ähnliches geschehen. Selbst wenn sich im Dezember herausstellt, dass die Vorwürfe nicht zutreffen, will der Wettermann nie wieder im Fernsehen erscheinen, wie er in BILD kundtat. Das Zurschaustellen von Privatestem, auch in selbst ernannten Qualitätsmedien, hat sein künftiges Leben nicht zerstört, aber massiv determiniert, Perspektiven verengt, Chancen verbaut, Freiheit genommen. Und dennoch wird beim nächsten Fall wieder das bekannte Drehbuch ablaufen.


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Bundeskanzler Edmund Stoiber, das hätte um ein Haar geklappt – dank Medienberater Michael H. Spreng. Der ehemalige BILD AM SONNTAG-Chefredakteur führt inzwischen ein politisches Blog, das sich durch klare, kritische Kommentare hervortut – und gerade die Marke von insgesamt einer Million Leser erreicht hat.

Massenmedium – das glaube ich nicht. Leser, die meinen Blog lesen, müssen politisch schon sehr interessiert sein. Ich erreiche aber meine Zielgruppe sehr gut, die Meinungsmacher. Politische Redakteure in der Hauptstadt und in den Regionalzeitungen, Chefredakteure, Politiker selbst und Leute aus den Ministerien und den Parteizentralen.

Herr Spreng, Sie waren Chefredakteur des EXPRESS und der BAMS, jahrzehntelang einer der mächtigsten Journalisten des Landes mit vielen Millionen Lesern jede Woche. Können Sie 80.000 Leser im Monat überhaupt beeindrucken? Ja, denn erstens hatte ich eine längere publizistische Pause durch meine Beratertätigkeit. Zum Zweiten gibt es bei mir keine Klatschgeschichten oder die übliche Boulevardberichterstattung. Für Politik pur ist das eine beachtliche Zahl. Im Übrigen sind es 160.000 Besucher, wenn man die RSS-Feed-Abonnenten hinzuzählt.

Das journalistische Konzept des Blogs: Politische Kommentare, angereichert um Anekdoten aus Ihrem Berufsleben. Es herrscht an Meinungsstücken eigentlich kein Mangel – was machen Sie anders? Ich glaube, dass ich meinungsfreudig und pointiert schreibe. Ich bin unabhängig und gehöre keiner Partei an. Ich bin gleichermaßen kritisch gegenüber jedermann. Und wenn ich gut bin, kann ich einen politischen Trend auch etwas früher erkennen als andere. Oder eine Analyse enthält einen Gedanken, den andere noch nicht hatten.

Michael Spreng Eindeutig. Mein Einblick in die Denkweise und das Handeln der anderen Seite war groß. Ich bin nun auf beiden Seiten firm: der journalistischen und der politischen. Das erleichtert die Analyse natürlich.

Bezeichnen Sie sich selbst als Journalist? Ich würde mich schon als Journalist bezeichnen. Ich schreibe immer wieder mal für Zeitungen und Zeitschriften. Aber ich arbeite auch nach wie vor als Berater – wobei mein Blog Glauben Sie, dass kleine Internet- Helfen Ihnen dabei Ihre Erfahrungen nicht unbedingt geschäftsfördernd ist Projekte wie Ihr Blog das Zeug zum als Wahlkampf-Berater von Edmund für meine politische Beratertätigkeit. Massenmedium haben? Stoiber und Jürgen Rüttgers? Aber das war mir klar.

Gab es Aufträge, die Sie wegen des Blogs nicht bekommen haben? So konkret weiß ich das nicht. Aber ich gehe mit allen Parteien sehr kritisch um – das fördert nicht die Bereitschaft, mich als Berater zu engagieren. Ich gebe meiner journalistischen Tätigkeit den Vorrang, auch wenn sie nicht bezahlt wird. Trotzdem ist der Blog mehr als mein Hobby: Ich lade die Marke „Spreng“ mit einem anderen Medium neu auf und bleibe im Gespräch. So werde ich gern zitiert und zum Beispiel in Fernsehsendungen eingeladen.


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» Ich sehe meine eigene Arbeit in manchen Punkten kritisch. «

Zunächst hat sich das schon wegen der Distanz geändert. Zum Zweiten, weil es eine Zunahme der Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte und des Kampagnen-Journalismus gegeben hat. Dann beschäftigt man sich noch einmal mit dem Thema und prüft sich, was man selbst hätte anders Sie finden im Blog auch deutliche machen können. Diese BeschäftiWorte für die Arbeit Ihrer Nachfolger gung führt dazu, dass man das eine vielleicht etwas energischer und bei BILD und BAMS. Hat sich der oder andere vielleicht kritischer sieht. möglicherweise kreativer dagegenBoulevard seit Ihrer Zeit so sehr vergestemmt. Die BAMS-Auflage stieg ändert? Oder sehen Sie Ihre eigene Können Sie ein Beispiel geben? übrigens in meiner Zeit als Chef um Arbeit im Nachhinein kritisch? Kein spezielles. Ich habe mich immer- 10 Prozent. Ich sehe auch meine eigene Arbeit hin bemüht, das immer sehr schnell in manchen Punkten kritisch. Das zu korrigieren, wenn die BAMS un- Was haben die Kollegen nicht hinbeThema, wie nah man Menschen auf beabsichtigt Persönlichkeitsrechte kommen? die Pelle rückt, wie weit man in ihre verletzt hat, bevor juristische Schritte Mein Ziel als BAMS-Chefredakteur Persönlichkeit eingreift, das sehe eingeleitet wurden. war immer, das Gespräch der folich heute anders als früher. Außergenden Woche zu bestimmen und dem habe ich als Chefredakteur von Seit Ihrem Rauswurf nach elf Jahren die Themen für die nächste Woche BAMS und EXPRESS die Blätter ge- BAMS im Jahr 2000 geht die Aufla- zu setzen. Das ist damals recht gut prägt – ich war ein aktiver und auch ge rasant bergab, während sie zuvor gelungen. dem Verlag gegenüber sehr selbst- nur leicht zurückgegangen war. Im bewusster Chef. Auch deshalb war Jahr 2000 lag der Jahresdurchschnitt Anders als heute? ich nicht bei allen beliebt. Sonst hätte im Einzelverkauf bei knapp 2,5 Millio- Ich will mich nicht über meine Nachich meinen Job auch nicht frühzeitig nen, im Moment bei knapp 1,6 Millio- und Nachnachfolger äußern, das aufgeben müssen. nen. Hätten Sie das verhindert? wäre nicht in Ordnung. Das ist ein allgemeiner Trend, der Warum sehen Sie Ihre eigene Arbeit nicht durch journalistische Fehler Werden Sie Ihr Blog ausbauen? heute anders als früher? verursacht wird. Aber ich hätte mich Mein Blog ist sehr puristisch. Ich biete Hatten Sie Angebote, wieder angestellt als Journalist zu arbeiten? Ja, ich hatte das Angebot für eine führende Position, aber ich möchte meine Freiheit behalten. Ich möchte nicht zurück in ein Angestelltenverhältnis.

nichts Interaktives, keine Fotoleisten oder Videos. Es gibt Text pur, grafisch sparsam angeboten. Ich möchte Leser, die auch lesen wollen. Nicht die, die spielen wollen. Aber ab einer gewissen Leserzahl wird es auch im Internet kommerziell interessant ... Da ich pointierte Meinungen vertrete, gibt es leider wenig Werbekunden, die bereit sind, in einem solchen Angebot zu werben. Das ist denen zu heiß. Markenartikler oder Dienstleister, die sich mit der Politik gutstellen wollen, scheuen Seiten wie meine. Auch wenn es mich natürlich freuen würde, denn der Spaß hat mich bisher 6.000 bis 7.000 Euro gekostet. Interview: Sebastian Esser


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JOBWECHSEL

Der Süddeutsche Verlag sucht weiter nach einem Nachfolger für Hans-Jürgen Jakobs als Chef von SZ-ONLINE. Der wird 2011 Leiter des Wirtschaftsressorts. Erstmal übernimmt sein Stellvertreter Bernd Graff den Job. Dumont-Erbe Konstantin hält weiter die Medienseiten in Atem: Er werde nun doch Vorstand bleiben, schrieb er der SZ. Super, es bleibt unterhaltsam. Sebastian Holder wird Leiter des neuen SportDienstes der Nachrichtenagentur DAPD. Andreas Hentschel wird stellvertretender Chefredakteur von CHIP. Sein Vorgänger Roman Leipold zieht sich aus gesundheitlichen Gründen zurück.

Mehr CHefs beim Spiegel Klaus Brinkbäumer wird Textchef beim SPIEGEL – ein Amt, das es bisher nicht gab – und gleichzeitig „Mitglied der Chefredaktion“. Was bedeutet das? Vor allem, dass sich die Generation U-50 weiter durchsetzt, nennen wir sie die Generation Röttgen. Die Vertreter der Koch/Wulff-Kohorte haben ihre Zukunft beim SPIEGEL hinter sich, was hohe Ämter angeht.

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DIE MEDIENWOCHE Magazin für Medienmacher

MONTAG: Noch nie haben weniger Zuschauer die ARD eingeschaltet als im Oktober: Der Marktanteil des ERSTEN fiel auf 11,9 Prozent. DIENSTAG: Die CSU-Zeitung BAYERNKURIER wird nicht eingestellt, muss aber mit viel weniger Geld von der Partei auskommen. Ja, mei. Mittwoch: Jörg Kachelmann verkündet ausgerechnet in BILD, er werde nicht mehr auf den Bildschirm zurückkehren und den „Blumenkohlwolken-Onkel“ geben. Donnerstag: Rupert Murdochs „News Corp.“ erwägt offenbar die Schließung des ehemals dominierenden, ultra-teuren sozialen Netzwerks MYSPACE.

» Eine Zeitschrift, auch GEO, ist etwas anderes als eine Verleihfirma für leere Seiten. «

Oliver Fritsch, weil der Sportjournalist mit seiner Seite HARTPLATZHELDEN beim Bundesgerichtshof durchgesetzt hat, dass jeder Videos von Amateurspielen ins Netz stellen darf.

GEO-Chef Matthias Gaede hat nicht ganz unrecht – auch wenn es vielen freien Journalisten eine gewisse Genugtuung verschafft, dass der renommierte Kollege Christian Jungblut sich erfolgreich per Gericht dagegen gewehrt hat, dass GEO einen Text von ihm bis zur Unkenntlichkeit zerredigierte

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Prozent Marktanteil beim jungen Publikum hat der junge ZDFDigital-Ableger ZDF NEO. Der Sender hält das für einen Erfolg.

Gewinner Verlierer

Das Medientagebuch

LIEBLING der wochE Liebe Anna Planken, irgendjemand beim WDR hat sich in Sie verknallt. Seit Kurzem moderieren Sie alles weg, was nicht bei drei auf den Bäumen ist – als nächstes eine Sauf-Show à la Ina Müller aus einer Kölner KöbesKneipe. Kein Wunder, denn hässlich sind Sie nicht, blöd genauso wenig und trinkfest offenbar auch.

Kurt Sabathil, Geschäftsfürher der SCHWÄBISCHEN ZEITUNG, weil er einen Regioalchef für eine Enthüllungsgeschichte „freistellte“, um ihn „aus der Kritik zu nehmen“.


DIE MEDIENWOCHE Magazin für Medienmacher

Nicht lustig Diesen menschenverachtenden Witz wollen wir wirklich nie wieder lesen: „Mitgliederkartei der CDU beschlagnahmt worden – jeder ist verdächtig, Frau Merkel das Päckchen geschickt zu haben.“

Kleist im Abo Die BERLINER ABENDBLAETTER erscheinen 1810 in der Redaktion von Heinrich von Kleist. An der Uni Würzburg kann man sie nun für ein halbes Jahr per Mail im täglichen Abonnement beziehen.

ich klage an Ein ehemaliger WDR-Redakteur klagt gegen das ARD-Engagement von Günther Jauch Axel Hofmann hatte schon im Sommer versucht, den Wechsel Jauchs zur ARD per einstweiliger Verfügung zu verhindern. Nun berichtet die Berliner B.Z., der Journalist habe beim Verwaltungsgericht Köln eine Feststellungsklage eingereicht. Der WDR-Rundfunkrat habe in der entscheidenenden Sitzung nicht die Mehrheitsverhältnisse im Landtag wiedergespiegelt, glaubt der Grimme-Preisträger. Außerdem sei der teure Auftrag an Jauchs Produktionfirma eine „offenkundige Verschwendung von Gebührengeldern“.

Annahme verweigert Liebe Post erreichte uns in dieser Woche: ein vergilbter Umschlag mit der handschriftlichen Notiz: „Annahme verweigert, zurück“. Inhalt: Eine Ausgabe des gedruckten Monatsmagazins V.i.S.d.P. vom Februar 2005, verschickt an eine Leserin in Marburg. Fünfeinhalb Jahre verspätet, aber der Vorgang ist immerhin nicht verlorengegangen.


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FREITAG GQ-Männer des JAhres, BERLIN Wenn wir bitte mal das Foto rechts anschauen mögen: So sehen zwei der deutschen „Männer des Jahres 2010“ aus. Wer will da noch von Integrationproblemen sprechen, wenn ein Typ vom Typ Reiner Brüderle so einen Preis verliehen bekommt? Die runderneuerte GQ, ein Magazin für metrosexuelle Herren, verlieh ihre Ehrentitel nicht in der Heimatstadt München, sondern in der Komischen Oper in Berlin. Preis für die coolere Location: Nicht alle trugen – wie eigentlich vorgeschrieben – Smoking.

GQ-Chef José Redondo-Vega

Einer von beiden ist ein Gangsta-Rapper


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Moritz von Laffert, Herausgeber von Condé Nast Deutschland

Kein Mann, aber immerhin Nora Tschirner; Andreas Türck; der Bubi des Jahres: Matthias Schweighöfer; tatsächlich cool: Mark Ronson


Magazin für Medienmacher

Die Condé-Nast-Possy

» Ich kriege ‘nen Preis, nur weil Sarrazin mich Goebbels genannt hat? Im Ernst? « Familie Redondo-Vega beim Opern-Besuch; Ronson; Ulmen; Stuckrad-Barre


POSTSCRIPTUM Magazin für Medienmacher

Zur Titelgeschichte über die Historikerkommission im Auswärtigen Amt schreibt uns David Harnasch: „Die Aufregung um die Studie zeigt auch, dass der Austausch zwischen Presse und Wissenschaft überhaupt nicht funktioniert. Zu diesem Thema liegt schon seit 1978 eine Untersuchung vor, die im Wesentlichen das selbe sagt: „Final Solution and the German Foreign Office“ von Christopher Browning. Sie erscheint jetzt auch auf Deutsch, aber jeder Historiker, der das Thema streifte, kennt das Original. Irgendwie fanden die zweifelsfrei hochinteressanten Inhalte aber nie ihren Weg an die deutsche Öffentlichkeit.“

UNd, wie waren wir? Um Zuschriften zuvorzukommen: Wir sagen „das Blog“, Herr Spreng sagt „der Blog“ - laut Duden geht beides. +++ Ich freue mich auf die Lektüre unseres Klassikers von 2005!

IMPRESSUM

Hier bitten wir Cheflektorin Carla Mönig um Ihre Meinung zur aktuellen Ausgabe. Sagen Sie uns Ihre: www.facebook.com/visdp.

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Der Tipp Neu ist es nicht, aber wir empfehlen an dieser Stelle trotzdem gerne die Vampir-Serie „True Blood“. Vampire, Gewalt, Sex in den dampfenden Landschaften von Louisiana, was braucht es mehr, um Novemberabenden vor dem Fernseher etwas Schwung zu verleihen? Ganz unüblich für eine amerikanische Serie: Beim Geschlechtsakt legen die Beteiligten sogar ihre Kleidung ab.

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Schreiben Sie uns info@visdp.de

Herausgeber Dr. Hajo Schumacher Chefredakteur Sebastian Esser Stellvertreter des Chefredakteurs Wendelin Hübner Stellv. Chefredakteure Susan Mücke, Frank Joung Leitender Redakteur Patrick Weisbrod Leiterin Lektorat Carla Mönig Adresse Lietzenburger Straße 51, 10789 Berlin Telefon 030 2196 27287

FOTOS: S.1/2: www.marco-urban.de; S.4: Spiegel VErlag, SZ, DuMont, DAPD, CHIP; S.5: WDR/ Monika Sandel, HARTPLATZHELDEN, ARD, SCHWÄBISCHE ZEITUNG; S.5: WDR; S. 7-10: Condé Nast/Harald Fuhr.

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