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Atopische Dermatitis: JAK1-Inhibitor Abrocitinib verbessert Hautläsionen und Juckreiz

Eptinezumab

Eptinezumab (Vyepti®) ist ein rekombinanter humanisierter Immunglobulin-G1(IgG1)Antikörper, der an die α- und β-Formen des menschlichen Calcitonin-Gene-RelatedPeptide(CGRP)-Liganden mit niedriger pikomolarer Affinität (4 bzw. 3 pM Kd) bindet. Er weist dabei keine signifikante Aktivität gegen andere Calcitonin-Rezeptoren auf. Eptinezumab verhindert die Aktivierung der CGRP-Rezeptoren und damit die nachgeschaltete Kaskade physiologischer Ereignisse, die mit der Entstehung von Migräneanfällen verbunden sind. Eptinezumab hemmt α- und β-CGRP-vermittelte neurogene Entzündungen und Vasodilatation. Der Wirkstoff wird alle 12 Wochen mittels intravenöser Infusion in einer Dosis von 100 mg verabreicht. Falls erforderlich, kann die Dosis auf 300 mg gesteigert werden [1].

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und MedikamentenübergebrauchKopfschmerz profitieren [5]. Eptinezumab war in den klinischen Studien gut verträglich. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Nasopharyngitis und Überempfindlichkeit [1]. Unerwünschte Ereignisse an der Infusionsstelle waren selten und vergleichbar mit Placebo (<2%) [1]. Abdol A. Ameri, Weidenstetten

Literatur

1 Fachinformation Vyepti®; Stand: 1/ 2022 2 Ashina M et al. Cephalalgia 2020;40: 241-254 3 Lipton RB et al. Neurology 2020;94: e1365-e1377 4 Dodick DM et al. Headache 2020;60: 2220-2231 5 Marmura MJ et al. Headache 2021;61: 1421-1431

Die schnelle und anhaltende Verbesserung der Hautsymptomatik sowie die zügige Linderung des belastenden Juckreizes [1, 2] machen den innovativen Januskinase 1 (JAK1)-Inhibitor Abrocitinib (Cibinqo®) zu einer wichtigen neuen Therapieoption bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis (AD), die für eine systemische Therapie infrage kommen. Dies zeigen die Ergebnisse der zulassungsrelevanten klinischen Studien. Ein weiterer Pluspunkt: Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat kürzlich einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen für Abrocitinib gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie mit Dupilumab (ggf. in Kombination mit topischen Glukokortikoiden und/oder topischen Calcineurininhibitoren) in der Endpunktkategorie Morbidität bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer AD festgestellt [3].

JADE DARE: Überlegenheit gegenüber Dupilumab

Grundlage der Nutzenbewertung durch den G-BA sind die Daten der Studie JADE DARE [4]. In der randomisierten, über 26 Wochen laufenden Head-to-head-Studie wurden die Wirksamkeit und Sicherheit von Abrocitinib 200mg einmal täglich mit dem IL-4/IL13-Blocker Dupilumab (300mg q2w) bei 727 erwachsenen Patienten mit mittelschwerer und schwerer AD verglichen. Nach 2 Wochen zeigte sich bereits ein hochsignifikanter Unterschied bei der Juckreizlinderung zwischen JAK1-Inhibitor und Biologikum. So wiesen zu diesem Zeitpunkt 48% der Patienten unter Abrocitinib 200mg ein Ansprechen im PP-NRS (Peak Pruritus Numerical Rating Scale, primärer Endpunkt) auf gegenüber 26% unter Dupilumab. Die gute Wirksamkeit von Abrocitinib bezüglich des Juckreizes setzte sich bis Woche 12 fort, danach war die Wirkung beider Substanzklassen in etwa vergleichbar und blieb bis in Woche 26 bestehen. Auch das ambitionierte Therapieziel eines EASI (Eczema Area and Severity Index)-90-Ansprechens wurde in Woche 4 (primärer Endpunkt) und in Woche 16 (sekundärer Endpunkt) signifikant häufiger in der Abrocitinib-Gruppe erreicht als unter Dupilumab (Woche 4: 29% vs. 15%; Woche 16: 54% vs. 42%). Die Patienten der Abrocitinib-Gruppe benötigten zudem signifikant seltener topische Glukokortikoide als die mit Dupilumab behandelten Studienteilnehmer (51 vs. 33 Tage ohne topische Hintergrundtherapie) [4].

JADE COMPARE: Signifikant bessere Linderung des Juckreizes ab Tag 4

Die schnelle Besserung von Juckreiz und Hautläsionen unter Abrocitinib (hier in den Dosierungen 100 mg und 200 mg einmal täglich) zeigte sich auch in der 16-wöchigen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie JADE COMPARE [5]. Hier wurde Dupilumab als aktiver Kontrollarm mitgeführt, alle Patienten erhielten eine topische Hintergrundtherapie. Auch in dieser Studie zeigten die Ergebnisse für die ko-primären Endpunkte IGA (Investigator Global Assessment)-Ansprechen 0/1 (mit einer 2-Punkte-Verbesserung) und EASI-75-Ansprechen in Woche 12 sowie dieselben (sekundären) Endpunkte zu Woche 16 eine überlegene Wirksamkeit des JAK1-Inhibitors: Die IGAAnsprechrate in Woche 12 betrug unter Abrocitinib 200mg 48,4%, das EASI-75-Ansprechen 70,3% (Dupilumab: 36,5% bzw. 58,1%). Knapp die Hälfte der Patienten (46,1%) erzielte unter Abrocitinib 200mg in Woche 12 ein EASI90-Ansprechen (sekundärer Endpunkt), während dies unter Dupilumab nur bei 34,9% der Fall war [6]. Auch bei der raschen Linderung des Juckreizes überzeugte der neue JAK1-Inhibitor: So war Abrocitinib 200mg bereits ab Tag 4 wirksamer als Dupilumab 300mg und in Woche 2 erreichten 49,1% der Patienten unter Abrocitinib 200mg eine Verbesserung um mindestens 4 Punkte im PP-NRS (vs. 26,4% unter Dupilumab) [1, 5].

Moderate Nebenwirkungen

Eine integrierte Sicherheitsanalyse der JADE-Studien zur Verträglichkeit zeigte, dass die meisten unerwünschten Ereignisse mild bis moderat ausfielen und in der Regel nicht zum Therapieabbruch führten [7]. Am häufigsten traten dosisabhängig Übelkeit und Kopfschmerz auf, wobei die Übelkeit bei Einnahme der Tabletten mit einer Mahlzeit weitgehend vermieden werden konnte. Da unter der Therapie mit JAK-Inhibitoren ein erhöhtes Risiko für Infektionen mit Herpes zoster (HZ) besteht, ist es ratsam, vor allem ältere Patienten zuvor gegen HZ zu impfen.

Patienten mit atopischer Dermatitis vor Schub schützen

Um die Patienten vor einem Schub (Flare) zu schützen, sollte die Therapie mit Abrocitinib längerfristig erfolgen. Wie die Daten der 52 Wochen laufenden Studie JADE REGIMEN zeigen, haben nach einer 3-monatigen offenen Induktionstherapie mit Abrocitinib 200mg über 80% der Patienten, die in der 40-wöchigen Erhaltungsphase weiterhin 200mg Abrocitinib täglich (verblindet) erhalten hatten, über den Zeitraum keinen Krankheitsschub (definiert als ≥50%iger Verlust des initialen EASI-Ansprechens zu Woche 12 und neuer IGA-Punktwert ≥2) erlitten [9].

Elisabeth Wilhelmi, München

Bedarfsgerechte Dosierung

Ein wichtiger Vorteil für die tägliche Praxis ist die Möglichkeit, den neuen JAK1-Inhibitor bedarfsgerecht dosieren zu können. Abrocitinib steht als 50mg-, 100mg- und 200mg-Tablette zur Verfügung [8]. Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 200mg einmal täglich, bei Patienten ab einem Alter von 65 Jahren wird eine Anfangsdosis von 100mg einmal täglich empfohlen. Während der Behandlung kann die Dosis je nach Verträglichkeit und Wirksamkeit verringert oder erhöht werden. Für die Erhaltungstherapie sollte die niedrigste wirksame Dosis in Betracht gezogen werden.

Literatur

1 Ständer S et al. Posterpräsentation. American Academy of Dermatology Association Virtual Meeting Experience 2021; 23. – 25. April 2021 2 Reich K et al. Präsentation 523. Präsentiert auf: Revolutionizing Atopic Dermatitis Virtual Conference. 13. Juni 2021 3 https://www.g-ba.de/beschluesse/5517/ 4 Reich K et al. Lancet 2022;400:273-282 5 Bieber T et al. N Engl J Med 2021;384: 1101-1112 6 Supplement to Bieber T et al. N Engl J

Med 2021;384:1101-1112 7 Simpson EL et al. Am J Clin Dermatol 2021;22:693-707 8 Fachinformation Cibinqo®; Stand: Dezember 2021 9 Blauvelt A et al. J Am Acad Dermatol 2022;86:104-112

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