#51 / 02 / 2015
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! w o n y u b x o B s 1 t c du o r 5P
Impressum: Herausgeber und Geschäftsleitung: VANGARDIST MEDIA GmbH Carlos Gómez & Julian Wiehl Herausgeber und Geschäftsleitung: Carlos Gómez & Julian Wiehl Chefredakteur: Julian Wiehl Produktionsleitung: Carlos Gómez Textchef: Klemens Gindl Moderedaktion: Mirza Sprecakovic Musikredaktion: Juán Danilo Zamora Redaktion: Klemens Gindl, Tobias Seebacher, Julian Wiehl, Ralph Zlabinger, Jenni Koutni, Juán D. Zamora, Ann-Kathrin Erler, Michael Haller Fotoredaktion: Mirza Sprecakovic Online-Assistenz: María José Villamil Rodríguez Fotografie: Verena Mandragor, Kidizin Sane Korrektorat: Jay Bannmuller Übersetzung: Lisa Voigt Korrektorat (Englisch): Andrew Ütt Produktion und Styling: Mirza Sprecakovic Grafische Gestaltung: Magdalena Weyrer Illustrationen: Magdalena Weyrer Videoschnitt/Kamera: Cristóbal Hornito Making of: Margarita Asami, Alex Sutter Herzlichen Dank an alle, die durch ihren unermüdlichen Einsatz diese Ausgabe möglich gemacht haben. VANGARDIST MEDIA GmbH Mariahilferstraße 49 Top 15 - 1060 Wien
Editorial Liebe VANGARDISTEN! Willkommen zu unserer Fashion-Ausgabe, der Black Issue. Wir wollen diesmal etwas Licht ins Dunkel bringen und ergründen, wie das Schwarz in die Mode kam. Dieser Prozess war nämlich weniger eine Designentscheidung als ein philosophischer Paradigmenwechsel. Damit Designer in unserer Fashion-Issue aber nicht zu kurz kommen, haben wir Yohji Yamamoto und seinen wegweisenden Kreationen in Schwarz eine Portrait-Story gewidmet. Einen ganz anderen Zugang zu Farbe hat das undergroundige Künstlerduo Stirn Prumzer. Wir haben sie bei einer Performance gesehen und gewusst: Die werden bald berühmt, da sollten wir rasch ein Interview machen, wenn wir später angeben wollen. Wissend, dass die Assoziation von Schwarz mit Afrika einem nicht unproblematischen Denkmuster entspringt, haben wir trotzdem beschlossen, unsere Reiserubrik einem Land südlich der Sahara zu widmen. Ralph, ein Freund der Redaktion, hat seine Kindheit in Nigeria verbracht und seine alte Heimat für uns erneut besucht. Neuheit: Ebenso in Schwarz gehalten ist eine Neuerung im VANGARDISTUniversum. Für die neu kreierte und streng limitierte Gentleman's Box wurden feinste Produkte der Luxusmarken Shiseido, Bottega Veneta, Biotherm und Falke zusammengestellt. Das Ganze gibt’s für euch zum besonderen Leser-Vorzugspreis in unserem Online Store. Die ersten 50 Bestellungen erhalten neben der aktuellen Printausgabe auch die bereits vergriffene Erstausgabe als cherry on top dazu. Erhellende Momente mit dieser dunklen Ausgabe wünschen Julian Wiehl und das motivierte VANGARDIST-Team
SHOOTINGS
themen
Fassade
Radar
dark splash
24
schwarz
COVERY STOR
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Keine Farbe, sondern ein Prinzip
Fassade
statues 68
VangART
human deformation 48 Interview mit Stirn Prumzer
INDEX EDITORIAL Fassade
Editor's Choice
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Lieblinge aus der Redaktion Fassade
Shopzone Balance
Beauty
80 134
Schwarz ist das neue Schwarz Auf Achse
how to survive in Nigeria Auf Achse
Places
88 138
Dark Places VangART
Hört das!
150
Empfehlungen für Hörsinnige
VangART
i hate fashion
118
Wie das Schwarz zu Yohji Yamamoto kam
Celebration
Upcoming Was geht ab in ...?!
154
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12 radar
Text: klemens gindl illustration: magdalena Weyrer
Auf die Frage, warum zum Henker sie denn ausschließlich schwarze Kleidung trage, antwortet Mascha, die Tochter des Gutsverwalters in Tschechows „Die Möwe“: „Aus Trauer um mein Leben. Ich bin unglücklich.“ Dieser Spruch ist gleichzeitig die quintessenzielle Antwort auf die Frage, wie die Farbe der Witwen, Puritaner und Pfarrer ihren Weg in die Fashionwelt unserer Moderne gefunden hat. Schwarz
hat seit jeher einen Sonderstatus unter den Farben. Weil sie vor allem eins ist: Symbol. Daran hat sich im Grunde bis heute nichts geändert. Lediglich ihre Interpretation hat eine bewegte Vergangenheit. Was tragen wir da eigentlich, wenn wir in unserem schwarzen Two-Button-Anzug smart und sexy durch den Tag stolzieren? Anlässlich unserer Black Issue haben wir da ein wenig für euch recherchiert...
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b l a c k
Teuer und echt nicht sexy Als Farbe der Trauer ist Schwarz in der Kleidung so alt wie das Abendland selbst. Schon in der Antike wurde die Nichtfarbe als Zeichen für die temporäre Abwendung von den Freuden des Lebens getragen. Allerdings nur, wenn der dafür nötige Schotter zur Hand war – deckende Farben waren nahezu unerschwinglich und ein tatsächliches Schwarz war nur durch mehrmaliges Einfärben mit dem berüchtigten Indigo zu erreichen. Die modische Bedeutung dürfte dabei gegen null tendiert haben. Aus dem einfachen Grund, dass in antiken Gesellschaften wie etwa der römischen das Diesseits als allgemeines Maß der Dinge galt. Noble Zurückhaltung war nicht sexy, sondern eine Vergeudung von Lebenszeit auf dieser schönen, bunten Welt. Zumal die durchschnittliche Lebenserwartung vor 2000 Jahren nicht un-
bedingt berauschend war. Da musste erst ein anderes Weltbild her, damit so was Finsteres als Dauerlook überhaupt denkbar war. Bis zum Ende des Mittelalters gab es im Grunde nur eine kleine Zielgruppe, die dafür infrage kam: christliche Ordensbrüder. Diese waren über Jahrhunderte hinweg wohl die einzigen Leute, die Kohle hatten und tatsächlich glaubten, sie würden im Jenseits dafür belohnt, dass sie diese nicht für Black Jack, Nutten und schreiend bunte Prunkgewänder aus dem Kirchenfenster warfen.
Spitzbart und Halskrause Die erste wirkliche Blüte der rabenschwarzen Outfits fällt in etwa mit jener Zeit zusammen, in der rothaarige Damen und Herren mit Hang zu Homöopathie und Promiskuität gute Chancen hatten, am Scheiterhaufen zu enden. Der erzkatholische spanische Adel des
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15. und 16. Jahrhunderts hatte den Düsterlook für sich entdeckt, um zu zeigen, wie sehr sie alles, was auch nur irgendwie an Spaß und Frohsinn erinnerte, verachteten. Ihr wisst schon, das waren die Jungs mit den Spitzbärten und den weißen Halskrausen. Brrrrr. Das heißt jetzt aber nicht, dass es sich da um ein Massenphänomen gehandelt hat. Eher um eine elitäre Spinnerei. Zumal das spanische Hofschwarz alles andere als bescheiden war. Nämliche Kleidung war über und über mit Brokat und Damast ausgestattet, um neben der Frömmigkeit vor allem Macht und Reichtum zu demonstrieren. Lustigerweise waren es dann ausgerechnet die aufstrebenden Erzfeinde des Katholizismus, welche diese Mode übernahmen und den Grundstein für eine stärkere Verbreitung legten: das neue, protestantische Bürgertum. Tatsächlich kann man hier zum ersten Mal von Mode sprechen. Denn als Farbe des
Klerus war Schwarz zu jener Zeit zwar für sämtliche Angehörige dieses Standes Uniform, für die damaligen Aristos und Kolonialmogule war es aber nichts weiter als Fashion. Sie benutzten die Symbolik der Farbe als Ausdruck ihrer fürchterlichen Haltung zum Leben.
Religiöse Eiferer Die protestantischen Puritaner waren es dann auch, die eine erste entscheidende Umwertung der Farbe auf ihrem Weg in die Moderne vornahmen. Während der Katholizismus trotz aller Frömmigkeit eine zutiefst oberflächliche Angelegenheit war und ist – man denke an das ganze Gold, den Weihrauch, die bunten Heiligendarstellungen und nicht zuletzt die Tatsache, dass Bibel und Liturgie in lateinischer Sprache von 99,9 % der normalen Leute absolut nicht verstanden wurden –, verlangte die Reformation von den
Gläubigen eine tatsächliche, innere Auseinandersetzung mit den Lehren des Christentums. Man konnte sich nicht länger gegen einen kleinen Obolus von seinen Sünden freikaufen und im Übrigen ein sorgloses, versautes Leben führen, man musste sich tatsächlich zusammenreißen. Dieser Schwenk zu innerer Frömmigkeit und Disziplin unter den normalen Leuten war
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die vermutlich größte geistige Revolution in Europa, die Grundvoraussetzung für das Entstehen einer bürgerlichen Gesellschaft und damit auch von Kapitalismus und Moderne. Um diese Haltung nach außen zu repräsentieren, trugen die Puritaner – ausgehend von ihrer britischen Zweigstelle rund um den protestantischen Revolutionär (bzw. Terroristen und Königsmörder, je nachdem) Oliver Cromwell – Schwarz. Und zwar jetzt ohne Brokat und so.
Kopf ab für Hermelinträger Das weltlich politische Pendant zu dieser geistigen Umwälzung kam dann 150 Jahre später mit der französischen Revolution. In ihr wurde die alte, katholische Weltordnung in Blut ertränkt, und eine neue, bürgerliche Repräsentationskultur ersetzte die alte, aristokratische. Staat und Gesellschaft wurden nicht mehr durch den König mit all seiner Prunkentfaltung, sondern durch konstitutionelle Institutionen verkörpert. Egal ob Gesetzgebung, Exekutive, Militär oder Jurisprudenz
– das kapitalistische, disziplinierte Bürgertum war nun auch offiziell Träger der Gesellschaft. Das hatte zur Folge, dass sich die Mode zu einer repräsentativen Dresscode-Kultur entwickelte, die für alle mündigen, staatstragenden (männlichen) Individuen in der Öffentlichkeit quasi Pflicht wurde. Von nun an war ganz genau geregelt, welche Kleidung in welcher Farbe zu welchem Anlass getragen werden musste. Mode wurde von individueller Prunkentfaltung zur sozialen Uniform. Dabei war wichtig, dass sich die neuen Herren im Vergleich zu ihren bunt geschmückten, adeligen Vorgängern möglichst streng, neutral und bescheiden kleideten. Willkommen im 19. Jahrhundert.
Mode als Medium der R e p r ä s e n tat i o n Im Laufe des vorletzten Jahrhunderts bekam dann das Schwarz in der Kleidung seinen fixen Anwendungsbereich für alle: die Trauer und das Begräbnis.
Queen Victoria trug nach dem recht frühen Ableben ihres Mannes, Prinz Albert, den Rest ihres langen Lebens ausschließlich Schwarz, und in der bürgerlichen Welt entwickelte sich ein hochkomplexes System aus Vorschriften für adäquate Trauerkleidung. Eines war damit aber auch klar: Abseits von Kloster, Begräbnis und Co. war Schwarz in der Öffentlichkeit tabu. Bis in unsere Gegenwart hat sich das, zumindest im förmlich offiziellen Bereich, nicht geändert. Abgesehen von Spezialfällen wie
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etwa dem richterlichen Talar oder der klerikalen Soutane werdet ihr keinen halbwegs wichtigen Businessman, Politiker oder Beamten sehen, der einen schwarzen Anzug oder, noch schlimmer, eine schwarze Krawatte trägt. In allen öffentlichen Bereichen, die nicht dem Vergnügen zurechenbar sind, herrscht nach wie vor das Diktat eben dieser bürgerlichen Repräsentationskleidung. Mit all ihren Codes und Regeln.
Radikaler Individualismus Erst die Wende zum 20. Jahrhundert brachte dann jenen Umbruch in die Moderne, welcher diese allgemeine Repräsentationskultur infrage stellte. Dem lag ein neuer, radikaler Individualismus zugrunde, der das Ich nicht länger nur als Teil der jeweiligen Klasse, sondern als einzigartiges, selbstbestimmtes Wesen zu begreifen begann, das zuallererst einmal sich selbst repräsentierte. Diese Entwicklung war
die Voraussetzung für jenes allgemeine Verständnis von Fashion, das wir im Grunde bis heute pflegen: Mode als Ausdruck eines ganz persönlichen Stils, einer radikal individuellen Haltung. Das Tragen von schwarzer Kleidung in der Öffentlichkeit fungierte dabei als eine Art Urknall für die Entstehung einer solchen Modekultur. Es waren die Dandys und Künstler, die sich emanzipierenden Frauen und nicht zuletzt die Vertreter der Unterwelt, die „aus Trauer um sich selbst“ mit ihren schwarzen Fashion-Statements der autoritären bürgerlichen Repräsentationskultur den Kampf ansagten – und sich schlussendlich in fast allen sozialen Bereichen durchsetzten.
Der Kontext macht’s Dass ausgerechnet Schwarz, die Farbe der Trauer und der Frömmigkeit, als Vehikel für diese Revolution fungierte, wirkt nur auf den ersten Blick eigenartig. Denn als Nichtfarbe und Gegenteil von Opulenz verweist sie symbolisch auf die inneren Werte. Der Unterschied zum repräsentativen Dresscode liegt
schlicht im neuen Bezug auf den individuellen Charakter. Und der wurde erreicht, indem man die Trauerkleidung schlicht im „unpassendsten“ Kontext trug. Auch im profanen, optischen Sinne gibt Schwarz den Blick auf das Individuum frei: Das Gesicht, die Augen als Fenster zur Seele werden im Vergleich zum restlichen Körper stark hervorgehoben. Das Tragen von Schwarz wurde zum Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins. Die Herren waren da mit dem schwarzen Smoking zuerst dran, aber spätestens mit Coco Chanel hatte auch die Damenwelt ihren zeitlosen, radikal individualistischen, modernen Look.
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Das Geschäft mit dem Tod Schwarz ist ein Prinzip Es ist jetzt nicht so, dass die verschiedenen symbolischen Bedeutungen und Codes einander ausschließen. Sie existieren parallel und sind Gegenstand permanenter Umdeutung. Auch das Prinzip der Repräsentation selbst war und ist immer wieder subversiver Aneignung ausgesetzt. Man denke nur an Subkulturen wie Punk. Es ist kein Zufall, dass die ultimative Anarcho-Band Black Flag heißt. Schwarze Kleidung ist das perfekte Stilmittel geworden, um herkömmliche Bedeutungen und gesellschaftliche Konventionen zu unterwandern. Auch Yohji Yamamoto, dem wir in dieser Ausgabe eine eigene Story gewidmet haben, tut mit seinen Entwürfen genau das. Schwarz ist weniger eine Farbe als vielmehr ein Prinzip, das sich für alles Mögliche benutzen lässt.
Wenn ihr also mit eurem schwarzen Anzug unter Leute geht – und das nicht, weil ihr euch fürs Priesterseminar beworben habt oder gestern die Oma gestorben ist –, dann seht ihr nicht einfach nur gut aus, sondern zitiert auch eine Stilgeschichte des progressiven Individualismus. Ob bewusst oder nicht, sei einmal dahingestellt. Im Sinne eines klassischen Dresscodes ist der schwarze Anzug zwar eigentlich noch immer ein Fauxpas, aber wenn ihr nicht gerade in die Politik geht, dann ist das okay. Es gibt aber Grenzen: Spätestens zur schwarzen Krawatte sollte man jenseits von Beerdigungen unter allen Umständen Distanz halten. Die trägt nämlich nur die Mafia: als zynischen Kommentar zu ihrem Geschäft mit dem Tod. Falls ihr nicht gerade Mitglied der Cosa Nostra seid, ist das ziemlich kindisch. Und geschmacklos irgendwie auch.
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N etz o b e rt e i l F r a n z i s k a M i c h a e l
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S w e at e r COS , D e n i m h e md & J e a n s R e p l ay, S k i b r i l l e Sm i t h O p t i c s
S h i r t & S a nd a l e n COS , L e g g i n g s & N e t z s h o r t s F r a n z i s k a M i c h a e l , K e t t e S t y l i s t ’ s o w n
S k i b r i l l e Sm i t h O p t i c s
S h i r t COS , Ta u c h e r b r i l l e S t y l i s t ’ s o w n
F a s h i o n Ed i t o r Mirza Sprecakovic w w w. m i r z a s p r e c a k o v i c . c o m Photography Kidizin Sane k i d i z i n .c o m Hair & Make Up Julian Burlacu j u l i a n b u r l a c u .t u m b l r . c o m Model Humberto Junior mm a n a g e m e n t. s k M a k i n g Of Alex Sutter s u t t e r .g a l l e ry
aking M r h Me tos in o f- F o o n e Ph der i p: ad Ap P i u nd hen anse r e i h
DARK S P L A S H m ak i n g o f
Kamera: Crist贸b al Hornito S chnitt: Crist贸b al Hornito In t e r p r e t/ T r a c k : R i c ky R a n g e l - S h a d e o f a L at i n Pa st
Playing hard to get! not everywhere and not for everyone – m a k e s ure yo u get th e p ri n t s p e ci a l
to find your exclusive copy – check out
w w w . v a n g a r d i s t . c o m / PRINT
42 FASSADE
Editor'S Choice:
style-
TIPP
Yogamatte von Teppichlust Berlin / Lampe von Doris Darling / Belvedere Vodka Solver Saber
Sonnenbrille von KOMONO / Lederhemd von BLK DNM / Ledertasche von Dr. Martens / Sneakers von Versace
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Rucksack von Versace / Lederhandschuhe von Y-3 / Sandalen von Dolce & Gabbana / Bartpflege von Tom Ford
Gürtel von Hermès / Notizblock von Hermès / Tank Top von Givenchy / Uhr von Karl Lagerfeld / Eau de Toilette von Jimmy Choo Man
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Die VAN GARD I S T Gen tlema n' s B ox ist da! Nach fünf Jahren Online-Publishing und treuer Leserschaft, wollten wir euch etwas zurückgeben. Etwas aus der realen Welt abseits von Bits und Bytes. Wir wollten etwas Wertvolles gestalten, das man gerne besitzt, kombiniert mit etwas Nützlichem, das einen echten Mehrwert für den Alltag bietet. Das Ergebnis ist die VANGARDIST Gentleman's Box, die sich wunderbar auf jedem Schreibtisch oder Regal macht. Gefüllt ist sie mit Premium-Produkten führender Weltmarken, die einem rundherum das Gefühl geben, ein echter Gentleman zu sein.
Exklusive Inhalte, die sich sehen lassen. In der Box findet ihr fünf exklusive Premium-Produkte: Das Eau de Toilette Zen for Men von SHISEIDO (50 ml), das Eau de Toilette - Pour Homme (7 ml) von BOTTEGA VENETA und der dazu gehörige After Shave Balm (30 ml), die Age Fitness Creme von BIOTHERM (20ml) und ein Paar Airport Strümpfe von FALKE. Zusätzlich geben wir eine VANGARDIST Printausgabe dazu.
Limitiertes Fan Special
Halber Preis für ganze Fans
Die strenge Limitierung auf 200 Stück und die Beigabe der Printausgabe #2, machen die Gentleman's Box zusätzlich zum most-wanted Collectible für jeden Fan. Für die ersten 50 Bestellungen haben wir sogar die allerletzten Kopien unserer ersten Printausgabe #1 freigegeben. Die letzte Möglichkeit also, an diese ausverkaufte Ausgabe zu gelangen.
Auch preislich haben wir hart für euch verhandelt. Die Gentleman's Box, die exklusiv mit Premium-Produkten bestückt ist, hat einen Warenwert von 110,- Euro. In unserem neuen Online Store ist sie um nur 59,- Euro erhältlich. Wer schlau ist spart hier 50,Euro und erhält noch eine VANGARDIST Printausgabe frei Haus mit dazu. Wirf einen Blick in den Online-Shop!
Shiseido „Zen for Men“ Eau de Toilette 50 ml
Bottega Veneta „Pour Homme“ After-Shave Balm 30ml Eau de Toilette 7,5 ml
Biotherme HOMME Age Fitness Night Creme 20ml
Falke „Airport“ Strümpfe 1 Paar Schwarz,Rot, Grün und Blau
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Ein Interview mit Stirn Prumzer
TEXT & interview: tobias seebacher, Kunst: Stirn prumzer
Die Kunstmaschine Stirn Prumzer kombiniert Malerei und Fotografie, stellt Grenzen infrage und experimentiert mit lebendigen Menschen.
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Vor einiger Zeit haben wir im Wiener WUK, seit jeher ein Ort für undergroundige Kunstevents, eine orgiastische Liveperformance gesehen, die so düster und böse war, dass wir uns anfangs gar nicht getraut haben, darüber zu schreiben. Mit unserer Black Issue ist nun endlich die Gelegenheit gekommen, euch ein Kunstprojekt von schauderhafter Ästhetik vorzustellen, welches zwar bisher eher als Geheimtipp gelten durfte – dessen Ende aber zum Glück noch lange nicht in Sicht ist! Sein dunkler Schöpfer nennt sich Stirn Prumzer. Er arbeitet unter dem Dach einer Fabrikhalle auf einem alten Industriegelände. Wir haben uns auf den Weg zu diesem entlegenen Ort gemacht, um seine Arbeit kurz zu unterbrechen und ihm für euch ein paar Fragen zu stellen. I n P r u m z e r s Pa l a s t In der eisigen Landschaft des westlichen Neusiedlerseeufers tauchen die Silhouetten kahler Maschinenhallen auf. Nach einiger Zeit haben wir endlich die Stahltreppe gefunden, die zu Stirn Prumzers Wirkungsstätte emporführt. Hinter der Eingangstür öffnet sich ein langgestreckter, galerieartiger Raum
voll von großformatigen Leinwänden, Kartons und seltsamen Gegenständen. Es riecht nach frischer Farbe, im Hintergrund ist die japanische NoiseRockband Boredoms mit „Chocolate Synthesizer“ zu hören – irgendwie voll 90er, aber geil. An einem Tisch im hinteren Teil des Studios treffen wir dann auf Stirn Prumzer. Genauer gesagt: auf die beiden. Denn Stirn Prumzer ist gar keine Person aus Fleisch und Blut. Es handelt sich um eine Kunstfigur, die von dem Maler Christopher Sturmer und dem Fotografen Kurt Prinz ins Leben gerufen wurde, um sich künstlerisch mehr Freiraum zu schaffen. Stirn Prumzer ist nicht auf eine Kunstrichtung fixiert, sondern immer auf der Suche nach neuen Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Medien. Malerei und Fotografie stellen hierfür die Basis dar. Und ja, wir haben es schon bemerkt, Stirn Prumzer ist ein Anagramm, zusammengesetzt aus den Nachnamen der beiden Akteure. A l b t r a u m D e f o r m at i o n An der Wand hinter dem Tisch hängen großformatige Fotografien, in denen man eigentlich erst auf den zweiten
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Blick annähernd menschliche Formen wahrzunehmen beginnt. Ein seltsam entrücktes Raumempfinden ergibt sich aus den ineinander verrinnenden Farbverläufen, deren Formen sich organisch ausbreiten und in übereinanderliegenden Schichten komplexe Strukturen bilden. Aus der schwarzweißen Molasse erheben sich menschliche Gestalten, doch irgendetwas an ihnen scheint nicht zu stimmen. Die Körper sind auf albtraumhafte Art und Weise deformiert, zeigen da und dort Dellen und Auswüchse und die totenkopfartigen Gesichter verschwimmen mit dem Hintergrund. Dabei ist interessant, dass die Bilder eher an abstrakte Gemälde erinnern als an Fotografien. Fotografie, Malerei und Fuckhead Kurt Prinz und Christopher Sturmer, alias Stirn Prumzer, begannen 2009 damit, verschiedene Performer experimentell in schwarzweiß verrinnende Farbe zu tauchen, wobei sie den Prozess fotografisch festhielten. Dabei entstanden diese fremdartigen, biomorph-deformierten Wesen, deren Textur sich durch das Herabrinnen der
flüssigen Farbe immer mehr mit dem Hintergrund verband. So wurde das Projekt „Humandeformation“ getauft und im Laufe der Zeit mehr und mehr ausgeweitet. Die Idee, das Ganze in Form einer öffentlichen Performance auf einer Bühne stattfinden zu lassen, war nach zahlreichen Shootings im Studio die logische Konsequenz eines Zusammentreffens Stirn Prumzers mit einer der wohl bedeutendsten Underground-Institutionen unserer Zeit. Im Rahmen eines gemeinsamen Projektes lernte Christopher Sturmer Michael Strohmann kennen – ein Mitglied der Linzer Performancegruppe Fuckhead, die seit über 25 Jahren ein Symbol des künstlerischen Nonkonformismus darstellt. Kurz darauf performte Fuckhead für Stirn Prumzer auf der Bühne und vor der Kamera. Als Endprodukt von „Humandeformation“ darf zwar nach wie vor die fertige Fotografie, quasi als Artefakt des Malprozesses, angesehen werden, doch ab diesem Zeitpunkt war das medienübergreifende Kunstprojekt um die Ebene der öffentlichen Performance erweitert, welche seitdem oftmals im Rahmen einer Ausstellungseröffnung stattfindet.
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Im Atelier haben wir uns inzwischen an den Tisch gesetzt und unsere Sachen ausgepackt. Christopher Sturmer dreht die Musik leise. Er sieht in etwa so aus, wie wir uns den Maler vorgestellt haben. Er trägt einen schwarzen Kapuzensweater und ist von Kopf bis Fuß mit weißen Farbspritzern versehen. Kurt Prinz hat neben ihm Platz genommen und öffnet eine Packung Milchschnitten. Wir werden die beiden nun aus gegebenem Anlass unter ihrem Anagramm Stirn Prumzer zusammenfassen – einer Meinung sind sie meist ohnehin. VANGARDIST: Das Projekt „Humandeformation“ ist die Kopfgeburt Stirn Prumzers. Es handelt sich dabei um ein komplexes Gesamtkunstwerk, das seit 2009 immer wieder fortgesetzt wurde. Worum geht es in diesem Projekt?
Stirn Prumzer: Grundsätzlich geht es um das Zusammenbringen der beiden Medien Fotografie und Malerei. Es geht auch um Zerstörung – um das Kaputtmachen von Menschlichkeit und das Ignorieren von Ebenen und Raumkonstruktionen. Grenzen zu durchbrechen einerseits und andererseits Sachen zu machen, die du in der Malerei nicht machen kannst. Das ist ein sehr dynamischer Prozess, wenn wir die Leute anmalen. Das kannst du nicht irgendwo hinstellen und sagen, „das ist es jetzt“, sondern das musst du fotografisch festhalten. Das ist die Komponente, die das Zusammenarbeiten verbindet. Durch dieses Einfrieren von einem Farbverlauf entsteht ein Endergebnis, das wiederum sehr nahe an der Malerei liegt – oft ergibt es wieder ein abstraktes Bild. In einem Moment steht die Figur losgelöst und
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im nächsten Moment verbindet sie sich total mit dem Hintergrund. Und das ist es, was du in der Malerei nicht einfrieren kannst – nicht wenn echte Menschen drunter sind. V: Woher stammt die Idee, so etwas zu machen? Stirn Prumzer: Sie ist gemeinsam entstanden – eigentlich aus dem Prozess heraus. Wie wir die Bilder kippen oder die Bildkomposition drehen, ist nicht im Vorhinein planbar. Anfangs haben wir nicht gewusst, wie das funktionieren könnte. Bei den ersten Bildern haben wir die Farbe auf den Performern verschüttet, und zwar vor einem relativ neutralen Hintergrund, was zunächst sehr skulptural ausgesehen hat. Dabei ist es passiert, dass der Boden immer mehr mit den Leuten verschmolzen ist. Das war der Punkt, wo wir gecheckt haben: Okay, da gibt’s noch mehr Ebenen. Und so haben wir den Hintergrund mit einbezogen und alles dreidimensional ausgeweitet.
V: Und irgendwann kamen dann die Performances dazu… Stirn Prumzer: Genau. Also durch die Shootings und die Zusammenarbeit mit Fuckhead ist da der Mut gestiegen, so was zu machen. Ich hätte sicher nicht live gemalt, wenn wir nicht mit denen zusammengearbeitet hätten! (lacht) V: „Erlebe deinen ersten induzierten Wachtraum“ hieß es in der Ankündigung zu einer eurer Performances. Hat „Humandeformation“ auch etwas mit Experimenten in Schlaflabors zu tun? Stirn Prumzer: Im performativen Kontext schon. Es ist vor allem mit Licht und Musik darauf hingearbeitet worden, dass du rausgehst und das noch immer auf der Netzhaut siehst. Wir haben extrem viel mit gegengeleuchteten Stroboskopen – der Fuckhead Michael Strohmann ist da sehr lichtaffin – und Noise-lastiger Musik gearbeitet. Das Spannende war auch, dass ich da live fotografiert und immer reingeblitzt habe.
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n R i t S Dr. Das war sehr, sehr starkes Licht und dadurch sind im Dunklen Nachbilder auf der Netzhaut entstanden, ein Effekt, mit dem wir im Vorfeld nicht so gerechnet hatten. Wir haben das nachher von den Zuschauern erfahren. Der Blitz ist stärker als das Stroboskop und vor allem unrhythmisch – daher hat das sehr gut ins Konzept gepasst. Eine willkürliche Qual. Für manche Leute war das wirklich hart. V: Die faszinierende, aber furchteinflößende Gestalt mit Gasmaske, Rapier und der nachgeschleiften „Dead Man’s Chest“, wie sie etwa im Trailer zu „Schlaf der Vernunft“ gezeigt wird, scheint eine Art übergeordnete Leitfigur zu sein. Ist das Stirn Prumzer? Stirn Prumzer: Er könnte es sein. Man weiß es aber nie. Jeder kann das sein. Jeder kann Mantel und Maske tragen, wie bei Darth Vader. V: Wichtig für das Projekt ist immer auch die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern gewesen. Gibt es da strenge Regieanweisungen oder haben die Performer eigene Ideen? Stirn Prumzer: Es gibt schon Regieanweisungen und es ist alles besprochen und konzipiert, aber gerade im performativen Kontext wird es letztendlich immer anders. Und man muss auch sagen, die sind alle großartig im Improvisieren. Wenn jetzt etwa jemand
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aus dem Publikum auf die Bühne springt und einen Farbkübel abkriegt, dann ist er plötzlich Teil von der Runde – das kann man nicht proben. Es gibt also immer auch einen großen Freiraum. Gerade Fuckhead ist auch so eine Maschine, die, wenn sie einmal angeworfen ist, ihre eigene Dynamik entwickelt. Das ist auch wichtig, denn man kann die Farbe nicht steuern und man kann die Leute nicht steuern. Und dann muss man eben im richtigen Moment reagieren, um die Kompositionen so weit zu gestalten, dass sie funktionieren. Auf der Bühne ist das immer ein Kampf. Aber das gehört dazu. V: Wie kam es überhaupt zu der Zusammenarbeit mit Fuckhead? Stirn Prumzer: Ich habe einmal ein Bühnenkonzept für so eine Hieronymus-Bosch-Geschichte von Fuckhead im brut gestaltet, dadurch habe ich Michael Strohmann kennengelernt. Aus dem Projekt ist leider nichts geworden, aber bei unserem nächsten Shooting hab ich sie dann angerufen. Sie waren sofort bereit, und seitdem arbeiten wir immer wieder zusammen.
V: Manchmal fühlt man sich auch ein wenig an Hermann Nitschs Orgien-Mysterien-Theater erinnert. Darf man „Humandeformation“ neuen Wiener Aktionismus nennen? Stirn Prumzer: Dürfen tut man alles, aber diese Gruppierung mit dem Wiener Aktionismus hab ich sowieso nie verstanden. Also dass man die zusammenfasst, nur weil es zur gleichen Zeit passiert ist. Im Grunde ist außer der ästhetischen Komponente nicht wirklich eine Gemeinsamkeit vorhanden. V: Skandal und Provokation stehen bei euren Werken nicht im Vordergrund? Stirn Prumzer: Man ist schon mit den Werken eines Nitschs aufgewachsen! Das war für mich nie provokant. Für mich war eher das Formale interessant, wie zum Beispiel die Grenze zwischen Fotografie und Malerei. Nicht aber, dass sich jetzt meine Oma aufregt, weil da ein Nackerter auf der Bühne steht. Die Ästhetik ist schon beeinflusst, am ehesten durch Schwarzkogler und Bruhs, Nitsch eher weniger. Wer in Wien im performativen Kontext Farbe verschüttet, ist
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halt gleich auf dieser Schiene unterwegs. Natürlich sind Ähnlichkeiten da, aber das haben wir nicht forciert. Ein 60er-Jahre-Mythos geht uns am Oasch vorbei. Den Aktionismus bringt Fuckhead mit. V: Tolle visuelle Effekte ergeben sich durch die ineinanderfließenden schwarzweißen Partien auf den Gesichtern und Körpern, die letztendlich den Menschen in diese biomorph-deformierten Wesen verwandeln. Wie kommen diese Effekte zustande? Entsteht da viel durch Zufall, oder muss lang herumexperimentiert werden, bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist? Stirn Prumzer: Den Zufall gibt’s nicht! Aber natürlich entsteht viel im Experiment. Mit der Zeit weiß man einfach, was welchen Effekt hervorruft, und kann das auch gezielt einsetzen. Von einer Komposition gibt es viele Fotos, aber dass die Farbe perfekt rinnt, ist nur ein Moment. Und das ist genau der Vorteil der Fotografie, dass man eben diesen Moment einfangen kann. Und man kann anhand der zahlreichen Fotos alles nachher noch analysieren. Zum Beispiel haben wir anfangs viel mehr kommunizieren müssen, da wäre das live noch nicht möglich gewesen. Mittlerweile verstehen wir uns schon blind im Stroboskopgewitter. Beim Shooting wird alles sofort auf einem großen Bildschirm gezeigt, wodurch man die Komposition gleich erkennen und den Malprozess in
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eine Richtung steuern kann. So macht man zum Beispiel da noch einen Kreis dazu oder dort irgendein Element, damit alles schöner ineinanderfließt – dementsprechend eingreifen zu können ist wichtig. V: „Humandeformation“ ist ein medienübergreifendes Gesamtkunstwerk. Es setzt sich zusammen aus Performance, Musik, Plastik, Fotografie usw. Welche Rolle kommt dabei den einzelnen Medien zu? Stirn Prumzer: Die Fotografie ist quasi das Endprodukt. Bei den Liveperformances kommen natürlich noch andere Elemente dazu, aber die Fotografie bildet die Basis des Experiments. Von diesem Freeze-Moment geht alles aus. Der Betrachter der Performance schlüpft auch wiederum in die Rolle des Fotografen, der alles aus seinem eigenen Blickwinkel sieht. Wenn sich etwas bewegt oder rinnt, wie zum Beispiel auf der Bühne oder auch in einem Video, hat das natürlich noch mal eine ganz andere Wirkung. Es wirkt
nicht so verflacht und komprimiert. In den Bildern zu „Humandeformation“ ist der eingefrorene Moment das Entscheidende, und das ist wiederum die Kernkompetenz der Fotografie. V: Wird das Projekt noch weiter fortgesetzt werden? Stirn Prumzer: Es ist nie vorbei! Zum Beispiel geht’s am 12. Juni live weiter im Rahmen des UNSAFE & SOUNDS FESTIVAL im WUK. Da ist auch wieder Fuckhead am Start. Das Ganze heißt „DEEP MAJOR BÄTZI ERROR“, wird noch mehr in Richtung Projektion gehen und das Gesamtkunstwerk wird noch mehr betont. Klassische Bühnensituation gepaart mit 3-D-Projektion, Film, Musik und so Mapping-Zeug. Wir sind selbst schon sehr gespannt! V: Zum Abschluss eine letzte Frage: Macht es Spaß, halbnackte Leute mit Farbe anzuschütten? Stirn Prumzer: Das ist das Schönste, wirklich! (lacht) Am besten, wenn sie zittern und leiden! Nein, im Ernst, das
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ist wichtig und man sieht das auf jedem Foto. So sind es auch immer die letzten Fotos eines Shootings, die die besten sind. Je dicker die Farbschicht wird, umso mehr deformiert sie auch den Körper und umso schwieriger wird es auch für den Performer. Und irgendwie spürt man das dann auf dem Foto. Inzwischen sind wir so weit, dass wir die Farbe ein wenig erwärmen, damit es für die Performer nicht ganz so hart ist. Früher haben sie schon nach zehn Minuten gezittert – jetzt dauert es eine halbe Stunde. Es gibt auch Leute, die diese Erfahrung in der Performance suchen und das spüren wollen. Nach einer Performance im Palais Gschwandner kam ein Mädchen zu uns, die meinte, sie müsste das unbedingt ausprobieren. Und jetzt ist sie dabei. Dort an der Wand kann man das Foto sehen. Man braucht auch Leute, für die es keine Qual ist und denen es genauso Spaß macht. Wenn jemand nur verkrampft ist und das Shooting so schnell wie möglich herunterbiegen will, hat das auch Auswirkungen aufs Endergebnis. Das heißt, man muss mit Freude zittern. V: Na gut, dann also euch beiden weiterhin viel Spaß beim Deformieren und vielen Dank für das Interview!
mehr davon
www.christophersturmer.com www.kurtprinz.at www.feichtnergallery.com
Jacke Meshit
sie: Bikini M Missoni, Schuhe UniteD Nude, Schmuck Stylist’s own Er: Shirt Karl Michael, Hose Bogner, Armstulpen Barbara Reis
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F a s h i o n Ed i t o r M i r z a S p r e c a k o v i c / w w w . m i r z a s p r e c a k o v i c . c o m Photography Verena Mandragora / verenamandragora.com Hair & Make Up Shlomit Migay / shlomitmigay.com Model Stefan / bodyandsoul . at, Coco / motheragency. at
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n g - or f i k a M M e h r t o s i n d ed Fo one un iPh d App: iPa nsehen hier a
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Kamera: Crist贸bal Hornito Schnitt: Crist贸bal Hornito Interpret/ Track: Kazune Koyama / '189A'
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© satanoid
AUF ACHSE
Nigeria, my country
Text: Ralph Zlabinger
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Ein Wochenende in Nigeria Nigeria. Das Paradies meiner Kindheit. Schon lange wollte ich wissen, ob das Land aus meinen Erinnerungen ein reines Fantasiegebilde ist. Die ersten acht Jahre einer glücklichen Kindheit habe ich dort verbracht. Ein mehrjähriger beruflicher Aufenthalt meines Vaters hatte zur Folge, dass meine ganze Familie recht bald nach meiner Geburt dort hingezogen ist. Die meisten Menschen wissen eigentlich nur vier Sachen über Nigeria: 1.: Es ist in Afrika. 2.: Es versendet haufenweise betrügerische E-Mails und Briefe, in denen reiche Prinzen um finanzielle Unterstützung bitten, um ihr vermeintliches Millionenerbe aus dem Land zu schaffen. 3.: Es beheimatet eine irre islamische Sekte namens Boko Haram. Und 4.: Es ist so was wie die Welthauptstadt der Homophobie. Von alldem habe ich als Kind nichts mitbekommen. Gut möglich, dass das nur westliche Vorurteile sind. Um meine Kindheitserinnerung mit diesem Bild in Einklang zu bringen, habe ich im vergangenen Sommer die Einladung zweier alter Freunde meiner Familie angenommen und bin für ein Wochenende nach Nigeria gereist...
Martialischer Empfang Murtala Muhammed Airport, Lagos. Die Klimaanlagen rattern auf höchster Stufe. Alles funktioniert reibungslos und es wartet tatsächlich ein Mann mit einem Namensschild auf mich. Nicht zum letzten Mal sollte ich den Namen meines Gegenübers nicht verstehen, weil die Nigerianer einen sehr eigenen Akzent in ihrem Kolonialenglisch pflegen. Ich trotte hinter ihm her und gelange ins Freie. Es ist plötzlich stockdunkel geworden, die Dämmerung in Äquatornähe dauert keine fünfzehn Minuten. Im nächsten Moment werde ich zwei Polizisten vorgestellt, die unangenehm große Maschinenpistolen tragen. Chauffiert werde ich in einer alten Mercedes EKlasse. Ein Teil des Fensters ist mit Karton ausgeklebt. Man erklärt mir, dass es zu gefährlich sei, heute noch nach Ibadan, einer Stadt etwa zwei Stunden nördlich von Lagos, zu fahren, wo meine Gastgeber auf mich warten. Ich würde auf Ikoyi, einer der Inseln im Stadtgebiet von Lagos, übernachten. Dantes Inferno Unser Konvoi setzt sich in Bewegung, und was sich in den folgenden Minu-
Š satanoid
Š Robert Prather
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ten vor meinen Augen abspielt, kann man nicht anders als surreal nennen. Ein entrückendes Erlebnis über die dünnen Grenzen der Zivilisation hinaus in eine Art gegenwärtige Reprise der unendlichen Weltpanoramen des Malers Bruegel. Überall liegengebliebene, meist ausgebrannte Autoruinen, dazwischen Menschen um Feuerstellen und Kerzen auf Tonnen herumsitzend. Sie starren direkt in meine Augen. Die meisten Autos fahren ohne Beleuchtung, Verkehrsregeln kann man nur erahnen. Ob nun Rechts- oder Linksverkehr herrscht, kann ich nicht mit Sicherheit klären. Wir fließen in dieser Brühe dahin, werden von allen Seiten und allen Arten von Fortbewegungsmitteln überholt. Tierherden, Bauruinen, Slums, Schrottplätze, dann wieder ein paar Meter Wald. Mein Fahrer erzählt mir, dass ein Geschäftsmann überlege, einen Hubschrauber-Shuttleservice vom Flughafen direkt ins Zentrum einzurichten, weil es einfach zu gefährlich sei, mit dem Auto zu fahren. Ohne Polizeieskorte käme man als Ausländer nackt im Zentrum an. Nackt und tot. Dann lachen sie beide, der Fahrer und der Polizist. Ich reagiere nicht darauf, sondern
widme mich weiterhin Dantes Inferno vor dem Wagenfenster. Gigantische Plakate, die meisten von ihnen bewerben Seife, aber auch andere Produkte, vom Computer bis zur Erlöserreligion, wie der Church of the True Christians oder der Society of Pius, sind am Straßenrand zu sehen. Kuriose Schilder wie: Shit Business is serious Business. Oder: There are reasons why Nigerians tend to be one of the happiest peoples in the World: Success in Economy. Außerdem Wellblechhütten, halbfertige Gebäude und riesige Tore, Eingänge zu Villen von reichen Nigerianern oder auch Sektencamps, die man am irre lauten Gesang erkennen kann, der durch den Stadtlärm bis ins Auto dringt. Dazwischen, mitten im Stadtgebiet, eine riesige Müllhalde, die so übel riecht, dass mir das Atmen schwerfällt. Reise nach Ibadan Wirklich mulmig wird mir zumute, als wir in eine Verkehrskontrolle geraten. Mein Fahrer wird plötzlich aggressiv und schreit meinen Polizisten an, was das Problem sei, warum wir aufgehalten würden, ob diese Polizisten ihre eigenen Leute nicht erkennen würden.
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Mein Polizist, jung und sehr aufgeregt, packt seine Maschinenpistole und springt aus dem Auto. Mein Fahrer hinterher. Hier sitze ich nun ganz alleine und beginne mich mit der Idee anzufreunden, nackt und tot im Straßengraben zu landen. Aus der Ferne sehe ich, wie sich meine Beschützer mit dem Straßenpolizisten streiten. Ihre drohenden Gebärden. Ihre Machtspiele. Ihre Waffen, mit denen sie herumfuchteln. Als ich die Augen wieder öffne, fahren wir weiter. Es wird mit der Zeit merklich urbaner. Und spektakulärer. Wir fahren über die lange Brücke von Lagos Mainland nach Lagos Island, von wo
aus man die Lagune und die Skylines überblicken kann, bevor wir das Gästehaus erreichen. Ich kann nicht gut schlafen in dieser Nacht, weil ich zu aufgekratzt bin. Der Geruch von Lagos liegt mir in der Nase. Ich träume von meiner Kindheit. Am nächsten Tag werde ich nach Ibadan gebracht, der flächenmäßig größten Stadt Afrikas. Meine Gastgeber, Crown und Amara Yoroles, alte Freunde meiner Eltern von früher, empfangen mich in aller Herzlichkeit. Crown besitzt ein Unternehmen, das Kartonverpackungen für Tee, Nudeln und Eierschachteln herstellt, seine Frau Amara ist Universitätsprofessorin für
Die gute alte Zeit Beim Mittagessen werde ich unsanft aus dem Erinnerungsparadies der Kindheit vertrieben. Crown erzählt mir davon, wie gefährlich Ibadan geworden ist. Niemand fährt ein neues
Auto, da es einen das Leben kosten könnte. Man kann auch nicht mehr auswärts essen gehen, es gäbe kaum noch Lokale, und diejenigen, die es gibt, könnte man nicht empfehlen, weil das gesundheitliche Risiko zu groß sei. Auch beim Thema Supermärkte sieht es schlecht aus. Für das meiste muss man nach Lagos fahren. Es gibt einige Reichenghettos. Zum Beispiel hat Philip Morris ein Camp, wo die Expatriates hinter hohen Mauern ein einigermaßen amerikanisches Leben führen können, so mit Straßenlaternen und Hydranten. Natürlich weil sie einen Haufen Generatoren mitgebracht und riesige
© Zouzou Wizman.
englische Literatur. Sie haben mich das letzte Mal gesehen, als ich sechs Jahre alt gewesen und zum Spielen mit ihren Kindern gekommen war, die inzwischen nach England ausgewandert und dort erfolgreiche Ärzte sind. Meine Erinnerungen passen nicht zu den Menschen und dem Haus, alles kommt mir nun viel kleiner und deformierter vor.
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Wassertanks installiert haben. Die 90er und 0er Jahre waren von tiefen Krisen geprägt. Damals, als meine Familie noch hier war, sei das Leben wesentlich besser gewesen. Es geht jedoch wirtschaftlich seit einiger Zeit im ganzen Land wieder bergauf, die Stimmung sei gut, nur die Korruption und die Gewalt ließen sich nicht unter Kontrolle kriegen. Ein relativ neues Phänomen sei die Erstarkung der Sekten, die wie Unkraut aus dem Boden sprießen. Man höre das Camp in unmittelbarer Nachbarschaft die ganze Nacht singen und feiern. Der
Führer dieser Gruppe werde übrigens als „Christ of Our Time“ gepriesen. Der Mann sei erwiesenermaßen ein Massenmörder, habe aber so viel Geld und so wichtige Freunde, dass er nicht belangt werde. Auf seinem Bildnis sehe er aus wie eine afrikanische Version von Jesus Christus, der Heiligenschein, derselbe Bart und dieselbe Frisur. Und erst diese Irren von Boko Haram. Was wollen die überhaupt? Der Staat sei zu schwach, um sie zu besiegen. Und ob ich Chinua Achebe, den Schriftsteller und Fela Kuti, den Musiker kenne?
© Luigi Guarino
Niger-Area Am Nachmittag werde ich ins Nationalmuseum von Ibadan geführt. Es wurde in den Sechzigern gebaut, um das Volk über deren drei größte Stämme – die muslimischen Hausa und die christlichen Igbo und Yoruba – zu informieren und Spannungen vorzubeugen. Unser Guide erklärt zuerst, wie das heutige Nigeria entstanden war. Niger heißt der gigantische Strom, der diese Gegend durchzieht. Unsere lieben Kolonialherren, die Engländer, nannten dieses Land also einfach Niger-Area, woraus dann
Nigeria wurde. Ein wenig später hat unser Guide eine diebische Freude daran, mir den Trinknapf des Gottes Oko Sango, seines Zeichens Gott der Potenz, zu zeigen. Es ist ein Napf mit Gliedmaßen, eine davon ein überdimensionaler, erigierter Penis. Der Guide erklärt: “If you can’t perform, you have to drink out of this and after that you will be very active.” Natürlich gibt es aber auch nicht so schöne Traditionen, wie zum Beispiel einen bestimmten Topf, den Frauen in ihrer Hochzeitsnacht von ihrem Mann bekommen, um mit ihm Was-
Š Malcolm Manners
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ser holen zu gehen. Erwiesen sie sich als berührt, so macht der Mann ein Loch hinein, sodass das Wasser ausrinnt und das ganze Dorf sehen kann, dass sie keine Jungfrau mehr war. Duty for my country Am nächsten Tag fahren wir nach Lagos, einer der schmutzigsten, gefährlichsten und abgefucktesten Städte der Welt. Ich habe in meinem Leben ja schon einige Metropolen gesehen, aber so krasse Gegensätze wie dort sind selbst mir neu. Man kann auf einer Straße direkt aus der Steinzeit ins postindustrielle Zeitalter spazieren. 13 Millionen Einwohner, die das ganze Spektrum zivilisatorischer Entwicklung abdecken, drängen sich auf sieben Inseln um die Lagune, woraus sich der portugiesische Name der Stadt auch ableitet. In Lagos kann man wirklich alles kriegen, teilweise bevor es auf dem Markt ist, wie zum Beispiel Raubkopien der Sommerblockbuster des nächsten Jahres oder noch nicht offiziell vorgestellte Autos. Überall wird gebaut, unglaubliche Autos fahren in der Gegend herum und in regelmäßigen Abständen passieren wir schwerstens bewachte Gated Communities für Reiche. Vor
allem aber erzählt man mir, dass die Polizei hier noch gefährlicher sei als in Ibadan, weil sie hier, im Kampf gegen das organisierte Verbrechen, die Lizenz zum Töten habe. Ausgebildet, schwer bewaffnet und arm wären sie natürlich die größten Verbrecher von allen. Unweigerlich geraten wir in eine Polizeikontrolle. Crown zuckt aus und brüllt den Polizisten an, der mit Dackelblick daraufhin eine herzzerreißende Rede hält: „Stop shouting at me! I am just doing my duty for my country“ usw. Soll ich mich nun fürchten oder einen Lachanfall erleiden? Das Amüsanteste an dieser ganzen Situation ist jedoch, dass unser Fahrer tatsächlich einen abgelaufenen Führerschein hat. Jawohl, nigerianische Führerscheine laufen ab. Lucky Market Unser nächster Stopp ist Lucky Market, wo nigerianische Kunst verkauft wird. Leider gibt es keine Oko-SangoSchalen. Ich entscheide mich für eine Fruchtbarkeitsbüste aus Ebenholz mit riesigen Brüsten. Man muss feilschen, wobei mir Crown freundlicherweise assistiert. How much? – „5.000 Naira, Master.“ – Eh?…. What is it made of? – „Ebony.“ – It doesn’t look like
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Ebony. – „Ebony, Master!“ – Too much. I will go. – „No, Oga, wait. How much want pay?“ – 2.500. – „4.500!“ Und so weiter. Irgendwann gibt dann irgendjemand nach. Crown beherrscht es perfekt und kann augenblicklich zwischen Oxford und Pidgin English umschalten. Dann erregt etwas sein Interesse. Einer der Händler bietet Biafra-Pfund feil. Crown droht ihm, die Polizei zu rufen, wenn er so unverschämt sei, und schon schrumpft der Preis um 75 %. Dann packt der Händler seinen Stand zusammen und verschwindet. Ich sehe Crown fragend an: „What does Biafra mean?“ Womit wir schon bei einem der heißesten Themen der jüngeren nigerianischen Geschichte gelandet sind. Schatten der Vergangenheit Die Republik Biafra war ein Staat, der 1967 im Südosten von Nigeria von der Volksgruppe der Igbos ausgerufen wurde. Die Ländergrenzen in Afrika wurden von den Kolonialherren mit dem Lineal auf der Landkarte gezogen, wobei ethnische Zusammensetzungen weniger eine Rolle spielten als die Einflussbereiche der Kolonialmächte. Die afrikanischen Nationen waren daher vollkommen
willkürlich entstanden, was zu nachhaltigen Problemen bis zum heutigen Tage führt. Die Igbos, einer der drei größten Volksstämme Nigerias, fühlten sich mit anderen Volksgruppen auf unnatürliche Weise in einen Staat zusammengedrängt. Und nicht zu vergessen, sie saßen auf den nicht unbeträchtlichen Ölreserven des Landes, zu denen man ihnen den Zugriff verweigern wollte. Sie putschten sich los, erklärten ihre Unabhängigkeit und führten das Biafra-Pfund ein. Sofort wurden im restlichen Nigeria Pogrome ausgerufen und Igbos gezielt verfolgt. Nigeria erklärte noch 1967 den Krieg. Frankreich, das Vereinigte Königreich, die USA, die Volksrepublik China und die Sowjetunion, um nur die wichtigsten zu nennen, mischten natürlich kräftig auf verschiedenen Seiten des Konfliktes mit und lieferten an beide Seiten Waffen. Nach 30 Monaten Sezessionskrieg inklusive Völkermord, Hungerblockade (schon mal den Begriff Biafra-Kind gehört?) und je nach Quelle bis zu einer Million Toten kapitulierte Biafra und wurde 1970 wieder in den nigerianischen Staat eingegliedert. Bis zum heutigen Tag wird das Thema unter den Tisch gekehrt. Und bis
Š Willem Heerbaart
Š Paul Keller
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zum heutigen Tag gibt es einige Igbos, die davon träumen, eines Tages wieder in Biafra aufwachen zu dürfen. Die immer wieder aufflackernden religiösen Spannungen in Nigeria sind ebenfalls untrennbar mit dem BiafraKonflikt verbunden. Auf dem Weg zurück nach Downtown sehe ich ganz passend ein Schild, eine Plakatwand, wo zu lesen ist: „Tsunami: The waves obeyed Jesus.“ Der Tsunami 2004 hatte so viele Moslems ertränkt, da musste einfach Jesus dahinterstecken. Kein Nollywood für Ausländer Dann wechseln wir den Planeten. Wir fahren in ein Shoppingcenter. Ich packe es kaum, auf einmal in einem brandneuen Megaplexkino zu stehen. Wir sehen uns einen der Madagaskarfilme an. Nicht weil ich das möchte, sondern weil Crown mir so zu zeigen gedenkt, wie fortschrittlich und international das Leben in Nigeria sein kann. Er meint auch, dass er und seine Frau vielleicht öfter nach Lagos kommen sollten, hier sei ja richtig etwas los. Während der Vorstellung geht es im Kinosaal zu wie einem Basar, es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Die Leute unterhalten sich, klatschen und lachen hemmungs-
los, der Film ist ein richtiges Gemeinschaftserlebnis. Bei Musik- oder Tanzeinlagen stehen die kleinen nigerianischen Kinder auf und tanzen und singen begeistert mit. So werde ich doch dafür entschädigt, keine lokale Produktion sehen zu können. Nigeria hat quantitativ eine der größten Filmindustrien der Welt. Crown findet die sogenannten Nollywoodfilme jedoch kitschig und peinlich. Grundsätzlich begrüßt er aber die Entwicklung des nationalen Kinos. Endlich können sie ihre eigene Geschichte erzählen, er habe genug vom Blick der Ausländer auf Afrika. Nur die Qualität passe noch nicht, aber es werde besser. Die Hollywoodfilme seien ohnehin nicht besonders beliebt. Nigerianer verstünden die Probleme in diesen Filmen nicht, sie kommen ihnen lächerlich und kalt vor. Dinner Dann gehen wir Abendessen ins „Villa de Medici“. Endlich mal ein bisschen Glamour, denke ich mir, denn meine Mami hat mir abendliche Dinnerpartys versprochen und mir extra dafür beige Rauledermokassins und eine lächerlich überteuerte Hose von Lacoste geschenkt. Ich möchte
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schließlich nicht schlecht auffallen in der Lagos High Society. Ich merke aber schnell, dass man sich hier eher im Holzhackerhemd trifft. Understatement lautet hier wohl die Devise. Wir essen gemeinsam mit einem von Crowns Freunden und seiner atemberaubend schönen Tochter Tonto zu Abend, die im feinsten Oxford English parliert, mich aber keines Blickes würdigt. Interessant ist ihre Achselbehaarung, die aussieht wie ein kleiner Filzteppich. Das ist wohl gerade hip, denn ich möchte nicht glauben, dass
irgendetwas an dieser jungen Dame ungepflegt oder zufällig sein könnte. Das Tischgespräch dreht sich einmal mehr um Nigerias ökonomischen Aufstieg und die guten alten Zeiten. Früher seien die Briten sogar nach Nigeria gekommen, um sich operieren zu lassen. Nach der Unabhängigkeit sei das ganze Land jedoch im Chaos versunken. Da ich das schon zum wiederholten Male höre, verspeise ich etwas gelangweilt meine Emperor Prawns: Garnelen, die so groß sind wie Pizzaschnitten. Die gäbe es in der
© Zouzou Wizman © Geraint Rowland
Lagune von Lagos, erzählt man mir stolz, und ich bin dann doch ein wenig beeindruckt. Promi-Begegnung Nach dem Essen wage ich auszubrechen, nachdem ich verspreche, nicht zu weit zu gehen, und begebe mich an die Bar, wo ich einen Chapman bestelle, einen nigerianischen Cocktail, bestehend aus Angosturabitter, Sprite und Fanta, garniert mit Zitronen, Limonen und Gurken. Ich stehe ganz verträumt da und nuckle an mei-
nem Strohhalm, als sich plötzlich ein langer Strich in der Unschärfe meines Blickfeldes manifestiert. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich dieser als junge Dame, die mir direkt in die Augen starrt. Sie trägt ausgewaschene Jeans und eine ebenso ausgewaschene Jeansjacke. Ihre Haare sind zu kleinen Zöpfen geflochten. Kurios sind ihre riesigen Kopfhörer, die sie hier mitten im Lokal trägt und die DJBobo-artigen Beats, die mir da entgegenschallen. Ich gefalle mir eigentlich so gut in meiner passiven, beschütz-
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ten Rolle, dass ich schon wegsehen will, doch keine Chance, sie spricht mich an: „Do you want to buy me a drink?“ Ich hab wohl nicht sehr intelligent dreingeschaut, aber sie lässt sich nicht beirren. Mir fällt ein, dass ich nigerianische Naira in der Tasche habe, Crown und Amara hatten mir bis jetzt nur keine Chance gegeben, sie zu benutzen. Ich bejahe also und bestelle ihr ebenfalls einen Chapman. Bevor ich mir noch überlegen kann, wie ich nun ein Gespräch starten könnte, fragt sie mich: „What is your name?“ Ihr Name war jedenfalls Dakore. Sie fragt mich, ob ich in Lagos wohne. Ich verneine und erzähle ihr, dass ich nur übers Wochenende hergekommen sei, um das Land meiner Kindheit zu sehen. Sie lacht. Ob ich etwas Interessantes erlebt hätte. Ich erkläre ihr, dass im Grunde jede Sekunde interessant war. Jeder Löffel hier würde anders gehalten, jede überdrehte Klimaanlage erzeuge ein fremdes Gefühl. Jedes Mal, wenn man das Gebäude verlässt und von der Hitze erschlagen wird, wähnt man sich in einer anderen Welt. Sie schüttelt nur den Kopf und meint, das sei doch alles langweilig, warum ich mich nicht mit Menschen abgebe. Ich
antworte, ich hätte noch keine richtigen Nigerianer getroffen. Sie fragt, wie ich das meine. „Na ja“, sage ich, „ich habe einen Unternehmer, eine Universitätsprofessorin, drei nigerianische Händler, ein paar Polizisten und einen Fahrer getroffen. Das sind doch keine richtigen Nigerianer.“ Dakore blickt mich verstört an: „Wieso sollten das keine richtigen Nigerianer sein? Weil sie etwa nicht halbnackt im Busch leben und Voodoo-Shit machen?“ Ich muss gestehen, dass sie recht hat. Dakore erzählt von ihrer Großmutter, die aus einem kleinen Dorf in Gombe State nach Lagos gekommen war. Sie hat im Slum angefangen. Und hier steht sie nun, im „Villa de Medici“. Mit Gottes Hilfe. Und einem Walkman. Ich muss plötzlich an meine eigenen Urgroßeltern denken, die aus einem kleinen Dorf in der Walachei gekommen waren. Ich lächle: „Siehst du, Dakore, dich wollte ich treffen. Deine Geschichte wollte ich hören.“ Wir plauschen noch ein wenig darüber, wie faszinierend und unwahrscheinlich es sei, dass wir uns hier getroffen hätten. Irgendwann muss Dakore dann gehen. Sie schreibt mir ihren vollständigen Namen auf eine Serviette und flüstert:
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„Find me.“ Dann ist sie verschwunden. Als ich zum Tisch zurückkomme, werde ich mit großen Augen empfangen. Sogar Tonto scheint auf einmal daran interessiert zu sein, mit mir zu sprechen. „Do you know who you talked to?” Ich schüttle den Kopf und erfahre: Es war Dakore Egbuson, ein Nollywoodstar, eine ihrer Lieblingsschauspielerinnen. „What did she give to you?“, will Tonto noch wissen.
Ich lächle wichtigtuerisch und antwortete: „Oh, just her phone number.“ Nachtrag Nigeria ist das Land meiner Kindheit und es wird immer einen Platz in meinem Herzen haben. Ich werde mich freuen, wenn es seinen Menschen besser geht, und ich werde leiden, wenn sie es tun. Aber trotz oder gerade wegen meines inneren Bedürf-
© Zouzou Wizman
nisses zu einer gewissen Verklärung habe ich hier jene Eindrücke geschildert, die das Land im Rahmen meines kurzen und sicher nicht repräsentativen Aufenthaltes eben auf mich gemacht hat. Nigeria ist, zumal aus der Perspektive eines Europäers, kein angenehmer Ort. Die Menschen sind arm, und abgesehen von einem de facto Bürgerkrieg zwischen Moslems und Christen ist es eine Gesellschaft,
die stark von Gewalt, physischer wie psychischer, geprägt ist. Deren Opfer sind neben den Frauen vor allem Homosexuelle. Schwul sein ist in Nigeria unter Umständen lebensgefährlich. Natürlich gibt es eine Szene, aber die ist gut versteckt. Ich gehöre da nicht hin und deshalb kann und will ich nicht darüber schreiben. Ich wüsste nicht, wovon ich spreche. Darum habe ich das unterlassen. Aus Respekt.
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D as neue A lpha und O mega der I ndierockbands
Text: Michael Haller fotos : Matthias Heschl Interview: Julian Wiehl Kamera: C. Hornito Ton: Lukas Nowotny
Der 1010 Sound – SENNHEISER Flagship Store neben dem Wiener Haus der Musik hat die Salzburger Band OLYMPIQUE in sein Wohnzimmer geladen, wo VANGARDIST sie zum Interview getroffen hat. Mit „The Reason I Came“ schlug OLYMPIQUE letztes Jahr in die Radiostationen des Landes ein. Im Jahr 2009 gründeten Fabian Woschnagg, Leo Scheichenost und Nino Ebner ihre Indieband und sind seit ihrem ersten Album nicht mehr aus der österreichischen Musiklandschaft wegzudenken. Mit ihrem Sound aus Alternative/Rock/Pop erspielen sich die Jungs vor allem live eine stetig wachsende Fangemeinde. Ihre Debütplatte „Crystal Palace“ veröffentlichte das Trio am 14. November 2014 und verzeichnet seitdem mehrere Erfolge, nicht nur im Chartbereich. So erhielt die Band
beispielsweise dieses Jahr den Heimo Erbse Förderpreis. 2015 waren die drei Herren zwei Mal für den Amadeus Austrian Music Award nominiert. Der 1010 Sound – SENNHEISER Flagship Store bietet neben High-End-Studioequipment und Consumer-Produkten ein gemütliches Wohnzimmer mit Wohlfühlcharakter zum Testhören von Kopfhörern aller Art. Als exklusive Dekoration findet man dort einen der 300 existierenden Orpheus', den mit 24.300 Euro Kaufpreis teuersten Kopfhörer der Welt. Der richtige Ort also, um sich über gute Musik zu unterhalten.
interview Könnt ihr euch kurz vorstellen und sagen, was ihr außer der Musik noch macht? Leo: Ich bin neben der Musik noch Grafikdesigner und Illustrator. Nino: Ich studiere Politikwissenschaft und arbeite nebenbei noch im sozialen Bereich. Fabian: Und ich bin Musiker. Als Teenager wart ihr bekannt unter dem Namen SEQUENCE OF TENSES. Was hat sich seit damals band- und soundtechnisch geändert? Fabian: Zur damaligen Zeit waren wir noch eine Schülerband in Salzburg. Als wir beschlossen haben, OLYMPIQUE zu werden, fingen wir an, Musik bewusster zu machen und unser Hobby zur Berufung werden zu lassen. Was hat Musik für einen Stellenwert in eurem Leben? Leo: Die Musik begleitet mich, seitdem ich klein bin. Gar nicht das Musikhören, sondern eher das Selber-Musik-Machen. Welche Playlists habt ihr zurzeit auf euren Geräten, was findet man da so? Fabian: Ich finde gerade A$AP Rocky extrem spannend. Außerdem höre ich zurzeit sehr viel
Bon Iver und Morrissey. Außerdem finde ich die Platte von Hozier wunderschön. Leo: Bei mir liegt gerade Jimi Hendrix auf dem Plattenspieler. Nino: Hozier finde ich auch ganz cool. (lacht... und korrigiert Fabians Aussprache des irischen Solomusikers) Ihr wohnt ja in verschiedenen Städten. Wann und wo probt ihr? Fabian: Wir haben das große Glück, dass wir einen Proberaum im Rockhouse in Salzburg bekommen haben. Das ist sehr gut für die Band und für die Produktion des zweiten Albums. Wie ist euer Weg zu einem
Song, wie entsteht ein neues Lied? Nino: Grundsätzlich gibt es bei uns zwei Wege, wie Musik entsteht. Einerseits kommt Fabian mit einem fast fertigen Song in den Proberaum. Anschließend arrangieren wir das Lied mit der Band fertig. Andererseits improvisieren wir, dadurch entsteht auch relativ schnell ein Song. „The Reason I Came“ zum Beispiel ist sehr spontan, innerhalb einer viertel Stunde entstanden. Fabian: Das Schönste ist einfach, wenn man sieht, wie sich eine Idee zu einem Lied entwickelt. Im Video zu „No Estate To Remind“ erscheinen viele Filmsequenzen. Ist das Video ein Blick in eure persönliche Videothek? Nino: Wir wollten uns einfach in Filme hineinschneiden. Die Filme aus den 80ern und 90ern erinnern an die damalige Zeit und man fühlt sich wieder zurückversetzt. Dadurch wollten wir einen Nostalgie-Effekt erzielen. Eure Musikvideos sind aufwendig produziert. Woher kommt dieser Bezug zum Film? Leo: Man braucht ein Video, um den Leuten ein visuelles Bild zur Musik zu geben. Deswegen ist das Medium Musikvideo so wichtig für uns, um zu zeigen, was wir mit der Musik vermitteln wollen.
Im Video zu „Face Down The Earth“ geht es etwas provokanter zur Sache. Wie waren die Reaktionen vom Publikum? Leo: Die Reaktionen waren durchwegs positiv. In dem Song geht es viel um Liebe und um den Liebesakt von zwei Leuten. Wir haben dann einfach das Natürlichste gezeigt, um den Song authentisch rüberzubringen. Im Video zu „The Reason I Came“ musstet ihr ja richtig schauspielern. Wie habt ihr es erlebt, als Musiker vor der Kamera zu agieren? Fabian: Ich bin immer mehr in den Text und in das Lied eingetaucht, sodass es dann einfach sehr persönlich wurde und ein stimmiges Bild machte.
Worauf seid ihr besonders stolz, was euch bis jetzt als Band passiert ist? Fabian: Das Frequency-Festival letztes Jahr war definitiv ein Meilenstein für uns, vor allem, weil es so unerwartet war. Um 7:30 Uhr morgens wussten wir noch nicht, dass wir am Frequency spielen werden. Auch die Tatsache, dass wir jetzt Konzerte ausverkaufen, ist unglaublich. Euer Album war schon länger fertiggestellt, bevor ihr es veröffentlicht habt. Wie war es dann, mit den Songs live auf der Bühne zu stehen? Leo: Das funktioniert eigentlich ganz gut. Wir machen oft andere Live-Versionen von den Songs, damit es auch für uns spannend bleibt. Deswegen sind die Lieder für uns quasi immer wieder neu. Wie seht ihr die Musikindustrie zurzeit? Beispielsweise You Tube oder Spotify – ist das ein Fluch oder eher ein Segen? Leo: Man muss schauen, wie man am besten mit den Medien umgeht. Dass man rein durch CD-Verkäufe nicht mehr viel verdient, ist klar. Man muss schauen, wie man es in die Onlinemedien schafft. Neue Medien bringen neue Möglichkeiten und das ist spannend.
Was sind eure nächsten Ziele? Wo soll es noch hingehen? Fabian: Unsere Ziele haben sich relativiert. Wir machen uns mittlerweile einfach mehr Gedanken darüber, was wir machen. Ein großes Ziel ist einfach, eine Basis zu schaffen, um irgendwann ein zweites Album herauszubringen. Leo: Eines unserer realistischen Ziele war, dass wir eine eigene Tour starten und Termine auch teilweise ausverkauft sind. Wie sieht der Tourplan aus? Leo: Wir starten in Salzburg, dann kurz nach Deutschland und wieder zurück nach Österreich für einige Termine. Teilweise sind Shows bereits ausverkauft und wir freuen uns sehr darüber. Wir sind auch aufgeregt, un-
sere CD in vollen Zügen präsentieren zu können. Was erwartet uns auf der Bühne? Fabian: Die größte Show, die OLYMPIQUE jemals auf einer Bühne präsentiert hat. Wir haben sehr viel geprobt und es wird hoffentlich genau so, wie wir es uns vorstellen. Wer OLYMPIQUE live erleben möchte, hat die Chance, sie auf ihrer derzeitigen Crystal Palace Tour zu sehen: TOURDATEN:
21. 02. 2015 Lustenau, Carinisaal
06. 02. 2015 Salzburg, Rockhouse
05. 03. 2015 Wien, WUK
07. 02. 2015 München, Feierwerk
06. 03. 2015 Linz, Posthof
20. 02. 2015 Innsbruck, Weekender
07. 03. 2015 Graz, PPC
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Face Down The Earth
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I hate Fashion Wie das Schwarz zu Yohji Yamamoto kam
TEXT: Jenni Koutni
Es begann als Zeichen der Trauer und endete mit einer weltweiten Karriere als Modedesigner. Yohji Yamamoto entwirft Kleidung fast ausschlieĂ&#x;lich in Schwarz und verabscheut jegliche Trends. VANGARDIST hat sich fĂźr die Black Issue in die Welt des Japaners begeben und herausgefunden, was den Poeten in Schwarz bis heute so erfolgreich macht.
Y oh j i Ya m a moto c atal o g u e , Nic k Knig ht
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Ein Leben voller Licht und Schatten „Ich hasse Mode. Der Markt heute ist ein großer Dreckhaufen. Es gibt zu viele Designer, die beschissene Kleidung verkaufen. Zu billig, zu sexy, zu wasted.“ Der Mann, aus dessen Mund diese ehrlichen Worte stammen, ist selbst Modedesigner: Yohji Yamamoto, Gründer des gleichnamigen Bekleidungsunternehmens und vier Nebenlinien, Langzeitdesigner für Adidas, mit unzähligen Shops weltweit. Klingt stark nach dem Vorzeigedesigner schlechthin. Mr. Yamamoto sieht das aber anders: „Ich bin kein Designer, ich bin Schnei© el ise toide
der.“ Sieht oder liest man eines seiner raren Interviews, erkennt man sofort, dass diese klaren Ansagen nicht von einem hochnäsigen Newcomer stammen, der mit seinen Worten provozieren will, sondern von einem Mann, der aus Erfahrung spricht. Wie ein weiser Zen-Meister wirkt er, dessen gelassene Art eine geradezu beruhigende Wirkung auf den Zuhörer hat. In seiner Karriere hat der zierliche 71-Jährige mit den gütigen Augen schon alles erlebt. Ups und Downs, kometenhaften Aufstieg, Insolvenz, Lob und harte Kritik. Auf Fragen antwortet er höchst überlegt, in gebrochenem Englisch, trifft mit seinen klugen Aussagen aber immer ins Schwarze. Bei ihm ist überhaupt alles schwarz. Warum das so ist, hat seine Gründe. Schon die Kindheit des Japaners prägte seine spätere Laufbahn. Die Ausmaße des zweiten Weltkriegs waren enorm, ganze Städte wurden zerstört und auch seine Heimatstadt Yokohama wurde durch
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Bombenangriffe erschüttert. Nachdem Yohjis Vater im Krieg gefallen war, trug seine verwitwete Mutter, eine Schneiderin, ausschließlich Schwarz als Zeichen der Trauer. Er tat es ihr gleich. Auf die Frage, wie er ihr helfen könnte, antwortete sie schließlich: „Wenn du mir wirklich helfen willst, dann lerne richtig zu nähen.“
Der Yamamoto-Look Nach mehreren Jahren Ausbildung kam er Anfang der 80er Jahre nach Paris. Er hatte nur einen Wunsch, und der war in Anbetracht seiner späteren Karriere sehr bescheiden: einen eigenen kleinen Shop zu eröffnen. Nie hätte er geahnt, dass seine im selben Jahr auf der Fashion Week gezeigte erste Kollektion so einen Taifun entfachen würde. Nur wenige Stunden nach der Show stürmten Kunden seinen kleinen Laden und kauften ihn fast leer. In Zeiten, in denen sich die französische Modeszene an Looks alteingesessener Labels fast schon festgesaugt hatte, war der Durst nach Außergewöhnlichem plötzlich umso größer. Es waren keine konservativen Businesslooks oder figurbetonten Abendkleider, sondern wahre Skulpturen, in denen man auffiel. Kimono-Trenchcoats und übergroße Anzüge – natür-
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Schönheit im Unvollkommenen lich in Schwarz – wurden fortan mit größter Nonchalance getragen und als Erkennungszeichen der neuen französischen Avantgarde betrachtet. Wer Yamamoto trug, war intellektuell, unabhängig und verstand etwas von Mode. Doch nicht mal dieser plötzliche Ritterschlag konnte dem Designer ein Fünkchen Arroganz entlocken. „Ich war schockiert und habe einfach nicht verstanden, was da los war. Alles, was ich wollte, war ein kleiner Laden.“
Doch wie sieht der typische Look des Japaners denn nun aus? Und warum verkauft sich etwas seit Jahrzehnten so erfolgreich, das sich weder an Farben noch an Trends orientiert? Seine Entwürfe sind keine Figurschmeichler, in denen man attraktiver aussieht. Sie sind schnitttechnische Kunstwerke, in denen man interessanter aussieht. Wie unförmige Lappen wirken sie am Kleiderhaken, erst der Träger haucht ihnen das Leben ein. Zerfetzte Stoffe, lose Fäden oder offene Nähte sind in fast jeder Kollektion zu sehen. Wo Pariser Couturiers Ohnmachtsanfälle bekämen, fühlt sich Yamamoto erst richtig daheim. Nämlich in der Unvollkommenheit. „Für mich ist Perfektion etwas Hässliches. Ich will Narben, Fehler, Entstellung und Unordnung“, erklärt er und greift damit eines der ältesten Prinzipien der japanischen Ästhetik auf: Wabi-Sabi. Es ist die Lehre von der Schönheit im Unvollkommenen, die Patina und Reife schätzt und Sterilität ablehnt. Das Perfek-
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te im Makel finden, das ist es, was er in den Menschen auslösen möchte, die sich für seine Kleidung entscheiden. Einen neuen Zugang zur Ästhetik zu finden und die Spuren des Alters und des Lebens zu zelebrieren, statt sie zu beseitigen. Immer wieder experimentiert er mit Hightech-Stoffen, liebt es aber auch, auf unkonventionelle Weise unbehandelte Naturstoffe wie Leinen oder Filz einzusetzen, um inkompatible Materialien trotzdem miteinander zu vermischen. Seiner typischen Handschrift bleibt er jede Saison treu. Es gibt keine gewagten Farbexperimente, völlig neue Formen und Silhouetten. Wie es der Designer selbst beschreibt: „Ich spiele immer denselben Song, nur mit neuem Text.“
All Black Yamamoto und Schwarz – eine Liebesgeschichte, die ihre Wurzeln in der frühesten Kindheit des Designers hat. In diesem Ausdruck des Mitgefühls fand er Geborgenheit und Trost. Doch was empfindet er heute für die Nichtfarbe? „Man ist freier als Designer, wenn man sich nicht an Farbtrends bindet. Schwarz ist bescheiden und arrogant zugleich. Schwarz ist faul und einfach – aber geheimnisvoll. Aber vor al-
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lem sagt Schwarz: Ich lasse euch in Ruhe, also lasst ihr auch mich in Ruhe.“ Und tatsächlich formt die Farbe seine besonderen Silhouetten erst richtig, sie schluckt das Licht und lässt den Träger dadurch irgendwie mysteriös zurückhaltend wirken. Keine andere Farbe ist so universell und immer passend. Schwarz macht Yohji Yamamotos Kleidung seit 35 Jahren tragbar, ohne ein Ablaufdatum zu haben, und katapultiert seine oft gewagten Entwürfe durch diese visuelle Zurückhaltung wieder ins Tragbare. Eine Farbenlehre, die in den 80ern vor allem durch japani-
sche Designer wie Yohji, seiner ehemaligen Partnerin Rei Kawakubo, Kenzo oder Issey Miyake nach Paris und dadurch nach Europa kam. Natürlich kann man schwarze Kleidung nicht ausschließlich als japanische Erfindung verbuchen. Die zeitlose Eleganz von Coco Chanel, das legendäre kleine Schwarze von Givenchy, das Audrey Hepburn in „Breakfast at Tiffany’s“ berühmt machte, oder der rebellische „All Black“Look von Marlon Brando im Beatnik-Style der 50er Jahre gaben der Nichtfarbe damals schon ihr Image. Aber mit den Talenten aus Japan kamen die Abstraktion und eine radikale Modernisierung von Schnitt und Silhouette, die als Aufruf galt, Mode als Kunstform zu sehen. Schwarz wurde zum Kennzeichen der Avantgarde und wird seitdem als Erkennungsmerkmal von Designern und Modeleuten gesehen.
Eine ungewöhnliche Zusammenarbeit „Beim Designen von Sportsachen kann man sich nicht alles leisten, man muss praktisch denken und ist eingeschränkter. Eine ganz neue Welt für mich. Das fordert mich als Designer immer wieder heraus und daran wachse ich.“ Japanische Zurückhaltung
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Y und sportliche Praktikabilität – mit Yamamoto und Adidas kamen 2001 in der Tat zwei DNAs zusammen, die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben. Y-3 zeigt typische Design-Einflüsse wie Materialmix und ungewöhnliche Details, gemischt mit der tragbaren Einfachheit, die für eine Sportmarke unabdingbar ist. Kantige Formen, futuristische Sneakers, Hightech-Materialien und dunkle Farben, die seit Jahren die gleiche Coolness ausstrahlen – Faktoren, mit der die Marke eine Brücke zwischen zwei modischen Welten bildet und Streetstyles auf der ganzen Welt prägt. Ein bisschen Geld dürfte das auch in die Kasse gespült haben.
Zurückschauen und dankbar sein Der Krieg, die Trauerkleidung seiner Mutter, Bomben auf Tokio und Yokohama – Yamamoto war schon als Kind mit der dunklen Seite des Lebens konfrontiert und ist ihr bis heute treu geblieben. Er hat es geschafft, schon in den 80ern eine Formsprache zu entwickeln, die auch heute noch exakt dem Zeitgeist entspricht. Kleidung, die man für die Ewigkeit
kauft und die nicht nur eine Saison tragbar ist. Seine Entwürfe sind wild, verhüllen den Körper, anstatt ihn zu formen, sind dekonstruiert, asymmetrisch und scheinen voller Geheimnisse zu stecken. Aber niemals sind sie düster, sondern ironisch und tragen oft lustige Botschaften in sich. Denn nach Ansicht des Designers ist das Leben nicht ernst, es ist lebenswert. Auch wenn oder gerade weil es nie so richtig perfekt ist. „Schöne Dinge entwischen uns jeden Tag. Seht sie an, behaltet sie im Gedächtnis, seid gelassen. Und schaut immer zurück.“
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BALANCE
Beauty Schwarz ist das neue Schwarz
von Juán d. Zamora
Denken wir an die Farbe der Nacht, dann denken wir an Luxus und Eleganz. Schwarz ist sexy. Schwarz ist maskulin. Schwarz ist zeitlos schön. Auch die besten Pflegeprodukte für Männer setzen für ihre nüchternen, klaren Designs auf Schwarz, um Kunden anzusprechen, und sicher würdet auch ihr eure Badezimmer gerne mit stylish-einfarbigen Pflegeprodukten ausstatten. Dem steht jetzt nichts mehr im Wege: Von Abdeckprodukten, die unauffällig für einen makellosen Teint sorgen, hin zu exotischen Lava-Masken, die Hautunreinheiten beseitigen, lassen diese Produkte nicht nur euch, sondern auch euer Badezimmerregal gut aussehen.
David Jones Beauty Men’s Hair & Body Wash Black Pepper & Cashmere
Paco Rabanne for Men Black Xs Aftershave Lotion
Der erfrischende Duft der weltweit bekannten Marke für guten Geruch ist Eine unvergleichliche Kombi: Eine jetzt auch in einem Produkt vertreten, das Mischung aus Aloe Vera, Vitamin C und Kaschmir- und Schwarzpfefferextrakt uns nach der Gesichtshaarentfernung die beschert dem Körper ein unvergessliches gewünschte Erleichterung verschafft. Diese Lotion ist perfekt geeignet für die Duscherlebnis. Da sowohl für Haar als Rasur vor besonderen Anlässen und beruauch Körperpflege geeignet, ist es obenhigt die Haut, nachdem sie einer Klinge drein noch praktisch und deshalb das ausgesetzt war, äußerst wirksam. perfekte stylish-schnelle Accessoire für Wer unaufdringlich subtile Düfte bevorFitness und unterwegs. Nach dem zugt, kann mit diesem Aftershave nichts Duschen hinterlässt es einen dezenten falsch machen. Die Komplimente werden Duft, der für ein stundenlang sauberes sicher nicht ausbleiben. Gefühl sorgt, und die praktisch-trageleichte Flasche macht es zum idealen Begleiter für Reisende, die perfekte Sauberkeit im Handumdrehen wünschen.
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Menaji Camo Concealer
Verdecke kleine Hautmängel mit diesem Stift, der dank seiner praktischen Verpackung sicher bald zu deinem treuesten Alltagsbegleiter wird. Was aussieht wie ein gewöhnlicher Lippenpflegestift ist in Wirklichkeit eine äußerst verlässliche Wunderwaffe. Auf Basis von Traubenkernöl garantiert dieser Abdeckstift speziell für Männer die natürliche und unauffällige Camouflage von unerwünschten Hauterscheinungen. Er ist erhältlich in drei verschiedenen Farbtönen und leistet nicht nur wirksame, sondern auch langanhaltende Dienste. Geruchsfrei und mit Sonnenschutzfaktor 8.
Clinique for Men Maximum Hydrator
Ein vielseitig wirkendes Produkt, das die Haut gleichzeitig strafft, mit Feuchtigkeit versorgt und ihr Glanz verleiht. Die hochwirksame Feuchtigkeitscreme verringert außerdem das Auftreten von Mimikfältchen oder beugt ihnen vor, hat einen angenehm unaufdringlichen Duft und eine Konsistenz, die die Haut erfrischt und verjüngt zurücklässt. Einfach täglich auftragen und sich auf den belebenden Effekt von Jojobaöl und Olivenextrakt freuen.
Tom Ford Noir Deodorant
Der bekannteste Duft der Marke, die wie keine andere für moderne Eleganz steht, trägt die Farbe der Dunkelheit im Namen. Aus derselben Serie stammt dieses Deodorant, das nicht nur Geruchsschutz garantiert, sondern die Sinne auch mit dem orientalischen Duft des Parfums verwöhnt und unserem Alltag damit einen Hauch von Eleganz verleiht. Für den urbanen, anspruchsvollen Mann ist dieses Deo gleichzeitig unaufdringlich und langanhaltend wirksam.
Kyoku for Men Lava Masque
Mit Vulkanschlamm und Meeresmineralien belebt diese feine Mischung die Haut mit einer ordentlichen Dosis an Nährstoffen. Die Lava-Maske beseitigt überschüssiges Hautfett und sorgt für einen erholten und jünger aussehenden Teint. Japanischer Sake rundet die einzigartige Mischung ab und macht die Haut geschmeidig weich, spürbar von der ersten Anwendung an. Ein gleichzeitig luxuriöses und easy zu handhabendes Pflegeprodukt, das euer Gesicht optimal auf alles vorbereitet.
k dar es plac
The
Places
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von Ann-Kathrin Erler
Prada Runway “The Infinite Palace” Mailand, Italien Architekten: OMA/AMO / Fotos: Prada und OMA
www.oma.eu
Bei der diesj채hrigen Pr채sentation der Herbst/WinterKollektion machte Prada den Laufsteg selbst zum modernen Kunstwerk. Die Architekten von OMA/
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AMO gestalteten in der Niederlassung der Fondazione Prada in Mailand einen „endlosen Palast“ aus schwarzem und blauem Marmorimitat, gespickt mit geometrischen Flächen aus Aluminium. Die variierenden Größen der einzelnen
R채ume sollen den Besucher desorientieren, ihn gefangen nehmen und so eine besondere Intimit채t w채hrend der Modenschau selbst schaffen.
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Beinecke Rare Book & Manuscript Library Yale University, Connecticut, USA Architekten: Skidmore, Owings & Merrill / Fotos: Sage Ross
www.som.com
„Licht und Wahrheit“ ist das Motto der Yale Universität, der drittältesten Hochschule der USA. Doch sowohl die Wahrheit als auch das Licht brauchen
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Kontrast, einen Gegenpart. Dem einen ist es die L체ge, dem anderen die Dunkelheit, oder eben Schwarz. Und mit diesen Gegens채tzen spielte Architekt Gordon Bunshaft beim Entwurf der Beinecke Rare Book & Manuscript Library.
Im dunklen Inneren des weiĂ&#x;en Betonblocks zeigt einem das Licht genau an, wo sich die Wahrheit finden lässt. Unter anderem in zwei Exemplaren der seltenen Gutenberg-Bibel, die hier ausgestellt sind.
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Wild Turkey Bourbon Visitor Center Lawrenceburg, USA Architekten und Fotos: De Leon & Primmer Architecture Workshop
www.deleon-primmer.com
Das neue Besucherzentrum der traditionsreichen amerikanischen WhiskeyDestillerie am Wild Turkey Hill wurde erst k端rzlich mit dem AIA Institute Honor Award ausgezeichnet, jenem Preis, den das namensgebende American Institute
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of Architects j채hrlich verleiht. Das Geb채ude wurde von De Leon & Primmer im Stile alter Tabakscheunen, die fr체her die Landschaft im Mittleren Westen der USA pr채gten, gestaltet. Durch die schwarze Verschalung hebt sich das Haus
unaufdringlich, aber eindeutig von der Landschaft ab. Erbaut auf einem Felsvorsprung, genieĂ&#x;t man zum Bourbon die beeindruckende Aussicht Ăźber den Kentucky River.
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hört das! Empf
e g i n n i s r ö H r ü f EN g n u l h e
von Juán d. Zamora
Schwarze Sounds: stark und zeitlos
“Black is the colour of my true love’s hair”, sang die Jazzsängerin Nina Simone 1959 und verlieh der Farbe damit etwas Verführerisches. Über “schwarze Kultur” lässt sich nicht sprechen, ohne dabei auf ihre umfangreiche musikalische Geschichte und Traditionen einzugehen, denn von afrikanischen Chants bis hin zu den Musik-Diven der jüngeren Vergangenheit haben schwarze Stimmen bereits unzählige Hörer rund um den Globus betört.
Stromae
Racine Carrée Wer erinnert sich noch an Alors on Danse, den Song, der uns vor einigen Jahren verlässlich auf die Tanzflächen stürmen ließ? Die Stimme hinter dem Superhit gehört einem Belgier, der sich als Mittler zwischen europäischer Kultur und afrikanischen Traditionen versteht. Ein Rebell war er schon immer und hat sich im eigenen Land stets wie ein Außenseiter gefühlt. Er wurde zwar in Belgien geboren und ist dort aufgewachsen, seine Begeisterung für afrikanische Musik hat seine musikalische Arbeit jedoch von Anfang an stark geprägt. Inspiriert von kongolesischer Rumba strotzen seine Songs nur so vor ansteckenden Beats und tiefsinnigen Texten. Vor kurzem war er am Soundtrack für Die Tribute von Panem: Mockingjay Teil 1 mit dem Song Meltdown beteiligt, ein hypnotisches Stück, in dem die Stimme der Senkrechtstarterin Lorde zu hören ist. Unbedingt anhören sollte man sich auch Papaoutai, Tous Les Mêmes und Formidable von Stromaes neuestem Album Racine Carré. go to iTUNES
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Erykah Badu
Baduizm
Zeitgenössischer Jazz hat eine starke Verbündete. Seit ihrem ersten Hit On & On im Jahr 1997 ist einiges passiert im Leben der amerikanischen Songwriterin Erykah Badu, und schon jetzt ist klar, dass ihre Musik noch für lange Zeit Lob einheimsen wird. Ihre besondere Stimme und gefühlvollen Darbietungen werden zusätzlich erhöht durch ihre außergewöhnlich starke Präsenz. Die grünäugige Schönheit wurde zwar bereits mit diversen Auszeichnungen in Form von Grammies, American Music Awards und MTV Awards bedacht. Ihr wichtigster Titel ist jedoch zweifellos der der „Queen of Neo Soul”, der ihr für die Rettung eines verloren geglaubten Genres verliehen wurde. Wer sie noch nicht kennt, kann ihre Musik mit diesem Album von den Anfängen her erkunden. Und alle, die sie bereits lieben, sollten dieses Album, das Musikern wie Lauryn Hill und Janelle Monáe den Weg geebnet hat, unbedingt ihrer Musikkollektion hinzufügen. Auf keinen Fall verpassen auf diesem Klassiker: On & On, Appletree und Next Lifetime. go to iTUNES
Shamir
Brooke Candy
Ein neuer Star steigt auf am Musikfirmament. Mit gerade mal 19 Jahren landete der aus Las Vegas stammende Musiker letztes Jahr auf der Liste der “best new artists”, was wir sehr gut nachvollziehen können. Mit seiner einzigartigen androgynen Stimme und einer Mischung aus R&B, Dance und einer kleinen Prise Disco Beat war Shamirs erster Auftritt in der Musikszene ein selten selbstbewusster, was vor allem in Anbetracht seines Alters bemerkenswert ist. Von Anfang an vom eigenen Talent überzeugt, schickte er ein Demo an seinen heutigen Produzenten, der ihn bereits am nächsten Tag unter Vertrag nahm. Der Rest ist Geschichte (und wird es auch bleiben). Mit If It Wasn’t True legte Shamir ein überwältigend gutes Debut hin und ließ die Musikwelt ungeduldig nach mehr lechzen. Und das gibt es jetzt online zu sehen. Einfach auf YouTube The Regular eingeben und sich vom ungewöhnlichen Style und beeindruckenden Afro und Talent dieses jungen Mannes umhauen lassen. go to iTUNES
Ihre Haut mag vielleicht weiß sein, aber die neue Princess of Hip Hop ist dunkler als schwarz. Mit Erfahrung in der Pornoindustrie (ihr Vater war Finanzchef des Hustler Magazine) und einem Look, der zwischen Dark, Ghetto und Opulenz changiert, ist Brooke Candy eine dieser ungewöhnlichen Musikerinnen, die nur ganz selten die Szene betreten. Sie hat die Unterstützung von Fashion-Guru Nicola Formichetti und dem brillanten Fotografen Steven Klein, der allgemein für seinen kontroversen Geschmack bekannt ist, und ihre früheren Singles I Wanna Fuck Right Now und Pussy Make The Rules geben einen Eindruck von ihrem musikalischen Konzept. Ihren bisher größten Karrieremove hat sie mit dem Song Opulence (geschrieben von Sia und produziert von Diplo) hingelegt. Das dazugehörige Video ist ebenso verstörend und gewalttätig wie faszinierend und lässt schon erahnen, dass wir wahrscheinlich in Zukunft noch viel von dieser jungen Dame hören werden. go to iTUNES
Northtown
Opulence
154 CELEBRATION
UP Coming
! ? . . n i b a t h e Wa s g
Unser Tipp: Mehr Infos jetzt auf vangardist.com/events
//Wien
Kibbutz Klub
//Berlin
Club U Karlsplatzpassage Wien
/18. Februar bis 12. April
/7. März
Im Club U feiern mag zwar noch immer nicht koscher sein, Spaß macht es aber in jedem Fall. Der Kibbutz Klub ist bereits jetzt am Weg, eine Wiener Institution zu werden, meint selbst der ORF. Seit geraumer Zeit lädt die Veranstaltungsreihe zum Tanzen zu „jewilicious tunes“. Gemeint ist Trash aus allen Ecken der Welt: Eurotrash, Isratrash, Poptrash. Da passt das Motto „Dancefloor Tohuwabohu“ des aktuellen Events bestens rein. Vor allem, weil es das Jüdisch-Sein wieder etwas entpolitisiert, was dieser Tage eine willkommene Abwechslung ist. visit on facebook.com
Vivian Maier – Street Photographer Willy-Brandt-Haus Stresemannstraße Berlin Kreuzberg Geschätzte 150.000 Fotos schoss das New Yorker Kindermädchen im Laufe ihres Lebens. Die meisten davon bekam nicht mal sie selbst zu Gesicht – entwickelt hat sie nämlich nur wenige davon –, und anderen zeigte sie ihre Aufnahmen ganz selten. So kam es, dass die passionierte Fotografin Vivian Maier 2009 verarmt starb, ihre Lichtbilder aber seit einigen Jahren nach der zufälligen Entdeckung bei einer Zwangsversteigerung weltweit ausgestellt und bewundert werden. Ab 18. Februar werden die Bilder erstmals in Berlin gezeigt. www.willy-brandt-haus.de/kunst-kultur
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//Zürich
Frühstück bei Tiffany
//Oslo
Schauspielhaus Zürich Zeltweg Zürich
/20. bis 22. Februar
Truman Capote schrieb Ende der 1950er jenen Kurzroman, der wenige Jahre später als Film zum absoluten Klassiker der Kinogeschichte wurde. Audrey Hepburn als Partygirl par excellence, das in einer umfunktionierten Badewanne schläft und dem neuen Nachbarn im Vorbeigehen den Kopf verdreht. Noch heute begeistert die Geschichte und ist dabei stets zeitgemäß. Wir alle feiern gerne und träumen dabei von scheinbar Unerreichbarem. In Zürich ist Truman Capotes Werk derzeit auf der Bühne zu sehen. Als Kammerspiel dürfte „Frühstück bei Tiffany“ wohl genauso gut funktionieren wie als Film. www.schauspielhaus.ch
Homosexuelle haben es im Sport nach wie vor nicht leicht. Im Fußball kommt ein schwuler Spieler noch immer dem Sensationsgewicht einer Naturkatastrophe gleich. Nicht, dass es in anderen Sportarten anders wäre. Sportlichkeit erfordert Attribute purer Heteromännlichkeit, scheint die Welt noch immer zu glauben. In Oslo trifft man sich deshalb abseits der großen Sportverbände und -bünde, um sich körperlich zu ertüchtigen. Ungeachtet jeder sexuellen Orientierung. Dabei versucht der Raballder Cup nicht nur Nischenprogramm zu sein, man will zeigen, dass die Öffnung der herkömmlichen Bewerbe längst überfällig ist. www.raballdercup.com
/31. Januar bis 28. Februar
Raballder Cup 2015 Various Venues Oslo
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//Amsterdam
Rapido – The Carnival Edition /15. Februar
Paradiso Weteringschans Amsterdam Die Amsterdamer Rapido-Reihe feiert Karneval. Im Paradiso. Einer alten Kirche. Aber vor allem einer ehemaligen Kirche. Sonst würde eine derartige Veranstaltung in diesen Räumen wohl für Furore sorgen. Viel schwule nackte Haut hat auch der sonst so gemäßigte Papst Franziskus bestimmt nicht gerne, schon gar nicht in einem Gotteshaus. Da das Paradiso aber mittlerweile ein sehenswerter Veranstaltungssaal für allerlei Events ist, wird dem Fest am 15. Februar nichts im Weg stehen. Gott sei Dank. www.clubrapido.com
//New York
Benjamin Frederickson
/8. Jänner bis 28. Februar Daniel Cooney Fine Arts West 26th Street New York Benjamin Frederickson ist Fotograf aus Amerika, der unter anderem in Minneapolis und Paris studiert hat. Eine elitäre Laufbahn, würde man meinen. Dennoch hat sie das junge Talent nicht davon abgehalten, sich seine Brötchen als Sexarbeiter im biederen Mittleren Westen der Vereinigten Staaten zu verdienen. Ob gewollt oder ungewollt, lässt seine Biografie offen. Die Bilder, die Frederickson während seiner Arbeit als Professioneller geschossen hat, sind jedenfalls sehenswert und werden derzeit in der Daniel Cooney Galerie in New York ausgestellt. www.danielcooneyfineart.com
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